revidiert 12-13.02.2010 - c.p.

ADOLF HITLER
Mein Kampf
Erster Band

EINE ABRECHNUNG
1. Kapitel:
Im Elternhaus

Als glückliche Bestimmung gilt es mir heute, daß das Schicksal mir zum Geburtsort gerade Braunau am
Inn zuwies. Liegt doch dieses Städtchen an der Grenze jener zwei deutschen Staaten, deren
Wiedervereinigung mindestens uns Jüngeren als eine mit allen Mitteln durchzuführende Lebensaufgabe
erscheint!
Deutschösterreich muß wieder zurück zum großen deutschen Mutterlande, und zwar nicht aus Gründen
irgendwelcher wirtschaftlicher Erwägungen heraus. Nein, nein: Auch wenn diese Vereinigung,
wirtschaftlich gedacht, gleichgültig, ja selbst wenn sie schädlich wäre, sie möchte dennoch stattfinden.
Gleiches Blut gehört in ein gemeinsames Reich. Das deutsche Volk besitzt so lange kein moralisches
Recht zu kolonialpolitischer Tätigkeit, solange es nicht einmal seine eigenen Söhne in einen
gemeinsamen Staat zu fassen vermag. Erst wenn des Reiches Grenze auch den letzten Deutschen
umschließt, ohne mehr die Sicherheit seiner Ernährung bieten zu können, ersteht aus der Not des
eigenen Volkes das moralische Recht zur Erwerbung fremden Grund und Bodens. Der Pflug ist dann das
Schwert, und aus den Tränen des Krieges erwächst für die Nachwelt das tägliche Brot. So scheint mir
dieses kleine Grenzstädtchen das Symbol einer großen Aufgabe zu sein. Allein auch noch in einer
anderen Hinsicht ragt es mahnend in unsere heutige Zeit. Vor mehr als hundert Jahren hatte dieses
unscheinbare Nest, als Schauplatz eines die ganze deutsche Nation ergreifenden tragischen Unglücks,
den Vorzug, für immer in den Annalen wenigstens der deutschen Geschichte verewigt zu werden. In der
Zeit der tiefsten
[002 Im Elternhaus]
Erniedrigung unseres Vaterlandes fiel dort für sein auch im Unglück heißgeliebtes Deutschland der
Nürnberger Johannes Palm, bürgerlicher Buchhändler, verstockter "Nationalist" und Franzosenfeind.
Hartnäckig hatte er sich geweigert, seine Mit-, besser Hauptschuldigen anzugeben. Also wie Leo
Schlageter. Er wurde allerdings auch, genau wie dieser, durch einen Regierungsvertreter an Frankreich
denunziert. Ein Augsburger Polizeidirektor erwarb sich diesen traurigen Ruhm und gab so das Vorbild
neudeutscher Behörden im Reiche des Herrn Severing.
In diesem von den Strahlen deutschen Märtyrertums vergoldeten Innstädtchen, bayerisch dem Blute,
österreichisch dem Staate nach, wohnten am Ende der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts
meine Eltern; der Vater als pflichtgetreuer Staatsbeamter, die Mutter im Haushalt aufgehend und vor
allem uns Kindern in ewig gleicher liebevoller Sorge zugetan. Nur wenig haftet aus dieser Zeit noch in
meiner Erinnerung, denn schon nach wenigen Jahren mußte der Vater das liebgewonnene
Grenzstädtchen wieder verlassen, um innabwärts zu gehen und in Passau eine neue Stelle zu beziehen;
also in Deutschland selber.
Allein das Los eines österreichischen Zollbeamten hieß damals häufig wandern,. Schon kurze Zeit später
kam der Vater nach Linz und ging endlich dort auch in Pension. Freilich "Ruhe" sollte dies für den alten
Herrn nicht bedeuten. Als Sohn eines armen, kleinen Häuslers hatte es ihn schon einst nicht zu Hause
gelitten. Mit noch nicht einmal dreizehn Jahren schnürte der damalige kleine junge sein Ränzlein und
lief aus der Heimat, dem Waldviertel. fort. Trotz des Abratens "erfahrener" Dorfinsassen war er nach
Wien gewandert, um dort ein Handwerk zu lernen. Das war in den fünfziger Jahren des vergangenen
Jahrhunderts. Ein bitterer Entschluß, sich mit drei Gulden Wegzehrung so auf die Straße zu machen ins
Ungewisse hinein. Als der Dreizehnjährige aber siebzehn alt geworden war, hatte er seine
Gesellenprüfung abgelegt, jedoch nicht die Zufriedenheit gewonnen. Eher das Gegenteil. Die lange Zeit
der damaligen Not, des ewigen Elends und Jammers
[003 Der kleine Rädelsführer]
festigte den Entschluß, das Handwerk nun doch wieder aufzugeben, um etwas "Höheres" zu werden.
Wenn einst dem armen Jungen im Dorfe der Herr Pfarrer als Inbegriff aller menschlich erreichbaren
Höhe erschien, so nun in der den Gesichtskreis mächtig erweiternden Großstadt die Würde eines
Staatsbeamten. Mit der ganzen Zähigkeit eines durch Not und Harm schon in halber Kindheit "alt"
Gewordenen verbohrte sich der Siebzehnjährige in seinen neuen Entschluß — und wurde Beamter. Nach
fast dreiundzwanzig Jahren, glaube ich, war das Ziel erreicht. Nun schien auch die Voraussetzung zu
einem Gelübde erfüllt, das sich der arme Junge einst gelobt hatte, nämlich nicht eher in das liebe
väterliche Dorf zurückzukehren, als bis er etwas geworden wäre.
Jetzt war das Ziel erreicht; allein aus dem Dorfe konnte sich niemand mehr des einstigen kleinen
Knaben erinnern, und ihm selber war das Dorf fremd geworden.
Da er endlich als Sechsundfünfzigjähriger in den Ruhestand ging, hätte er doch diese Ruhe keinen Tag
als "Nichtstuer" zu ertragen vermocht. Er kaufte in der Nähe des oberösterreichischen Marktfleckens
Lambach ein Gut, bewirtschaftete es und kehrte so im Kreislauf eines langen, arbeitsreichen Lebens
wieder zum Ursprung seiner Väter zurück.
In dieser Zeit bildeten sich mir wohl die ersten Ideale. Das viele Herumtollen im Freien, der weite Weg
zur Schule sowie ein besonders die Mutter manchmal mit bitterer Sorge erfüllender Umgang mit äußerst
robusten Jungen ließ mich zu allem anderen eher werden als zu einem Stubenhocker. Wenn ich mir also
auch damals kaum ernstliche Gedanken über meinen einstigen Lebensberuf machte, so lag doch von
vornherein meine Sympathie auf keinen Fall in der Linie des Lebenslaufes meines Vaters. Ich glaube,
daß schon damals mein rednerisches Talent sich in Form mehr oder minder eindringlicher
Auseinandersetzungen mit meinen Kameraden schulte. Ich war ein kleiner Rädelsführer geworden, der
in der Schule leicht und damals auch sehr gut lernte, sonst aber ziemlich schwierig zu behandeln war.
Da ich in meiner freien Zeit im Chor-
[004 Kriegsbegeisterung]
Herrenstift zu Lambach Gesangsunterricht erhielt, hatte ich beste Gelegenheit, mich oft und oft am
feierlichen Prunke der äußerst glanzvollen kirchlichen Feste zu berauschen. Was war natürlicher, als
daß, genau so wie einst dem Vater der kleine Herr Dorfpfarrer, nun mir der Herr Abt als höchst
erstrebenswertes Ideal erschien? Wenigstens zeitweise war dies der Fall. Nachdem aber der Herr Vater
bei seinem streitsüchtigen Jungen die rednerischen Talente aus begreiflichen Gründen nicht so zu
schätzen vermochte, um aus ihnen etwa günstige Schlüsse für die Zukunft seines Sprößlings zu ziehen,
konnte er natürlich auch ein Verständnis für solche Jugendgedanken nicht gewinnen. Besorgt
beobachtete er wohl diesen Zwiespalt der Natur.
Tatsächlich verlor sich denn auch die zeitweilige Sehnsucht nach diesem Berufe sehr bald, um nun
meinem Temperamente besser entsprechenden Hoffnungen Platz zu machen. Beim Durchstöbern der
väterlichen Bibliothek war ich über verschiedene Bücher militärischen Inhalts gekommenen, darunter
eine Volksausgabe des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71. Es waren zwei Bande einer illustrierten
Zeitschrift aus diesen Jahren, die nun meine Lieblingslektüre wurden. Nicht lange dauerte es, und der
grobe Heldenkampf war mir zum größten inneren Erlebnis geworden. Von nun an schwärmte ich mehr
und mehr für alles, was irgendwie mit Krieg oder doch mit Soldatentum zusammenhing.
Aber auch in anderer Hinsicht sollte dies von Bedeutung für mich werden. Zum ersten Male wurde mir,
wenn auch in noch unklarer Vorstellung, die Frage aufgedrängt, ob und welch ein Unterschied denn
zwischen den diese Schlachten schlagenden Deutschen und den anderen sei? Warum hat denn nicht auch
Österreich mitgekämpft in diesem Kriege, warum nicht der Vater und nicht all die anderen auch?
Sind wir denn nicht auch dasselbe wie eben alle anderen Deutschen?
Gehören wir denn nicht alle zusammen? Dieses Problem begann zum ersten Male in meinem kleinen
Gehirn zu
[005 Berufswahl]
wühlen. Mit innerem Neide mußte ich auf vorsichtige Fragen die Antwort vernehmen, daß nicht jeder
Deutsche das Glück besitze, dem Reich Bismarcks anzugehören.
Ich konnte dies nicht begreifen.
×
Ich sollte studieren.
Aus meinem ganzen Wesen und noch mehr aus meinem Temperament glaubte der Vater den Schluß
ziehen zu können, daß das humanistische Gymnasium einen Widersprüche zu meiner Veranlagung
darstellen würde. Besser schien ihm eine Realschule zu entsprechen. Besonders wurde er in dieser
Meinung noch bestärkt durch eine ersichtliche Fähigkeit zum Zeichnen; ein Gegenstand, der in den
österreichischen Gymnasien seiner Überzeugung nach vernachlässigt wurde. Vielleicht war aber auch
seine eigene schwere Lebensarbeit noch mitbestimmend, die ihn das humanistische Studium als in
seinen Augen unpraktisch, weniger schätzen ließ. Grundsätzlich war er aber der Willensmeinung, daß,
so wie er, natürlich auch sein Sohn Staatsbeamter werden würde, ja müßte. Seine bittere Jugend ließ ihm
ganz natürlich das später Erreichte um so größer erscheinen, als dieses doch, nur ausschließliches
Ergebnis seines eisernen Fleißes und eigener Tatkraft war. Es war der Stolz des Selbstgewordenen, der
ihn bewog, auch seinen Sohn in die gleiche, wenn möglich natürlich höhere Lebensstellung bringen zu
wollen, um so mehr, als er doch durch den Fleiß des eigenen Lebens seinem Kinde das Werden um so
viel zu erleichtern vermochte.
Der Gedanke einer Ablehnung dessen, was ihm einst zum Inhalt seines ganzen Lebens wurde, erschien
ihm doch als unfaßbar. So war der Entschluß des Vaters einfach, bestimmt und klar, in seinen eigenen
Augen selbstverständlich. Endlich wäre es seiner in dem bitteren Existenzkampfe eines ganzen Lebens
Herrisch gewordenen Natur aber auch ganz unerträglich vorgekommen, in solchen Dingen etwa die
letzte Entscheidung dem in seinen Augen unerfahrenen und damit eben noch nicht verantwortlichen
Jungen selber zu
[006 Niemals Staatsbeamter]
überlassen. Es würde dies auch als schlechte und verwerfliche Schwäche in der Ausübung der ihm
zukommenden väterlichen Autorität und Verantwortung für das spätere Leben seines Kindes unmöglich
zu seiner sonstigen Auffassung von Pflichterfüllung gepaßt haben.
Und dennoch sollte es anders kommen.
Zum ersten Male in meinem Leben wurde ich, als damals noch kaum Elfjähriger, in Opposition
gedrängt. So hart und entschlossen auch der Vater sein mochte in der Durchsetzung einmal ins Auge
gefaßter Pläne und Absichten, so verbohrt und widerspenstig war aber auch sein Junge in der Ablehnung
eines ihm nicht oder nur wenig zusagenden Gedankens.
Ich wollte nicht Beamter werden.
Weder Zureden noch "ernste" Vorstellungen vermochten an diesem Widerstande etwas zu ändern. Ich
wollte nicht Beamter werden, nein und nochmals nein. Alle Versuche, mir durch Schilderungen aus des
Vaters eigenem Leben Liebe oder Lust zu diesem Berufe erwecken zu wollen schlugen in das Gegenteil
um. Mir wurde gähnend übel bei dem Gedanken, als unfreier Mann einst in einem Büro sitzen zu
dürfen; nicht Herr sein zu können der eigenen Zeit, sondern in auszufüllende Formulare den Inhalt eines
ganzen Lebens zwängen zu müssen.
Welche Gedanken konnte dies auch erwecken bei einem Jungen, der doch wirklich alles andere war,
aber nur nicht "brav" im landläufigen Sinne! Das lächerlich leichte Lernen in der Schule gab mir so viel
freie Zeit, daß mich mehr die Sonne als das Zimmer sah. Wenn mir heute durch meine politischen
Gegner in liebevoller Aufmerksamkeit mein Leben durchgeprüft wird bis in die Zeit meiner damaligen
Jugend, um endlich mit Erleichterung feststellen zu können, welch unerträgliche Streiche dieser "Hitler"
schon im seiner Jugend verübt hatte, so danke ich dem Himmel, daß er mir so auch jetzt noch etwas
abgibt aus den Erinnerungen dieser glückseligen Zeit. Wiese und Wald waren damals der Fechtboden,
auf dem die immer vorhandenen "Gegensätze" zur Austragung kamen.

[007 Sondern Kunstmaler]
Auch der nun erfolgende Besuch der Realschule konnte dem wenig Einhalt tun. Freilich mußte nun aber
auch ein anderer Gegensatz ausgefochten werden.
Solange der Absicht des Vaters, mich Staatsbeamter werden zu lassen, nur meine prinzipielle
Abneigung zum Beamtenberuf an sich gegenüberstand, war der Konflikt leicht erträglich. Ich konnte
solange auch mit meinen inneren Anschauungen etwas zurückhalten, brauchte ja nicht immer gleich zu
widersprechen. Es genügte mein eigener fester Entschluß, später einmal nicht Beamter zu werden, um
mich innerlich vollständig zu beruhigen. Diesen Entschluß besaß ich aber unabänderlich. Schwerer
wurde die Frage, wenn dem Plane des Vaters ein eigener gegenübertrat. Schon mit zwölf Jahren trat dies
ein. Wie es nun kam, weiß ich heute selber nicht, aber eines Tages war es mir klar, daß ich Maler
werden würde, Kunstmaler. Mein Talent zum Zeichnen stand allerdings fest, war es doch sogar mit ein
Grund für den Vater, mich auf die Realschule zu schicken, allein nie und niemals hatte dieser daran
gedacht, mich etwa beruflich in einer solchen Richtung ausbilden zu lassen. Im Gegenteil. Als ich zum
ersten Male, nach erneuter Ablehnung des väterlichen Lieblingsgedankens, die Frage gestellt bekam.
was ich denn nun eigentlich selber werden wollte, und ziemlich unvermittelt mit meinem unterdessen
fest gefaßten Entschluß heraus. platzte, war der Vater zunächst sprachlos.
"Maler? Kunstmaler?"
Er zweifelte an meiner Vernunft, glaubte vielleicht auch nicht recht gehört oder verstanden zu haben.
Nachdem er allerdings darüber aufgeklärt war und besonders die Ernsthaftigkeit meiner Absicht fühlte,
warf er sich denn auch mit der ganzen Entschlossenheit seines Wesens dagegen. Seine Entscheidung
war hier nur sehr einfach, wobei irgendein Abwägen meiner etwa wirklich vorhandenen Fähigkeiten gar
nicht in Frage kommen konnte.
Kunstmaler, nein, solange ich lebe, "niemals." Da nun aber sein Sohn eben mit verschiedenen sonstigen
Eigen-
[008 Der junge Nationalist]
schaften wohl auch die einer ähnlichen Starrheit geerbt haben mochte, so kam auch eine ähnliche
Antwort zurück. Nur natürlich umgekehrt dem Sinne nach.
Auf beiden Seiten blieb es dabei bestehen. Der Vater verließ nicht sein "Niemals" und ich verstärkte
mein "Trotzdem".
Freilich hatte dies nun nicht sehr erfreuliche Folgen. Der alte Herr ward verbittert und, so sehr ich ihn
auch liebte, ich auch. Der Vater verbat sich jede Hoffnung, daß ich jemals zum Maler ausgebildet
werden würde. Ich ging einen Schritt weiter und erklärte, daß ich dann überhaupt nicht mehr lernen
wollte. Da ich nun natürlich mit solchen "Erklärungen" doch den kürzeren zog, insofern der alte Herr
jetzt seine Autorität rücksichtslos durchzusetzen sich anschickte, schwieg ich künftig, setzte meine
Drohung aber in die Wirklichkeit um. Ich glaubte, daß, wenn der Vater erst den mangelnden Fortschritt
in der Realschule sähe, er gut oder übel eben doch mich meinem erträumten Glück würde zugehen
lassen.
Ich weiß nicht, ob diese Rechnung gestimmt hätte. Sicher war zunächst nur mein ersichtlicher Mißerfolg
in der Schule. Was mich freute, lernte ich, vor allem auch alles, was ich meiner Meinung nach später als
Maler brauchen würde. Was mir in dieser Hinsicht bedeutungslos erschien oder mich auch sonst nicht so
anzog, sabotierte ich vollkommen. Meine Zeugnisse in dieser Zeit stellten, je nach dem Gegenstande
und seiner Einschätzung, immer Extreme dar. Neben "lobenswert" und "vorzüglich", "genügend" oder
auch "nicht genügend". Am weitaus besten waren meine Leistungen in Geographie und mehr noch in
Weltgeschichte. Die beiden Lieblingsfächer, in denen ich der Klasse vorschoß.
Wenn ich nun nach so viel Jahren mir das Ergebnis dieser Zeit prüfend vor Augen halte, so sehe ich
zwei hervorstechende Tatsachen als besonders bedeutungsvoll an:
Erstens: ich wurde Nationalist.
Zweitens: ich lernte Geschichte ihrem Sinne nach verstehen und begreifen.
[009 Die deutsche Ostmark]
Das alte Österreich war ein "Nationalitätenstaat".
Der Angehörige des Deutschen Reiches konnte im Grunde genommen, wenigstens damals, gar nicht
erfassen, welche Bedeutung diese Tatsache für das alltägliche Leben des einzelnen in einem solchen
Staate besitzt. Man hatte sich nach dem wundervollen Siegeszuge der Heldenheere im Deutsch-
Französischen Kriege allmählich immer mehr dem Deutschtum des Auslandes entfremdet, zum Teil
dieses auch gar nicht mehr zu würdigen vermocht oder wohl auch nicht mehr gekonnt. Man wechselte
besonders in bezug auf den Deutschösterreicher nur zu leicht die verkommene Dynastie mit dem im
Kern urgesunden Volke.
Man begriff nicht, daß, wäre nicht der Deutsche in Österreich wirklich noch von bestem Blute, er
niemals die Kraft hätte besitzen können, einem 52-Millionen-Staate so sehr seinen Stempel aufzuprägen,
daß ja gerade in Deutschland sogar die irrige Meinung entstehen konnte, Österreich wäre ein deutscher
Staat. Ein Unsinn von schwersten Folgen, aber ein doch glänzendes Zeugnis für die zehn Millionen
Deutschen der Ostmark. Von dem ewigen unerbittlichen Kampfe um die deutsche Sprache, um deutsche
Schule und deutsches Wesen hatten nur ganz wenige Deutsche aus dem Reiche eine Ahnung. Erst heute,
da diese traurige Not vielen Millionen unseres Volkes aus dem Reiche selber aufgezwungen ist, die
unter fremder Herrschaft vom gemeinsamen Vaterlande träumen und, sich sehnen nach ihm, wenigstens
das heilige Anspruchsrecht der Muttersprache zu erhalten versuchen, versteht man in größerem Kreise,
was es heißt, für sein Volkstum kämpfen zu müssen. Nun vermag auch vielleicht der eitle oder andere
die Größe des Deutschtums aus der alten Ostmark des Reiches zu messen, das, nur auf sich selbst
gestellt, jahrhundertelang das Reich erst nach Osten beschirmte, um endlich in zermürbendem
Kleinkrieg die deutsche Sprachgrenze zu halten, in einer Zeit, da das Reich sich wohl für Kolonien
interessierte, aber nicht für das eigene Fleisch und Blut vor seinen Toren.
Wie überall und immer, in jeglichem Kampf, gab es
[010 Der Kampf ums Deutschtum]
auch im Sprachenkampf des alten Österreich drei Schichten: die Kämpfer, die Lauen und die Verräter.
Schon in der Schule begann diese. Siebung einzutreten. Denn es ist das Bemerkenswerte des
Sprachenkampfes wohl überhaupt, daß seine Wellen vielleicht am schwersten gerade die Schule, als
Pflanzstätte der kommenden Generation umspülen. Um das Kind wird dieser Kampf geführt, und an das
Kind richtet sich der erste Appell dieses Streites: "Deutscher Knabe, vergiß nicht, daß du ein Deutscher
bist!" und "Mädchen gedenke, daß du eine deutsche Mutter werden sollst!"
Wer der Jugend Seele kennt, der wird verstehen können, daß gerade sie am freudigsten die Ohren für
einen solchen Kampfruf öffnet. In hunderterlei Formen pflegt sie diesen Kampf dann zu führen, auf ihre
Art und mit ihren Waffen. Sie lehnt es ab, undeutsche Lieder zu singen, schwärmt um so mehr für
deutsche Heldengröße, je mehr man versucht, sie dieser zu entfremden; sammelt an vom Munde
abgesparten Hellern zum Kampfschatz der Großen; sie ist unglaublich hellhörig dem undeutschen
Lehrer gegenüber und widerhaarig zugleich; trägt die verbotenen Abzeichen des eigenen Volkstums und
ist glücklich, dafür bestraft oder gar geschlagen zu werden. Sie ist also im kleinen ein getreues
Spiegelbild der Großen, nur oft in besserer und aufrichtigerer Gesinnung.
Auch ich hatte so einst die Möglichkeit, schon in verhältnismäßig früher Jugend am
des alten Österreich teilzunehmen. Für Südmark und Schulverein wurde da gesammelt, durch
Kornblumen und schwarz-rot-goldene Farben die Gesinnung betont, mit "Heil" begrüßt, und statt des
Kaiserliedes lieber "Deutschland über alles" gesungen, trotz Verwarnung und Strafen. Der Junge ward
dabei politisch geschult in einer Zeit, da der Angehörige eines sogenannten Nationalstaates meist noch
von seinem Volkstum wenig mehr als die Sprache kennt. Daß ich damals schon nicht zu den Lauen
gehört habe, versteht sich von selbst. In kurzer Zeit war ich zum fanatischen "Deutsch[
011 Der Kampf ums Deutschtum]
nationalen" geworden, wobei dies allerdings nicht identisch ist mit unserem heutigen Parteibegriff.
Diese Entwicklung machte bei mir sehr schnelle Fortschritte, so daß ich schon mit fünfzehn Jahren zum
Verständnis des Unterschiedes von dynastischem "Patriotismus" und völkischem "Nationalismus"
gelangte; und ich kannte damals schon nur mehr den letzteren.
Für den, der sich niemals die Mühe nahm, die inneren Verhältnisse der Habsburgermonarchie zu
studieren, mag ein solcher Vorgang vielleicht nicht ganz erklärlich sein. Nur der Unterricht in der
Schule über die Weltgeschichte mußte in diesem Staate schon den Keim zu dieser Entwicklung legen,
gibt es doch eine spezifisch österreichische Geschichte nur im kleinsten Maße. Das Schicksal dieses
Staates ist so sehr mit dem Leben und Wachsen des ganzen Deutschtunis verbunden, daß eine
der Geschichte etwa in eine deutsche und österreichische gar nicht denkbar erscheint. Ja, als endlich
Deutschland sich in zwei Machtbereiche zu trennen begann, wurde eben diese Trennung zur deutschen
Geschichte.
Die zu Wien bewahrten Kaiserinsignien einstiger Reichsherrlichkeit scheinen als wundervoller Zauber
weiterzuwirken als Unterpfand einer ewigen Gemeinschaft.
Der elementare Aufschrei des deutschösterreichischen Volkes in den Tagen des Zusammenbruches des
Habsburgerstaates nach Vereinigung mit dem deutschen Mutterland war ja nur das Ergebnis eines tief
im Herzen des gesamten Volkes schlummernden Gefühls der Sehnsucht nach dieser Rückkehr in das nie
vergessene Vaterhaus. Niemals aber würde dies erklärlich sein, wenn nicht die geschichtliche Erziehung
des einzelnen Deutschösterreichers Ursache einer solchen allgemeinen Sehnsucht gewesen wäre. In ihr
liegt ein Brunnen, der nie versiegt; der besonders in Zeiten des Vergessens als stiller Mahner, über
augenblickliches Wohlleben hinweg, immer wieder durch die Erinnerung an die Vergangenheit von
neuer Zukunft raunen wird.
Der Unterricht über Weltgeschichte in den sogenannten Mittelschulen liegt nun freilich auch heute noch
sehr im
[012 Geschichtsunterricht]
argen. Wenige Lehrer begreifen, daß das Ziel gerade des geschichtlichen Unterrichts nie und nimmer im
Auswendiglernen und Herunterhaspeln geschichtlicher Daten und Ereignisse liegen kann; daß es nicht
darauf ankommt, ob der Junge nun genau weiß, wann diese oder jene Schlacht geschlagen, ein FeldHerr
geboren wurde, oder gar ein (meistens sehr unbedeutender) Monarch die Krone seiner Ahnen auf das
Haupt gesetzt erhielt. Nein, wahrhaftiger Gott, darauf kommt es wenig an.
Geschichte "lernen" heißt die Kräfte suchen und finden die als Ursachen zu jenen Wirkungen führen die
wir dann als geschichtliche Ereignisse vor unseren Augen sehen.
Die Kunst des Lesens wie des Lernens ist auch hier: Wesentliches behalten, Unwesentliches vergessen.
Es wurde vielleicht bestimmend für mein ganzes späteres Leben, daß mir das Glück einst gerade für
Geschichte einen Lehrer gab, der es als einer der ganz wenigen verstand, für Unterricht und Prüfung
diesen Gesichtspunkt zum beHerrschenden zu machen. In meinem damaligen Professor Dr. Leopold
Pötsch an der Realschule zu Linz, war diese Forderung in wahrhaft idealer Weise verkörpert. Ein alter
Herr, von ebenso gütigen als aber auch bestimmtem Auftreten, vermochte er besonders durch eine
blendende Beredsamkeit uns nicht nur zu fesseln, sondern wahrhaft mitzureißen. Noch heute erinnere
ich mich mit leiser Rührung an den grauen Mann, der uns im Feuer seiner Darstellung manchmal die
Gegenwart vergessen ließ, uns zurückzauberte in vergangene Zeiten und aus dem Nebelschleier der
Jahrtausende die trockene geschichtliche Erinnerung zur lebendigen Wirklichkeit formte. Wir saßen
dann da, oft zu heller Glut begeistert, mitunter sogar zu Tränen gerührt.
Das Glück ward um so größer, als dieser Lehrer es verstand, aus Gegenwart Vergangenes zu erleuchten,
aus Vergangenheit aber die Konsequenzen für die Gegenwart zu ziehen. So brachte er denn auch, mehr
als sonst einer, Verständnis auf für all die Tagesprobleme, die uns damals in Atem hielten. Unser kleiner
nationaler Fanatismus
[013 Geschichte Lieblingsfach]
ward ihm ein Mittel zu unserer Erziehung, indem er öfter als einmal an das nationale Ehrgefühl
appellierend, dadurch allein uns Rangen schneller in Ordnung brachte, als dies durch andere Mittel
möglich gewesen wäre.
Mir hat dieser Lehrer Geschichte zum Lieblingsfach gemacht.
Freilich wurde ich, wohl ungewollt von ihm, auch damals schon zum jungen Revolutionär.
Wer konnte auch unter einem solchen Lehrer deutsche Geschichte studieren, ohne zum Feinde des
Staates zu werden, der durch sein Herrscherhaus in so unheilvoller Weise die Schicksale der Nation
beeinflußte?
Wer endlich konnte noch Kaisertreue bewahren einer Dynastie gegenüber, die in Vergangenheit und
Gegenwart die Belange des deutschen Volkes immer und immer wieder um schmählicher eigener
Vorteile wegen verriet?
Wußten wir nicht als Jungen schon, daß dieser österreichische Staat keine Liebe zu uns Deutschen
besaß, ja überhaupt gar nicht besitzen konnte?
Die geschichtliche Erkenntnis des Wirkens des Habsburgerhauses wurde noch unterstützt durch die
tägliche Erfahrung. Im Norden und im Süden fraß das fremde Völkergift am Körper unseres Volkstums,
und selbst Wien wurde mehr und mehr zur undeutschen Stadt. Das "Erzhaus" tschechisierte, wo immer
nur möglich, und es war die Faust der Göttin ewigen Rechtes und unerbittlicher Vergeltung, die den
tödlichsten Feind des österreichischen Deutschtums, Erzherzog Franz Ferdinand, gerade durch die
Kugeln fallen ließ, die er selber mithalf zu gießen. War er doch der PatronatsHerr der von oben herunter
betätigten Slawisierung Österreichs.
Ungeheuer waren die Lasten die man dem deutschen Volke zumutete, unerhört seine Opfer an Steuern
und an Blut, und dennoch mußte jeder nicht gänzlich Blinde erkennen, daß dieses alles umsonst sein
würde. Was uns dabei am meisten schmerzte, war noch die Tatsache, daß dieses ganze System
moralisch gedeckt wurde durch das Bündnis mit Deutschland, womit der langsamen Ausrottung des

[014 Geschichtliche Erkenntnisse]
Deutschtums in der alten Monarchie auch noch gewissermaßen von Deutschland aus selber die Sanktion
erteilt wurde. Die habsburgische Heuchelei, mit der man es verstand, nach außen den Anschein zu
erwecken, als ob Österreich noch immer ein deutscher Staat wäre, steigerte den Haß gegen dieses Haus
zur hellen Empörung und Verachtung zugleich.
Nur im Reiche selber sahen die auch damals schon allein "Berufenen" von all dem nichts. Wie mit
Blindheit geschlagen wandelten sie an der Seite eines Leichnams und glaubten in den Anzeichen der
Verwesung gar noch Merkmale "neuen" Lebens zu entdecken.
In der unseligen Verbindung des jungen Reiches mit dem österreichischen Scheinstaat lag der Keim zum
späteren Weltkrieg, aber auch zum Zusammenbruch..
Ich werde im Verlaufe des Buches mich noch gründlich mit diesem Problem zu beschäftigen haben. Es
genügt hier, nur festzustellen, daß ich im Grunde genommen schon in der frühesten Jugend zu einer
Einsicht kam, die mich niemals wieder verließ, sondern sich nur noch vertiefte:
Daß nämlich die Sicherung des Deutschtums die Vernichtung Österreichs voraussetzte, und daß weiter
Nationalgefühl in nichts identisch ist mit dynastischem Patriotismus; daß vor allem das habsburgische
Erzhaus zum Unglück der deutschen Nation bestimmt war.
Ich hatte schon damals die Konsequenzen aus dieser Erkenntnis gezogen: heiße Liebe zu meiner
deutsch-österreichischen Heimat, tiefen Haß gegenüber den österreichischen Staat.
×
Die Art des geschichtlichen Denkens, die mir so in der Schule beigebracht wurde, hat mich in der
Folgezeit nicht mehr verlassen. Weltgeschichte ward mir immer mehr zu einem unerschöpflichen Quell
des Verständnisses für das geschichtliche Handeln der Gegenwart, also für Politik. Ich will sie dabei
nicht "lernen" sondern sie soll mich lehren.
[015 Wagner-Verehrung]
War ich so frühzeitig zum politischen "Revolutionär" geworden, so nicht minder früh zum
künstlerischen.
Die oberösterreichische Landeshauptstadt besaß damals ein verhältnismäßig nicht schlechtes Theater.
Gespielt wurde so ziemlich alles. Mit zwölf Jahren sah ich da zum ersten Male "Wilhelm Tell", wenige
Monate darauf als erste Oper meines Lebens "Lohengrin". Mit einem Schlage war ich gefesselt. Die
jugendliche Begeisterung für den Bayreuther Meister kannte keine Grenzen. Immer wieder zog es mich
zu seinen Werken, und ich empfinde es heute als besonderes Glück, daß mir durch die Bescheidenheit
der provinzialen Aufführung die Möglichkeit einer späteren Steigerung erhalten blieb.
Dies alles festigte, besonders nach Überwindung der Flegeljahre (was bei mir sich nur sehr schmerzlich
vollzog), meine tiefinnere Abneigung gegen einen Beruf, wie ihn der Vater für mich erwählt hatte.
Immer mehr kam ich zur Überzeugung, daß ich als Beamter niemals glücklich werden würde. Seit nun
auch in dieser Realschule meine, zeichnerische Begabung anerkannt wurde stand mein Entschluß nur
noch fester.
Daran konnten weder Bitten noch Drohungen mehr etwas ändern.
Ich wollte Maler werden und um keine Macht der Welt Beamter.
Eigentümlich war es nur daß mit steigenden Jahren sich immer mehr Interesse für Baukunst einstellte.
Ich hielt dies damals für die selbstverständliche Ergänzung meiner malerischen Befähigung und freute
mich nur innerlich über die Erweiterung meines künstlerischen Rahmens.
Daß es einmal anders kommen sollte, ahnte ich nicht
×
Die Frage meines Berufes sollte nun doch schneller entschieden werden, als ich vorher erwarten durfte.
Mit dem dreizehnten Lebensjahr verlor ich urplötzlich den Vater. Ein Schlaganfall traf den sonst noch so
rüstigen Herrn und
[016 Tod der Eltern]
beendete auf schmerzloseste Weise seine irdische Wanderung, uns alle in tiefstes Leid versenkend. Was
er am meisten ersehnte, seinem Kinde die Existenz mitzuschaffen, um es vor den eigenen bitteren
Werdegang zu bewahren, schien ihm damals wohl nicht gelungen zu sein. Allein er legte, wenn auch
gänzlich unbewußt, die Keime für eine Zukunft, die damals weder er noch ich begriffen hätte.
Zunächst änderte sich ja äußerlich nichts.
Die Mutter fühlte sich wohl verpflichtet, gemäß dem Wunsche des Vaters meine Erziehung
weiterzuleiten, d. h. also mich für die Beamtenlaufbahn studieren zu lassen. Ich selber war mehr als je
zuvor entschlossen, unter keinen Umständen Beamter zu werden. In eben dem Maße nun, in die
Mittelschule sich in Lehrstoff und Ausbildung von meinem Ideal entfernte, wurde ich natürlich
gleichgültiger. Da kam mir plötzlich eine Krankheit zu Hilfe und entschied in wenigen Wochen über
meine Zukunft und die dauernde Streitfrage des väterlichen Hauses. Mein schweres Lungenleiden ließ
einen Arzt der Mutter auf das dringendste anraten, mich später einmal unter keinen Umständen in ein
Büro zu geben. Der Besuch der Realschule mußte ebenfalls auf mindestens ein Jahr eingestellt werden.
Was ich so lange im stillen ersehnt, für was ich immer gestritten hatte, war nun durch dieses Ereignis
mit einem Male fast von selber zur Wirklichkeit geworden.
Unter dem Eindruck meiner Erkrankung willigte die Mutter endlich ein, mich später aus der Realschule
nehmen zu wollen und die Akademie besuchen zu lassen.
Es waren die glücklichsten Tage, die mir nahezu als ein schöner Traum erschienen; und ein Traum sollte
es ja auch nur sein. Zwei Jahre später machte der Tod der Mutter all den schönen Plänen ein jähes Ende.
Es war der Abschluß einer langen, schmerzhaften Krankheit, die von Anfang an wenig Aussicht auf
Genesung ließ. Dennoch traf besonders mich der Schlag entsetzlich. Ich hatte den Vater verehrt, die
Mutter jedoch geliebt.
Not und harte Wirklichkeit zwangen mich nun, einen schnellen Entschluß zu fassen. Die geringen
väterlichen
[017 Übersiedlung nach Wien]
Mittel waren durch die schwere Krankheit der Mutter zum großen Teil verbraucht worden; die mir
zukommende Waisenpension genügte nicht, um auch nur leben zu können, also war ich nun angewiesen,
mir irgendwie mein Brot selber zu verdienen.
Einen Koffer mit Kleidern und Wäsche in den Händen, mit einem unerschütterlichen Willen im Herzen,
fuhr ich so nach Wien. Was dem Vater fünfzig Jahre vorher gelungen, hoffte auch ich dem Schicksal
abzujagen; auch ich wollte "etwas" werden, allerdings — auf keinen Fall Beamter.
[018]

2. Kapitel:
Wiener Lehr- und Leidensjahre
Als die Mutter starb, hatte das Schicksal in einer Hinsicht bereits seine Entscheidung getroffen.
In deren letzten Leidensmonaten war ich nach Wien gefahren, um die Aufnahmeprüfung in die
Akademie zu machen. Ausgerüstet mit einem dicken Pack von Zeichnungen, hatte ich mich damals auf
den Weg gemacht, überzeugt, die Prüfung spielend leicht bestehen zu können. In der Realschule war ich
schon weitaus der beste Zeichner meiner Klasse gewesen; seitdem war meine Fähigkeit noch ganz
außerordentlich weiter entwickelt worden, so daß meine eigene Zufriedenheit mich stolz und glücklich
das Beste hoffen ließ.
Eine einzige Trübung trat manchmal ein: mein malerisches Talent schien übertroffen zu werden von
meinem zeichnerischen, besonders auf fast allen Gebieten der Architektur. Ebenso aber wuchs auch
mein Interesse für die Baukunst an und für sich immer mehr. Beschleunigt wurde dies noch, seit ich,
noch nicht sechzehn Jahre alt, zum ersten Male zu einem Besuche auf zwei Wochen nach Wien fahren
durfte. Ich fuhr hin, um die Gemäldegalerie des Hofmuseums zu Studieren, hatte aber fast nur Augen für
das Museum selber. Ich lief die Tage vom frühen Morgen bis in die späte Nacht von einer
Sehenswürdigkeit zur anderen, allein es waren immer nur Bauten, die mich in erster Linie fesselten.
Stundenlang konnte ich so vor der Oper stehen, stundenlang das Parlament bewundern; die ganze
Ringstraße wirkte auf mich wie ein Zauber aus Tausend und einer Nacht.
Nun also war ich zum zweiten Male in der schöne Stadt und wartete mit brennender Ungeduld, aber
auch stolzer
[019 Befähigung zum Baumeister]
Zuversicht auf das Ergebnis meiner Aufnahmeprüfung. Ich, war vom Erfolg so überzeugt, daß die mir
verkündete Ablehnung mich wie ein jäher, Schlag aus heiterem Himmel traf. Und doch war es so. Als
ich mich dem Rektor vorstellen ließ und die Bitte um Erklärung der Gründe wegen meiner
Nichtaufnahme in die allgemeine Malerschule der Akademie vorbrachte, versicherte mir der Herr, daß
aus meinen mitgebrachten Zeichnungen einwandfrei meine Nichteignung zum Maler hervorgehe, da
meine Fähigkeit doch ersichtlich. auf dem Gebiete der Architektur liege; für mich käme niemals die
Malerschule, sondern nur die Architekturschule der Akademie in Frage. Daß ich bisher, weder eine
Bauschule besucht noch sonst einen Unterricht in Architektur erhalten hatte, konnte man zunächst gar
nicht verstehen.
Geschlagen verließ ich den Hansenschen Prachtbau am Schillerplatz, zum ersten Male in meinem
jungen Leben unsicher mit mir selber. Denn was ich über meine Fähigkeit gehört hatte, schien mir nun
auf einmal wie ein greller Blitz einen Zwiespalt aufzudecken, unter dem ich schon längst gelitten hatte,
ohne bisher mir eine klare Rechenschaft über das Warum und Weshalb geben zu können.
In wenigen Tagen wußte ich nun auch selber, daß ich einst Baumeister werden würde.
Freilich war der Weg unerhört schwer; denn was ich bis. her aus Trotz in der Realschule versäumt hatte,
sollte sich nun bitter rächen. Der Besuch der Architekturschule der Akademie war abhängig vom Besuch
der Bauschule der Technik, und den Eintritt in diese bedingte eine vorher abgelegte Matura an einer
Mittelschule. Dieses alles fehlte mir vollständig. Nach menschlichem Ermessen also war eine Erfüllung
meines Künstlertraumes nicht mehr möglich. Als ich nun nach dem Tode der Mutter zum dritten Male
nach Wien und dieses Mal für viele Jahre zog, war bei mir mit der unterdessen verstrichenen Zeit Ruhe
und Entschlossenheit zurückgekehrt. Der frühere trotz war wieder gekommen und mein Ziel endgültig
ins Auge gefaßt. Ich wollte Baumeister werden, und Widerstände sind nicht da, daß [020 Fünf Jahre
Elend]man vor ihnen kapituliert, sondern daß man sie bricht. Und brechen wollte ich diese Widerstande,
immer das Bild des Vaters vor Augen, der sich einst vom armen Dorf- und Schusterjungen zum
Staatsbeamten emporgerungen hatte. Da war mein Boden doch schon besser, die Möglichkeit des
Kampfes um so viel leichter; und was damals mir als Härte des Schicksals erschien, preise ich heute als
Weisheit der Vorsehung. Indem mich die Göttin der Not in ihre Arme nahm und mich so oft zu
zerbrechen drohte, wuchs der Wille zum Widerstand, und endlich blieb der Wille Sieger.
Das danke ich der damaligen Zeit, daß ich hart geworden bin und hart sein kann. Und mehr noch als
dieses preise ich sie dafür, daß sie mich losriß von der Hohlheit des gemächlichen Lebens, daß sie das
Muttersöhnchen aus den weichen Daunen zog und ihm Frau Sorge zur neuen Mutter gab, daß sie den
Widerstrebenden hineinwarf in die Welt des Elends und der Armut und ihn so die kennenlernen ließ, für
die er später kämpfen sollte.
×
In dieser Zeit sollte mir auch das Auge geöffnet werden für zwei Gefahren, die ich beide vordem kaum
dem Namen nach kannte, auf keinen Fall aber in ihrer entsetzlichen Bedeutung für die Existenz des
deutschen Volkes begriff: Marxismus und Judentum.
Wien die Stadt, die so vielen als Inbegriff harmloser Fröhlichkeit gilt, als festlicher Raum vergnügter
Menschen, ist für mich leider nur die lebendige Erinnerung an die traurigste Zeit meines Lebens.
Auch heute noch kann diese Stadt nur trübe Gedanken in mir erwecken. Fünf Jahre Elend und Jammer
sind im Namen dieser Phäakenstadt für mich enthalten. Fünf Jahre, in denen ich erst als Hilfsarbeiter,
dann als kleiner Maler mir mein Brot verdienen mußte; mein wahrhaft kärglich Brot, daß doch nie
langte, um auch nur den gewöhnlichen Hunger zu stillen. Er war damals mein getreuer Wächter, der
mich als einziger fast nie verließ, der in allem redlich mit mir
[021 Bildung der Weltanschauung]
teilte. Jedes Buch, das ich mir erwarb, erregte seine Teilnahme, ein Besuch der Oper ließ ihn mir dann
wieder Gesellschaft leisten auf Tage hinaus; es war ein dauernder Kampf mit meinem mitleidslosen
Freunde. Und doch habe ich in dieser Zeit gelernt wie nie zuvor. Außer meiner Baukunst, dem seltenen,
vom Munde abgesparten Besuch der Oper hatte ich als einzige Freude nur mehr Bücher.
Ich las damals unendlich viel, und zwar gründlich. Was mir so an freier Zeit von meiner Arbeit übrig
blieb, ging restlos für mein Studium auf. In wenigen Jahren schuf ich mir damit die Grundlagen eines
Wissens, von denen ich auch heute noch zehre.
Aber mehr noch als dieses.
In dieser Zeit bildeten sich mir ein Weltbild und eine Weltanschauung, die zum granitenen Fundament
meines derzeitigen Handelns wurde. Ich habe zu dem, was ich mir so einst schuf, nur weniges
hinzulernen müssen, zu ändern brauchte ich nichts.
Im Gegenteil.
Ich glaube heute fest daran, daß im allgemeinen sämtliche schöpferischen Gedanken schon in der
Jugendgrunds ich erscheinen, sofern solche überhaupt vorhanden sind. Ich unterscheide zwischen der
Weisheit des Alters, die nur in einer größeren Gründlichkeit und Vorsicht als Ergebnis der Erfahrungen
eines langen Lebens gelten kann, und der Genialität der Jugend, die in unerschöpferischer Fruchtbarkeit
Gedanken und Ideen ausschüttet, ohne sie zunächst auch nur verarbeiten zu können, infolge der Fülle
ihrer Zahl. Sie liefert die Baustoffe und Zukunftspläne, aus denen das weisere Alter die Steine nimmt,
behaut und den Tau aufführt, soweit nicht die sogenannte Weisheit des Alters die Genialität der Jugend
erstickt hat.
×
Das Leben, das ich bis dorthin im väterlichen Hause geführt hatte, unterschied sich eben wenig oder in
nichts von dem all der anderen. Sorgenlos konnte ich den neuen Tag erwarten, und ein soziales Problem
gab es für mich nicht.
[022 Ablegen kleinbürgerlicher Scheuklappen]
Die Umgebung meiner Jugend setzte sich zusammen aus den Kreisen kleinen Bürgertums, also aus einer
Welt, die zu dem reinen Handarbeiter nur sehr wenig Beziehungen besitzt. Denn so sonderbar es auch
auf den ersten Blick scheinen mag, so ist doch die Kluft gerade zwischen diesen durchaus wirtschaftlich
nicht glänzend gestellten Schichten und dem Arbeiter der Faust oft tiefer, als man denkt. Der Grund
dieser, sagen wir fast Feindschaft liegt in der Furcht einer Gesellschaftsgruppe, die sich erst ganz kurze
Zeit aus dem Niveau der Handarbeiter herausgehoben hat, wieder zurückzusinken in den alten, wenig
geachteten Stand, oder wenigstens noch zu ihm gerechnet zu werden. Dazu kommt noch bei vielen die
widerliche Erinnerung an das kulturelle Elend dieser unteren Klassen, die häufige Roheit des Unigangs
untereinander, wobei die eigene, auch noch so geringe Stellung im gesellschaftlichen Leben jede
Berührung mit dieser überwundenen Kultur- und Lebensstufe zu einer unerträglichen Belastung werden
läßt.
So kommt es, daß häufig der Höherstehende unbefangener zu seinem letzten Mitmenschen herabsteigt,
als es dem "Emporkömmling" auch nur möglich erscheint.
Denn Emporkömmling ist nun einmal jeder, der sich durch eigene Tatkraft aus einer bisherigen
Lebensstellung in eine höhere emporringt.
Endlich aber läßt dieser häufig sehr herbe Kampf das Mitleid absterben. Das eigene schmerzliche
Ringen um das Dasein tötet die Empfindung für das Elend der Zurückgebliebenen.
Mit mir besaß das Schicksal in dieser Hinsicht Erbarmen. Indem es mich zwang, wieder in diese Welt
der Armut und der Unsicherheit zurückzukehren, die einst der Vater im Laufe seines Lebens schon
verlassen hatte, zog es mir die Scheuklappen einer beschrankten kleinbürgerlichen Erziehung von den
Augen. Nun erst lernte ich die Menschen kennen; lernte unterscheiden zwischen hohlem Scheine oder
brutalem Äußeren und ihrem inneren Wesen.
Wien gehörte nach der Jahrhundertwende schon zu den sozial ungünstigsten Städten.
[023 Soziale Gegensätze Wiens]
Strahlender Reichtum und abstoßende Armut lösten einander in schroffem Wechsel ab. Im Zentrum und
in den inneren Bezirken fühlte man so recht den Pulsschlag des 52-Millionen-Reiches, mit all dem
bedenklichen Zauber des Nationalitätenstaates. Der Hof in seiner blendenden Pracht wirkte ähnlich
einem Magneten auf Reichtum und Intelligenz des übrigen, Staates. Dazu kam noch die starke
Zentralisierung der Habsburgermonarchie an und für sich.
In ihr bot sich eine einzige Möglichkeit, diesen Völkerbrei in fester Form zusammenzuhalten. Die Folge
davon aber war eine außerordentliche Konzentration von hohen und höchsten Behörden in der Hauptund
Residenzstadt.
Doch Wien war nicht nur politisch und geistig die Zentrale der alten Donaumonarchie, sondern auch
wirtschaftlich. Dem Heer von hohen Offizieren, Staatsbeamten, Künstlern und Gelehrten stand eine
noch größere Armee von Arbeitern gegenüber, dem Reichtum der Aristokratie und des Handels eine
blutige Armut. Vor den Palästen der Ringstraße lungerten Tausende von Arbeitslosen, und unter dieser
via triumphalis des alten Österreichs hausten im Zwielicht und Schlamm der Kanäle die Obdachlosen.
Kaum in einer deutschen Stadt war die soziale Frage besser zu studieren als in Wien. Aber man täusche
sich nicht. Dieses "Studieren" kann nicht von oben herunter geschehen. Wer nicht selber in den
Klammern dieser würgenden Natter sich befindet, lernt ihre Giftzähne niemals kennen. Im anderen Falle
kommt nichts heraus als oberflächliches Geschwätz und verlogene Sentimentalität. Beides ist von
Schaden. Das eine, weil es nie bis zum Kerne der, Problems zu dringen vermag, das andere, weil es an
ihm vorübergeht. Ich weis nicht, was verheerender ist: die Nichtbeachtung der sozialen Not, wie dies die
Mehrzahl der vom Glück Begünstigten oder auch durch eigenes Verdienst Gehobenen tagtäglich sehen
läßt, oder jene ebenso hochnäsige wie manchmal wieder zudringlich taktlose, aber immer gnädige
Herablassung gewisser mit dem "Volk "empfindender" Modeweiber in Röcken und Hosen. Diese
Menschen sündigen jedenfalls mehr, als sie in ihrem instinktlosen Verstande
[024 Der Hilfsarbeiter]
überhaupt nur zu begreifen vermögen. Daher ist dann zu ihrem eigenen Erstaunen das Ergebnis einer
durch sie betätigten sozialen "Gesinnung" immer Null, häufig aber sogar empörte Ablehnung; was dann
freilich als Beweis der Undankbarkeit des Volkes gilt.
Daß eine soziale Tätigkeit damit gar nichts zu tun hat, vor allem auf Dank überhaupt keinen
Anspruch erheben darf, da sie ja nicht Gnaden verteilen, sondern Rechte herstellen soll, leuchtet
einer solchen Art von Köpfen nur ungern ein.
Ich wurde bewahrt davor, die soziale Frage in solcher Weise zu lernen. Indem sie mich in den Bannkreis
ihres Leidens zog, schien sie mich nicht zum, "Lernen" einzuladen, als vielmehr sich an mir selber
erproben zu wollen. Es war nicht ihr Verdienst, daß das Kaninchen dennoch heil und gesund die
Operation überstand.
×
Wenn ich nun versuchen will, die Reihe meiner damaligen Empfindungen heute wiederzugeben, so kann
dies niemals auch nur annähernd vollständig sein; nur die wesentlichsten und für mich oft
erschütterndsten Eindrücke sollen hier dargestellt werden mit den wenigen Lehren, wie ich sie in dieser
Zeit schon zog.
×
Es wurde mir damals meist nicht sehr schwer, Arbeit an sich zu linden, da ich ja nicht gelernter
Handwerker war, sondern nur als sogenannter Hilfsarbeiter und manches Mal als Gelegenheitsarbeiter
versuchen mußte, mir das tägliche Brot zu schaffen.
Ich stellte mich dabei auf den Standpunkt aller jener, die den Staub Europas von den Füßen schütteln
dem unerbittlichen Vorsatz, sich in der Neuen Welt auch eine neue Existenz zu gründen, eine neue
Heimat zu erobern. Losgelöst von allen bisherigen lähmenden Vorstellungen des Be-
[025 Die Unsicherheit des Brotverdienstes]
rufes und Standes, von Umgebung und Tradition, greifen sie nun nach jedem Verdienst, der sich ihnen
bietet, packen jede Arbeit an, sich so immer mehr zur Auffassung durchdringend, daß ehrliche Arbeit
niemals schändet, ganz gleich, welcher Art sie auch sein möge. So war auch ich entschlossen, mit beiden
Füßen in die für mich neue Welt hineinzuspringen und mich durchzuschlagen.
Daß es da irgendeine Arbeit immer gibt, lernte ich bald kennen, allein ebenso schnell auch, wie leicht sie
wieder zu verlieren ist.
Die Unsicherheit des täglichen Brotverdienstes erschien mir in kurzer Zeit als eine der schwersten
Schattenseiten des neuen Lebens.
Wohl wird der "gelernte" Arbeiter nicht so häufig auf die Straße gesetzt sein, als dies beim ungelernten
der Fall ist; allein ganz ist doch auch er nicht gegen dieses Schicksal gefeit. Bei ihm tritt eben an Stelle
des Brotverlustes aus Arbeitsmangel die Aussperrung oder sein eigener Streik.
Hier rächt sich die Unsicherheit des täglichen Verdienstes schon auf das bitterste an der ganzen
Wirtschaft selber.
Der Bauernbursche, der in die Großstadt wandert, angezogen von der vermeintlich oder wohl auch
wirklich leichteren Arbeit, der kürzeren Arbeitszeit, am meisten aber durch das blendende Licht, das die
Großstadt nun einmal auszustrahlen vermag, ist noch an eine gewisse Sicherheit des Verdienstes
gewöhnt. Er pflegt den alten Posten auch nur dann zu verlassen, wenn ein neuer mindestens in Aussicht
steht. Endlich ist der Mangel an Landarbeitern groß, die Wahrscheinlichkeit eines längeren
Arbeitsmangels also an und für sich sehr gering. Es ist nun ein Fehler, zu glauben, daß der sich in die
Großstadt begebende junge Bursche etwa schon von vornherein aus schlechterem Holze geschnitzt wäre
als der sich auch weiter redlich auf der bäuerlichen Scholle ernährende. Nein, im Gegenteil: die
Erfahrung zeigt, daß alle auswandernden Elements eher aus den gesündesten und tatkräftigsten Naturen
bestehen als etwa umgekehrt. Zu diesen "Auswanderern" aber zählt nicht nur der Amerikawanderer,
sondern auch schon der junge Knecht, der

[026 Das Schicksal des Arbeiter]
sich entschließt, das heimatliche Dorf zu verlassen, um nach der fremden Großstadt zu ziehen. Auch er
ist bereit, ein ungewisses Schicksal auf sich zu nehmen. Meist kommt er mit etwas Geld in die große
Stadt, braucht also nicht schon am ersten Tage zu verzagen, wenn das Unglück ihn längere Zeit keine
Arbeit finden läßt. Schlimmer aber wird es, wenn er eine gefundene Arbeitsstelle in kurzer Zeit wieder
verliert. Das Finden einer neuen ist besonders im Winter häufig schwer, wenn nicht unmöglich. Die
ersten Wochen geht es dann noch. Er erhält Arbeitslosenunterstützung aus den Kassen seiner
Gewerkschaft und schlägt sich durch so gut als eben möglich. Allein, wenn der letzte eigene Heller und
Pfennig verbraucht ist, die Kasse infolge der langen Dauer der Arbeitslosigkeit die Unterstützung auch
einstellt, kommt die große Not. Nun lungert er hungernd herum, versetzt und verkauft oft noch das
Letzte, kommt so in seiner Kleidung immer mehr herunter und sinkt damit auch äußerlich in eine
Umgebung herab, die ihn nun zum körperlichen Unglück noch seelisch vergiftet. Wird er dann noch
obdachlos, und ist dies (wie es oft der Fall zu sein pflegt) im Winter, so wird der Jammer schon sehr
groß. Endlich findet er wieder irgendeine Arbeit. Allein, das Spiel wiederholt sich. Ein zweites Mal tritt
es ihn ähnlich, ein drittes Mal vielleicht noch schwerer, so daß er das ewig Unsichere nach und nach
gleichgültiger ertragen lernt. Endlich wird die Wiederholung zur Gewohnheit.
So lockert sich der sonst fleißige Mensch in seiner ganzen Lebensauffassung, um allmählich zum
Instrument jener heranzureifen, die sich seiner nun bedienen um niedriger Vorteile willen. Er war so oft
ohne eigenes Verschulden arbeitslos, daß es nun auf einmal mehr oder weniger auch nicht ankommt,
selbst wenn es sich dabei nicht mehr um das Erkämpfen wirtschaftlicher Rechte, sondern um das
Vernichten staatlicher, gesellschaftlicher oder allgemein kultureller Werte handelt. Er wird, wenn schon
nicht streiklustig, so doch schon streikgleichgültig sein.
Diesen Prozeß konnte ich an tausend Beispielen mit offenen Augen verfolgen. Je länger ich das Spiel
sah, um so
[027 Das Schicksal des Arbeiters]
mehr wuchs meine Abneigung gegen die Millionenstadt, die die Menschen erst gierig an sich zog, um
sie dann so grausam zu zerreiben.
Wenn sie kamen, zählten sie noch immer zu ihrem Volke; wenn sie blieben, gingen sie ihm verloren.
Auch ich war so vom Leben in der Weltstadt herumgeworfen worden und konnte also am eigenen Leibe
die Wirkungen dieses Schicksals erproben und seelisch durchkosten. Ich sah noch eines: der schnelle
Wechsel von Arbeit zur Nichtarbeit und umgekehrt, sowie die dadurch bedingte ewige Schwankung des
Ein- und Auskommens zerstört auf die Dauer bei vielen das Gefühl für Sparsamkeit ebenso wie das
Verständnis für eine kluge Lebenseinteilung. Der Körper gewöhnt sich scheinbar langsam daran, in
guten Zeiten aus dem vollen zu leben und in schlechten zu hungern. Ja, der Hunger wirft jeden Vorsatz
für spätere vernünftige Einteilung in der besseren Zeit des Verdienstes um, indem er dem von ihm
Gequälten in einer dauernden Fata Morgana die Bilder eines satten Wohllebens vorgaukelt und diesen
Traum zu einer solchen Sehnsucht zu steigern versteht, daß solch ein krankhaftes Verlangen zum Ende
jeder Selbstbeschränkung wird, sobald Verdienst und Lohn dies irgendwie gestatten. Daher kommt es,
daß der kaum eine Arbeit Erlangende sofort auf das unvernünftigste jede Einteilung vergißt, um aus
vollen Zügen in den Tag hinein zu leben. Dies führt selbst bis zur Umstoßung des kleinen
Wochenhaushaltes, da sogar hier die kluge Einteilung ausbleibt; es langt anfangs noch für fünf Tage
statt für sieben, später nur mehr für drei, endlich für kaum noch einen Tag, um am Schlusse in der ersten
Nacht schon verjubelt zu werden.
Zu Hause sind dann oft Weib und Kinder. Manches Mal werden auch sie von diesem Leben angesteckt,
besonders wenn der Mann zu ihnen an und für sich gut ist, ja, sie auf seine Art und Weise sogar liebt.
Dann wird der Wochenlohn in zwei, drei Tagen zu Hause gemeinsam vertan; es wird gegessen und
getrunken, solange das Geld hält, und die letzten Tage werden ebenso gemeinsam durchgehungert.
[028 Das Schicksal des Arbeiters]
Dann schleicht die Frau in die Nachbarschaft und Umgebung, borgt sich ein weniges aus, macht kleine
Schulden beim Krämer und sucht so die bösen letzten Tage der Woche durchzuhalten. Mittags sitzen sie
alle beisammen vor mageren Schüsseln, manchmal auch vor nichts, und warten auf den kommenden
Lohntag, reden von ihm, machen Pläne, und wahrend sie hungern, träumen sie schon wieder vom
kommenden Glück.
So werden die kleinen Kinder in ihrer frühesten Jugend mit diesem Jammer vertraut gemacht.
Übel aber endet es, wenn der Mann von Anfang an seine eigenen Wege geht und das Weib, gerade den
Kindern zuliebe, dagegen auftritt. Dann gibt es Streit und Hader, und in dem Maße, in dem der Mann
der Frau nun fremder wird, kommt er dem Alkohol näher. Jeden Samstag ist er nun betrunken, und im
Selbsterhaltungstrieb für sich und ihre Kinder rauft sich das Weib um die wenigen Groschen, die sie
ihm, noch dazu meistens auf dem Wege von der Fabrik zur Spelunke, abbiegen muß. Kommt er endlich
Sonntag oder Montag nachts selber nach Hause betrunken und brutal, immer aber befreit vom letzten
Heller und Pfennig, dann spielen sich oft Szenen ab, daß Gott erbarm’.
In Hunderten von Beispielen habe ich dieses alles miterlebt, anfangs angewidert oder wohl auch empört,
um später die ganze Tragik dieses Leides zu begreifen, die tieferen Ursachen zu verstehen. Unglückliche
Opfer schlechter Verhältnisse.
Fast trüber noch waren damals die Wohnungsverhältnisse. Das Wohnungselend des Wiener
Hilfsarbeiters war ein entsetzliches. Mich schaudert noch heute, wenn ich an diese jammervollen
Wohnhöhlen denke, an Herberge und Massenquartier, an diese düsteren Bilder von Unrat, widerlichem
Schmutz und Ärgerem.
Wie mußte und wie muß dies einst werden, wenn aus diesen Elendshöhlen der Strom losgelassener
Sklaven über die andere, so gedankenlose Mitwelt und Mitmenschheit sich ergießt!
Denn gedankenlos ist diese andere Welt.
[029 Der Weg zur Besserung]
Gedankenlos läßt sie die Dinge eben treiben, ohne in ihrer Instinktlosigkeit auch nur zu ahnen, daß
früher oder später das Schicksal zur Vergeltung schreiten muß, wenn nicht die Menschen zur Zeit noch
das Schicksal versöhnen.
Wie bin ich heute dankbar jener Vorsehung, die mich in diese Schule gehen ließ. In ihr konnte ich nicht
mehr sabotieren, was mir nicht gefiel. Sie hat mich schnell und gründlich erzogen.
Wollte ich nicht verzweifeln an den Menschen meiner Umgebung von damals, mußte ich unterscheiden
lernen zwischen ihrem äußeren Wesen und Leben und den Gründen ihrer Entwicklung. Nur dann ließ
sich dies alles ertragen, ohne verzagen zu müssen. Dann wuchsen aus all dem Unglück und Jammer, aus
Unrat und äußerer Verkommenheit nicht mehr Menschen heraus, sondere traurige Ergebnisse trauriger
Gesetze; wobei mich die Schwere des eigenen, doch nicht leichteren Lebenskampfes davor bewahrte,
nun etwa in jämmerlicher Sentimentalität vor den verkommenen Schlußprodukten dieses
Entwicklungsprozesses zu kapitulieren.
Nein, so soll dies nicht verstanden werden.
Schon damals ersah ich, daß mir nur ein doppelter Weg zum Ziele einer Besserung dieser Zustände
führen könne:
Tiefstes soziales Verantwortungsgefühl zur Herstellung besserer Grundlagen unserer Entwicklung,
gepaart mit brutaler Entschlossenheit in der Niederbrechung unverbesserlicher Auswüchslinge.
So wie die Natur ihre größte Aufmerksamkeit nicht auf die Erhaltung des Bestehenden, sondern auf die
Züchtung des Nachwuchses, als des Trägers der Art, konzentriert, so kann es sich auch im menschlichen
Leben weniger darum handeln, bestehendes Schlechtes künstlich zu veredeln, was bei der Veranlagung
des Menschen zu neunundneunzig Prozent unmöglich ist, als darum, einer kommenden Entwicklung
gesündere Bahnen von Anfang an zu sichern.[030 Das Wesen sozialer Tätigkeit]Schon während meines
Wiener Existenzkampfes war mir klar geworden, daß die soziale Tätigkeit nie und immer in ebenso
lächerlichen wie zwecklosen Wohlfahrtsduseleien ihre Aufgabe zu erblicken hat, als vielmehr in der
Beseitigung solcher grundsätzlicher Mängel in der Organisation unseres Wirtschafts- und Kulturlebens,
die zu Entartungen einzelner führen müssen oder wenigstens verleiten können.
Die Schwierigkeiten des Vorgehens mit letzten und brutalsten Mitteln gegen das staatsfeindliche
Verbrechertum liegt ja nicht zum wenigsten gerade in der Unsicherheit des Urteils über die inneren
Beweggründe oder Ursachen solcher Zeiterscheinungen.
Diese Unsicherheit ist nur zu begründet im Gefühl einer eigenen Schuld an solchen Tragödien der
Verkommenheit; sie lähmt aber nun jeden ernsten und festen Entschluß und hilft so mit an der, weil
schwankend, auch schwachen und halben Durchführung selbst der notwendigsten Maßnahmen der
Selbsterhaltung.
Erst wenn einmal eine Zeit nicht mehr von den Schatten des eigenen Schuldbewußtseins umgeistert ist,
erhält sie mit der innere Ruhe auch die äußere Kraft, brutal und rücksichtslos die wilden Schößlinge
herauszuschneiden, das Unkraut auszujäten.
Da der österreichische Staat eine soziale Rechtsprechung, und Gesetzgebung überhaupt so gut als gar
nicht kannte, war auch seine Schwäche in der Niederkämpfung selbst böser Auswüchse in die Augen
springend groß.
×
Ich weiß nicht, was mich nun zu dieser Zeit am meisten entsetzte: das wirtschaftliche Elend meiner
damaligen Mitgefährten, die sittliche und moralische Roheit oder der Tiefstand ihrer geistigen Kultur.
[031 Der Mangel an "Nationalstolz"]
Wie oft fährt nicht unser Bürgertum in aller moralischen Entrüstung empor, wenn es aus dem Munde
irgendeines jämmerlichen Landstreichers die Äußerung vernimmt, daß es sich ihm gleichbleibe,
Deutscher zu sein oder auch nicht, daß er sich überall gleich wohl fühle, sofern er nur sein nötiges
Auskommen habe.
Dieser Mangel an "Nationalstolz" wird dann auf das tiefste beklagt und dem Abscheu vor einer solchen
Gesinnung kräftig Ausdruck gegeben.
Wie viele haben sich aber schon die Frage vorgelegt, was denn nun eigentlich bei ihnen selber die
Ursache ihrer besseren Gesinnung bildet?
Wie viele begreifen denn die Unzahl einzelner Erinnerungen an die Größe des Vaterlandes, der Nation,
auf allen Gebieten des kulturellen und künstlerischen Lebens, die ihnen als Sammelergebnis eben den
berechtigten Stolz vermitteln, Angehörige eines so begnadeten Volkes sein zu dürfen?
Wie viele ahnen denn, wie sehr der Stolz auf das Vaterland abhängig ist von der Kenntnis der Größe
desselben auf allen diesen Gebieten?
Denken nun unsere bürgerlichen Kreise darüber nach, in welch lächerlichem Umfange diese
Voraussetzung zum Stolz auf das Vaterland dem "Volke" vermittelt wird? Man rede sich nicht darauf
hinaus, daß in "anderen Ländern dies ja auch nicht anders" sei, der Arbeiter dort aber "dennoch" zu
seinem Volkstum stände. Selbst wenn dies so wäre, würde es nicht zur Entschuldigung eigener
Versäumnisse dienen können. Es ist aber nicht so. Denn was wir immer mit einer "chauvinistischen"
Erziehung, z. B. des französischen Volkes bezeichnen, ist doch nichts anderes als das übermäßige
Herausheben der Größe Frankreichs auf allen Gebieten der Kultur oder, wie der Franzose zu sagen
pflegt, der "Zivilisation". Der junge Franzose wird eben nicht zur Objektivität erzogen, sondern zur
subjektivsten Ansicht, die man sich nur denken kann, sofern es sich um die Bedeutung der politischen
oder kulturellen Größe seines Vaterlandes handelt.
[032 Der Leidensweg des Arbeiterkindes]
Diese Erziehung wird sich dabei immer auf allgemeine, ganz große Gesichtspunkte zu beschränken
haben, die, wenn nötig, in ewiger Wiederholung dem Gedächtnis und dem Empfinden des Volkes
einzuprägen sind.
Nun kommt aber bei uns zur negativen Unterlassungssünde noch die positive Zerstörung des Wenigen,
das der einzelne das Glück hat, in der Schule zu lernen. Die Ratten der politischen Vergiftung unseres
Volkes fressen auch dieses Wenige noch aus dem Herzen und der Erinnerung der breiten Masse heraus,
soweit nicht Not und Jammer schon das ihrige besorgten.
Man stelle sich doch einmal folgendes vor:
In einer Kellerwohnung, aus zwei dumpfen Zimmern bestehend, haust eine siebenköpfige
Arbeiterfamilie. Unter den fünf Kindern auch ein Junge von, nehmen wir an, drei Jahren. Es ist dies das
Alter, in dem die ersten Eindrücke einem Kinde zum Bewußtsein kommen. Bei Begabten finden sich
noch bis in das hohe Alter Spuren der Erinnerung aus dieser Zeit. Schon die Enge und Überfüllung des
Raumes führt nicht zu günstigen Verhältnissen. Streit und Hader werden sehr häufig schon auf diese
Weise entstehen. Die Menschen leben ja so nicht miteinander, sondern bücken auf einander. Jede, wenn
auch kleinste Auseinandersetzung, die in geräumiger Wohnung schon durch ein leichtes Absondern
ausgeglichen werden kann, sich so von selbst wieder löst, führt hier zu einem nicht mehr ausgehenden,
widerlichen Streit. Bei den Kindern ist dies natürlich noch erträglich; sie streiten in solchen
Verhältnissen ja immer und vergessen es untereinander wieder schnell und gründlich. Wenn aber dieser
Kampf unter den Eltern selber ausgefochten wird, und zwar fast jeden Tag, in Formen, die an innerer
Roheit oft wirklich nichts zu wünschen übriglassen, dann müssen sich, wenn auch noch so langsam,
endlich die Resultate eines solchen Anschauungsunterrichtes bei den Kleinen zeigen. Welcher Art sie
sein müssen, wenn dieser gegenseitige Zwist die Form roher Ausschreitungen des Vaters gegen die
Mutter annimmt, zu Mißhandlungen in betrunkenem Zustande führt, kann sich [033 Junge
Autoritätsverächter]der ein solches Milieu eben nicht Kennende nur schwer vorstellen. Mit sechs Jahren
ahnt der kleine, zu bedauernde Junge Dinge, vor denen auch ein Erwachsener nur Grauen empfinden
kann. Moralisch angegiftet, körperlich unterernährt, das arme Köpfchen verlaust, so wandert der junge
"Staatsbürger" in die Volksschule. Daß es mit Ach und Krach bis zum Lesen und Schreiben kommt, ist
auch so ziemlich alles. Von einem Lernen zu Hause kann keine Rede sein. Im Gegenteil. Mutter und
Vater reden ja selbst, und zwar den Kindern gegenüber, in nicht wiederzugebender Weise über Lehrer
und Schule, sind viel eher bereit, jenen Grobheiten zu sagen, als etwa ihren kleinen Sprößling über das
Knie zu legen und zur Vernunft zu bringen. Was der kleine Kerl sonst noch alles zu Hause hört, führt
auch nicht zu einer Stärkung der Achtung vor der lieben Mitwelt. Nichts Gutes wird hier an der
Menschheit gelassen, keine Institution bleibt unangefochten; vom Lehrer angefangen bis hinauf zur
Spitze des Staates. Mag es sich um Religion handeln oder um Moral an sich, um den Staat oder die
Gesellschaft, einerlei, es wird alles beschimpft, in der unflätigsten Weise in den Schmutz einer
niedrigsten Gesinnung gezerrt. Wenn der junge Mensch nun mit vier. zehn Jahren aus der Schule
entlassen wird, ist es schon schwer mehr zu entscheiden, was größer ist an ihm: die unglaubliche
Dummheit, insofern es sich um wirkliches Wissen und Können handelt, oder die ätzende Frechheit
seines Auftretens, verbunden mit einer Unmoral schon in diesem Alter, daß einem die Haare zu Berge
stehen könnten.
Welche Stellung aber kann dieser Mensch, dem jetzt schon kaum mehr etwas heilig ist, der ebensosehr
nichts Großes kennengelernt hat, wie er umgekehrt jede Niederung des Lebens ahnt und weiß, im Leben
einnehmen, in das er ja nun hinauszutreten sich anschickt?
Aus dem dreijährigen Kinde ist ein fünfzehnjähriger Verächter jeder Autorität geworden. Der junge
Mensch ist nur mit Schmutz und Unrat in Berührung gekommen und hat noch nichts kennengelernt, das
ihn zu irgendeiner höheren Begeisterung anzuregen vermöchte.
[034 Die Vorbedingung der "Nationalisierung"]
Jetzt aber kommt er erst noch in die Hohe Schule dieses Daseins.
Nun setzt das gleiche Leben ein, das er vom Vater die Jahre der Kindheit entlang in sich aufgenommen
hatte. Er streunt herum und kommt weiß Gott wann nach Hause, prügelt zur Abwechslung auch noch
selber das zusammengerissene Wesen, das einst seine Mutter war, flucht aber Gott und die Welt und
wird endlich aus irgendeinem besonderen Anlaß verurteilt und in ein Jugendlichengefängnis verbracht.
Dort erhält er den letzten Schliff.
Die liebe bürgerliche Mitwelt aber ist ganz erstaunt über die mangelnde "nationale "Begeisterung"
dieses jungen "Staatsbürgers".
Sie sieht, wie in Theater und Kino, in Schundliteratur und Schmutzpresse Tag für Tag das Gift
kübelweise in das Volk hineingeschüttet wird, und erstaunt dann aber den geringen "sittlichen "Gehalt",
die "nationale "Gleichgültigkeit" der Massen dieses Volkes. Als ob Kinokitsch, Schundpresse und
ähnliches die Grundlagen der Erkenntnis vaterländischer Größe abgeben würden. Von der früheren
Erziehung des einzelnen ganz abgesehen.
Was ich ehedem nie geahnt hatte, lernte ich damals schnell und gründlich verstehen:
Die Frage der "Nationalisierung" eines Volkes ist mit in erster Linie eine Frage der Schaffung gesunder
sozialer Verhältnisse als Fundament einer Erziehungsmöglichkeit des einzelnen. Denn nur wer durch
Erziehung und Schule die kulturelle, wirtschaftliche, vor allem aber politische Größe des eigenen
Vaterlandes kennengelernt, vermag und wird auch jenen inneren Stolz gewinnen, Angehöriger eines
solchen Volkes sein zu dürfen. Und kämpfen kann ich nur für etwas, das ich liebe, lieben nur, was ich
[035 Zeichner und Aquarellist]
achte, und achten, was ich mindestens kenne.
×
Sowie mein Interesse für die soziale Frage erweckt war, begann ich sie auch mit aller Gründlichkeit zu
studieren. Es war eine neue, bisher unbekannte Welt, die sich mir so erschloß.
In den Jahren 1909 auf 1910 hatte sich auch meine eigene Lage insofern etwas geändert, als ich nun
selber nicht mehr als Hilfsarbeiter mir mein tägliches Brot zu verdienen brauchte. Ich arbeitete damals
schon selbständig als kleiner Zeichner und Aquarellist. So bitter dies in bezug auf den Verdienst war es
langte wirklich kaum zum Leben, so gut war es aber für meinen erwählten Beruf. Nun war ich nicht
mehr wie früher des Abends nach der Rückkehr von der Arbeitsstelle todmüde, unfähig, in ein Buch zu
sehen, ohne in kurzer Zeit einzunicken. Meine jetzige Arbeit verlief ja parallel meinem künftigen
Berufe. Auch konnte ich nun als Herr meiner eigenen Zeit mir diese wesentlich besser einteilen, als dies
früher möglich war.
Ich malte zum Brotverdienen und lernte zur Freude.
So war es mir auch möglich, zu meinem Anschauungsunterricht über das soziale Problem die
notwendige theoretische Ergänzung gewinnen zu können. Ich studierte so ziemlich alles, was ich über
dieses ganze Gebiet an Büchern erhalten konnte, und vertiefte mich im übrigen in meine eigenen
Gedanken.
Ich glaube, meine Umgebung von damals hielt mich wohl für einen Sonderling.
Daß ich dabei mit Feuereifer meiner Liebe zur Baukunst diente, war natürlich. Sie erschien mir neben
der Musik als die Königin der Künste: meine Beschäftigung mit ihr war unter solchen Umständen auch
keine "Arbeit", sondern höchstes Glück. Ich konnte bis in die späte Nacht hinein lesen oder zeichnen,
müde wurde ich da nie. So verstärkte sich mein Glaube, daß mir mein schöner Zukunftstraum, wenn
auch nach langen Jahren, doch Wirklichkeit werden
[036 Die Kunst des Lesens]
würde. Ich war fest überzeugt, als Baumeister mir dereinst einen Namen zu machen.
Daß ich nebenbei auch das größte Interesse für alles, was mit Politik zusammenhing, besaß, schien mir
nicht viel zu bedeuten. Im Gegenteil: dies war in meinen Augen ja die selbstverständliche Pflicht jedes
denkenden Menschen überhaupt. Wer dafür kein Verständnis besaß, verlor eben das Recht zu jeglicher
Kritik und jeglicher Beschwerde.
Auch hier las und lernte ich also viel.
Freilich verstehe ich unter "lesen" vielleicht etwas anderes als der große Durchschnitt unserer
sogenannten "Intelligenz".
Ich kenne Menschen, die unendlich viel "lesen", und zwar Buch für Buch, Buchstaben um Buchstaben,
und die ich doch nicht als "belesen" bezeichnen möchte. Sie besitzen freilich eine Unmenge von
"Wissen", allein ihr Gehirn versteht nicht, eine Einteilung und Registratur dieses in sich
aufgenommenen Materials durchzuführen. Es fehlt ihnen die Kunst, im Buche das für sie Wertvolle vom
Wertlosen zu sondern, das eine dann im Kopfe zu behalten für immer, das andere, wenn möglich, gar
nicht zu sehen, auf jeden Fall aber nicht als zwecklosen Ballast mitzuschleppen. Auch das Lesen ist ja
nicht Selbstzweck, sondern Mittel zu einem solchen. Es soll in erster Linie mithelfen den Rahmen zu
füllen, den Veranlagung und Befähigung jedem ziehen; mithin soll es Werkzeug und Baustoffe liefern,
die der einzelne in seinem Lebensberuf nötig hat, ganz gleich, ob dieser nur dem primitiven Broterwerb
dient oder die Befriedigung einer höheren Bestimmung darstellt; in zweiter Linie aber soll es ein
allgemeines Weltbild vermitteln. In beiden Fällen ist es aber nötig, daß der Inhalt des jeweilig Gelesenen
nicht in der Reihenfolge des Buches oder gar der Bücherfolge dem Gedächtnis zur Aufbewahrung
übergeben wird, sondern als Mosaiksteinchen in dem allgemeinen Weltbilde seinen Platz an der ihm
zukommenden Stelle erhält und so eben mithilft, dieses Bild im Kopfe des Lesers zu formen. Im anderen
Falle entsteht ein wirres Durcheinander von eingelerntem Zeug, das ebenso
[037 Die Kunst des Lesens]
wertlos ist, wie es andererseits den unglücklichen Besitzer eingebildet macht. Denn dieser glaubt nun
wirklich allen Ernstes "gebildet" zu sein, vom Leben etwas zu verstehen, Kenntnisse zu besitzen,
während er mit jedem neuen Zuwachs dieser Art von "Bildung" in Wahrheit der Welt sich mehr und
mehr entfremdet, bis er nicht selten entweder in einem Sanatorium oder als "Politiker" in einem
Parlament endet.

Niemals wird es so einem Kopfe gelingen, aus dem Durcheinander seines "Wissens" das für die
Forderung einer Stunde Passende herauszuholen, da ja sein geistiger Ballast nicht in den Linien
des Lebens geordnet liegt, sondern in der Reihenfolge der Bücher, wie er sie las und wie ihr Inhalt
ihm nun im Kopfe sitzt. Würde das Schicksal bei seinen Anforderungen des täglichen Lebens ihn
immer an die richtige Anwendung des einst Gelesenen erinnern, so müßte es aber auch noch Buch und
Seitenzahl erwähnen, da der arme Tropf sonst in aller Ewigkeit das Richtige nicht linden würde. Da es
dies nun aber nicht tut, geraten diese neunmal Klugen bei jeder kritischen Stunde in die schrecklichste
Verlegenheit, suchen krampfhaft nach analogen Fällen und erwischen mit tödlicher Sicherheit natürlich
die falschen Rezepte.
Wäre es nicht so, könnte man die politischen Leistungen unserer gelehrten Regierungsheroen in
höchsten Stellen nicht begreifen, außer man entschlösse sich, anstatt pathologischer Veranlagung
schurkenhafte Niedertracht anzunehmen.
Wer aber die Kunst des richtigen Lesens inne hat, den wird das Gefühl beim Studieren jedes Buches,
jeder Zeitschrift oder Broschüre augenblicklich auf all das aufmerksam machen, was seiner Meinung
nach für ihn zur dauernden Festhaltung geeignet ist, weil entweder zweckmäßig oder allgemein
wissenswert. Sowie das auf solche Weise Gewonnene seine sinngemäße Eingliederung in das immer
schon irgendwie vorhandene Bild, das sich die Vorstellung von dieser oder jener Sache geschaffen hat,
findet, wird es entweder korrigierend oder ergänzend wirken, also
[038 Die Kunst des Lesens]
entweder die Richtigkeit oder Deutlichkeit desselben erhöhen. Legt nun das Leben plötzlich irgendeine
Frage zur Prüfung oder Beantwortung vor, so wird bei einer solchen Art des Lesens das Gedächtnis
augenblicklich zum Maßstabe des schon vorhandenen Anschauungsbildes greifen und aus ihm alle die
in Jahrzehnten gesammelten einzelnen diese Fragen betreffenden Beiträge herausholen, dem Verstande
unterbreiten zur Prüfung und neuen Einsichtnahme, bis die Frage geklärt oder beantwortet ist.
Nur so hat das Lesen dann Sinn und Zweck.
Ein Redner zum Beispiel, der nicht auf solche Weise seinem Verstande die nötigen Unterlagen liefert,
wird nie in der Lage sein, bei Widerspruch zwingend seine Ansicht zu vertreten, mag sie auch
tausendmal der Wahrheit oder Wirklichkeit entsprechen. Bei jeder Diskussion wird ihn das Gedächtnis
schnöde im Stiche lassen: er wird weder Gründe zur Erhärtung des von ihm selbst Behaupteten noch
solche zur Widerlegung des Gegners finden. Solange es sich dabei, wie bei einem Redner, in erster Linie
nur um die Blamage der eigenen Person handelt, mag dies noch hingehen, böse aber wird es, wenn das
Schicksal einen solchen Vielwisser, über Nichtskönner zum Leiter eines Staates bestellt.
Ich habe mich seit früher Jugend bemüht, auf richtige Art zu lesen, und wurde dabei in glücklichster
Weise von Gedächtnis und Verstand unterstützt. Und in solchem Sinne betrachtet, war für mich
besonders die Wiener Zeit fruchtbar und wertvoll. Die Erfahrungen des täglichen Lebens bildeten die
Anregung zu immer neuem Studium der verschiedensten Probleme. Indem ich endlich so in der Lage
war, die Wirklichkeit theoretisch zu begründen, die Theorie an der Wirklichkeit zu prüfen, wurde ich
davor bewahrt, entweder in der Theorie zu ersticken oder in der Wirklichkeit zu verflachen.
So wurde in dieser Zeit in zwei wichtigsten Fragen, außer der sozialen, die Erfahrung des täglichen
Lebens bestimmend und anregend für gründlichstes theoretisches Studium.[039 Die Sozialdemokratie]
Wer weiß, wann ich mich in die Lehren und das Wesen des Marxismus einmal vertieft hätte, wenn mich
nicht die damalige Zeit förmlich mit dem Kopfe auf dieses Problem gestoßen hätte!
×
Was ich in meiner Jugend von der Sozialdemokratie wußte, war herzlich wenig und reichlich unrichtig.
Daß sie den Kampf um das allgemeine und geheime Wahlrecht führte, freute mich innerlich. Sagte mir
doch mein Verstand schon damals, daß dies zu einer Schwächung des mir so sehr verhaßten
Habsburgerregiments führen müßte. In der Überzeugung, daß der Donaustaat, außer unter Opferung des
Deutschtums, doch nie zu halten sein werde, daß aber selbst der Preis einer langsamen Slawisierung des
deutschen Elements noch keineswegs die Garantie eines dann auch wirklich lebensfähigen Reiches
bedeutet hätte, da die staatserhaltende Kraft des Slaventums höchst zweifelhaft eingeschätzt werden
muß, begrüßte ich jede Entwicklung, die meiner Überzeugung nach zum Zusammenbruch dieses
unmöglichen, das Deutschtum in zehn Millionen Menschen zum Tode verurteilenden Staates führen
mußte. Je mehr das Sprachentohuwabohu auch das Parlament zerfraß und zersetzte, mußte die Stunde
des Zerfalles dieses babylonischen Reiches näherrücken und damit aber auch die Stunde der Freiheit
meines deutschösterreichischen Volkes. Nur so konnte dann dereinst der Anschlug an das alte
Mutterland wieder kommen.
So war mir also diese Tätigkeit der Sozialdemokratie nicht unsympathisch. Daß sie endlich, wie mein
damaliges harmloses Gemüt noch dumm genug war zu glauben, die Lebensbedingungen des Arbeiters
zu heben trachtete, schien mir ebenfalls eher für sie als gegen sie zu sprechen. Was mich am meisten
abstieg, war ihre feindselige Stellung gegenüber dem Kampf um die Erhaltung des Deutschtums, das
jämmerliche Buhlen um die Gunst der slawischen "Genossen", die diese Liebeswerbung, sofern sie mit
praktischen Zugeständnissen verbunden war, wohl entgegen-
[040 Erstes Zusammentreffen mit Sozialdemokraten]
nahmen, sonst sich aber arrogant hochnäsig zurückhielten, den zudringlichen Bettlern auf diese Weise
den verdienten Lohn gebend.
So war mir im Alter von siebzehn Jahren das Wort "Marxismus" noch wenig bekannt, wahrend mir
"Sozialdemokratie" und Sozialismus als identische Begriffe erschienen. Es bedurfte auch hier erst der
Faust des Schicksals, um mir das Auge über diesen unerhörtesten Völkerbetrug zu öffnen.
Hatte ich bis dorthin die sozialdemokratische Partei nur als Zuschauer bei einigen
Massendemonstrationen kennengelernt, ohne auch nur den geringsten Einblick in die Mentalität ihrer
Anhänger oder gar in das Wesen der Lehre zu besitzen, so kam ich nun mit einem Schlage mit den
Produkten ihrer Erziehung und "Weltanschauung" in Berührung. Und was sonst vielleicht erst nach
Jahrzehnten eingetreten wäre, erhielt ich jetzt im Laufe weniger Monate: das Verständnis für eine unter
der Larve sozialer Tugend und Nächstenliebe wandelnde Pestilenz, von der möglichst die Menschheit
schnell die Erde befreien möge, da sonst gar leicht die Erde von der Menschheit frei werden könnte.
Am Bau fand mein erstes Zusammentreffen mit Sozialdemokraten statt.
Es war schon von Anfang an nicht sehr erfreulich. Meine Kleidung war noch etwas in Ordnung, meine
Sprache gepflegt und mein Wesen zurückhaltend. Ich hatte mit meinem Schicksal noch so viel zu tun,
daß ich mich um meine Umwelt nur wenig zu kümmern vermochte. Ich suchte nur nach Arbeit, um
nicht zu verhungern, um damit die Möglichkeit einer, wenn auch noch so langsamen, Weiterbildung zu
er. halten. Ich würde mich um meine neue Umgebung vielleicht überhaupt nicht gekümmert haben,
wenn nicht schon am dritten oder vierten Tage ein Ereignis eingetreten wäre, das mich sofort zu einer
Stellungnahme zwang. Ich wurde aufgefordert, in die Organisation einzutreten.
Meine Kenntnisse der gewerkschaftlichen Organisation waren damals noch gleich Null. Weder die
Zweckmäßigkeit noch die Unzweckmäßigkeit ihres Bestehens hätte ich zu be-
[041 Erstes Zusammentreffen mit Sozialdemokraten]
weisen vermocht. Da man mir erklärte, daß ich eintreten müsse, lehnte ich ab. Ich begründete dies
damit, daß ich die Sache nicht verstünde, mich aber überhaupt zu nichts zwingen lasse. Vielleicht war
das erstere der Grund, warum man mich nicht sofort hinauswarf. Man mochte vielleicht hoffen, mich in
wenigen Tagen bekehrt oder mürbe gemacht zu haben. Jedenfalls hatte man sich darin gründlich
getäuscht. Nach vierzehn Tagen konnte ich dann aber nicht mehr, auch wenn ich sonst noch gewollt
hätte. In diesen vierzehn Tagen lernte ich meine Umgebung näher kennen, so daß mich keine Macht der
Welt mehr zum Eintritt in eine Organisation hätte bewegen können, deren Träger mir in. zwischen in so
ungünstigem Lichte erschienen waren.
Die ersten Tage war ich ärgerlich.
Mittags ging ein Teil in die zunächst gelegenen Wirtshäuser, während ein anderer am Bauplatz verblieb
und dort ein meist sehr ärmliches Mittagsmahl verzehrte. Es waren dies die Verheirateten, denen ihre
Frauen in armseligen Geschirren die Mittagssuppe brachten. Gegen Ende der Woche wurde diese Zahl
immer größer; warum, begriff ich erst später. Nun wurde politisiert.
Ich trank meine Flasche Milch und aß mein Stück Brot irgendwo seitwärts und studierte vorsichtig
meine neue Umgebung oder dachte über mein elendes Los nach. Dennoch hörte ich mehr als genug;
auch schien es mir oft, als ob man mit Absicht an mich heranrückte, um mich so vielleicht zu einer
Stellungnahme zu veranlassen. Jedenfalls war das, was ich so vernahm, geeignet, mich aufs äußerste
aufzureizen. Man lehnte da alles ab: die Nation, als eine Erfindung der "kapitalistischen" wie oft mußte
ich nur allein dieses Wort hören! Klassen; das Vaterland, als Instrument der Bourgeoisie zur
Ausbeutung der Arbeiterschaft; die Autorität des Gesetzes als Mittel zur Unterdrückung des Proletariats;
die Schule, als Institut zur Züchtung des Sklavenmaterials, aber auch der Sklavenhalter; die Religion, als
Mittel der Verblödung des zur Ausbeutung bestimmten Volkes; die Moral, als Zeichen dummer
Schafsgeduld usw. Es gab da aber rein gar nichts,
[042 Der erste Terror]
was nicht in den Kot einer entsetzlichen Tiefe gezogen wurde.
Anfangs versuchte ich zu schweigen. Endlich ging es aber nicht mehr. Ich begann Stellung zu nehmen,
begann zu widersprechen. Da mußte ich allerdings erkennen, daß dies so lange vollkommen aussichtslos
war, solange ich nicht wenigstens bestimmte Kenntnisse über die nun einmal umstrittenen Punkte besaß.
So begann ich in den Quellen zu spüren, aus denen sie ihre vermeintliche Weisheit zogen. Buch um
Buch, Broschüre um Broschüre kam jetzt an die Reihe.
Am Bau aber ging es nun oft heiß her. Ich stritt, von Tag zu Tag besser auch über ihr eigenes Wissen
informiert als meine Widersacher selber, bis eines Tages jenes Mittel zur Anwendung kam, das freilich
die Vernunft am leichtesten besiegt: der Terror, die Gewalt. Einige der Wortführer der Gegenseite
zwangen mich, entweder den Bau sofort zu verlassen oder vom Gerüst herunterzufliegen. Da ich allein
war, Widerstand aussichtslos erschien. zog ich es, um eine Erfahrung reicher, vor, dem ersten Rat zu
folgen.
Ich ging, von Ekel erfüllt, aber zugleich doch so ergriffen, daß es mir ganz unmöglich gewesen wäre,
der ganzen Sache nun den Rücken zu kehren. Nein, nach dem Aufschießen der ersten Empörung
gewann die Halsstarrigkeit wieder die Oberhand. Ich war fest entschlossen, dennoch wieder auf einen
Bau zu gehen. Bestärkt wurde ich in diesem Entschluß noch durch die Not, die einige Wochen später,
nach dem Verzehren des geringen ersparten Lohnes, mich in ihre herzlosen. Arme schloß. Nun mußte
ich, ob ich wollte oder nicht. Und das Spiel ging denn auch wieder von vorne los, um ähnlich wie beim
ersten Male, zu enden.
Damals rang ich in meinem Innern: Sind dies noch Menschen, wert, einem großen Volke anzugehören?
Eine qualvolle Frage; denn wird sie mit Ja beantwortet, so ist der Kampf um ein Volkstum wirklich
nicht mehr der Mühen und Opfer wert, die die Besten für einen solchen Auswurf zu bringen haben; heißt
die Antwort aber Nein, dann ist unser Volk schon arm an Menschen.
[043 Die sozialdemokratische Presse]
Mit unruhiger Beklommenheit sah ich in solchen Tagen des Grübelns und Hineinbohrens die Masse der
nicht mehr zu ihrem Volke zu Rechnenden anschwellen zu einem bedrohlichen Heere.
Mit welch anderen Gefühlen starrte ich nun in die endlosen Viererreihen einer eines Tages
stattfindenden Massendemonstration Wiener Arbeiter! Fast zwei Stunden lang stand ich so da und
beobachtete mit angehaltenem Atem den ungeheuren menschlichen Drachenwurm, der sich da langsam
vorbeiwälzte. In banger Gedrücktheit verließ ich endlich den Platz und wanderte heimwärts. Unterwegs
erblickte ich in einem Tabakladen die "Arbeiterzeitung", das Zentralorgan der alten österreichischen
Sozialdemokratie. In einem billigen Volkscafé, in das ich öfters ging, um Zeitungen zu lesen, lag sie
auch auf; allein ich konnte es bisher nicht über mich bringen, in das elende Blatt, dessen ganzer Ton auf
mich wie geistiges Vitriol wirkte, länger als zwei Minuten hineinzusehen. Unter dem deprimierenden
Eindruck der Demonstration trieb mich nun eine innere Stimme an, das Blatt einmal zu kaufen und es
dann gründlich zu lesen. Abends besorgte ich dies denn auch unter Überwindung des in mir manchmal
aufsteigenden Jähzorns über diese konzentrierte Lügenlösung.
Mehr als aus aller theoretischen Literatur konnte ich nun aus dem täglichen Lesen der
sozialdemokratischen Presse das innere Wesen dieser Gedankengänge studieren.
Denn welch ein Unterschied zwischen den in der theoretischen Literatur schillernden Phrasen von
Freiheit, Schönheit und Würde, dem irrlichternden, scheinbar tiefste Weisheit mühsam ausdrückenden
Wortgeflunker, der widerlich humanen Moral alles mit der eisernen Stirne einer prophetischen
Sicherheit hingeschrieben und der brutalen, vor keiner Niedertracht zurückschreckenden, mit jedem
Mittel der Verleumdung und einer wahrhaft balkenbiegenden Lügenvirtuosität arbeitenden Tagespresse
dieser Heilslehre der neuen Menschheit! Das eine ist bestimmt für die dummen Gimpel aus mittleren
und natürlich auch höheren "Intelligenzschichten", das andere für die Masse.[044 Die Psyche der
Masse]Für mich bedeutete das Vertiefen in Literatur und Presse dieser Lehre und Organisation das
Wiederfinden zu meinem Volke.
Was mir erst als unüberbrückbare Kluft erschien, sollte nun Anlaß zu einer größeren Liebe als jemals
zuvor werden.
Nur ein Narr vermag bei Kenntnis dieser ungeheuren Vergiftungsarbeit das Opfer auch noch zu
verdammen. je mehr ich mich in den nächsten Jahren selbständig machte, um so mehr wuchs mit
steigender Entfernung der Blick für die inneren Ursachen der sozialdemokratischen Erfolge. Nun begriff
ich die Bedeutung der brutalen Forderung, nur rote Zeitungen zu halten, nur rote Versammlungen zu
besuchen, rote Bücher zu lesen usw. In plastischer Klarheit sah ich das zwangsläufige Ergebnis dieser
Lehre der Unduldsamkeit vor Augen.
Die Psyche der breiten Masse ist nicht empfänglich für alles Halbe und Schwache.
Gleich dem Weibe, dessen seelisches Empfinden weniger durch Gründe abstrakter Vernunft bestimmt
wird als durch solche einer undefinierbaren, gefühlsmäßigen Sehnsucht nach ergänzender Kraft, und das
sich deshalb lieber dem Starken beugt als den Schwächling beherrscht, liebt auch die Masse mehr den
Herrscher als den Bittenden und fühlt sich im Innern mehr befriedigt durch eine Lehre, die keine andere
neben sich duldet, als durch die Genehmigung liberaler Freiheit; sie weiß mit ihr auch meist nur wenig
anzufangen und fühlt sich sogar leicht verlassen. Die Unverschämtheit ihrer geistigen Terrorisierung
kommt ihr ebensowenig zum Bewußtsein wie die empörende Mißhandlung ihrer menschlichen Freiheit,
ahnt sie doch den inneren Irrsinn der ganzen Lehre in keiner Weise. So sieht sie nur die rücksichtslose
Kraft und Brutalität ihrer zielbewußten Äußerungen, der sie sich endlich immer beugt.
Wird der Sozialdemokratie eine Lehre von besserer Wahrhaftigkeit, aber gleicher Brutalität der
Durchführung
[045 Die Taktik der Sozialdemokratie]
entgegengestellt, wird diese siegen, wenn auch nach schwerstem Kampfe.
Ehe nur zwei Jahre vergangen waren, war mir sowohl die Lehre als auch das technische Werkzeug der
Sozialdemokratie klar.
Ich begriff den infamen geistigen Terror, den diese Bewegung vor allem auf das solchen Angriffen
weder moralisch noch seelisch gewachsene Bürgertum ausübt, indem sie auf ein gegebenes Zeichen
immer ein förmliches Trommelfeuer von Lügen und Verleumdungen gegen den ihr am gefährlichsten
erscheinenden Gegner losprasseln läßt, so lange, bis die Nerven der Angegriffenen brechen und sie, um
nur wieder Ruhe zu haben, den Verhaßten opfern.
Allein die Ruhe erhalten diese Toren dennoch nicht.
Das Spiel beginnt von neuem und wird so oft wiederholt, bis die Furcht vor dem wilden Köter zur
suggestiven Lähmung wird.
Da die Sozialdemokratie den Wert der Kraft aus eigener Erfahrung am besten kennt, läuft sie auch am
meisten Sturm gegen diejenigen, in deren Wesen sie etwas von diesem ohnehin so seltenen Stoffe
wittert. Umgekehrt lobt sie jeden Schwächling der anderen Seite, bald vorsichtig, bald lauter, je nach der
erkannten oder vermuteten geistigen Qualität.
Sie fürchtet ein ohnmächtiges, willenloses Genie weniger als eine Kraftnatur, wenn auch bescheidenen
Geistes.
Am eindringlichsten empfiehlt sie Schwächlinge an Geist und Kraft zusammen.
Sie versteht den Anschein zu erwecken, als ob nur so die Ruhe zu erhalten wäre, während sie dabei in
kluger Vorsicht, aber dennoch unentwegt eine Position nach der anderen erobert, bald durch stille
Erpressung, bald durch tatsächlichen Diebstahl in Momenten, da die allgemeine Aufmerksamkeit,
anderen Dingen zugewendet, entweder nicht gestört sein will oder die Angelegenheit für zu klein hält,
um großes Aufsehen zu erregen und den bösen Gegner neu zu reizen.
Es ist eine unter genauer Berechnung aller menschlichen
[046 Die Taktik der Sozialdemokratie]
Schwächen gefundene Taktik, deren Ergebnis fast mathematisch zum Erfolge führen muß, wenn eben
nicht auch die Gegenseite lernt, gegen Giftgas mit Giftgas zu kämpfen.
Schwächlichen Naturen muß dabei gesagt werden, daß es sich hierbei eben um Sein oder Nichtsein
handelt.
Nicht minder verständlich wurde mir die Bedeutung des körperlichen Terrors dem einzelnen, der Masse
gegenüber.
Auch hier genaue Berechnung der psychologischen Wirkung.
Der Terror auf der Arbeitsstätte, in der Fabrik, im Versammlungslokal und anläßlich der
Massenkundgebung wird immer von Erfolg begleitet sein, solange ihm nicht ein gleich großer Terror
entgegentritt.
Dann freilich wird die Partei in entsetzlichem Geschrei Zeter und Mordio jammern, wird als alte
Verächterin jeder Staatsautorität kreischend nach dieser rufen, um in den meisten Fällen in der
allgemeinen Verwirrung tatsächlich das Ziel zu erreichen nämlich: sie wird das Hornvieh eines höheren
Beamten linden, der, in der blödseligen Hoffnung, sich vielleicht dadurch für später den gefürchteten
Gegner geneigt zu machen, den Widersacher dieser Weltpest brechen hilft.
Welchen Eindruck ein solcher Schlag auf die Sinne der breiten Masse sowohl der Anhänger als auch der
Gegner ausübt, kann dann nur der ermessen, der die Seele eines Volkes nicht aus Büchern, sondern aus
dem Leben kennt. Denn während in den Reihen ihrer Anhänger der erlangte Sieg nunmehr als ein
Triumph des Rechtes der eigenen Sache gilt, verzweifelt der geschlagene Gegner in den meisten Fällen
am Gelingen eines weiteren Widerstandes überhaupt.
Je mehr ich vor allem die Methoden des körperlichen Terrors kennenlernte, um so größer wurde meine
Abbitte den Hunderttausenden gegenüber, die ihm erlagen.
Das danke ich am inständigsten meiner damaligen Leidenszeit, daß sie allein mir mein Volk
wiedergegeben
[047 Die Sünden des Bürgertums]
hat, daß ich die Opfer unterscheiden lernte von den Verführern.
Anders als Opfer sind die Ergebnisse dieser Menschenverführung nicht zu bezeichnen. Denn wenn ich
nun in einigen Bildern mich bemühte das Wesen dieser "untersten" Schichten aus dem Leben heraus zu
zeichnen, so würde dies nicht vollständig sein ohne die Versicherung, daß ich aber in diesen Tiefen auch
wieder Lichter fand in den Formen einer oft seltenen Opferwilligkeit, treuester Kameradschaft,
außerordentlicher Genügsamkeit und zurückhaltender Bescheidenheit, besonders soweit es die damals
ältere Arbeiterschaft betraf. Wenn auch diese Tugenden in der jungen Generation mehr und mehr, schon
durch die allgemeinen Einwirkungen der Großstadt, verloren wurden, so gab es selbst hier noch viele,
bei denen das vorhandene kerngesunde Blut über die gemeinen Niederträchtigkeiten des Lebens Herr
wurde. Wenn dann diese oft seelenguten braven Menschen in ihrer politischen Betätigung dennoch in
die Reihen der Todfeinde unseres Volkstums eintraten und diese so schließen halfen, dann lag dies
daran, daß sie ja die Niedertracht der neuen Lehre weder verstanden noch verstehen konnten, daß
niemand sonst sich die Mühe nahm, sich um sie zu kümmern, und daß endlich die sozialen Verhältnisse
stärker waren als aller sonstige etwa vorhandene gegenteilige Wille. Die Not, der sie eines Tages so oder
so verfielen, trieb sie in das Lager der Sozialdemokratie doch noch hinein.
Da nun das Bürgertum unzählige Male in der ungeschicktesten, aber auch unmoralischsten Weise gegen
selbst allgemein menschlich berechtigte Forderungen Front machte, ja oft ohne einen Nutzen aus einer
solchen Haltung zu erlangen oder gar überhaupt erwarten zu dürfen, wurde selbst der anständigste
Arbeiter aus der gewerkschaftlichen Organisation in die politische Tätigkeit hineingetrieben.
Millionen von Arbeitern waren sicher in ihrem Inneren
[048 Die Gewerkschaftsfrage]
anfangs Feinde der sozialdemokratischen Partei, wurden aber in ihrem Widerstande besiegt durch eine
manches Mal denn doch irrsinnige Art und Weise, in der seitens der bürgerlichen Parteien gegen jede
Forderung sozialer Art Stellung genommen wurde. Die einfach bornierte Ablehnung aller Versuche
einer Besserung der Arbeitsverhältnisse, der Schutzvorrichtungen an Maschinen, der Unterbindung von
Kinderarbeit sowie des Schutzes der Frau wenigstens in den Monaten, da sie unter dem Herzen schon
den kommenden Volksgenossen trägt, half mit, der Sozialdemokratie, die dankbar jeden solchen Fall
erbärmlicher Gesinnung aufgriff, die Massen in das Netz zu treiben. Niemals kann unser "Politisches"
Bürgertum wieder gutmachen, was so gesündigt wurde. Denn indem es gegen alle Versuche einer
Beseitigung sozialer Mißstände Widerstand leistete, säte es Haß und rechtfertigte scheinbar selber die
Behauptungen der Todfeinde des ganzen Volkstums, daß nur die sozialdemokratische Partei allein die
Interessen des schaffenden Volkes verträte.
Es schuf so in erster Linie die moralische Begründung für den tatsächlichen Bestand der
Gewerkschaften, der Organisation, die der politischen Partei die größten Zutreiberdienste von jeher
geleistet hat.
In meinen Wiener Lehrjahren wurde ich gezwungen, ob ich wollte oder nicht, auch zur Frage der
Gewerkschaften Stellung zu nehmen.
Da ich sie als einen unzertrennlichen Bestandteil der sozialdemokratischen Partei an sich ansah, war
meine Entscheidung schnell und falsch.
Ich lehnte sie selbstverständlich glatt ab.
Auch in dieser so unendlich wichtigen Frage gab mir das Schicksal selber Unterricht.
Das Ergebnis war ein Umsturz meines ersten Urteils.
Mit zwanzig Jahren hatte ich unterscheiden gelernt zwischen der Gewerkschaft als Mittel zur
Verteidigung allgemeiner sozialer Rechte des Arbeitnehmers und zur Erkämpfung besserer
Lebensbedingungen desselben im
[049 Die Gewerkschaftsfrage]
einzelnen und der Gewerkschaft als Instrument der Partei des politischen Klassenkampfes.
Daß die Sozialdemokratie die enorme Bedeutung der gewerkschaftlichen Bewegung begriff, sicherte ihr
das Instrument und damit den Erfolg; daß das Bürgertum dies nicht verstand, kostete es seine politische
Stellung. Es glaubte, mit einer naseweisen "Ablehnung" einer logischen Entwicklung den Garaus
machen zu können, um in Wirklichkeit dieselbe nun in unlogische Bahnen zu zwingen. Denn daß die
Gewerkschaftsbewegung etwa an sich vaterlandsfeindlich sei ist ein Unsinn und außerdem eine
Unwahrheit. Richtig ist eher das Gegenteil. Wenn eine gewerkschaftliche Betätigung als Ziel die
Besserstellung eines mit zu den Grundpfeilern der Nation gehörenden Standes im Auge hat und
durchführt, wirkt sie nicht nur nicht vaterlands- oder staatsfeindlich, sondern im wahrsten Sinne des
Wortes "national". Hilft sie doch so mit, die sozialen Voraussetzungen zu schaffen, ohne die eine
allgemeine nationale Erziehung gar nicht zu denken ist. Sie erwirbt sich höchstes Verdienst, indem sie
durch Beseitigung sozialer Krebsschäden sowohl geistigen als aber auch körperlichen
Krankheitserregern an den Leib rückt und so zu einer allgemeinen Gesundheit des Volkskörpers mit
beiträgt.
Die Frage nach ihrer Notwendigkeit also ist wirklich überflüssig.
Solange es unter Arbeitgebern Menschen mit geringem sozialen Verständnis oder gar mangelndem
Rechts- und Billigkeitsgefühl gibt, ist es nicht nur das Recht, sondern die Pflicht der von ihnen
Angestellten, die doch einen Teil unseres Volkstums bilden, die Interessen der Allgemeinheit gegenüber
der Habsucht oder der Unvernunft eines einzelnen zu schützen; denn die Erhaltung von Treu und
Glauben an einem Volkskörper ist im Interesse der Nation genau so wie die Erhaltung der Gesundheit
des Volkes.
Beides wird durch unwürdige Unternehmer, die sich nicht als Glied der ganzen Volksgemeinschaft
fühlen, schwer bedroht. Aus dem üblen Wirken ihrer Habsucht oder Rücksichtslosigkeit erwachsen tiefe
Schäden für die Zukunft.
050 Die Gewerkschaftsfrage]
Die Ursachen einer solchen Entwicklung
beseitigen, heißt sich ein Verdienst um die Nation erwerben, und nicht etwa umgekehrt.
Man sage dabei nicht, daß es ja jedem einzelnen freistünde, die Folgerungen aus einem ihm tatsächlich
oder vermeintlich zugefügten Unrecht zu ziehen, also zu gehen. Nein! Dies ist Spiegelfechterei und muß
als Versuch angesehen werden die Aufmerksamkeit abzulenken. Entweder ist die Beseitigung
schlechter, unsozialer Vorgänge im Interesse der Nation gelegen oder nicht. Wenn ja, dann muß der
Kampf gegen sie mit den Waffen aufgenommen werden, die die Aussicht auf Erfolg bieten. Der
einzelne Arbeiter aber ist niemals in der Lage, sich gegenüber der Macht des großen Unternehmers
durchzusetzen, da es sich hier nicht um eine Frage des Sieges des höheren Rechtes handeln kann da ja
bei Anerkennung desselben der ganze Streit infolge des Mangels jeder Veranlassung nicht vorhanden
wäre, sondern um die Frage der größeren Macht. Im anderen Falle würde das vorhandene Rechtsgefühl
allein schon der Streit in ehrlicher Weise beenden, oder richtiger, es könnte nie zu einem solchen
kommen.

Nein, wenn unsoziale oder unwürdige Behandlung von Menschen zum Widerstande auffordert, dann
kann dieser Kampf, solange nicht gesetzliche, richterliche Behörden zur Beseitigung dieser Schäden
geschaffen werden, nur durch die größere Macht zur Entscheidung kommen. Damit aber ist
selbstverständlich, daß der Einzelperson und mithin konzentrierten Kraft des Unternehmers allein die
zur Einzelperson zusammengefaßte Zahl der Arbeitnehmer gegenübertreten kann, um nicht von
Anbeginn schon auf die Möglichkeit des Sieges verzichten zu müssen.
So kann die gewerkschaftliche Organisation zu einer Stärkung des sozialen Gedankens in dessen
praktischer Auswirkung im täglichen Leben führen und damit zu einer Be-
[051 Die Politisierung der Gewerkschaften]
seitigung von Reizursachen, die immer wieder die Veranlassung zur Unzufriedenheit und zu Klagen
gehen.
Daß es nicht so ist, kommt zu einem sehr großen Teil auf das Schuldkonto derjenigen, die jeder
gesetzlichen Regelung sozialer Mißstände Hindernisse in den Weg zu legen, erstanden oder sie mittels
ihres politischen Einflusses unterbanden.
In eben dem Maße, in dem das politische Bürgertum dann die Bedeutung der gewerkschaftlichen
Organisation nicht verstand oder, besser, nicht verstehen wollte und sich zum Widerstand dagegen
stemmte, nahm sich die Sozialdemokratie der umstrittenen Bewegung an. Sie schuf damit weitschauend
eine feste Unterlage, die sich schon einigemal in kritischen Stunden als letzte Stütze bewährte. Freilich
ging damit der innere Zweck allmählich unter, um neuen Zielen Raum zu geben.
Die Sozialdemokratie dachte nie daran, die von ihr umfaßte Berufsbewegung der ursprünglichen
Aufgabe zu erhalten.
Nein, so meinte sie dies allerdings nicht.
In wenigen Jahrzehnten war unter ihrer kundigen Hand aus dem Hilfsmittel einer Verteidigung sozialer
Menschenrechte das Instrument zur Zertrümmerung der nationalen Wirtschaft geworden. Die Interessen
der Arbeiter sollten sie dabei nicht im geringsten behindern. Denn auch politisch gestattet die
Anwendung wirtschaftlicher Druckmittel, jederzeit Erpressungen auszuüben, sowie nur die nötige
Gewissenlosigkeit auf der einen und dumme Schafsgeduld auf der anderen Seite in ausreichendem Maße
vorhanden ist.
Etwas, das in diesem Falle beiderseits zutrifft.
×
Schon um die Jahrhundertwende hatte die Gewerkschaftsbewegung längst aufgehört, ihrer früheren
Aufgabe zu dienen. Von Jahr zu Jahr war sie mehr und mehr in den Bannkreis sozialdemokratischer
Politik geraten, um endlich nur noch als Ramme des Klassenkampfes Anwendung zu linden. Sie sollte
den ganzen, mühselig aufgebauten Wirt-
[052 Die Politisierung der Gewerkschaften]
schaftskörper durch dauernde Stöße endlich zum Einsturz bringen, um so dem Staatsbau, nach Entzug
seiner wirtschaftlichen Grundmauern, das gleiche Schicksal leichter zufügen zu können. Die Vertretung
aller wirklichen Bedürfnisse der Arbeiterschaft kam damit immer weniger in Frage, bis die politische
Klugheit es endlich überhaupt nicht mehr als wünschenswert erscheinen ließ, die sozialen und gar
kulturellen Nöte der breiten Masse zu beheben, da man sonst gar Gefahr lief, diese, in ihren Wünschen
befriedigt, nicht mehr als willenlose Kampftruppe ewig weiterbenützen zu können.
Eine derartige, ahnungsvoll gewitterte Entwicklung jagte den klassenkämpferischen Führern solche
Furcht ein, daß sie endlich kurzerhand jede wirklich segensvolle soziale Hebung ablehnten, ja auf das
entschlossenste dagegen Stellung nahmen.
Um eine Begründung eines vermeintlich so unverständlichen Verhaltens brauchte ihnen dabei nie bange
zu sein.
Indem man die Forderungen immer höher spannte, erschien die mögliche Erfüllung derselben so klein
und unbedeutend, daß man der Masse jederzeit einzureden vermochte, es handle sich hierbei nur um den
teuflischen Versuch, durch solch eine lächerliche Befriedigung heiligster Anrechte die Stoßkraft der
Arbeiterschaft auf billige Weise zu schwächen, ja wenn möglich lahmzulegen. Bei der geringen
Denkfähigkeit der breiten Masse wundere man sich nicht über den Erfolg.
Im bürgerlichen Lager war man empört über solche ersichtliche Unwahrhaftigkeit sozialdemokratischer
Taktik, ohne daraus aber auch nur die geringsten Schlüsse zu ziehen für die Richtlinien eines eigenen
Handelns. Gerade die Furcht der Sozialdemokratie vor jeder tatsächlichen Hebung der Arbeiterschaft
aus der Tiefe ihres bisherigen kulturellen und sozialen Elends hätte zu größten Anstrengungen eben in
dieser Zielrichtung führen müssen, um nach und nach den Vertretern des Klassenkampfes das
Instrument aus der Hand zu winden.
Dies geschah jedoch nicht.
[053 Der Schlüssel zur Sozialdemokratie]
Statt in eigenem Angriff die gegnerische Stellung zu nehmen, ließ man sich lieber drücken und drängen,
um endlich zu gänzlich unzureichenden Aushilfen zu greifen, die, weil zu spät, wirkungslos blieben,
weil zu unbedeutend, auch noch leicht abzulehnen waren. So blieb in Wahrheit alles beim alten, nur die
Unzufriedenheit war größer als vorher.
Gleich einer drohenden Gewitterwolke hing schon damals die "freie Gewerkschaft" über dem
politischen Horizont und über dem Dasein des einzelnen.
Sie war eines jener fürchterlichen Terrorinstrumente gegen die Sicherheit und Unabhängigkeit der
nationalen Wirtschaft, die Festigkeit des Staates und die Freiheit der Person.
Sie war es vor allem, die den Begriff der Demokratie zu einer widerlich-lächerlichen Phrase machte, die
Freiheit schändete und die Brüderlichkeit in dem Satze "Und willst du nicht Genosse sein, so schlagen
wir dir den Schädel ein" unsterblich verhöhnte.
So lernte ich damals diese Menschheitsfreundin kennen. Im Laufe der Jahre hat sich meine Anschauung
über sie erweitert und vertieft, zu ändern brauchte ich sie nicht.
×
Je mehr ich Einblick in das äußere Wesen der Sozialdemokratie erhielt, um so größer wurde die
Sehnsucht, den inneren Kern dieser Lehre zu erfassen.
Die offizielle Parteiliteratur konnte hierbei freilich nur wenig nützen. Sie ist, soweit es sich um
wirtschaftliche Fragen handelt, unrichtig in Behauptung und Beweis; soweit die politischen Ziele
behandelt werden, verlogen. Dazu kam, daß ich mich besonders von der neueren rabulistischen
Ausdrucksweise und der Art der Darstellung innerlich abgestoßen fühlte. Mit einem ungeheuren
Aufwand von Worten unklaren Inhalts oder unverständlicher Bedeutung werden da Sätze
zusammengestammelt, die ebenso geistreich sein sollen, wie sie sinnlos sind. Nur die Dekadenz unserer
Großstadtbohème mag sich in diesem Irrgarten der Ver-
[054 Die Judenfrage]
nunft wohlig zu Hause fühlen, um aus dem Mist dieses literarischen Dadaismus "inneres Erleben"
herauszuklauben, unterstützt von der sprichwörtlichen Bescheidenheit eines Teiles unseres Volkes, die
im persönlich Unverständlichsten immer um so tiefere Weisheit wittert.
Allein, indem ich so theoretische Unwahrheiten und Unsinn dieser Lehre abwog mit der Wirklichkeit
ihrer Erscheinung, bekam ich allmählich ein klares Bild ihres inneren Wollens.
In solchen Stunden beschlichen mich trübe Ahnungen und böse Furcht. Ich sah dann eine Lehre vor mir,
bestehend aus Egoismus und Haß, die nach mathematischen Gesetzen zum Siege führen kann, der
Menschheit aber damit auch das Ende bringen muß.
Ich hatte ja unterdessen den Zusammenhang zwischen dieser Lehre der Zerstörung und dem Wesen
eines Volkes verstehen gelernt, das mir bis dahin so gut wie unbekannt war.
Nur die Kenntnis des Judentums allein bietet den Schlüssel zum Erfassen der inneren und damit
wirklichen Absichten der Sozialdemokratie.
Wer dieses Volk kennt, dem sinken die Schleier irriger Vorstellungen über Ziel und Sinn dieser Partei
vom Auge, und aus dem Dunst und Nebel sozialer Phrasen erhebt sich grinsend die Fratze des
Marxismus.
×
Es ist für mich heute schwer, wenn nicht unmöglich, zu sagen, wann mir zum ersten Male das Wort
"Jude" Anlaß zu besonderen Gedanken gab. Im väterlichen Hause erinnere ich mich überhaupt nicht, zu
Lebzeiten des Vaters das Wort auch nur gehört zu haben. Ich glaube, der alte Herr würde schon in der
besonderen Betonung dieser Bezeichnung eine kulturelle Rückständigkeit erblickt haben. Er war im
Laufe seines Lebens zu mehr oder minder weltbürgerlichen Anschauungen gelangt, die sich bei
schroffster nationaler Gesinnung nicht nur erhalten hatten, sondern auch auf mich abfärbten.
[055 Die Judenfrage]
Auch in der Schule fand ich keine Veranlassung, die bei mir zu einer Veränderung dieses
übernommenen Bildes hatte führen können.
In der Realschule lernte ich wohl einen jüdischen Knaben kennen, der von uns allen mit Vorsicht
behandelt wurde, jedoch nur, weil wir ihm in bezug auf seine Schweigsamkeit, durch verschiedene
Erfahrungen gewitzigt, nicht sonderlich vertrauten; irgendein Gedanke kam mir dabei so wenig wie den
anderen.
Erst in meinem vierzehnten bis fünfzehnten Jahre stieß ich öfters auf das Wort Jude, zum Teil im
Zusammenhange mit politischen Gesprächen. Ich empfand dagegen eine leichte Abneigung und konnte
mich eines unangenehmen Gefühls nicht erwehren, das mich immer beschlich, wenn konfessionelle
Stänkereien vor mir ausgetragen wurden.
Als etwas anderes sah ich aber damals die Frage nicht an.
Linz besaß nur sehr wenig Juden. Im Laufe der Jahrhunderte hatte sich ihr Äußeres europäisiert und war
menschlich geworden; ja, ich hielt sie sogar für Deutsche. Der Unsinn dieser Einbildung war mir wenig
klar, weil ich das einzige Unterscheidungsmerkmal ja nur in der fremden Konfession erblickte. Daß sie
deshalb verfolgt worden waren, wie ich glaubte, ließ manchmal meine Abneigung gegenüber
ungünstigen Äußerungen über sie fast zum Abscheu werden.
Vom Vorhandensein einer planmäßigen Judengegnerschaft ahnte ich überhaupt noch nichts.
So kam ich nach Wien.
Befangen von der Fülle der Eindrücke auf architektonischem Gebiete, niedergedrückt von der Schwere
des eigenen Loses, besaß ich in der ersten Zeit keinen Blick für die innere Schichtung des Volkes in der
Riesenstadt. Trotzdem Wien in diesem Jahren schon nahe an die zweihunderttausend Juden unter seinen
zwei Millionen Menschen zählte, sah ich diese nicht. Mein Auge und mein Sinn waren dem Einstürmen
so vieler Werte und Gedanken in den ersten Wochen noch nicht gewachsen. Erst als all-
[056 Die sogenannte Weltpresse]
mählich die Ruhe wiederkehrte und sich das aufgeregte Bild zu klären begann, sah ich mich in meiner
neuen Welt gründlicher um und stieß nun auch auf die Judenfrage.
Ich will nicht behaupten, daß die Art und Weise, in der ich sie kennenlernen sollte, mir besonders
angenehm erschien. Noch sah ich im Juden nur die Konfession und hielt deshalb aus Gründen
menschlicher Toleranz die Ablehnung religiöser Bekämpfung auch in diesem Falle aufrecht. So erschien
mir der Ton, vor allem der, den die antisemitische Wiener Presse anschlug, unwürdig der kulturellen
Überlieferung eines großen Volkes. Mich bedrückte die Erinnerung an gewisse Vorfälle des Mittelalters,
die ich nicht gerne wiederholt sehen wollte. Da die betreffenden Zeitungen allgemein nicht als
hervorragend galten — woher dies kam, wußte ich damals selber nicht genau —, sah ich in ihnen mehr
die Produkte bürgerlichen Neides als Ergebnisse einer grundsätzlichen, wenn auch falschen Anschauung
überhaupt.
Bestärkt wurde ich in dieser meiner Meinung durch die, wie mir schien, unendlich würdigere Form, in
der die wirklich große Presse auf all diese Angriffe antwortete oder sie, was mir noch dankenswerter
vorkam, gar nicht erwähnte, sondern einfach totschwieg.
Ich las eifrig die sogenannte Weltpresse ( Neue Freie Presse", "Wiener Tageblatt" usw.) und erstaunte
über den Umfang des in ihr dem Leser Gebotenen sowie über die Objektivität der Darstellung im
einzelnen. Ich würdigte den vornehmen Ton und war eigentlich nur von der Überschwenglichkeit des
Stils manches Mal innerlich nicht recht befriedigt oder selbst unangenehm berührt. Doch mochte dies im
Schwunge der ganzen Weltstadt liegen.
Da ich Wien damals für eine solche hielt, glaubte ich diese mir selbst gegebene Erklärung wohl als
Entschuldigung gelten lassen zu dürfen.
Was mich aber wiederholt abstieß, war die unwürdige Form, in der diese Presse den Hof umbuhlte. Es
gab kaum ein Ereignis in der Hofburg, das da nicht dem Leser entweder in Tönen verzückter
Begeisterung oder klagender
[057 Die Kritik an Wilhelm II.]
Betroffenheit mitgeteilt wurde, ein Getue, das besonders, wenn es sich um den "weisesten Monarchen"
aller Zeiten selber handelte, fast dem Balzen eines Auerhahnes glich.
Mir schien die Sache gemacht.
Damit erhielt die liberale Demokratie in meinen Augen Flecken.
Um die Gunst dieses Hofes buhlen und in so unanständigen Formen, hieß die Würde der Nation
preisgeben.
Dies war der erste Schatten, der mein geistiges Verhältnis zur "großen" Wiener Presse trüben sollte.
Wie vorher schon immer, verfolgte ich auch in Wien alle Ereignisse in Deutschland mit größtem
Feuereifer, ganz gleich, ob es sich dabei um politische oder kulturelle Fragen handeln mochte. In stolzer
Bewunderung verglich ich den Aufstieg des Reiches mit dem Dahinsiechen des österreichischen Staates.
Wenn aber die außenpolitischen Vorgange meist ungeteilte Freude erregten, dann die nicht so
erfreulichen des innenpolitischen Lebens oft trübe Bekümmernis. Der Kampf, der zu dieser Zeit gegen
Wilhelm II. geführt wurde, fand damals nicht meine Billigung. Ich sah in ihm nicht nur den Deutschen
Kaiser, sondern in erster Linie den Schöpfer einer deutschen Flotte.
Die Redeverbote, die dem Kaiser vom Reichstag auferlegt wurden, ärgerten mich deshalb so
außerordentlich, weil sie von einer Stelle ausgingen, die in meinen Augen dazu aber auch wirklich keine
Veranlassung besaß, sintemalen doch in einer einzigen Sitzungsperiode diese parlamentarischen
Gänseriche mehr Unsinn zusammenschnatterten, als dies einer ganzen Dynastie von Kaisern in
Jahrhunderten, eingerechnet ihre allerschwächsten Nummern, je gelingen konnte.
Ich war empört, daß in einem Staat, in dem jeder Halbnarr nicht nur das Wort zu seiner Kritik für sich in
Anspruch nahm, ja im Reichstag sogar als "Gesetzgeber" auf die Nation losgelassen wurde, der Träger
der Kaiserkrone von der seichtesten Schwätzerinstitution aller Zeiten "Verweise" erhalten konnte.
Ich war aber noch mehr entrüstet, daß die gleiche Wiener Presse, die doch vor dem letzten Hofgaul noch
die ehr-
[058 Frankreichkult der Presse]
erbietigste Verbeugung riß und über ein zufälliges Schweifwedeln außer Rand und Band geriet, nun mit
scheinbar besorgter Miene, aber, wie mir schien, schlecht verhehlter Boshaftigkeit ihren Bedenken
gegen den Deutschen Kaiser Ausdruck verlieh. Es liege ihr ferne, sich etwa in die Verhältnisse des
Deutschen Reiches einmischen zu wollen — nein, Gott bewahre —, aber indem man in so
freundschaftlicher Weise den Finger auf diese Wunde lege, erfülle man ebensosehr die Pflicht, die der
Geist des gegenseitigen Bündnisses auferlege, wie man umgekehrt auch der journalistischen Wahrheit
genüge usw. Und nun bohrte dann dieser Finger in der Wunde nach Herzenslust herum.
Mir schoß in solchen Fällen das Blut in den Kopf. Das war es, was mich die große Presse schon nach
und nach vorsichtiger betrachten ließ. Daß eine der antisemitischen Zeitungen, das "Deutsche
Volksblatt", anläßlich einer solchen Angelegenheit sich anständiger verhielt, mußte ich einmal
anerkennen.
Was mir weiter auf die Nerven ging, war der doch widerliche Kult, den die große Presse schon damals
mit Frankreich trieb. Man mußte sich geradezu schämen, Deutscher zu sein, wenn man diese süßlichen
Lobeshymnen auf die "große Kulturnation" zu Gesicht bekam. Dieses erbärmliche Französeln ließ mich
öfter als einmal eine dieser "Weltzeitungen" aus der Hand legen. Ich griff nun überhaupt manchmal nach
dem "Volksblatt", das mir freilich viel kleiner, aber in diesem Dingen etwas reinlicher vorkam. Mit dem
scharfen antisemitischen Ton war ich nicht einverstanden, allein ich las auch hin und wieder
Begründungen, die mir einiges Nachdenken verursachten.
Jedenfalls lernte ich aus solchen Anlässen langsam den Mann und die Bewegung kennen, die damals
Wiens Schicksal bestimmten: Dr. Karl Lueger und die christlich-soziale Partei.
Als ich nach Wien kam, stand ich beiden feindselig gegenüber. Der Mann und die Bewegung galten in
meinen Augen als "reaktionär".
[059 Wandlung zum Antisemiten]
Das gewöhnliche Gerechtigkeitsgefühl aber mußte dieses Urteil in eben dem Maße abändern, in dem ich
Gelegenheit erhielt, Mann und Werk kennenzulernen; und langsam wuchs die gerechte, Beurteilung zur
unverhohlenen Bewunderung. Heute sehe ich in dem Manne mehr noch als früher den gewaltigsten
deutschen Bürgermeister aller Zeiten.
Wie viele meiner vorsätzlichen Anschauungen wurden aber durch eine solche Änderung meiner
Stellungnahme zur christlich-sozialen Bewegung umgeworfen!Wenn dadurch langsam auch meine
Ansichten in bezug auf den Antisemitismus dem Wechsel der Zeit unterlagen, dann war dies wohl meine
schwerste Wandlung überhaupt.
Sie hat mir die meisten inneren seelischen Kampfe gekostet, und erst nach monatelangem zwischen
Verstand und Gefühl begann der Sieg sich auf die Seite des Verstandes zu schlagen. Zwei Jahre später
war das Gefühl dem Verstande gefolgt, um von nun an dessen treuester Wächter und Warner zu sein.
In der Zeit dieses bitteren Ringens zwischen seelischer Erziehung und kalter Vernunft hatte mir der
Anschauungsunterricht der Wiener Straße unschätzbare Dienste geleistet. Es kam die Zeit, da ich nicht
mehr wie in den ersten Tagen blind durch die mächtige Stadt wandelte, sondern mit offenem Auge außer
den Bauten auch die Menschen besah.
Als ich einmal so durch die innere Stadt strich, stieß ich plötzlich auf eine Erscheinung in langem Kaftan
mit schwarzen Locken.
Ist dies auch ein Jude? war mein erster Gedanke.
So sahen sie freilich in Linz nicht aus. Ich beobachtete den Mann verstohlen und vorsichtig, allein je
länger ich in dieses fremde Gesicht starrte und forschend Zug um Zug prüfte, um so mehr wandelte sich
in meinem Gehirn die erste Frage zu einer anderen Frage:Ist dies auch ein Deutscher?Wie immer in
solchen Fällen begann ich nun zu versuchen, mir die Zweifel durch Bilder zu beheben. Ich kaufte mir
damals um wenige Heller die ersten antisemitischen
[060 Wandlung zum Antisemiten]
Broschüren meines Lebens. Sie gingen leider nur alle von dem Standpunkt aus, daß im Prinzip der Leser
wohl schon die Judenfrage bis zu einem gewissen Grade mindestens kenne oder gar begreife. Endlich
war die Tonart meistens so, daß mir wieder Zweifel kamen infolge der zum Teil so flachen und
außerordentlich unwissenschaftlichen Beweisführung für die Behauptung.
Ich wurde dann wieder rückfällig auf Wochen, ja einmal auf Monate hinaus. Die Sache schien mir so
ungeheuerlich, die Bezichtigung so maßlos zu sein, daß ich, gequält von der Furcht, Unrecht zu tun,
wieder ängstlich und unsicher wurde.
Greilich daran, daß es sich hier nicht um Deutsche einer besonderen Konfession handelte, sondern um
ein Volk für sich, konnte auch ich nicht mehr gut zweifeln; denn seit ich mich mit der Frage zu
beschäftigen begonnen hatte, auf den Juden erst einmal aufmerksam wurde, erschien mir Wien in einem
anderen Lichte als vorher. Wo immer ich ging, sah ich nun Juden, und je mehr ich sah, um so schärfer
sonderten sie sich für das Auge von den anderen Menschen ab. Besonders die innere Stadt und die
Bezirke nördlich des Donaukanals wimmelten von einem Volke, das schon äußerlich eine Ähnlichkeit
mit dem deutschen nicht mehr besaß.
Aber wenn ich daran noch gezweifelt hätte, so wurde das Schwanken endgültig behoben durch die
Stellungnahme eines Teiles der Juden selber.
Eine große Bewegung unter ihnen, die in Wien nicht wenig umfangreich war, trat auf das schärfste für
die Bestätigung des völkischen Charakters der Judenschaft ein: der Zionismus.
Wohl hatte es den Anschein, als ob nur ein Teil der Juden diese Stellungnahme billigen würde, die große
Mehrheit aber eine solche Festlegung verurteilte, ja innerlich ablehne. Bei näherem Hinsehen zerflatterte
aber dieser Anschein in einen üblen Dunst von aus reinen Zweckmäßgkeitsgründen vorgebrachten
Ausreden, um nicht zu sagen Lügen. Denn das sogenannte Judentum liberaler
[061 Wandlung zum Antisemiten]
Denkart lehnte ja die Zionisten nicht als Nichtjuden ab, sondern nur als Juden von einem unpraktischen,
ja vielleicht sogar gefährlichen öffentlichen Bekenntnis zu ihrem Judentum.
An ihrer inneren Zusammengehörigkeit änderte sich gar nichts. Dieser scheinbare Kampf zwischen
zionistischen und liberalen Juden ekelte mich in kurzer Zeit schon an; war er doch durch und durch
unwahr, mithin verlogen und dann aber wenig passend zu der immer behaupteten sittlichen Höhe und
Reinheit dieses Volkes.Überhaupt war die sittliche und sonstige Reinlichkeit dieses Volkes ein Punkt für
sich. Daß es sich hier um keine Wasserliebhaber handelte, konnte man ihnen ja schon am Äußeren
ansehen, leider sehr oft sogar bei geschlossenem Auge. Mir wurde bei dem Geruche dieser Kaftanträger
später manchmal übel. Dazu kamen noch die unsaubere Kleidung und die wenig heldische Erscheinung.
Dies alles konnte schon nicht sehr anziehend wirken; abgestoßen mußte man aber werden, wenn man
aber die körperliche Unsauberkeit hinaus plötzlich die moralischen Schmutzflecken des auserwählten
Volkes entdeckte.
Nichts hatte mich in kurzer Zeit so nachdenklich gestimmt als die langsam aufsteigende Einsicht in die
Art der Betätigung der Juden auf gewissen Gebieten.
Gab es denn da einen Unrat, eine Schamlosigkeit in irgendeiner Form, vor allem des kulturellen Lebens,
an der nicht wenigstens ein Jude beteiligt gewesen wäre?Sowie man nur vorsichtig in eine solche
Geschwulst hineinschnitt, fand man, wie die Made im faulenden Leibe, oft ganz geblendet vom
plötzlichen Lichte, ein Jüdlein.
Es war eine schwere Belastung, die das Judentum in meinen Augen erhielt, als ich seine Tätigkeit in der
Presse, in Kunst, Literatur und Theater kennenlernte. Da konnten nun alle salbungsvollen Beteuerungen
wenig oder nichts mehr nützen. Es genügte schon, eine der Anschlagsäulen zu betrachten, die Namen
der geistigen Erzeuger dieser gräßlichen Machwerke für Kino und Theater, die da ange-
[062 Wandlung zum Antisemiten]
priesen wurden, zu studieren, um auf längere Zeit hart zu werden. Das war Pestilenz, geistige Pestilenz,
schlimmer als der schwarze Tod von einst, mit der man da das Volk infizierte. Und in welcher Menge
dabei dieses Gift erzeugt und verbreitet wurde! Natürlich, je niedriger das geistige und sittliche Niveau
eines solchen Kunstfabrikanten ist, um so unbegrenzter ist seine Fruchtbarkeit, bis so ein Bursche schon
mehr wie eine Schleudermaschine seinen Unrat der anderen Menschheit ins Antlitz spritzt.
Dabei bedenke man noch die Unbegrenztheit ihrer Zahl; man bedenke, daß auf einen Goethe die Natur
immer noch leicht zehntausend solcher Schmierer der Mitwelt in den Pelz setzt, die nun als
Bazillenträger schlimmster Art die Seelen vergiften.
Es war entsetzlich, aber nicht zu übersehen, daß gerade der Jude in überreichlicher Anzahl von der Natur
zu dieser schmachvollen Bestimmung auserlesen schien.
Sollte seine Auserwähltheit darin zu suchen sein?Ich begann damals sorgfältig die Namen all der
Erzeuger dieser unsauberen Produkte des öffentlichen Kunstlebens zu prüfen.
Das Ergebnis war ein immer böseres für meine bisherige Haltung den Juden gegenüber. Mochte sich da
das Gefühl auch noch tausendmal sträuben, der Verstand mußte seine Schlüsse ziehen. D
ie Tatsache, daß neun Zehntel alles literarischen Schmutzes, künstlerischen Kitsches und theatralischen
Blödsinns auf das Schuldkonto eines Volkes zu schreiben sind, das kaum ein Hundertstel aller
Einwohner im Lande beträgt, ließ sich einfach nicht wegleugnen; es war eben so.
Auch meine liebe "Weltpresse" begann ich nun von solchen Gesichtspunkten aus zu prüfen.
Je gründlicher ich aber hier die Sonde anlegte, um so mehr schrumpfte der Gegenstand meiner einstigen
Bewunderung zusammen.
Der Stil ward immer unerträglicher, den Inhalt mußte ich als innerlich seicht und flach ablehnen, die
Objektivität der Darstellung schien mir nun mehr Lüge zu sein als ehrliche Wahrheit; die Verfasser aber
waren — Juden.
[063 Wandlung zum Antisemiten]
Tausend Dinge, die ich früher kaum gesehen, fielen mir nun als bemerkenswert auf, andere wieder, die
mir schon einst zu denken gaben, lernte ich begreifen und verstehen.
Die liberale Gesinnung dieser Presse sah ich nun in einem anderen Lichte, ihr vornehmer Ton im
Beantworten von Angriffen sowie das Totschweigen derselben enthüllte sich mir jetzt als ebenso kluger
wie niederträchtiger Trick; ihre verklärt geschriebenen Theaterkritiken galten immer dem jüdischen
Verfasser, und nie traf ihre Ablehnung jemand anderen als den Deutschen. Das leise Sticheln gegen
Wilhelm II. ließ in der Beharrlichkeit die Methode erkennen, genau so wie das Empfehlen französischer
Kultur und Zivilisation. Der kitschige Inhalt der Novelle wurde nun zur Unanständigkeit, und aus der
Sprache vernahm ich Laute eines fremden Volkes; der Sinn des Ganzen aber war dem Deutschtum so
ersichtlich abträglich, daß dies nur gewollt sein konnte.
Wer aber besaß daran ein Interesse? War dies alles nur Zufall? So wurde ich langsam unsicher.
Beschleunigt wurde die Entwicklung aber durch Einblicke, die ich in eine Reihe anderer Vorgänge
erhielt. Es war dies die allgemeine Auffassung von Sitte und Moral, wie man sie von einem großen Teil
des Judentums ganz offen zur Schau getragen und betätigt sehen konnte.
Hier bot wieder die Straße einen manchmal wahrhaft bösen Anschauungsunterricht.
Das Verhältnis des Judentums zur Prostitution und mehr noch zum Mädchenhandel selber konnte man
Wien studieren wie wohl in keiner sonstigen westeuropäischen Stadt, südfranzösische Hafenorte
vielleicht ausgenommen. Wenn man abends so durch die Straßen und Gassen der Leopoldstadt lief,
wurde man auf Schritt und Tritt, ob man wollte oder nicht, Zeuge von Vorgängen, die dem Großteil des
deutschen Volkes verborgen geblieben waren, bis der Krieg den Kämpfern an der Ostfront Gelegenheit
gab, Ähnliches ansehen zu können, besser gesagt, ansehen zu müssen.
[064 Der Jude als Führer der Sozialdemokratie]
Als ich zum ersten Male den Juden in solcher Weise als den ebenso eisig kalten wie schamlos
geschäftstüchtigen Dirigenten dieses empörenden Lasterbetriebes des Auswurfes der Großstadt
erkannte, lief mir ein leichtes Frösteln über den Rücken.
Dann aber flammte es auf.
Nun wich ich der Erörterung der Judenfrage nicht mehr aus, nein, nun wollte ich sie. Wie ich aber so in
allen Richtungen des kulturellen und künstlerischen Lebens und seinen verschiedenen Äußerungen nach
dem Juden suchen lernte, stieß ich plötzlich an einer Stelle auf ihn, an der ich ihn am wenigsten
vermutet hätte.
Indem ich den Juden als Führer der Sozialdemokratie erkannte, begann es mir wie Schuppen von den
Augen zu fallen. Ein langer innerer Seelenkampf fand damit seinen Abschluß.
Schon im tagtäglichen Verkehr mit meinen Arbeitsgenossen fiel mir die erstaunliche
Wandlungsfähigkeit auf, mit der sie zu einer gleichen Frage verschiedene Stellungen einnahmen,
manchmal in einem Zeitraume von wenigen Tagen, oft auch nur wenigen Stunden. Ich konnte schwer
verstehen, wie Menschen, die, allein gesprochen, immer noch vernünftige Anschauungen besaßen, diese
plötzlich verloren, sowie sie in den Bannkreis der Masse gelangten. Es war oft zum Verzweifeln. Wenn
ich nach stundenlangem Zureden schon überzeugt war, dieses Mal endlich das Eis gebrochen oder einen
Unsinn aufgeklärt zu haben, und mich schon des Erfolges herzlich freute, dann mußte ich zu meinem
Jammer am nächsten Tage wieder von vorne beginnen; es war alles umsonst gewesen. Wie ein ewiges
Pendel schien der Wahnsinn ihrer Anschauungen immer von neuem zurückzuschlagen.
Alles vermochte ich dabei noch zu begreifen: daß sie mit ihrem Lose unzufrieden waren, das Schicksal
verdammten, welches sie oft so herbe schlug; die Unternehmer haßten, die ihnen als herzlose
Zwangsvollstrecker dieses Schicksals erschienen; auf die Behörden schimpften, die in ihren Augen kein
Gefühl für die Lage besaßen; daß sie gegen Lebens-
[065 Der Jude als Führer der Sozialdemokratie]
mittelpreise demonstrierten und für ihre Forderungen auf die Straße zogen, alles dies konnte man ohne
Rücksicht auf Vernunft mindestens noch verstehen. Was aber unverständlich bleiben mußte, war der
grenzenlose Haß, mit dem sie ihr eigenes Volkstum belegten, die Größe desselben schmähten, seine
Geschichte verunreinigten und große Männer in die Gosse zogen.
Dieser Kampf gegen die eigene Art, das eigene Nest, die eigene Heimat war ebenso sinnlos wie
unbegreiflich. Das war unnatürlich.
Man konnte sie von diesem Laster vorübergehend heilen, jedoch nur auf Tage, höchstens auf Wochen.
Traf man aber später den vermeintlich Bekehrten, dann war er wieder der alte geworden.
Die Unnatur hatte ihn wieder in ihrem Besitze.×Daß die sozialdemokratische Presse überwiegend von
Juden geleitet war, lernte ich allmählich kennen; allein, ich schrieb diesem Umstand keine besondere
Bedeutung zu, lagen doch die Verhältnisse bei den anderen Zeitungen genau so. Nur eines war vielleicht
auffallend: es gab nicht ein Blatt, bei dem sich Juden befanden, das als wirklich national angesprochen
hätte werden können, so wie dies in der Linie meiner Erziehung und Auffassung gelegen war.
Da ich mich nun überwand und diese Art von marxistischen Presseerzeugnissen zu lesen versuchte, die
Abneigung aber in eben diesem Maße ins Unendliche wuchs, suchte ich nun auch die Fabrikanten dieser
zusammengefaßten Schurkereien näher kennenzulernen.
Es waren, vom Herausgeber angefangen, lauter Juden.
Ich nahm die mir irgendwie erreichbaren sozialdemokratischen Broschüren und suchte die Namen ihrer
Verfasser: Juden. Ich merkte mir die Namen fast aller Führer; es waren zum weitaus größten Teil
ebenfalls Angehörige des "auserwählten Volkes", mochte es sich dabei um die Vertreter im Reichsrat
handeln oder um die Sekretäre der
[066 Jüdische Dialektik]
Gewerkschaften, die Vorsitzenden der Organisationen oder die Agitatoren der Straße. Es ergab sich
immer das gleiche unheimliche Bild. Die Namen der Austerlitz, David, Adler, Ellenbogen usw. werden
mir ewig in Erinnerung bleiben. Das eine war mir nun klar geworden: die Partei, mit deren kleinen
Vertretern ich seit Monaten den heftigsten Kampf auszufechten hatte, lag in ihrer Führung fast
auschließlich in den Händen eines fremden Volkes; denn daß; der Jude kein Deutscher war, wußte ich
zu meiner inneren glücklichen Zufriedenheit schon endgültig.
Nun aber erst lernte ich den Verführer unseres Volkes ganz kennen.
Schon ein Jahr meines Wiener Aufenthaltes hatte genügt, um mir die Überzeugung beizubringen, daß
kein Arbeiter so verbohrt sein konnte, als daß er nicht besserem Wissen und besserer Erklärung erlegen
wäre. Ich war langsam Kenner ihrer eigenen Lehre geworden und verwendete sie als Waffe im Kampf
für meine innere Überzeugung.
Fast immer legte sich nun der Erfolg auf meine Seite.
Die große Masse war zu retten, wenn auch nur nach schwersten Opfern an Zeit und Geduld.
Niemals aber war ein Jude von seiner Anschauung zu befreien.
Ich war damals noch kindlich genug, ihnen den Wahnsinn ihrer Lehre klarmachen zu wollen, redete mir
in meinem kleinen Kreise die Zunge wund und die Kehle heiser, und vermeinte, es müßte mir gelingen,
sie von der Verderblichkeit ihres marxistischen Irrsinns zu überzeugen; allein dann erreichte ich erst
recht nur das Gegenteil. Es schien, als ob die steigende Einsicht von der vernichtenden Wirkung
sozialdemokratischer Theorien und ihrer Erfüllung nur zur Verstärkung ihrer Entschlossenheit dienen
würde.
Je mehr ich dann mit ihnen stritt, um so mehr lernte ich ihre Dialektik kennen. Erst rechneten sie mit der
Dummheit ihres Gegners, um dann, wenn sich ein Ausweg nicht mehr fand, sich selber einfach dumm
zu stellen. Nützte alles nichts, so verstanden sie nicht recht oder sprangen, gestellt,
[067 Jüdische Dialektik]
augenblicklich auf ein anderes Gebiet über, brachten nun Selbstverständlichkeiten, deren Annahme sie
aber sofort wieder auf wesentlich andere Stoffe bezogen, um nun, wieder angefaßt, auszuweichen und
nichts Genaues zu wissen. Wo immer man so einen Apostel angriff, umschloß die Hand qualligen
Schleim; das quoll einem geteilt durch die Finger, um sich im nächsten Moment schon wieder
zusammenzuschließen. Schlug man aber einen wirklich so vernichtend, daß er, von der Umgebung
beobachtet, nicht mehr anders als zustimmen konnte, und glaubte man, so wenigstens einen Schritt
vorwärtsgekommen zu sein, so war das Erstaunen am nächsten Tag groß. Der Jude wußte nun von
gestern nicht mehr das geringste, erzählte seinen alten Unfug wieder weiter, als ob überhaupt nichts
vorgefallen wäre, und tat, empört zur Rede gestellt, erstaunt, konnte sich an rein gar nichts erinnern,
außer an die doch schon am Vortage bewiesene Richtigkeit seiner Behauptungen.
Ich stand manches Mal starr da.
Man wußte nicht, was man mehr bestaunen sollte, ihre Zungenfertigkeit oder ihre Kunst der Lüge.
Ich begann sie allmählich zu hassen.
Dies alles hatte nun das eine. Gute, daß in eben dem Umfange, in dem mir die eigentlichen Träger oder
wenigstens die Verbreiter der Sozialdemokratie ins Auge fielen, die Liebe zu meinem Volke wachsen
mußte. Wer konnte auch bei der teuflischen Gewandtheit dieser Verführer das unselige Opfer
verfluchen? Wie schwer war es doch mir selber, der dialektischen Verlogenheit dieser Rasse Herr zu
werden! Wie vergeblich aber war ein solcher Erfolg bei Menschen, die die Wahrheit im Munde
verdrehen, das soeben gesprochene Wort glatt verleugnen, um es schon in der nächsten Minute für sich
selbst in Anspruch zu nehmen!Nein. Je mehr ich den Juden kennenlernte, um so mehr mußte ich dem
Arbeiter verzeihen.
Die schwerste Schuld lag nun in meinen Augen nicht mehr bei ihm, sondern bei all denen, die es nicht
der Mühe wert fanden, sich seiner zu erbarmen, in eiserner Gerechtigkeit dem Sohne des Volkes zu
geben, was ihm gebührt,
[068 Studium der Grundlagen des Marxismus]
den Verführer und Verderber aber an die Wand zu schlagen.
Von der Erfahrung des täglichen Lebens angeregt, begann ich nunmehr, den Quellen der marxistischen
Lehre selber nachzuspüren. Ihr Wirken war mir im einzelnen klar geworden, der Erfolg davon zeigte
sich mir täglich vor dem aufmerksamen Blick, die Folgen vermochte ich bei einiger Phantasie mir
auszumalen. Die Frage war nur noch, ob den Begründern das Ergebnis ihrer Schöpfung, schon in seiner
letzten Form gesehen, vorschwebte, oder ob sie selber das Opfer eines Irrtums wurden.
Beides war nach meinem Empfinden möglich.
Im einen Falle war es Pflicht eines jeden denkenden Menschen, sich in die Front der unseligen
Bewegung zu dringen, um so vielleicht doch das Äußerste zu verhindern, im andern aber mußten die
einstigen Urheber dieser Völkerkrankheit wahre Teufel gewesen sein; denn nur in dem Gehirne eines
Ungeheuers — nicht eines Menschen — konnte dann der Plan zu einer Organisation sinnvolle Gestalt
annehmen, deren Tätigkeit als Schlußergebnis zum Zusammenbruch der menschlichen Kultur und damit
zur Verödung der Welt führen muß.
In diesem Falle blieb als letzte Rettung noch der Kampf, der Kampf mit allen Waffen, die menschlicher
Geist, Verstand und Wille zu erfassen vermögen, ganz gleich, wem das Schicksal dann seinen Segen in
die Waagschale senkt.
So begann ich nun, mich mit den Begründern dieser Lehre vertraut zu machen, um so die Grundlagen
der Bewegung zu studieren. Daß ich hier schneller zum Ziele kam, als ich vielleicht erst selber zu
denken wagte, hatte ich allein meiner nun gewonnenen, wenn auch damals noch wenig vertieften
Kenntnis der Judenfrage zu danken. Sie allein ermöglichte mir den praktischen Vergleich der
Wirklichkeit mit dem theoretischen Geflunker der Gründungsapostel der Sozialdemokratie, da sie mich
die Sprache des jüdischen Volkes verstehen gelehrt hatte; das redet, um die Gedanken zu verbergen oder
mindestens zu verschleiern;
[069 Marxismus als Zerstörer der Kultur]
und sein wirkliches Ziel ist mithin nicht in den Zeilen zu linden, sondern schlummert wohlverborgen
zwischen ihnen. Es war für mich die Zeit der großen Umwälzung gekommen, die ich im Innern jemals
durchzumachen hatte.
Ich war vom schwächlichen Weltbürger zum fanatischen Antisemiten geworden.
Nur einmal noch — es war das letztemal — kamen mir in tiefster Beklommenheit ängstlich drückende
Gedanken.
Als ich so durch lange Perioden menschlicher Geschichte das Wirken des jüdischen Volkes forschend
betrachtete, stieg mir plötzlich die bange Frage auf, ob nicht doch vielleicht das unerforschliche
Schicksal aus Gründen, die uns armseligen Menschen unbekannt, den Endsieg dieses kleinen Volkes in
ewig unabänderlichem Beschlusse wünsche?Sollte diesem Volke, das ewig nur dieser Erde lebt, die
Erde als Belohnung zugesprochen sein?Haben wir ein objektives Recht zum Kampf für unsere
Selbsterhaltung, oder ist auch dies nur subjektiv in uns begründet?Indem ich mich in die Lehre des
Marxismus vertiefte und so das Wirken des jüdischen Volkes in ruhiger Klarheit einer Betrachtung
unterzog, gab mir das Schicksal selber seine Antwort.
Die jüdische Lehre des Marxismus lehnt das aristokratische Prinzip der Natur ab und setzt an Stelle des
ewigen Vorrechtes der Kraft und Stärke die Masse der Zahl und ihr totes Gewicht. Sie leugnet so im
Menschen den Wert der Person, bestreitet die Bedeutung von Volkstum und Rasse und entzieht der
Menschheit damit die Voraussetzung ihres Bestehens und ihrer Kultur. Sie würde als Grundlage des
Universums zum Ende jeder gedanklich für Menschen faßlichen Ordnung führen. Und so wie in diesem
größten erkennbaren Organismus nur Chaos das Ergebnis der Anwendung eines solchen Gesetzes sein
könnte, so auf der Erde für die Bewohner dieses Sternes nur ihr eigener Untergang.
Siegt der Jude mit Hilfe seines marxistischen Glaubensbekenntnisses über die Völker dieser Welt, dann
wird seine
[070 Marxismus als Zerstörer der Kultur]
Krone der Totentanz der Menschheit sein, dann wird dieser Planet wieder wie einst vor Jahrmillionen
menschenleer durch den Äther ziehen.
Die ewige Natur rächt unerbittlich die Übertretung ihrer Gebote.
So glaube ich heute im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu handeln: Indem ich mich des Juden
erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn.
[071]

3. Kapitel:
Allgemeine politische Betrachtungen aus meiner Wiener Zeit

Ich bin heute der Überzeugung, daß der Mann sich im allgemeinen, Fälle ganz besonderer Begabung
ausgenommen, nicht vor seinem dreißigsten Jahre in der Politik öffentlich betätigen soll. Er soll dies
nicht, da ja bis in diese Zeit hinein zumeist erst die Bildung einer allgemeinen Plattform stattfindet, von
der aus er nun die verschiedenen politischen Probleme prüft und seine eigene Stellung zu ihnen
endgültig festlegt. Erst nach dem Gewinnen einer solchen grundlegenden Weltanschauung und der
dadurch erreichten Stetigkeit der eigenen Betrachtungsweise gegenüber den einzelnen Fragen des Tages
soll oder darf der nun wenigstens innerlich ausgereifte Mann sich an der politischen Führung des
Gemeinwesens beteiligen.
Ist dies anders, so läuft er Gefahr, eines Tages seine bisherige Stellung in wesentlichen Fragen entweder
ändern zu müssen oder wider sein besseres Wissen und Erkennen bei einer Anschauung
stehenzubleiben, die Verstand und Überzeugung bereits längst ablehnen. Im ersteren Falle ist dies sehr
peinlich für ihn persönlich, da er nun, als selber schwankend, mit Recht nicht mehr erwarten darf, daß
der Glaube seiner Anhänger ihm in gleicher unerschütterlicher Festigkeit gehöre wie vordem; für die
von ihm Geführten jedoch bedeutet ein solcher Umfall des Führers Ratlosigkeit sowie nicht selten das
Gefühl einer gewissen Beschämung den bisher von ihnen Bekämpften gegenüber. Im zweiten Falle aber
tritt ein, was wir besonders heute so oft sehen: in eben dem Maße, in dem der Führer nicht mehr an das
von ihm Gesagte glaubt, wird seine Ver-
[072 Der Politiker]
teidigung hohl und flach, dafür aber gemein in der Wahl der Mittel. Während er selber nicht mehr daran
denkt, für seine politischen Offenbarungen ernstlich einzutreten (man stirbt nicht für etwas, an das man
selber nicht glaubt), werden die Anforderungen an reine Anhänger jedoch in eben diesem Verhältnis
immer größer und unverschämter, bis er endlich den letzten Rest des Führers opfert, um beim "Politiker"
zu landen; das heißt bei jener Sorte von Menschen, deren einzige wirkliche Gesinnung die
Gesinnungslosigkeit ist, gepaart mit frecher Aufdringlichkeit und einer oft schamlos entwickelten Kunst
der Lüge.
Kommt so ein Bursche dann zum Unglück der anständigen Menschheit auch noch in ein Parlament, so
soll man schon von Anfang an wissen, daß das Wesen der Politik für ihn nur noch im heroischen Kampf
um den dauernden Besitz dieser Milchflasche seines Lebens und seiner Familie besteht. Je mehr dann
Weib und Kind an ihr hängen, um so zäher wird er für sein Mandat streiten. Jeder sonstige Mensch mit
politischen Instinkten ist damit allein schon sein persönlicher Feind; in jeder neuen Bewegung wittert er
den möglichen Beginn seines Endes und in jedem größeren Manne die wahrscheinlich von diesem noch
einmal drohende Gefahr.
Ich werde auf diese Sorte von Parlamentswanzen noch gründlich zu sprechen kommen.
Auch der Dreißigjährige wird im Laufe seines Lebens noch vieles zu lernen haben, allein es wird dies
nur eine Ergänzung und Ausfüllung des Rahmens sein, den die grundsätzlich angenommene
Weltanschauung ihm vorlegt. Sein Lernen wird kein prinzipielles Umlernen mehr sein, sondern ein
Hinzulernen, und seine Anhänger werden nicht das beklommene Gefühl hinunterwürgen müssen, von
ihm bisher falsch unterrichtet worden zu sein, sondern im Gegenteil: das ersichtliche organische
Wachsen des Führers wird ihnen Befriedigung gewähren, da sein Lernen ja nur die Vertiefung ihrer
eigenen Lehre bedeutet. Dies aber ist in ihren Augen ein Beweis für die Richtigkeit ihrer bisherigen
Anschauungen.
[073 Das politische Denken]
Ein Führer, der die Plattform seiner allgemeinen Weltanschauung an sich, weil als falsch erkannt,
verlassen muß, handelt nur dann mit Anstand, wenn er in der Erkenntnis seiner bisherigen fehlerhaften
Einsicht die letzte Folgerung zu ziehen bereit ist. Er muß in einem solchen Falle mindestens der.
öffentlichen Ausübung einer weiteren politischen Betätigung entsagen. Denn da er schon einmal in
grundlegenden Erkenntnissen einem Irrtum verfiel, ist die Möglichkeit auch ein zweites Mal gegeben.
Auf keinen Fall aber hat er noch das Recht, weiterhin das Vertrauen der Mitbürger in Anspruch zu
nehmen oder gar ein solches zu fordern.
Wie wenig nun allerdings heute einem solchen Anstand entsprochen wird, bezeugt nur die allgemeine
Verworfenheit des Packs, das sich zur Zeit berufen fühlt, in Politik zu "machen".
Auserwählt dazu ist von ihnen kaum einer.
Ich hatte mich einst gehütet, irgendwie öffentlich aufzutreten, obwohl ich glaubte, mich mehr mit Politik
beschäftigt zu haben als so viele andere. Nur im kleinsten Kreise sprach ich von dem, was mich
innerlich bewegte oder anzog. Dieses Sprechen im engsten Rahmen hatte viel Gutes für sich: ich lernte
so wohl weniger "reden", dafür aber die Menschen in ihren oft unendlich primitiven Anschauungen und
Einwänden kennen. Dabei schulte ich mich, ohne Zeit und Möglichkeit zu verlieren, zur eigenen
Weiterbildung. Die Gelegenheit dazu war sicher nirgends in Deutschland so günstig wie damals in
Wien.
×
Das allgemeine politische Denken in der alten Donaumonarchie war zunächst seinem Umfange nach
größer und umspannender als im alten Deutschland der gleichen Zeit Teile von Preußen, Hamburg und
die Küste der Nordsee ausgenommen. Ich verstehe nun allerdings unter der Bezeichnung "Österreich" in
diesem Falle jenes Gebiet des großen Habsburgerreiches, das infolge seiner deutschen Besiedelung in
jeglicher Hinsicht nicht nur die historische
[074 Wiens letzter Aufschwung]
Veranlassung der Bildung dieses Staates überhaupt war, sondern das in seiner Bevölkerung auch
ausschließlich jene Kraft aufwies, die diesem politisch so künstlichen Gebilde das innere kulturelle
Leben auf viele Jahrhunderte zu schenken vermochte. Je mehr die Zeit fortschritt, um so mehr war
Bestand und Zukunft dieses Staates gerade von der Erhaltung dieser Keimzelle des Reiches abhängig.
Waren die alten Erblande das Herz des Reiches, daß immer wieder frisches Blut in den Kreislauf des
staatlichen und kulturellen Lebens trieb, dann aber war Wien Gehirn und Wille zugleich.
Schon in ihrer äußeren Aufmachung durfte man dieser Stadt die Kraft zusprechen, in einem solchen
Völkerkonglomerat als einigende Königin zu thronen, um so durch die Pracht der eigenen Schönheit die
bösen Alterserscheinungen des Gesamten vergessen zu lassen.
Mochte das Reich in seinem Innern noch so heftig zucken unter den blutigen Kämpfen der einzelnen
Nationalitäten, das Ausland, und besonders Deutschland, sah nur das liebenswürdige Bild dieser Stadt.
Die Täuschung war um so größer, als Wien in dieser Zeit vielleicht den letzten und größten sichtbaren
Aufschwung zu nehmen schien. Unter der Herrschaft eines wahrhaft genialen Bürgermeisters erwachte
die ehrwürdige Residenz der Kaiser des alten Reiches noch einmal zu einem wundersamen jungen
Leben. Der letzte große Deutsche, den das Kolonistenvolk der Ostmark aus seinen Reihen gebar, zählte
offiziell nicht zu den sogenannten "Staatsmännern"; aber indem dieser Dr. Lueger als Bürgermeister der
"Reichshaupt- und Residenzstadt" Wien eine unerhörte Leistung nach der anderen auf, man darf sagen,
allen Gebieten kommunaler Wirtschafts- und Kulturpolitik hervorzauberte, stärkte er das Herz des
gesamten Reiches und wurde aber diesen Umweg zum größeren Staatsmann, als die sogenannten
"Diplomaten" es alle zusammen damals waren.
Wenn das Völkergebilde, "Österreich" genannt, endlich dennoch zugrunde ging, dann spricht dies nicht
im geringsten gegen die politische Fähigkeit des Deutschtums in der
[075 Das Deutschtum in Österreich]
alten Ostmark, sondern war das zwangsläufige Ergebnis der Unmöglichkeit, mit zehn Millionen
Menschen einen Fünfzig-Millionen-Staat von verschiedenen Nationen auf die Dauer halten zu, können,
wenn eben nicht ganz bestimmte Voraussetzungen rechtzeitig gegeben wurden.
Der Deutschösterreicher dachte mehr als groß.
Er war immer gewohnt, im Rahmen eines großen Reiches zu leben und hatte das Gefühl für die damit
verbundenen Aufgaben nie verloren. Er war der einzige in diesem Staate, der aber die Grenzen des
engeren Kronlandes hinaus noch die Reichsgrenze sah; ja, als das Schicksal ihn schließlich vom
gemeinsamen Vaterlande trennen sollte, da versuchte er immer noch der ungeheuren Aufgabe Herr zu
werden und dem Deutschtum zu erhalten, was die Väter in unendlichen Kämpfen dem Osten einst
abgerungen hatten. Wobei noch zu bedenken ist, daß dies nur noch mit geteilter Kraft geschehen konnte;
denn Herz und Erinnerung der Besten hörten niemals auf, für das gemeinsame Mutterland zu empfinden,
und nur ein Rest blieb der Heimat.
Schon der allgemeine Gesichtskreis des Deutschösterreichers war ein verhältnismäßig weiter. Seine
wirtschaftlichen Beziehungen umfaßten häufig nahezu das ganze vielgestaltige Reich. Fast alle wirklich
großen Unternehmungen befanden sich in seinen Händen, das leitende Personal an Technikern und
Beamten war zum größten Teil von ihm gestellt. Er war aber auch der Träger des Außenhandels, soweit
nicht das Judentum auf diese ureigenste Domäne seine Hand gelegt hatte. Politisch hielt er allein noch
den Staat zusammen. Schon die Dienstzeit beim Heere warf ihn aber die engen Grenzen der Heimat weit
hinaus. Der deutschösterreichische Rekrut rückte wohl vielleicht bei einem deutschen Regiment ein,
allein das Regiment selber konnte ebensogut in der Herzegowina liegen wie in Wien oder Galizien. Das
Offizierskorps war immer noch deutsch, das höhere Beamtentum vorherrschend. Deutsch aber waren
endlich Kunst und Wissenschaft. Abgesehen vom Kitsch der neueren Kunstentwicklung, dessen
Produktion allerdings auch einem Negervolke ohne weiteres
[076 Das Deutschtum in Österreich]
auch einem Negervolke ohne weiteres möglich sein dürfte, war der Besitzer und auch Verbreiter wahrer
Kunstgesinnung nur der Deutsche allein. In Musik, Baukunst, Bildhauerei und Malerei war Wien der
Brunnen, der in unerschöpflicher Fülle die ganze Doppelmonarchie versorgte, ohne jemals selber
sichtlich zu versiegen.
Das Deutschtum war endlich noch der Träger der gesamten Außenpolitik, wenn man von den der Zahl
nach wenigen Ungarn absieht.
Dennoch war jeder Versuch, dieses Reich zu erhalten, vergeblich, da die wesentlichste Voraussetzung
fehlte.
Gür den österreichischen Völkerstaat gab es nur eine Möglichkeit, die zentrifugalen Kräfte bei den
einzelnen Nationen zu überwinden. Der Staat wurde entweder zentral regiert und damit aber auch
ebenso innerlich organisiert, oder er war überhaupt nicht denkbar.
In verschiedenen lichten Augenblicken kam diese Einsicht auch der "Allerhöchsten" Stelle, um aber
zumeist schon nach kurzer Zeit vergessen oder als schwer durchführbar wieder beiseitegetan zu werden.
Jeder Gedanke einer mehr föderativen Ausgestaltung des Reiches mußte zwangsläufig infolge des
Fehlens einer starken staatlichen Keimzelle von überragender Macht fehlschlagen. Dazu kamen noch die
wesentlich anderen inneren Voraussetzungen des österreichischen Staates gegenüber dem Deutschen
Reiche Bismarckscher Fassung. In Deutschland handelte es sich nur darum, politische Tradition zu
überwinden, da kulturell eine gemeinsame Grundlage immer vorlag. Vor allem besaß das Reich, von
kleinen fremden Splittern abgesehen, nur Angehörige eines Volkes.
In Österreich lagen die Verhältnisse umgekehrt.
Hier fiel die politische Erinnerung eigener Größe bei den einzelnen Ländern, von Ungarn abgesehen,
entweder ganz fort, oder sie war vom Schwamm der Zeit gelöscht, mindestens aber verwischt und
undeutlich. Dafür entwickelten sich nun im Zeitalter des Nationalitätenprinzips in den verschiedenen
Ländern völkische Kräfte, deren Überwindung in eben dem Maße schwer werden mußte, als sich am
Rande,
[077 Zentrifugale Kräfte der Völker Österreichs]
der Monarchie Nationalstaaten zu bilden begannen, deren Staatsvölker, rassisch mit den einzelnen
österreichischen Volkssplittern verwandt oder gleich, nunmehr ihrerseits mehr Anziehungskraft
auszuüben vermochten, als dies umgekehrt dem Deutschösterreicher noch möglich war.
Selbst Wien konnte auf die Dauer diesen Kampf nicht mehr bestehen.
Mit der Entwicklung von Budapest zur Großstadt hatte es zum ersten Male eine Rivalin erhalten, deren
Aufgabe nicht mehr die Zusammenfassung der Gesamtmonarchie war, sondern vielmehr die Stärkung
eines Teiles derselben. In kurzer Zeit schon sollte Prag dem Beispiel folgen, dann Lemberg, Laibach
usw. Mit dem Aufstieg dieser einstmaligen Provinzstädte zu nationalen Hauptstädten einzelner Länder
bildeten sich nun auch Mittelpunkte für ein mehr und mehr selbständiges Kulturleben derselben. Erst
dadurch aber erhielten die völkisch-politischen Instinkte ihre geistige Grundlage und Vertiefung. Es
mußte so einmal der Zeitpunkt herannahen, da diese Triebkräfte der einzelnen Völker mächtiger wurden
als die Kraft der gemeinsamen Interessen, und dann war es um Österreich geschehen.
Diese Entwicklung lies sich seit dem Tode Josephs II. in ihrem Laufe sehr deutlich feststellen. Ihre
Schnelligkeit war von einer Reihe von Faktoren abhängig, die zum Teil in der Monarchie selber lagen,
zum anderen Teil daher das Ergebnis der jeweiligen außenpolitischen Stellung des Reiches bildeten.
Wollte man den Kampf für die Erhaltung dieses Staates ernstlich aufnehmen und durchfechten, dann
konnte nur eine ebenso rücksichtslose wie beharrliche Zentralisierung allein zum Ziele führen. Dann
mußte aber vor allem durch die prinzipielle Festlegung einer einheitlichen Staatssprache die rein
formelle Zusammengehörigkeit betont, der Verwaltung aber das technische Hilfsmittel in die Hand
gedrückt werden, ohne das ein einheitlicher Staat nun einmal nicht zu bestehen vermag. Ebenso konnte
nur dann auf die Dauer durch Schule und Unterricht eine einheitliche Staatsgesinnung herangezüchtet
werden. Dies war nicht in zehn oder
[078 Folgen blutsmäßiger Verschiedenheit]
zwanzig Jahren zu erreichen, sondern hier mußte man mit Jahrhunderten rechnen, wie denn überhaupt in
allen kolonisatorischen Fragen der Beharrlichkeit eine größere Bedeutung zukommt als der Energie des
Augenblicks.
Daß dann die Verwaltung sowohl als auch die politische Leitung in strengster Einheitlichkeit zu führen
sind, versteht sich von selbst.
Es war nun für mich unendlich lehrreich, festzustellen, warum dies nicht geschah, oder, besser, warum
man dies nicht getan. Nur der Schuldige an dieser Unterlassung war der Schuldige am Zusammenbruche
des Reiches.
Das alte Österreich war mehr als ein anderer Staat gebunden an die Größe seiner Leitung. Hier fehlte ja
das Fundament des Nationalstaates, der in der völkischen Grundlage immer noch eine Kraft der
Erhaltung besitzt, wenn die Führung als solche auch noch so sehr versagt. Der einheitliche Volksstaat
kann vermöge der natürlichen Trägheit seiner Bewohner und der damit verbundenen Widerstandskraft
manchmal erstaunlich lange Perioden schlechtester Verwaltung oder Leitung ertragen, ohne daran
innerlich zugrunde zu gehen. Es ist dann oft so, als befinde sich in einem solchen Körper keinerlei
Leben mehr, als wäre er tot und abgestorben, bis plötzlich der Totgewähnte sich wieder erhebt und nun
staunenswerte Zeichen seiner unverwüstlichen Lebenskraft der übrigen Menschheit gibt.
Anders aber ist dies bei einem Reiche, das aus nicht gleichen Völkern zusammengesetzt, nicht durch das
gemeinsame Blut, als vielmehr durch eine gemeinsame Faust gehalten wird. Hier wird jede Schwäche
der Leitung nicht zu einem Winterschlaf des Staates führen, sondern zu einem Erwachen all der
individuellen Instinkte Anlaß geben, die blutsmäßig vorhanden sind, ohne sich in Zeiten eines
überragenden Willens entfalten zu können. Nur durch jahrhundertelange gemeinsame Erziehung, durch
gemeinsame Tradition, gemeinsame Interessen usw. kann diese Gefahr gemildert werden. Daher werden
solche Staatsgebilde, je jünger sie sind, um so mehr von der Größe der Führung abhängen, ja als Werk
überragender Gewaltmenschen und
[079 Joseph II.]
Geistesheroen oft schon nach dem Tode des einsamen großen Begründers wieder zerfallen. Aber noch
nach Jahrhunderten können diese Gefahren nicht als überwunden gelten, sie schlummern nur, um oft
plötzlich zu erwachen, sobald die Schwäche der gemeinsamen Leitung und die Kraft der Erziehung, die
Erhabenheit aller Tradition, nicht mehr den Schwung des eigenen Lebensdranges der verschiedenen
Stimme zu überwinden vermag.
Dies nicht begriffen zu haben, ist die vielleicht tragische Schuld des Hauses Habsburg.
Einem einzigen unter ihnen hielt das Schicksal noch einmal die Fackel über die Zukunft seines Landes
empor, dann verlosch sie für immer.
Joseph II., römischer Kaiser der deutschen Nation, sah in fliegender Angst, wie sein Haus, auf die
äußerste Kante des Reiches gedrängt, dereinst im Strudel eines Völkerbabylons verschwinden müßte,
wenn nicht in letzter Stunde das Versäumte der Väter wieder gutgemacht würde. Mit übermenschlicher
Kraft stemmte sich der "Freund der Menschen" gegen die Fahrlässigkeit der Vorfahren und suchte in
einem Jahrzehnt einzuholen, was Jahrhunderte vordem versäumten. Wären ihm nur vierzig Jahre
vergönnt gewesen zu seiner Arbeit und hätten nach ihm auch nur zwei Generationen in gleicher Weise
das begonnene Werk fortgeführt, so würde das Wunder wahrscheinlich gelungen sein. Als er aber nach
kaum zehn Jahren Regierung, zermürbt an Leib und Seele, starb, sank mit ihm auch sein Werk in das
Grab, um, nicht mehr wiedererweckt, in der Kapuzinergruft auf ewig zu entschlafen.
Seine Nachfolger waren der Aufgabe weder geistig noch willensmäßig gewachsen.
Als nun durch Europa die ersten revolutionären Wetterzeichen einer neuen Zeit flammten, da begann
auch Österreich langsam nach und nach Feuer zu fangen. Allein als der Brand endlich ausbrach, da
wurde die Glut schon weniger durch soziale, gesellschaftliche oder auch allgemeine politische Ursachen
angefacht als vielmehr durch Triebkräfte völkischen Ursprungs.
[080 Die Auflösung der Donaumonarchie]
Die Revolution des Jahres 1848 konnte überall Klassenkampf sein, in Österreich jedoch war sie schon
der Beginn eines neuen Rassenstreites. Indem damals der Deutsche, diesen Ursprung vergessend oder
nicht erkennend, sich in den Dienst der revolutionären Erhebung stellte, besiegelte er damit sein eigenes
Los. Er half mit, den Geist der westlichen Demokratie zu erwecken, der in kurzer Zeit ihm die
Grundlagen der eigenen Existenz entzog.
Mit der Bildung eines parlamentarischen Vertretungskörpers ohne die vorhergehende Niederlegung und
Festigung einer gemeinsamen Staatssprache war der Grundstein zum Ende der Vorherrschaft des
Deutschtums in der Monarchie gelegt worden. Von diesem Augenblick an war damit aber auch der Staat
selber verloren. Alles, was nun noch folgte, war nur die historische Abwicklung eines Reiches.
Diese Auflösung zu verfolgen, war ebenso erschütternd wie lehrreich. In tausend und aber tausend
Formen vollzog sich im einzelnen diese Vollstreckung eines geschichtlichen Urteils. Daß ein großer Teil
der Menschen blind durch die Erscheinungen des Zerfalls wandelte, bewies nur den Willen der Götter zu
Österreichs Vernichtung.
Ich will hier nicht in Einzelheiten mich verlieren, da dies nicht die Aufgabe dieses Buches ist. Ich will
nur jene Vorgänge in den Kreis einer gründlicheren Betrachtung ziehen, die als immer gleichbleibende
Ursachen des Verfalles von Völkern und Staaten auch für unsere heutige Zeit Bedeutung besitzen, und
die endlich mithalfen, meiner politischen Denkweise die Grundlagen zu sichern.
×
Unter den Einrichtungen, die am deutlichsten die Zerfressung der österreichischen Monarchie auch dem
sonst nicht mit scharfen Augen gesegneten Spießbürger aufzeigen konnten, befand sich an der Spitze
diejenige, die am meisten Stärke ihr eigen nennen sollte — das Parlament oder, wie es in Österreich
hieß, der Reichsrat.
[081 Der Parlamentarismus]
Ersichtlich war das Muster dieser Körperschaft in England, dem Lande der klassischen "Demokratie",
gelegen. Von dort übernahm man die ganze beglückende Anordnung und setzte sie so unvermindert als
möglich nach Wien.
Im Abgeordneten- und Herrenhaus feierte das englische Zweikammersystem seine Wiederauferstehung.
Nur die "Häuser" selber waren etwas verschieden. Als Barry einst seinen Parlamentspalast aus den
Fluten der Themse her herauswachsen ließ, da griff er in die Geschichte des britischen Weltreichs hinein
und holte sich aus ihr den Schmuck für die 1200 Nischen, Konsolen und Säulen seines Prachtbaues
heraus. In Bildwerk und Malerkunst wurde so das Haus der Lords und des Volkes zum Ruhmestempel
der Nation.
Hier kam die erste Schwierigkeit für Wien. Denn als der Däne Hansen die letzten Giebel am
Marmorhaus der neuen Volksvertretung vollendet hatte, da blieb ihm auch zur Zierde nichts anderes
übrig, als Entlehnungen bei der Antike zu versuchen. Römische und griechische Staatsmänner und
Philosophen verschönern und dieses Theatergebäude der "westlichen Demokratie", und in symbolischer
Ironie ziehen über den zwei Häusern die Quadrigen nach den vier Himmelsrichtungen auseinander, auf
solche Art dem damaligen Treiben im Innern auch nach außen den besten Ausdruck verleihend.
Die "Nationalitäten" hatten es sich als Beleidigung und Provokation verbeten, daß in diesem Werke
österreichische Geschichte verherrlicht würde, so wie man im Reiche selbst ja auch erst unter dem
Donner der Weltkriegsschlachten wagte, den Wallotschen Bau des Reichstages durch Inschrift dem
deutschen Volke zu weihen.
Als ich, noch nicht zwanzig Jahre alt, zum ersten Male in den Prachtbau am Franzensring ging, um als
Zuschauer und Hörer einer Sitzung des Abgeordnetenhauses beizuwohnen, ward ich von den
widerstrebendsten Gefühle erfaßt.
Ich hatte schon von jener das Parlament gehaßt, jedoch durchaus nicht als Institution an sich. Im
Gegenteil, als freiheitlich empfindender Mensch konnte ich mir eine andere
[082 Der Parlamentarismus]
Möglichkeit der Regierung gar nicht vorstellen, denn der Gedanke irgendeiner Diktatur wäre mir bei
meiner Haltung zum Hause Habsburg als Verbrechen wider die Freiheit und gegen jede Vernunft
vorgekommen.
Nicht wenig trug dazu bei, daß mir als jungem Menschen infolge meines vielen Zeitunglesens, ohne daß
ich dies wohl selber ahnte, eine gewisse Bewunderung für das Englische Parlament eingeimpft worden
war, die ich nicht so ohne weiteres zu verlieren vermochte. Die Würde, mit der dort auch das Unterhaus
seinen Aufgaben oblag (wie dies unsere Presse so schön zu schildern verstand), imponierte mir mächtig.
Konnte es denn überhaupt eine erhabenere Form der Selbstregierung eines Volkstums geben?Gerade
deshalb aber war ich ein Feind des österreichischen Parlaments. Ich hielt die Form des ganzen
Auftretens für unwürdig des großen Vorbildes. Nun trat aber noch folgendes hinzu:Das Schicksal des
Deutschtums im österreichischen Staate war abhängig von seiner Stellung im Reichsrat. Bis zur
Einführung des allgemeinen und geheimen Wahlrechts war noch eine, wenn auch unbedeutende
deutsche Majorität im Parlament vorhanden. Schon dieser Zustand war bedenklich, da bei der national
unzuverlässigen Haltung der Sozialdemokratie diese in kritischen, das Deutschtum betreffenden Fragen
um sich nicht die Anhänger in den einzelnen Fremdvölkern abspenstig zu machen — immer gegen die
deutschen Belange auftrat. Die Sozialdemokratie konnte schon damals nicht als deutsche Partei
betrachtet werden. Mit der Einführung des allgemeinen Wahlrechts aber hörte die deutsche
Überlegenheit auch rein ziffernmäßig auf. Nun war der weiteren Entdeutschung des Staates kein
Hindernis mehr im Wege.
Der nationale Selbsterhaltungstrieb ließ mich schon damals aus diesen Grunde eine Volksvertretung
wenig lieben, in der das Deutschtum statt vertreten verraten wurde. Allein dies waren Mängel, die, wie
so vieles andere eben auch, nicht der Sache an sich, sondern dem österreichischen Staate zuzuschreiben
waren. Ich
[083 Der Parlamentarismus]
glaubte früher noch, daß mit einer Wiederherstellung der deutschen Mehrheit in den Vertretungskörpern
zu einer prinzipiellen Stellungnahme dagegen kein Anlaß mehr vorhanden wäre, solange der alte Staat
eben überhaupt noch bestünde.
So also innerlich eingestellt, betrat ich zum ersten Male die ebenso geheiligten wie umstrittenen Räume.
Allerdings waren sie mir nur geheiligt durch die erhabene Schönheit des herrlichen Baues. Ein
hellenisches Wunderwerk auf deutschem Boden.
In wie kurzer Zeit aber war ich empört, als ich das jämmerliche Schauspiel sah, das sich nun unter
meinen Augen abrollte!Es waren einige Hundert dieser Volksvertreter anwesend, die eben zu einer
Frage von wichtiger wirtschaftlicher Bedeutung Stellung zu nehmen hatten.
Mir genügte schon dieser erste Tag, um mich zum Denken auf Wochen hindurch anzuregen.
Der geistige Gehalt des Vorgebrachten lag auf einer wahrhaft niederdrückenden "Höhe", soweit man das
Gerede überhaupt verstehen konnte; denn einige der Herren sprachen nicht deutsch, sondern in ihren
slawischen Muttersprachen oder besser Dialekten. Was ich bis dahin nur aus dem Lesen der Zeitungen
wußte, hatte ich nun Gelegenheit, mit meinen eigenen Ohren zu hören. Eine gestikulierende, in allen
Tonarten durcheinander schreiende, wildbewegte Masse, darüber einen harmlosen alten Onkel, der sich
im Schweiße seines Angesichts bemühte, durch heftiges Schwingen einer Glocke und bald begütigende,
bald ermahnende ernste Zurufe die Würde des Hauses wieder in Fluß zu bringen.
Ich mußte lachen.
Einige Wochen später war ich neuerdings in dem Hause. Das Bild war verändert, nicht zum
Wiedererkennen. Der Saal ganz leer. Man schlief da unten. Einige Abgeordnete waren auf ihren Plätzen
und gähnten sich gegenseitig an, einer "redete". Ein Vizepräsident des Hauses war anwesend und sah
ersichtlich gelangweilt in den Saal.
[084 Der Parlamentarismus]
Die ersten Bedenken stiegen mir auf. Nun lief ich, wenn mir die Zeit nur irgendwie die Möglichkeit bot,
immer wieder hin und betrachtete mir still und aufmerksam das jeweilige Bild, hörte die Reden an,
soweit sie zu verstehen waren, studierte die mehr oder minder intelligenten Gesichter dieser
Auserkorenen der Nationen dieses traurigen Staates — und machte mir dann allmählich meine eigenen
Gedanken.
Ein Jahr dieser ruhigen Beobachtung genügte, um meine frühere Ansicht aber das Wesen dieser
Institution aber auch restlos zu ändern oder zu beseitigen. Mein Inneres nahm nicht mehr Stellung gegen
die mißgestaltete Form, die dieser Gedanke in Österreich angenommen hatte; nein, nun konnte ich das
Parlament als solches nicht mehr anerkennen. Bis dahin sah ich das Unglück des österreichischen
Parlaments im Fehlen einer deutschen Majorität, nun aber sah ich das Verhängnis in der ganzen Art und
dem Wesen dieser Einrichtung überhaupt.
Eine ganze Reihe von Fragen stieg mir damals auf.
Ich begann mich mit dem demokratischen Prinzip der Mehrheitsbestimmung, als der Grundlage dieser
ganzen Einrichtung, vertraut zu machen, schenkte aber auch nicht weniger Aufmerksamkeit den
geistigen und moralischen Werten der Herren, die als Auserwählte der Nationen diesem Zwecke dienen
sollten.
So lernte ich Institutionen und Träger derselben zugleich kennen.
Im Verlauf einiger Jahre bildete sich mir dann in Erkenntnis und Einsicht der Typ der würdevollsten
Erscheinung der neueren Zeit in plastischer Deutlichkeit aus: der Parlamentarier. Er begann sich mir
einzuprägen in einer Form, die niemals mehr einer wesentlichen Änderung unterworfen wurde.
Auch dieses Mal hatte mich der Anschauungsunterricht der praktischen Wirklichkeit davor bewahrt, in
einer Theorie zu ersticken, die auf den ersten Blick so vielen verführerisch erscheint, die aber
nichtsdestoweniger zu den Verfallserscheinungen der Menschheit zu rechnen ist.
[085 Der Parlamentarismus]
Die Demokratie des heutigen Westens ist der Vorläufer des Marxismus, der ohne sie gar nicht denkbar
wäre. Sie gibt erst dieser Weltpest den Nährboden, auf dem sich dann die Seuche auszubreiten vermag.
In ihrer äußeren Ausdrucksform, dem Parlamentarismus, schuf sie sich noch eine "Spottgeburt aus
Dreck und Feuer", bei der mir nur leider das "Feuer" im Augenblick ausgebrannt zu sein scheint.
Ich muß dem Schicksal mehr als dankbar sein, daß es mir auch diese Frage noch in Wien zur Prüfung
vorlegte, denn ich fürchte, daß ich mir in Deutschland damals die Antwort zu leicht gemacht haben
würde. Hätte ich die Lächerlichkeit dieser Institution, "Parlament" genannt, zuerst in Berlin
kennengelernt, so würde ich vielleicht in das Gegenteil verfallen sein und mich, nicht ohne scheinbar
guten Grund, auf die Seite derjenigen gestellt haben, die des Volkes und Reiches Heil in der
ausschließlichen Förderung der Macht des Kaisergedankens allein erblickten und so der Zeit und den
Menschen dennoch fremd und blind zugleich gegenüberstanden.
In Österreich war dies unmöglich.
Hier konnte man nicht so leicht von einem Fehler in den anderen verfallen. Wenn das Parlament nichts
taugte, dann taugten die Habsburger noch viel weniger — auf gar keinen Fall mehr. Mit der Ablehnung
des "Parlamentarismus" war es hier allein nicht getan; denn dann blieb immer noch die Frage offen: Was
nun? Die Ablehnung und Beseitigung des Reichsrates würde als einzige Regierungsgewalt ja nur das
Haus Habsburg übriggelassen haben, ein besonders für mich ganz unerträglicher Gedanke.
Die Schwierigkeit dieses besonderen Falles führte mich zu einer gründlicheren Betrachtung des
Problems an sich, als dies sonst wohl in so jungen Jahren eingetreten wäre.
Was nur zuallererst und am allermeisten zu denken gab, war das ersichtliche Fehlen jeder
Verantwortlichkeit einer einzelnen Person.
Das Parlament fast irgendeinen Beschluß, dessen Folgen noch so verheerend sein mögen niemand trägt
dafür eine
[086 Der Mangel an Verantwortung]
Verantwortung, niemand kann je zur Rechenschaft gezogen werden. Denn heißt dies etwa
Verantwortung übernehmen, wenn nach einem Zusammenbruch sondergleichen die schuldige Regierung
zurücktritt? Oder die Koalition sich ändert, ja das Parlament sich auflöst?
Kann denn überhaupt eine schwankende Mehrheit von Menschen jemals verantwortlich gemacht
werden?
Ist denn nicht der Gedanke jeder Verantwortlichkeit an die Person gebunden?
Kann man aber praktisch die leitende Person einer Regierung haftbar machen für Handlungen, deren
Werden und Durchführung ausschließlich auf das Konto des Wollens und der Geneigtheit einer Vielheit
von Menschen zu sehen sind?
Oder: Wird nicht die Aufgabe des leitenden Staatsmannes, statt in der Geburt des schöpferischen
Gedankens oder Planes an sich, vielmehr nur in der Kunst gesehen, die Genialität seiner Entwürfe einer
Hammelherde von Hohlköpfen verständlich zu machen, um dann deren gütige Zustimmung zu
erbetteln?Ist dies das Kriterium des Staatsmannes, daß er die Kunst der Überredung in ebenso hohem
Maße besitze wie die der staatsmännischen Klugheit im Fassen großer Richtlinien oder Entscheidungen?
Ist die Unfähigkeit eines Führers dadurch bewiesen, daß es ihm nicht gelingt, die Mehrheit eines durch
mehr oder minder saubere Zufälle zusammengebeulten Haufens für eine bestimmte Idee zu gewinnen?
Ja, hat denn dieser Haufe überhaupt schon einmal eine Idee begriffen, ehe der Erfolg zum Verkünder
ihrer Größe wurde?
Ist nicht jede geniale Tat auf dieser Welt der sichtbare Protest des Genies gegen die Trägheit der Masse?
Was aber soll der Staatsmann tun, dem es nicht gelingt, die Gunst dieses Haufens für seine Pläne zu
erschmeicheln?
Soll er sie erkaufen?
Oder soll er angesichts der Dummheit seiner Mitbürger auf die Durchführung der als
Lebensnotwendigkeit er-

[087 Die Zerstörung des Führergedankens]
kannten Aufgaben verzichten, sich zurückziehen, oder soll er dennoch bleiben?
Kommt nicht in einem solchen Falle der wirkliche Charakter in einen unlösbaren Konflikt zwischen
Erkenntnis und Anstand oder, besser gesagt, ehrlicher Gesinnung?Wo liegt hier die Grenze, die die
Pflicht der Allgemeinheit gegenüber scheidet von der Verpflichtung der persönlichen Ehre?Muß nicht
jeder wahrhaftige Führer es sich verbitten, auf solche Weise zum politischen Schieber degradiert zu
werden? Und muß nicht umgekehrt jeder Schieber sich nun berufen fühlen, in Politik zu "machen", da
die letzte Verantwortung niemals er, sondern irgend ein unfaßbarer Haufe zu tragen hat?Muß nicht unser
parlamentarisches Mehrheitsprinzip zur Demolierung des Führergedankens überhaupt führen?
Glaubt man aber, daß der Fortschritt dieser Welt etwa aus dem Gehirn von Mehrheiten stammt und nicht
aus den Köpfen einzelner?
Oder vermeint man, vielleicht für die Zukunft dieser Voraussetzung menschlicher Kultur entbehren zu
können? Scheint sie nicht im Gegenteil heute nötiger zu sein als je?
Indem das parlamentarische Prinzip der Majoritätsbestimmung die Autorität der Person ablehnt und an
deren Stelle die Zahl des jeweiligen Haufens setzt, sündigt es wider den aristokratischen Grundgedanken
der Natur, wobei allerdings deren Anschauung vom Adel in keinerlei Weise etwa in der heutigen
Dekadenz unserer oberen Zehntausend verkörpert zu sein braucht.
Welche Verwüstungen diese Einrichtung moderner demokratischer Parlamentsherrschaft anrichtet, kann
sich freilich der Leser jüdischer Zeitungen schwer vorstellen, sofern er nicht selbständig denken und
prüfen gelernt hat. Sie ist in erster Linie der Anlaß für die unglaubliche Überschwemmung des gesamten
politischen Lebens mit den minderwertigsten Erscheinungen unserer Tage. So sehr sich der
[088 Die Ausschaltung von Köpfen]
wahrhaftige Führer von einer politischen Betätigung zurückziehen wird, die zu ihrem größten Teile nicht
in schöpferischer Leistung und Arbeit bestehen kann, als vielmehr im Feilschen und Handeln um die
Gunst einer Mehrheit, so sehr wird gerade diese Tätigkeit dem kleinen Geist entsprechen und diesen
mithin auch anziehen.
Je zwergenhafter ein solcher Lederhändler heute an Geist und Können ist, je klarer ihm die eigene
Einsicht die Jämmerlichkeit seiner tatsächlichen Erscheinung zum Bewußtsein bringt, um so mehr wird
er ein System preisen, das von ihm gar nicht die Kraft und Genialität eines Riesen verlangt, sondern
vielmehr mit der Pfiffigkeit eines Dorfschulzen vorlieb nimmt, ja, eine solche Art von Weisheit lieber
sieht als die eines Perikles. Dabei braucht solch ein Tropf sich nie mit der Verantwortung seines
Wirkens abzuquälen. Er ist dieser Sorge schon deshalb gründlich enthoben, da er ja genau weiß, daß,
ganz gleich, wie immer auch das Ergebnis seiner "staatsmännischen" Murkserei sein wird, sein Ende ja
doch schon längst in den Sternen verzeichnet steht: er wird eines Tages einem anderen, ebenso großen
Geist den Platz zu räumen haben. Denn dies ist mit ein Kennzeichen eines solchen Verfalls, daß die
Menge großer Staatsmänner in eben dem Maße zunimmt, in dem der Maßstab des einzelnen
zusammenschrumpft. Er wird aber mit zunehmender Abhängigkeit von parlamentarischen Mehrheiten
immer kleiner werden müssen, da sowohl die großen Geister es ablehnen werden, die Büttel blöder
Nichtskönner und Schwätzer zu sein, wie umgekehrt die Repräsentanten der Majorität, das ist also der
Dummheit, nichts inständiger hassen als den überlegenen Kopf.
Es ist immer ein tröstliches Gefühl für solch eine Ratsversammlung Schildaer Stadtverordneter, einen
Führer an der Spitze zu wissen, dessen Weisheit dem Niveau der Anwesenden entspricht: hat doch so
jeder die Freude, von Zeit zu Zeit auch seinen Geist dazwischen blitzen lassen zu können und vor allem
aber, wenn Hinze Meister sein kann, warum dann nicht auch einmal Peter?
[089 Die Ausschaltung von Köpfen]
Am innigsten entspricht diese Erfindung der Demokratie aber einer Eigenschaft, die in letzter Zeit zu
einer wahren Schande ausgewachsen ist, nämlich der Feigheit eines großen Teils unseres sogenannten
"Führertums". Welch ein Glück, sich in allen wirklichen Entscheidungen von einiger Bedeutung hinter
den Rockschößen einer sogenannten Majorität verstecken zu können! Man sehe sich nur solch einen
politischen Strauchdieb einmal an, wie er besorgt zu jeder Verrichtung sich die Zustimmung der
Mehrheit erbettelt, um sich so die notwendigen Spießgesellen zu sichern und damit jederzeit die
Verantwortung abladen zu können. Dies aber ist mit der Hauptgrund, warum eine solche Art von
politischer Betätigung einem innerlich anständigen und damit aber auch mutigen Mann widerlich und
verhaßt ist, wahrend es alle elenden Charaktere und wer nicht für seine Handlung persönlich auch die
Verantwortung übernehmen will, sondern nach Deckung sucht, ist ein feiger Lump — anzieht. Sowie
aber erst einmal die Leiter einer Nation aus solchen Jämmerlingen bestehen, dann wird sich dies schon
in kurzer Zeit böse rächen. Man wird dann zu keiner entschlossenen Handlung mehr den Mut
aufbringen, wird jede, auch noch so schmähliche Entehrung lieber hinnehmen, als sich zu einem
Entschlusse aufzuraffen; ist doch niemand mehr da, der von sich aus bereit ist, seine Person und seinen
Kopf für die Durchführung einer rücksichtslosen Entscheidung einzusetzen.
Denn eines soll und darf man nie vergessen: Die Majorität kann auch hier den Mann niemals ersetzen.
Sie ist nicht nur immer eine Vertreterin der Dummheit, sondern auch der Feigheit. Und so wenig hundert
Hohlköpfe einen Weisen ergeben, so wenig kommt ans hundert Feiglingen ein heldenhafter Entschluß.
Je leichter aber die Verantwortung des einzelnen Führers ist, um so mehr wird die Zahl derjenigen
wachsen, die selbst bei jämmerlichsten Ausmaßen sich berufen fühlen werden, ebenfalls der Nation ihre
unsterblichen Kräfte zur Verfügung zu stellen. ja, sie werden es gar nicht mehr er-
[090 Die Ausschaltung von Köpfen]
warten können, endlich einmal auch an die Reihe zu kommen; sie stehen an in einer langen Kolonne und
zählen mit schmerzlichem Bedauern die Zahl der vor ihnen Wartenden und rechnen die Stunde fast aus,
die menschlichem Ermessen nach sie zum Zuge bringen wird. Daher ersehnen sie jeden Wechsel in dem
ihnen vorschwebenden Amte und sind dankbar für jeden Skandal, der die Reihe vor ihnen lichtet. Will
jedoch einmal einer nicht von der eingenommenen Stelle wieder weichen, so empfinden sie dies fast als
Bruch eines heiligen Abkommens gemeinsamer Solidarität. Dann werden sie bösartig und ruhen nicht
eher, als bis der Unverschämte, endlich gestürzt, seinen warmen Platz der Allgemeinheit wieder zur
Verfügung stellt. Er wird dafür nicht so schnell wieder an diese Stelle gelangen. Denn sowie eine dieser
Kreaturen ihren Posten aufzugeben gezwungen ist, wird sie sich sofort wieder in die allgemeine Reihe
der Wartenden einzuschieben versuchen, sofern nicht das dann anhebende Geschrei und Geschimpfe der
anderen sie davon abhält.
Die Folge von dem allem ist der erschreckend schnelle Wechsel in den wichtigsten Stellen und Ämtern
eines solchen Staatswesens, ein Ergebnis, das in jedem Falle ungünstig manchmal aber geradezu
katastrophal wirkt. Denn nun wird ja nicht nur der Dummkopf und Unfähige dieser Sitte zum Opfer
fallen, sondern noch mehr der wirkliche Führer, wenn das Schicksal einen solchen an diese Stelle Zu
setzen überhaupt noch fertigbringt. Sowie man nur einmal dieses erkannt hat, wird sich sofort eine
geschlossene Front zur Abwehr bilden, besonders wenn ein solcher Kopf, ohne aus den eigenen Reihen
zu stammen, dennoch sich untersteht, in diese erhabene Gesellschaft einzudringen. Man will da
grundsatzlich nur unter sich sein und haßt als gemeinsamen Feind jeden Schädel, der unter den Nullen
etwa einen Einser ergeben könnte. Und in dieser Richtung ist der Instinkt um so schärfer, je mehr er
auch in allen anderen fehlen mag.
So wird die Folge eine immer mehr um sich greifende geistige Verarmung der führenden Schichten sein.
Was da[
091 Die Ausschaltung von Köpfen]
bei für die Nation und den Staat herauskommt, kann jeder selbst ermessen, soweit er nicht persönlich zu
dieser Sorte von "Führern" gehört.
Das alte Österreich besaß das parlamentarische Regiment bereits in Reinkultur.
Wohl wurden die jeweiligen Ministerpräsidenten vom Kaiser und König ernannt, allein schon diese
Ernennung war nichts anderes als die Vollstreckung parlamentarischen Wollens. Das Feilschen und
Handeln aber um die einzelnen Ministerposten war schon westliche Demokratie von reinstem Wasser.
Die Ergebnisse entsprachen auch den angewandten Grundsätzen. Besonders der Wechsel der einzelnen
Persönlichkeiten trat schon in immer kürzeren Fristen ein, um endlich zu einem wahrhaften Jagen zu
werden. In demselben Maße sank die Größe der jeweiligen "Staatsmänner" immer mehr zusammen, bis
endlich überhaupt nur jener kleine Typ von parlamentarischen Schiebern übrigblieb, deren
staatsmännischer Wert nur mehr nach ihrer Fähigkeit gemessen und anerkannt wurde, mit der es ihnen
gelang, die jeweiligen Koalitionen zusammenzukleistern, also jene kleinsten politischen
Handelsgeschäfte durchzuführen, die ja allein die Eignung dieser Volksvertreter für praktische Arbeit zu
begründen vermögen.
So konnte einem die Wiener Schule auf diesem Gebiete die besten Einblicke vermitteln.
Was mich nicht weniger anzog, war der Vergleich zwischen dem vorhandenen Können und Wissen
dieser Volksvertreter und den Aufgaben, die ihrer harrten. Freilich mußte man sich dann aber, man
mochte wollen oder nicht, mit dem geistigen Horizont dieser Auserwählten der Völker selber näher
beschäftigen, wobei es sich dann gar nicht mehr umgehen ließ, auch den Vorgängen, die zur Entdeckung
dieser Prachterscheinungen unseres öffentlichen Leben führen, die nötige Beachtung zu schenken.
Auch die Art und Weise, in der das wirkliche Können dieser Herren in den Dienst des Vaterlandes
gestellt und angewendet wurde, also der technische Vorgang ihrer Be-
[092 Die "Öffentliche Meinung"]
tätigung war wert, gründlich untersucht und geprüft zu werden.
Das gesamte Bild des parlamentarischen Lebens ward dann um so jämmerlicher, je mehr man sich
entschloß, in diese inneren Verhältnisse einzudringen, Personen und sachliche Grundlagen mit
rücksichtslos scharfer Objektivität zu studieren. Ja, dies ist sehr angezeigt einer Institution gegenüber,
die sich veranlaßt sieht, durch ihre Träger in jedem zweiten Satz auf "Objektivität" als die einzige
gerechte Grundlage zu jeglicher Prüfung und Stellungnahme überhaupt hinzuweisen. Man prüfe diese
Herren selber und die Gesetze ihres bitteren Daseins, und man wird aber das Ergebnis nur staunen.
Es gibt gar kein Prinzip, das, objektiv betrachtet, so unrichtig ist wie das parlamentarische.
Man darf dabei noch ganz absehen von der Art, in der die Wahl der Herren Volksvertreter stattfindet,
wie sie überhaupt zu ihrem Amte und zu ihrer neuen Würde gelangen. Daß es sich hierbei nur zu einem
wahrhaft winzigen Bruchteil um die Erfüllung eines allgemeinen Wunsches oder gar eines Bedürfnisses
handelt, wird jedem sofort einleuchten, der sich klarmacht, daß das politische Verständnis der breiten
Masse gar nicht so entwickelt ist, um von sich aus zu bestimmten allgemein politischen Anschauungen
zu gelangen und die dafür in Frage kommenden Personen auszusuchen.
Was wir immer mit dem Worte "öffentliche Meinung" bezeichnen, beruht nur zu einem kleinsten Teile
auf selbstgewonnenen Erfahrungen oder gar Erkenntnissen der einzelnen, zum größten Teil dagegen auf
der Vorstellung, die durch eine oft ganz unendlich eindringliche und beharrliche Art von sogenannter
"Aufklärung" hervorgerufen wird.
So wie die konfessionelle Einstellung das Ergebnis der Erziehung ist und nur das religiöse Bedürfnis an
sich im Innern des Menschen schlummert, so stellt auch die politische Meinung der Masse nur das
Endresultat einer manchmal ganz unglaublich zähen und gründlichen Bearbeitung von Seele und
Verstand dar.
[093 Die "Öffentliche Meinung"]
Der weitaus gewaltigste Anteil an, der politischen "Erziehung", die man in diesem Falle mit dem Wort
Propaganda sehr treffend bezeichnet, fällt auf das Konto der Presse. Sie besorgt in erster Linie diese
"Aufklärungsarbeit" und stellt damit eine Art von Schule für die Erwachsenen dar. Nun liegt dieser
Unterricht nicht in der Hand des Staates, sondern in den Klauen von zum Teil höchst minderwertigen
Kräften. Ich hatte gerade in Wien schon als junger Mensch die allerbeste Gelegenheit, Inhaber und
geistige Fabrikanten dieser Massenerziehungsmaschine richtig kennenzulernen. Ich mußte im Anfang
staunen, in wie kurzer Zeit es dieser schlimmen Großmacht im Staate möglich wurde, eine bestimmte
Meinung zu erzeugen, auch wenn es sich dabei um die vollständige Umfälschung sicher vorhandener
innerer Wünsche und Anschauungen der Allgemeinheit handeln mochte. In wenigen Tagen war da aus
einer lächerlichen Sache eine bedeutungsvolle Staatsaktion gemacht, während umgekehrt zu gleicher
Zeit lebenswichtige Probleme dem allgemeinen Vergessen anheimfielen, besser aber einfach aus dem
Gedächtnis und der Erinnerung der Masse gestohlen wurden.
So gelang es, im Verlaufe weniger Wochen Namen aus dem Nichts hervorzuzaubern, unglaubliche
Hoffnungen der breiten Öffentlichkeit an sie zu knüpfen, ja ihnen Popularität zu verschaffen, die dem
wirklich bedeutenden Manne oft in seinem ganzen Leben nicht zuteil zu werden vermag; Namen, die
dabei noch vor einem Monat überhaupt kein Mensch aber auch nur dem Hören nach kannte, wahrend in
der gleichen Zeit alte, bewährte Erscheinungen des staatlichen oder sonstigen öffentlichen Lebens bei
bester Gesundheit einfach für die Mitwelt abstarben oder mit solch elenden Schmähungen überhäuft
wurden, daß ihr Name in kurzem drohte, zum Symbol einer ganz bestimmten Niedertracht oder
Schurkerei zu werden. Man muß diese infame jüdische Art, ehrlichen Menschen mit einem Male und
wie auf Zauberspruch zugleich von hundert und aller hundert Stellen aus die Schmutzkübel niedrigster
Verleumdungen und Ehrabschneidungen aber das saubere Kleid
[094 Die "Öffentliche Meinung"]
zu gießen, studieren, um die ganze Gefahr dieser Presselumpen richtig würdigen zu können.
Es gibt dann nichts, das solch einem geistigen Raubritter nicht passend wäre, um zu seinen sauberen
Zielen zu kommen.
Er wird dann bis in die geheimsten Familienangelegenheiten hineinschnüffeln und nicht eher ruhen, als
bis sein Trüffelsuchinstinkt irgendeinen armseligen Vorfall aufstöbert, der dann bestimmt ist, dem
unglücklichen Opfer den Garaus zu machen. Findet sich aber weder im öffentlichen noch im privaten
Leben selbst bei gründlichstem Abriechen rein gar nichts, dann greift so ein Bursche einfach zur
Verleumdung in der festen Überzeugung, daß nicht nur an und für sich auch bei tausendfältigem
Widerrufe doch immer etwas hängen bleibt, sondern daß infolge der hundertfachen Wiederholung, die
die Ehrabschneidung durch alle seine sonstigen Spießgesellen sofort findet, ein Kampf des Opfers
dagegen in den meisten Fällen gar nicht möglich ist; wobei aber dieses Lumpenpack niemals etwa aus
Motiven, wie sie vielleicht bei der anderen Menschheit glaubhaft oder wenigstens verständlich waren,
etwas unternimmt. Gott bewahre! Indem so ein Strolch die liebe Mitwelt in der schurkenhaftesten Weise
angreift, hüllt sich dieser Tintenfisch in eine wahre Wolke von Biederkeit und salbungsvollen Phrasen,
schwatzt von "journalistischer Pflicht" und ähnlichem verlogenem Zeug, ja versteigt sich sogar noch
dazu, bei Tagungen und Kongressen, also Anlässen, die diese Plage in größerer Zahl beisammensehen,
von einer ganz besonderen, nämlich der journalistischen "Ehre" zu salbadern, die sich das versammelte
Gesindel dann gravitätisch gegenseitig bestätigt.
Dieses Pack aber fabriziert zu mehr als zwei Dritteln die sogenannte "öffentliche Meinung", deren
Schaum dann die parlamentarische Aphrodite entsteigt.
Um dieses Verfahren richtig zu schildern und in seiner ganzen verlogenen Unwahrhaftigheit
darzustellen, müßte man Bände schreiben. Allein, auch wenn man von dem ganz absieht und nur das
gegebene Produkt samt seiner
[095 Das Mehrheitsprinzip]
Tätigkeit betrachtet, so scheint mir dies genügend, um den objektiven Irrsinn dieser Einrichtung auch für
das strenggläubige Gemüt aufdämmern zu lassen.
Man wird diese ebenso unsinnige wie gefährliche menschliche Verwirrung am ehesten und auch am
leichtesten verstehen, sobald man den demokratischen Parlamentarismus in Vergleich bringt mit einer
wahrhaften germanischen Demokratie.
Das Bemerkenswerte des ersteren liegt darin, daß eine Zahl von sagen wir fünfhundert Männern oder in
letzter Zeit auch Frauen gewählt wird, denen nun in allem und jedem die endgültige Entscheidung zu
treffen obliegt. Sie sind so praktisch allein die Regierung; denn wenn auch von ihnen ein Kabinett
gewählt wird, das nach außen hin die Leitung der Staatsgeschäfte vornimmt, so ist dies trotzdem nur
zum Scheine da. In Wirklichkeit kann diese sogenannte Regierung nicht einen Schritt tun, ohne sich
nicht vorher erst die Genehmigung von der allgemeinen Versammlung geholt zu haben. Sie ist aber
damit auch für gar nichts verantwortlich zu machen, da die letzte Entscheidung ja niemals bei ihr liegt,
sondern bei der Majorität des Parlaments. Sie ist in jedem Falle nur die Vollstreckerin des jeweiligen
Mehrheitswillens. Man könnte ihre politische Fähigkeit eigentlich nur beurteilen nach der Kunst, mit der
sie es versteht, sich entweder dem Willen der Mehrheit anzupassen oder die Mehrheit zu sich
herüberzuziehen. Sie sinkt damit aber von der Höhe einer tatsächlichen Regierung herunter zu einer
Bettlerin gegenüber der jeweiligen Majorität. Ja, ihre vordringlichste Aufgabe hat nun überhaupt nur
mehr darin zu bestehen, von Fall zu Fall sich entweder die Gunst der bestehenden Mehrheit zu sichern
oder die Bildung einer besser geneigten neuen zu übernehmen. Gelingt dies, dann darf sie wieder eine
kleine Zeit weiter "regieren", gelingt es nicht, dann kann sie gehen. Die Richtigkeit ihrer Absichten an
und für sich spielt dabei gar keine Rolle.
Damit aber wird jede Verantwortlichkeit praktisch ausgeschaltet.
[096 Das Mehrheitsprinzip]
Zu welchen Folgen dies führt, geht schon aus einer ganz einfachen Betrachtung hervor:Die innere
Zusammensetzung der fünfhundert gewählten Volksvertreter nach Beruf oder gar nach den Fähigkeiten
der einzelnen ergibt ein ebenso zerrissenes wie meist auch noch kümmerliches Bild. Denn man wird
doch nicht etwa glauben, daß diese Auserwählten der Nation auch ebenso Auserwählte des Geistes oder
auch nur des Verstandes sind! Man wird hoffentlich nicht meinen, daß aus den Stimmzetteln einer alles
eher als geistreichen Wählerschaft die Staatsmänner gleich zu hunderten herauswachsen. Überhaupt
kann man dem Unsinn gar nicht scharf genug entgegentreten, daß aus allgemeinen Wahlen Genies
geboren werden. Zum ersten gibt es in einer Nation nur alle heiligen Zeiten einmal einen wirklichen
Staatsmann und nicht gleich an die hundert und mehr auf einmal; und zum zweiten ist die Abneigung
der Masse gegen jedes überragende Genie eine geradezu instinktive. Eher geht auch ein Kamel durch ein
Nadelöhr, ehe ein großer Mensch durch eine Wahl "entdeckt" wird.
Was wirklich aber das Normalmaß des breiten Durchschnitts hinausragt, pflegt sich in der
Weltgeschichte meistens persönlich anzumelden.
So aber stimmen fünfhundert Menschen von mehr als bescheidenen Ausmaßen über die wichtigsten
Belange der Nation ab, setzen Regierungen ein, die sich dann selber wieder in jedem einzelnen Falle und
jeder besonderen Frage die Zustimmung der erlauchten Ratsversammlung zu holen haben, mithin wird
also, tatsächlich die Politik von fünfhundert gemacht.
Und danach sieht sie auch meistens aus.
Aber selbst die Genialität dieser Volksvertreter ganz aus dem Spiele gelassen, bedenke man doch, welch
verschiedener Art die Probleme sind, die einer Erledigung harren, auf welch auseinanderliegenden
Gebieten Lösungen und Entscheidungen getroffen werden müssen, und man wird wohl begreifen, wie
untauglich hierzu eine Regierungseinrichtung sein muß, die das letzte Bestimmungsrecht einer
[097 Das Mehrheitsprinzip]
Massenversammlung von Menschen überträgt, von der immer nur ein ganz winziger Bruchteil
Kenntnisse und Erfahrung in der zur Behandlung stehenden Angelegenheit besitzt. Die wichtigsten
wirtschaftlichen Maßnahmen werden so einem Forum unterbreitet, das nur zu einem Zehntel seiner
Mitglieder wirtschaftliche Vorbildung aufzuweisen hat. Das heißt aber doch nichts anderes, als die letzte
Entscheidung in einer Sache in die Hände von Männern legen, denen jegliche Voraussetzung hierzu
vollkommen fehlt.
So ist es aber mit jeder anderen Frage auch. Immer wird durch eine Mehrheit von Nichtswissern und
Nichtskönnern der Ausschlag gegeben werden, da ja die Zusammensetzung dieser Einrichtung
unverändert bleibt, während sich die zur Behandlung stehenden Probleme auf fast alle Gebiete des
öffentlichen Lebens erstrecken, mithin einen dauernden Wechsel der über sie urteilenden und
bestimmenden Abgeordneten voraussetzen werden. Es ist doch unmöglich, über
Verkehrsangelegenheiten dieselben Menschen verfügen zu lassen wie, sagen wir, über eine Frage hoher
Außenpolitik. Es müßten dies anders denn lauter Universalgenies sein, wie sie in Jahrhunderten kaum
einmal in wirkliche Erscheinung treten. Leider handelt es sich hier aber zumeist überhaupt um keine
"Köpfe", sondern um ebenso beschrankte wie eingebildete und aufgeblasene Dilettanten, geistige
Halbwelt übelster Sorte. Daher kommt auch die so oft unverständliche Leichtsinnigkeit, mit der diese
Herrschaften über Dinge reden und beschließen, die selbst den größten Geistern sorgenvolle Überlegung
bereiten würden. Maßnahmen von der schwersten Bedeutung für die Zukunft eines ganzen Staates, ja
einer Nation werden da getroffen, als ob eine ihnen sicher besser zustehende Partie Schafkopf oder
Tarock auf dem Tisch läge und nicht das Schicksal einer Rasse.
Nun wäre es sicher ungerecht, zu glauben, daß jeder der Abgeordneten eines solchen Parlaments von
sich aus schon immer mit so geringen Gefühlen für Verantwortung behaftet gewesen sei.
[098 Das Verderben des Charakters]
Nein, durchaus nicht.
Aber indem dieses System den einzelnen zwingt, zu solchen ihm gar nicht liegenden Fragen Stellung zu
nehmen, verdirbt es allmählich den Charakter. Keiner wird den Mut aufzubringen vermögen, zu
erklären: "Meine Herren, ich glaube, wir verstehen von dieser Angelegenheit nichts. Ich persönlich
wenigstens auf keinen Fall." (Im übrigen würde dies auch nur wenig ändern, denn sicher bliebe diese
Art von Aufrichtigkeit nicht nur gänzlich unverstanden, sondern man ließe sich auch wohl kaum durch
solch einen ehrlichen Esel das allgemeine Spiel verderben.) Wer die Menschen nun aber kennt, wird
begreifen, daß in einer so illustren Gesellschaft nicht gerne einer der Dümmste sein möchte, und in
gewissen Kreisen ist Ehrlichkeit immer gleichbedeutend mit Dummheit.
So wird auch der zunächst noch ehrenhafte Vertreter zwangsläufig in diese Bahn der allgemeinen
Verlogenheit und Betrügerei geworfen. Gerade die Überzeugung, daß das Nichtmittun eines einzelnen
an der Sache an und für sich gar nichts ändern würde, tötet jede ehrliche Regung, die dem einen oder
anderen etwa noch aufsteigen mag. Er wird sich zum Schlusse noch einreden, daß er persönlich noch
lange nicht der Schlechteste unter den anderen sei und durch sein Mittun nur vielleicht Ärgeres verhüte.
Greilich wird man den Einwand bringen, daß allerdings der einzelne Abgeordnete in dieser oder jener
Sache kein besonderes Verständnis besitze, über seine Stellungnahme ja von der Fraktion als Leiterin
der Politik des betreffenden Herrn doch beraten werde; diese habe ihre besonderen Ausschüsse, die von
Sachverständigen ohnehin mehr als genügend erleuchtet würden.
Dies scheint auf den ersten Blick zu stimmen. Aber die Frage wäre doch dann die: Warum wählt man
fünfhundert, wenn doch nur einige die nötige Weisheit zur Stellungnahme in den wichtigsten Belangen
besitzen?Ja, darin liegt eben des Pudels Kern.
Es ist nicht das Ziel unseres heutigen demokratischen Parlamentarismus, etwa eine Versammlung von
Weisen
[099 Die jüdische Demokratie]
zu bilden, als vielmehr eine Schar geistig abhängiger Nullen zusammenzustellen, deren Leitung nach
bestimmten Richtlinien um so leichter wird, je größer die persönliche Beschränktheit des einzelnen ist.
Nur so kann Parteipolitik im heutigen üblen Sinne gemacht werden. Nur so aber ist es auch möglich, daß
der eigentliche Drahtzieher immer vorsichtig im Hintergrund zu bleiben vermag, ohne jemals persönlich
zur Verantwortung gezogen werden zu können. Denn nun wird jede der Nation auch noch so schädliche
Entscheidung ja nicht auf das Konto eines aller sichtbaren Lumpen kommen, sondern auf die Schultern
einer ganzen Fraktion abgeladen werden.
Damit aber fallt jede praktische Verantwortung weg, denn diese kann nur in der Verpflichtung einer
einzelnen Person liegen und nicht in der einer parlamentarischen Schwätzervereinigung.
Diese Einrichtung kann nur den allerverlogensten und zugleich besonders das Tageslicht scheuenden
Schliefern lieb und wert sein, während sie jedem ehrlichen, geradlinigen, zur persönlichen
Verantwortung bereiten Kerl verhaßt sein muß.
Daher ist diese Art von Demokratie auch das Instrument derjenigen Rasse geworden, die ihren inneren
Zielen nach die Sonne zu scheuen hat, jetzt und in allen Zeiten der Zukunft. Nur der Jude kann eine
Einrichtung preisen, die schmutzig und unwahr ist wie er selber.
×
Dem steht gegenüber die wahrhaftige germanische Demokratie der freien Wahl des Führers mit dessen
Verpflichtung zur vollen Übernahme aller Verantwortung für sein Tun und Lassen. In ihr gibt es keine
Abstimmung einer Majorität zu einzelnen Fragen, sondern nur die Bestimmung eines einzigen, der dann
mit Vermögen und Leben für seine Entscheidung einzutreten hat.
Wenn man mit dem Einwand kommen wird, daß unter solchen Voraussetzungen sich schwerlich jemand
bereitfinden
[100 Die germanische Demokratie]
dürfte, seine Person einer so riskanten Aufgabe zu widmen, so muß darauf nur eines geantwortet
werden:Gott sei gedankt, darin liegt ja eben der Sinn einer germanischen Demokratie, daß nicht der
nächstbeste unwürdige Streber und moralische Drückeberger auf Umwegen zur Regierung seiner
Volksgenossen kommt, sondern daß schon durch die Größe der zu übernehmenden Verantwortung
Nichtskönner und Schwächlinge zurückgeschreckt werden.
Sollte sich aber dennoch einmal ein solcher Bursche einzustehlen versuchen, dann kann man ihn leichter
finden und rücksichtslos anfahren: Hinweg, feiger Lump! Ziehe den Fuß zurück, du beschmutzest die
Stufen; denn der Vorderaufstieg in das Pantheon der Geschichte ist nicht für Schleicher da, sondern für
Helden!
×
"
Zu dieser Anschauung hatte ich mich nach zweijährigem Besuch des Wiener Parlaments durchgerungen.
Ich ging dann nicht mehr weiter hinein.
Das parlamentarische Regiment hatte mit ein Hauptverdienst an der in den letzten Jahren immer mehr
zunehmenden Schwäche des alten habsburgischen Staates. Je mehr durch sein Wirken die Vorherrschaft
des Deutschtums gebrochen wurde, um so mehr verfiel man nun einem System der Ausspielung der
Nationalitäten untereinander. Im Reichsrat selber ging dies immer auf Kosten der Deutschen und damit
allerdings in erster Linie auf Kosten des Reiches; denn um die Jahrhundertwende schon mußte auch dem
Allereinfältigsten einleuchten, daß die Anziehungskraft der Monarchie die Loslösungsbestrebungen der
Länder nicht mehr zu bannen vermochte.
Im Gegenteil.
Je armseliger die Mittel wurden, die der Staat zu seiner Erhaltung aufzuwenden hatte, um so mehr stieg
die allgemeine Verachtung für ihn. Nicht nur in Ungarn, sondern auch in den einzelnen slawischen
Provinzen fühlte man sich mit der gemeinsamen Monarchie so wenig mehr identisch, daß ihre Schwäche
keineswegs als eigene Schande emp-
[101 Die zusammenbrechende Doppelmonarchie]
funden wurde. Man freute sich eher noch über solche Anzeichen des eintretenden Alters; hoffte man
doch mehr auf ihren Tod als auf ihre Gesundung.
Im Parlament wurde der vollkommene Zusammenbruch noch verhindert durch ein würdeloses
Nachgeben und Erfüllen aber auch jeder Erpressung, die dann der Deutsche zu bezahlen hatte; im Lande
durch ein möglichst geschicktes Ausspielen der einzelnen Völker gegeneinander. Allein die allgemeine
Linie der Entwicklung war dennoch gegen die Deutschen gerichtet. Besonders seit die Thronfolgerschaft
dem Erzherzog Franz Ferdinand einen gewissen Einfluß einzuräumen begann, kam in die von oben
herunter betriebene Tschechisierung Plan und Ordnung. Mit allen nur möglichen Mitteln versuchte
dieser zukünftige Herrscher der Doppelmonarchie der Entdeutschung Vorschub zu leisten oder sie selber
zu fördern, mindestens aber zu decken. Rein deutsche Orte wurden so über den Umweg der staatlichen
Beamtenschaft langsam, aber unbeirrt sicher in die gemischtsprachliche Gefahrenzone hineingeschoben.
Selbst in Niederösterreich begann dieser Prozeß immer schnellere Fortschritte zu machen, und Wien galt
vielen Tschechen schon als ihre größte Stadt.
Der leitende Gedanke dieses neuen Habsburgers, dessen Familie nur mehr Tschechisch sprach (die
Gemahlin des Erzherzogs war als ehemalige tschechische Gräfin dem Prinzen morganatisch angetraut;
sie stammte aus Kreisen, deren deutschfeindliche Stellung Tradition bildete), war, in Mitteleuropa
allmählich einen slawischen Staat aufzurichten, der zum Schutze gegen das orthodoxe Rußland auf
streng katholische Grundlage gestellt werden sollte. Damit wurde, wie schon öfters bei den
Habsburgern, die Religion wieder einmal in den Dienst eines rein politischen Gedankens, noch dazu
eines — wenigstens von deutschen Gesichtspunkten aus betrachtet — unseligen Gedankens, gestellt.
Das Ergebnis war ein mehr als trauriges in vielfacher Hinsicht.
Weder das Haus Habsburg noch die katholische Kirche bekamen den erwarteten Lohn.
[102 Habsburg und Deutschtum]
Habsburg verlor den Thron, Rom einen großen Staat. Denn indem die Krone auch religiöse Momente in
den Dienst ihrer politischen Erwägungen stellte, rief sie einen Geist wach, den sie selber zunächst
freilich nicht für möglich gehalten hatte.
Aus dem Versuch, mit allen Mitteln das Deutschtum in der alten Monarchie auszurotten, erwuchs als
Antwort die alldeutsche Bewegung in Österreich.
Mit den achtziger Jahren hatte der manchesterliche Liberalismus jüdischer Grundeinstellung auch in der
Monarchie den Höhepunkt erreicht, wenn nicht schon überschritten. Die Reaktion dagegen kam jedoch,
wie bei allem im alten Österreich, nicht aus in erster Linie sozialen Gesichtspunkten heraus, sondern aus
nationalen. Der Selbsterhaltungstrieb zwang das Deutschtum, in schärfster Form sich zur Wehr zu
setzen. Erst in zweiter Linie begannen langsam auch wirtschaftliche Erwägungen maßgebenden Einfluß
zu gewinnen. So schälten sich zwei Parteigebilde aus dem allgemeinen politischen Durcheinander
heraus, das eine mehr national, das andere mehr sozial eingestellt, beide aber hochinteressant und
lehrreich für die Zukunft.
Nach dem niederdrückenden Ende des Krieges 1866 trug das Haus Habsburg sich mit dem Gedanken
einer Wiedervergeltung auf dem Schlachtfelde. Nur der Tod des Kaisers Max von Mexiko, dessen
unglückliche Expedition man in erster Linie Napoleon III. zuschrieb, und dessen Fallenlassen durch den
Franzosen allgemeine Empörung wachrief, verhinderte ein engeres Zusammengehen mit Frankreich.
Dennoch lag Habsburg damals auf der Lauer. Wäre der Krieg von 1870/71 nicht zu einem so
einzigartigen Siegeszug geworden, so hätte der Wiener Hof wohl doch noch das blutige Spiel um die
Rache für Sadowa gewagt. Als aber die ersten Heldenmären von den Schlachtfeldern eintrafen,
wundersam und kaum zu glauben, aber dennoch wahr, da erkannte der "weiseste" aller Monarchen die
unpassende Stunde und machte eine möglichst gute Miene zum bösen Spiel.
Der Heldenkampf dieser beiden Jahre hatte aber noch ein

[103 Rebellion der Deutschösterreicher]
viel gewaltigeres Wunder vollbracht; denn bei den Habsburgern entsprach die veränderte Stellungnahme
niemals dem Drang des inneren Herzens, sondern dem Zwang der Verhältnisse. Das deutsche Volk in
der alten Ostmark aber wurde von dem Siegesrausche des Reiches mitgerissen und sah mit tiefer
Ergriffenheit das Wiederaufstehen des Traumes der Väter zur herrlichsten Wirklichkeit.
Denn man täusche sich nicht: der wahrhaft deutschgesinnte Österreicher hatte auch in Königgrätz von
diesen Stunden an nur mehr die ebenso tragische wie aber auch notwendige Voraussetzung erkannt zur
Wiederaufrichtung eines Reiches, das nicht mehr mit dem fauligen Marasmus des alten Bundes behaftet
sein sollte und es auch nicht mehr war. Er lernte vor allem auch am gründlichsten am eigenen Leibe zu
fühlen, daß das Haus Habsburg seine geschichtliche Sendung endlich beendet hatte und das neue Reich
nur mehr den zum Kaiser küren dürfe, der in seiner heldischen Gesinnung der "Krone des Rheines" ein
würdiges Haupt zu bieten habe. Wieviel mehr noch aber war das Schicksal zu preisen, da es diese
Belehnung an dem Sprossen eines Hauses vollzog, das in Friedrich dem Großen schon einmal der
Nation in verschwommener Zeit ein leuchtendes Sinnbild zur Erhebung für immer geschenkt hatte.
Als aber nach dem großen Kriege das Haus Habsburg mit der letzten Entschlossenheit daranging, das
gefährliche Deutschtum der Doppelmonarchie (dessen innere Gesinnung nicht zweifelhaft sein konnte)
langsam, aber unerbittlich auszurotten — denn dies mußte das Ende der Slawisierungspolitik sein —, da
brannte der Widerstand des zum Ende bestimmten Volkes empor in einer Art, wie die deutsche
Geschichte der neueren Zeit dies noch nicht kannte.
Zum ersten Male wurden national und patriotisch gesinnte Männer Rebellen.
Rebellen nicht gegen die Nation, auch nicht gegen den Staat an sich, sondern Rebellen gegen eine Art
der Regierung, die ihrer Überzeugung nach zum Untergang des eigenen Volkstums führen mußte.
Zum ersten Male in der neueren deutschen Geschichte
[104 Staatsautorität nicht Selbstzweck]
schied sich der landläufige dynastische Patriotismus von nationaler Vaterlands- und Volksliebe.
Es ist das Verdienst der alldeutschen Bewegung Deutschösterreichs der neunziger Jahre gewesen, in
klarer und eindeutiger Weise festgestellt zu haben, das eine Staatsautorität nur dann das Recht hat,
Achtung und Schutz zu verlangen, wenn sie den Belangen eines Volkstums entspricht, mindestens ihm
nicht Schaden zufügt.
Staatsautorität als Selbstzweck kann es nicht geben, da in diesem Falle jede Tyrannei auf dieser Welt
unangreifbar und geheiligt wäre.
Wenn durch die Hilfsmittel der Regierungsgewalt ein Volkstum dem Untergang entgegengeführt wird,
dann ist die Rebellion eines jeden Angehörigen eines solchen Volkes nicht nur Recht, sondern Pflicht.
Die Frage aber, wann ein solcher Fall gegeben sei, wird nicht entschieden durch theoretische
Abhandlungen, sondern durch die Gewalt und den Erfolg.
Da jede Regierungsgewalt selbstverständlich die Pflicht der Erhaltung der Staatsautorität für sich in
Anspruch nimmt, mag sie auch noch so schlecht sein und die Belange eines Volkstums tausendmal
verraten, so wird der völkische Selbsterhaltungstrieb bei Niederkämpfung einer solchen Macht, zur
Erringung der Freiheit oder Unabhängigkeit, dieselben Waffen zu führen haben, mittels deren der
Gegner sich zu halten versucht. Der Kampf wird demnach so lange mit "legalen" Mitteln gekämpft
werden, solange auch die zu stürzende Gewalt sich solcher bedient; es wird aber auch nicht vor illegalen
zurückzuschrecken sein, wenn auch der Unterdrücker solche anwendet.
Im allgemeinen soll aber nie vergessen werden, daß nicht die Erhaltung eines Staates oder gar die einer
Regierung höchster Zweck des Daseins der Menschen ist, sondern die Bewahrung ihrer Art.
Ist aber einmal diese selber in Gefahr, unterdrückt oder gar beseitigt zu werden, dann spielt die Frage
der Legalität nur mehr eine untergeordnete Rolle. Es mag dann sein, daß sich die herrschende Macht
tausendmal sogenannter
[105 Menschenrecht bricht Staatsrecht]
legaler" Mittel in ihrem Vorgehen bedient, so ist dennoch der Selbsterhaltungstrieb der Unterdrückten
immer die erhabenste Rechtfertigung für ihren Kampf mit allen Waffen.
Nur aus der Anerkennung dieses Satzes allein sind die Freiheitskämpfe gegen innere und auch äußere
Versklavung von Völkern auf dieser Erde in so gewaltigen historischen Beispielen geliefert worden.
Menschenrecht bricht Staatsrecht.
Unterliegt aber ein Volk in seinem Kampf um die Rechte des Menschen, dann wurde es eben auf der
Schicksalswaage zu leicht befunden für das Glück der Forterhaltung auf der irdischen Welt. Denn wer
nicht bereit oder fähig ist, für sein Dasein zu streiten, dem hat die ewig gerechte Vorsehung schon das
Ende bestimmt.
Die Welt ist nicht da für feige Völker.
× "
Wie leicht es einer Tyrannei aber ist, sich das Mäntelchen einer sogenannten "Legalität" umzuhängen,
zeigte wieder am klarsten und eindringlichsten das Beispiel Österreichs..
Die legale Staatsgewalt fußte damals auf dem deutschfeindlichen Boden des Parlaments mit seinen
nichtdeutschen Majoritäten und dem ebenso deutschfeindlichen Herrscherhaus. In diesen beiden
Faktoren war die gesamte Staatsautorität verkörpert. Von dieser Stelle aus das Los des
deutschösterreichischen Volkes ändern zu wollen, war Unsinn. Damit aber wäre nun nach den
Meinungen unser Anbeter des einzig möglichen "legalen" Weges und der Staatsautorität an sich jeder
Widerstand, weil mit legalen Mitteln nicht durchführbar, zu unterlassen gewesen Dieses aber würde das
Ende des deutschen Volkes in der Monarchie mit zwingender Notwendigkeit — und zwar in kurzer Zeit
— bedeutet haben. Tatsächlich ist das Deutschtum vor diesem Schicksal auch nur durch den
Zusammenbruch dieses Staates allein gerettet worden.
Der bebrillte Theoretiker freilich würde immer noch lieber für seine Doktrin sterben als für sein Volk.
[106 Die alldeutsche Bewegung]
Da die Menschen sich erst Gesetze schaffen, glaubt er, sie waren später für diese da.
Mit diesem Unsinn zum Entsetzen aller theoretischen Prinzipienreiter sowie sonstiger staatlicher
Fetischinsulaner gründlich aufgeräumt zu haben, war das Verdienst der damaligen alldeutschen
Bewegung in Österreich.
Indem die Habsburger versuchten, mit allen Mitteln dem Deutschtum auf den Leib zu rücken, griff diese
Partei das "erhabene" Herrscherhaus selber, und zwar rücksichtslos an. Sie hat zum ersten Male die
Sonde an diesen faulen Staat gelegt und Hunderttausenden die Augen geöffnet. Es ist ihr Verdienst, den
herrlichen Begriff der Vaterlandsliebe aus der Umarmung dieser traurigen Dynastie erlöst zu haben.
Ihr Anhang war in der ersten Zeit ihres Auftretens außerordentlich groß, ja drohte zu einer förmlichen
Lawine zu werden. Allein, der Erfolg hielt nicht an. Als ich nach Wien kam, war die Bewegung schon
längst von der inzwischen zur Macht gelangten christlich-sozialen Partei überflügelt. ja zu einer nahezu
vollständigen Bedeutungslosigkeit herabgewürdigt worden.
Dieser ganze Vorgang des Werdens und Vergehens der alldeutschen Bewegung einerseits und des
unerhörten Aufstiegs der christlich-sozialen Partei andererseits sollte als klassisches Studienobjekt für
mich von tiefster Bedeutung werden.
Als ich nach Wien kam, standen meine Sympathien voll und ganz auf der Seite der alldeutschen
Richtung.
Daß man den Mut aufbrachte, im Parlament den Ruf "Hoch Hohenzollern" auszustoben, imponierte mir
ebenso sehr, wie es mich freute; daß man sich immer noch als bloß vorübergehend getrennten
Bestandteil des Deutschen Reiches betrachtete und keinen Augenblick vergehen ließ, um dieses auch
öffentlich zu bekunden, erweckte in mir freudige Zuversicht; daß man in allen das Deutschtum
betreffenden Fragen rücksichtslos Farbe bekannte und niemals zu Kompromissen sich herbeiließ, schien
mir der einzige noch gangbare Weg zur Rettung unseres Volkes zu sein; daß aber die Bewegung nach
ihrem erst so herrlichen Aufstieg nun
[107 Schönerer und Lueger]
so sehr niedersank, konnte ich nicht verstehen. Noch weniger aber, daß die christlich-soziale Partei in
dieser gleichen Zeit zu so ungeheurer Macht zu gelangen vermochte. Sie war damals gerade am Gipfel
ihres Ruhmes angelangt.
Indem ich daranging, beide Bewegungen zu vergleichen, gab mir auch hier das Schicksal, durch meine
sonstige traurige Lage beschleunigt, den besten Unterricht zum Verständnis der Ursachen dieses Rätsels.
Ich beginne mein Abwägen zuerst bei den beiden Männern, die als Führer und Begründer der zwei
Parteien anzusehen sind: Georg v. Schönerer und Dr. Karl Lueger.
Rein menschlich genommen ragen sie, einer wie der andere, weit über den Rahmen und das Ausmaß der
sogenannten parlamentarischen Erscheinungen hinaus. Im Sumpfe einer allgemeinen politischen
Korruption blieb ihr ganzes Leben rein und unantastbar. Dennoch lag meine persönliche Sympathie
zuerst auf seiten des Alldeutschen Schönerer, um sich nur nach und nach dem christlich-sozialen Führer
ebenfalls zuzuwenden.
In ihren Fähigkeiten verglichen schien mir schon damals Schönerer als der bessere und gründlichere
Denker in prinzipiellen Problemen zu sein. Er hat das zwangsläufige Ende des österreichischen Staates
richtiger und klarer erkannt als irgendein anderer. Würde man besonders im Reiche seine Warnungen
vor der Habsburgermonarchie besser gehört haben, so wäre das Unglück des Weltkrieges Deutschlands
gegen ganz Europa nie gekommen.
Allein, wenn Schönerer die Probleme ihrem inneren Wesen nach erkannte, dann irrte er sich um so mehr
in den Menschen.
Hier lag wieder die Stärke Dr. Luegers.
Dieser war ein seltener Menschenkenner, der sich besonders hütete, die Menschen besser zu sehen, als
sie nun einmal sind. Daher rechnete er auch mehr mit den realen Möglichkeiten des Lebens, während
Schönerer hierfür nur wenig Verständnis aufbrachte. Alles, was der Alldeutsche auch dachte, war,
theoretisch genommen, richtig, allein indem die Kraft und das Verständnis fehlten, die theoretische Er-
[108 Schönerer und Lueger]
kenntnis der Masse zu vermitteln, sie also in solche Form zu bringen, daß sie damit der
Aufnahmefähigkeit des breiten Volkes, die nun einmal eine begrenzte ist und bleibt, entsprach, war eben
alles Erkennen nur seherische Weisheit, ohne jemals praktische Wirklichkeit werden zu können.
Dieses Fehlen tatsächlicher Menschenkenntnis führte aber im weiteren Verlaufe zu einem Irrtum in der
Krafteinschätzung ganzer Bewegungen sowie uralter Institutionen.
Endlich hat Schönerer allerdings erkannt, daß es sich hier um Weltanschauungsfragen handelt, aber
nicht begriffen, daß sich zum Träger solcher nahezu religiöser Überzeugungen in erster Linie immer nur
die breiten Massen eines Volkes eignen.
Er sah in leider nur sehr kleinem Umfang die außerordentliche Begrenztheit des Kampfwillens der
sogenannten "bürgerlichen" Kreise schon infolge ihrer wirtschaftlichen Stellung, die den einzelnen
zuviel zu verlieren befürchten läßt und ihn deshalb auch mehr zurückhält.
Und doch wird im allgemeinen eine Weltanschauung nur dann Aussicht auf den Sieg haben, wenn sich
die breite Masse als Trägerin der neuen Lehre bereit erklärt, den notwendigen Kampf auf sich zu
nehmen.
Diesem Mangel an Verständnis für die Bedeutung der unteren Volksschichten entsprang dann aber auch
die vollständig unzureichende Auffassung über die soziale Frage.
In all dem war Dr. Lueger das Gegenteil Schönerers.
Die gründliche Menschenkenntnis ließ ihn die möglichen Kräfte ebenso richtig beurteilen, wie er
dadurch aber auch bewahrt blieb vor einer zu niederen Einschätzung vorhandener Institutionen, ja
vielleicht gerade aus diesem Grunde sich eher noch solcher als Hilfsmittel zur Erreichung seiner
Absichten bedienen lernte.
Er verstand auch nur zu genau, daß die politische Kampfkraft des oberen Bürgertums in der heutigen
Zeit nur gering und nicht ausreichend war, einer neuen großen Bewegung den Sieg zu erkämpfen. Daher
legte er das Hauptgewicht seiner politischen Tätigkeit auf die Gewinnung von Schichten, deren Dasein
bedroht war und mithin eher zu
[109 Schönerer und Lueger]
einem Ansporn als zu einer Lähmung des Kampfwillens wurde. Ebenso war er geneigt, sich all der
einmal schon vorhandenen Machtmittel zu bedienen, bestehende mächtige Einrichtungen sich geneigt zu
machen, um aus solchen alten Kraftquellen für die eigene Bewegung möglichst großen Nutzen ziehen zu
können.
So stellte er seine neue Partei in erster Linie auf den vom Untergang bedrohten Mittelstand ein und
sicherte sich dadurch eine nur sehr schwer zu erschütternde Anhängerschaft von ebenso großer
Opferwilligkeit wie zäher Kampfkraft. Sein unendlich klug ausgestaltetes Verhältnis zur katholischen
Kirche aber gewann ihm in kurzer Zeit die jüngere Geistlichkeit in einem Umfange, daß die alte
klerikale Partei entweder das Kampffeld zu räumen gezwungen war oder, noch klüger, sich der neuen
Partei anschloß, um so langsam Position um Position wieder zu gewinnen.
Würde aber dies allein als das charakteristische Wesen des Mannes angesehen werden, dann geschähe
ihm schweres Unrecht. Denn zum klugen Taktiker kamen auch die Eigenschaften eines wahrhaft großen
und genialen Reformators. Freilich auch hier begrenzt durch eine genaue Kenntnis der nun einmal
vorhandenen Möglichkeiten sowie auch der Fähigkeit der eigenen Person.
Es war ein unendlich praktisches Ziel, das sich dieser wahrhaft bedeutende Mann gestellt hatte. Er
wollte Wien erobern. Wien war das Herz der Monarchie, von dieser Stadt ging noch das letzte Leben in
den krankhaft und alt gewordenen Körper des morschen Reiches hinaus. Je gesünder das Herz würde,
um so frischer mußte auch der übrige Körper aufleben. Ein prinzipiell richtiger Gedanke, der aber doch
nur eine bestimmte, begrenzte Zeit zur Anwendung kommen konnte.
Und hierin lag die Schwäche dieses Mannes.
Was er als Bürgermeister der Stadt Wien geleistet hat, ist im besten Sinne des Wortes unsterblich; die
Monarchie aber vermochte er dadurch nicht mehr zu retten — es war zu spät.
Dieses hatte sein Widersacher Schönerer klarer gesehen.
[110 Ursachen des Mißerfolgs Schönerers]
Was Dr. Lueger praktisch angriff, gelang in wundervoller Weise; was er sich davon erhoffte, blieb aus.
Was Schönerer wollte, gelang ihm nicht, was er befürchtete, traf aber leider in furchtbarer Weise ein.
So haben beide Männer ihr weiteres Ziel nicht erreicht. Lueger konnte Österreich nicht mehr retten und
Schönerer das deutsche Volk nicht mehr vor dem Niedergang bewahren.
Es ist unendlich lehrreich für unsere heutige Zeit, die Ursachen des Versagens beider Parteien zu
studieren. Es ist dies besonders für meine Freunde zweckmäßig, da in vielen Punkten die Verhältnisse
heute ähnliche sind wie damals und Fehler dadurch vermieden werden können, die schon einst zum
Ende der einen Bewegung und zur Fruchtlosigkeit der anderen geführt hatten:Der Zusammenbruch der
alldeutschen Bewegung in Österreich hatte in meinen Augen drei Ursachen:Erstens die unklare
Vorstellung der Bedeutung des sozialen Problems gerade für eine neue, ihrem inneren Wesen nach
revolutionäre Partei.
Indem sich Schönerer und sein Anhang in erster Linie an die bürgerlichen Schichten wandten, konnte
das Ergebnis nur ein sehr schwächliches, zahmes sein.
Das deutsche Bürgertum ist besonders in seinen höheren Kreisen, wenn auch von einzelnen ungeahnt,
pazifistisch bis zur förmlichen Selbstverleugnung, wenn es sich um innere Angelegenheiten der Nation
oder des Staates handelt. In guten Zeiten, das heißt in diesem Falle also in Zeiten einer guten Regierung,
ist eine solche Gesinnung ein Grund des außerordentlichen Wertes dieser Schichten für den Staat; in
Zeiten schlechterer Herrschaft aber wirkt sie geradezu verheerend. Schon um die Durchführung eines
wirklich ernsten Kampfes überhaupt zu ermöglichen, mußte die alldeutsche Bewegung sich vor allem
der Gewinnung der Massen widmen. Daß sie dies nicht tat, nahm ihr von vornherein den elementaren
Schwung, den eine solche Welle nun einmal braucht, wenn sie nicht in kurzer Zeit schon verebben soll.
[111 Ursachen des Miflerfolgs Schönerers]
Sowie aber dieser Grundsatz nicht von Anfang an ins Auge gefaßt und auch durchgeführt wird, verliert
die neue Partei für später jede Möglichkeit eines Nachholens des Versäumten. Denn mit der Aufnahme
überaus zahlreicher gemäßigt bürgerlicher Elemente wird sich die innere Einstellung der Bewegung
immer nach diesen richten und so jede weitere Aussicht zum Gewinnen nennenswerter Kräfte aus dem
breiten Volke einbüßen. Damit aber wird eine solche Bewegung über bloßes Nörgeln und Kritisieren
nicht mehr hinauskommen. Der mehr oder minder fast religiöse Glaube, verbunden mit einer
ebensolchen Opferwilligkeit, wird nimmer mehr zu finden sein; an dessen Stelle wird aber das
Bestreben treten, durch "positive" Mitarbeit, das heißt in diesem Falle aber durch Anerkennung des
Gegebenen, die Härten des Kampfes allmählich abzuschleifen, um endlich bei einem faulen Frieden zu
landen.
So ging es auch der alldeutschen Bewegung, weil sie nicht von vornherein das Hauptgewicht auf die
Gewinnung ihrer Anhänger aus den Kreisen der breiten Masse gelegt hatte. Sie wurde "bürgerlich,
vornehm, gedämpft radikal".
Aus diesem Fehler erwuchs ihr aber die zweite Ursache des schnellen Unterganges.
Die Lage in Österreich für das Deutschtum war zur Zeit des Auftretens der alldeutschen Bewegung
schon verzweifelt. Von Jahr zu Jahr war das Parlament mehr zu einer Einrichtung der langsamen
Vernichtung des deutschen Volkes geworden. Jeder Versuch einer Rettung in zwölfter Stunde konnte
nur in der Beseitigung dieser Institution eine wenn auch kleine Aussicht auf Erfolg bieten.
Damit trat an die Bewegung eine Frage von prinzipieller Bedeutung heran:Sollte man, um das Parlament
zu vernichten, in das Parlament gehen, um dasselbe, wie man sich auszudrücken pflegte, "von innen
heraus auszuhöhlen", oder sollte man diesen Kampf von außen angriffsweise gegen diese Einrichtung an
und für sich führen?Man ging hinein und kam geschlagen heraus.
Greilich, man mußte hineingehen.
[112 Alldeutsche und Parlament]
Den Kampf gegen eine solche Macht von außen durchführen, heißt, sich mit unerschütterlichem Mute
rüsten, aber auch zu unendlichen Opfern bereit sein. Man greift den Stier damit an den Hörnern an und
wird viele schwere Stöße erhalten, wird manchmal zu Boden stürzen, um sich vielleicht einmal nur mit
gebrochenen Gliedern wieder erheben zu können, und erst nach schwerstem Ringen wird sich der Sieg
dem kühnen Angreifer zuwenden. Nur die Größe der Opfer wird neue Kämpfer der Sache gewinnen, bis
endlich der Beharrlichkeit der Lohn des Erfolges wird.
Dazu aber braucht man die Kinder des Volkes aus den breiten Massen.
Sie allein sind entschlossen und zähe genug, diesen Streit bis zum blutigen Ende durchzufechten.
Diese breite Masse aber besaß die alldeutsche Bewegung eben nicht; so blieb ihr auch nichts anderes
übrig, als in das Parlament zu gehen.

Es wäre falsch, zu glauben, daß dieser Entschluß das Ergebnis langer innerer seelischer Qualen oder
auch nur Überlegungen gewesen wäre; nein, man dachte an gar nichts anderes. Die Teilnahme an
diesem Unsinn war nur der Niederschlag allgemeiner, unklarer Vorstellungen über die Bedeutung und
die Wirkung einer solchen eigenen Beteiligung an der im Prinzip ja schon als falsch erkannten
Einrichtung. Im allgemeinen erhoffte man sich wohl eine Erleichterung der Aufklärung breiterer
Volksmassen, indem man ja nun vor dem "Forum der ganzen Nation" zu sprechen Gelegenheit bekam.
Auch schien es einzuleuchten, daß der Angriff an der Wurzel des Übels erfolgreicher sein müsse als das
Anstürmen von außen. Durch den Schutz der Immunität glaubte man die Sicherheit des einzelnen
Vorkämpfers gestärkt, so daß die Kraft des Angriffes sich dadurch nur erhöhen konnte.
In der Wirklichkeit natürlich kamen die Dinge wesentlich anders.
Das Forum, vor dem die alldeutschen Abgeordneten sprachen, war nicht größer, sondern eher kleiner
geworden; denn es spricht jeder nur vor dem Kreis, der ihn zu hören ver-
[113 Alldeutsche und Parlament]
mag, oder der durch die Berichte der Presse eine Wiedergabe des Gesprochenen erhält.
Das größte unmittelbare Forum an Zuhörern stellt aber nicht der Hörsaal eines Parlaments dar, sondern
die große Öffentliche Volksversammlung.
Denn in ihr befinden sich Tausende von Menschen, die nur gekommen sind, um zu vernehmen, was der
Redner ihnen zu sagen habe, während im Sitzungssaale des Abgeordnetenhauses nur wenige hundert
sind, zumeist auch nur da, um Diäten in Empfang zu nehmen, keineswegs, um etwa die Weisheit des
einen oder anderen Herrn "Volksvertreters" in sich hineinleuchten zu lassen.
Vor allem aber: Es ist dies ja immer das gleiche Publikum, das niemals mehr etwas hinzulernen wird, da
ihm außer dem Verstande ja auch der hierzu nötige, wenn auch noch so bescheidene Wille fehlt.
Niemals wird einer dieser Volksvertreter von sich aus der besseren Wahrheit die Ehre geben, um sich
dann auch in ihren Dienst zu stellen. Nein, dies wird nicht ein einziger tun, außer er hat Grund zu
hoffen, durch eine solche Wendung sein Mandat für eine weitere Session noch retten zu können. Erst
also, wenn es in der Luft liegt, daß die bisherige Partei bei einer kommenden Wahl schlecht abschneiden
wird, werden sich diese Zierden von Mannhaftigkeit auf den Weg machen und sehen, ob und wie sie zur
anderen, vermutlich besser abschneidenden Partei oder Richtung zu kommen vermögen, wobei dieser
Positionswechsel allerdings unter einem Wolkenbruch moralischer Begründungen vor sich zu gehen
pflegt. Daher wird immer, wenn eine bestehende Partei der Ungunst des Volkes in so großem Umfange
verfallen erscheint, daß die Wahrscheinlichkeit einer vernichtenden Niederlage droht, ein großes
Wandern anheben: die parlamentarischen Ratten verlassen das Parteischiff.
Mit besserem Wissen oder Wollen aber hat dies nichts zu tun, sondern nur mit jener hellseherischen
Begabung, die solch eine Parlamentswanze gerade noch zur rechten Zeit warnt und so immer wieder auf
ein anderes warmes Parteibett fallen läßt.
[114 Alldeutsche und Parlament]
Vor einem solchen "Forum" zu sprechen, heißt aber doch wirklich Perlen vor die bekannten Tiere
werfen. Das lohnt sich wahrhaftig nicht! Der Erfolg kann hier gar nicht anders als Null sein.
Und so war es auch. Die alldeutschen Abgeordneten mochten sich die Kehlen heiser reden: die Wirkung
blieb völlig aus.
Die Presse aber schwieg sie entweder tot oder zerriß ihre Reden so, daß jeglicher Zusammenhang, ja oft
sogar der Sinn verdreht wurde oder ganz verlorenging und dadurch die öffentliche Meinung ein nur sehr
schlechtes Bild von den Absichten der neuen Bewegung erhielt. Es war ganz bedeutungslos, was die
einzelnen Herren sprachen: die Bedeutung lag in dem, was man von ihnen zu lesen bekam. Dies aber
war ein Auszug aus ihren Reden, der in seiner Zerrissenheit nur unsinnig wirken konnte und sollte.
Dabei aber bestand das einzige Forum, vor dem sie nun in Wahrheit sprachen, aus knapp fünfhundert
Parlamentariern, und dies besagt genug.
Das Schlimmste aber war folgendes:Die alldeutsche Bewegung konnte nur dann auf Erfolg rechnen,
wenn sie vom ersten Tage an begriff, daß es sich hier nicht um eine neue Partei handeln durfte, als
vielmehr um eine neue Weltanschauung. Nur eine solche vermochte die innere Kraft aufzubringen,
diesen riesenhaften Kampf auszufechten. Dazu aber taugen nun einmal als Führer nur die allerbesten
und auch mutigsten Köpfe.
Wenn der Kampf für eine Weltanschauung nicht von aufopferungsbereiten Helden geführt wird, werden
sich in kurzer Zeit auch keine todesmutigen Kämpfer mehr finden. Wer hier für sein eigenes Dasein
ficht, kann für die Allgemeinheit nicht mehr viel übrig haben.
Um aber diese Voraussetzung sich zu erhalten, ist es notwendig für jedermann, zu wissen, daß die neue
Bewegung Ehre und Ruhm vor der Nachwelt, in der Gegenwart aber nichts bieten kann. Je mehr eine
Bewegung zu vergeben hat an leicht zu erringenden Posten und Stellen, um so größer wird der Zulauf an
Minderwertigen sein, bis endlich
[115 Alldeutsche und Parlament]
diese politischen Gelegenheitsarbeiter eine erfolgreiche Partei in solcher Zahl überwuchern, daß der
redliche Kämpfer von einst die alte Bewegung gar nicht mehr wiedererkennt und die neu
Hinzugekommenen ihn selber als lästigen "Unberufenen" entschieden ablehnen. Damit aber ist die
"Mission" einer solchen Bewegung erledigt.
Sowie die alldeutsche Bewegung sich dem Parlament verschrieb, erhielt sie eben auch "Parlamentarier"
statt Führer und Kämpfer. Sie sank damit auf das Niveau einer der gewöhnlichen politischen
Tagesparteien hinab und verlor die Kraft, einem verhängnisvollen Schicksal mit dem Trost des
Märtyrertums entgegenzutreten. Statt zu fechten, lernte sie nun auch "reden" und "verhandeln". Der
neue Parlamentarier aber empfand es schon in kurzer Zeit als schönere, weil risikolosere Pflicht, die
neue Weltanschauung mit den "geistigen" Waffen parlamentarischer Beredsamkeit auszufechten, als
sich, wenn nötig, unter Einsatz des eigenen Lebens in einen Kampf zu stürzen, dessen Ausgang unsicher
war, auf alle Fälle jedoch nichts einbringen konnte.
Da man nun einmal im Parlamente saß, begannen die Anhänger draußen auf Wunder zu hoffen und zu
warten, die natürlich nicht eintraten und auch gar nicht eintreten konnten. Man wurde deshalb schon in
kurzer Zeit ungeduldig; denn auch das, was man so von den eigenen Abgeordneten zu hören bekam,
entsprach in keiner Weise den Erwartungen der Wähler. Dies war leicht erklärlich, da sich die feindliche
Presse wohl hütete, ein wahrheitsgetreues Bild des Wirkens der alldeutschen Vertreter dem Volke zu
vermitteln.
Je mehr aber die neuen Volksvertreter Geschmack an der doch etwas milderen Art des "revolutionären"
Kampfes in Parlament und Landtagen erhielten, um so weniger fanden sie sich noch bereit, in die
gefährlichere Aufklärungsarbeit der breiten Schichten des Volkes zurückzukehren.
Die Massenversammlung, der einzige Weg einer wirklich wirkungsvollen, weil unmittelbar persönlichen
Beeinflussung und dadurch allein möglichen Gewinnung großer Volksteile, wurde daher immer mehr
zurückgestellt.
[116 Die Bedeutung der Rede]
Sowie der Biertisch des Versammlungssaales endgültig mit der Tribüne des Parlaments vertauscht war,
um von diesem Forum aus die Reden statt in das Volk in die Häupter seiner sogenannten
"Auserwählten" zu gießen, hörte die alldeutsche Bewegung auch auf, eine Volksbewegung zu sein und
sank in kurzer Zeit zu einem mehr oder minder ernst zu nehmenden Klub akademischer Erörterungen
zusammen.
Der durch die Presse vermittelte schlechte Eindruck wurde demgemäß in keiner Weise mehr durch
persönliche Versammlungstätigkeit der einzelnen Herren berichtigt, so daß endlich das Wort
"alldeutsch" einen sehr üblen Klang in den Ohren des breiten Volkes bekam.
Denn das mögen sich alle die schriftstellernden Ritter und Gecken von heute besonders gesagt sein
lassen: die größten Umwälzungen auf dieser Welt sind nie durch einen Gänsekiel geleitet worden!Nein,
der Feder blieb es immer nur vorbehalten, sie theoretisch zu begründen.
Die Macht aber, die die großen historischen Lawinen religiöser und politischer Art ins Rollen brachte,
war seit urewig nur die Zauberkraft des gesprochenen Wortes.
Die breite Masse eines Volkes vor allem unterliegt immer nur der Gewalt der Rede. Alle großen
Bewegungen aber sind Volksbewegungen, sind Vulkanausbrüche menschlicher Leidenschaften und
seelischer Empfindungen, aufgerührt entweder durch die grausame Göttin der Not oder durch die
Brandfackel des unter die Masse geschleuderten Wortes und sind nicht limonadige Ergüsse
ästhetisierender Literaten und Salonhelden.
Völkerschicksale vermag nur ein Sturm von heißer Leidenschaft zu werden, Leidenschaft erwecken aber
kann nur, wer sie selbst im Innern trägt.
Sie allein schenkt dann dem von ihr Erwählten die Worte, die Hammerschlägen ähnlich die Tore zum
Herzen eines Volkes zu öffnen vermögen.
Wem aber Leidenschaft versagt und der Mund verschlos-
[117 Wirkung auf die Masse]
sen bleibt, den hat der Himmel nicht zum Verkünder seines Willens ausersehen.
Daher möge jeder Schreiber bei seinem Tintenfasse bleiben, um sich "theoretisch" zu betätigen, wenn
Verstand und Können hierfür genügen; zum Führer aber ist er weder geboren noch erwählt.
Eine Bewegung mit großen Zielen muß deshalb ängstlich bemüht sein, den Zusammenhang mit dem
breiten Volke nicht zu verlieren.
Sie hat jede Frage in erster Linie von diesem Gesichtspunkte aus zu prüfen und in dieser Richtung ihre
Entscheidung zu treffen.
Sie muß weiter alles vermeiden, was ihre Fähigkeit, auf die Masse zu wirken, mindern oder auch nur
schwächen könnte, nicht etwa aus "demagogischen" Gründen heraus, nein, sondern aus der einfachen
Erkenntnis, daß ohne die gewaltige Kraft der Masse eines Volkes keine große Idee, mag sie auch noch
so hehr und hoch erscheinen, zu verwirklichen ist.
Die harte Wirklichkeit allein muß den Weg zum Ziel bestimmen; unangenehme Wege nicht gehen
wollen, heißt auf dieser Welt nur zu oft auf das Ziel verzichten; man mag dann dies wollen oder nicht.
Sowie die alldeutsche Bewegung durch ihre parlamentarische Einstellung das Schwergewicht ihrer
Tätigkeit statt in das Volk in das Parlament verlegte, verlor sie die Zukunft und gewann dafür billige
Erfolge des Augenblicks.
Sie wählte den leichteren Kampf und war damit aber des letzten Sieges nicht mehr wert.
Ich habe gerade diese Frage schon in Wien auf das gründlichste durchdacht und in ihrem Nichterkennen
eine der Hauptursachen des Zusammenbruches der Bewegung gesehen, die in meinen Augen damals
berufen war, die Führung des Deutschtums in ihre Hand zu nehmen.
Die beiden ersten Fehler, die die alldeutsche Bewegung scheitern ließen, standen in
verwandtschaftlichem Verhältnis zueinander. Die mangelnde Kenntnis der inneren Triebkräfte großer
Umwälzungen führte zu einer unge-
[118 Die Los-von-Rom-Bewegung]
nügenden Einschätzung der Bedeutung der breiten Massen des Volkes; daraus ergab sich das geringe
Interesse an der sozialen Frage, das mangelhafte und ungenügende Werben um die Seele der unteren
Schichten der Nation sowie aber auch die dies nur begünstigende Einstellung zum Parlament.
Hätte man die unerhörte Macht erkannt, die der Masse als Trägerin revolutionären Widerstandes zu
allen Zeiten zukommt, so würde man in sozialer wie in propagandistischer Richtung anders gearbeitet
haben. Dann wäre auch nicht das Hauptgewicht der Bewegung in das Parlament verlegt worden, sondern
auf Werkstatt und Straße.
Aber auch der dritte Fehler trägt den letzten Keim in der Nichterkenntnis des Wertes der Masse, die,
durch überlegene Geister erst einmal in einer bestimmten Richtung in Bewegung gesetzt, dann aber
auch, einem Schwungrade ähnlich, der Stärke des Angriffs Wucht und gleichmäßige Beharrlichkeit gibt.
Der schwere Kampf, den die alldeutsche Bewegung mit der katholischen Kirche ausfocht, ist nur
erklärlich aus dem ungenügenden Verständnis, das man der seelischen Veranlagung des Volkes
entgegenzubringen vermochte.
Die Ursachen des heftigen Angriffs der neuen Partei gegen Rom lagen in folgendem:Sobald das Haus
Habsburg sich endgültig entschlossen hatte, Österreich zu einem slawischen Staate umzugestalten, griff
man zu jedem Mittel, das in dieser Richtung als irgendwie geeignet erschien. Auch religiöse
Institutionen wurden von diesem gewissenlosesten Herrscherhaus skrupellos in den Dienst der neuen
"Staatsidee" gestellt.
Die Verwendung tschechischer Pfarreien und ihrer geistlichen Seelsorger war nur eines der vielen
Mittel, um zu diesem Ziele, einer allgemeinen Verslawung Österreichs, zu kommen.
Der Vorgang spielte sich etwa wie folgt ab:In rein deutschen Gemeinden wurden tschechische Pfarrer
eingesetzt, die langsam, aber sicher die Interessen des tschechischen Volkes aber die Interessen der
Kirche zu stellen be-
[119 Die Los-von-Rom-Bewegung]
gannen und zu Keimzellen des Entdeutschungsprozesses wurden.
Die deutsche Geistlichkeit versagte einem solchen Vorgehen gegenüber leider fast vollständig. Nicht
nur, daß sie selber zu einem ähnlichen Kampfe im deutschen Sinne gänzlich unbrauchbar war,
vermochte sie auch den Angriffen der anderen nicht mit dem nötigen Widerstande zu begegnen. So
wurde das Deutschtum, über den Umweg konfessionellen Mißbrauchs auf der einen Seite und durch
ungenügende Abwehr auf der anderen, langsam, aber unaufhörlich zurückgedrängt.
Gand dies im kleinen wie dargelegt statt, so lagen leider die Verhältnisse im großen nicht viel anders.
Auch hier erfuhren die antideutschen Versuche der Habsburger, durch den höheren Klerus vor allem,
nicht die gebotene Abwehr, während die Vertretung der deutschen Interessen selber vollständig in den
Hintergrund trat.
Der allgemeine Eindruck konnte nicht anders sein, als daß hier eine große Verletzung deutscher Rechte
durch die katholische Geistlichkeit als solche vorläge.
Damit aber schien die Kirche eben nicht mit dem deutschen Volke zu fühlen, sondern sich in
ungerechter Weise auf die Seite der Feinde desselben zu stellen. Die Wurzel des ganzen Übels aber lag,
vor allem nach der Meinung Schönerers, in der nicht in Deutschland befindlichen Leitung der
katholischen Kirche sowie der dadurch schon allein bedingten Feindseligkeit den Belangen unseres
Volkstums gegenüber.
Die sogenannten kulturellen Probleme traten dabei, wie damals fast bei allem in Österreich, beinahe
ganz in den Hintergrund. Maßgebend für die Einstellung der alldeutschen Bewegung zur katholischen
Kirche war viel weniger die Haltung derselben etwa zur Wissenschaft usw. als vielmehr ihre
ungenügende Vertretung deutscher Rechte und umgekehrt dauernde Förderung besonders slawischer
Anmaßung und Begehrlichkeit.
Georg Schönerer war nun nicht der Mann, eine Sache halb zu tun. Er nahm den Kampf gegen die Kirche
auf in der Überzeugung, nur durch ihn allein das deutsche Volk
[120 Die Los-von-Rom-Bewegung]
noch retten zu können. Die "Los-von-Rom-Bewegung" schien das gewaltigste, aber freilich auch
schwerste Angriffsverfahren, das die feindliche Hochburg zertrümmern mußte. War es erfolgreich, dann
war auch die unselige Kirchenspaltung in Deutschland überwunden, und die innere Kraft des Reiches
und der deutschen Nation konnte durch einen solchen Sieg nur auf das ungeheuerlichste gewinnen.
Allein weder die Voraussetzung noch die Schlußfolgerung dieses Kampfes war richtig.
Ohne Zweifel war die nationale Widerstandskraft der katholischen Geistlichkeit deutscher Nationalität
in allen das Deutschtum betreffenden Fragen geringer als die ihrer nichtdeutschen, besonders
tschechischen Amtsbrüder.
Ebenso konnte nur ein Ignorant nicht sehen, da dem deutschen Klerus eine offensive Vertretung
deutscher Interessen fast nie auch nur einfiel.
Allein ebenso mußte jeder nicht Verblendete zugeben, daß dies in erster Linie einem Umstande
zuzuschreiben ist, unter dem wir Deutsche alle insgesamt auf das schwerste zu leiden haben: es ist dies
unsere Objektivität in der Einstellung zu unserem Volkstum genau so wie zu irgend etwas anderem.
So wie der tschechische Geistliche subjektiv seinem Volke gegenüberstand und nur Objektiv der Kirche,
so war der deutsche Pfarrer subjektiv der Kirche ergeben und blieb objektiv gegenüber der Nation. Eine
Erscheinung, die wir in tausend anderen Fällen zu unserem Unglück genau so beobachten können.
Es ist dies keineswegs nur ein besonderes Erbteil des Katholizismus, sondern frißt bei uns in kurzer Zeit
fast jede, besonders staatliche oder ideelle Einrichtung an.
Man vergleiche nur die Stellung, die z. B. unser Beamtentum gegenüber den Versuchen einer nationalen
Wiedergeburt einnimmt, mit der, wie sie in solchem Falle die Beamtenschaft eines anderen Volkes
einnehmen würde. Oder glaubt man, daß das Offizierkorps der ganzen anderen Welt etwa in ähnlicher
Weise die Belange der Nation unter der Phrase der "Staatsautorität" zurückstellen würde, wie dies bei
uns seit fünf Jahren selbstverständlich ist, ja
[121 Die Los-von-Rom-Bewegung]
sogar noch als besonders verdienstvoll gilt? Nehmen z. B. in der Judenfrage nicht beide Konfessionen
heute einen Standpunkt ein, der weder den Belangen der Nation noch den wirklichen Bedürfnissen der
Religion entspricht? Man vergleiche doch die Haltung eines jüdischen Rabbiner, in allen Fragen von nur
einiger Bedeutung für das Judentum als Rasse mit der Einstellung des weitaus größten Teils unserer
Geistlichkeit, aber gefälligst beider Konfessionen!Wir haben diese Erscheinung immer dann, wenn es
sich um die Vertretung einer abstrakten Idee an sich handelt. Staatsautorität", "Demokratie",
"Pazifismus", "Internationale Solidarität" usw. sind lauter Begriffe, die bei uns fast immer zu so starren,
rein doktrinären Vorstellungen werden, daß jede Beurteilung allgemeiner nationaler
Lebensnotwendigkeiten ausschließlich nur mehr von ihrem Gesichtspunkte aus erfolgt.
Diese unselige Art der Betrachtung aller Belange unter dem Gesichtswinkel einer einmal vorgefaßten
Meinung tötet jedes Vermögen, sich in eine Sache subjektiv hineinzudenken, die objektiv der eigenen
Doktrin widerspricht, und führt am Ende zu einer vollständigen Umkehrung von Mittel und Zweck. Man
wird sich gegen jeden Versuch einer nationalen Erhebung wenden, wenn diese nur unter vorhergehender
Beseitigung eines schlechten, verderblichen Regiments stattfinden könnte, da dies ja ein Verstoß gegen
die "Staatsautorität" wäre, die "Staatsautorität" aber nicht ein Mittel zum Zweck ist, als vielmehr in den
Augen eines solchen Objektivitätsfanatikers den Zweck selber darstellt, der genügend ist, um sein
ganzes klägliches Leben auszufüllen. So würde man sich z. B. mit Entrüstung gegen den Versuch einer
Diktatur stemmen, selbst wenn ihr Träger ein Friedrich der Große und die augenblicklichen
Staatskünstler einer Parlamentsmehrheit nur unfähige Zwerge oder gar minderwertige Subjekte waren,
weil das Gesetz der Demokratie einem solchen Prinzipienbock eben heiliger erscheint als die Wohlfahrt
einer Nation. Es wird also der eine die schlechteste Tyrannei, die ein Volk zugrunde richtet,
[122 Die Los-von-Rom-Bewegung]
beschirmen, da die "Staatsautorität" sich augenblicklich in ihr verkörpert, während der andere selbst die
segensreichste Regierung ablehnt, soweit sie nicht seiner Vorstellung von "Demokratie" entspricht.
Genau so wird unser deutscher Pazifist zu jeder auch noch so blutigen Vergewaltigung der Nation, sie
mag ruhig von den ärgsten Militärgewalten ausgehen, schweigen, wenn eine Änderung dieses Loses nur
durch Widerstand, also Gewalt, zu erreichen wäre, denn dieses würde ja dem Geiste reiner
Friedensgesellschaft widersprechen. Der internationale deutsche Sozialist aber kann von der anderen
Welt solidarisch ausgeplündert werden, er selber quittiert es mit brüderlicher Zuneigung und denkt nicht
an Vergeltung oder auch nur Verwahrung, weil er eben ein — Deutscher ist. Dies mag traurig sein, aber
eine Sache ändern wollen, heißt, sie vorher erkennen müssen.
Ebenso verhält es sich mit der schwächlichen Vertretung deutscher Belange durch einen Teil des Klerus.
Es ist dies weder boshafter, schlechter Wille an sich, noch bedingt durch, sagen wir Befehle von "Oben",
sondern wir sehen in einer solchen mangelhaften nationalen Entschlossenheit nur die Ergebnisse einer
ebenso mangelhaften Erziehung zum Deutschtum von Jugend auf, wie andererseits aber einer restlosen
Unterwerfung unter die zum Idol gewordene Idee.
Die Erziehung zur Demokratie, zum Sozialismus internationaler Art, zum Pazifismus usw. ist eine so
starre und ausschließliche, mithin, von ihnen aus betrachtet, rein subjektive, daß damit auch das
allgemeine Bild der übrigen Welt unter dieser grundsätzlichen Vorstellung beeinflußt wird, während die
Stellung zum Deutschtum ja von Jugend auf nur eine sehr objektive war. So wird der Pazifist, indem er
sich subjektiv seiner Idee restlos ergibt, bei jeder auch noch so ungerechten und schweren Bedrohung
seines Volkes (sofern er eben ein Deutscher ist) immer erst nach dem objektiven Recht suchen und
niemals aus reinem Selbsterhaltungstrieb sich in die Reihe seiner Herde stellen und mitfechten.
[123 Die Los-von-Rom-Bewegung]
Wie sehr dies auch für die einzelnen Konfessionen gilt, mag noch folgendes zeigen:Der Protestantismus
vertritt von sich aus die Belange des Deutschtums besser, soweit dies in seiner Geburt und späteren
Tradition überhaupt schon begründet liegt; er versagt jedoch in dem Augenblick, wo diese Verteidigung
nationaler Interessen auf einem Gebiete stattfinden müßte, das in der allgemeinen Linie seiner
Vorstellungswelt und traditionellen Entwicklung entweder fehlt oder gar aus irgendeinem Grunde
abgelehnt wird.
So wird der Protestantismus immer für die Förderung alles Deutschtums an sich eintreten, sobald es sich
um Dinge der inneren Sauberkeit oder auch nationalen Vertiefung, um die Verteidigung deutschen
Wesens, deutscher Sprache und auch deutscher Freiheit handelt, da dieses alles ja fest in ihm selber mit
begründet liegt; er bekämpft aber sofort auf das feindseligste jeden Versuch, die Nation aus der
Umklammerung ihres tödlichsten Feindes zu retten, da seine Stellung zum Judentum nun einmal mehr
oder weniger fest dogmatisch festgelegt ist. Dabei aber dreht es sich hierbei um die Frage, ohne deren
Lösung alle anderen Versuche einer deutschen Wiedergeburt oder einer Erhebung vollkommen unsinnig
und unmöglich sind und bleiben.
Ich besaß in meiner Wiener Zeit Muße und Gelegenheit genug, auch diese Frage unvoreingenommen zu
prüfen und konnte dabei noch im täglichen Verkehr die Richtigkeit dieser Anschauung tausendfältig
feststellen.
In diesem Brennpunkt der verschiedensten Nationalitäten zeigte sich sofort am klarsten, daß eben nur
der deutsche Pazifist die Belange der eigenen Nation immer objektiv zu betrachten versucht, aber
niemals der Jude etwa die des jüdischen Volkes; daß nur der deutsche Sozialist "internatonal" in einem
Sinne ist, der ihm dann verbietet, seinem eigenen Volke Gerechtigkeit anders als durch Winseln und
Flennen bei den internationalen Genossen zu erbetteln, niemals aber auch der Tscheche oder Pole usw.;
kurz, ich erkannte schon damals, daß das Unglück nur zum Teil in diesen Lehren an sich liegt, zum
anderen Teil aber in
[124 Die Los-von-Rom-Bewegung]
unserer gänzlich ungenügenden Erziehung zum eigenen Volkstum überhaupt und in einer dadurch
bedingten minderen Hingabe an dasselbe.
Damit entfiel die erste rein theoretische Begründung des Kampfes der alldeutschen Bewegung gegen
den Katholizismus an sich.
Man erziehe das deutsche Volk schon von Jugend an mit jener ausschließlichen Anerkennung der
Rechte des eigenen Volkstums und verpeste nicht schon die Kinderherzen mit dem Fluche unserer
"Objektivität" auch in Dingen der Erhaltung des eigenen Ichs, so wird es sich in kurzer Zeit zeigen, daß
(eine dann aber auch radikale nationale Regierung vorausgesetzt), ebenso wie in Irland, Polen oder
Frankreich, auch in Deutschland der Katholik immer Deutscher sein wird.
Den gewaltigsten Beweis hierfür hat aber jene Zeit geliefert, die zum letzten Male unser Volk zum
Schutze seines Daseins vor dem Richterstuhl der Geschichte antreten ließ zu seinem Kampfe auf Leben
und Tod.
Solange nicht die Führung damals von oben fehlte, hat das Volk seine Pflicht und Schuldigkeit in
überwältigendster Weise erfüllt. Ob protestantischer Pastor oder katholischer Pfarrer, sie trugen beide
gemeinsam unendlich bei zum so langen Erhalten unserer Widerstandskraft, nicht nur an der Front,
sondern noch mehr zu Hause. In diesen Jahren, und besonders im ersten Aufflammen, gab es wirklich in
beiden Lagern nur ein einziges heiliges Deutsches Reich, für dessen Bestehen und Zukunft sich jeder
eben an seinen Himmel wandte.
Eine Frage hätte sich die alldeutsche Bewegung in Österreich einst vorlegen müssen: Ist die Erhaltung
des österreichischen Deutschtums unter einem katholischen Glauben möglich oder nicht? Wenn ja, dann
dürfte sich die politische Partei nicht um religiöse oder gar konfessionelle Dinge kümmern; wenn aber
nein, dann mußte eine religiöse Reformation einsetzen und niemals eine politische Partei.
Wer aber den Umweg einer politischen Organisation zu einer religiösen Reformation kommen zu
können glaubt,

[125 Die Los-von-Rom-Bewegung]
zeigt nur, daß ihm auch jeder Schimmer vom Werden religiöser Vorstellungen oder gar Glaubenslehren
und deren kirchlichen Auswirkungen abgeht.
Man kann hier wirklich nicht zwei Herren dienen. Wobei ich die Gründung oder Zerstörung einer
Religion denn doch als wesentlich größer halte als die Gründung oder Zerstörung eines Staates,
geschweige denn einer Partei.
Man sage ja nicht, daß besagte Angriffe nur die Abwehr von Angriffen der anderen Seite waren!
Sicherlich haben zu allen Zeiten gewissenlose Kerle sich nicht gescheut, auch die Religion zum
Instrument ihrer politischen Geschäfte (denn um dies handelt es sich bei solchen Burschen fast immer
und ausschließlich) zu machen; allein ebenso sicher ist es falsch, die Religion oder auch die Konfession
für eine Anzahl von Lumpen, die mit ihr genau so Mißbrauch treiben, wie sie sonst eben wahrscheinlich
irgend etwas anderes in den Dienst ihrer niederen Instinkte stellen würden, verantwortlich zu machen.
Nichts kann solch einem parlamentarischen Taugenichts und Tagedieb besser passen, als wenn ihm so
Gelegenheit geboten wird, wenigstens nachträglich noch die Rechtfertigung zu seiner politischen
Schiebung zu erlangen. Denn sobald man die Religion oder auch die Konfession für seine persönliche
Schlechtigkeit verantwortlich macht und sie deshalb angreift, ruft der verlogene Bursche sofort unter
riesigem Geschrei alle Welt zum Zeugen an, wie berechtigt sein Vorgehen bisher war, und wie nur ihm
und seiner Mundfertigkeit allein die Rettung von Religion und Kirche zu danken sei. Die ebenso dumme
wie vergeßliche Mitwelt erkennt dann den wahren Urheber des ganzen Kampfes schon des großen
Geschreies wegen meistens nicht oder erinnert sich seiner nicht mehr, und der Lump hat ja nun
eigentlich sein Ziel erreicht.
Daß dies mit Religion gar nichts zu tun hat, weiß so ein listiger Fuchs ganz genau; er wird sich also um
so mehr im stillen in das Fäustchen lachen, während sein ehrlicher, aber ungeschickter Gegner das Spiel
verliert, um eines Tages,
[126 Die Los-von-Rom-Bewegung]
an Treu und Glauben der Menschheit verzweifelnd, sich von allem zurückzuziehen.
Es wäre aber auch in anderer Hinsicht nur unrecht, die Religion als solche oder selbst die Kirche für die
Verfehlungen einzelner verantwortlich zu machen. Man vergleiche die Größe der vor dem Auge
stehenden sichtbaren Organisation mit der durchschnittlichen Fehlerhaftigkeit der Menschen im
allgemeinen und wird zugeben müssen, daß das Verhältnis von Gutem und Schlechtem dabei besser ist
als wohl irgendwo anders. Sicher gibt es auch unter den Priestern selber solche, denen ihr heiliges Amt
nur ein Mittel zur Befriedigung ihres politischen Ehrgeizes ist, ja, die im politischen Kampfe in oft mehr
als beklagenswerter Weise vergessen, daß sie denn doch die Hüter einer höheren Wahrheit sein sollten
und nicht Vertreter von Lüge und Verleumdung — allein auf einen solchen Unwürdigen treffen doch
auch wieder tausend nur mehr ehrenhafte, ihrer Mission auf das treueste ergebene Seelsorger, die in
unserer heutigen, ebenso verlogenen als verkommenen Zeit wie kleine Inseln aus einem allgemeinen
Sumpfe herausragen.
So wenig ich die Kirche als solche verurteile und verurteilen darf, wenn einmal ein verkommenes
Subjekt im Priesterrock sich in schmutzigerweise an der Sittlichkeit verfehlt, so wenig aber auch, wenn
ein anderer unter den vielen sein Volkstum besudelt und verrät in Zeitläufen, in denen dies ohnehin
geradezu alltäglich ist. Besonders heute möge man dann nicht vergessen, daß auf einen solchen
Ephialtes auch Tausende treffen, die mit blutendem Herzen das Unglück ihres Volkes mitempfinden und
genau so wie die Besten unserer Nation die Stunde herbeisehnen, in der auch uns der Himmel wieder
einmal lächeln wird.
Wer aber zur Antwort gibt, daß es sich hier nicht um so kleine Problems des Alltags handelt, sondern
um Fragen grundsätzlicher Wahrhaftigkeit oder dogmatischen Inhalts überhaupt, dem kann man nur mit
einer anderen Frage die nötige Antwort geben:Glaubst du dich vom Schicksal ausersehen, hier die
Wahr-
[127 Die Los-von-Rom-Bewegung]
heit zu verkünden, dann tue es; aber habe dann auch den Mut, dies nicht über den Umweg einer
politischen Partei tun zu wollen — denn dies ist auch eine Schiebung —, sondern stelle eben an Stelle
des Schlechteren von jetzt dein Besseres der Zukunft auf.
Gehlt es dir hier an Mut, oder ist dir dein Besseres selber nicht ganz klar, dann lasse die Finger davon;
auf alle Fälle aber versuche nicht, was du mit offenem Visier nicht zu tun getraust, über den Umweg
einer politischen Bewegung zu erschleichen.
Politische Parteien haben mit religiösen Problemen, solange sie nicht als volksfremd die Sitte und Moral
der eigenen Rasse untergraben, nichts zu schaffen; genau so wie Religion nicht mit politischem
Parteiunfug zu verquicken ist.
Wenn kirchliche Würdenträger sich religiöser Einrichtungen oder auch Lehren bedienen, um ihr
Volkstum zu schädigen, so darf man ihnen auf diesem Wege niemals folgen und mit gleichen Waffen
kämpfen.
Dem politischen Führer haben religiöse Lehren und Einrichtungen seines Volkes immer unantastbar zu
sein, sonst darf er nicht Politiker sein, sondern soll Reformator werden, wenn er das Zeug hierzu besitzt!
Eine andere Haltung würde vor allem in Deutschland zu einer Katastrophe führen.
Bei dem Studium der alldeutschen Bewegung und ihres Kampfes gegen Rom bin ich damals und
besonders im Laufe späterer Jahre zu folgender Überzeugung gelangt: Das geringe Verständnis dieser
Bewegung für die Bedeutung des sozialen Problems kostete sie die wahrhaft kampfkräftige Masse des
Volkes; das Hineingehen in das Parlament nahm ihr den gewaltigen Schwung und belastete sie mit allen
dieser Institution eigenen Schwächen; der Kampf gegen die katholische Kirche machte sie in
zahlreichen kleinen und mittleren Kreisen unmöglich und raubte ihr damit unzählige der besten
Elemente, die die Nation überhaupt ihr eigen nennen kann.

[128 Die Los-von-Rom-Bewegung]
Das praktische Ergebnis des österreichischen Kulturkampfes war fast gleich Null.
Wohl gelang es, der Kirche gegen hunderttausend Mitglieder zu entreißen, allein ohne daß diese dadurch
auch nur einen besonderen Schaden erlitten hätte. Sie brauchte den verlorenen "Schäflein" in diesem
Falle wirklich keine Träne nachzuweinen; denn sie verlor nur, was ihr vorher schon längst innerlich
nicht mehr voll gehörte. Dies war der Unterschied der neuen Reformation gegenüber der einstigen: daß
einst viele der Besten der Kirche sich von ihr wendeten aus innerer religiöser Überzeugung heraus,
während jetzt nur die ohnehin Lauen gingen, und zwar aus "Erwägungen" politischer Natur.
Gerade vom politischen Gesichtspunkte aus war das Ergebnis ebenso lächerlich wie doch wieder traurig.
Wieder war eine erfolgversprechende politische Heilsbewegung der deutschen Nation zugrunde
gegangen, weil sie nicht mit der nötigen rücksichtslosen Nüchternheit geführt worden war, sondern sich
auf Gebiete verlor, die nur zu einer Zersplitterung führen mußten.
Denn eines ist sicher wahr:Die alldeutsche Bewegung würde diesen Fehler wohl nie gemacht haben,
wenn sie nicht zu wenig Verständnis für die Psyche der breiten Masse besessen hätte. Würde ihren
Führern bekannt gewesen sein, daß man, um überhaupt Erfolge erringen zu können, schon aus rein
seelischen Erwägungen heraus der Masse niemals zwei und mehr Gegner zeigen darf, da dies sonst zu
einer vollständigen Zersplitterung der Kampfkraft führt, so wäre schon aus diesem Grunde die
Stoßrichtung der alldeutschen Bewegung nur auf einen Gegner allein eingestellt worden. Es ist nichts
gefährlicher für eine politische Partei, als wenn sie sich in ihren Entschließungen von jenen
Hansdampfgesellen in allen Gassen leiten läßt, die alles wollen, ohne auch nur das Geringste je wirklich
erreichen zu können.
Auch wenn an der einzelnen Konfession noch soviel wirklich auszustellen wäre, so darf die politische
Partei doch nicht einen Augenblick die Tatsache aus dem Auge ver-
[129 Konzentration auf einen Gegner]
lieren, daß es nach aller bisherigen Erfahrung der Geschichte noch niemals einer rein politischen Partei
in ähnlichen Lagen gelungen war, zu einer religiösen Reformation zu kommen. Man studiert aber nicht
Geschichte, um dann, wenn sie zur praktischen Anwendung kommen sollte, sich ihrer Lehren nicht zu
erinnern oder zu glauben, daß nun die Dinge eben anders lägen, mithin ihre urewigen Wahrheiten nicht
mehr anzuwenden wären, sondern man lernt aus ihr gerade die Nutzanwendung für die Gegenwart. Wer
dies nicht fertigbringt, der bilde sich nicht ein, politischer Führer zu sein; er ist in Wahrheit ein seichter,
wenn auch meist sehr eingebildeter Tropf, und aller gute Wille entschuldigt nicht seine praktische
Unfähigkeit.Überhaupt besteht die Kunst aller wahrhaft großen Volksführer zu allen Zeiten in erster
Linie mit darin, die Aufmerksamkeit eines Volkes nicht zu zersplittern, sondern immer auf einen
einzigen Gegner zu konzentrieren. Je einheitlicher dieser Einsatz des Kampfwillens eines Volkes
stattfindet, um so größer wird die magnetische Anziehungskraft einer Bewegung sein, und um so
gewaltiger die Wucht des Stoßes. Es gehört zur Genialität eines großen Führers, selbst
auseinanderliegende Gegner immer als nur zu einer Kategorie gehörend erscheinen zu lassen, weil die
Erkenntnis verschiedener Feinde bei schwächlichen und unsicheren Charakteren nur zu leicht zum
Anfang des Zweifels am eigenen Rechte führt.
Sowie die schwankende Masse sich im Kampfe gegen zu viele Feinde sieht, wird sich sofort die
Objektivität einstellen und die Frage aufwerfen, ob wirklich alle anderen unrecht haben und nur das
eigene Volk oder die eigene Bewegung allein sich im Rechte befinde.
Damit aber kommt auch schon die erste Lähmung der eigenen Kraft. Daher muß eine Vielzahl von
innerlich verschiedenen Gegnern immer zusammengefaßt werden, so daß in der Einsicht der Masse der
eigenen Anhänger der Kampf nur gegen einen Feind allein geführt wird. Dies stärkt den Glauben an das
eigene Recht und steigert die Erbitterung gegen den Angreifer auf dasselbe.
[130 Der Weg der Christlich-Sozialen]
Daß die alldeutsche Bewegung von einst dies nicht begriff, kostete sie den Erfolg.
Ihr Ziel war richtig gesehen, das Wollen rein, der enigeschlagene Weg aber falsch. Sie glich einem
Bergsteiger, der den zu erklimmenden Gipfel wohl im Auge behält, auch mit größter Entschiedenheit
und Kraft sich auf den Weg macht, allein diesem selber keine Beachtung schenkt, sondern, immer den
Blick auf das Ziel gerichtet, die Beschaffenheit des Aufstiegs weder sieht noch prüft und daran endlich
scheitert.
Umgekehrt schien das Verhältnis bei der großen Konkurrentin, der christlich-sozialen Partei, zu liegen.
Der Weg, den sie einschlug, war klug und richtig gewählt, allein es fehlte die klare Erkenntnis über das
Ziel.
In fast allen Belangen, in denen die alldeutsche Bewegung fehlte, war die Einstellung der christlichsozialen
Partei richtig und planvoll.
Sie besaß das nötige Verständnis für die Bedeutung der Masse und sicherte sich wenigstens einen Teil
derselben durch offensichtliche Betonung ihres Sozialen Charakters vom ersten Tage an. Indem sie sich
in wesentlicher Weise auf die Gewinnung des kleinen und unteren Mittel- und Handwerkerstandes
einstellte, erhielt sie eine ebenso treue wie ausdauernde und opferwillige Gefolgschaft. Sie vermied
jeden Kampf gegen eine religiöse Einrichtung und sicherte sich dadurch die Unterstützung einer so
mächtigen Organisation, wie sie die Kirche nun einmal darstellt. Sie besaß demzufolge auch nur einen
einzigen wahrhaft großen Hauptgegner. Sie erkannte den Wert einer großzügigen Propaganda und war
Virtuosin im Einwirken auf die seelischen Instinkte der breiten Masse ihrer Anhänger.
Daß auch sie dennoch nicht das erträumte Ziel einer Rettung Österreichs zu erreichen vermochte, lag in
zwei Mängeln ihres Weges sowie in der Unklarheit über das Ziel selber.
Der Antisemitismus der neuen Bewegung war statt auf rassischer Erkenntnis auf religiöser Vorstellung
aufgebaut.
[131 Judenbekämpfung auf religöiser Grundlage]
Der Grund, warum dieser Fehler unterlief, war der gleiche, der auch den zweiten Irrtum veranlaßte.
Wollte die christlich-soziale Partei Österreich retten, dann durfte sie sich, nach der Meinung ihrer
Begründer, nicht auf den Standpunkt des Rassenprinzips stellen, da sonst in kurzer Zeit eine allgemeine
Auflösung des Staates eintreten mußte. Besonders aber die Lage in Wien selber erforderte, nach der
Ansicht der Führer der Partei, eine möglichst große Beiseitelassung aller trennenden Momente und an
deren Stelle ein Hervorheben aller einigenden Gesichtspunkte.
Wien war zu dieser Zeit schon so stark besonders mit tschechischen Elementen durchsetzt, daß nur
größte Toleranz in Bezug auf alle Rassenprobleme diese noch in einer nicht von vornherein deutschfeindlichen
Partei zu halten vermochte. Wollte man Österreich retten, durfte auf sie nicht verzichtet
werden. So versuchte man die besonders sehr zahlreichen tschechischen Kleingewerbetreibenden in
Wien zu gewinnen durch den Kampf gegen das liberale Manchestertum und glaubte dabei eine über alle
Völkerunterschiede des alten Österreichs hinwegführende Parole im Kampf gegen das Judentum auf
religiöser Grundlage gefunden zu haben.
Daß eine solche Bekämpfung auf solcher Grundlage der Judenheit nur begrenzte Sorge bereitete, liegt
auf der Hand. Im schlimmsten Falle rettete ein Guß Taufwasser immer noch Geschäft und Judentum
zugleich.
Mit einer solchen oberflächlichen Begründung kam man auch niemals zu einer ernstlichen
wissenschaftlichen Behandlung des ganzen Problems und stieß dadurch nur zu viele, denen diese Art
von Antisemitismus unverständlich sein mußte, überhaupt zurück. Die werbende Kraft der Idee war
damit fast ausschließlich an geistig beschränkte Kreise gebunden, wenn man nicht vom rein
gefühlsmäßigen Empfinden hinweg zu einer wirklichen Erkenntnis kommen wollte. Die Intelligenz
verhielt sich grundsätzlich ablehnend. Die Sache erhielt so mehr und mehr den Anstrich, als handle es
sich bei der ganzen Angelegenheit nur um den
[132 Der christlich-soziale Scheinantisemitismus]
Versuch einer neuen Judenbekehrung oder gar um den Ausdruck eines gewissen Konkurrenzneides.
Damit aber verlor der Kampf das Merkmal einer inneren und höheren Weihe und erschien vielen, und
nicht gerade den Schlechtesten, als unmoralisch und verwerflich. Es fehlte die Überzeugung, daß es sich
hier um eine Lebensfrage der gesamten Menschheit handle, von deren Lösung das Schicksal aller
nichtdeutschen Völker abhänge.
An dieser Halbheit ging der Wert der antisemitischen Einstellung der christlich-sozialen Partei verloren.
Es war ein Scheinantisemitismus, der fast schlimmer war als überhaupt keiner; denn so wurde man in
Sicherheit eingelullt, glaubte den Gegner an den Ohren zu haben, wurde jedoch in Wirklichkeit selber an
der Nase geführt.
Der Jude aber hatte sich schon in kurzer Zeit auch an diese Art von Antisemitismus gewöhnt, so daß ihm
sein Wegfall sicher mehr gefehlt haben würde, als ihn sein Vorhandensein behinderte.
Mußte man hier schon dem Nationalitätenstaat ein schweres Opfer bringen, so noch viel mehr der
Vertretung des Deutschtums an sich.
Man durfte nicht "nationalistisch" sein, wollte man nicht in Wien selber den Boden unter den Füßen
verlieren. Man hoffte, durch ein sanftes Umgehen dieser Frage den Habsburgerstaat noch zu retten und
trieb ihn gerade da. durch in das Verderben. Die Bewegung aber verlor damit die gewaltige Kraftquelle,
die allein auf die Dauer eine politische Partei mit innerer Triebkraft aufzufüllen vermag. Die christlichsoziale
Bewegung wurde gerade dadurch zu einer Partei wie eben jede andere auch.
Ich habe beide Bewegungen einst auf das aufmerksamste verfolgt, die eine aus dem Pulsschlag des
inneren Herzens heraus, die andere, hingerissen von Bewunderung für den seltenen Mann, der mir schon
damals wie ein bitteres Symbol des ganzen österreichischen Deutschtums erschien.
Als der gewaltige Leichenzug den toten Bürgermeister vom Rathaus hinweg der Ringstraße zu fuhr,
befand auch
[133 Alldeutsche und Christlich-Soziale]
ich mich unter den vielen Hunderttausenden, die dem Trauerspiel zusahen. In innerer Ergriffenheit sagte
mir dabei das Gefühl, daß auch das Werk dieses Mannes vergeblich sein müßte durch das Verhältnis,
das diesen Staat unweigerlich dem Untergang entgegenführen würde. Hätte Dr. Karl Lueger in
Deutschland gelebt, würde er in die Reihe der großen Köpfe unseres Volkes gestellt worden sein; daß er
in diesem unmöglichen Staate wirkte, war daß Unglück seines Werkes und seiner selbst.
Als er starb, zuckten bereits die Flämmchen auf dem Balkan von Monat zu Monat gieriger hervor, so
daß ihm das Schicksal gnädig das zu sehen erließ, was er noch glaubte verhüllen zu können. —Ich aber
versuchte, aus dem Versagen der einen Bewegung und dem Mißlingen der zweiten die Ursachen
herauszufinden und kam zur sicheren Überzeugung, daß, ganz abgesehen von der Unmöglichkeit, im
alten Österreich noch eine Festigung des Staates zu erreichen die Fehler der beiden Parteien folgende
waren:Die alldeutsche Bewegung hatte wohl recht in ihrer prinzipiellen Ansicht über das Ziel einer
deutschen Erneuerung, war jedoch unglücklich in der Wahl des Weges. Sie war nationalistisch, allein
leider nicht sozial genug, um die Masse zu gewinnen. Ihr Antisemitismus aber beruhte auf der richtigen
Erkenntnis der Bedeutung des Rassenproblems und nicht auf religiösen Vorstellungen. Ihr Kampf gegen
eine bestimmte Konfession war dagegen tatsächlich und taktisch falsch.
Die christlich-soziale Bewegung besaß eine unklare Vorstellung über das Ziel einer deutschen
Wiedergeburt, hatte aber Verstand und Glück beim Suchen ihrer Wege als Partei. Sie begriff die
Bedeutung der sozialen Frage, irrte in ihrem Kampf gegen das Judentum und besaß keine Ahnung von
der Macht des nationalen Gedankens.
Hätte die christlich-soziale Partei zu ihrer klugen Kenntnis der breiten Masse noch die richtige
Vorstellung von der Bedeutung des Rassenproblems, wie dies die alldeutsche Bewegung erfaßt hatte,
besessen, und wäre sie selber
[134 Wachsende Abneigung gegen den Habsburgerstaat]
endlich nationalistisch gewesen, oder würde die alldeutsche Bewegung zu ihrer richtigen Erkenntnis des
Zieles der Judenfrage und der Bedeutung des Nationalgedankens noch die praktische Klugheit der
christlich-sozialen Partei, besonders aber deren Einstellung zum Sozialismus angenommen haben, dann
würde dies jene Bewegung ergeben haben, die schon damals meiner Überzeugung nach mit Erfolg in
das deutsche Schicksal hatte eingreifen können.
Daß dies nicht so war, lag zum weitaus größten Teil aller am Wesen des österreichischen Staates.
Da ich meine Überzeugung in keiner anderen Partei verwirklicht sah, konnte ich mich in der Folgezeit
auch nicht mehr entschließen, in eine der bestehenden Organisationen einzutreten oder gar
mitzukämpfen. Ich hielt schon damals sämtliche der politischen Bewegungen für verfehlt und für
unfähig, eine nationale Wiedergeburt des deutschen Volkes in größerem und nicht äußerlichem
Umfange durchzuführen.
Meine innere Abneigung über dem habsburgischen Staate gegenüber Wuchs in dieser Zeit immer mehr
an.
Je mehr ich mich besonders auch mit außenpolitischen Fragen zu beschäftigen begann, um so mehr
gewann meine Überzeugung Boden, daß dieses Staatsgebilde nur zum Unglück des Deutschtums
werden mußte. Immer klarer sah ich endlich auch, daß das Schicksal der deutschen Nation nicht mehr
von dieser Stelle aus entschieden würde, sondern im Reiche selber. Dies galt aber nicht nur für
allgemeine politische Fragen, sondern nicht minder auch für alle Erscheinungen des gesamten
Kulturlebens überhaupt.
Der österreichische Staat zeigte auch hier auf dem Gebiete rein kultureller oder künstlerischer
Angelegenheiten alle Merkmale der Erschlaffung, mindestens aber der Bedeutungslosigkeit für die
deutsche Nation. Am meisten galt dies für das Gebiet der Architektur. Die neuere Baukunst konnte
schon deshalb in Österreich nicht zu besonders großen Erfolgen kommen, weil die Aufgaben seit dem
Ausbau der Ringstraße wenigstens in Wien nur mehr unbe-
[135 Österreich ein altes Mosaikbild]
deutende waren gegenüber den in Deutschland aufsteigenden Plänen.
So begann ich immer mehr ein Doppelleben zu führen; Verstand und Wirklichkeit hießen mich in
Österreich eine ebenso bittere wie segensreiche Schule durchmachten, allein das Herz weilte woanders.
Eine beklemmende Unzufriedenheit hatte damals von mir Besitz ergriffen, je mehr ich die innere
Hohlheit dieses Staates erkannte, die Unmöglichkeit, ihn noch zu retten, aber dabei mit aller Sicherheit
empfand, daß er in allem und jedem nur noch das Unglück des deutschen Volkes darstellen konnte.
Ich war überzeugt, daß dieser Staat jeden wahrhaft großen Deutschen ebenso beengen und behindern
mußte, wie er umgekehrt jede undeutsche Erscheinung fördern würde. Widerwärtig war mir das
Rassenkonglomerat, das die Reichshauptstadt zeigte, widerwärtig dieses ganze Völkergemisch von
Tschechen, Polen, Ungarn, Ruthenen, Serben und Kroaten usw., zwischen allem aber als ewiger
Spaltpilz der Menschheit Juden und wieder Juden.
Mir erscheint die Riesenstadt als die Verkörperung der Blutschande.
Mein Deutsch der Jugendzeit war der Dialekt, den auch Niederbayern spricht; ich vermochte ihn weder
zu vergessen, noch den Wiener Jargon zu lernen. Je länger ich in dieser Stadt weilte, um so mehr stieg
mein Haß gegen das fremde Völkergemisch, das diese alte deutsche Kulturstätte zu zerfressen begann.
Der Gedanke aber, daß dieser Staat noch längere Zeit zu halten wäre, erschien mir geradezu
lächerlich.Österreich war damals wie ein altes Mosaikbild, dessen Kitt, der die einzelnen Steinchen
zusammenbindet, alt und bröcklig geworden; solange das Kunstwerk nicht berührt wird, vermag es noch
sein Dasein weiter vorzutäuschen, sowie es jedoch einen Stoß erhält, bricht es in tausend Scherbchen
auseinander. Die Frage war also nur die, wann der Stoß kommen würde. —Da mein Herz niemals für
eine österreichische Monarchie,
[l36 Die Schule meines Lebens]
sondern immer nur für ein Deutsches Reich schlug, konnte mir die Stunde des Zerfalls dieses Staates nur
als der Beginn der Erlösung der deutschen Nation erscheinen.
Aus all diesen Gründen entstand immer starker die Sehnsucht, endlich dorthin zu gehen, wo seit so
früher Jugend mich heimliche Wünsche und heimliche Liebe hinzogen.
Ich hoffte, dereinst als Baumeister mir einen Namen zu machen und so, in kleinem oder großem
Rahmen, den mir das Schicksal dann eben schon zuweisen würde, der Nation meinen redlichen Dienst
zu weihen.
Endlich aber wollte ich des Glücks teilhaftig werden, an der Stelle zu sein und wirken zu dürfen, von der
einst ja auch mein brennendster Herzenswunsch in Erfüllung gehen mußte: der Anschluß meiner
geliebten Heimat an das gemeinsame Vaterland, das Deutsche Reich.
Viele werden die Größe einer solchen Sehnsucht auch heute noch nicht zu begreifen vermögen, allein
ich wende mich an die, denen das Schicksal entweder bisher dieses Glück verweigert oder in grausamer
Härte wieder genommen hat; ich wende mich an alle die, die, losgelöst vom Mutterlande, selbst um das
heilige Gut der Sprache zu kämpfen haben, die wegen ihrer Gesinnung der Treue dem Vaterlande
gegenüber verfolgt und gepeinigt worden, und die nun in schmerzlicher Ergriffenheit die Stunde
ersehnen, die sie wieder an das Herz der treuen Mutter zurückkehren läßt; ich wende mich an alle diese
und weiß: Sie werden mich verstehen!Nur wer selber am eigenen Leibe fühlt, was es heißt, Deutscher zu
sein, ohne dem lieben Vaterlande angehören zu dürfen, vermag die tiefe Sehnsucht zu ermessen, die zu
allen Zeiten im Herzen der vom Mutterlande getrennten Kinder brennt. Sie quält die von ihr Erfaßten
und verweigert ihnen Zufriedenheit und Glück so lange, bis die Tore des Vaterhauses sich öffnen und im
gemeinsamen Reiche das gemeinsame Blut Frieden und Ruhe wiederfindet.
[137 Die Schule meines Lebens]
Wien aber war und blieb für mich die schwerste, wenn auch gründlichste Schule meines Lebens. Ich
hatte diese Stadt einst betreten als ein halber Junge noch und verließ sie als still und ernst gewordener
Mensch. Ich erhielt in ihr die Grundlagen für eine Weltanschauung im großen und eine politische
Betrachtungsweise im kleinen, die ich später nur noch im einzelnen zu ergänzen brauchte, die mich aber
nie mehr verließen. Den rechten Wert der damaligen Lehrjahre vermag ich freilich selber erst heute voll
zu schätzen.
Deshalb habe ich diese Zeit etwas ausführlicher behandelt, da sie mir gerade in jenen Fragen den ersten
Anschauungsunterricht erteilte, die mit zu den Grundlagen der Partei gehören, die, aus kleinsten
Anfängen entstehend, sich im Laufe von kaum fünf Jahren zu einer großen Massenbewegung zu
entwickeln anschickt. Ich weiß nicht, wie meine Stellung zum Judentum, zur Sozialdemokratie, besser
zum gesamten Marxismus, zur sozialen Frage usw. heute wäre, wenn nicht schon ein Grundstock
persönlicher Anschauungen in so früher Zeit durch den Druck des Schicksals und durch eigenes Lernen
sich gebildet hätte.
Denn, wenn auch das Unglück des Vaterlandes Tausende und aber Tausende zum Denken anzuregen
vermag über die inneren Gründe des Zusammenbruches, so kann dies doch niemals zu jener
Gründlichkeit und tieferen Einsicht führen, die sich dem erschließt, der selber erst nach jahrelangem
Ringen Herr des Schicksals wurde.

4. Kapitel:
München
In Frühjahr 1912 kam ich endgültig nach München. Die Stadt selber war mir so gut bekannt, als ob ich
schon seit Jahren in ihren Mauern geweilt hätte. Es lag dies begründet in meinem Studium, das mich auf
Schritt und Tritt ja auf diese Metropole der deutschen Kunst hinwies. Man hat nicht nur Deutschland
nicht gesehen, wenn man München nicht kennt, nein, man kennt vor allem die deutsche Kunst nicht,
wenn man München nicht sah.
Jedenfalls war diese Zeit vor dem Kriege die glücklichste und weitaus zufriedenste meines Lebens.
Wenn auch mein Verdienst immer noch sehr kärglich war, so lebte ich ja nicht, um malen zu können,
sondern malte, um mir dadurch nur die Möglichkeit meines Lebens zu sichern, besser, um mir damit
mein weiteres Studium zu gestalten. Ich besaß die Überzeugung, mein Ziel, das ich mir gesteckt hatte,
einst eben dennoch zu erreichen. Und dies ließ mich allein schon alle sonstigen kleinen Sorgen des
täglichen Daseins leicht und unbekümmert ertragen.
Dazu aber kam noch die innere Liebe, die mich zu dieser Stadt mehr als zu einem anderen mir
bekannten Orte fast schon von der ersten Stunde meines Aufenthalts erfaßte. Eine deutsche Stadt!!
Welch ein Unterschied gegen Wien! Mir wurde schlecht, wenn ich an dieses Rassenbabylon auch nur
zurückdachte. Dazu der mir viel näher liegende Dialekt, der mich besonders im Umgang mit
Niederbayern an meine einstige Jugendzeit erinnern konnte. Es gab wohl tausend und mehr Dinge, die
mir innerlich lieb und teuer waren oder wurden. Am meisten aber zog
[139 Deutschlands falsche Bündnispolitik]
mich die wunderbare Vermählung von urwüchsiger Kraft und feiner künstlerischer Stimmung, diese
einzige Linie vom Hofbräuhaus zum Odeon, Oktoberfest zur Pinakothek usw. an. Daß ich heute an
dieser Stadt hänge, mehr als an irgendeinem anderen Flecken Erde auf dieser Welt, liegt wohl
mitbegründet in der Tatsache, daß sie mit der Entwicklung meines eigenen Lebens unzertrennlich
verbunden ist und bleibt; daß ich aber damals schon das Glück einer wahrhaft inneren Zufriedenheit
erhielt, war nur dem Zauber zuzuschreiben, den die wunderbare WittelsbacHerresidenz wohl auf jeden
nicht nur mit einem rechnerischen Verstande, sondern auch mit gefühlvollem Gemüte gesegneten
Menschen ausübt.
Was mich außer meiner beruflichen Arbeit am meisten anzog, war auch hier wieder das Studium der
politischen Tagesereignisse, darunter besonders außenpolitischer Vorgänge. Ich kam zu den letzteren
über den Umweg der deutschen Bündnispolitik, die ich von meinen österreichischen Zeiten her schon
für unbedingt falsch hielt. Immerhin war mir in Wien der volle Umfang dieser Selbsttäuschung des
Reiches noch nicht ganz klar geworden. Ich war damals geneigt, anzunehmen — oder redete mir es
vielleicht auch selber bloß als Entschuldigung vor —, das man möglicherweise in Berlin schon wisse,
wie schwach und wenig verläßlich der Bundesgenosse in Wirklichkeit sein würde, jedoch aus mehr oder
minder geheimnisvollen Gründen mit dieser Einsicht zurückhalte, um eine Bündnispolitik zu stützen,
ja Bismarck selber einst begründet hatte, und deren plötzlicher Abbruch nicht wünschenswert sein
konnte, schon um das lauernde Ausland nicht irgendwie aufzuschrecken oder den inneren Spießer zu
beruhigen.
Freilich, der Umgang, vor allem im Volke selber, lies mich zu meinem Entsetzen schon in kurzer Zeit
sehen, daß dieser Glaube falsch war. Zu meinem Erstaunen mußte ich überall feststellen, daß über das
Wesen der Habsburgermonarchie selbst in den sonst gut unterrichteten Kreisen aber auch kein blasser
Schimmer vorhanden war. Gerade
[140 Deutschlands falsche Bündnispolitik]
im Volke war man in dem Wahne verfangen, den Bundesgenossen als eine ernste Macht ansehen zu
dürfen, die in der Stunde der Not sicher sofort ihren Mann stellen würde. Man hielt in der Masse die
Monarchie immer für einen "deutschen" Staat und glaubte darauf auch bauen zu können. Man war der
Meinung, daß die Kraft auch hier nach den Millionen gemessen werden könnte, so wie etwa in
Deutschland selber, und vergaß vollständig, daß erstens: Österreich schon längst aufgehört hatte, ein
deutsches Staatswesen zu sein; daß aber zweitens: die inneren Verhältnisse dieses Reiches von Stunde
zu Stunde mehr der Auflösung entgegendrängten.
Ich hatte damals dieses Staatsgebilde besser gekannt als die sogenannte offizielle "Diplomatie", die
blind, wie fast immer, dem Verhängnis entgegentaumelte; denn die Stimmung des Volkes war immer
nur der Ausfluß dessen, was man von oben in die öffentliche Meinung hineintrichterte. Von oben aber
trieb man mit dem "Bundesgenossen" einen Kult wie um das goldene Kalb. Man hoffte wohl, durch
Liebenswürdigkeit zu ersetzen, was an Aufrichtigkeit fehlte. Dabei nahm man immer Worte für bare
Werte.
Mich packte schon in Wien der Zorn, wenn ich den Unterschied betrachtete, der zwischen den Reden
der offiziellen Staatsmänner und dem Inhalt der Wiener Presse von Zeit zu Zeit in Erscheinung trat.
Dabei war Wien aber doch noch, wenigstens dem Scheine nach, eine deutsche Stadt. Wie anders aber
lagen die Dinge, wenn man von Wien oder besser von Deutschösterreich weg in die slawischen
Provinzen des Reiches kam! Man brauchte nur Prager Zeitungen in die Hand zu nehmen, um zu wissen,
wie das ganze erhabene Gaukelspiel des Dreibundes dort beurteilt wurde. Da war für dieses
"staatsmännische Meisterwerk" schon nichts mehr vorhanden als blutiger Spott und Hohn. Man machte
im tiefsten Frieden, als die beiden Kaiser gerade die Freundschaftsküsse einander auf die Stirne
drückten, gar kein Hehl daraus, daß dieses Bündnis erledigt sei an dem Tage, an dem man versuchen
würde,
[141 Deutschlands falsche Bündnispolitik]
es aus dem Schimmer des Nibelungen-Ideals in die praktische Wirklichkeit zu überführen.
Wie hatte man sich doch einige Jahre später aufgeregt, als in der endlich gekommenen Stunde, da die
Bündnisse sich bewähren sollten, Italien aus dem Dreibunde aussprang und die beiden Genossen ziehen
ließ, ja zum Schlusse noch selber zum Feinde wurde! Daß man überhaupt auch nur eine Minute an die
Möglichkeit eines solchen Wunders früher zu glauben wagte, nämlich an das Wunder, daß Italien mit
Österreich gemeinsam kämpfen würde, konnte jedem eben nicht mit diplomatischer Blindheit
Geschlagenen nur einfach unverständlich sein. Allein die Dinge lagen ja in Österreich selber um kein
Haar anders.
Träger des Bündnisgedankens waren in Österreich nur die Habsburger und die Deutschen. Die
Habsburger aus Berechnung und Zwang, die Deutschen aus gutem Glauben und politischer —
Dummheit. Aus gutem Glauben, denn sie vermeinten, durch den Dreibund dem Deutschen Reiche selber
einen großen Dienst zu erweisen, es Stärken und sichern zu helfen; aus politischer Dummheit aber, weil
nicht das erst Gemeinte zutraf, sondern im Gegenteil sie dadurch mithalfen, das Reich an einen
Staatskadaver zu ketten, der beide in den Abgrund reißen mußte, vor allem aber, weil sie ja selber nur
durch dieses Bündnis immer mehr der Entdeutschung anheimfielen. Denn indem die Habsburger durch
das Bündnis mit dem Reiche vor einer Einmengung von dieser Seite aus sicher sein zu können glaubten
und leider auch mit Recht sein konnten, vermochten sie ihre innere Politik der langsamen Verdrängung
des Deutschtums schon wesentlich leichter und risikoloser durchzuführen. Nicht nur, daß man bei der
bekannten "Objektivität" einen Einspruch von seiten der Reichsregierung gar nicht zu befürchten
brauchte, konnte man auch dem österreichischen Deutschtum selber jederzeit mit dem Hinweis auf das
Bündnis den vorlauten Mund, der gegen eine etwa zu niederträchtige Art der Slawisierung sich auftun
wollte, sofort zum Schweigen bringen.
Was sollte denn auch der Deutsche in Österreich noch
[142 Deutschlands falsche Bündnispolitik]
tun, wenn doch das Deutschtum des Reiches selber der Habsburgerregierung Anerkennung und
Vertrauen aussprach? Sollte er Widerstand leisten, um dann in der ganzen deutschen Öffentlichkeit als
Verräter am eigenen Volkstum gebrandmarkt zu werden? Er, der seit Jahrhunderten die unerhörtesten
Opfer gerade für sein Volkstum gebracht hatte?Was aber besaß dieses Bündnis für einen Wert, wenn
erst das Deutschtum der Habsburgermonarchie ausgerottet worden wäre? War nicht der Wert des
Dreibundes für Deutschland geradezu abhängig von der Erhaltung der deutschen Vormachtstellung in
Österreich? Oder glaubte man wirklich, auch mit einem slawischen Habsburgerreich noch in einem
Bündnis leben zu können?Die Einstellung der offiziellen deutschen Diplomatie sowie auch die der
ganzen öffentlichen Meinung zum innerösterreichischen Nationalitätenproblem war schon nicht mehr
dumm, sondern einfach irrsinnig! Man baute auf ein Bündnis, stellte die Zukunft und Sicherheit eines
Siebzig-Millionen-Volkes darauf ein — und sah zu, wie die einzige Grundlage für diesen Bund beim
Partner von Jahr zu Jahr planmäßig und unbeirrt sicher zerstört wurde. Eines Tages mußte dann ein
"Vertrag" mit der Wiener Diplomatie übrigbleiben, die Bundeshilfe eines Reiches aber verloren sein.
Bei Italien war dies ohnehin von Anfang an der Fall.
Hätte man in Deutschland nur etwas klarer Geschichte studiert und Völkerpsychologie getrieben, dann
hätte man wohl keine Stunde glauben können, daß jemals Quirinal und Wiener Hofburg in einer
gemeinsamen Kampffront stehen würden. Italien wäre ja eher zu einem Vulkan geworden, ehe eine
Regierung es hätte wagen dürfen, dem so fanatisch verhaßten Habsburgerstaat aber auch nur einen
einzigen Italiener auf das Schlachtfeld zu stellen, außer als Feind. Ich habe die leidenschaftliche
Verachtung sowie den bodenlosen Haß, mit dem der Italiener dem österreichischen Staate "zugetan"
war, öfter als einmal in Wien aufbrennen sehen. Was das Haus Habsburg an der
[143 Deutschlands falsche Bündnispolitik]
italienischen Freiheit und Unabhängigkeit im Laufe der Jahrhunderte gesündigt hatte, war zu groß, als
daß man dies hätte vergessen können, auch wenn der Wille dazu vorhanden gewesen wäre. Er war aber
gar nicht vorhanden; weder im Volke noch bei der italienischen Regierung. Für Italien gab es deshalb
auch nur zwei Möglichkeiten im Zusammenleben mit Österreich: entweder Bündnis oder Krieg.
Indem man das erstere wählte, vermochte man sich in Ruhe zum zweiten vorzubereiten.
Besonders seitdem das Verhältnis Österreichs zu Rußland immer mehr einer kriegerischen
Auseinandersetzung entgegentrieb, war die deutsche Bündnispolitik ebenso sinnlos wie gefährlich.
Es war dies ein klassischer Fall. an dem sich das Fehlen jeder großen und richtigen Linie des Denkens
aufzeigen ließ.
Warum schloß man denn überhaupt ein Bündnis? Doch nur, um so die Zukunft des Reiches besser
wahren zu können, als es, auf sich allein gestellt, in der Lage gewesen wäre. Diese Zukunft des Reiches
aber war doch nichts anderes als die Frage der Erhaltung der Existenzmöglichkeit des deutschen Volkes.
Mithin aber konnte die Frage dann nur lauten: Wie muß das Leben der deutschen Nation in einer
greifbaren Zukunft sich gestalten, und wie kann man dieser Entwicklung dann die nötigen Grundlagen
und die erforderliche Sicherheit gewährleisten im Rahmen der allgemeinen europäischen
Machtverhältnisse?Bei klarer Betrachtung der Voraussetzungen für die außenpolitische Betätigung der
deutschen Staatskunst mußte man zu folgender Überzeugung gelangen:Deutschland hat eine jährliche
Bevölkerungszunahme von nahezu neunhunderttausend Seelen. Die Schwierigkeit der Ernährung dieser
Armee von neuen Staatsbürgern muß voll Jahr zu Jahr größer werden und einmal bei einer Katastrophe
enden, falls eben nicht Mittel und Wege gefunden
[144 Die vier Wege deutscher Politik]
werden, noch rechtzeitig der Gefahr dieser Hungerverelendung vorzubeugen.
Es gab vier Wege, um einer solchen entsetzlichen Zukunftsentwicklung zu entgehen:1. Man konnte,
nach französischem Vorbilde, die Zunahme der Geburten künstlich einschränken und damit einer
Übervölkerung begegnen.
Die Natur selber pflegt ja in Zeiten großer Not oder böser klimatischer Verhältnisse sowie bei armem
Bodenertrag ebenfalls zu einer Einschränkung der Vermehrung der Bevölkerung von bestimmten
Ländern oder Rassen zu schreiten; allerdings in ebenso weiser wie rücksichtsloser Methode. Sie
behindert nicht die Zeugungsfähigkeit an sich, wohl aber die Forterhaltung des Gezeugten, indem sie
dieses so schweren Prüfungen und Entbehrungen aussetzt, daß alles minder Starke, weniger Gesunde
wieder in den Schoß des ewig Unbekannten zurückzukehren gezwungen wird. Was sie dann dennoch
die Unbilden des Daseins überdauern läßt, ist tausendfältig erprobt, hart und wohl geeignet, wieder
weiter zu zeugen, auf daß die gründliche Auslese von vorne wieder zu beginnen vermag. Indem sie so
gegen den einzelnen brutal vorgeht und ihn augenblicklich wieder zu sich ruft, sowie er dem Sturme des
Lebens nicht gewachsen ist, erhält sie die Rasse und Art selber kraftvoll, ja steigert sie zu höchsten
Leistungen.
Damit ist aber eine Verminderung der Zahl eine Stärkung der Person, mithin aber letzten Endes eine
Kräftigung der Art.
Anders ist es, wenn der Mensch eine Beschränkung seiner Zahl vorzunehmen sich anschickt. Er ist nicht
aus dem Holze der Natur geschnitzt, sondern "human". Er versteht es besser als die grausame Königin
aller Weisheit. Er beschränkt nicht die Forterhaltung des einzelnen als vielmehr die Fortpflanzung
selber. Dieses erscheint ihm, der ja immer nur sich selbst und nie die Rasse sieht, menschlicher und
gerechtfertigter zu sein als der umgekehrte Weg. Allein leider sind auch die Folgen umgekehrt:Während
die Natur, indem sie die Zeugung freigibt,
[145 Die vier Wege deutscher Politik]
jedoch die Forterhaltung einer schwersten Prüfung unterwirft, aus einer Überzahl von Einzelwesen die
besten sich als wert zum Leben auserwählt, sie also allein erhält und ebenso zu Trägern der
Forterhaltung ihrer Art werden läßt, schränkt der Mensch die Zeugung ein, sorgt jedoch krampfhaft
dafür, daß jedes einmal geborene Wesen um jeden Preis auch erhalten werde. Diese Korrektur des
göttlichen Willens scheint ihm ebenso weise wie human zu sein, und er freut sich, wieder einmal in
einer Sache die Natur übertrumpft, ja ihre Unzulänglichkeit bewiesen zu haben. Daß in Wirklichkeit
allerdings wohl die Zahl eingeschränkt, aber dafür auch der Wert des einzelnen vermindert wurde, will
das liebe Äffchen des Allvaters freilich nur ungern sehen und hören.
Denn sowie erst einmal die Zeugung als solche eingeschränkt und die Zahl der Geburten vermindert
wird, tritt an Stelle des natürlichen Kampfes um das Dasein, der nur den Allerstärksten und Gesündesten
am Leben läßt, die selbstverständliche Sucht, auch das schwächlichste, ja krankhafteste um jeden Preis
zu "retten", womit der Keim zu einer Nachkommenschaft gelegt wird, die immer jämmerlicher werden
muß, je länger diese Verhöhnung der Natur und ihres Willens anhält.
Das Ende aber wird sein, daß einem solchen Volke eines Tages das Dasein auf dieser Welt genommen
werden wird; denn der Mensch kann wohl eine gewisse Zeit den ewigen Gesetzen des
Forterhaltungswillens trotzen, allein die Rache kommt früher oder später doch. Ein stärkeres Geschlecht
wird die Schwachen verjagen, da der Drang zum Leben in seiner letzten Form alle lächerlichen Fesseln
einer sogenannten Humanität der einzelnen immer wieder zerbrechen wird, um an deren Stelle die
Humanität der Natur treten zu lassen, die die Schwäche vernichtet, um der Stärke den Platz zu schenken.
Wer also dem deutschen Volke das Dasein sichern will auf dem Wege einer Selbstbeschränkung seiner
Vermehrung, raubt ihm damit die Zukunft.2. Ein zweiter Weg wäre der, den wir auch heute wieder
[146 Die vier Wege deutscher Politik]
oft und oft vorgeschlagen und angepriesen hören; die innere Kolonisation. Es ist dies ein Vorschlag, der
von ebenso vielen gut gemeint ist, als er von den meisten aber schlecht verstanden zu werden pflegt, um
den denkbar größten Schaden anzurichten, den man sich nur vorzustehen vermag.
Ohne Zweifel kann die Ertragsfähigkeit eines Bodens bis zu einer bestimmten Grenze erhöht werden.
Allein eben nur bis zu einer bestimmten Grenze und nicht endlos weiter. Eine gewisse Zeit wird man
also ohne Hungersgefahr die Vermehrung des deutschen Volkes durch eine Nutzungssteigerung unseres
Bodens auszugleichen vermögen. Allein dem steht die Tatsache gegenüber, daß die Anforderungen an
das Leben im allgemeinen schneller steigen als selbst die Zahl der Bevölkerung. Die Anforderungen der
Menschen in bezug auf Nahrung und Kleidung werden von Jahr zu Jahr größer und stehen schon jetzt
zum Beispiel in keinem Verhältnis mehr zu den Bedürfnissen unserer Vorfahren etwa vor hundert
Jahren. Es ist also irrig, zu meinen, daß jede Erhöhung der Produktion einer Vermehrung der
Bevölkerung die Voraussetzung schaffe: Nein; dies tritt nur bis zu einem gewissen Grad zu, indem
mindestens ein Teil der Mehrerzeugnisse des Bodens zur Befriedigung der erhöhten Bedürfnisse der
Menschen aufgebraucht wird. Allein selbst bei größter Einschränkung einerseits und emsigstem Fleiße
andererseits wird dennoch auch hier einmal eine Grenze kommen, die durch den Boden dann selber
gezogen wird. Es wird bei allem Fleiße nicht mehr gelingen, mehr aus ihm herauszuwirtschaften, und
dann tritt, wenn auch eine gewisse Zeit hinausgeschoben, das Verhängnis abermals in Erscheinung. Der
Hunger wird zunächst von Zeit zu Zeit, wenn Mißernten usw. kommen, sich wieder einstellen. Er wird
dies mit steigender Volkszahl immer öfter tun, so daß er endlich nur dann nicht mehr auftritt, wenn
seltene reichste Jahre die Speicher fallen. Aber es naht endlich die Zeit, in der auch dann die Not nicht
mehr zu befriedigen sein wird und der Hunger zum ewigen
[147 Die vier Wege deutscher Politik]
Begleiter eines solchen Volkes geworden ist. Nun muß wieder die Natur helfen und Auswahl treffen
unter den von ihr zum Leben Auserwählten; oder es hilft sich der Mensch wieder selbst, das heißt, er
greift zur künstlichen Behinderung seiner Vermehrung mit allen ihren schon angedeuteten schweren
Folgen für Rasse und Art.
Man wird noch einzuwenden vermögen, daß diese Zukunft ja der ganzen Menschheit einmal so oder so
bevorstehe, mithin auch das einzelne Volk diesem Verhängnis natürlich nicht zu entgehen vermöge.
Dies ist auf den ersten Blick ohne weiteres richtig. Dennoch ist aber hier folgendes zu
bedenken:Sicherlich wird zu einem bestimmten Zeitpunkt die gesamte Menschheit gezwungen sein,
infolge der Unmöglichkeit, die Fruchtbarkeit des Bodens der weitersteigenden Volkszahl noch länger
anzugleichen, die Vermehrung des menschlichen Geschlechtes einzustellen und entweder die Natur
wieder entscheiden zu lassen oder durch Selbsthilfe, wenn möglich, dann freilich schon auf dem
richtigeren Wege als heute, den notwendigen Ausgleich zu schaffen, Allein dieses wird dann eben alle
Völker treten, während zur Zeit nur diejenigen Rassen von solcher Not betroffen werden, die nicht mehr
Kraft und Stärke genug besitzen, um sich den für sie nötigen Boden auf dieser Welt zu sichern. Denn die
Dinge liegen doch so, daß auf dieser Erde zur Zeit noch immer Boden in ganz ungeheuren Flächen
ungenützt vorhanden ist und nur des Bebauers harrt. Ebenso aber ist es auch richtig, daß dieser Boden
nicht von der Natur an und für sich einer bestimmten Nation oder Rasse als Reservatfläche für die
Zukunft aufgehoben wurde, sondern er ist Land und Boden für das Volk, das die Kraft besitzt, ihn zu
nehmen, und den Fleiß, ihn zu bebauen.
Die Natur kennt keine politischen Grenzen. Sie setzt die Lebewesen zunächst auf diesen Erdball und
sieht dem freien Spiel der Kräfte zu. Der Stärkste an Mut und Fleiß erhält dann als ihr liebstes Kind das
Herrenrecht des Daseins zugesprochen.
[148 Die vier Wege deutscher Politik]
Wenn ein Volk sich auf innere Kolonisation beschränkt, da andere Rassen sich auf immer größeren
Bodenflächen dieser Erde festklammern, wird es zur Selbstbeschränkung schon zu einer Zeit zu greifen
gezwungen sein, da die übrigen Völker sich noch dauernd fortvermehren. Einmal tritt aber dieser Fall
ein, und zwar um so früher, je kleiner der zur Verfügung stehende Lebensraum eines Volkes ist. Da im
allgemeinen leider nur zu häufig die besten Nationen oder, noch richtiger, die einzigen wahrhaften
Kulturrassen, die Träger alles menschlichen Fortschrittes, sich in ihrer pazifistischen Verblendung,
entschließen, auf neuen Bodenerwerb Verzicht zu leisten, um sich mit "innerer" Kolonisation zu
begnügen, minderwertige Nationen aber ungeheure Lebensflächen auf dieser Welt sich zu sichern
verstehen, würde dies zu folgendem Endergebnis führen:Die kulturell besseren, allein minder
rücksichtslosen Rassen müßten schon zu einer Zeit ihre Vermehrung infolge ihres beschränkten Bodens
begrenzen, da die kulturell tieferen, aber naturhaft-brutaleren Völker infolge größter Lebensflächen noch
ins Unbegrenzte hinein sich fortzuvermehren in der Lage sein würden. Mit anderen Worten: Die Welt
wird damit eines Tages in den Besitz der kulturell minderwertigeren, jedoch tatkräftigeren Menschheit
kommen.
Dann gibt es in einer, wenn auch noch so fernen Zukunft nur zwei Möglichkeiten: Entweder die Welt
wird regiert nach den Vorstellungen unserer modernen Demokratie, dann füllt das Schwergewicht jeder
Entscheidung zugunsten der zahlenmäßig stärkeren Rassen aus, oder die Welt wird beHerrscht nach den
Gesetzen der natürlichen Kraftordnung, dann siegen die Völker des brutalen Willens und mithin eben
wieder nicht die Nation der Selbstbeschränkung.
Daß aber diese Welt dereinst noch schwersten Kämpfen um das Dasein der Menschheit ausgesetzt sein
wird, kann niemand bezweifeln. Am Ende siegt ewig nur die Sucht der Selbsterhaltung. Unter ihr
schmilzt die sogenannte Humanität als Ausdruck einer Mischung von Dummheit, Feigheit und
eingebildetem Besserwissen wie Schnee in der
[149 Die vier Wege deutscher Politik]
Märzensonne. Im ewigen Kampfe ist die Menschheit groß geworden im ewigen Frieden geht sie
zugrunde.
Für uns Deutsche aber ist die Parole der "inneren Kolonisation" schon deshalb unselig, da sie bei uns
sofort die Meinung verstärkt, ein Mittel gefunden zu haben, das der pazifistischen Gesinnung
entsprechend gestattet, in sanftem Schlummerleben sich das Dasein "erarbeiten" zu können. Diese
Lehre, bei uns erst einmal ernst genommen, bedeutet das Ende jeder Anstrengung, sich auf dieser Welt
den Platz zu bewahren, der auch uns gebührt. Sowie erst der Durchschnittsdeutsche die Überzeugung
erhielte, auch auf solchem Wege sich das Leben und die Zukunft sichern zu können, würde jeder
Versuch einer aktiven und damit allein fruchtbaren Vertretung deutscher Lebensnotwendigkeiten
erledigt sein. Jede wirklich nützliche Außenpolitik aber könnte durch eine solche Einstellung der Nation
als begraben angesehen werden und mit ihr die Zukunft des deutschen Volkes überhaupt.
In Erkenntnis dieser Folgen ist es nicht zufällig in erster Linie immer der Jude, der solche
todgefährlichen Gedankengänge in unser Volk hineinzupflanzen versucht und versteht. Er kennt seine
Pappenheimer nur zu gut, um nicht zu wissen, daß sie dankbar jedem spanischen Schatzschwindler zum
Opfer fallen, der ihnen weiszumachen versteht, daß das Mittel gefunden wäre, der Natur ein
Schnippchen zu schlagen, den harten, unerbittlichen Kampf ums Dasein überflüssig zu machen, um an
seiner Stelle bald durch Arbeit, manchmal auch schon durch bloßes Nichtstun, je nachdem "wies trefft",
zum Herrn des Planeten aufzusteigen.
Es kann nicht scharf genug betont werden, daß jede deutsche innere Kolonisation in erster Linie nur
dazu zu dienen hat, soziale Mißstände zu beseitigen, vor allem den Boden der allgemeinen Spekulation
zu entziehen, niemals aber genügen kann, etwa die Zukunft der Nation ohne neuen Grund und Boden
sicherzustellen.

[150 Die vier Wege deutscher Politik]
Handeln wir anders, so werden wir in kurzer Zeit nicht nur am Ende unseres Bodens angelangt sein,
sondern auch am Ende unserer Kraft.
Schließlich muß noch folgendes festgestellt werden:Die in der inneren Kolonisation liegende
Beschränkung auf eine bestimmte kleine Bodenfläche sowie auch die durch Einengung der
Fortpflanzung erfolgende gleiche Schlußwirkung führt zu einer außerordentlich ungünstigen
militärpolitischen Lage der betreffenden Nation.
In der Größe des Wohnsitzes eines Volkes liegt allein schon ein wesentlicher Faktor zur Bestimmung
seiner äußeren Sicherheit. Je größer die Raummenge ist, die einem Volk zur Verfügung steht, um so
größer ist auch dessen natürlicher Schutz; denn noch immer ließen sich militärische Entscheidungen
gegen Völker auf kleiner zusammengepreßter Bodenfläche in schnellerer und damit aber auch leichterer
und besonders wirksamerer und vollständigerer Weise erzielen, wie dies umgekehrt gegen territorial
umfangreiche Staaten möglich sein kann. In der Größe des Staatsgebietes liegt damit immer noch ein
gewisser Schutz gegen leichtfertige Angriffe, da ein Erfolg dabei nur nach langen, schweren Kämpfen
zu erzielen ist, mithin das Risiko eines übermütigen Überfalles zu groß erscheinen wird, sofern nicht
ganz außerordentliche Gründe vorliegen. Daher liegt schon in der Größe des Staates an sich ein Grund
zur leichteren Erhaltung der Freiheit und Unabhängigkeit eines Volkes, während umgekehrt die
Kleinheit eines solchen Gebildes zur Inbesitznahme geradezu herausfordert.
Tatsächlich wurden auch die beiden ersten Möglichkeiten zur Schaffung eines Ausgleiches zwischen der
steigenden Volkszahl und dem gleich groß bleibenden Boden in den sogenannten nationalen Kreisen des
Reiches abgelehnt. Die Gründe zu dieser Stellungnahme waren freilich andere als die oben angeführten:
Zur Einschränkung der Geburten verhielt man sich in erster Linie ablehnend aus einem gewissen
moralischen Gefühl heraus; die innere Kolonisation wies man mit Entrüstung zurück, da man in ihr
einen Angriff gegen den Großgrundbesitz witterte und
[151 Die vier Wege deutscher Politik]
darin den Beginn eines allgemeinen Kampfes gegen das Privateigentum überhaupt sah. Bei der Form, in
der besonders diese letztere Heilslehre empfohlen wurde, konnte man auch ohne weiteres mit einer
solchen Annahme recht haben.
Im allgemeinen war die Abwehr der breiten Masse gegenüber nicht sehr geschickt und traf auch in
keinerlei Weise den Kern des Problems.
Somit blieben nur noch zwei Wege, der steigenden Volkszahl Arbeit und Brot zu sichern.3. Man konnte
entweder neuen Boden erwerben, um die überschüssigen Millionen jährlich abzuschieben, und so die
Nation auch weiter auf der Grundlage einer Selbsternährung erhalten, oder man ging4. dazu über, durch
Industrie und Handel für fremden Bedarf zu schaffen, um vom Erlös das Leben zu bestreiten.
Also: entweder Boden- oder Kolonial- und Handelspolitik.
Beide Wege worden von verschiedenen Richtungen ins Auge gefaßt, geprüft, empfohlen und bekämpft,
bis endlich der letzte endgültig gegangen wurde.
Der gesündere Weg von beiden wäre freilich der erstere gewesen.
Die Erwerbung von neuem Grund und Boden zur Ansiedlung der überlaufenden Volkszahl besitzt
unendlich viel Vorzüge, besonders wenn man nicht die Gegenwart, sondern die Zukunft ins Auge faßt.
Schon die Möglichkeit der Erhaltung eines gesunden Bauernstandes als Fundament der gesamten Nation
kann niemals hoch genug eingeschätzt werden. Viele unserer heutigen Leiden sind nur die Folge des
ungesunden Verhältnisses zwischen Land- und Stadtvolk. Ein fester Stock kleiner und mittlerer Bauern
war noch zu allen Zeiten der beste Schutz gegen soziale Erkrankungen, wie wir sie heute besitzen. Dies
ist aber auch die einzige Lösung, die eine Nation das tägliche Brot im inneren Kreislauf einer Wirtschaft
finden läßt. Industrie und Handel treten von ihrer ungesunden führenden Stellung zurück und gliedern
sich in den
[152 Erwerb neuen Bodens]
allgemeinen Rahmen einer nationalen Bedarfs- und Ausgleichswirtschaft ein. Beide sind damit nicht
mehr die Grundlage der Ernährung der Nation, sondern ein Hilfsmittel derselben. zudem sie nur mehr
den Ausgleich zwischen eigener Produktion und Bedarf auf allen Gebieten zur Aufgabe haben, machen
sie die gesamte Volksernährung mehr oder weniger unabhängig vom Auslande, helfen also mit, die
Freiheit des Staates und die Unabhängigkeit der Nation, besonders in schweren Tagen, sicherzustellen.
Allerdings, eine solche Bodenpolitik kann nicht etwa in Kamerun ihre Erfüllung finden, sondern heute
fast ausschließlich nur mehr in Europa. Man muß sich damit kühl und nüchtern auf den Standpunkt
stellen, daß es sicher nicht Absicht des Himmels sein kann, dem einen Volke fünfzigmal so viel an
Grund und Boden auf dieser Welt zu geben als dem anderen. Man darf in diesem Falle sich nicht durch
politische Grenzen von den Grenzen des ewigen Rechtes abbringen lassen. Wenn diese Erde wirklich
für alle Raum zum Leben hat, dann möge man uns also den uns zum Leben notwendigen Boden geben.
Man wird das freilich nicht gerne tun. Dann jedoch tritt das Recht der Selbsterhaltung in seine Wirkung;
und was der Güte verweigert wird, hat eben die Faust sich zu nehmen. Hätten unsere Vorfahren einst
ihre Entscheidungen von dem gleichen pazifistischen Unsinn abhängig gemacht wie die heutige
Gegenwart, dann würden wir überhaupt nur ein Drittel unseres jetzigen Bodens zu eigen besitzen; ein
deutsches Volk aber dürfte dann kaum mehr Sorgen in Europa zu tragen haben. Nein, der natürlichen
Entschlossenheit zum Kampfe für das eigene Dasein verdanken wir die beiden Ostmarken des Reiches
und damit jene innere Stärke der Größe unseres Staats- und Volksgebietes, die überhaupt allein uns bis
heute bestehen ließ.
Auch aus einem anderen Grunde wäre diese Lösung die richtige gewesen:Viele europäische Staaten
gleichen heute auf die Spitze gestellten Pyramiden. Ihre europäische Grundfläche ist lächerlich klein
gegenüber ihrer übrigen Belastung in Kolo[
153 Erwerb neuen Bodens]
nien, Außenhandel usw. Man darf sagen: Spitze in Europa, Basis in der ganzen Welt; zum Unterschiede
der amerikanischen Union, die die Basis noch im eigenen Kontinent besitzt und nur mit der Spitze die
übrige Erde berührt. Daher kommt aber auch die unerhörte innere Kraft dieses Staates und die Schwäche
der meisten europäischen Kolonialmächte. Auch England ist kein Beweis dagegen, da man nur zu leicht
angesichts des britischen Imperiums die angelsächsische Welt als solche vergißt. Die Stellung Englands
kann infolge seiner Sprach- und Kulturgemeinschaft mit der amerikanischen Union allein schon mit
keinem sonstigen Staat in Europa verglichen werden.
Für Deutschland lag demnach die einzige Möglichkeit zur Durchführung einer gesunden Bodenpolitik
nur in der Erwerbung von neuem Lande in Europa selber. Kolonien können diesem Zweck so lange
nicht dienen, als sie nicht zur Besiedelung mit Europäern in größtem Maße geeignet erscheinen. Auf
friedlichem Wege aber waren solche Kolonialgebiete im neunzehnten Jahrhundert nicht mehr zu
erlangen. Es würde mithin auch eine solche Kolonialpolitik nur auf dem Wege eines schweren Kampfes
durchzuführen gewesen sein, der aber dann zweckmäßiger nicht für außereuropäische Gebiete, sondern
vielmehr für Land im Heimatkontinent selbst ausgefochten worden wäre.
Ein solcher Entschluß erfordert dann freilich ungeteilte Hingabe. Es geht nicht an, mit halben Mitteln
oder auch nur zögernd an eine Aufgabe heranzutreten, deren Durchführung nur unter Anspannung aber
auch der letzten Energie möglich erscheint. Dann mußte auch die gesamte politische Leitung des
Reiches diesem ausschließlichen Zwecke huldigen; niemals durfte ein Schritt erfolgen, von anderen
Erwägungen geleitet als von der Erkenntnis dieser Aufgabe und ihrer Bedingungen. Man hatte sich
Klarheit zu verschaffen, daß dieses Ziel nur unter Kampf zu erreichen war, und mußte dem
Waffengange dann aber auch ruhig und gefaßt ins Auge sehen.
So waren die gesamten Bündnisse ausschließlich von diesem Gesichtspunkte aus zu prüfen und ihrer
Verwertbarkeit
[154 Mit England gegen Rußland]
nach zu schätzen. Wollte man in Europa Grund und Boden dann konnte dies im großen und ganzen nur
auf Kosten Rußlands geschehen, dann mußte sich das neue Reich wieder auf der Straße der einstigen
Ordensritter in Marsch setzen, um mit dem deutschen Schwert dem deutschen Pflug die Scholle, der
Nation aber das tägliche Brot zu gehen.
Für eine solche Politik allerdings gab es in Europa nur einen einzigen Bundesgenossen: England.
Nur mit England allein vermochte man, den Rücken gedeckt, den neuen Germanenzug zu beginnen. Das
Recht hierzu wäre nicht geringer gewesen als das Recht unserer Vorfahren. Keiner unserer Pazifisten
weigert sich, das Brot des Ostens zu essen, obwohl der erste Pflug einst "Schwert" hieß!Englands
Geneigtheit zu gewinnen, durfte dann aber kein Opfer zu groß sein, Es war auf Kolonien und Seegeltung
zu verzichten, der britischen Industrie aber die Konkurrenz zu ersparen.
Nur unbedingte klare Einstellung allein konnte zu einem solchen Ziele führen. Verzicht auf Welthandel
und Kolonien, Verzicht auf eine deutsche Kriegsflotte, Konzentration der gesamten Machtmittel des
Staates auf das Landheer.
Das Ergebnis wäre wohl eine augenblickliche Beschränkung gewesen, allein eine große und mächtige
Zukunft.
Es gab eine Zeit, da England in diesem Sinne hätte mit sich reden lassen. Da es sehr wohl begriffen
hatte, daß Deutschland infolge seiner Bevölkerungszunahme nach irgendeinem Ausweg suchen müsse
und entweder mit England diesen in Europa fände oder ohne England in der Welt.
Dieser Ahnung war es wohl auch in erster Linie zuzuschreiben, wenn um die Jahrhundertwende von
London selber aus versucht wurde, Deutschland näherzutreten. Zum ersten Male zeigte sich damals, was
wir in den letzten Jahren in wahrhaft erschreckender Weise beobachten konnten. Man war unangenehm
berührt bei dem Gedanken, für England Kastanien aus dem Feuer holen zu müssen;
[155 Lösung des österreichischen Bündnisses]
als ob es überhaupt ein Bündnis auf einer anderen Grundlage als der eines gegenseitigen Geschäftes
geben könnte. Mit England ließ sich aber ein solches Geschäft sehr wohl machen. Die britische
Diplomatie war noch immer klug genug, zu wissen, daß ohne Gegenleistung keine Leistung zu erwarten
ist.
Man stelle sich aber vor, daß eine kluge deutsche Außenpolitik die Rolle Japans im Jahre 1904
übernommen hätte, und man kann kaum ermessen, welche Folgen dies für Deutschland gehabt haben
würde.
Es wäre niemals zu einem "Weltkriege" gekommen.
Das Blut im Jahre 1904 hatte das Zehnfache der Jahre 1914 bis 1918 erspartWelche Stellung aber würde
Deutschland heute in der Welt einnehmen!Allerdings, das Bündnis mit Österreich war dann ein Unsinn.
Denn die staatliche Mumie verband sich mit Deutschland nicht zum Durchfechten eines Krieges,
sondern zur Erhaltung eines ewigen Friedens, der dann in kluger Weise zur langsamen, aber sicheren
Ausrottung des Deutschtums der Monarchie verwendet werden konnte.
Dieses Bündnis aber war auch deshalb eine Unmöglichkeit, weil man doch von einem Staate so lange
gar keine offensive Vertretung nationaler deutscher Interessen erwarten durfte, als dieser nicht einmal
die Kraft und Entschlossenheit besaß, dem Entdeutschungsprozeß an seiner unmittelbaren Grenze ein
Ende zu bereiten. Wenn Deutschland nicht soviel nationale Besinnung und auch Rücksichtslosigkeit
besaß, dem unmöglichen Habsburgerstaat die Verfügung über das Schicksal der zehn Millionen
Stammesgenossen zu entreißen, dann durfte man wahrlich nicht erwarten, daß es jemals zu solch
weitausschauenden und verwegenen Plänen die Hand bieten würde. Die Haltung des alten Reiches zur
österreichischen Frage war der Prüfstein für sein Verhalten im Schicksalskampf der ganzen Nation.
Auf alle Fälle durfte man nicht zusehen, wie Jahr um Jahr das Deutschtum mehr zurückgedrängt wurde,
da ja
[156 Wirtschatts-Expansions-Politik]
der Wert der Bündnisfähigkeit Österreich ausschließlich von der Erhaltung des deutschen Elements
bestimmt wurde.
Allein, man beschritt diesen Weg ja überhaupt nicht.
Man fürchtete nichts so sehr als den Kampf, um endlich in der ungünstigsten Stunde dennoch zu ihm
gezwungen zu werden.
Man wollte dem Schicksal enteilen und wurde von ihm ereilt. Man träumte von der Erhaltung des
Weltfriedens und landete beim Weltkrieg.
Und dies war der bedeutendste Grund, warum man diesen dritten Weg der Gestaltung einer deutschen
Zukunft gar nicht einmal ins Auge faßte. Man wußte, daß die Gewinnung neuen Bodens nur im Osten zu
erreichen war, sah den dann nötigen Kampf und wollte um jeden Preis doch den Frieden; denn die
Parole der deutschen Außenpolitik hieß schon längst nicht mehr: Erhaltung der deutschen Nation auf
allen Wegen, als vielmehr: Erhaltung des Weltfriedens mit allen Mitteln. Wie dies dann gelang, ist
bekannt.
Ich werde darauf noch besonders zurückkommen.
So blieb also noch die vierte Möglichkeit: Industrie und Welthandel, Seemacht und Kolonien.
Eine solche Entwicklung war allerdings zunächst leichter und auch wohl schneller zu erreichen. Die
Besiedlung von Grund und Boden ist ein langsamer Prozeß, der oft Jahrhunderte dauert; ja, darin ist
gerade seine innere Stärke zu suchen, daß es sich dabei nicht um ein plötzliches Aufflammen, sondern
um ein allmähliches, aber gründliches und andauerndes Wachsen handelt, zum Unterschiede von einer
industriellen Entwicklung, die im Laufe weniger Jahre aufgeblasen werden kann, um dann aber auch
mehr einer Seifenblase als einer gediegenen Stärke zu ähneln. Eine Flotte ist freilich schneller zu bauen,
als im zähen Kampfe Bauernhöfe aufzurichten und mit Farmern zu besiedeln; allein, sie ist auch
schneller zu vernichten als letztere.
Wenn Deutschland dennoch diesen Weg beschritt, dann mußte man aber wenigstens klar erkennen, daß
auch diese Entwicklung eines Tages beim Kampfe enden würde. Nur
[157 Mit Rußland gegen England]
Kinder konnten vermeinen, durch freundliches und gesittetes Betragen und dauerndes Betonen
friedlicher Gesinnung ihre Bananen holen zu können im "friedlichen Wettbewerb der Völker", wie man
so schön und salbungsvoll daherschwätzte; ohne also je zur Waffe greifen zu müssen.
Nein, wenn wir diesen Weg beschritten, dann mußte eines Tages England unser Feind werden. Es war
mehr als unsinnig sich darüber zu entrüsten — entsprach aber ganz unserer eigenen Harmlosigkeit —,
daß England sich die Freiheit nahm, eines Tages unserem friedlichen Treiben mit der Roheit des
gewalttätigen Egoisten entgegenzutreten.
Wir hätten dies allerdings nie getan.
Wenn europäische Bodenpolitik nur zu treiben war gegen Rußland mit England im Bunde, dann war
aber umgekehrt Kolonial- und Welthandelspolitik nur denkbar gegen England mit Rußland. Dann müßte
man aber auch hier rücksichtslos die Konsequenzen ziehen — und vor allem Österreich schleunigst
fahren lassen.
Nach jeder Richtung hin betrachtet war dieses Bündnis mit Österreich um die Jahrhundertwende schon
ein wahrer Wahnsinn.
Allein man dachte ja auch gar nicht daran, sich mit Rußland gegen England zu verbünden, so wenig wie
mit England gegen Rußland, denn in beiden Fällen wäre das Ende ja Krieg gewesen, und um diesen zu
verhindern, entschloß man sich ja doch überhaupt erst zur Handels. und Industriepolitik. Man besaß ja
nun in der "wirtschaftsfriedlichen" Eroberung der Welt eine Gebrauchsanweisung, die der bisherigen
Gewaltpolitik ein für allemal das Genick brechen sollte. Man war sich manchmal der Sache vielleicht
doch wieder nicht ganz sicher, besonders, wenn aus England von Zeit zu Zeit ganz unmißverständliche
Drohungen herüberkamen; darum entschloß man sich auch zum Bau einer Flotte; jedoch auch wieder
nicht zum Angriff und zur Vernichtung Englands, sondern zur "Verteidigung" des schon benannten
"Weltfriedens" und der "friedlichen" Eroberung der Welt. Daher wurde sie auch in allem und jedem
etwas bescheidener gehalten, nicht nur der Zahl, sondern auch
[158 "Wirtschaftsfriedliche" Eroberung]
dem Tonnengehalt der einzelnen Schiffe sowie der Armierung nach, um auch so wieder die letzten
Endes doch "friedliche" Absicht durchleuchten zu lassen.
Das Gerede von der "wirtschaftsfriedlichen" Eroberung der Welt war wohl der größte Unsinn, der
jemals zum leitenden Prinzip der Staatspolitik erhoben wurde. Dieser Unsinn wurde noch größer
dadurch, daß man sich nicht scheute, England als Kronzeugen für die Möglichkeit einer solchen
Leistung anzurufen. Was dabei unsere professorale Geschichtslehre und Geschichtsauffassung
mitverbrochen hat, kann kaum wieder gutgemacht werden und ist nur der schlagende Beweis dafür, wie
viele Leute Geschichte "lernen", ohne sie zu verstehen oder gar zu begreifen. Gerade in England hatte
man die schlagende Widerlegung dieser Theorie erkennen müssen; hat doch kein Volk mit größter
Brutalität seine wirtschaftlichen Eroberungen mit dem Schwerte besser vorbereitet und später
rücksichtslos verteidigt als das englische. Ist es nicht geradezu das Merkmal britischer Staatskunst, aus
politischer Kraft wirtschaftliche Erwerbungen zu ziehen und jede wirtschaftliche Stärkung sofort wieder
in politische Macht umzugießen? Dabei welch ein Irrtum, zu meinen, daß England etwa persönlich zu
feige wäre, für seine Wirtschaftspolitik auch das eigene Blut einzusetzen! Daß das englische Volk kein
"Volksheer" besaß, bewies hier in keiner Weise das Gegenteil; denn nicht auf die jeweilige militärische
Form der Wehrmacht kommt es hierbei an, als vielmehr auf den Willen und die Entschlossenheit, die
vorhandene einzusetzen. England besaß immer die Rüstung, die es eben nötig hatte. Es kämpfte immer
mit den Waffen, die der Erfolg verlangte. Es schlug sich mit Söldnern, solange Söldner genügten; es
griff aber auch tief hinein in das wertvolle Blut der ganzen Nation, wenn nur mehr ein solches Opfer den
Sieg bringen konnte; immer aber blieb die Entschlossenheit zum Kampf und die Zähigkeit wie
rücksichtslose Führung desselben die gleiche.
In Deutschland aber züchtete man allmählich über den Weg der Schule, Presse und Witzblätter von dem
Wesen des Engländers und noch mehr fast seines Reiches eine
[159 Die Engländer in deutscher Karikatur]
Vorstellung, die zu einer der bösesten Selbsttäuschungen führen mußte; denn von diesem Unsinn ward
langsam alles angesteckt, und die Folge dessen war eine Unterschätzung, die sich dann auch auf das
bitterste rächte. Die Tiefe dieser Fälschung war so groß, daß man überzeugt war, im Engländer den
ebenso gerissenen wie aber persönlich ganz unglaublich feigen Geschäftsmann vor sich zu haben. Daß
man ein Weltreich von der Größe des englischen nicht gut nur zusammenschleichen und schwindeln
konnte, leuchtete unseren erhabenen Lehrern professoraler Wissenschaft leider nicht ein. Die wenigen
Warner wurden überhört oder totgeschwiegen. Ich erinnere mich noch genau, wie erstaunt bei meinen
Kameraden die Gesichter waren, als wir in Flandern den Tommies persönlich gegenübertraten. Schon
nach den ersten Schlachttagen dämmerte da wohl im Gehirn eines jeden die Überzeugung auf, daß diese
Schottländer nicht gerade denen entsprachen, die man uns in Witzblättern und Depeschenberichten
vorzumalen für richtig gefunden hatte.
Ich habe damals meine ersten Betrachtungen über die Zweckmäßigkeit der Form der Propaganda
angestellt.
Diese Fälschung aber hatte für die Verbreiter freilich etwas Gutes; man vermochte an diesem, wenn
auch unrichtigen Beispiel ja die Richtigkeit der wirtschaftlichen Eroberung der Welt zu demonstrieren.
Was dem Engländer gelang, mußte auch uns gelingen, wobei dann als ein ganz besonderes Plus unsere
doch bedeutend größere Redlichkeit, das Fehlen jener spezifisch englischen "Perfidie", angesehen
wurde. Hoffte man doch, dadurch die Zuneigung vor allem der kleineren Nationen sowie das Vertrauen
der großen nur um so leichter zu gewinnen.
Daß unsere Redlichkeit den anderen ein innerer Greuel war, leuchtete uns dabei schon deshalb nicht ein,
weil wir dieses alles ganz ernsthaft selber glaubten, wahrend die andere Welt ein solches Gebaren als
Ausdruck einer ganz geriebenen Verlogenheit ansah, bis erst, wohl zum größten Erstaunen, die
Revolution einen tieferen Einblick in die unbegrenzte Dummheit unserer "aufrichtigen" Gesinnung
vermittelte.
[160 Innere Schwäche des Dreibundes]
Allein aus dem Unsinn dieser "wirtschaftsfriedlichen Eroberung" der Welt heraus war auch sofort der
Unsinn des Dreibundes klar und verständlich. Mit welchem Staate konnte man sich denn da überhaupt
sonst verbünden? Mit Österreich zusammen vermochte man allerdings nicht auf kriegerische Eroberung,
selbst nur in Europa, auszugehen. Gerade darin aber bestand ja vom ersten Tage an die innere Schwäche
des Bundes. Ein Bismarck konnte sich diesen Notbehelf erlauben, allein dann noch lange nicht jeder
stümperhafte Nachfolger, am wenigsten jedoch zu einer Zeit, da wesentliche Voraussetzungen auch zu
dem Bismarckschen Bündnis langst nicht mehr vorhanden waren; denn Bismarck glaubte noch in
Österreich einen deutschen Staat vor sich zu haben. Mit der allmählichen Einführung des allgemeinen
Wahlrechtes aber war dieses Land zu einem parlamentarisch regierten, undeutschen Wirrwarr
herabgesunken.
Nun war das Bündnis mit Österreich auch rassepolitisch einfach verderblich. Man duldete das Werden
einer neuen slawischen Großmacht an der Grenze des Reiches, die sich früher oder später ganz anders
gegen Deutschland ein. stellen mußte als z. B. Rußland. Dabei mußte das Bündnis selber von Jahr zu
Jahr innerlich hohler und schwächer werden, in demselben Verhältnis, in dem die einzigen Träger dieses
Gedankens in der Monarchie an Einfluß verloren und aus den maßgebendsten Stellen verdrängt wurden.
Schon um die Jahrhundertwende war das Bündnis mit Österreich in genau das gleiche Stadium
eingetreten wie der Bund Österreichs mit Italien.
Auch hier gab es nur zwei Möglichkeiten: Entweder man war im Bunde mit der Habsburgermonarchie,
oder man mußte gegen die Verdrängung des Deutschtums Einspruch erheben. Wenn man aber mit so
etwas erst einmal beginnt, pflegt das Ende meistens der offene Kampf zu sein.
Der Wert des Dreibundes war auch schon psychologisch ein bescheidener, da die Festigkeit eines
Bundes in eben dem Maße abnimmt, je mehr er sich auf die Erhaltung eines bestehenden Zustandes an
sich beschränkt. Ein Bund
[161 Ludendorffs Denkschrift 1912]
wird aber umgekehrt um so stärker sein, je mehr die einzelnen Kontrahenten zu hoffen vermögen, durch
ihn bestimmte, greifbare, expansive Ziele erreichen zu können. Auch hier wie überall liegt die Stärke
nicht in der Abwehr, sondern im Angriff.
Dies wurde auch von verschiedenen Seiten schon damals erkannt, leider nur nicht von den sogenannten
"Berufenen". Besonders der damalige Oberst Ludendorff, Offizier im Großen Generalstab, wies in einer
Denkschrift des Jahres 1912 auf diese Schwächen hin. Natürlich wurde der Sache von seiten der
"Staatsmänner" keinerlei Wert und Bedeutung zuerkannt; wie denn überhaupt klare Vernunft
anscheinend nur für gewöhnliche Sterbliche zweckmäßig in Erscheinung zu treten hat, grundsätzlich
aber ausscheiden darf, soweit es sich um "Diplomaten" handelt.
Es war für Deutschland nur ein Glück, daß der Krieg im Jahre 1914 auf dem Umwege über Österreich
ausbrach, die Habsburger also mitmachen mußten; wäre es nämlich umgekehrt gekommen, so wäre
Deutschland allein gewesen. Niemals hätte der Habsburgerstaat sich an einem Kampfe zu beteiligen
vermocht oder auch selbst beteiligen wollen, der durch Deutschland entstanden wäre. Was man später an
Italien so verurteilte, wäre dann schon früher bei Österreich eingetreten: man würde "neutral" geblieben
sein, um so wenigstens den Staat vor einer Revolution gleich zu Beginn zu retten. Das österreichische
Slawentum würde eher die Monarchie schon im Jahre 1914 zerschlagen haben, als daß es die Hilfe für
Deutschland zugelassen hätte.
Wie groß aber die Gefahren und Erschwerungen, die der Bund mit der Donaumonarchie mit sich
brachte, waren, vermochten damals nur sehr wenige zu begreifen.
Erstens besaß Österreich zu viel Feinde, die den morschen Staat zu beerben gedachten, als daß nicht im
Laufe der Zeit ein gewisser Haß gegen Deutschland entstehen mußte, in dem man nun einmal die
Ursache der Verhinderung des allseits erhofften und ersehnten Zerfalles der Monarchie erblickte. Man
kam zur Überzeugung, daß Wien zum
[162 Österrich als verlockendes Erbe]
Schlusse eben nur auf dem Umweg über Berlin zu erreichen sei.
Damit aber verlor zweitens Deutschland die besten und aussichtsreichsten Bündnismöglichkeiten, ja, an
ihre Stelle trat immer größere Spannung mit Rußland und selbst Italien. Dabei war in Rom die
allgemeine Stimmung ebensosehr deutschfreundlich, wie sie österreichfeindlich im Herzen auch des
letzten Italieners schlummerte, öfters sogar hellauf brannte.
Weil man sich nun einmal auf Handels- und Industriepolitik geworfen hatte, war zu einem Kampfe
gegen Rußland ebenfalls nicht der leiseste Anstoß mehr vorhanden. Nur die Feinde beider Nationen
konnten daran noch ein lebendiges Interesse besitzen. Tatsächlich waren es auch in erster Linie Juden
und Marxisten, die hier mit allen Mitteln zum Kriege zwischen den zwei Staaten schürten und hetzten.
Endlich aber mußte drittens dieser Bund für Deutschland eine ganz unendliche Gefahr deshalb in sich
bergen, weil es nun einer dem Bismarckschen Reiche tatsächlich feindlich gegenüberstehenden
Großmacht jederzeit mit Leichtigkeit gelingen konnte, eine ganze Reihe von Staaten gegen Deutschland
mobil zu machen, indem man ja für jeden auf Kosten des österreichischen Verbündeten Bereicherungen
in Aussicht zu stellen in der Lage war.
Gegen die Donaumonarchie war der gesamte Osten Europas in Aufruhr zu bringen, insbesondere aber
Rußland und Italien. Niemals würde die sich seit König Eduards einleitendem Wirken bildende
Weltkoalition zustande gekommen sein, wenn eben nicht Österreich als der Verbündete Deutschlands
ein zu verlockendes Erbe dargestellt hatte. Nur so ward es möglich, Staaten mit sonst heterogenen
Wünschen und Zielen in eine einzige Angriffsfront zu bringen. Jeder konnte hoffen, bei einem
allgemeinen Vorgehen gegen Deutschland auch seinerseits eine Bereicherung auf Kosten Österreichs zu
erhalten. Daß nun diesem Unglücksbunde auch noch die Türkei als stiller Teilhaber an. zugehören
schien, verstärkte diese Gefahr auf das außerordentlichste.
[163 Österrich als verlockendes Erbe]
Die internationale jüdische Weltfinanz brauchte aber diese Lockmittel, um den langersehnten Plan einer
Vernichtung des in die allgemeine überstaatliche Finanz- und Wirtschaftskontrolle noch nicht sich
fügenden Deutschlands durchführen zu können. Nur damit konnte man eine Koalition
zusammenschmieden, stark und mutig gemacht durch die reine Zahl der nun marschierenden
Millionenheere, bereit, dem gehörnten Siegfried endlich auf den Leib zu rücken.
Das Bündnis mit der Habsburgermonarchie, das mich schon in Österreich immer mit Mißmut erfüllt
hatte, begann nun zur Ursache langer innerer Prüfungen zu werden, die mich in der Folgezeit nur noch
mehr in der schon vorgefaßten Meinung bestärkten.
Ich machte schon damals in den kleinen Kreisen, in denen ich überhaupt verkehrte, kein Hehl aus
meiner Überzeugung, daß dieser unselige Vertrag mit einem zum Untergange bestimmten Staat auch zu
einem katastrophalen Zusammenbruch Deutschlands führen werde, wenn man sich nicht noch zur
rechten Zeit loszulösen verstünde. Ich habe in dieser meiner felsenfesten Überzeugung auch keinen
Augenblick geschwankt, als endlich der Sturm des Weltkrieges jede vernünftige Überlegung
ausgeschaltet zu haben schien und der Taumel der Begeisterung die Stellen mitergriffen hatte, für die es
nur kälteste Wirklichkeitsbetrachtung geben durfte. Auch während ich selbst an der Front stand, vertrat
ich, wo immer aber diese Probleme gesprochen wurde, meine Meinung, daß der Bund je schneller desto
besser für die deutsche Nation abgebrochen werden müßte, und daß die Preisgabe der habsburgischen
Monarchie überhaupt kein Opfer wäre, wenn Deutschland dadurch eine Beschränkung seiner Gegner
erreichen könnte; denn nicht für die Erhaltung einer verluderten Dynastie hatten sich die Millionen den
Stahlhelm aufgebunden, sondern vielmehr für die Rettung der deutschen Nation.
Einige Male vor dem Kriege schien es, als ob wenigstens in einem Lager ein leiser Zweifel an der
Richtigkeit der eingeschlagenen Bündnispolitik auftauchen wollte. Deutschkonservative Kreise
begannen von Zeit zu Zeit vor zu großer
[164 Staat und Wirtschaft]
Vertrauensseligkeit zu warnen, allein es war dies, wie eben alles Vernünftige, in den Wind geschlagen
worden. Man war überzeugt, auf dem rechten Weg zu einer "Eroberung" der Welt zu sein, deren Erfolg
ungeheuer, deren Opfer gleich Null sein werden.
Den bekannten "Unberufenen" aber blieb wieder einmal nichts anderes übrig, als schweigend
zuzusehen, warum und wie die "Berufenen" geradewegs in das Verderben marschierten, das liebe Volk
wie der Rattenfänger von Hameln hinter sich herziehend.
×
Die tiefere Ursache für die Möglichkeit, den Unsinn einer "Wirtschaftlichen Eroberung" als praktischen
politischen Weg, die Erhaltung des "Weltfriedens" aber als politisches Ziel einem ganzen Volke
hinzustellen, ja begreiflich zu machen, lag in der allgemeinen Erkrankung unseres gesamten politischen
Denkens überhaupt.
Mit dem Siegeszuge der deutschen Technik und Industrie, den aufstrebenden Erfolgen des deutschen
Handels verlor sich immer mehr die Erkenntnis, daß dies alles doch nur unter der Voraussetzung eines
starken Staates möglich sei. Im Gegenteil, man ging schon in vielen Kreisen so weit, die Überzeugung
zu vertreten, daß der Staat selber nur diesen Erscheinungen sein Dasein verdanke, daß er selber in erster
Linie eine wirtschaftliche Institution darstelle, nach wirtschaftlichen Belangen zu regieren sei und
demgemäß auch in seinem Bestande von der Wirtschaft abhänge, welcher Zustand dann als der weitaus
gesündeste wie natürlichste angesehen und gepriesen wurde.
Der Staat hat aber mit einer bestimmten Wirtschaftsauffassung oder Wirtschaftsentwicklung gar nichts
zu tun.
Er ist nicht eine Zusammenfassung wirtschaftlicher Kontrahenten in einem bestimmt umgrenzten
Lebensraum zur Erfüllung wirtschaftlicher Aufgaben, sondern die Organisation einer Gemeinschaft
physisch und seelisch gleicher Lebewesen zur besseren Ermöglichung der Forterhaltung ihrer Art sowie
der Erreichung des dieser von der Vorsehung
[165 Staat und Wirtschaft]
vorgezeichneten Zieles ihres Daseins. Dies und nichts anderes ist der Zweck und Sinn eines Staates. Die
Wirtschaft ist dabei nur eines der vielen Hilfsmittel, die zur Erreichung dieses Zieles eben erforderlich
sind. Sie ist aber niemals Ursache oder Zweck eines Staates, sofern eben dieser nicht von vornherein auf
falscher, weil unnatürlicher Grundlage beruht. Nur so ist es erklärlich, daß der Staat als solcher nicht
einmal eine territoriale Begrenzung als Voraussetzung zu haben braucht. Es wird dies nur bei den
Völkern vonnöten sein, die aus sich selbst heraus die Ernährung der Artgenossen sicherstellen wollen,
also durch eigene Arbeit den Kampf mit dem Dasein auszufechten bereit sind. Völker, die sich als
Drohnen in die übrige Menschheit einzuschleichen vermögen, um diese unter allerlei Vorwänden für
sich schaffen zu lassen, können selbst ohne jeden eigenen, bestimmt begrenzten Lebensraum Staaten
bilden. Dies trifft in erster Linie zu bei dem Volke. unter dessen Parasitentum besonders heute die ganze
ehrliche Menschheit zu leiden hat: dem Judentum.
Der jüdische Staat war nie in sich räumlich begrenzt, sondern universell unbegrenzt auf den Raum, aber
beschränkt auf die Zusammenfassung einer Rasse. Daher bildete dieses Volk auch immer einen Staat
innerhalb der Staaten. Es gehört zu den genialsten Tricks, die jemals erfunden worden sind, diesen Staat
als "Religion" segeln zu lassen und ihn dadurch der Toleranz zu versichern, die der Arier dem religiösen
Bekenntnis immer zuzubilligen bereit ist. Denn tatsächlich ist die mosaische Religion nichts anderes als
eine Lehre der Erhaltung der jüdischen Rasse. Sie umfaßt daher auch nahezu alle soziologischen,
politischen sowie wirtschaftlichen Wissensgebiete, die hierfür überhaupt nur in Frage zu kommen
vermögen.
Der Trieb der Arterhaltung ist die erste Ursache zur Bildung menschlicher Gemeinschaften. Damit aber
ist der Staat ein völkischer Organismus und nicht eine wirtschaftliche Organisation. Ein Unterschied, der
ebenso groß ist, als er besonders den heutigen sogenannten "Staatsmännern" allerdings unverständlich
bleibt. Daher glauben dann diese auch,
[166 Staat und Wirtschaft]
den Staat durch Wirtschaft aufbauen zu können, wahrend er in Wahrheit ewig nur das Ergebnis der
Betätigung jener Eigenschaften ist, die in der Linie des Erhaltungswillens der Art und Rasse liegen.
Diese sind aber immer heldische Tugenden und niemals krämerischer Egoismus, da ja die Erhaltung des
Daseins einer Art die Bereitwilligkeit zur Aufopferung des einzelnen voraussetzt. Darin liegt ja eben der
Sinn des Dichterwortes "Und setzet ihr nicht das Leben ein, nie wird euch das Leben gewonnen sein",
daß die Hingabe des persönlichen Daseins notwendig ist, um die Erhaltung der Art zu sichern. Somit
aber ist die wesentlichste Voraussetzung zur Bildung und Erhaltung eines Staates das Vorhandensein
eines bestimmten Zusammengehörigkeitsgefühls auf Grund gleichen Wesens und gleicher Art sowie die
Bereitwilligkeit, dafür sich mit allen Mitteln einzusetzen. Dies wird bei Völkern auf eigenem Boden zur
Bildung heldischer Tugenden, bei Schmarotzern zu verlogener Heuchelei und heimtückischer
Grausamkeit führen, wenn nicht diese Eigenschaften schon als Voraussetzung ihres der Form nach so
verschiedenen staatlichen Daseins nachweisbar vorhanden sein müssen. Immer aber wird schon die
Bildung eines Staates nur durch den Einsatz dieser Eigenschaften mindestens ursprünglich erfolgen,
wobei dann im Ringen um die Selbsterhaltung, diejenigen Völker unterliegen werden, das heißt der
Unterjochung und damit dein früheren oder späteren Aussterben anheimfallen, die im gegenseitigen
Kampf das wenigste an heldischen Tugenden ihr eigen nennen oder der verlogenen List des feindlichen
Schmarotzers nicht gewachsen sind. Aber auch in diesem Falle ist dies fast immer nicht so sehr einem
Mangel an Klugheit als vielmehr einem Mangel an Entschlossenheit und Mut zuzuschreiben, der sich
nur unter dem Mantel humaner Gesinnung zu verbergen trachtet.
Wie wenig aber die staatsbildenden und staatserhaltenden Eigenschaften mit Wirtschaft im
Zusammenhang stehen, zeigt am klarsten die Tatsache, das die innere Stärke eines Staates nur in den
allerseltensten Fällen mit der sogenannten wirtschaftlichen Blüte zusammenfällt, wohl aber diese

[167 Staat und Wirtschaft]
in unendlich vielen Beispielen den bereits nahenden Verfall des Staates anzuzeigen scheint. Würde nun
aber die Bildung menschlicher Gemeinwesen in erster Linie wirtschaftlichen Kräften oder auch
Antrieben zuzuschreiben sein, dann mußte die höchste wirtschaftliche Entfaltung auch zugleich die
gewaltigste Stärke des Staates bedeuten und nicht umgekehrt.
Der Glaube an die staatsbildende und staatserhaltende Kraft der Wirtschaft mutet besonders
unverständlich an, wenn er in einem Lande Geltung hat, das in allein und jedem das geschichtliche
Gegenteil klar und eindringlich aufzeigt. Gerade Preußen erweist in wundervoller Schärfe, daß nicht
materielle Eigenschaften, sondern ideelle Tugenden allein zur Bildung eines Staates befähigen. Erst
unter ihrem Schutze vermag dann auch die Wirtschaft emporzublühen, so lange, bis mit dem
Zusammenbruche der reinen staatsbildenden Fähigkeiten auch die Wirtschaft wieder zusammenbricht;
ein Vorgang, den wir gerade jetzt in so entsetzlich trauriger Weise beobachten können. Immer vermögen
die materiellen Interessen der Menschen so lange am besten zu gedeihen, als sie im Schatten heldischer
Tugenden bleiben; sowie sie aber in den ersten Kreis des Daseins zu treten versuchen, zerstören sie sich
die Voraussetzung zum eigenen Bestand.
Stets, wenn in Deutschland ein Aufschwung machtpolitischer Art stattfand, begann sich auch die
Wirtschaft zu heben; immer aber, wenn die Wirtschaft zum einzigen Inhalt des Lebens unseres Volkes
wurde und darunter die ideellen Tugenden erstickte, brach der Staat wieder zusammen und riß in einiger
Zeit die Wirtschaft mit sich.
Wenn man sich jedoch die Frage vorlegt, was nun die staatsbildenden oder auch nur staatserhaltenden
Kräfte in Wirklichkeit sind, so kann man sie unter einer einzigen Bezeichnung zusammenfassen:
Aufopferungsfähigkeit und Aufopferungswille des einzelnen für die Gesamtheit. Daß diese Tugenden
mit Wirtschaft auch nicht das geringste zu tun haben, geht aus der einfachen Erkenntnis hervor, daß der
Mensch sich ja nie für diese aufopfert, das heißt: man
[168 Staat und Wirtschaft]
stirbt nicht für Geschäfte, sondern nur für Ideale. Nichts bewies die psychologische Überlegenheit des
Engländers in der Erkenntnis der Volksseele besser als die Motivierung. die er seinem Kampfe zu geben
verstand. Während wir für Brot fochten, stritt England für die "Freiheit", und nicht einmal für die
eigene, nein, für die der kleinen Nationen. Man lachte bei uns über diese Frechheit oder ärgerte sich
darüber und bewies damit, wie gedankenlos dumm die sogenannte Staatskunst Deutschlands schon vor
dem Kriege geworden war. Keine blasse Ahnung war mehr vorhanden über das Wesen der Kraft, die
Männer aus freiem Willen und Entschluß in den Tod zu führen vermag.
Solange das deutsche Volk im Jahre 1914 noch für Ideale zu fechten glaubte, hielt es stand; sowie man
es nur mehr um das tägliche Brot kämpfen ließ, gab es das Spiel lieber auf.
Unsere geistvollen "Staatsmänner" aber staunten über diesen Wechsel der Gesinnung. Es wurde ihnen
niemals klar, daß ein Mensch von dem Augenblick an, in dem er für ein wirtschaftliches Interesse ficht,
den Tod möglichst meidet, da ja dieser ihn um den Genuß des Lohnes seines Kampfes für immer
bringen würde. Die Sorge um die Rettung des eigenen Kindes läßt, die schwächlichste Mutter zur
Heldin werden, und nur der Kampf um die Erhaltung der Art und des sie schützenden Herdes oder auch
Staates trieb die Männer zu allen Zeiten in die Speere der Feinde. Man darf folgenden Satz als ewig
gültige Wahrheit aufstellen:Noch niemals wurde ein Staat durch friedliche Wirtschaft gegründet,
sondern immer nur durch die Instinkte der Erhaltung der Art, mögen diese nun auf dem Gebiete
heldischer Tugend oder listiger Verschlagenheit liegen; das eine ergibt dann eben arische Arbeits- und
Kulturstaaten, das andere jüdische Schmarotzerkolonien. Sowie jedoch erst bei einem Volke oder in
einem Staate die Wirtschaft als solche diese Triebe zu überwuchern beginnt, wird sie selber zur
lockenden Ursache der Unterjochung und Unterdrückung.
Der Glaube der Vorkriegszeit, durch Handels- und Kolonialpolitik auf friedlichem Wege die Welt dem
deutschen
[169 Verfallsmomente]
Volke erschließen oder gar erobern zu können, war ein klassisches Zeichen für den Verlust der
wirklichen staatsbildenden und staatserhaltenden Tugenden und aller daraus folgenden Einsicht,
Willenskraft und Tatentschlossenheit; die naturgesetzliche Quittung hierfür aber war der Weltkrieg mit
seinen Folgen.
Für den nicht tiefer Forschenden konnte allerdings diese Einstellung der deutschen Nation — denn sie
war wirklich so gut als allgemein — nur ein unlösbares Rätsel darstellen: war doch gerade Deutschland
ein ganz wundervolles Beispiel eines aus rein machtpolitischen Grundlagen her. vorgegangenen
Reiches. Preußen, des Reiches Keimzelle, entstand durch strahlendes Heldentum und nicht durch
Finanzoperationen oder Handelsgeschäfte, und das Reich selber war wieder nur der herrlichste Lohn
machtpolitischer Führung und soldatischen Todesmutes. Wie konnte gerade das deutsche Volk zu einer
solchen Erkrankung seines politischen Instinktes kommen? Denn hier handelte es sich nicht um eine
einzelne Erscheinung, sondern um Verfallsmomente, die in wahrhaft erschreckender Unzahl bald wie
Irrlichter aufflackerten und den Volkskörper auf und ab strichen oder als giftige Geschwüre bald da,
bald dort die Nation anfraßen. Es schien, als ob ein immerwährender Giftstrom bis in die äußersten
Blutgefäße dieses einstigen Heldenleibes von einer geheimnisvollen Macht getrieben würde, um nun zu
immer größeren Lähmungen der gesunden Vernunft, des einfachen Selbsterhaltungstriebes zu führen.
Indem ich alle diese Fragen, bedingt durch meine Stellungnahme zur deutschen Bündnispolitik und
Wirtschaftspolitik des Reiches, in den Jahren 1912 bis 1914 zahllose Male an mir vorüberziehen ließ,
blieb als des Rätsels Lösung immer mehr jene Macht übrig, die ich schon vordem in Wien, von ganz
anderen Gesichtspunkten bestimmt, kennengelernt hatte: die marxistische Lehre und Weltanschauung
sowie ihre organisatorische Auswirkung.
Zum zweiten Male in meinem Leben bohrte ich mich in diese Lehre der Zerstörung hinein — und
diesmal freilich
[170 Deutschlands Verhalten zum Marxismus]
nicht mehr geleitet durch die Eindrücke und Wirkungen meiner tagtäglichen Umgebung, sondern
hingewiesen durch die Beobachtung allgemeiner Vorgänge des politischen Lebens. Indem ich
neuerdings mich in die theoretische Literatur dieser neuen Welt vertiefte und mir deren mögliche
Auswirkungen klarzumachen versuchte, verglich ich diese dann mit den tatsächlichen Erscheinungen
und Ereignissen ihrer Wirksamkeit im politischen, kulturellen und auch wirtschaftlichen Leben.
Zum ersten Male aber wendete ich nun meine Aufmerksamkeit auch den Versuchen zu, dieser Weltpest
Herr zu werden.
Ich studierte die Bismarcksche Ausnahmegesetzgebung in Absicht, Kampf und Erfolg. Allmählich
erhielt ich dann eine für meine eigene Überzeugung allerdings geradezu granitene Grundlage, so daß ich
seit dieser Zeit eine Umstellung meiner inneren Anschauung in dieser Frage niemals mehr vorzunehmen
gezwungen wurde. Ebenso ward das Verhältnis von Marxismus und Judentum einer weiteren
gründlichen Prüfung unterzogen.
Wenn mir aber früher in Wien vor allem Deutschland als ein unerschütterlicher Koloß erschienen war,
so begannen nun doch manchmal bange Bedenken bei mir einzutreten. Ich haderte im stillen und in den
kleinen Kreisen meiner Bekannten mit der deutschen Außenpolitik ebenso wie mit der, wie mir schien,
unglaublich leichtfertigen Art, in der man das wichtigste Problem, das es überhaupt für Deutschland
damals gab, den Marxismus, behandelte. Ich konnte wirklich nicht begreifen, wie man nur so blind einer
Gefahr entgegenzutaumeln vermochte, deren Auswirkungen der eigenen Absicht des Marxismus
entsprechend einst ungeheuerliche sein mußten. Ich habe schon damals in meiner Umgebung, genau so
wie heute im großen, vor dem Beruhigungsspruch aller feigen Jämmerlinge "Uns kann nichts
geschehen!" gewarnt. Eine ähnliche Gesinnungspestilenz hatte schon einst ein Riesenreich zerstört.
Sollte Deutschland allein nicht genau den gleichen Gesetzen unterworfen sein wie alle anderen
menschlichen Gemeinschaften?
[171 Deutschlands Verhalten zum Marxismus]
In den Jahren 1913 und 1914 habe ich denn auch zum ersten Male in verschiedenen Kreisen, die heute
zum Teil treu zur nationalsozialistischen Bewegung stehen, die Überzeugung ausgesprochen, daß die
Frage der Zukunft der deutschen Nation die Frage der Vernichtung des Marxismus ist.
In der unseligen deutschen Bündnispolitik sah ich nur eine der durch die Zersetzungsarbeit dieser Lehre
hervorgerufenen Folgeerscheinungen; denn das Fürchterliche war ja eben, daß dieses Gift fast
unsichtbar sämtliche Grundlagen einer gesunden Wirtschafts- und Staatsauffassung zerstörte, ohne daß
die davon Ergriffenen häufig auch nur selber ahnten, wie sehr ihr Handeln und Wollen bereits der
Ausfluß dieser sonst auf das schärfste abgelehnten Weltanschauung war.
Der innere Niedergang des deutschen Volkes hatte damals schon längst begonnen, ohne daß die
Menschen, wie so oft im Leben, sich über den Vernichter ihres Daseins klargeworden wären. Manchmal
dokterte man wohl auch an der Krankheit herum, verwechselte jedoch dann die Formen der Erscheinung
mit dem Erreger. Da man diesen nicht kannte oder erkennen wollte, besaß aber auch der Kampf gegen
den Marxismus nur den Wert einer kurpfuscherischen Salbaderei.
[172]

5. Kapitel:
Der Weltkrieg
Als jungen Wildfang hatte mich in meinen ausgelassenen Jahren nichts so sehr betrübt, als gerade in
einer Zeit geboren zu sein, die ersichtlich ihre Ruhmestempel nur mehr Krämern oder Staatsbeamten
errichten würde. Die Wogen der geschichtlichen Ereignisse schienen sich schon so gelegt zu haben, daß
wirklich nur dem "friedlichen Wettbewerb der Völker", das heißt also einer geruhsamen gegenseitigen
Begaunerung unter Ausschaltung gewaltsamer Methoden der Abwehr, die Zukunft zu gehören schien.
Die einzelnen Staaten begannen immer mehr Unternehmen zu gleichen, die sich gegenseitig den Boden
abgraben, die Kunden und Aufträge wegfangen und einander auf jede Weise zu übervorteilen versuchen
und dies alles unter einem ebenso großen wie harmlosen Geschrei in Szene setzen. Diese Entwicklung
aber schien nicht nur anzuhalten, sondern sollte dereinst (nach allgemeiner Empfehlung) die ganze Welt
zu einem einzigen großen Warenhaus ummodeln, in dessen Vorhallen dann die Büsten der geriebensten
Schieber und harmlosesten Verwaltungsbeamten der Unsterblichkeit aufgespeichert würden. Die
Kaufleute könnten dann die Engländer stellen, die Verwaltungsbeamten die Deutschen, zu Inhabern aber
müßten sich wohl die Juden aufopfern, da sie nach eigenem Geständnis doch nie etwas verdienen,
sondern ewig nur "bezahlen" und außerdem die meisten Sprachen sprechen.
Warum konnte man denn nicht hundert Jahre früher geboren sein? Etwa zur Zeit der Befreiungskriege,
da der Mann wirklich, auch ohne "Geschäft", noch etwas wert war?!
[173 Die herannahende Katastrophe]
Ich hatte mir so über meine, wie mir vorkam, zu spät angetretene irdische Wanderschaft oft ärgerliche
Gedanken gemacht und die mir bevorstehende Zeit "der Ruhe und Ordnung" als eine unverdiente
Niedertracht des Schicksals angesehen. Ich war eben schon als Junge kein "Pazifist", und alle
erzieherischen Versuche in dieser Richtung wurden zu Nieten.
Wie ein Wetterleuchten kam mir da der Burenkrieg vor. Ich lauerte jeden Tag auf die Zeitungen und
verschlang Depeschen und Berichte und war schon glücklich, Zeuge dieses Heldenkampfes wenigstens
aus der Ferne sein zu dürfen.
Der Russisch-Japanische Krieg sah mich schon wesentlich reifer, allein auch aufmerksamer. Ich hatte
dort bereits aus mehr nationalen Gründen Partei ergriffen und mich damals beim Austrag unserer
Meinung sofort auf die Seite der Japaner gestellt. Ich sah in einer Niederlage der Russen auch eine
Niederlage des österreichischen Slawentums.
Seitdem waren viele Jahre verflossen, und was mir einst als Junge wie faules Siechtum erschien,
empfand ich nun als Ruhe vor dem Sturme. Schon während meiner Wiener Zeit lag über dem Balkan
jene fahle Schwüle, die den Orkan anzuzeigen pflegt, und schon zuckte manchmal auch ein hellerer
Lichtschein auf, um jedoch rasch in das unheimliche Dunkel sich wieder zurückzuverlieren. Dann aber
kam der Balkankrieg, und mit ihm fegte der erste Windstoß über das nervös gewordene Europa hinweg.
Die nun kommende Zeit lag wie ein schwerer Alpdruck auf den Menschen, brütend wie fiebrige
Tropenglut, so daß das Gefühl der herannahenden Katastrophe infolge der ewigen Sorge endlich zur
Sehnsucht wurde: der Himmel möge endlich dem Schicksal, das nicht mehr zu hemmen war, den freien
Lauf gewähren. Da fuhr denn auch schon der erste gewaltige Blitzstrahl auf die Erde nieder: das Wetter
brach los, und in den Donner des Himmels mengte sich das Dröhnen der Batterien des Weltkriegs.
Als die Nachricht von der Ermordung des Erzherzogs Franz Ferdinand in München eintraf (ich saß
gerade zu
[174 Der größte Slawenfreund ermordet]
Hause und hörte nur ungenau den Hergang der Tat), faßte mich zunächst die Sorge, die Kugeln möchten
vielleicht aus den Pistolen deutscher Studenten stammen, die aus Empörung über die dauernde
Verslawungsarbeit des Thronfolgers das deutsche Volk von diesem inneren Feinde befreien wollten.
Was die Folge davon gewesen wäre, konnte man sich sofort ausdenken: eine neue Welle von
Verfolgungen, die nun vor der ganzen Welt "gerechtfertigt" und "begründet" gewesen wären. Als ich
jedoch gleich darauf schon die Namen der vermutlichen Täter hörte und außerdem ihre Feststellung als
Serben las, begann mich leises Grauen zu beschleichen über diese Rache des unerforschlichen
Schicksals.
Der größte Slawenfreund fiel unter den Kugeln slawischer Fanatiker.
Wer in den letzten Jahren das Verhältnis Österreichs zu Serbien dauernd zu beobachten Gelegenheit
besaß, der konnte wohl kaum einen Augenblick darüber im Zweifel sein, daß der Stein ins Rollen
gekommen war, bei dem es ein Aufhalten nicht mehr geben konnte.
Man tut der Wiener Regierung Unrecht, sie heute mit Vorwürfen zu überschütten über Form und Inhalt
des von ihr gestellten Ultimatums. Keine andere Macht der Welt hätte an gleicher Stelle und in gleicher
Lage anders zu handeln vermocht. Österreich besaß an seiner Südgrenze einen unerbittlichen Todfeind,
der in immer kürzeren Perioden die Monarchie herausforderte, und der nimmer locker gelassen hätte, bis
endlich der günstige Augenblick zur Zertrümmerung des Reiches doch eingetreten wäre. Man hatte
Grund zur Befürchtung, daß dieser Fall spätestens mit dem Tode des alten Kaisers kommen mußte; dann
aber war die Monarchie vielleicht überhaupt nicht mehr in der Lage, ernstlichen Widerstand zu leisten.
Der ganze Staat stand in den letzten Jahren schon so sehr auf den beiden Augen Franz Josephs, daß der
Tod dieser uralten Verkörperung des Reiches in dem Gefühl der breiten Masse von vornherein als Tod
des Reiches selber galt. Ja, es gehörte mit zu den schlauesten Künsten besonders slawischer Politik, den
Anschein zu erwecken, daß der österreichische
[175 Das österreichische Ultimatum]
Staat ohnehin nur mehr der ganz wundervollen, einzigartigen Kunst dieses Monarchen sein Dasein
verdanke; eine Schmeichelei, die in der Hofburg um so wohler tat, als sie den wirklichen Verdiensten
dieses Kaisers am wenigsten entsprach. Den Stachel, der in dieser Lobpreisung versteckt lauerte,
vermochte man nicht herauszufinden. Man sah nicht oder wollte vielleicht auch dort nicht mehr sehen,
daß, je mehr die Monarchie nur noch auf die überragende Regierungskunst, wie man sich auszudrücken
pflegte, dieses "weisesten Monarchen" aller Zeiten eingestellt war, um so katastrophaler die Lage
werden mußte, wenn eines Tages auch hier das Schicksal an die Türe pochte, um seinen Tribut zu holen.
War das alte Österreich ohne den alten Kaiser dann überhaupt noch denkbar?Würde sich nicht sofort die
Tragödie, die einst Maria Theresia betroffen hatte, wiederholt haben?Nein, man tut den Wiener
Regierungskreisen wirklich Unrecht, wenn ihnen der Vorwurf gemacht wird, daß sie nun zum Kriege
trieben, der sonst vielleicht doch noch zu vermeiden gewesen wäre. Er war nicht mehr zu vermeiden,
sondern konnte höchstens noch ein oder zwei Jahre hinausgeschoben werden. Allein dies war ja der
Fluch der deutschen sowohl als auch der österreichischen Diplomatie, daß sie eben immer schon
versucht hatte, die unausbleibliche Abrechnung hinauszuschieben, bis sie endlich gezwungen war, zu
der unglücklichsten Stunde loszuschlagen. Man kann überzeugt sein, daß ein nochmaliger Versuch, den
Frieden zu retten, den Krieg zu noch ungünstigerer Zeit erst recht gebracht haben würde.
Nein, wer diesen Krieg nicht wollte, mußte auch den Mut aufbringen, die Konsequenzen zu ziehen.
Diese aber hätten nur in der Opferung Österreichs bestehen können. Der Krieg wäre auch dann noch
gekommen, allein wohl nicht mehr als Kampf aller gegen uns, dafür jedoch in der Form einer
Zerreißung der Habsburgermonarchie. Dabei mußte man sich dann entschließen, mitzutun oder eben
zuzusehen, um mit leeren Händen dem Schicksal seinen Lauf zu lassen.
[176 Das Österreichische Ultimatum]
Gerade diejenigen aber, die heute über den Beginn des Krieges am allermeisten fluchen und am
weisesten urteilen, waren diejenigen, die am verhängnisvollsten mithalfen, in ihn hineinzusteuern.
Die Sozialdemokratie hatte seit Jahrzehnten die schurkenhafteste Kriegshetze gegen Rußland getrieben,
das Zentrum aber hatte aus religiösen Gesichtspunkten den österreichischen Staat am meisten zum
Angel- und Drehpunkt der deutschen Politik gemacht. Nun hatte man die Folgen dieses Irrsinns zu
tragen. Was kam, mußte kommen und war unter keinen Umständen mehr zu vermeiden. Die Schuld der
deutschen Regierung war dabei, daß sie, um den Frieden nur ja zu erhalten, die günstigen Stunden des
Losschlagens immer versäumte, sich in das Bündnis zur Erhaltung des Weltfriedens verstrickte und so
endlich das Opfer einer Weltkoalition wurde, die eben dem Drang nach Erhaltung des Weltfriedens die
Entschlossenheit zum Weltkrieg entgegenstemmte.
Hätte aber die Wiener Regierung damals dem Ultimatum eine andere, mildere Form gegeben, so würde
dies an der Lage gar nichts mehr geändert haben als höchstens das eine, daß sie selber von der
Empörung des Volkes weggefegt worden wäre. Denn in den Augen der breiten Masse war der Ton des
Ultimatums noch viel zu rücksichtsvoll und keineswegs etwa zu weitgehend oder gar zu brutal. Wer dies
heute wegzuleugnen versucht, ist entweder ein vergeßlicher Hohlkopf oder ein ganz bewußter Lügner.
Der Kampf des Jahres 1914 wurde den Massen, wahrhaftiger Gott, nicht aufgezwungen, sondern von
dem gesamten Volke selbst begehrt.
Man wollte einer allgemeinen Unsicherheit endlich ein Ende bereiten. Nur so kann man auch verstehen,
daß zu diesem schwersten Ringen sich über zwei Millionen deutscher Männer und Knaben freiwillig zur
Fahne stellten, bereit, sie zu schirmen mit dem letzten Tropfen Blutes.
×
[177 Der deutsche Freiheitskampf]
Mir selber kamen die damaligen Stunden wie eine Erlösung aus den ärgerlichen Empfindungen der
Jugend vor. Ich schäme mich auch heute nicht, es zu sagen, daß ich, überwältigt von stürmischer
Begeisterung, in die Knie gesunken war und dem Himmel aus übervollem Herzen dankte, daß er mir das
Glück geschenkt, in dieser Zeit leben zu dürfen.
Ein Freiheitskampf war angebrochen, wie die Erde noch keinen gewaltigeren bisher gesehen; denn
sowie das Verhängnis seinen Lauf auch nur begonnen hatte, dämmerte auch schon den breitesten
Massen die Überzeugung auf, daß es sich dieses Mal nicht um Serbiens oder auch Österreichs Schicksal
handelte, sondern um Sein oder Nichtsein der deutschen Nation.
Zum letzten Male auf viele Jahre war das Volk hellseherisch über seine eigene Zukunft geworden. So
kam denn auch gleich zu Beginn des ungeheuren Ringens in den Rausch einer überschwenglichen
Begeisterung der nötige ernste Unterton: denn diese Erkenntnis allein ließ die nationale Erhebung mehr
werden als ein bloßes Strohfeuer. Der Ernst aber war nur zu sehr erforderlich; machte man sich doch
damals allgemein auch nicht die geringste Vorstellung von der möglichen Lange und Dauer des nun
beginnenden Kampfes. Man träumte, den Winter wieder zu Hause zu sein, um dann in erneuter
friedlicher Arbeit fortzufahren.
Was der Mensch will, das hofft und glaubt er. Die überwältigende Mehrheit der Nation war des ewigen
unsicheren Zustandes schon längst überdrüssig; so war es auch nur zu verständlich, daß man an eine
friedliche Beilegung des österreichisch-serbischen Konfliktes gar nicht mehr glaubte, die endgültige
Auseinandersetzung aber erhoffte. Zu diesen Millionen gehörte auch ich.
Kaum war die Kunde des Attentates in München bekanntgeworden, so zuckten mir auch sofort zwei
Gedanken durch den Kopf: erstens, daß der Krieg endlich unvermeidlich sein würde, weiter aber, daß
nun der habsburgische Staat gezwungen sei, den Bund auch zu halten; denn was ich immer am meisten
gefürchtet hatte,

[178 Der Sinn des Freiheitskampfes]
war die Möglichkeit, daß Deutschland selber eines Tages, vielleicht gerade infolge dieses Bündnisses, in
einen Konflikt geraten könnte, ohne daß aber Österreich die direkte Veranlassung hierzu gegeben hätte,
und so der österreichische Staat aus innerpolitischen Gründen nicht die Kraft des Entschlusses
aufbringen würde, sich hinter den Bundesgenossen zu stellen. Die slawische Majorität des Reiches
würde eine solche selbst gefaßte Absicht sofort zu sabotieren begonnen haben und hätte immer noch
lieber den ganzen Staat in Trümmer geschlagen, als dem Bundesgenossen die geforderte Hilfe gewährt.
Diese Gefahr war nun aber beseitigt. Der alte Staat mußte fechten, man mochte wollen oder nicht.
Meine eigene Stellung zum Konflikt war mir ebenfalls sehr einfach und klar; für mich stritt nicht
Österreich für irgendeine serbische Genugtuung, sondern Deutschland um seinen Bestand, die deutsche
Nation um Sein oder Nichtsein, um Freiheit und Zukunft. Bismarcks Werk mußte sich nun schlagen;
was die Väter einst mit ihrem Heldenblute in den Schlachten von Weißenburg bis Sedan und Paris
erstritten hatten, mußte nun das junge Deutschland sich aufs neue verdienen. Wenn dieser Kampf aber
siegreich bestanden wurde, dann war unser Volk in den Kreis der großen Nationen auch wieder an
äußerer Macht eingetreten, dann erst wieder konnte das Deutsche Reich als ein mächtiger Hort des
Friedens sich bewähren, ohne seinen Kindern das tägliche Brot um des lieben Friedens willen kürzen zu
müssen.
Ich hatte einst als Junge und junger Mensch so oft den Wunsch gehabt, doch wenigstens einmal auch
durch Taten bezeugen zu können, daß mir die nationale Begeisterung kein leerer Wahn sei. Mir kam es
oft fast als Sünde vor, Hurra zu schreien, ohne vielleicht auch nur das innere Recht hierzu zu besitzen;
denn wer durfte dieses Wort gebrauchen, ohne es einmal dort erprobt zu haben, wo alle Spielerei zu
Ende ist und die unerbittliche Hand der Schicksalsgöttin Völker und Menschen zu wagen beginnt auf
Wahrheit und Bestand ihrer Gesinnung? So quoll mir,
[179 Eintritt in ein bayerisches Regiment]
wie Millionen anderen, denn auch das Herz aber vor stolzem Glück, mich nun endlich von dieser
lähmenden Empfindung erlösen zu können. Ich hatte so oft "Deutschland über alles" gesungen und aus
voller Kehle Heil gerufen, daß es mir fast wie eine nachträglich gewährte Gnade erschien, nun im
Gottesgericht des ewigen Richters als Zeuge antreten zu dürfen zur Bekundung der Wahrhaftigkeit
dieser Gesinnung. Denn es stand bei mir von der ersten Stunde an fest, daß ich im Falle eines Krieges —
der mir unausbleiblich schien — so oder so die Bücher sofort verlassen würde. Ebenso aber wußte ich
auch, daß mein Platz dann dort sein mußte, wo mich die innere Stimme nun einmal hinwies.
Aus politischen Gründen hatte ich Österreich in erster Linie verlassen; was war aber
selbstverständlicher, als daß ich nun, da der Kampf begann, dieser Gesinnung erst recht Rechnung
tragen mußte! Ich wollte nicht für den habsburgischen Staat fechten, war aber bereit, für mein Volk und
das dieses verkörpernde Reich jederzeit zu sterben.
Am 3. August reichte ich ein Immediatgesuch an Seine Majestät König Ludwig III. ein mit der Bitte, in
ein bayerisches Regiment eintreten zu dürfen. Die Kabinettskanzlei hatte in diesen Tagen sicherlich
nicht wenig zu tun; um so größer war meine Freude, als ich schon am Tage darauf die Erledigung
meines Ansuchens erhielt. Als ich mit zitternden Händen das Schreiben geöffnet hatte und die
Genehmigung meiner Bitte mit der Aufforderung las, mich bei einem bayerischen Regiment zu melden,
kannten Jubel und Dankbarkeit keine Grenzen. Wenige Tage später trug ich dann den Rock, den ich erst
nach nahezu sechs Jahren wieder ausziehen sollte.
So, wie wohl für jeden Deutschen, begann nun auch für mich die unvergeßlichste und größte Zeit
meines irdischen Lebens. Gegenüber den Ereignissen dieses gewaltigsten Ringens fiel alles Vergangene
in ein schales Nichts zurück. Mit stolzer Wehmut denke ich gerade in diesen Tagen, da sich zum
zehnten Male das gewaltige Geschehen jährt, zurück an diese Wochen des beginnenden Heldenkampfes
[180 Die Feuertaufe]
unseres Volkes, den mitzumachen mir das Schicksal gnädig erlaubte.
Wie gestern erst zieht an mir Bild um Bild vorbei, sehe ich mich im Kreise meiner lieben Kameraden
eingekleidet, dann zum ersten Male ausrücken, exerzieren usw., bis endlich der Tag des Ausmarsches
kam.
Eine einzige Sorge quälte mich in dieser Zeit, mich wie so viele andere auch, ob wir nicht zu spät zur
Front kommen würden. Dies allein ließ mich oft und oft nicht Ruhe finden. So blieb in jedem
Siegesjubel über eine neue Heldentat ein leiser Tropfen Bitternis verborgen, schien doch mit jedem
neuen Siege die Gefahr unseres Zuspätkommens zu steigen.
Und so kam endlich der Tag, an dem wir München verließen, um anzutreten zur Erfüllung unserer
Pflicht. Zum ersten Male sah ich so den Rhein, als wir an seinen stillen Wellen entlang dem Westen
entgegenfuhren, um ihn, den deutschen Strom der Ströme, zu schirmen vor der Habgier des alten
Feindes. Als durch den zarten Schleier des Frühnebels die milden Strahlen der ersten Sonne das
Niederwalddenkmal auf uns herabschimmern ließen, da brauste aus dem endlos langen Transportzuge
die alte Wacht am Rhein in den Morgenhimmel hinaus, und mir wollte die Brust zu enge werden.
Und dann kommt eine feuchte, kalte Nacht in Flandern, durch die wir schweigend marschieren, und als
der Tag sich dann aus den Nebeln zu lösen beginnt, da zischt plötzlich ein eiserner Gruß über unsere
Köpfe uns entgegen und schlägt in scharfem Knall die kleinen Kugeln zwischen unsere Reihen, den
nassen Boden aufpeitschend; ehe aber die kleine Wolke sich noch verzogen, dröhnt aus zweihundert
Kehlen dem ersten Boten des Todes das erste Hurra entgegen. Dann aber begann es zu knattern und zu
dröhnen, zu singen und zu heulen, und mit fiebrigen Augen zog es nun jeden nach vorne, immer
schneller, bis plötzlich über Rübenfelder und Hecken hinweg der Kampf einsetzte, der Kampf Mann
gegen Mann. Aus der Ferne aber drangen die Klänge eines Liedes an unser Ohr und kamen immer
[181 Vom Kriegsfreiwilligen zum alten Soldaten]
näher und näher, sprangen über von Kompanie zu Kompanie, und da, als der Tod gerade geschäftig
hineingriff in unsere Reihen, da erreichte das Lied auch uns, und wir gaben es nun wieder weiter:
Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt!Nach vier Tagen kehrten wir zurück. Selbst
der Tritt war jetzt anders geworden. Siebzehnjährige Knaben sahen nun Männern ähnlich.
Die Freiwilligen des Regiments List hatten vielleicht nicht recht kämpfen gelernt, allein zu sterben
wußten sie wie alte Soldaten.
Das war der Beginn.
So ging es nun weiter Jahr für Jahr; an Stelle der Schlachtenromantik aber war das Grauen getreten. Die
Begeisterung kühlte allmählich ab, und der überschwengliche Jubel wurde erstickt von der Todesangst.
Es kam die Zeit, da jeder zu ringen hatte zwischen dem Trieb der Selbsterhaltung und dem Mahnen der
Pflicht. Auch mir blieb dieser Kampf nicht erspart. Immer, wenn der Tod auf Jagd war, versuchte ein
unbestimmtes Etwas zu revoltieren, war bemüht, sich als Vernunft dem schwachen Körper vorzustellen
und war aber doch nur die Feigheit, die unter solchen Verkleidungen den einzelnen zu umstricken
versuchte. Ein schweres Ziehen und Warnen hub dann an, und nur der letzte Rest des Gewissens gab oft
noch den Ausschlag. Je mehr sich aber diese Stimme, die zur Vorsicht mahnte, mühte, je lauter und
eindringlicher sie lockte, um so schärfer ward dann der Widerstand, bis endlich nach langem innerem
Streite das Pflichtbewußtsein den Sieg davontrug. Schon im Winter 1915/16 war bei mir dieser Kampf
entschieden. Der Wille war endlich restlos Herr geworden. Konnte ich die ersten Tage mit Jubel und
Lachen mitstürmen, so war ich jetzt ruhig und entschlossen. Dieses aber war das Dauerhafte. Nun erst
konnte das Schicksal zu den letzten Proben schreiten, ohne daß die Nerven rissen oder der Verstand
versagte.
Aus dem jungen Kriegsfreiwilligen war ein alter Soldat geworden.
[182 Ein Mahnmal der Unsterblichkeit]
Dieser Wandel aber hatte sich in der ganzen Armee vollzogen. Sie war alt und hart aus den ewigen
Kämpfen hervorgegangen, und was dem Sturme nicht standzuhalten vermochte, wurde eben von ihm
gebrochen.
Nun aber erst mußte man dieses Heer beurteilen. Nun, nach zwei, drei Jahren, wahrend deren es von
einer Schlacht heraus in die andere hineingeworfen wurde, immer fechtend gegen Übermacht an Zahl
und Waffen, Hunger leidend und Entbehrungen ertragend, nun war die Zeit, die Güte dieses einzigen
Heeres zu prüfen.
Mögen Jahrtausende vergehen, so wird man nie von Heidentum reden und sagen dürfen, ohne des
deutschen Heeres des Weltkrieges zu gedenken. Dann wird aus dem Schleier der Vergangenheit heraus
die eiserne Front des grauen Stahlhelms sichtbar werden, nicht wankend und nicht weichend, ein
Mahnmal der Unsterblichkeit. Solange aber Deutsche leben, werden sie bedenken, daß dies einst Söhne
ihres Volkes waren.
Ich war damals Soldat und wollte nicht politisieren. Es war hierzu auch wirklich nicht die Zeit. Ich hege
heute noch die Überzeugung, daß der letzte Fuhrknecht dem Vaterlande noch immer mehr an wertvollen
Diensten geleistet hat als selbst der erste, sagen wir "Parlamentarier". Ich haßte diese Schwätzer niemals
mehr als gerade in der Zeit, da jeder wahrhaftige Kerl, der etwas zu sagen hatte, dies dem Feinde in das
Gesicht schrie oder sonst zweckmäßig sein Mundwerk zu Hause lies und schweigend irgendwo seine
Pflicht tat. Ja, ich haßte damals alle diese "Politiker", und wäre es auf mich angekommen, so würde
sofort ein parlamentarisches Schipperbataillon gebildet worden sein; dann hatten sie unter sich nach
Herzenslust und Bedürfnis zu schwätzen vermocht, ohne die anständige und ehrliche Menschheit zu
ärgern oder gar zu schädigen.
Ich wollte also damals von Politik nichts wissen, konnte aber doch nicht anders, als zu gewissen
Erscheinungen Stellung zu nehmen, die nun einmal die ganze Nation betrafen, besonders aber uns
Soldaten angingen.
[183 Künstliche Dämpfung der Begeisterung]
Zwei Dinge waren es, die mich damals innerlich ärgerten und die ich für schädlich hielt.
Schon nach den ersten Siegesnachrichten begann eine gewisse Presse langsam und vielleicht für viele
zunächst unerkennbar einige Wermuttropfen in die allgemeine Begeisterung fallen zu lassen. Es geschah
dies unter der Maske eines gewissen Wohlwollens und Gutmeinens, ja einer gewissen Besorgtheit sogar.
Man hatte Bedenken gegen eine zu große Überschwenglichkeit im Feiern der Siege. Man befürchtete,
daß dieses in dieser Form einer so großen Nation nicht würdig und damit auch nicht entsprechend sei.
Die Tapferkeit und der Heldenmut des deutschen Soldaten wären ja etwas ganz Selbstverständliches, so
daß man darüber sich nicht so sehr von unüberlegten Freudenausbrüchen hinreißen lassen dürfe, schon
um des Auslandes willen, dem eine stille und würdige Form der Freude mehr zusage als ein unbändiges
Jauchzen usw. Endlich sollten wir Deutsche doch auch jetzt nicht vergessen, daß der Krieg nicht unsere
Absicht war, mithin wir auch uns nicht zu schämen hätten, offen und männlich zu gestehen, daß wir
jederzeit zu einer Versöhnung der Menschheit unseren Teil beitragen würden. Deshalb aber wäre es
nicht klug, die Reinheit der Taten des Herzens durch ein großes Geschrei zu verrußen, da ja die übrige
Welt für ein solches Gehaben nur wenig Verständnis aufbringen würde. Nichts bewundere man mehr als
die Bescheidenheit, mit der ein wahrer Held seine Taten schweigend und ruhig vergesse, denn darauf
kam das Ganze hinaus.
Statt daß man nun so einen Burschen bei seinen langen Ohren nahm und zu einem langen Pfahl hin und
an einem Strick aufzog, damit dem Tintenritter die feiernde Nation nicht mehr sein ästhetisches
Empfinden zu beleidigen vermochte, begann man tatsächlich gegen die "unpassende" Art des
Siegesjubels mit Ermahnungen vorzugehen.
Man hatte keine blasse Ahnung, daß die Begeisterung, erst einmal geknickt, nicht mehr nach Bedarf zu
erwecken ist. Sie ist ein Rausch und ist in diesem Zustande weiter zu erhalten. Wie aber sollte man ohne
diese Macht der Be-
[184 Das Verkennen des Marxismus]
geisterung einen Kampf bestehen, der nach menschlichem Ermessen die ungeheuersten Anforderungen
an die seelischen Eigenschaften der Nation stellen würde?Ich kannte die Psyche der breiten Masse nur
zu genau, um nicht zu wissen, daß man hier mit "ästhetischer" Gehobenheit nicht das Feuer würde
schüren können, das notwendig war, um dieses Eisen in Wärme zu halten. Man war in meinen Augen
verrückt, daß man nichts tat, um die Siedehitze der Leidenschaft zu steigern; daß man aber die glücklich
vorhandene auch noch beschnitt, vermochte ich schlechterdings nicht zu verstehen.
Was mich dann zum zweiten ärgerte, war die Art und Weise, in der man nun für gut hielt, sich dem
Marxismus gegenüberzustellen. Man bewies damit in meinen Augen nur, daß man von dieser Pestilenz
aber auch nicht die geringste Ahnung besaß. Man schien allen Ernstes zu glauben, durch die
Versicherung, nun keine Parteien mehr zu kennen, den Marxismus zur Einsicht und Zurückhaltung
gebracht zu haben.
Daß es sich hier überhaupt um keine Partei handelt, sondern um eine Lehre, die zur Zerstörung der
gesamten Menschheit führen muß, begriff man um so weniger, als dies ja nicht auf den verjudeten
Universitäten zu hören ist, sonst aber nur zu viele, besonders unserer höheren Beamten aus anerzogenem
blödem Dünkel es ja nicht der Mühe wert finden, ein Buch zur Hand zu nehmen und etwas zu lernen,
was eben nicht zum Unterrichtsstoff ihrer Hochschule gehörte. Die gewaltigste Umwälzung geht an
diesen "Köpfen" gänzlich spurlos vorüber, weshalb auch die staatlichen Einrichtungen zumeist den
privaten nachhinken. Von ihnen gilt, wahrhaftiger Gott, am allermeisten das Volkssprichwort: Was der
Bauer nicht kennt, das frißt er nicht. Wenige Ausnahmen bestätigen auch hier nur die Regel.
Es war ein Unsinn sondergleichen, in den Tagen des August 1914 den deutschen Arbeiter mit dem
Marxismus zu identifizieren. Der deutsche Arbeiter hatte in den damaligen Stunden sich ja aus der
Umarmung dieser giftigen
[185 Was man hätte tun müssen]
Seuche gelöst, da er sonst eben niemals hätte zum Kampf überhaupt auch nur anzutreten vermocht. Man
war aber dumm genug, zu vermeinen, das nun vielleicht der Marxismus "national" geworden sei; ein
Geistesblitz, der nur zeigt, daß in diesen langen Jahren es niemand von diesen beamteten Staatslenkern
auch nur der Mühe wert gefunden hatte, das Wesen dieser Lehre zu studieren, da sonst denn doch ein
solcher Irrsinn schwerlich unterlaufen sein würde.
Der Marxismus, dessen letztes Ziel die Vernichtung aller nichtjüdischen Nationalstaaten ist und bleibt,
mußte zu seinem Entsetzen sehen, daß in den Julitagen des Jahres 1914 die von ihm umgarnte deutsche
Arbeiterschaft erwachte um sich von Stunde zu Stunde schneller in den Dienst des Vaterlandes zu
stellen begann. In wenigen Tagen war der ganze Dunst und Schwindel dieses infamen Volksbetruges
zerflattert, und einsam und verlassen stand das jüdische Führerpack nun plötzlich da, als ob nicht eine
Spur von dem in sechzig Jahren den Massen eingetrichterten Unsinn und Irrwahn mehr vorhanden
gewesen wäre. Es war ein böser Augenblick für die Betrüger der Arbeiterschaft des deutschen Volkes.
Sowie aber erst die Führer die ihnen drohende Gefahr erkannten, zogen sie schleunigst die Tarnkappe
der Lage über die Ohren und mimten frech die nationale Erhebung mit.
Nun wäre aber der Zeitpunkt gekommen gewesen, gegen die ganze betrügerische Genossenschaft dieser
jüdischen Volksvergifter vorzugehen. Jetzt mußte ihnen kurzerhand der Prozeß gemacht werden, ohne
die geringste Rücksicht auf etwa einsetzendes Geschrei oder Gejammer. Im August des Jahres 1914 war
das Gemauschel der internationalen Solidarität mit einem Schlage aus den Köpfen der deutschen
Arbeiterschaft verschwunden, und statt dessen begannen schon wenige Wochen später amerikanische
Schrapnells die Segnungen der Brüderlichkeit über die Helme der Marschkolonnen hinabzugießen. Es
wäre die Pflicht einer besorgten Staatsregierung gewesen, nun, da der deutsche Arbeiter wieder den Weg
zum Volkstum gefunden hatte, die Verhetzer dieses Volkstums unbarmherzig auszurotten.
[186 Die Anwendung nackter Gewalt]
Wenn an der Front die Besten fielen, dann konnte man zu Hause wenigstens das Ungeziefer vertilgen.
Statt dessen aber streckte Seine Majestät der Kaiser selber den alten Verbrechern die Hand entgegen und
gab den hinterlistigen Meuchelmördern der Nation damit Schonung und Möglichkeit der inneren
Fassung.
Nun also konnte die Schlange wieder weiterarbeiten, vorsichtiger als früher, allein nur desto
gefährlicher. Während die Ehrlichen vom Burgfrieden träumten, organisierten die meineidigen
Verbrecher die Revolution.
Daß man damals sich zu dieser entsetzlichen Halbheit entschloß, machte mich innerlich immer
unzufriedener; daß das Ende dessen aber ein so entsetzliches sein würde, hätte auch ich damals noch
nicht für möglich gehalten.
Was aber mußte man nun tun? Die Führer der ganzen Bewegung sofort hinter Schloß und Riegel setzen,
ihnen den Prozeß machen und sie der Nation vom Halse schaffen. Man mußte rücksichtslos die
gesamten militärischen Machtmittel einsetzen zur Ausrottung dieser Pestilenz. Die Parteien waren
aufzulösen, der Reichstag wenn nötig mit Bajonetten zur Vernunft zu bringen, am besten aber so. fort
aufzuheben. So wie die Republik heute Parteien aufzulösen vermag, so hätte man damals mit mehr
Grund zu diesem Mittel greifen müssen. Stand doch Sein oder Nichtsein eines ganzen Volkes auf dem
Spiele!Freilich kam dann aber eine Frage zur Geltung: Kann man denn geistige Ideen überhaupt mit
dem Schwerte ausrotten? Kann man mit der Anwendung roher Gewalt "Weltanschauungen"
bekämpfen?Ich habe mir diese Frage schon zu jener Zeit öfter als einmal vorgelegt.
Beim Durchdenken analoger Fälle, die sich besonders auf religiöser Grundlage in der Geschichte
auffinden lassen, ergibt sich folgende grundsätzliche Erkenntnis:Vorstellungen und Ideen sowie
Bewegungen mit bestimmter geistiger Grundlage, mag diese nun falsch sein oder wahr, können von
einem gewissen Zeitpunkt ihres Werdens an mit Machtmitteln technischer Art nur mehr
[187 Die Anwendung nackter Gewalt]
dann gebrochen werden, wenn diese körperlichen Waffen zugleich selber Träger eines neuen zündenden
Gedankens, einer Idee oder Weltanschauung sind.
Die Anwendung von Gewalt allein, ohne die Triebkraft einer geistigen Grundvorstellung als
Voraussetzung, kann niemals zur Vernichtung einer Idee und deren Verbreitung führen, außer in Form
einer restlosen Ausrottung aber auch des letzten Trägers und der Zerstörung der letzten Überlieferung.
Dies bedeutet jedoch zumeist das Ausscheiden eines solchen Staatskörpers aus dem Kreise
machtpolitischer Bedeutung auf oft endlose Zeit, manchmal auch für immer; denn ein solches Blutopfer
trifft ja erfahrungsgemäß den besten Teil des Volkstums, da nämlich jede Verfolgung, die ohne geistige
Voraussetzung stattfindet, als sittlich nicht berechtigt erscheint und nun gerade die wertvolleren
Bestande eines Volkes zum Protest aufpeitscht, der sich aber in einer Aneignung des geistigen Inhalts
der ungerecht verfolgten Bewegung auswirkt. Dies geschieht bei vielen dann einfach aus dem Gefühl
der Opposition gegen den Versuch der Niederknüppelung einer Idee durch brutale Gewalt.
Dadurch aber wächst die Zahl der inneren Anhänger in eben dem Maße, in dem die Verfolgung
zunimmt. Mithin wird die restlose Vernichtung der neuen Lehre nur auf dem Wege einer so großen und
sich immer steigernden Ausrottung durchzuführen sein, das darüber endlich dem betreffenden Volke
oder auch Staate alles wahrhaft wertvolle Blut überhaupt entzogen wird. Dies aber rächt sich, indem nun
wohl eine sogenannte "innere" Reinigung stattfinden kann, allein auf Kosten einer allgemeinen
Ohnmacht. Immer aber wird ein solcher Vorgang von vornherein schon vergeblich sein, wenn die zu
bekämpfende Lehre einen gewissen kleinen Kreis schon überschritten hat.
Daher ist auch hier, wie bei allem Wachstum, die erste Zeit der Kindheit noch am ehesten der
Möglichkeit einer Vernichtung ausgesetzt, während mit steigenden Jahren die Widerstandskraft
zunimmt, um erst bei herannahender Altersschwäche wieder neuer Jugend zu weichen, wenn auch in
anderer Form und aus anderen Gründen.
[188 Die Anwendung nackter Gewalt]
Tatsächlich führen aber fast sämtliche Versuche, durch Gewalt ohne geistige Grundlage eine Lehre und
deren organisatorische Auswirkung auszurotten, zu Mißerfolgen, ja enden nicht selten gerade mit dem
Gegenteil des Gewünschten aus folgendem Grunde:Die allererste Voraussetzung zu einer Kampfesweise
mit den Waffen der nackten Gewalt ist und bleibt die Beharrlichkeit. Das heißt, daß nur in der dauernd
gleichmäßigen Anwendung der Methoden zur Unterdrückung einer Lehre usw. die Möglichkeit des
Gelingens der Absicht liegt. Sobald hier aber auch nur schwankend Gewalt mit Nachsicht wechselt, wird
nicht nur die zu unterdrückende Lehre sich immer wieder erholen, sondern sie wird sogar aus jeder
Verfolgung neue Werte zu ziehen in der Lage sein, indem nach Ablaufen einer solchen Welle des
Druckes, die Empörung über das erduldete Leid der alten Lehre neue Anhänger zuführt, die bereits
vorhandenen aber mit größerem Trotz und tieferem Haß als vordem an ihr hängen werden, ja schon
abgesplitterte Abtrünnige wieder nach Beseitigung der Gefahr zur alten Einstellung zurückzukehren
versuchen. In der ewig gleichmäßigen Anwendung der Gewalt allein liegt die allererste Voraussetzung
zum Erfolge. Diese Beharrlichkeit jedoch ist, immer nur das Ergebnis einer bestimmten geistigen
Überzeugung. Jede Gewalt, die nicht einer festen geistigen Grundlage entsprießt, wird schwankend und
unsicher sein. Ihr fehlt die Stabilität, die nur in einer fanatischen Weltanschauung zu ruhen vermag. Sie
ist der Ausfluß der jeweiligen Energie und brutalen Entschlossenheit eines einzelnen, mithin aber eben
dem Wechsel der Persönlichkeit und ihrer Wesensart und Stärke unterworfen.
Es kommt aber hierzu noch etwas anderes:Jede Weltanschauung, mag sie mehr religiöser oder
politischer Art sein — manchmal ist hier die Grenze nur schwer festzustellen —, kämpft weniger für die
negative Vernichtung der gegnerischen Ideenwelt als vielmehr für die positive Durchsetzung der
eigenen. Damit aber ist ihr Kampf weniger Abwehr als Angriff. Sie ist dabei schon

[189 Der Angriff einer Weltanschauung]
in der Bestimmung des Zieles im Vorteil, da ja dieses Ziel den Sieg der eigenen Idee darstellt, während
umgekehrt es nur schwer zu bestimmen ist, wann das negative Ziel der Vernichtung einer feindlichen
Lehre als erreicht und gesichert angesehen werden darf. Schon deshalb wird der Angriff der
Weltanschauung planvoller, aber auch gewaltiger sein als die Abwehr einer solchen; wie denn überhaupt
auch hier die Entscheidung dem Angriff zukommt und nicht der Verteidigung. Der Kampf gegen eine
geistige Macht mit Mitteln der Gewalt ist daher so lange nur Verteidigung, als das Schwert nicht selber
als Träger, Verkünder und Verbreiter einer neuen geistigen Lehre auftritt.
Man kann also zusammenfassend folgendes festhalten:Jeder Versuch, eine Weltanschauung mit
Machtmitteln zu bekämpfen, scheitert am Ende, solange nicht der Kampf die Form des Angriffes für
eine neue geistige Einstellung erhält. Nur im Ringen zweier Weltanschauungen miteinander vermag die
Waffe der brutalen Gewalt, beharrlich und rücksichtslos eingesetzt, die Entscheidung für die von ihr
unterstützte Seite herbeizuführen.
Daran aber war bislang noch immer die Bekämpfung des Marxismus gescheitert.
Das war der Grund, warum auch Bismarcks Sozialistengesetzgebung endlich trotz allem versagte und
versagen mußte. Es fehlte die Plattform einer neuen Weltanschauung, für deren Aufstieg der Kampf
hatte gekämpft werden können. Denn daß das Gefasel von einer sogenannten "Staatsautorität" oder der
"Ruhe und Ordnung" eine geeignete Grundlage für den geistigen Antrieb eines Kampfes auf Leben und
Tod sein könnte, wird nur die sprichwörtliche Weisheit höherer Ministerialbeamter zu vermeinen
fertigbringen.
Weil aber eine wirklich geistige Trägerin dieses Kampfes fehlte, mußte Bismarck auch die
Durchführung seiner Sozialistengesetzgebung dem Ermessen und Wollen derjenigen Institution
anheimstellen, die selber schon Ausgeburt marxistischer Denkart war. Indem der eiserne Kanzler das
Schicksal seines Marxistenkrieges dem Wohlwollen
[190 Bürgerliche Klassenparteien]
der bürgerlichen Demokratie überantwortete, machte er den Bock zum Gärtner.
Dieses alles aber war nur die zwangsläufige Folge des Fehlens einer grundsätzlichen, dem Marxismus
entgegengesetzten neuen Weltanschauung von stürmischem Eroberungswillen.
So war das Ergebnis des Bismarckschen Kampfes nur eine schwere Enttäuschung.
Lagen aber die Verhältnisse während des Weltkrieges oder zu Beginn desselben etwa anders? Leider
nein.
Je mehr ich mich damals mit dem Gedanken einer notwendigen Änderung der Haltung der staatlichen
Regierungen zur Sozialdemokratie als der augenblicklichen Verkörperung des Marxismus beschäftigte,
um so mehr erkannte ich das Fehlen eines brauchbaren Ersatzes für diese Lehre. Was wollte man denn
den Massen geben, wenn, angenommen, die Sozialdemokratie gebrochen worden wäre? Nicht ein
Bewegung war vorhanden, von der man hätte erwarten können, daß es ihr gelingen würde, die großen
Scharen der nun mehr oder weniger führerlos gewordenen Arbeiter in ihren Bann zu ziehen. Es ist
unsinnig und mehr als dumm, zu meinen, daß der aus der Klassenpartei ausgeschiedene
internationale Fanatiker nun augenblicklich in eine bürgerliche Partei, also in eine neue
Klassenorganisation, einrücken werde. Denn so unangenehm dies verschiedenen Organisationen auch
sein mag, so kann doch nicht weggeleugnet werden, daß den bürgerlichen Politikern die
Klassenscheidung zu einem sehr großen Teile so lange als ganz selbstverständlich erscheint, solange sie
sie sich nicht politisch zu ihren Ungunsten auszuwirken beginnt.
Das Ableugnen dieser Tatsache beweist nur die Frechheit, aber auch die Dummheit der Lügner.
Man soll sich überhaupt hüten, die breite Masse für dümmer zu halten, als sie ist. In politischen
Angelegenheiten entscheidet nicht selten das Gefühl richtiger als der Verstand. Die Meinung aber, daß
für die Unrichtigkeit dieses Gefühls der Masse doch deren dumme internationale Einstellung genügend
spräche, kann sofort auf das gründ-
[191 Kein Ersatz für die Sozialdemokratie]
lichste wiederlegt werden durch den einfachen Hinweis, daß die pazifistische Demokratie nicht
minder irrsinnig ist, ihre Träger aber fast ausschließlich dem bürgerlichen Lager entstammen. Solange
noch Millionen von Bürgern jeden Morgen andächtig ihre jüdische Demokratenpresse anbeten, steht es
den Herrschaften sehr schlecht an, über die Dummheit des "Genossen" zu witzeln, der zum Schluß nur
den gleichen Mist, wenn auch eben in anderer Aufmachung verschlingt. In beiden Fällen ist der
Fabrikant ein und derselbe Jude.
Man soll sich also sehr wohl hüten, Dinge abzustreiten, die nun einmal sind. Die Tatsache, daß es sich
bei der Klassenfrage keinesfalls nur um ideelle Probleme handelt, wie man besonders vor Wahlen
immer gerne weismachen möchte, kann nicht weggeleugnet werden. Der Standesdünkel eines großen
Teiles unseres Volkes ist, ebenso wie vor allem die mindere Einschätzung des Handarbeiters, eine
Erscheinung, die nicht aus der Phantasie eines Mondsüchtigen stammt.
Es zeigt aber, ganz abgesehen davon, die geringe Denkfähigkeit unserer sogenannten Intelligenz an,
wenn gerade in diesen Kreisen nicht begriffen wird, daß ein Zustand, der das Emporkommen einer Pest,
wie die der Marxismus nun einmal ist, nicht zu verhindern vermochte, jetzt aber erst recht nicht mehr in
der Lage sein wird, das Verlorene wieder zurückzugewinnen.
Die "bürgerlichen" Parteien, wie sie sich selbst bezeichnen, werden niemals mehr die "proletarischen"
Massen an ihr Lager zu fesseln vermögen, da sich hier zwei Welten gegenüberstehen, teils natürlich,
teils künstlich getrennt, deren Verhaltungszustand zueinander nur der Kampf sein kann. Siegen aber
wird hier der Jüngere — und dies wäre der Marxismus.
Tatsächlich war ein Kampf gegen die Sozialdemokratie im Jahre 1914 wohl denkbar, allein, wie lange
dieser Zustand bei dem Fehlen jedes praktischen Ersatzes aufrechtzuerhalten gewesen wäre, konnte
zweifelhaft sein.
Hier war eine große Lücke vorhanden.
[192 Erste Gedanken an politische Betätigung]
Ich besaß diese Meinung schon längst vor dem Kriege und konnte mich deshalb auch nicht entschließen,
an eine der bestehenden Parteien heranzutreten. Im Verlaufe der Ereignisse des Weltkrieges wurde ich
in dieser Meinung noch bestärkt durch die ersichtliche Unmöglichkeit, gerade infolge dieses Fehlens
einer Bewegung, die eben mehr sein mußte als "parlamentarische" Partei, den Kampf gegen die
Sozialdemokratie rücksichtslos aufzunehmen.
Ich habe mich gegenüber meinen engeren Kameraden offen darüber ausgesprochen.
Im übrigen kamen mir nun auch die ersten Gedanken, mich später einmal doch noch politisch zu
betätigen.
Gerade dieses aber war der Anlaß, daß ich nun öfters dem kleinen Kreise meiner Freunde versicherte,
nach dem Kriege als Redner neben meinem Berufe wirken zu wollen.
Ich glaube, es war mir damit auch sehr Ernst.
[193]

6. Kapitel:
Kriegspropaganda

Bei meinem aufmerksamen Verfolgen aller politischen Vorgänge hatte mich schon immer die Tätigkeit
der Propaganda außerordentlich interessiert. Ich sah in ihr ein Instrument, das gerade die sozialistischmarxistischen
Organisationen mit meisterhafter Geschicklichkeit beHerrschten und zur Anwendung zu
bringen verstanden. Ich lernte dabei schon frühzeitig verstehen, daß die richtige Verwendung der
Propaganda eine wirkliche Kunst darstellt, die den bürgerlichen Parteien fast so gut wie unbekannt war
und blieb. Nur die christlich-soziale Bewegung, besonders zu Luegers Zeit, brachte es auch auf diesem
Instrument zu einer gewissen Virtuosität und verdankte dem auch sehr viele ihrer Erfolge.
Zu welchen ungeheuren Ergebnissen aber eine richtig angewendete Propaganda zu führen vermag,
konnte man erst während des Krieges ersehen. Leider war jedoch hier wieder alles auf der anderen Seite
zu studieren, denn die Tätigkeit auf unserer Seite blieb ja in dieser Beziehung mehr als bescheiden.
Allein, gerade das so vollständige Versagen der gesamten Aufklärung auf deutscher Seite, das besonders
jedem Soldaten grell in die Augen springen mußte, wurde bei mir der Anlaß mich nun noch viel
eindringlicher mit der Propagandafrage zu beschäftigen.
Zeit zum Denken war dabei oft mehr als genug vorhanden, den praktischen Unterricht aber erteilte uns
der Feind, leider nur zu gut.
Denn was bei uns hier versäumt ward, holte der Gegner mit unerhörter Geschicklichkeit und wahrhaft
genialer Berechnung ein. An dieser feindlichen Kriegspropaganda habe
[194 Propaganda ein Mittel]
auch ich unendlich gelernt. An den Köpfen derjenigen allerdings, die am ehesten sich dies zur Lehre
hätten sein lassen müssen, ging die Zeit spurlos vorüber; man dünkte sich dort zum Teil zu klug, um von
den anderen Belehrungen entgegenzunehmen, zum anderen Teil aber fehlte der ehrliche Wille hierzu.
Gab es bei uns überhaupt eine Propaganda?Leider kann ich darauf nur mit Nein antworten. Alles, was in
dieser Richtung wirklich unternommen wurde, war so unzulänglich und falsch von Anfang an, daß es
zum mindesten nichts nützte, manchmal aber geradezu Schaden anstiftete.
In der Form ungenügend, im Wesen psychologisch falsch: dies mußte das Ergebnis einer aufmerksamen
Prüfung der deutschen Kriegspropaganda sein.
Schon aber die erste Frage scheint man sich nicht ganz klar geworden zu sein, nämlich: Ist die
Propaganda Mittel oder Zweck?Sie ist ein Mittel und muß demgemäß beurteilt werden vom
Gesichtspunkt des Zweckes aus. Ihre Form wird mithin eine der Unterstützung des Zieles, dem sie dient,
zweckmäßig angepaßte sein müssen. Es ist auch klar, daß die Bedeutung des Zieles eine verschiedene
sein kann vom Standpunkte des allgemeinen Bedürfnisses aus, und das damit auch die Propaganda in
ihrem inneren Wert verschieden bestimmt wird. Das Ziel, für das im Verlaufe des Krieges aber
gekämpft wurde, war das erhabenste und gewaltigste, das sich für Menschen denken läßt: es war die
Freiheit und Unabhängigkeit unseres Volkes, die Sicherheit der Ernährung für die Zukunft und — die
Ehre der Nation; etwas, das trotz der gegenteiligen Meinung von heute dennoch vorhanden ist oder
besser sein sollte, da eben Völker ohne Ehre die Freiheit und Unabhängigkeit früher oder später zu
verlieren pflegen, was wieder nur einer höheren Gerechtigkeit entspricht, da ehrlose
Lumpengenerationen keine Freiheit verdienen. Wer aber feiger Sklave sein will, darf und kann gar keine
Ehre haben, da ja diese sonst der allgemeinen Mißachtung in kürzester Zeit anheimfiele.
[195 Der Zweck der Propaganda]
Im Streit für ein menschliches Dasein kämpfte das deutsche Volk, und diesen Streit zu unterstützen,
wäre der Zweck der Propaganda des Krieges gewesen; ihm zum Siege zu verhelfen, mußte das Ziel sein.
Wenn aber Völker um ihre Existenz auf diesem Planeten kämpfen, mithin die Schicksalsfrage von Sein
oder Nichtsein an sie herantritt, fallen alle Erwägungen von Humanität oder Ästhetik in ein Nichts
zusammen; denn alle diese Vorstellungen schweben nicht im Weltlichen, sondern stammen aus der
Phantasie des Menschen und sind an ihn gebunden. Sein Scheiden von dieser Welt löst auch diese
Begriffe wieder in Nichts auf, denn die Natur kennt sie nicht. Sie sind aber auch unter den Menschen nur
wenigen Völkern oder besser Rassen zu eigen, und zwar in jenem Maße, in dem sie dem Gefühl
derselben selbst entstammen. Humanität und Ästhetik würden sogar in einer menschlich bewohnten
Welt vergehen, sowie diese die Rassen verlöre, die Schöpfer und Träger dieser Begriffe sind.
Damit haben aber alle diese Begriffe beim Kampfe eines Volkes um sein Dasein auf dieser Welt nur
untergeordnete Bedeutung, ja scheiden als bestimmend für die Formen des Kampfes vollständig aus,
sobald durch sie die Selbsterhaltungskraft eines im Kampfe liegenden Volkes gelähmt werden könnte.
Das aber ist immer das einzig sichtbare Ergebnis.
Was die Frage der Humanität betrifft, so hat sich von Moltke dahin geäußert, daß diese beim Kriege
immer in der Kürze des Verfahrens liege, also daß ihr die schärfste Kampfesweise am meisten
entspräche.
Wenn man aber versucht, in solchen Dingen mit dem Gefasel der Ästhetik usw. anzurücken, dann kann
es darauf wirklich nur eine Antwort geben: Schicksalsfragen von der Bedeutung des Existenzkampfes
eines Volkes heben jede Verpflichtung zur Schönheit auf. Das Unschönste, was es im menschlichen
Leben geben kann, ist und bleibt das Joch der Sklaverei. Oder empfindet diese Schwabinger Dekadenz
etwa das heutige Los der deutschen Nation als "ästhetisch"? Mit den Juden, als den modernen Erfindern
dieses
[196 Propaganda nur für die Masse]
Kulturparfüms, braucht man sich aber darüber wahrhaftig nicht zu unterhalten. Ihr ganzes Dasein ist der
fleischgewordene Protest gegen die Ästhetik des Ebenbildes des Herrn.
Wenn aber diese Gesichtspunkte von Humanität und Schönheit für den Kampf erst einmal ausscheiden,
dann können sie auch nicht als Maßstab für Propaganda Verwendung finden.
Die Propaganda war im Kriege ein Mittel zum Zweck, dieser aber war der Kampf um das Dasein des
deutschen Volkes, und somit konnte die Propaganda auch nur von den hierfür gültigen Grundsätzen aus
betrachtet werden. Die grausamsten Waffen waren dann human, wenn sie den schnelleren Sieg
bedingten, und schön waren nur die Methoden allein, die der Nation die Würde der Freiheit sichern
halfen.
Dies war die einzig mögliche Stellung in einem solchen Kampf auf Leben und Tod zur Frage der
Kriegspropaganda.
Wäre man sich darüber an den sogenannten maßgebenden Stellen klargeworden, so hätte man niemals in
jene Unsicherheit über die Form und Anwendung dieser Waffe kommen können; denn auch dies ist nur
eine Waffe, wenn auch eine wahrhaft fürchterliche in der Hand des Kenner.
Die zweite Frage von geradezu ausschlaggebender Bedeutung war folgende: An wen hat sich die
Propaganda zu wenden? An die wissenschaftliche Intelligenz oder an die weniger gebildete Masse?Sie
hat sich ewig nur an die Masse zu richten!Für die Intelligenz, oder was sich heute leider häufig so nennt,
ist nicht Propaganda da, sondern wissenschaftliche Belehrung. Propaganda aber ist so wenig
Wissenschaft ihrem Inhalte nach, wie etwa ein Plakat Kunst ist in seiner Darstellung an sich. Die Kunst
des Plakates liegt in der Fähigkeit des Entwerfers, durch Form und Farbe die Menge aufmerksam zu
machen. Das Kunstausstellungsplakat hat nur auf die Kunst der Ausstellung hinzuweisen; je mehr ihm
dies gelingt, um so größer ist dann die Kunst
[197 Die Aufgabe der Propaganda]
des Plakates selber. Das Plakat soll weiter der Masse eine Vorstellung von der Bedeutung der
Ausstellung vermitteln, keineswegs aber ein Ersatz der in dieser gebotenen Kunst sein. Wer sich deshalb
mit der Kunst selber beschäftigen will, muß schon mehr als das Plakat studieren, ja, für den genügt auch
keineswegs ein bloßes "Durchwandern" der Ausstellung. Von ihm darf erwartet werden, daß er in
gründlichem Schauen sich in die einzelnen Werke vertiefe und sich dann langsam ein gerechtes Urteil
bilde.
Ähnlich liegen die Verhältnisse auch bei dem, was wir heute mit dem Wort Propaganda bezeichnen.
Die Aufgabe der Propaganda liegt nicht in einer wissenschaftlichen Ausbildung des einzelnen, sondern
in einem Hinweisen der Masse auf bestimmte Tatsachen, Vorgänge, Notwendigkeiten usw., deren
Bedeutung dadurch erst in den Gesichtskreis der Masse gerückt werden soll.
Die Kunst liegt nun ausschließlich darin, dies in so vorzüglicher Weise zu tun, daß eine allgemeine
Überzeugung von der Wirklichkeit einer Tatsache, der Notwendigkeit eines Vorganges, der Richtigkeit
von etwas Notwendigem usw. entsteht. Da sie aber nicht Notwendigkeit an sich ist und sein kann, da
ihre Aufgabe ja genau wie bei dem Plakat im Aufmerksammachen der Menge zu bestehen hat und nicht
in der Belehrung der wissenschaftlich ohnehin Erfahrenen oder nach Bildung und Einsicht Strebenden,
so muß ihr Wirken auch immer mehr auf das Gefühl gerichtet sein und nur sehr bedingt auf den
sogenannten Verstand.
Jede Propaganda hat volkstümlich zu sein und ihr geistiges Niveau einzustellen nach der
Aufnahmefähigkeit des Beschränktesten unter denen, an die sie sich zu richten gedenkt. Damit wird ihre
rein geistige Höhe um so tiefer zu stellen sein, je größer die zu erfassende Masse der Menschen sein soll.
Handelt es sich aber, wie bei der Propaganda für die Durchhaltung eines Krieges, darum, ein ganzes
Volk in ihren Wirkungsbereich zu ziehen, so kann die Vorsicht bei der Vermeidung zu hoher geistiger
Voraussetzungen gar nicht groß genug sein.
[198 Die Psychologie der Propaganda]
Je bescheidener dann ihr wissenschaftlicher Ballast ist, und je mehr sie ausschließlich auf das Fühlen der
Masse Rücksicht nimmt, um so durchschlagender der Erfolg. Dieser aber ist der beste Beweis für die
Richtigkeit oder Unrichtigkeit einer Propaganda und nicht die gelungene Befriedigung einiger Gelehrter
oder ästhetischer Jünglinge.
Gerade darin liegt die Kunst der Propaganda, daß sie, die gefühlsmäßige Vorstellungswelt der großen
Masse begreifend, in psychologisch richtiger Form den Weg zur Aufmerksamkeit und weiter zum
Herzen der breiten Masse findet. Daß dies von unseren Neunmalklugen nicht begriffen wird, beweist nur
deren Denkfaulheit oder Einbildung.
Versteht man aber die Notwendigkeit der Einstellung der Werbekunst der Propaganda auf die breite
Masse, so ergibt sich weiter schon daraus folgende Lehre:Es ist falsch, der Propaganda die Vielseitigkeit
etwa des wissenschaftlichen Unterrichts geben zu wollen.
Die Aufnahmefähigkeit der großen Masse ist nur sehr beschränkt, das Verständnis klein, dafür jedoch
die Vergeßlichkeit groß. Aus diesen Tatsachen heraus hat sich jede wirkungsvolle Propaganda auf nur
sehr wenige Punkte zu beschränken und diese schlagwortartig so lange zu verwerten, bis auch bestimmt
der Letzte unter einem solchen Worte das Gewollte sich vorzustellen vermag. Sowie man diesen
Grundsatz opfert und vielseitig werden will, wird man die Wirkung zum Zerflattern bringen, da die
Menge den gebotenen Stoff weder zu verdauen noch zu behalten vermag. Damit aber wird das Ergebnis
wieder abgeschwächt und endlich aufgehoben.
Je größer so die Linie ihrer Darstellung zu sein hat, um so psychologisch richtiger muß die Feststellung
ihrer Taktik sein.
Es war zum Beispiel grundfalsch, den Gegner lächerlich zu machen, wie dies die österreichische und
deutsche Witzblattpropaganda vor allem besorgte. Grundfalsch deshalb, weil das Zusammentreffen in
der Wirklichkeit dem Manne vom Gegner sofort eine ganz andere Überzeugung beibringen mußte,
etwas, was sich dann auf das fürchterlichste
[199 Die Psychologie der Propaganda]
rächte; denn nun fühlte sich der deutsche Soldat unter dem unmittelbaren Eindruck des Widerstandes
des Gegners von den Machern seiner bisherigen Aufklärung getäuscht, und an Stelle einer Stärkung
seiner Kampflust oder auch nur Festigkeit trat das Gegenteil ein. Der Mann verzagte.
Demgegenüber war die Kriegspropaganda der Engländer und Amerikaner psychologisch richtig. Indem
sie dem eigenen Volke den Deutschen als Barbaren und Hunnen vorstellte, bereitete sie den einzelnen
Soldaten schon auf die Schrecken des Krieges vor und half so mit, ihn vor Enttäuschungen zu bewahren.
Die entsetzlichste Waffe, die nun gegen ihn zur Anwendung kam, erschien ihm nur mehr als die
Bestätigung seiner schon gewordenen Aufklärung und stärkte ebenso den Glauben an die Richtigkeit der
Behauptungen seiner Regierung, wie sie andererseits Wut und Haß gegen den verruchten Feind
steigerte. Denn die grausame Wirkung der Waffe, die er ja nun an sich von seiten des Gegners
kennenlernte, erschien ihm allmählich als Beweis der ihm schon bekannten "hunnenhaften" Brutalität
des barbarischen Feindes, ohne daß er auch nur einen Augenblick so weit zum Nachdenken gebracht
worden wäre, daß seine Waffen vielleicht, ja sogar wahrscheinlich, noch entsetzlicher wirken könnten.
So konnte sich der englische Soldat vor allem nie als von zu Hause unwahr unterrichtet fühlen, was
leider beim deutschen so sehr der Fall war, daß er endlich überhaupt alles, was von dieser Seite noch
kam, als "Schwindel" und "Krampf" ablehnte. Lauter Folgen davon, daß man glaubte, zur Propaganda
den nächstbesten Esel (oder selbst "sonst" gescheiten Menschen) abkommandieren zu können, statt zu
begreifen, daß hierfür die allergenialsten Seelenkenner gerade noch gut genug sind.
So bot die deutsche Kriegspropaganda ein unübertreffliches Lehr- und Unterrichtsbeispiel für eine in
den Wirkungen geradezu umgekehrt arbeitende "Aufklärung" infolge vollkommenen Fehlens jeder
psychologisch richtigen Überlegung.
Am Gegner aber war unendlich viel zu lernen für den,

[200 Subjektiv — einseitig — unbedingt!]
der mit offenen Augen und unverkalktem Empfinden die viereinhalb Jahre lang anstürmende Flutwelle
der feindlichen Propaganda für sich verarbeitete.
Am allerschlechtesten jedoch begriff man die allererste Voraussetzung jeder propagandistischen
Tätigkeit überhaupt: nämlich die grundsätzlich subjektiv einseitige Stellungnahme derselben zu jeder
von ihr bearbeiteten Frage. Auf diesem Gebiete wurde in einer Weise gesündigt, und zwar gleich zu
Beginn des Krieges von oben herunter, daß man wohl das Recht erhielt, zu zweifeln, ob soviel Unsinn
wirklich nur reiner Dummheit zugeschrieben werden konnte.
Was würde man zum Beispiel über ein Plakat sagen, das eine neue Seife anpreisen soll, dabei jedoch
auch andere Seifen als "gut" bezeichnet? Man würde darüber nur den Kopf schütteln.
Genau so verhält es sich aber auch mit politischer Reklame.
Die Aufgabe der Propaganda ist z. B. nicht ein Abwägen der verschiedenen Rechte, sondern das
ausschließliche Betonen des einen eben durch sie zu vertretenden. Sie hat nicht objektiv auch die
Wahrheit, soweit sie den anderen günstig ist, zu erforschen, um sie dann der Masse in doktrinärer
Aufrichtigkeit vorzusetzen, sondern ununterbrochen der eigenen zu dienen.
Es war grundfalsch, die Schuld am Kriege von dem Standpunkt aus zu erörtern, daß nicht nur
Deutschland allein verantwortlich gemacht werden könnte für den Ausbruch dieser Katastrophe, sondern
es wäre richtig gewesen, diese Schuld restlos dem Gegner aufzubürden, selbst wenn dies wirklich nicht
so dem wahren Hergang entsprochen hatte, wie es doch nun tatsächlich der Fall war.
War, aber war die Folge dieser Halbheit? Die breite Masse eines Volkes besteht nicht aus Diplomaten
oder auch nur Staatsrechtslehrern, ja nicht einmal aus lauter vernünftig Urteilsfähigen, sondern aus
ebenso schwankenden wie zu Zweifel und Unsicherheit geneigten Menschenkindern. Sowie durch die
eigene Propaganda erst einmal nur der Schimmer eines Rechtes, auch auf der anderen Seite zugegeben
wird, ist der Grund zum Zweifel an
[201 Der deutsche Objektivitätsfimmel]
dem eigenen Rechte schon gelegt. Die Masse ist nicht in der Lage, nun zu unterscheiden, wo das fremde
Unrecht endet und das eigene beginnt. Sie wird in einem solchen Falle unsicher und mißtrauisch,
besonders dann, wenn der Gegner eben nicht den gleichen Unsinn macht, sondern seinerseits alle und
jede Schuld dem Feinde aufbürdet. Was ist da erklärlicher, als daß endlich das eigene Volk der
feindlichen Propaganda, die geschlossener, einheitlicher vorgeht, sogar mehr glaubt als der
eigenen? Und noch dazu bei einem Volke, das ohnehin so sehr am Objektivitätsfimmel leidet wie
das deutsche! Denn bei ihm wird nun jeder sich bemühen, nur ja dem Feind nicht Unrecht zu tun,
selbst auf die Gefahr der schwersten Belastung, ja Vernichtung des eigenen Volkes und Staates.
Daß an den maßgebenden Stellen dies natürlich nicht so gedacht ist, kommt der Masse gar nicht zum
Bewußtsein.
Das Volk ist in seiner überwiegenden Mehrheit so feminin veranlagt und eingestellt, daß weniger
nüchterne Überlegung als vielmehr gefühlsmäßige Empfindung sein Denken und Handeln bestimmt.
Diese Empfindung aber ist nicht kompliziert, sondern sehr einfach und geschlossen. Es gibt hierbei nicht
viel Differenzierungen, sondern ein Positiv oder ein Negative. Liebe oder Haß, Recht oder Unrecht,
Wahrheit oder Lüge, niemals aber halb so und halb so oder teilweise usw.
Das alles hat besonders die englische Propaganda in der wahrhaft genialsten Weise verstanden — und
berücksichtigt. Dort gab es wirklich keine Halbheiten, die etwa zu Zweifeln hätten anregen können.
Das Zeichen für die glänzende Kenntnis der Primitivität der Empfindung der breiten Masse lag in der
diesem Zustande angepaßten Greuelpropaganda, die in ebenso rücksichtsloser wie genialer Art die
Vorbedingungen für das moralische Standhalten an der Front sicherte, selbst bei größten tatsächlichen
Niederlagen, sowie weiter in der ebenso schlagenden Festnagelung des deutschen Feindes als des allein
schuldigen Teils am Ausbruch des Krieges: eine Lüge, die nur durch die unbedingte, freche, einseitige
Sturheit, mit der
[202 Beschränkung auf Beharrlichkeit]
sie vorgetragen wurde, der gefühlsmäßigen, immer extremen Einstellung des großen Volkes Rechnung
trug und deshalb auch geglaubt wurde.
Wie sehr diese Art von Propaganda wirksam war, zeigte am schlagendsten die Tatsache, daß sie nach
vier Jahren nicht nur den Gegner noch streng an der Stange zu halten vermochte, sondern sogar unser
eigenes Volk anzufressen begann.
Daß unserer Propaganda dieser Erfolg nicht beschieden war, durfte einen wirklich nicht wundern. Sie
trug den Keim der Unwirksamkeit schon in ihrer inneren Zweideutigkeit. Endlich war es schon infolge
ihres Inhalts wenig wahrscheinlich, daß sie bei den Massen den notwendigen Eindruck erwecken würde.
Zu hoffen, daß es mit diesem faden Pazifistenspülwasser gelingen könnte, Menschen zum Sterben zu
berauschen, brachten nur unsere geistfreien "Staatsmänner" fertig.
So war dies elende Produkt zwecklos, ja sogar schädlich.
Aber alle Genialität der Aufmachung der Propaganda wird zu keinem Erfolg führen, wenn nicht ein
fundamentaler Grundsatz immer gleich scharf berücksichtigt wird. Sie hat sich auf wenig zu
beschränken und dieses ewig zu wiederholen. Die Beharrlichkeit ist hier wie bei so vielem auf der Welt
die erste und wichtigste Voraussetzung zum Erfolg.
Gerade auf dem Gebiete der Propaganda darf man sich niemals von Ästheten oder Blasierten leiten
lassen: Von den ersteren nicht, weil sonst der Inhalt in Form und Ausdruck in kurzer Zeit, statt für die
Masse sich zu eignen, nur mehr für literarische Teegesellschaften Zugkraft entwickelt; vor den zweiten
aber hüte man sich deshalb ängstlich, weil ihr Mangel an eigenem frischem Empfinden immer nach
neuen Reizen sucht. Diesen Leuten wird in kurzer Zeit alles überdrüssig; sie wünschen Abwechslung
und verstehen niemals, sich in die Bedürfnisse ihrer noch nicht so abgebrühten Mitwelt
hineinzuversetzen oder diese gar zu begreifen. Sie sind immer die ersten Kritiker der Propaganda oder
besser ihres Inhaltes, der ihnen zu althergebracht, zu abgedroschen, dann wieder zu überlebt usw.
erscheint. Sie wollen immer Neues, suchen Abwechslung und werden dadurch zu wahren Tod-
[203 Die feindliche Kriegspropaganda]
feinden jeder wirksamen politischen Massengewinnung. Denn sowie sich die Organisation und der
Inhalt einer Propaganda nach ihren Bedürfnissen zu richten beginnen, verlieren sie jede Geschlossenheit
und zerflattern statt dessen vollständig.
Propaganda ist jedoch nicht dazu da, blasierten Herrchen laufend interessante Abwechslung zu
verschaffen, sondern zu überzeugen, und zwar die Masse zu überzeugen. Diese aber braucht in ihrer
Schwerfälligkeit immer eine bestimmte Zeit, ehe sie auch nur von einer Sache Kenntnis zu nehmen
bereit ist, und nur einer tausendfachen Wiederholung einfachster Begriffe wird sie endlich ihr
Gedächtnis schenken.
Jede Abwechslung darf nie den Inhalt des durch die Propaganda zu Bringenden verändern, sondern muß
stets zum Schlusse das gleiche besagen. So muß das Schlagwort wohl von verschiedenen Seiten aus
beleuchtet werden, allein das Ende jeder Betrachtung hat immer von neuem beim Schlagwort selber zu
liegen. Nur so kann und wird die Propaganda einheitlich und geschlossen wirken.
Diese große Linie allein, die nie verlassen werden darf, läßt bei immer gleichbleibender konsequenter
Betonung den endgültigen Erfolg heranreifen. Darin aber wird man mit Staunen feststellen können, zu
welch ungeheuren, kaum verständlichen Ergebnissen solch eine Beharrlichkeit führt.
Jede Reklame, mag sie auf dem Gebiete des Geschäftes oder der Politik liegen, trägt den Erfolg in der
Dauer und gleichmäßigen Einheitlichkeit ihrer Anwendung.
Auch hier war das Beispiel der feindlichen Kriegspropaganda vorbildlich; auf wenige Gesichtspunkte
beschränkt, ausschließlich berechnet für die Masse, mit unermüdlicher Beharrlichkeit betrieben.
Während des ganzen Krieges wurden die einmal als richtig erkannten Grundgedanken und
Ausführungsformen angewendet, ohne daß auch nur die geringste Änderung jemals vorgenommen
worden wäre. Sie war im Anfang scheinbar verrückt in der Frechheit ihrer Behauptungen, wurde später
unangenehm und wurde endlich geglaubt. Nach viereinhalb Jahren brach in Deutsch-
[204 Die feindliche Kriegspropaganda]
land eine Revolution aus, deren Schlagworte der feindlichen Kriegspropaganda entstammten.
In England aber begriff man noch etwas: daß nämlich für diese geistige Waffe der mögliche Erfolg nur
in der Masse ihrer Anwendung liegt, der Erfolg jedoch alle Kosten reichlich deckt.
Die Propaganda galt dort als Waffe ersten Ranges, während sie bei uns das letzte Brot stellenloser
Politiker und Druckpöstchen bescheidener Helden darstellte.
Ihr Erfolg war denn auch, alles in allem genommen, gleich Null.
[205]

7. Kapitel:
Die Revolution
Mit dem Jahre 1915 hat die feindliche Propaganda bei uns eingesetzt, seit 1916 wurde sie immer
intensiver, um endlich zu Beginn des Jahres 1918 zu einer förmlichen Flut anzuschwellen. Nun ließen
sich auch schon auf Schritt und Tritt die Wirkungen dieses Seelenfanges erkennen. Die Armee lernte
allmählich denken, wie der Feind es wollte.
Die deutsche Gegenwirkung aber versagte vollständig.
Die Armee besaß in ihrem damaligen geistigen und willensmäßigen Leiter wohl die Absicht und
Entschlossenheit, den Kampf auch auf diesem Felde aufzunehmen, allein ihr fehlte das Instrument, das
hierfür nötig gewesen wäre. Auch psychologisch war es falsch, diese Aufklärung durch die Truppe
selber vornehmen zu lassen. Sie mußte, wenn sie wirkungsvoll sein sollte, aus der Heimat kommen. Nur
dann durfte man auf Erfolg bei Männern rechnen, die zum Schlusse ja für diese Heimat unsterbliche
Taten des Heldenmutes und der Entbehrungen seit schon bald vier Jahren vollbracht hatten.
Allein, was kam aus der Heimat?War dieses Versagen Dummheit oder Verbrechen?Im Hochsommer
1918, nach dem Räumen des südlichen Marneufers, benahm sich vor allem die deutsche Presse schon so
elend ungeschickt, ja verbrecherisch dumm, daß mir mit täglich sich mehrendem Grimme die Frage
aufstieg, ob denn wirklich gar niemand da wäre, der dieser geistigen Verprassung des Heldentums der
Armee ein Ende bereiten würde.
Was geschah in Frankreich, als wir im Jahre 1914 in unerhörtem Siegessturme in dieses Land
hineinfegten? Was tat Italien in den Tagen des Zusammenbruches seiner
[206 Psychologischer Massenmord]
Isonzofront? Was Frankreich wieder im Frühjahr 1918, als der Angriff der deutschen Divisionen die
Stellungen aus den Angeln zu heben schien und der weitreichende Arm der schweren
Fernkampfbatterien an Paris zu klopfen begann?Wie war dort immer den zurückhastenden Regimentern
die Siedehitze nationaler Leidenschaft in die Gesichter gepeitscht worden! Wie arbeiteten dann
Propaganda und geniale Massenbeeinflussung, um den Glauben an den endgültigen Sieg erst recht in die
Herzen der gebrochenen Fronten wieder hineinzuhämmern!Was geschah indessen bei uns?Nichts oder
gar noch Schlechteres als dieses!Damals stiegen mir oft Zorn und Empörung auf, wenn ich die neuesten
Zeitungen zu lesen erhielt und man diesem psychologischen Massenmord, der da verbrochen wurde, zu
Gesicht bekam.
Öfter als einmal quälte mich der Gedanke, daß, wenn mich die Vorsehung an die Stelle dieser unfähigen
oder verbrecherischen Nichtskönner oder Nichtwollen unseres Propagandadienstes gestellt hätte, dem
Schicksal der Kampf anders angesagt worden wäre.
In diesen Monaten empfand ich zum ersten Male die ganze Tücke des Verhängnisses, das mich an der
Front und in einer Stelle hielt, in der mich der Zufallsgriff jedes Negers zusammenschießen konnte,
während ich dem Vaterland an anderem Orte andere Dienste zu leisten vermocht hätte!Denn daß mir
dieses gelungen sein würde, war ich schon damals vermessen genug zu glauben.
Allein ich war ein Namenloser, einer unter acht Millionen!So war es besser, den Mund zu halten und so
gut als möglich seine Pflicht an dieser Stelle zu tun.
×
Im Sommer 1915 fielen uns die ersten feindlichen Flugblätter in die Hand.
[207 Die ersten feindlichen Flugblätter]
Ihr Inhalt war fast stets, wenn auch mit einigen Abwechslungen in der Form der Darstellung, derselbe,
nämlich: daß die Not in Deutschland immer größer werde; die Dauer des Krieges endlos sei, während
die Aussicht, ihn zu gewinnen, immer mehr schwinde; das Volk in der Heimat sehne sich deshalb auch
nach Frieden, allein der "Militarismus" sowie der "Kaiser" erlaubten dies nicht; die ganze Welt — der
dies sehr wohl bekannt sei — führe deshalb auch nicht den Krieg gegen das deutsche Volk, sondern
vielmehr ausschließlich gegen den einzig Schuldigen, den Kaiser; der Kampf werde daher nicht früher
ein Ende nehmen, bis dieser Feind der friedlichen Menschheit beseitigt sei; die freiheitlichen und
demokratischen Nationen würden aber nach Beendigung des Krieges das deutsche Volk in den Bund des
ewigen Weltfriedens aufnehmen, der von der Stunde der Vernichtung des "preußischen Militarismus" an
gesichert sei.
Zur besseren Illustration des so Vorgebrachten wurden dann nicht selten "Briefe aus der Heimat"
abgedruckt, deren Inhalt diese Behauptungen zu bestätigen schien.
Im allgemeinen lachte man damals nur über alle diese Versuche. Die Flugblätter wurden gelesen, dann
nach rückwärts geschickt zu den höheren Stäben und meist wieder vergessen, bis der Wind abermals
eine Ladung von oben in die Gräben hineinbeförderte; es waren nämlich meistens Flugzeuge, die zum
Herüberbringen der Blätter dienten.
Eines mußte bei dieser Art von Propaganda bald auffallen, daß nämlich in jedem Frontabschnitt, in dem
sich Bayern befanden, mit außerordentlicher Konsequenz immer gegen Preußen Front gemacht wurde,
mit der Versicherung, daß nicht nur einerseits Preußen der eigentlich Schuldige und Verantwortliche für
den ganzen Krieg sei, sondern daß andererseits gegen Bayern im besonderen auch nicht das geringste an
Feindschaft vorhanden wäre; freilich könnte man ihm aber auch nicht helfen, solange es eben im Dienste
des preußischen Militarismus mittue, diesem die Kastanien aus dem Feuer zu holen.
Die Art der Beeinflussung begann tatsächlich schon im
[208 Die Jammerbriefe aus der Heimat]
Jahre 1915 bestimmte Wirkungen zu erzielen. Die Stimmung gegen Preußen wuchs unter der Truppe
ganz ersichtlich ohne daß von oben herunter auch nur ein einziges Mal dagegen eingeschritten worden
wäre. Dies war schon mehr als eine bloße Unterlassungssünde, die sich früher oder später einmal auf das
unseligste rächen mußte, und zwar nicht an den "Preußen", sondern an dem deutschen Volke, und dazu
gehört nicht zum allerletzten denn doch auch Bayern selber.
In dieser Richtung begann die feindliche Propaganda schon vom Jahre 1916 an unbedingte Erfolge zu
zeitigen.
Ebenso übten die Jammerbriefe direkt aus der Heimat längst ihre Wirkung aus. Es war nun gar nicht
mehr notwendig, daß der Gegner sie noch besonders durch Flugblätter usw. der Front übermittelte. Auch
dagegen geschah, außer einigen psychologisch blitzdummen "Ermahnungen" von "Regierungsseite",
nichts. Die Front wurde nach wie vor mit diesem Gift überschwemmt, das gedankenlose Weiber zu
Hause zusammenfabrizierten, ohne natürlich zu ahnen, daß dies das Mittel war, dem Gegner die
Siegeszuversicht auf das äußerste zu stärken, also mithin die Leiden ihrer Angehörigen an der
Kampffront zu verlängern und zu verschärfen. Die sinnlosen Briefe deutscher Frauen kosteten in der
Folgezeit Hunderttausenden von Männern das Leben.
So zeigten sich im Jahre 1916 bereits verschiedene bedenkliche Erscheinungen. Die Front schimpfte und
"masselte", war schon in vielen Dingen unzufrieden und manchmal auch mit Recht empört. Während sie
hungerte und duldete, die Angehörigen zu Hause im Elend saßen, gab es an anderer Stelle Überfluß und
Prasserei. Ja, sogar an der Kampffront selber war in dieser Richtung nicht alles in Ordnung.
So kriselte es schon damals ganz leicht — allein, dies waren noch immer "interne" Angelegenheiten.
Der gleiche Mann, der erst geschimpft und geknurrt hatte, tat wenige Minuten später schweigend seine
Pflicht, als ob es selbstverständlich gewesen wäre. Dieselbe Kompanie, die erst unzufrieden war,
klammerte sich an das Stück Graben, das
[209 Verwundet]
sie zu schützen hatte, wie wenn Deutschlands Schicksal von diesen hundert Metern Schlammlöchern
abhängig gewesen wäre. Es war noch die Front der alten, herrlichen Heldenarmee!Den Unterschied
zwischen ihr und der Heimat sollte ich in grellem Wechsel kennenlernen.
Ende September 1916 rückte meine Division in die Sommeschlacht ab. Sie war für uns die erste der nun
folgenden ungeheuren Materialschlachten und der Eindruck denn auch ein nur schwer zu beschreibender
— mehr Hölle als Krieg.
In wochenlangem Wirbelsturm des Trommelfeuers hielt die deutsche Front stand, manchmal etwas
zurückgedrängt, dann wieder vorstoßend, niemals aber weichend.
Am 7. Oktober 1916 wurde ich verwundet.
Ich kam glücklich nach rückwärts und sollte mit einem Transport nach Deutschland.
Es waren nun zwei Jahre verflossen, seit ich die Heimat nicht mehr gesehen hatte, eine unter solchen
Verhältnissen fast endlose Zeit. Ich konnte mir kaum mehr vorstellen, wie Deutsche aussehen, die nicht
in Uniform stecken. Als ich in Hermies im Verwundeten-Sammellazarett lag, zuckte ich fast wie im
Schreck zusammen, als plötzlich die Stimme einer deutschen Frau als Krankenschwester einen neben
mir Liegenden ansprach.
Nach zwei Jahren zum erstenmal ein solcher Laut!Je näher dann aber der Zug, der uns in die Heimat
bringen sollte, der Grenze kam, um so unruhiger wurde es nun im Innern eines jeden. Alle die Orte
zogen vorüber, durch die wir zwei Jahre vordem als junge Soldaten gefahren waren: Brüssel, Löwen,
Lüttich, und endlich glaubten wir das erste deutsche Haus am hohen Giebel und seinen schönen Läden
zu erkennen.
Das Vaterland!Im Oktober 1914 brannten wir vor stürmischer Begeisterung, als wir die Grenze
überfuhren, nun Herrschte Stille und Ergriffenheit. Jeder war glücklich, daß ihn das Schicksal noch
einmal schauen ließ, was er mit seinem Leben so
[210 Das Rühmen der eigenen Feigheit]
schwer zu schützen hatte; und jeder schämte sich fast, den andren in sein Auge sehen zu lassen.
Fast am Jahrestage meines Ausmarsches kam ich in das Lazarett zu Beelitz; bei Berlin.
Welcher Wandel! Vom Schlamm der Sommeschlacht in die weißen Betten dieses Wunderbaues! Man
wagte ja anfangs nicht, sich richtig hineinzulegen. Erst langsam vermochte man sich an diese neue Welt
wieder zu gewöhnen.
Leider aber war diese Welt auch in anderer Hinsicht neu.
Der Geist des Heeres an der Front schien hier schon kein Gast mehr zu sein. Etwas, das an der Front
noch unbekannt war, hörte ich hier zum ersten Male: das Rühmen der eigenen Feigheit. Denn was man
auch draußen schimpfen und "masseln" hören konnte, so war dies doch nie eine Aufforderung zur
Pflichtverletzung oder gar eine Verherrlichung des Angsthasen. Nein! Der Feigling galt noch immer als
Feigling, und sonst eben als weiter nichts; und die Verachtung, die ihn traf, war noch immer allgemein,
genau so wie die Bewunderung, die man dem wirklichen Helden zollte. Hier aber im Lazarett war es
schon zum Teil fast umgekehrt: Die gesinnungslosesten Hetzer führten das große Wort und versuchten
mit allen Mitteln ihrer jämmerlichen Beredsamkeit, die Begriffe des anständigen Soldaten als lächerlich
und die Charakterlosigkeit des Feiglings als vorbildlich hinzustellen. Ein paar elende Burschen vor
allem gaben den Ton an. Der eine davon rühmte sich, die Hand selber durch das Drahtverhau gezogen
zu haben, um so in das Lazarett zu kommen; er schien nun trotz dieser lächerlichen Verletzung schon
endlose Zeit hier zu sein, wie er denn ja überhaupt nur durch einen Schwindel in den Transport nach
Deutschland kam. Dieser giftige Kerl aber brachte es schon so weit, die eigene Feigheit mit frecher
Stirne als den Ausfluß höherer Tapferkeit als den Heldentod des ehrlichen Soldaten hinzustellen. Viele
hörten schweigend zu, andere gingen, einige aber stimmten auch bei.
Mir kroch der Ekel zum Halse herauf, allein der Hetzer wurde ruhig in der Anstalt geduldet. Was sollte
man,

[211 Die Drückebergerei]
machen? Wer und was er war, mußte man bei der Leitung genau wissen und wußte es auch. Dennoch
geschah nichts.
Als ich wieder richtig gehen konnte, erhielt ich Erlaubnis, nach Berlin fahren zu dürfen.
Die Not war ersichtlich überall sehr herbe. Die Millionenstadt litt Hunger. Die Unzufriedenheit war
groß. In verschiedenen, von Soldaten besuchten Heimen war der Ton ähnlich dem des Lazaretts. Es
machte ganz den Eindruck, als ob mit Absicht diese Burschen gerade solche Stellen aufsuchen würden,
um ihre Anschauungen weiterzuverbreiten.
Noch viel, viel ärger waren jedoch die Verhältnisse in München selber!Als ich nach Ausheilung aus dem
Lazarett entlassen und dem Ersatzbataillon überwiesen wurde, glaubte ich, die Stadt nicht mehr
wiederzuerkennen. Ärger, Mißmut und Geschimpfe, wohin man nur kam! Beim Ersatzbataillon selber
war die Stimmung unter jeder Kritik. Hier wirkte noch mit die unendlich ungeschickte Art der
Behandlung der Feldsoldaten von seiten alter Instruktionsoffiziere, die noch keine Stunde im Felde
waren und schon aus diesem Grunde nur zu einem Teil ein anständiges Verhältnis zu den alten Soldaten
herzustellen vermochten. Diese besaßen nun einmal gewisse Eigenheiten, die aus dem Dienst an der
Front erklärlich waren, den Leitern dieser Ersatztruppenteile indessen gänzlich unverständlich blieben,
während sie der ebenfalls von der Front gekommene Offizier sich wenigstens zu erklären wußte.
Letzterer selbst war von den Mannschaften natürlich auch ganz anders geachtet als der
Etappenkommandeur. Aber von dem ganz abgesehen, war die allgemeine Stimmung miserabel; die
Drückebergerei galt schon fast als Zeichen höherer Klugheit, das treue Ausharren aber als Merkmal
innerer Schwäche und Borniertheit. Die Kanzleien waren mit Juden besetzt. Fast jeder Schreiber ein
Jude und jeder Jude ein Schreiber. Ich staunte über die Fülle von Kämpfern des auserwählten Volkes
und konnte nicht anders, als sie mit den spärlichen Vertretern an der Front zu vergleichen.
Noch schlimmer lagen die Dinge bei der Wirtschaft. Hier
[212 Die Preußenhetze]
war das jüdische Volk tatsächlich "unabkömmlich" geworden. Die Spinne begann, dem Volke langsam
das Blut aus den Poren zu saugen. Auf dem Umwege über die Kriegsgesellschaften hatte man das
Instrument gefunden, um der nationalen und freien Wirtschaft nach und nach den Garaus zu machen.
Es wurde die Notwendigkeit einer schrankenlosen Zentralisation betont.
So befand sich tatsächlich schon im Jahre 1916/17 fast die gesamte Produktion unter der Kontrolle des
Finanzjudentums.
Gegen wen aber richtete sich nun der Haß des Volkes?In dieser Zeit sah ich mit Entsetzen ein
Verhängnis herannahen, das, nicht zur richtigen Stunde noch abgewendet, zum Zusammenbruch führen
mußte.
Während der Jude die gesamte Nation bestahl und unter seine Herrschaft preßte, hetzte man gegen die
"Preußen". Genau wie an der Front geschah auch zu Hause von oben gegen diese Giftpropaganda nichts.
Man schien gar nicht zu ahnen, daß der Zusammenbruch Preußens noch lange keinen Aufschwung
Bayerns mit sich bringe, ja, daß im Gegenteil jeder Sturz des einen den anderen rettungslos mit sich in
den Abgrund reißen mußte.
Mir tat dies Gebaren unendlich leid. Ich konnte in ihm nur den genialsten Trick des Juden sehen, der die
allgemeine Aufmerksamkeit von sich ab- und auf andere hinlenken sollte. Während Bayer und Preuße
stritten, [siehe das Tapfere Schneiderlein], zog er beiden die Existenz unter der Nase fort; während man
in Bayern gegen den Preußen schimpfte, organisierte der Jude die Revolution und zerschlug Preußen
und Bayern zugleich.
Ich konnte diesen verfluchten Hader unter den deutschen Stämmen nicht leiden und war froh, wieder an
die Front zu kommen, zu der ich mich sofort nach meiner Ankunft in München von neuem meldete.
Anfang März 1917 war ich denn auch wieder bei meinem Regiment.
×
[213 Neues Hoffen des Heeres]
Gegen Ende des Jahres 1917 schien der Tiefpunkt der Niedergeschlagenheit des Heeres überwunden zu
sein. Die ganze Armee schöpfte nach dem russischen Zusammenbruch wieder frische Hoffnung und
frischen Mut. Die Überzeugung, daß der Kampf nun dennoch mit einem Siege Deutschlands enden
würde, begann die Truppe immer mehr zu erfassen. Man konnte wieder singen hören, und die
Unglücksraben wurden seltener. Man glaubte wieder an die Zukunft des Vaterlandes.
Besonders der italienische Zusammenbruch des Herbstes 1917 hatte die wundervollste Wirkung
ausgeübt; sah man doch in diesem Siege den Beweis für die Möglichkeit, auch abseits des russischen
Kriegsschauplatzes die Front durchbrechen zu können. Ein herrlicher Glaube stürmte nun wieder in die
Herzen der Millionen und ließ sie mit aufatmender Zuversicht dem Frühjahr 1918 entgegenharren. Der
Gegner aber war ersichtlich deprimiert. In diesem Winter blieb es etwas ruhiger als sonst. Es trat die
Ruhe vor dem Sturm ein.
Doch während gerade die Front die letzten Vorbereitungen zur endlichen Beendigung des ewigen
Kampfes vornahm, endlose Transporte an Menschen und Material an die Westfront rollten und die
Truppe die Ausbildung zum großen Angriff erhielt, brach in Deutschland das größte Gaunerstück des
ganzen Krieges aus.
Deutschland sollte nicht siegen: in letzter Stunde, da der Sieg sich schon an die deutschen Fahnen zu
heften drohte, griff man zu einem Mittel, das geeignet erschien, mit einem Schlage den deutschen
Angriff des Frühjahrs im Keime zu ersticken, den Sieg unmöglich zu machen:Man organisierte den
Munitionsstreik.
Wenn er gelang, mußte die deutsche Front zusammenbrechen und der Wunsch des "Vorwärts", daß der
Sieg sich dieses Mal nicht mehr an die deutschen Fahnen heften möge, in Erfüllung gehen. Die Front
mußte unter dem Mangel an Munition in wenigen Wochen durchstoßen sein; die Offensive war damit
verhindert, die Entente gerettet; das internationale Kapital aber zum Herrn Deutschlands
[214 Rußlands Zusammenbruch]
gemacht, das innere Ziel des marxistischen Völkerbetruges erreicht.
Zerbrechen der nationalen Wirtschaft zur Aufrichtung der Herrschaft des internationalen Kapitals — ein
Ziel, das dank der Dummheit und Gutgläubigkeit der einen Seite und der bodenlosen Feigheit der
anderen ja auch erreicht ist.
Allerdings hatte der Munitionsstreik in bezug auf die Aushungerung der Front an Waffen nicht den
letzten gehofften Erfolg: er brach zu frühzeitig zusammen, als daß der Munitionsmangel als solcher —
so wie der Plan vorhanden war — das Heer zum Untergange verdammt hätte. Allein um wieviel
entsetzlicher war der moralische Schaden, der angerichtet war!Erstens: Für was kämpfte das Heer noch,
wenn die Heimat selber den Sieg gar nicht wollte? Für wen die ungeheuren Opfer und Entbehrungen?
Der Soldat soll für den Sieg fechten, und die Heimat streikt dagegen?Zweitens aber: Wie war die
Wirkung auf den Feind?Im Winter 1917/18 stiegen zum ersten Male trübe Wolken am Firmament der
alliierten Welt auf. Fast vier Jahre lang war man gegen den deutschen Recken angerannt und konnte ihn
nicht zum Sturz bringen; dabei war es aber nur der Schildarm, den dieser frei zur Abwehr hatte, während
das Schwert bald im Osten, bald im Süden zum Hiebe ausholen mußte. Nun endlich war der Riese im
Rücken frei. Ströme von Blut waren geflossen, bis es ihm gelang, den einen der Gegner endgültig
niederzuschlagen. Jetzt sollte im Westen zum Schild das Schwert kommen, und wenn es dem Feinde
bisher nicht glückte, die Abwehr zu brechen, nun sollte der Angriff ihn selber treffen.
Man fürchtete ihn und bangte um den Sieg.
In London und Paris jagte eine Beratung die andere. Selbst die feindliche Propaganda tat sich schon
schwer; es war nicht mehr so leicht, die Aussichtslosigkeit des deutschen Sieges nachzuweisen.
Das gleiche jedoch galt an den Fronten, an denen dösiges Schweigen Herrschte, auch für die alliierten
Truppen
[215 Niedergeschlagenheit der Alliierten]
selber. Den Herrschaften war die Frechheit plötzlich vergangen. Auch ihnen begann langsam ein
unheimliches Licht aufzugehen. Ihre innere Stellung zum deutschen Soldaten hatte sich jetzt geändert.
Bisher mochte er ihnen als ein ja doch zur Niederlage bestimmter Narr gelten; nun aber stand vor ihnen
der Vernichter des russischen Verbündeten. Die aus der Not geborene Beschränkung der deutschen
Offensiven auf den Osten erschien nunmehr als geniale Taktik. Drei Jahre waren diese Deutschen gegen
Rußland angerannt, anfangs scheinbar ohne auch nur den geringsten Erfolg. Man lachte fast über dieses
zwecklose Beginnen; denn endlich mußte ja doch der russische Riese in der Überzahl seiner Menschen
Sieger bleiben, Deutschland aber an Verblutung niederbrechen. Die Wirklichkeit schien dieses Hoffen
zu bestätigen.
Seit den Septembertagen 1914, da sich zum ersten Male die endlosen Haufen russischer Gefangener aus
der Schlacht von Tannenberg auf Straßen und Bahnen nach Deutschland zu wälzen begannen, nahm
dieser Strom kaum mehr ein Ende — allein für jede geschlagene und vernichtete Armee stand eine neue
auf. Unerschöpflich gab das Riesenreich dem Zaren [Nikolaus II.] immer neue Soldaten und dem Kriege
seine neuen Opfer. Wie lange konnte Deutschland dieses Rennen mitmachen? Mußte nicht einmal der
Tag kommen, an dem nach einem letzten deutschen Siege immer noch nicht die letzten russischen
Armeen zur allerletzten Schlacht antreten würden? Und was dann? Nach menschlichem Ermessen
konnte der Sieg Rußlands wohl hinausgeschoben werden, aber er mußte kommen.
Jetzt waren alle diese Hoffnungen zu Ende: der Verbündete, der die größten Blutopfer auf dem Altar der
gemeinsamen Interessen niedergelegt hatte, war am Ende seiner Kraft und lag vor dem unerbittlichen
Angreifer auf dem Boden. Furcht und Grauen schlichen in die Herzen der bisher blindgläubigen
Soldaten ein. Man fürchtete das kommende Frühjahr. Denn wenn es bisher nicht gelang, den Deutschen
zu besiegen, da er nur zum Teil sich auf der Westfront zu stellen vermochte, wie sollte man jetzt noch
[216 "Deutschland vor der Revolution!"]
mit dem Siege rechnen, da die gesamte Kraft des unheimlichen Heldenstaates sich zum Angriff gegen
den Westen zusammenzuballen schien?Die Schatten der Südtiroler Berge legten sich beklemmend auf
die Phantasie; bis in die flandrischen Nebel gaukelten die geschlagenen Heere Cadornas trübe Gesichte
vor, und der Glaube an den Sieg wich der Furcht vor der kommenden Niederlage.
Da — als man aus den kühlen Nächten schon das gleichmäßige Rollen der anrückenden Sturmarmeen
des deutschen Heeres zu vernehmen glaubte und in banger Sorge dem kommenden Gericht
entgegenstarrte, da zuckte plötzlich ein grellrotes Licht aus Deutschland auf und warf den Schein bis in
die letzten Granattrichter der feindlichen Front: im Augenblick, da die deutschen Divisionen den letzten
Unterricht zum großen Angriff erhielten, brach in Deutschland der Generalstreik aus.
Zunächst war die Welt sprachlos. Dann über stürzte sich die feindliche Propaganda erlöst aufatmend auf
diese Hilfe in zwölfter Stunde. Mit einem Schlage war das Mittel gefunden, die sinkende Zuversicht der
alliierten Soldaten wieder zu heben, die Wahrscheinlichkeit des Sieges aufs neue als sicher hinstellen zu
lassen und die bange Sorge vor den kommenden Ereignissen in entschlossene Zuversicht umzuwandeln.
Nun durfte man den des deutschen Angriffs harrenden Regimentern die Überzeugung in die größte
Schlacht aller Zeiten mitgeben, daß nicht der Verwegenheit des deutschen Sturmes die Entscheidung
über das Ende dieses Krieges zukomme, sondern der Ausdauer seiner Abwehr. Mochten die Deutschen
nun Siege erringen, soviel sie noch wollten, in ihrer Heimat stand die Revolution vor dem Einzug und
nicht die siegreiche Armee.
Diesen Glauben begannen englische, französische und amerikanische Zeitungen in die Herzen ihrer
Leser zu pflanzen, während eine unendlich geschickte Propaganda die Truppen der Front emporriß.
Deutschland vor der Revolution! Der Sieg der Alliierten unaufhaltbar!" Dies war die beste Medizin, um
dem schwan-
[217 Die Folgen des Munitionestreiks]
kenden Poilu und Tommy auf die Beine zu helfen. Nun konnten Gewehre und Maschinengewehre noch
einmal zum Feuer gebracht werden, und an Stelle einer in panischem Schrecken davonjagenden Flucht
trat hoffnungsvoller Widerstand.
Dieses war das Ergebnis des Munitionsstreiks. Er stärkte den Siegesglauben der feindlichen Völker und
behob die lahmende Verzweiflung der alliierten Front — in der Folge hatten Tausende von deutschen
Soldaten dies mit ihrem Blute zu bezahlen. Die Urheber dieses niederträchtigsten Schurkenstreiches
aber waren die Anwärter auf die höchsten Staatsstellen des Deutschlands der Revolution.
Wohl konnte auf deutscher Seite zunächst die sichtbare Rückwirkung dieser Tat scheinbar überwunden
werden, auf der Seite des Gegners jedoch blieben die Folgen nicht aus. Der Widerstand hatte die
Ziellosigkeit einer alles verlorengehenden Armee verloren, und an seine Stelle trat die Erbitterung eines
Kampfes um den Sieg.
Denn, der Sieg mußte nun nach menschlichem Ermessen kommen, wenn die Westfront dem deutschen
Angriff auch nur wenige Monate standhielt. In den Parlamenten der Entente aber erkannte man die
Möglichkeit der Zukunft und bewilligte unerhörte Mittel zur Fortführung der Propaganda zur Zersetzung
Deutschlands.
×
Ich hatte das Glück, die beiden ersten und die letzte Offensive mitmachen zu können.
Es sind dies die ungeheuersten Eindrücke meines Lebens geworden; ungeheuer deshalb, weil nun zum
letzten Male ähnlich wie im Jahre 1914 der Kampf den Charakter der Abwehr verlor und den des
Angriffs übernahm. Ein Aufatmen ging durch die Gräben und Stollen des deutschen Heeres, als endlich
nach mehr als dreijährigem Ausharren in der feindlichen Hölle der Tag der Vergeltung kam. Noch
einmal jauchzten die siegreichen Bataillone, und die letzten Kränze unsterblichen Lorbeers hingen sie an
die siegumwitterten Fahnen. Noch einmal brausten die Lieder des Vater-
[218 Letzte Kränze unsterblichen Lorbeers]
landes die endlosen Marschkolonnen entlang zum Himmel empor, und zum letzten Male lächelte die
Gnade des Herrn seinen undankbaren Kindern.

×
Im Hochsommer des Jahres 1918 lag dumpfe Schwüle über der Front. Die Heimat stritt sich. Um was?
Man erzählte sich vieles in den einzelnen Truppenteilen des Feldheeres. Der Krieg wäre nun
aussichtslos, und nur Narren könnten noch an den Sieg glauben. Das Volk besäße kein Interesse mehr
am weiteren Aushalten, sondern nur noch das Kapital und die Monarchie — dies kam aus der Heimat
und wurde auch an der Front besprochen.
Sie reagierte zunächst nur sehr wenig darauf. Was ging uns das allgemeine Wahlrecht an? Hatten wir
etwa deswegen vier Jahre lang gekämpft? Es war ein niederträchtiger Banditenstreich, auf solche Weise
den toten Helden das Kriegsziel im Grabe noch zu stehlen. Nicht mit dem Rufe "Es lebe das allgemeine
und geheime Wahlrecht" waren die jungen Regimenter einst in Flandern in den Tod gegangen, sondern
mit dem Schrei "Deutschland über alles in der Welt". Ein kleiner, aber doch nicht ganz unbedeutender
Unterschied. Die aber nach dem Wahlrecht riefen, waren zum größten Teil nicht dort gewesen, wo sie
dieses nun erkämpfen wollten. Die Front kannte das ganze politische Parteipack nicht. Man sah die
Herren Parlamentarier nur zu einem Bruchteil dort, wo die anständigen Deutschen. wenn sie nur gerade
Glieder besaßen, sich damals aufhielten.
So war denn die Front in ihren alten Beständen für dieses neue Kriegsziel der Herren Ebert,
Scheidemann, Barth, Liebknecht usw. nur sehr wenig empfänglich. Man verstand gar nicht, warum auf
einmal Drückeberger das Recht besitzen konnten, über das Heer hinweg sich die Herrschaft im Staate
anzumaßen.
Meine persönliche Einstellung war von Anfang an fest: Ich haßte das ganze Pack dieser elenden,
volksbetrügerischen Parteilumpen auf das äußerste. Ich war mir längst
[219 Die Zunahme der Zersetzungserscheinungen]
darüber im klaren, daß es sich bei diesem Gelichter wahrlich nicht um das Wohl der Nation handelte,
sondern um die Füllung leerer Taschen. Und daß sie jetzt selbst bereitwaren, dafür das ganze Volk zu
opfern und wenn nötig Deutschland zugrunde gehen zu lassen, machte sie in meinen Augen reif für den
Strick. Auf ihre Wünsche Rücksicht nehmen, hieß die Interessen des arbeitenden Volkes zugunsten
einer Anzahl von Taschendieben opfern, sie aber erfüllen konnte man nur dann, wenn man bereit war,
Deutschland aufzugeben.
So aber dachten noch immer die weitaus meisten des kämpfenden Heeres. Nur der aus der Heimat
kommende Nachschub wurde rapid schlechter und schlechter, so daß sein Kommen keine Verstärkung,
sondern eine Schwächung der Kampfkraft bedeutete. Besonders der junge Nachschub war zum größten
Teil wertlos. Es war oft nur schwer zu glauben, daß dies Söhne desselben Volkes sein sollten, das einst
seine Jugend zum Kampf um Ypern ausgeschickt hatte.
Im August und September nahmen die Zersetzungserscheinungen immer schneller zu, trotzdem die
feindliche Angriffswirkung mit dem Schrecken unserer Abwehrschlachten von einst nicht zu
vergleichen war. Sommeschlacht und Flandern lagen demgegenüber grauenerregend in der
Vergangenheit.
Ende September kam meine Division zum drittenmal an die Stellen, die wir einst als junge
Kriegsfreiwilligen-Regimenter gestürmt hatten.
Welch eine Erinnerung!Im Oktober und November 1914 hatten wir dort die Feuertaufe erhalten.
Vaterlandsliebe im Herzen und Lieder auf den Lippen war unser junges Regiment in die Schlacht
gegangen wie in den Tanz. Teuerstes Blut gab sich da freudig hin im Glauben, dem Vaterland so seine
Unabhängigkeit und Freiheit zu bewahren.
Im Juli 1917 betraten wir zum zweiten Male den für uns alle geheiligten Boden. Schlummerten doch in
ihm die besten Kameraden, Kinder noch fast, die einst mit strah-
[220 Der jüngere Nachschub versagt]
lenden Augen für das einzige teure Vaterland in den Tod hineingelaufen waren.
Wir Alten, die mit dem Regiment einst ausgezogen, standen in ehrfürchtiger Ergriffenheit an dieser
Schwurstätte von "Treue und Gehorsam bis in den Tod".
Diesen Boden, den das Regiment drei Jahre vorher gestürmt, sollte es nun in schwerer Abwehrschlacht
verteidigen.
In dreiwöchigem Trommelfeuer bereitete der Engländer die große Flandernoffensive vor. Da schienen
die Geister der Verstorbenen lebendig zu werden; das Regiment krallte sich in den schmutzigen
Schlamm und biß sich hinein in die einzelnen Löcher und Krater und wich nicht und wankte nicht und
wurde so wie schon einmal an dieser Stelle immer kleiner und dünner, bis der Angriff des Engländers
am 31. Juli 1917 endlich losbrach.
In den ersten Augusttagen wurden wir abgelöst.
Aus dem Regiment waren einige Kompanien geworden: die schwankten schlammüberkrustet zurück,
mehr Gespenstern als Menschen ähnlich. Allein außer einigen hundert Meter Granatlöchern hatte der
Engländer sich nur den Tod geholt.
Nun, im Herbste des Jahres 1918, standen wir zum drittenmal auf dem Sturmboden von 1914. Unser
einstiges Ruhestädtchen Comines war jetzt zum Kampffeld geworden. Freilich, wenn auch das
Kampfgelände das gleiche war, die Menschen hatten sich geändert; es wurde nunmehr in der Truppe
auch "politisiert". Das Gift der Heimat begann, wie überall, so auch hier wirksam zu werden. Der
jüngere Nachschub aber versagte vollständig — er kam von zu Hause.
In der Nacht vom 13. zum 14. Oktober ging das englische Gasschießen auf der Südfront vor Ypern los;
man verwendete dabei Gelbkreuz, das uns in der Wirkung noch unbekannt war, soweit es sich um die
Erprobung am eigenen Leibe handelte. Ich sollte es noch in dieser Nacht selbst kennenlernen. Auf einem
Hügel südlich von Wervick waren wir noch am Abend des 13. Oktober in ein mehrstündiges
Trommelfeuer von Gasgranaten gekommen, das sich dann die ganze Nacht hindurch in mehr oder
minder heftiger
[221 Vergiftet durch Gelbkreuzgas]
Weise fortsetzte. Schon gegen Mitternacht schied ein Teil von uns aus, darunter einige Kameraden
gleich für immer. Gegen Morgen erfaßte auch mich der Schmerz von Viertelstunde zu Viertelstunde
ärger, und um sieben Uhr früh stolperte und schwankte ich mit brennenden Augen zurück, meine letzte
Meldung im Kriege noch mitnehmend.
Schon einige Stunden später waren die Augen in glühende Kohlen verwandelt, es war finster um mich
geworden.
So kam ich in das Lazarett Pasewalk in Pommern, und dort mußte ich — die Revolution erleben!
×
Es lag etwas Unbestimmtes, aber Widerliches schon lange in der Luft. Man erzählte sich, daß es in den
nächsten Wochen "los"gehe — ich vermochte mir nur nicht vorzustellen, was darunter zu verstehen sei.
Ich dachte in erster Linie an einen Streik, ähnlich dem des Frühjahrs. Ungünstige Gerüchte kamen
dauernd aus der Marine, in der es gären sollte. Allein auch dieses schien mir mehr die Ausgeburt der
Phantasie einzelner Burschen als Angelegenheit größerer Massen zu sein. Im Lazarett selbst redete wohl
jeder von der hoffentlich doch bald herbeieilenden Beendigung des Krieges, allein auf ein "sofort"
rechnete niemand. Zeitungen konnte ich nicht lesen.
Im November nahm die allgemeine Spannung zu.
Und dann brach eines Tages plötzlich und unvermittelt das Unglück herein. Matrosen kamen auf
Lastkraftwagen und riefen zur Revolution auf, ein paar Judenjungen waren die "Führer" in diesem
Kampf um die "Freiheit, Schönheit und Würde" unseres Volksdaseins. Keiner von ihnen war an der
Front gewesen. Auf dem Umweg eines sogenannten "Tripperlazaretts" waren die drei Orientalen aus der
Etappe der Heimat zurückgegeben worden. Nun zogen sie in ihr den roten Fetzen auf.
Mir war es in der letzten Zeit etwas besser ergangen. Der bohrende Schmerz in den Augenhöhlen ließ
nach; es gelang mir langsam, meine Umgebung in großen Umrissen
[222 "Republik"]
wieder unterscheiden zu lernen. Ich durfte Hoffnung hegen, wenigstens so weit wieder sehend zu
werden, um später irgendeinem Berufe nachgehen zu können. Freilich, daß ich jemals wieder würde
zeichnen können, durfte ich nicht mehr hoffen. So befand ich mich immerhin auf dem Wege der
Besserung, als das Ungeheuerliche geschah.
Meine erste Hoffnung war noch immer, daß es sich bei dem Landesverrat nur um eine mehr oder minder
örtliche Sache handeln konnte. Ich versuchte auch einige Kameraden in dieser Richtung zu bestärken.
Besonders meine bayerischen Lazarettgenossen waren dem mehr als zugänglich. Die Stimmung war da
alles andere eher als "revolutionär". Ich konnte mir nicht vorstellen, daß auch in München der Wahnsinn
ausbrechen würde. Die Treue zum ehrwürdigen Hause Wittelsbach schien mir denn doch fester zu sein
als der Wille einiger Juden. So konnte ich nicht anders als glauben, daß es sich um einen Putsch der
Marine handle, der in den nächsten Tagen niedergeschlagen werden würde.
Die nächsten Tage kamen und mit ihnen die entsetzlichste Gewißheit meines Lebens. Immer drückender
wurden nun die Gerüchte. Was ich für eine lokale Sache gehalten hatte, sollte eine allgemeine
Revolution sein. Dazu kamen die schmachvollen Nachrichten von der Front. Man wollte kapitulieren.
Ja, war so etwas überhaupt auch nur möglich?Am 10. November kam der Pastor in das Lazarett zu einer
kleinen Ansprache; nun erfuhren wir alles.
Ich war, auf das äußerste erregt, auch bei der kurzen Rede anwesend. Der alte, würdige Herr schien sehr
zu zittern, als er uns mitteilte, daß das Haus Hohenzollern nun die deutsche Kaiserkrone nicht mehr
tragen dürfe, daß das Vaterland "Republik" geworden sei, daß man den Allmächtigen bitten müsse,
diesem Wandel seinen Segen nicht zu versagen und unser Volk in den kommenden Zeiten nicht
verlassen zu wollen. Er konnte dabei wohl nicht anders, er mußte in wenigen Worten des königlichen
Hauses gedenken, wollte dessen Verdienste in Pommern, in Preußen, nein, um das deutsche Vaterland
würdigen, und — da
[223 Umsonst alle Opfer]
begann er leise in sich hineinzuweinen — in dem kleinen Saale aber legte sich tiefste
Niedergeschlagenheit wohl auf alle Herzen, und ich glaube, daß kein Auge die Tränen zurückzuhalten
vermochte. Als aber der alte Herr weiter zu erzählen versuchte und mitzuteilen begann, daß wir den
langen Krieg nun beenden müßten, ja, daß unser Vaterland für die Zukunft, da der Krieg jetzt verloren
wäre und wir uns in die Gnade der Sieger begaben, schweren Bedrückungen ausgesetzt sein würde, daß
der Waffenstillstand im Vertrauen auf die Großmut unserer bisherigen Feinde angenommen werden
sollte — da hielt ich es nicht mehr aus. Mir wurde es unmöglich, noch länger zu bleiben. Während es
mir um die Augen wieder schwarz ward, tastete und taumelte ich zum Schlafsaal zurück, warf mich auf
mein Lager und grub den brennenden Kopf in Decke und Kissen.
Seit dem Tage, da ich am Grabe der Mutter gestanden, hatte ich nicht mehr geweint. Wenn mich in
meiner Jugend das Schicksal unbarmherzig anfaßte, wuchs mein Trotz. Als sich in den langen
Kriegsjahren der Tod so manchen lieben Kameraden und Freund aus unseren Reihen holte, wäre es mir
fast wie eine Sünde erschienen, zu klagen starben sie doch für Deutschland! Und als mich endlich selbst
— noch in den letzten Tagen des fürchterlichen Ringens das schleichende Gas anfiel und sich in die
Augen zu fressen begann und ich unter dem Schrecken, für immer zu erblinden, einen Augenblick
verzagen wollte, da donnerte mich die Stimme des Gewissens an: Elender Jämmerling, du willst wohl
heulen, während es Tausenden hundertmal schlechter geht als dir. Und so trug ich denn stumpf und
stumm mein Los. Nun aber konnte ich nicht mehr anders. Nun sah ich erst, wie sehr alles persönliche
Leid versinkt gegenüber dem Unglück des Vaterlandes.
Es war also alles umsonst gewesen. Umsonst all die Opfer und Entbehrungen, umsonst der Hunger und
Durst von manchmal endlosen Monaten, vergeblich die Stunden, in denen wir, von Todesangst umkrallt,
dennoch unsere Pflicht taten, und vergeblich der Tod von zwei Millionen, die da
[-224 Umsonst alle Opfer]
bei starben. Mußten sich nicht die Gräber all der Hunderttausende öffnen, die im Glauben an das
Vaterland einst hinausgezogen waren, um niemals wiederzukehren? Mußten sie sich nicht öffnen und
die stummen, schlamm- und blutbedeckten Helden als Rachegeister in die Heimat senden, die sie um
das höchste Opfer, das auf dieser Welt der Mann seinem Volke zu bringen vermag, so hohnvoll betrogen
hatte? Waren sie dafür gestorben, die Soldaten des August und September 1914, zogen dafür die
Freiwilligen-Regimenter im Herbst desselben Jahres den alten Kameraden nach? Sanken dafür diese
Knaben von siebzehn Jahren in die flandrische Erde? War dies der Sinn des Opfers, das die deutsche
Mutter dem Vaterland darbrachte, als sie mit wehem Herzen die liebsten Jungen damals ziehen ließ, um
sie niemals wiederzusehen? Geschah dies alles dafür, daß nun ein Haufen elender Verbrecher die Hand
an das Vaterland zu legen vermochte?Hatte also dafür der deutsche Soldat im Sonnenbrand und
Schneesturm hungernd, dürstend und frierend, Maße von schlaflosen Nächten und endlosen Märschen
ausgeharrt? Hatte er dafür in der Hölle des Trommelfeuers und im Fieber des Gaskampfes gelegen, ohne
zu weichen, immer eingedenk der einzigen Pflicht, das Vaterland vor dem Einfall des Feindes zu
bewahren?Wahrlich, auch diese Helden verdienten einen Stein: Wanderer, der du nach Deutschland
kommst, melde der Heimat, daß wir hier liegen, treu dem Vaterland und gehorsam der Pflicht."Und die
Heimat —?Allein — war es nur das einzige Opfer, das wir zu wägen hatten? War das vergangene
Deutschland weniger wert? Gab es nicht auch eine Verpflichtung der eigenen Geschichte gegenüber?
Waren wir noch wert, den Ruhm der Vergangenheit auch auf uns zu beziehen? Wie aber war diese Tat
der Zukunft zur Rechtfertigung zu unterbreiten?Elende und verkommene Verbrecher!Je mehr ich mir in
dieser Stunde über das ungeheure
[225 Beschluß Politiker zu werden]
Ereignis klar zu werden versuchte, um so mehr brannte mir die Scham der Empörung und der Schande
in der Stirn. Was war der ganze Schmerz der Augen gegen diesen Jammer?Was folgte, waren
entsetzliche Tage und noch bösere Nächte — ich wußte, daß alles verloren war. Auf die Gnade des
Feindes zu hoffen, konnten höchstens Narren fertigbringen oder — Lügner und Verbrecher. In diesen
Nächten wuchs mir der Haß, der Haß gegen die Urheber dieser Tat.
In den Tagen darauf wurde mir auch mein Schicksal bewußt. Ich mußte nun lachen bei dem Gedanken
an meine eigene Zukunft, die mir vor kurzer Zeit noch so bittere Sorgen bereitet hatte. War es nicht zum
Lachen, Häuser bauen zu wollen auf solchem Grunde? Endlich wurde mir auch klar, daß doch nur
eingetreten war, was ich so oft schon befürchtete, nur gefühlsmäßig nie zu glauben vermochte.
Kaiser Wilhelm II. hatte als erster deutscher Kaiser den Führern des Marxismus die Hand zur
Versöhnung gereicht, ohne zu ahnen, daß Schurken keine Ehre besitzen. Während sie die kaiserliche
Hand noch in der ihren hielten, suchte die andere schon nach dem Dolche.
Mit dem Juden gibt es kein Paktieren, sondern nur das harte Entweder-Oder.
Ich aber beschloß, Politiker zu werden.
[226]

8. Kapitel:
Beginn meiner politischen Tätigkeit
Noch Ende November 1918 kam ich nach München zurück. Ich fuhr wieder zum Ersatzbataillon meines
Regiments, das sich in der Hand von "Soldatenräten" befand. Der ganze Betrieb war mir so widerlich,
daß ich mich sofort entschloß, wenn möglich wieder fortzugehen. Mit einem treuen Feldzugskameraden,
Schmiedt Ernst, kam ich nach Traunstein und blieb bis zur Auflösung des Lagers dort.
Im März 1919 gingen wir wieder nach München zurück.
Die Lage war unhaltbar und drängte zwangsläufig zu einer weiteren Fortsetzung der Revolution. Der
Tod Eisners beschleunigte nur die Entwicklung und führte endlich zur Rätediktatur, besser ausgedrückt:
zu einer vorübergehenden JudenHerrschaft, wie sie ursprünglich den Urhebern der ganzen Revolution als
Ziel vor Augen schwebte.
In dieser Zeit jagten in meinem Kopfe endlose Pläne einander. Tagelang überlegte ich, was man nur
überhaupt tun könne, allein immer war das Ende jeder Erwägung die nüchterne Feststellung, daß ich als
Namenloser selbst die geringste Voraussetzung zu irgendeinem zweckmäßigen Handeln nicht besaß.
Auf die Gründe, warum ich auch damals mich nicht entschließen konnte, zu einer der bestehenden
Parteien zu gehen, werde ich noch zu sprechen kommen.
Im Laufe der neuen Räterevolution trat ich zum ersten Male so auf, daß ich mir das Mißfallen des
Zentralrates zuzog. Am 27. April 1919 frühmorgens sollte ich verhaftet werden — die drei Burschen
aber besaßen angesichts des vorgehaltenen Karabiners nicht den nötigen Mut und zogen wieder ab, wie
sie gekommen waren.
[227 Erörterung der Bildung einer neuen Partei]
Wenige Tage nach der Befreiung Münchens wurde ich zur Untersuchungskommission über die
Revolutionsvorgänge beim 2. Infanterieregiment kommandiert.
Dies war meine erste mehr oder weniger rein politische aktive Tätigkeit.
Schon wenige Wochen darauf erhielt ich den Befehl, an einem "Kurs" teilzunehmen, der für Angehörige
der Wehrmacht abgehalten wurde. In ihm sollte der Soldat bestimmte Grundlagen zu staatsbürgerlichem
Denken erhalten. Für mich lag der Wert der ganzen Veranstaltung darin, daß ich nun die Möglichkeit
erhielt, einige gleichgesinnte Kameraden kennenzulernen, mit denen ich die augenblickliche Lage
gründlich durchzusprechen vermochte. Wir waren alle mehr oder minder fest überzeugt, daß
Deutschland durch die Parteien des Novemberverbrechens, Zentrum und Sozialdemokratie, nicht mehr
aus dem heranreifenden Zusammenbruche gerettet werden würde, daß aber auch die sogenannten
"bürgerlich-nationalen" Gebilde selbst bei bestem Wollen niemals mehr gutzumachen verständen, was
geschehen. Hier fehlte eine ganze Reihe von Voraussetzungen, ohne die eine solche Arbeit eben nicht
gelingen konnte. Die Folgezeit hat unserer damaligen Ansicht recht gegeben.
So wurde denn in unserem kleinen Kreise die Bildung einer neuen Partei erörtert. Die Grundgedanken,
die uns dabei vorschwebten, waren dieselben, die dann später in der "Deutschen Arbeiterpartei" zur
Verwirklichung kamen. Der Name der neuzugründenden Bewegung mußte von Anfang an die
Möglichkeit bieten, an die breite Masse heranzukommen; denn ohne diese Eigenschaft schien die ganze
Arbeit zwecklos und überflüssig. So kamen wir auf den Namen "Sozialrevolutionäre Partei"; dies
deshalb, weil ja die sozialen Anschauungen der neuen Gründung tatsächlich eine Revolution bedeuteten.
Der tiefere Grund hierzu lag aber in folgendem:Wie sehr ich mich auch schon früher mit
wirtschaftlichen Problemen beschäftigt hatte, so war es doch mehr oder weniger immer in den Grenzen
geblieben, die sich aus der
[228 Die beiden Kapitalsarten]
Betrachtung der sozialen Fragen an sich ergaben. Erst später erweiterte sich dieser Rahmen infolge der
Prüfung der deutschen Bündnispolitik. Sie war ja zu einem sehr großen Teil das Ergebnis einer falschen
Einschätzung der Wirtschaft sowohl wie der Unklarheit über die möglichen Grundlagen einer Ernährung
des deutschen Volkes in der Zukunft. Alle diese Gedanken aber fußten noch auf der Meinung, daß das
Kapital in jedem Falle nur das Ergebnis der Arbeit wäre und mithin, wie diese selbst, der Korrektur all
jener Faktoren unterläge, die die menschliche Tätigkeit entweder zu fördern oder zu hemmen vermögen.
Darin läge dann auch die nationale Bedeutung des Kapitals, daß es selber so vollständig von Größe,
Freiheit und Macht des Staates, also der Nation, abhänge, daß diese Gebundenheit allein schon zu einer
Förderung des Staates und der Nation von Seiten dieses Kapitals führen müsse, aus dem einfachen Trieb
der Selbsterhaltung, bzw. der Weitervermehrung heraus. Dieses Angewiesensein des Kapitals auf den
unabhängigen freien Staat zwänge dieses also seinerseits, für diese Freiheit, Macht, Stärke usw. der
Nation einzutreten.
Damit war auch die Aufgabe des Staates dem Kapital gegenüber eine verhältnismäßig einfache und
klare: er hatte nur dafür zu sorgen, daß es Dienerin des Staates bliebe und sich nicht einbilde, Herrin der
Nation zu sein. Diese Stellungnahme konnte sich dann in zwei Grenzlinien halten: Erhaltung einer
lebensfähigen nationalen und unabhängigen Wirtschaft auf der einen Seite, Sicherung der sozialen
Rechte der Arbeitnehmer auf der anderen.
Den Unterschied dieses reinen Kapitals als letztes Ergebnis der schaffenden Arbeit gegenüber einem
Kapital, dessen Existenz und Wesen ausschließlich auf Spekulation beruhen, vermochte ich früher noch
nicht mit der wünschenswerten Klarheit zu erkennen. Es fehlte mir hierzu die erste Anregung, die eben
nicht an mich herankam.
Dieses wurde nun auf das gründlichste besorgt von einem der verschiedenen in dem schon erwähnten
Kurse vortragenden Herren: Gottfried Feder.
[229 Die Aufgabe des Programmatikers]
Zum ersten Male in meinem Leben vernahm ich eine prinzipielle Auseinandersetzung mit dem
internationalen Börsen- und Leihkapital.
Nachdem ich den ersten Vortrag Feders angehört hatte, zuckte mir auch sofort der Gedanke durch den
Kopf, nun den Weg zu einer der wesentlichsten Voraussetzungen zur Gründung einer neuen Partei
gefunden zu haben.
×
Das Verdienst Feders beruhte in meinen Augen darin, mit rücksichtsloser Brutalität den ebenso
spekulativen wie volkswirtschaftlichen Charakter des Börsen- und Leihkapitals festgelegt, reine urewige
Voraussetzung des Zinses aber bloßgelegt zu haben. Seine Ausführungen waren in allen grundsätzlichen
Fragen so richtig, daß die Kritiker derselben von vornherein weniger die theoretische Richtigkeit der
Idee bestritten, als vielmehr die praktische Möglichkeit ihrer Durchführung anzweifelten. Alles, was so
in den Augen anderer eine Schwäche der Federschen Darlegungen war, bildete in den meinen ihre
Stärke.
×
Die Aufgabe des Programmatikers ist nicht, die verschiedenen Grade der Erfüllbarkeit einer Sache
festzustellen, sondern die Sache als solche klarzulegen; das heißt: er hat sich weniger um den Weg als
das Ziel zu kümmern. Hierbei aber entscheidet die prinzipielle Richtigkeit einer Idee und nicht die
Schwierigkeit ihrer Durchführung. Sowie der Programmatiker versucht, an Stelle der absoluten
Wahrheit der sogenannten "Zweckmäßigkeit" und "Wirklichkeit" Rechnung zu tragen, wird seine Arbeit
aufhören, ein Polarstern der suchenden Menschheit zu sein, um statt dessen zu einem Rezept des Alltags
zu werden. Der Programmatiker einer Bewegung hat das Ziel derselben festzulegen, der Politiker seine
Erfüllung anzustreben. Der eine wird demgemäß in seinem Denken von der ewigen Wahrheit bestimmt,
der anders in seinem Handeln mehr von der jeweiligen praktischen Wirklichkeit. Die Größe des einen
[230 Programmatiker und Politiker]
liegt in der absoluten abstrakten Richtigkeit seiner Idee, die des anderen in der richtigen Einstellung zu
den gegebenen Tatsachen und einer nützlichen Verwendung derselben, wobei ihm als Leitstern das Ziel
des Programmatikers zu dienen hat. Während man als Prüfstein für die Bedeutung eines Politikers den
Erfolg seiner Pläne und Taten ansehen darf, das heißt also das Zur-Wirklichkeit-Werden derselben, kann
die Verwirklichung der letzten Absicht des Programmatikers nie erfolgen, da wohl der menschliche
Gedanke Wahrheit zu erfassen, kristallklare Ziele aufzustellen vermag, allein die restlose Erfüllung
derselben an der allgemein menschlichen Unvollständigkeit und Unzulänglichkeit scheitern wird. Je
abstrakt richtiger und damit gewaltiger die Idee sein wird, um so unmöglicher bleibt deren vollständige
Erfüllung, solange sie nun einmal von Menschen abhängt. Daher darf auch die Bedeutung des
Programmatikers nicht an der Erfüllung seiner Ziele gemessen werden, sondern an der Richtigkeit
derselben und dem Einfluß, den sie auf die Entwicklung der Menschheit genommen haben. Wäre es
anders, dürften nicht die Begründer von Religionen zu den größten Menschen auf dieser Erde gerechnet
werden, da ja die Erfüllung ihrer ethischen Absichten niemals eine auch nur annähernd vollständige sein
wird. Selbst die Religion der Liebe ist in ihrem Wirken nur ein schwacher Abglanz des Wollens ihres
erhabenen Begründers; allein ihre Bedeutung liegt in der Richtung, die sie einer allgemeinen
menschlichen Kultur-, Sittlichkeits- und Moralentwicklung zu geben versuchte.
Die überaus große Verschiedenheit der Aufgaben des Programmatikers und des Politikers ist auch die
Ursache, warum fast nie eine Vereinigung von beiden in einer Person zu finden ist. Es gilt dies
besonders vom sogenannten "erfolgreichen" Politiker kleinen Formats, dessen Tätigkeit zumeist
wirklich nur eine "Kunst des Möglichen" ist, wie Bismarck die Politik überhaupt etwas bescheiden
bezeichnete. Je freier ein solcher "Politiker" sich von großen Ideen hält, um so leichter und häufig auch
sichtbarer, immer jedoch schneller werden seine Erfolge sein. Freilich, sie sind
[231 Programmatiker und Politiker]
damit auch der irdischen Vergänglichkeit geweiht und überleben manchmal nicht den Tod ihrer Väter.
Das Werk solcher Politiker ist im großen und ganzen für die Nachwelt bedeutungslos, da ihre Erfolge in
der Gegenwart ja nur auf dem Fernhalten aller wirklich großen und einschneidenden Probleme und
Gedanken beruhen, die als solche auch für die späteren Generationen von Wert gewesen sein würden.
Die Durchführung derartiger Ziele, die noch für die fernsten Zeiten Wert und Bedeutung haben, ist für
den Verfechter derselben meistens wenig lohnend und findet nur selten Verständnis bei der großen
Masse, der Bier und Milcherlasse zunächst besser einleuchten als weitschauende Zukunftsplane, deren
Verwirklichung erst später eintreten kann, deren Nutzen aber überhaupt erst der Nachwelt zugute
kommt.
So wird schon aus einer gewissen Eitelkeit heraus, die immer eine Verwandte der Dummheit ist, die
große Masse der Politiker sich fernhalten von allen wirklich schweren Zukunftsentwürfen, um nicht der
Augenblickssympathie des großen Haufens verlustig zu gehen. Der Erfolg und die Bedeutung eines
solchen Politikers liegen dann ausschließlich in der Gegenwart und sind für die Nachwelt nicht
vorhanden. Die kleinen Köpfe pflegt dies ja auch wenig zu genieren; sie sind damit zufrieden.
Anders liegen die Verhältnisse bei dem Programmatiker. Seine Bedeutung liegt fast immer nur in der
Zukunft, da er ja nicht selten das ist, was man mit dem Worte "weltfremd" bezeichnet. Denn wenn die
Kunst des Politikers wirklich als eine Kunst des Möglichen gilt, dann gehört der Programmatiker zu
jenen, von denen es heißt, daß sie den Göttern nur gefallen, wenn sie Unmögliches verlangen und
wollen. Er wird auf die Anerkennung der Gegenwart fast immer Verzicht zu leisten haben, erntet aber
dafür, falls seine Gedanken unsterblich sind, den Ruhm der Nachwelt.
Innerhalb langer Perioden der Menschheit kann es einmal vorkommen, daß sich der Politiker mit dem
Program-

[232 Die Marathonläufer der Geschichte]
matiker vermählt. Je inniger aber diese Verschmelzung ist, um so größer sind die Widerstände, die sich
dem Wirken des Politikers dann entgegenstemmen. Er arbeitet nicht mehr für Erfordernisse, die jedem
nächstbesten Spießbürger einleuchten, sondern für Ziele, die nur die wenigsten begreifen. Daher ist dann
sein Leben zerrissen von Liebe und Haß. Der Protest der Gegenwart, die den Mann nicht begreift, ringt
mit der Anerkennung der Nachwelt, für die er ja auch arbeitet.
Denn je größer die Werke eines Menschen für die Zukunft sind, um so schwerer vermag sie die
Gegenwart zu erfassen, um so schwerer ist auch der Kampf und um so seltener der Erfolg. Blüht er aber
dennoch in Jahrhunderten einem, dann kann ihn vielleicht in seinen späten Tagen schon ein leiser
Schimmer des kommenden Ruhmes umstrahlen. Freilich sind diese Großen nur die Marathonläufer der
Geschichte; der Lorbeerkranz der Gegenwart berührt nur mehr die Schläfen des sterbenden Helden.
Zu ihnen aber sind zu rechnen die großen Kämpfer auf dieser Welt, die, von der Gegenwart nicht
verstanden, dennoch den Streit um ihre Idee und Ideale durchzufechten bereit sind. Sie sind diejenigen,
die einst am meisten dem Herzen des Volkes nahestehen werden; es scheint fast so, als fühlte jeder
einzelne dann die Pflicht, an der Vergangenheit gutzumachen, was die Gegenwart einst an den Großen
gesündigt hatte. Ihr Leben und Wirken wird in rührend dankbarer Bewunderung verfolgt und vermag
besonders in trüben Tagen gebrochene Herzen und verzweifelnde Seelen wieder zu erheben.
Hierzu gehören aber nicht nur die wirklich großen Staatsmänner, sondern auch alle sonstigen großen
Reformatoren. Neben Friedrich dem Großen stehen hier Martin Luther sowie Richard Wagner.
Als ich den ersten Vortrag Gottfried Feders über die "Brechung der Zinsknechtschaft" anhörte, wußte
ich sofort, daß es sich hier um eine theoretische Wahrheit handelte, die von immenser Bedeutung für die
Zukunft des deutschen Volkes werden müßte. Die scharfe Scheidung des
[233 Kampf gegen internationales Finanzkapital]
Börsenkapitals von der nationalen Wirtschaft bot die Möglichkeit, der Verinternationalisierung der
deutschen Wirtschaft entgegenzutreten, ohne zugleich mit dem Kampf gegen das Kapital überhaupt die
Grundlage einer unabhängigen völkischen Selbsterhaltung zu bedrohen. Mir stand die Entwicklung
Deutschlands schon viel zu klar vor Augen, als daß ich nicht gewußt hätte, daß der schwerste Kampf
nicht mehr gegen die feindlichen Völker, sondern gegen das internationale Kapital [Banken]
ausgefochten werden mußte. In Feders Vortrag spürte ich eine gewaltige Parole für dieses kommende
Ringen.
Und auch hier bewies die spätere Entwicklung, wie richtig unsere damalige Empfindung war. Heute
werden wir nicht mehr verlacht von den Schlauköpfen unserer bürgerlichen Politiker; heute sehen selbst
diese, soweit sie nicht bewußte Lügner sind, daß das internationale Börsenkapital nicht nur der größte
Hetzer zum Kriege war, sondern gerade jetzt nach des Kampfes Beendigung nichts unterläßt, den
Frieden zur Hölle zu verwandeln.
Der Kampf gegen das internationale Finanz- und Leihkapital ist zum wichtigsten Programmpunkt des
Kampfes der deutschen Nation um ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit und Freiheit geworden.
Was aber die Einwände der sogenannten Praktiker betrifft, so kann ihnen folgendes geantwortet werden:
Alle Befürchtungen über die entsetzlichen wirtschaftlichen Folgen einer Durchführung der "Brechung
der Zinsknechtschaft" sind überflüssig; denn erstens sind die bisherigen Wirtschaftsrezepte dem
deutschen Volke sehr schlecht bekommen, die Stellungnahmen zu den Fragen der nationalen
Selbstbehauptung erinnern uns sehr stark an die Gutachten ähnlicher Sachverständiger in früheren
Zeiten, zum Beispiel des ba
yerischen Medizinalkollegiums anläßlich der Frage der Einführung der
Eisenbahn. Alle Befürchtungen dieser erlauchten Korporation von damals sind später bekanntlich nicht
eingetroffen; die Reisenden in den Zügen des neuen "Dampfrosses" wurden nicht schwindlig, die
Zuschauer auch nicht krank, und auf die Bretterzäune, um die
[234 Nur eine Doktrin: Volk und Vaterland]
neue Einrichtung unsichtbar zu machen, hat man verzichtet — nur die Bretterwände vor den Köpfen
aller sogenannten "Sachverständigen" blieben auch der Nachwelt erhalten.
Zweitens aber soll man sich folgendes merken: Jede und auch die beste Idee wird zur Gefahr, wenn sie
sich einbildet, Selbstzweck zu sein, in Wirklichkeit jedoch nur ein Mittel zu einem solchen darstellt —
für mich aber und alle wahrhaftigen Nationalsozialisten gibt es nur eine Doktrin: Volk und Vaterland.
Für was wir zu kämpfen haben, ist die Sicherung des Bestehens und der Vermehrung unserer Rasse und
unseres Volkes, die Ernährung seiner Kinder und Reinhaltung des Blutes, die Freiheit und
Unabhängigkeit des Vaterlandes, auf daß unser Volk zur Erfüllung der auch ihm vom Schöpfer des
Universums zugewiesenen Mission heranzureifen vermag.
Jeder Gedanke und jede Idee, jede Lehre und alle Wissen haben diesem Zweck zu dienen. Von diesem
Gesichtspunkte aus ist auch alles zu prüfen und nach seiner Zweckmäßigkeit zu verwenden oder
abzulehnen. So kann keine Theorie zur tödlichen Doktrin erstarren, da alles ja nur dem Leben zu dienen
hat.
So waren die Erkenntnisse Gottfried Feders die Veranlassung, mich in gründlicher Weise nur diesem
mir ja bis dahin noch wenig vertrauten Gebiete überhaupt zu befassen.
Ich begann wieder zu lernen und kam nun erst recht zum Verständnis des Inhaltes und Wollens der
Lebensarbeit des Juden Karl Marx. Sein "Kapital" wurde mir jetzt erst recht verständlich, genau so wie
der Kampf der Sozialdemokratie gegen die nationale Wirtschaft, der nur den Boden für die Herrschaft,
des wirklich internationalen Finanz und Börsenkapitals vorzubereiten hat.
×
Allein noch in einer anderen Hinsicht waren die Kurse für mich von größter Folgewirkung.
[235 Der "Bildungsoffizier"]
Ich meldete mich eines Tages zur Aussprache. Einer der Teilnehmer glaubte, für die Juden eine Lanze
brechen zu müssen und begann sie in längeren Ausführungen zu verteidigen. Dies reizte mich zu einer
Entgegnung. Die weitaus überwiegende Anzahl der anwesenden Kursteilnehmer stellte sich auf meinen
Standpunkt. Das Ergebnis aber war, daß ich wenige Tage später dazu bestimmt wurde, zu einem
damaligen Münchener Regiment als sogenannter "Bildungsoffizier" einzurücken.
Die Disziplin der Truppe war zu dieser Zeit noch ziemlich schwach. Sie litt unter den Nachwirkungen
der Soldatenratsperiode. Nur ganz langsam und vorsichtig konnte man dazu übergehen, an Stelle des
"freiwilligen" Gehorsams — wie man den Saustall unter Kurt Eisner so schön zu bezeichnen pflegte —
wieder die militärische Disziplin und Unterordnung einzuführen. Ebenso sollte die Truppe selber
national und vaterländisch fühlen und denken lernen. In diesen beiden Richtungen lagen die Gebiete
meiner neuen Tätigkeit.
Ich begann mit aller Lust und Liebe. Bot sich mir doch jetzt mit einem Male die Gelegenheit, vor einer
größeren Zuhörerschaft zu sprechen; und was ich früher immer, ohne es zu wissen, aus dem reinen
Gefühl heraus einfach angenommen hatte, traf nun ein: ich konnte "reden". Auch die Stimme war schon
so viel besser geworden, daß ich wenigstens in kleinen Mannschaftszimmern überall genügend
verständlich blieb.
Keine Aufgabe konnte mich glücklicher machen als diese, denn nun vermochte ich noch vor meiner
Entlassung in der Institution nützliche Dienste zu leisten, die mir unendlich am Herzen gelegen hatte: im
Heere.
Ich durfte auch von Erfolg sprechen: Viele Hunderte, ja wohl Tausende von Kameraden habe ich im
Verlaufe meiner Vorträge wieder zu ihrem Volk und Vaterland zurückgeführt. Ich "nationalisierte" die
Truppe und konnte auf diesem Wege auch mithelfen, die allgemeine Disziplin zu Stärken.
Wieder lernte ich dabei eine Anzahl von gleichgesinnten Kameraden kennen, die später mit den
Grundstock der neuen Bewegung zu bilden begannen.
[236]

9. Kapitel:
Die "Deutsche Arbeiterpartei"
Eines Tages erhielt ich von der mir vorgesetzten Dienststelle den Befehl, nachzusehen, was es für eine
Bewandtnis mit einem anscheinend politischen Verein habe, der unter dem Namen "Deutsche
Arbeiterpartei" in den nächsten Tagen eine Versammlung abzuhalten beabsichtige, und in der ebenfalls
Gottfried Feder sprechen sollte; ich müßte hingehen und mir den Verband einmal ansehen und dann
Bericht erstatten.
Die Neugierde, die von seiten des Heeres damals den politischen Parteien entgegengebracht wurde, war
mehr als verständlich Die Revolution hatte dem Soldaten das Recht der politischen Betätigung gegeben,
Von dem nun auch gerade die Unerfahrensten den reichlichsten Gebrauch machten. Erst in dem
Augenblick, da Zentrum und Sozialdemokratie zum eigenen Leidwesen erkennen mußten, daß die
Sympathien der Soldaten sich von den revolutionären Parteien weg der nationalen Bewegung und
Wiedererhebung zuzuwenden begannen, sah man sich veranlaßt, der Truppe das Wahlrecht wieder zu
entziehen und die politische Betätigung zu untersagen.
Daß Zentrum und Marxismus zu dieser Maßnahme griffen, war einleuchtend, denn würde man diese
Beschneidung der "staatsbürgerlichen Rechte" — wie man die politische Gleichberechtigung der
Soldaten nach der Revolution nannte — nicht vorgenommen haben, hätte es schon wenige Jahre später
keinen Novemberstaat, aber damit auch keine weitere nationale Entehrung und Schande mehr gegeben.
Die Truppe war damals auf dem besten Wege, der Nation ihre Blutsauger und Handlanger der Entente
im Innern
[237 Die "Deutsche Arbeiterpartei]
vom Halse zu schaffen. Daß aber auch die sogenannten "nationalen" Parteien begeistert für die
Korrektur der bisherigen Anschauungen der Novemberverbrecher stimmten und so mithalfen, das
Instrument einer nationalen Erhebung unschädlich zu machen, zeigte wieder, wohin die immer nur
doktrinären Vorstellungen dieser Harmlosesten der Harmlosen zu führen vermögen. Dieses wirklich an
geistiger Altersschwäche krankende Bürgertum war allen Ernstes der Meinung, daß die Armee wieder
das werde, was sie war, nämlich ein Hort deutscher Wehrhaftigkeit, während Zentrum und Marxismus
ihr nur den gefährlichen nationalen Giftzahn auszubrechen gedachten, ohne den nun aber einmal eine
Armee ewig Polizei bleibt, jedoch keine Truppe ist, die vor dem Feind zu kämpfen vermag; etwas, was
sich in der Folgezeit wohl zur Genüge bewiesen hat.
Oder glaubten etwa unsere "nationalen Politiker", daß die Entwicklung der Armee anders als eine
nationale hätte sein können? Das sähe diesen Herren verflucht ähnlich und kommt davon, wenn man im
Kriege, statt Soldat zu sein, Schwätzer, also Parlamentarier ist und keine Ahnung mehr hat, was in der
Brust von Männern vorgehen mag, die die gewaltigste Vergangenheit erinnert, einst die ersten Soldaten
der Welt gewesen zu sein.
So entschloß ich mich, in die schon erwähnte Versammlung dieser mir bis dahin ebenfalls noch ganz
unbekannten Partei zu gehen.
Als ich abends in das für uns später historisch gewordene "Leiberzimmer" des ehemaligen
Sterneckerbräues in München kam, traf ich dort etwa 20 bis 25 Anwesende, hauptsächlich aus den
unteren Schichten der Bevölkerung.
Der Vortrag Feders war mir schon von den Kursen her bekannt, so daß ich mich mehr der Betrachtung
des Vereines selber widmen konnte.
Der Eindruck auf mich war weder gut noch schlecht; eine Neugründung, wie eben so viele andere auch.
Es war gerade damals die Zeit, in der sich jeder berufen fühlte, eine neue Partei aufzumachen, der mit
der bisherigen Entwick-
[238 Die "Deutsche Arbeiterpartei"]
lung nicht zufrieden war und zu den gegebenen Parteien kein Vertrauen mehr besaß. So schossen denn
überall diese Vereine nur so aus dem Boden, um nach einiger Zeit sang- und klanglos wieder zu
verschwinden. Die Begründer besaßen zumeist keine Ahnung davon, was es heißt, auch einem Verein
eine Partei oder gar eine Bewegung zu machen. So erstickten diese Gründungen fast immer von selbst
an ihrer lächerlichen Spießerhaftigkeit.
Nicht anders beurteilte ich nach etwa zweistündigem Zuhören die "Deutsche Arbeiterpartei". Als Feder
endlich schloß, war ich froh. Ich hatte genug gesehen und wollte schon gehen, als die nun verkündete
freie Aussprache mich doch bewog, noch zu bleiben. Allein auch hier schien alles bedeutungslos zu
verlaufen, bis plötzlich ein "Professor" zu Worte kam, der erst an der Richtigkeit der Federschen Gründe
zweifelte, sich dann aber — nach einer sehr guten Erwiderung Feders — plötzlich auf den "Boden der
Tatsachen" stellte, nicht aber ohne der jungen Partei auf das Angelegentlichste zu empfehlen, als
besonders wichtigen Programmpunkt den Kampf um die "Lostrennung" Bayerns von "Preußen"
aufzunehmen. Der Mann behauptete mit freier Stirne, daß in diesem Falle sich besonders DeutschÖsterreich
sofort an Bayern anschließen würde, daß der Friede dann viel besser würde und ähnlichen
Unsinn mehr. Da konnte ich denn nicht anders, als mich ebenfalls zum Wort zu melden und dem
gelahrten Herrn meine Meinung über diesen Punkt zu sagen — mit dem Erfolg, daß der Herr Vorredner,
noch ehe ich fertig war, wie ein begossener Pudel das Lokal verließ. Als ich sprach, hatte man mit
erstaunten Gesichtern zugehört, und erst als ich mich anschickte, der Versammlung gute Nacht zu sagen
und mich zu entfernen, kam mir noch ein Mann nachgesprungen, stellte sich vor (ich hatte den Namen
gar nicht richtig verstanden) und drückte mir ein kleines Heftchen, ersichtlich eine politische Broschüre,
in die Hand, mit der dringenden Bitte, dies doch ja zu lesen.
Das war mir sehr angenehm, denn nun durfte ich hoffen, vielleicht auf einfachere Weise den
langweiligen Verein
[239 Die "Deutsche Arbeiterpartei"]
kennenzulernen, ohne noch weiterhin so interessante Versammlungen besuchen zu müssen. Im übrigen
hatte dieser augenscheinliche Arbeiter auf mich einen guten Eindruck gemacht. Damit also ging ich.
Ich wohnte zu jener Zeit noch in der Kaserne des 2. Infanterieregiments, in einem kleinen Stübchen, das
die Spuren der Revolution noch sehr deutlich an sich trug. Tagsüber war ich fort, meistens bei dem
Schützenregiment 41 oder auch in Versammlungen, auf Vorträgen bei irgendeinem anderen Truppenteil
usw. Nur nachts schlief ich in meiner Behausung. Da ich jeden Morgen früh schon vor 5 Uhr
aufzuwachen pflegte, hatte ich mir die Spielerei angewöhnt, den Mäuslein, die in der kleinen Stube ihre
Unterhaltung trieben, ein paar Stückeln harte Brotreste oder -rinden auf den Fußboden zu legen und nun
zuzusehen, wie sich die possierlichen Tierchen um diese paar Leckerbissen herumjagten. Ich hatte in
meinem Leben schon so viel Not gehabt, daß ich mir den Hunger und daher auch das Vergnügen der
kleinen Wesen nur zu gut vor. zustellen vermochte.
Auch am Morgen nach dieser Versammlung lag ich gegen 5 Uhr wach in der Klappe und sah dem
Treiben und Gehusche zu. Da ich nicht mehr einschlafen konnte, erinnerte ich mich plötzlich des
vergangenen Abends, und nun fiel mir das Heft ein, das mir der eine Arbeiter mitgegeben hatte. So
begann ich zu lesen. Es war eine kleine Broschüre, in der der Verfasser, eben dieser Arbeiter, schilderte,
wie er aus dem Wirrwarr marxistischer und gewerkschaftlicher Phrasen wieder zu nationalem Denken
gelangte; daher auch der Titel "Mein politisches Erwachen". Da ich erst angefangen hatte, las ich das
Schriftchen mit Interesse durch; spiegelte sich ja in ihm ein Vorgang ab, den ich ähnlich zwölf Jahre
vorher am eigenen Leibe auch durchzumachen hatte. Unwillkürlich sah ich meine eigene Entwicklung
wieder vor mir lebendig werden. Ich dachte im Laufe des Tages noch einige Male über die Sache nach
und wollte sie endlich schon wieder beiseite legen, als ich noch keine Woche später zu meinem
Erstaunen eine Postkarte erhielt des Inhalts, daß ich in
[240 Die "Ausschußsitzung"]
die "Deutsche Arbeiterpartei" aufgenommen wäre: ich möchte mich dazu äußern und deshalb am
nächsten Mittwoch zu einer Ausschußsitzung dieser Partei kommen.
Ich war über diese Art, Mitglieder zu "gewinnen", allerdings mehr als erstaunt und wußte nicht, ob ich
mich darüber ärgern oder ob ich dazu lachen sollte. Ich dachte ja gar nicht daran, zu einer fertigen Partei
zu gehen, sondern wollte meine eigene gründen. Dieses Ansinnen kam für mich wirklich nicht in Frage.
Schon wollte ich meine Antwort den Herren schriftlich zugehen lassen, als die Neugierde siegte und ich
mich entschloß, am festgelegten Tage zu erscheinen, um meine Gründe mündlich auseinanderzulegen.
Der Mittwoch kam. Der Gasthof, in dem die bewußte Sitzung stattfinden sollte, war das "Alte
Rosenbad" in der Herrnstraße; ein sehr ärmliches Lokal, in das sich nur alle heiligen Zeiten jemand zu
verirren schien. Kein Wunder im Jahre 1919, da der Speisezettel auch der größeren Gaststätten nur sehr
bescheiden und dürftig anzulocken vermochte. Diese Wirtschaft aber kannte ich bis dorthin überhaupt
nicht.
Ich ging durch das schlecht beleuchtete Gastzimmer, in dem kein Mensch saß, suchte die Türe zum
Nebenraum und hatte dann die "Tagung" vor mir. Im Zwielicht einer halb demolierten Gaslampe saßen
an einem Tisch vier junge Menschen, darunter auch der Verfasser der kleinen Broschüre, der mich
sofort auf das freudigste begrüßte und als neues Mitglied der "Deutschen Arbeiterpartei" willkommen
hieß.
Ich war nun doch etwas verblüfft. Da mir mitgeteilt wurde, daß der eigentliche "Reichsvorsitzende" erst
komme, so wollte ich auch mit meiner Erklärung noch warten. Endlich erschien dieser. Es war der
Leitende der Versammlung im Sterneckerbräu anläßlich des Federschen Vortrags.
Ich war unterdessen wieder neugierig geworden und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Nun
lernte ich wenigstens die Namen der einzelnen Herren kennen. Der Vorsitzende der
"Reichsorganisation" war ein Herr Harrer, der von München Anton Drexler.
[241 Die "Ausschußsitzung"]
Es wurde nun das Protokoll der letzten Sitzung verlesen und dem Schriftführer das Vertrauen
ausgesprochen. Dann kam der Kassenbericht an die Reihe — es befanden sich in dem Besitze des
Vereins insgesamt 7 Mark und 50 Pfennig —, wofür der Kassierer die Versicherung allseitigen
Vertrauens erhielt. Dies wurde wieder zu Protokoll gebracht. Dann kamen vom 1. Vorsitzenden die
Antworten auf einen Brief aus Kiel, einen aus Düsseldorf und einen aus Berlin zur Vorlesung, alles war
mit ihnen einverstanden. Nun wurde der Einlauf mitgeteilt: ein Brief aus Berlin, einer aus Düsseldorf
und einer aus Kiel, deren Ankunft mit großer Befriedigung aufgenommen zu werden schien. Man
erklärte diesen steigenden Briefverkehr als bestes und sichtbares Zeichen der umsichgreifenden
Bedeutung der "Deutschen Arbeiterpartei", und dann — dann fand eine lange Beratung über die zu
erteilenden neuen Antworten statt.
Fürchterlich, fürchterlich! Das war ja eine Vereinsmeierei allerärgster Art und Weise. In diesen Klub
also sollte ich eintreten?Dann kamen die Neuaufnahmen zur Sprache, das heißt: es kam meine
Einfangung zur Behandlung.
Ich begann nun zu fragen — jedoch außer einigen Leitsätzen war nichts vorhanden, kein Programm,
kein Flugblatt, überhaupt nichts Gedrucktes, keine Mitgliedskarten, ja nicht einmal ein armseliger
Stempel, nur ersichtlich guter Glaube und Wille.
Mir war das Lächeln wieder vergangen, denn was war dies anderes als das typische Zeichen der
vollkommenen Ratlosigkeit und des gänzlichen Verzagtseins über alle die bisherigen Parteien, ihre
Programme, ihre Absichten und ihre Tätigkeit? Was diese paar jungen Menschen da zusammentrieb, zu
einem äußerlich so lächerlichen Tun, war doch nur der Ausfluß ihrer inneren Stimme, die ihnen, wohl
mehr gefühlsmäßig als bewußt, das ganze bisherige Parteiwesen als nicht mehr geeignet zu einer
Erhebung der deutschen Nation sowie zur Heilung ihrer inneren Schäden erscheinen ließ. Ich las mir
schnell die Leitsätze durch, die in Maschinenschrift vorlagen, und ersah auch aus ihnen mehr
[242 Eine Entscheidung für immer]
ein Suchen als ein Wissen. Vieles war da verschwommen oder unklar, manches fehlte, aber nichts war
vorhanden, das nicht wieder als Zeichen einer ringenden Erkenntnis hatte gelten können.
Was diese Menschen empfanden, das kannte auch ich: es war die Sehnsucht nach einer neuen
Bewegung, die mehr sein sollte als Partei im bisherigen Sinne des Wortes.
Als ich an diesem Abend wieder nach der Kaserne ging, hatte ich mir mein Urteil über diesen Verein
schon gebildet.
Ich stand vor der wohl schwersten Frage meines Lebens: sollte ich hier beitreten, oder sollte ich
ablehnen?Die Vernunft konnte nur zur Ablehnung raten, das Gefühl ließ mich aber nicht zur Ruhe
kommen, und je öfter ich mir die Unsinnigkeit dieses ganzen Klubs vor Augen zu halten versuchte, um
so öfter sprach wieder das Gefühl dafür.
In den nächsten Tagen war ich ruhelos.
Ich begann hin und her zu überlegen. Mich politisch zu betätigen, war ich schon längst entschlossen;
dies nur in einer neuen Bewegung zu geschehen vermochte, war mir ebenso klar, nur der Anstoß zur Tat
hatte mir bis dahin immer noch gefehlt. Ich gehörte nicht zu den Menschen, die heute etwas beginnen,
um morgen wieder zu enden und, wenn möglich, zu einer neuen Sache überzugehen. Gerade diese
Überzeugung war aber mit der Hauptgrund, warum ich mich so schwer zu einer solchen neuen
Gründung zu entschließen vermochte, die entweder alles werden mußte oder sonst zweckmäßigerweise
überhaupt unterblieb. Ich wußte, daß dies für mich eine Entscheidung für immer werden würde, bei der
es ein "Zurück" niemals mehr geben könnte. Für mich war es dann keine vorübergehende Spielerei,
sondern blutiger Ernst. Ich habe schon damals immer eine instinktive Abneigung gegenüber Menschen
besessen, die alles beginnen, ohne auch nur etwas durchzuführen. Diese Hansdampfe in allen Gassen
waren mir verhaßt. Ich hielt die Tätigkeit dieser Leute für schlechter als Nichtstun.
Das Schicksal selbst schien mir jetzt einen Fingerzeig zu geben. Ich wäre nie zu einer der bestehenden
großen Parteien gegangen und werde die Gründe dafür noch näher
[243 Ein Namenloser]
klarlegen. Diese Lächerliche kleine Schöpfung mit ihren paar Mitgliedern schien mir den einen Vorzug
zu besitzen, noch nicht zu einer "Organisation" erstarrt zu sein, sondern die Möglichkeit einer
wirklichen persönlichen Tätigkeit dem einzelnen freizustellen. Hier konnte man noch arbeiten, und je
kleiner die Bewegung war, um so eher war sie noch in die richtige Form zu bringen. Hier konnte noch
der Inhalt, das Ziel und der Weg bestimmt werden, was bei den bestehenden großen Parteien von
Anfang an schon wegfiel.
Je länger ich nachzudenken versuchte, um so mehr wuchs in mir die Überzeugung, daß gerade aus einer
solchen kleinen Bewegung heraus dereinst die Erhebung der Nation vorbereitet werden konnte —
niemals aber mehr aus den viel zu sehr an alten Vorstellungen hängenden oder gar am Nutzen des neuen
Regiments teilnehmenden politischen Parlamentsparteien. Denn was hier verkündet werden mußte, war
eine neue Weltanschauung und nicht eine neue Wahlparole.
Allerdings ein unendlich schwerer Entschluß, diese Absicht in die Wirklichkeit umsetzen zu wollen.
Welche Vorbedingungen brachte ich denn selber zu dieser Aufgabe mit?Daß ich mittellos und arm war,
schien mir noch das am leichtesten zu Ertragende zu sein, aber schwerer war es, daß ich nun einmal zu
den Namenlosen zählte, einer von den Millionen war, die der Zufall eben leben läßt oder aus dem
Dasein wieder ruft, ohne daß auch nur die nächste Umwelt davon Kenntnis zu nehmen geruht. Dazu
kam noch die Schwierigkeit, die sich aus meinem Mangel an Schulen ergeben mußte.
Die sogenannte "Intelligenz" sieht ja ohnehin immer mit einer wahrhaft unendlichen Herablassung auf
jeden herunter, der nicht durch die obligaten Schulen durchgezogen wurde und sich das nötige Wissen
einpumpen ließ. Die Frage lautet ja doch nie: Was kann der Mensch, sondern: Was hat er gelernt?
Diesen "Gebildeten" gilt der größte Hohlkopf, wenn er nur in genügend Zeugnisse eingewickelt ist,
mehr als der hellste Junge, dem diese kostbaren Tüten
[244 Mitglied Nummer sieben]
eben fehlen. Ich konnte mir also leicht vorstellen, wie mir diese "gebildete" Welt entgegentreten würde,
und habe mich dabei auch nur insofern getäuscht, als ich die Menschen damals doch noch für besser
hielt, als sie leider in der nüchternen Wirklichkeit zum großen Teil sind. So wie sie sind, erstrahlen
freilich die Ausnahmen, wie überall, immer heller. Ich aber lernte dadurch immer zwischen den ewigen
Schülern und den wirklichen Könnern unterscheiden.
Nach zweitägigem qualvollem Nachgrübeln und Überlegen kam ich endlich zur Überzeugung, den
Schritt tun zu müssen.
Es war der entscheidendste Entschluß meines Lebens.
Ein Zurück konnte und durfte es nicht mehr geben.
So meldete ich mich als Mitglied der "Deutschen Arbeiterpartei" an und erhielt einen provisorischen
Mitgliedsschein mit der Nummer: sieben.
[245]

10. Kapitel:
Ursachen des Zusammenbruchs
Die Tiefe des Falles irgendeines Körpers ist immer das Maß der Entfernung seiner augenblicklichen
Lage von der ursprünglich eingenommenen. Dasselbe gilt auch über den Sturz von Völkern und Staaten.
Damit aber kommt der vorherigen Lage oder besser Höhe eine ausschlaggebende Bedeutung zu. Nur
was sich über die allgemeine Grenze zu heben pflegt, kann auch ersichtlich tief fallen und stürzen. Das
macht für jeden Denkenden und Fühlenden den Zusammenbruch des Reiches so schwer und entsetzlich,
daß er den Sturz aus einer Höhe brachte, die heute, angesichts des Jammers der jetzigen Erniedrigung
kaum mehr vorstellbar ist.
Schon die Begründung des Reiches schien umgoldet vom Zauber eines die ganze Nation erhebenden
Geschehens. Nach einem Siegeslauf ohnegleichen erwächst endlich als Lohn unsterblichen Heldentums
den Söhnen und Enkeln ein Reich. Ob bewußt oder unbewußt, ganz einerlei, die Deutschen hatten alle
das Gefühl, daß dieses Reich, das sein Dasein nicht dem Gemogel parlamentarischer Fraktionen
verdankte, eben schon durch die erhabene Art der Gründung aber das Maß sonstiger Staaten emporragte;
denn nicht im Geschnatter einer parlamentarischen Redeschlacht, sondern im Donnern und Dröhnen der
Pariser Einschließungsfront vollzog sich der feierliche Akt einer Willensbekundung, daß die Deutschen,
Fürsten und Volk, entschlossen seien, in Zukunft ein Reich zu bilden und aufs neue die Kaiserkrone
Symbol zu erheben. Und nicht durch Meuchelmord war es geschehen, nicht Deserteure und
Drückeberger waren die Begründer des Bismarckschen Staates, sondern die Regimenter der Front.
[246 Die Vorzeichen des Zusammenbruchs]
Diese einzige Geburt und feurige Taufe allein schon umwoben das Reich mit dem Schimmer eines
historischen Ruhmes, wie er nur den ältesten Staaten — selten — zuteil zu werden vermochte.
Und welch ein Aufstieg setzte nun ein!Die Freiheit nach außen gab das tägliche Brot im Innern. Die
Nation wurde reich an Zahl und irdischen Gütern. Die Ehre des Staates aber und mit ihr die des ganzen
Volkes war gehütet und beschirmt durch ein Heer, das am sichtbarsten den Unterschied zum einstigen
deutschen Bunde aufzuzeigen vermochte.
So tief ist der Sturz, der das Reich und das deutsche Volk trifft, daß alles, wie vom Schwindel erfaßt,
zunächst Gefühl und Besinnung verloren zu haben scheint; man kann sich kaum mehr der früheren Höhe
erinnern, so traumhaft unwirklich gegenüber dem heutigen Elend erscheint die damalige Größe und
Herrlichkeit.
So ist es denn auch erklärlich, daß man nur zu sehr geblendet wird vom Erhabenen und dabei vergißt,
nach den Vorzeichen des ungeheuren Zusammenbruchs zu suchen, die doch irgendwie schon vorhanden
gewesen sein mußten.
Natürlich gilt das nur für die, denen Deutschland mehr war als ein reiner Aufenthaltsraum zum
Geldverdienen und -verzehren, da ja nur sie den heutigen Zustand als Zusammenbruch zu empfinden
vermögen, während er den anderen die längst ersehnte Erfüllung ihrer bisher ungestalten Wünsche ist.
Die Vorzeichen aber waren damals sichtbar vorhanden, wenn auch nur sehr wenige versuchten, aus
ihnen eine gewisse Lehre zu ziehen.
Heute aber ist dies nötiger denn je.
So wie man zur Heilung einer Krankheit nur zu kommen vermag, wenn der Erreger derselben bekannt
ist, so gilt das gleiche auch vom Heilen politischer Schäden. Freilich pflegt man die äußere Form einer
Krankheit, ihre in das Auge stechende Erscheinung, leichter zu sehen und zu entdecken als die innere
Ursache. Dies ist ja der Grund, warum so viele Menschen über die Erkenntnis äußerer
[247 Die Ursachen des Zusammenbruchs]
Wirkungen überhaupt nie hinauskommen und sie sogar mit der Ursache verwechseln, ja das
Vorhandensein einer solchen am liebsten ganz zu leugnen versuchen. So sehen auch jetzt die meisten
unter uns den deutschen Zusammenbruch in erster Linie nur in der allgemeinen wirtschaftlichen Not und
den daraus sich ergebenden Folgen. Diese hat fast jeder persönlich mit zu tragen — ein triftiger Grund
also zum Verstehen der Katastrophe für jeden einzelnen. Viel weniger aber sieht die große Masse den
Zusammenbruch in politischer, kultureller, sittlich-moralischer Hinsicht. Hier versagen bei vielen das
Gefühl und auch der Verstand vollkommen.
Daß dies bei der großen Masse so ist, mag noch hingehen, daß aber auch in den Kreisen der Intelligenz
der deutsche Zusammenbruch in erster Linie als "wirtschaftliche Katastrophe" angesehen und mithin die
Heilung von der Wirtschaft erwartet wird, ist mit eine der Ursachen, warum es bisher gar nicht zu einer
Genesung kommen konnte. Erst dann, wenn man begreift, daß auch hier der Wirtschaft nur die zweite
oder gar dritte Rolle zufällt und politischen, sittlich-moralischen sowie blutsmäßigen Faktoren die erste,
wird man zu einem Verstehen der Ursachen des heutigen Unglücks kommen und damit auch die Mittel
und Wege zu einer Heilung zu finden vermögen.
Die Frage nach den Ursachen des deutschen Zusammenbruchs ist mithin von ausschlaggebender
Bedeutung, vor allem für eine politische Bewegung, deren Ziel ja eben die Überwindung der Niederlage
sein soll.
Aber auch bei einem solchen Forschen in der Vergangenheit muß man sich sehr hüten, die mehr in das
Auge springenden Wirkungen mit den weniger sichtbaren Ursachen zu verwechseln.
Die leichteste und daher auch am meisten verbreitete Begründung des heutigen Unglücks ist die, daß es
sich dabei um die Folgen des eben verlorenen Krieges handle. mithin dieser die Ursache des jetzigen
Unheils sei.
Es mag viele geben, die diesen Unsinn ernstlich glauben werden, es gibt aber noch mehr, aus deren
Munde eine
[248 Die Ursachen des Zusammenbruchs]
solche Begründung nur Lüge und bewußte Unwahrheit sein kann. Dieses letztere gilt für alle heute an
den Futterkrippen der Regierung Befindlichen. Denn haben nicht gerade die Verkünder der Revolution
einst dem Volke immer wieder auf das angelegentlichste vorgehalten, daß es sich für die breite Masse
ganz gleichbleibe, wie dieser Krieg ausgehe? Haben sie nicht im Gegenteil auf das ernsteste versichert,
daß höchstens der "Großkapitalist" ein Interesse an der siegreichen Beendigung des ungeheuren
Völkerringens haben könne, niemals aber das deutsche Volk an sich oder gar der deutsche Arbeiter? Ja,
erklärten denn diese Weltversöhnungsapostel nicht gerade im Gegenteil, daß durch die deutsche
Niederlage nur der "Militarismus" vernichtet, das deutsche Volk aber seine herrlichste Auferstehung
feiern würde? Pries man denn nicht in diesen Kreisen die Güte der Entente, und schob man dort nicht
die Schuld des ganzen blutigen Ringens auf Deutschland? Hätte man es aber zu tun vermocht ohne die
Erklärung, daß auch die militärische Niederlage für die Nation ohne besondere Folgen sein würde? War
denn nicht die ganze Revolution mit der Phrase verbrämt, daß durch sie der Sieg der deutschen Fahne
verhindert würde, dadurch aber das deutsche Volk seiner inneren und auch größeren Freiheit erst recht
entgegengehen werde?War dies nicht etwa so, ihr elenden und verlogenen Burschen?Es gehört schon
eine wahrhaft jüdische Frechheit dazu, nun der militärischen Niederlage die Schuld am Zusammenbruch
beizumessen, während das Zentralorgan aller Landesverräter, der Berliner "Vorwärts", doch schrieb, daß
das deutsche Volk dieses Mal seine Fahne nicht mehr siegreich nach Hause bringen dürfe!Und jetzt soll
es der Grund unseres Zusammenbruchs sein?Es wäre natürlich ganz wertlos, mit solchen vergeßlichen
Lügnern streiten zu wollen, und ich würde deshalb auch gar keine Worte darüber verlieren, wenn nicht
dieser Unsinn leider auch von so vielen völlig gedankenlosen Men-
[249 Die Schuldigen am Zusammenbruch]
schen nachgeplappert würde, ohne daß gerade Bosheit oder bewußte Unwahrhaftigkeit dazu die
Veranlassung gaben. Weiter auch sollen die Erörterungen für unsere Kämpfer der Aufklärung
Hilfsmittel bieten, die ohnehin sehr nötig sind in einer Zeit, da einem das gesprochene Wort oft schon
im Munde verdreht zu werden pflegt.
So ist zu der Behauptung, der verlorene Krieg trage die Schuld am deutschen Zusammenbruche,
folgendes zu tragen:Allerdings war der Verlust des Krieges von einer entsetzlichen Bedeutung für die
Zukunft unseres Vaterlandes, allein sein Verlust ist nicht eine Ursache, sondern selber nur wieder eine
Folge von Ursachen. Daß ein unglückliches Ende dieses Kampfes auf Leben und Tod zu sehr
verlierenden Folgen führen mußte, war ja jedem Einsichtigen und nicht Böswilligen vollkommen klar.
Leider aber gab es auch Menschen, denen diese Einsicht zur richtigen Zeit zu fehlen schien, oder die,
entgegen ihrem besseren Wissen, dennoch diese Wahrheit erst abstritten und wegleugneten. Das waren
zum größten Teil diejenigen, die nach der Erfüllung ihres geheimen Wunsches auf einmal die späte
Einsicht in die Katastrophe, die durch sie mit angerichtet wurde, erhielten. Sie aber sind die Schuldigen
am Zusammenbruch und nicht der verlorene Krieg, wie sie plötzlich zu sagen und zu wissen belieben.
Denn der Verlust desselben war ja nur die Folge ihres Wirkens und nicht, wie sie jetzt behaupten
wollen, das Ergebnis einer "schlechten" Führung. Auch der Gegner bestand nicht aus Feiglingen, auch
er wußte zu sterben, seine Zahl war vom ersten Tage an größer als die des deutschen Heeres, und seiner
technischen Rüstung standen die Arsenale der ganzen Welt zur Verfügung; mithin kann die Tatsache,
daß die deutschen Siege, die vier Jahre lang gegen eine ganze Welt erfochten wurden, bei allem
Heldenmut und aller "Organisation", nur der überlegenen Führung zu verdanken waren, nicht aus der
Welt geleugnet werden. Die Organisation und Leitung des deutschen Heeres waren das Gewaltigste, was
die Erde bisher je gesehen. Ihre Mängel lagen in
[250 Gehen Völker an verlorenen Kriegen zugrunde?]
der Grenze der allgemeinen menschlichen Zulänglichkeit überhaupt.
Daß dieses Heer zusammenbrach, war nicht die Ursache unseres heutigen Unglücks, sondern nur die
Folge anderer Verbrechen, eine Folge, die allerdings selber wieder den Beginn eines weiteren und dieses
Mal sichtbaren Zusammenbruchs einleitete.
Daß dem so ist, geht aus folgendem hervor:Muß eine militärische Niederlage zu einem so restlosen
Niederbruch einer Nation und eines Staates führen? Seit wann ist dies das Ergebnis eines unglücklichen
Krieges? Gehen denn überhaupt Völker an verlorenen Kriegen an und für sich zugrunde?Die Antwort
darauf kann sehr kurz sein: Immer dann, wenn Völker in ihrer militärischen Niederlage die Quittung für
ihre innere Fäulnis, Feigheit, Charakterlosigkeit, kurz Unwürdigkeit erhalten. Ist es nicht so, dann wird
die militärische Niederlage eher zum Antrieb eines kommenden größeren Aufstieges als zum
Leichenstein eines Völkerdaseins.
Die Geschichte bietet unendlich viele Beispiele für die Richtigkeit dieser Behauptung.
Leider ist die militärische Niederlage des deutschen Volkes nicht eine unverdiente Katastrophe, sondern
eine verdiente Züchtigung der ewigen Vergeltung. Wir haben diese Niederlage mehr als verdient. Sie ist
nur die größte äußere Verfallserscheinung unter einer ganzen Reihe von inneren, die vielleicht in ihrer
Sichtbarkeit den Augen der meisten Menschen verborgen geblieben waren, oder die man nach der
Vogel-Strauß-Manier nicht sehen wollte.
Man beachte doch einmal die Begleiterscheinungen, unter denen das deutsche Volk diese Niederlage
entgegennahm. Hatte man nicht in vielen Kreisen in der schamlosesten Weise geradezu Freude über das
Unglück des Vaterlandes geäußert? Wer aber tut dieses, wenn er nicht wirklich eine solche Strafe
verdient? Ja, ging man nicht noch weiter und rühmte sich, die Front endlich zum Weichen gebracht zu
haben? Und dieses tat nicht etwa der Feind, nein, nein, solche Schande luden Deutsche auf ihr Haupt!
[251 Von den Deutschen jeder Dritte ein Verräter]
Traf sie etwa das Unglück zu Unrecht? Seit wann aber geht man dann noch her und mißt sich selbst
auch noch die Schuld am Kriege zu? Und zwar wider bessere Erkenntnis und besseres Wissen!
Nein und nochmals nein: In der Art und Weise, in der das deutsche Volk seine Niederlage
entgegennahm, vermag man am deutlichsten zu erkennen, daß die wahre Ursache unseres
Zusammenbruches ganz woanders zu suchen ist als in dem rein militärischen Verlust einiger Stellungen
oder dem Mißlingen einer Offensive; denn hätte wirklich die Front als solche versagt und wäre durch ihr
Unglück das Verhängnis des Vaterlandes hervorgerufen worden, so würde das deutsche Volk die
Niederlage ganz anders aufgenommen haben. Dann hätte man das nun folgende Unglück mit
zusammengebissenen Zähnen ertragen oder von Schmerz überwältigt beklagt; dann würden Wut und
Zorn die Herzen erfüllt haben gegen den durch die Tücke des Zufalls oder auch des Schicksals Willen
zum Sieger gewordenen Feind; dann wäre die Nation ähnlich dem römischen Senat den geschlagenen
Divisionen entgegengetreten mit dem Danke des Vaterlandes für die bisherigen Opfer und der Bitte, am
Reiche nicht zu verzweifeln. Selbst die Kapitulation aber wäre nur mit dem Verstande unterzeichnet
worden, während das Herz schon der kommenden Erhebung geschlagen hätte.
So würde eine Niederlage aufgenommen worden sein, die nur dem Verhängnis allein zu danken
gewesen wäre. Dann hätte man nicht gelacht und getanzt, hätte sich nicht der Feigheit gerühmt und die
Niederlage verherrlicht, hätte nicht die kämpfende Truppe verhöhnt und ihre Fahne und Kokarde in den
Schmutz gezerrt, vor allem aber: dann wäre es nie zu jener entsetzlichen Erscheinung gekommen, die
einen englischen Offizier, Oberst Repington, zu der verächtlichen Äußerung veranlaßte: "Von den
Deutschen ist jeder dritte Mann ein Verräter." Nein, diese Pest hätte dann niemals zu jener erstickenden
Flut anzusteigen vermocht, die nun seit fünf Jahren aber auch den letzten Rest von Achtung auf seiten
der übrigen Welt für uns ertränkte.
[252 Moralische Entwaffnung des gefährlichen Anklägers]
Darin sieht man die Lüge der Behauptung, daß der verlorene Krieg die Ursache des deutschen
Zusammenbruchs wäre, am allerbesten. Nein, dieser militärische Zusammenbruch war selber nur die
Folge einer ganzen Reihe von Krankheitserscheinungen und ihrer Erreger, die schon in der Zeit des
Friedens die deutsche Nation heimgesucht hatten. Es war dies die erste allen sichtbare katastrophale
Folge einer sittlichen und moralischen Vergiftung, einer Minderung des Selbsterhaltungstriebes und der
Voraussetzungen hierzu, die schon seit vielen Jahren die Fundamente des Volkes und Reiches zu
unterhöhlen begonnen hatten.
Es gehörte aber die ganze bodenlose Verlogenheit des Judentums und reiner marxistischen
Kampforganisation dazu, die Schuld am Zusammenbruche gerade dem Manne aufzubürden, der als
einziger mit übermenschlicher Willens- und Tatkraft versuchte, die von ihm vorausgesehene
Katastrophe zu verhüten und der Nation die Zeit der tiefsten Erniedrigung und Schmach zu ersparen.
Indem man Ludendorff zum Schuldigen am Verluste des Weltkrieges stempelte, nahm man dem
einzigen gefährlichen Ankläger, der gegen die Verräter des Vaterlandes aufzustehen vermochte, die
Waffen des moralischen Rechtes aus der Hand. Man ging dabei von dem sehr richtigen Grundsätze aus,
daß in der Größe der Lüge immer ein gewisser Faktor des Geglaubtwerdens liegt, da die breite Masse
eines Volkes im tiefsten Grunde ihres Herzens leichter verdorben als bewußt und absichtlich schlecht
sein wird, mithin bei der primitiven Einfalt ihres Gemütes einer großen Lüge leichter zum Opfer fällt als
einer kleinen, da sie selber ja wohl manchmal im kleinen lügt, jedoch vor zu großen Lügen sich doch zu
sehr schämen würde. Eine solche Unwahrheit wird ihr gar nicht in den Kopf kommen, und sie wird an
die Möglichkeit einer so ungeheuren Frechheit der infamsten Verdrehung auch bei anderen nicht
glauben können, ja selbst bei Aufklärung darüber noch lange zweifeln und schwanken und wenigstens
irgendeine Ursache doch noch als wahr annehmen; daher denn auch von der frechsten
[253 Katastrophe besser als schleichende Krankheit]
Lügenvereine dieser Welt nur zu genau kennen und deshalb auch niederträchtig zur Anwendung
bringen.

Die besten Kenner aber dieser Wahrheit über die Möglichkeiten der Anwendung von Unwahrheit und
Verleumdung waren zu allen Zeiten die Juden; ist doch ihr ganzes Dasein schon auf einer einzigen
großen Lüge aufgebaut, nämlich der, daß es sich bei ihnen um eine Religionsgenossenschaft handle,
während es sich um eine Rasse — und zwar was für eine — dreht. Als solche aber hat sie einer der
größten Geister der Menschheit für immer festgenagelt in einem ewig richtigen Satze von fundamentaler
Wahrheit: er nannte sie "die großen Meister der Lüge". Wer dieses nicht erkennt oder nicht glauben will,
der wird nimmermehr auf dieser Welt der Wahrheit zum Siege zu verhelfen vermögen.
Für das deutsche Volk darf man es fast als ein großes Glück betrachten, daß die Zeit seiner
schleichenden Erkrankung plötzlich in einer so furchtbaren Katastrophe abgekürzt wurde, denn im
anderen Falle wäre die Nation wohl langsamer, aber um so sicherer zugrunde gegangen. Die Krankheit
wäre zu einer chronischen geworden, während sie in der akuten Form des Zusammenbruches mindestens
den Augen einer größeren Menge klar und deutlich erkennbar wurde. Der Mensch wurde nicht durch
Zufall der Pest leichter Herr als der Tuberkulose. Die eine kommt in schrecklichen, die Menschheit
aufrüttelnden Todeswellen, die anders in langsamem Schleichen; die eine führt zur entsetzlichen Furcht,
die andere zur allmählichen Gleichgültigkeit. Die Folge aber ist, daß der Mensch der einen mit der
ganzen Rücksichtslosigkeit seiner Energie entgegentrat, während er die Schwindsucht mit
schwächlichen Mitteln einzudämmen versucht. So wurde er der Pest Herr, wahrend die Tuberkulose ihn
selber beHerrscht.
Genau so verhält es sich auch mit Erkrankungen von Volkskörpern. Wenn sie nicht katastrophal
auftreten, beginnt sich der Mensch langsam an sie zu gewöhnen und geht
[254 Krankheitserreger und -erscheinungen]
endlich an ihnen, wenn auch erst nach Zeiten, so doch um so gewisser, zugrunde. Es ist dann schon ein
— freilich bitteres — Glück, wenn das Schicksal sich entschließt, in diesen langsamen Fäulnisprozeß
einzugreifen und mit plötzlichem Schlage das Ende der Krankheit dem von ihr Erfaßten vor Augen
führt. Denn darauf kommt eine solche Katastrophe öfter als einmal hinaus. Sie kann dann leicht zur
Ursache einer nun mit äußerster Entschlossenheit einsetzenden Heilung werden.
Aber auch in einem solchen Falle ist die Voraussetzung doch wieder das Erkennen der inneren Gründe,
die zu der in Frage stehenden Erkrankung die Veranlassung gaben.
Das Wichtigste bleibt auch hier die Unterscheidung der Erreger von den durch sie hervorgerufenen
Zuständen. Diese wird um so schwerer werden, je länger die Krankheitsstoffe in dem Volkskörper sich
befinden und je mehr sie diesem schon zu einer selbstverständlichen Zugehörigkeit geworden waren.
Denn es kann sehr leicht vorkommen, daß man nach einer bestimmten Zeit unbedingt schädliche Gifte
als Bestandteil des eigenen Volkstums ansieht oder doch höchstens als notwendiges Übel duldet, so daß
ein Suchen nach dem fremden Erreger gar nicht mehr für notwendig erachtet wird.
So waren im langen Frieden der Vorkriegsjahre sehr wohl gewisse Schaden aufgetreten und als solche
erkannt worden, obwohl man sich um den Erreger derselben so gut wie gar nicht kümmerte, von einigen
Ausnahmen abgesehen. Diese Ausnahmen waren auch hier wieder in erster Linie die Erscheinungen des
wirtschaftlichen Lebens, die dem einzelnen stärker zum Bewußtsein kamen als etwa die Schäden auf
einer ganzen Reihe von anderen Gebieten.
Es gab viele Verfallszeichen, die zum ernsten Nachdenken hätten anregen müssen.
×
In wirtschaftlicher Hinsicht wäre hierzu folgendes zu sagen:
[255 Verfallszeichen im Vorkriegsdeutschland]
Durch die rasende Vermehrung der deutschen Volkszahl vor dem Kriege trat die Frage der Schaffung
des nötigen täglichen Brotes in immer schärfer werdender Weise in den Vordergrund alles politischen
und wirtschaftlichen Denkens und Handelns. Leider konnte man sich nicht entschließen, zur einzig
richtigen Lösung zu schreiten, sondern glaubte auf billigerem Wege das Ziel auch erreichen zu können.
Der Verzicht auf die Gewinnung neuen Bodens und ihr Ersatz durch den Wahn einer
weltwirtschaftlichen Eroberung mußte am Ende zu einer ebenso schrankenlosen wie schädlichen
Industrialisierung führen.
Die erste Folge von schwerster Bedeutung war die dadurch hervorgerufene Schwächung des
Bauernstandes. In dem gleichen Maße, in dem dieser zurückging, wuchs die Masse des großstädtischen
Proletariates immer mehr an, bis endlich das Gleichgewicht vollständig verloren wurde.
Nun kam auch der schroffe Wechsel von arm und reich so recht zum Vorschein. Überfluß und Elend
lebten so nahe beieinander, daß die Folgen davon sehr traurige sein konnten und mußten. Not und
häufige Arbeitslosigkeit begannen ihr Spiel mit den Menschen und ließen als Erinnerung
Unzufriedenheit und Erbitterung zurück. Die Folge davon schien die politische Klassenspaltung zu sein.
Bei aller wirtschaftlichen Blüte wurde so der Unmut den. noch immer größer und tiefer, ja es kam so
weit, daß die Überzeugung, "es könne so nicht mehr lange weitergehen", eine allgemeine wurde, ohne
daß aber die Menschen sich eine bestimmte Vorstellung von dem, was hätte kommen sollen, machten
oder gar nur machen konnten.
Es waren die typischen Zeichen einer tiefen Unzufriedenheit, die auf solche Weise sich zu äußern
versuchten.
Schlimmer als dieses aber waren andere Folgeerscheinungen, die die Verwirtschaftlichung der Nation
mit sich brachte.
In eben dem Maße, in dem die Wirtschaft zur bestimmenden Herrin des Staates aufstieg, wurde das Geld
der Gott, dem alles zu dienen und vor dem sich jeder zu beugen hatte. Immer mehr wurden die
himmlischen Götter
[256 Die Herrschaft des Geldes]
als veraltet und überlebt in die Ecke gestellt und statt ihnen der Weihrauch dem Götzen Mammon
dargebracht. Eine wahrhaft schlimme Entartung setzte ein, schlimm besonders deshalb, weil sie zu einer
Zeit eintrat, da die Nation höchste heldische Gesinnung nötiger denn je brauchen konnte. Deutschland
mußte sich gefaßt machen, eines Tages mit dem Schwert für seinen Versuch, auf dem Wege einer
"friedlichen, wirtschaftlichen Arbeit" sich das tägliche Brot zu sichern, einzustehen.
Die Herrschaft des Geldes wurde leider auch von der Stelle aus sanktioniert, die sich am meisten
dagegen hätte auflehnen müssen: Seine Majestät der Kaiser handelte unglücklich, als er besonders den
Adel in den Bannkreis des neuen Finanzkapitals hineinzog. Freilich mußte man ihm zugute rechnen, daß
leider selbst Bismarck in dieser Hinsicht die drohende Gefahr nicht erkannte. Damit aber waren die
ideellen Tugenden praktisch hinter den Wert des Geldes getreten, denn es war klar, daß, auf solchem
Wege erst begonnen, der Schwertadel in kurzer Zeit schon hinter dem Finanzadel zurücktreten mußte.
Geldoperationen gelingen leichter als Schlachten. So war es auch nicht mehr einladend für den
wirklichen Helden oder auch Staatsmann, in Beziehung zum nächstbesten Bankjuden gebracht zu
werden; der wirklich verdienstvolle Mann konnte kein Interesse an der Verleihung billiger Dekorationen
mehr besitzen, sondern lehnte dankend für sich ab. Aber auch rein blutsmäßig betrachtet war eine solche
Entwicklung tief traurig: der Adel verlor immer mehr die rassische Voraussetzung zu seinem Dasein,
und zu einem großen Teile wäre viel eher die Bezeichnung "Unadel" für ihn am Platze gewesen.
Eine schwere wirtschaftliche Verfallserscheinung war das langsame Ausscheiden des persönlichen
Besitzrechtes und allmähliche Übergehen der gesamten Wirtschaft in das Eigentum von
Aktiengesellschaften.
Damit ward erst die Arbeit so recht zum Spekulations-
[257 Internationalisierung über die Aktie]
objekt gewissenloser Schacherer herabgesunken; die Entfremdung des Besitzes gegenüber dem
Arbeitnehmer aber wurde in das unendliche gesteigert. Die Börse begann zu triumphieren und schickte
sich an, langsam, aber sicher das Leben der Nation in ihre Obhut und Kontrolle zu nehmen.
Die Internationalisierung der deutschen Wirtschaft war schon vor dem Kriege über den Umweg der
Aktie in die Wege geleitet worden. Freilich versuchte ein Teil der deutschen Industrie, sich noch mit
Entschiedenheit vor diesem Schicksale zu bewahren. Sie fiel schließlich aber auch dem vereinigten
Angriff des gierigen Finanzkapitals, das diesen Kampf besonders mit Hilfe seines treuesten Genossen,
der marxistischen Bewegung, ausfocht, zum Opfer.
Der dauernde Krieg gegen die deutsche "Schwerindustrie" war der sichtbare Beginn der durch den
Marxismus erstrebten Internationalisierung der deutschen Wirtschaft, die allerdings erst durch den Sieg
des Marxismus in der Revolution ganz zu Ende geführt werden konnte. Während ich dieses
niederschreibe, ist ja endlich auch der Generalangriff gegen die Deutsche Reichsbahn gelungen, die nun
zu Händen des internationalen Finanzkapitals überwiesen wird. Die "internationale" Sozialdemokratie
hat damit wieder eines ihrer Hochziele erreicht.
Wie weit diese "Verwirtschaftung" des deutschen Volkes gelungen war, geht wohl am ersichtlichsten
daraus hervor, daß endlich nach dem Kriege einer der führenden Köpfe der deutschen Industrie und vor
allem des Handels die Meinung zu äußern vermochte, daß die Wirtschaft als solche allein in der Lage
wäre, Deutschland wieder aufzurichten. Dieser Unsinn wurde in dem Augenblick verzapft, da
Frankreich den Unterricht seiner Lehranstalten in erster Linie wieder auf die humanistischen Grundlagen
stellte, um so dem Irrtum vorzubeugen, als ob die Nation und der Staat ihr Fortbestehen etwa der
Wirtschaft und nicht ewigen ideellen Werten verdanken. Die Äußerung, die damals ein Stinnes in die
Welt setzte, richtete die unglaublichste Verwirrung an; wurde sie doch sofort aufgegriffen, um nun in
staunenswerter Schnelligkeit zum Leitmotiv all der Kur-
[258 Halbheit — Erziehungsfehler]
pfuscher und Salbader zu werden, die das Schicksal seit der Revolution als "Staatsmänner" über
Deutschland losgelassen hatte.
×
Eine der bösesten Verfallserscheinungen war im Deutschland der Vorkriegszeit die allenthalben immer
mehr um sich greifende Halbheit in allem und jedem. Sie ist immer eine Folge von einiger Unsicherheit
über irgendeine Sache sowie einer aus diesen und anderen Gründen resultierenden Feigheit. Gefördert
wurde diese Krankheit noch durch die Erziehung.
Die deutsche Erziehung vor dem Kriege war mit außerordentlich vielen Schwächen behaftet. Sie war in
sehr einseitiger Weise auf die Anzüchtung von reinem "Wissen" zugeschnitten und weniger auf das
"Können" eingestellt. Noch weniger Wert wurde auf die Ausbildung des Charakters des einzelnen gelegt
— soweit diese überhaupt möglich —, ganz wenig auf die Förderung der Verantwortungsfreudigkeit
und gar nicht auf die Erziehung des Willens und der Entschlußkraft. Ihre Ergebnisse waren wirklich
nicht die starken Menschen, sondern vielmehr die gefügigen "Vielwisser", als die wir Deutsche vor dem
Kriege ja allgemein galten und demgemäß auch eingeschätzt wurden. Man liebte den Deutschen, da er
sehr gut zu verwenden war, allein man achtete ihn wenig, gerade infolge seiner willensmäßigen
Schwäche. Nicht umsonst verlor gerade er am leichtesten unter fast allen Völkern Nationalität und
Vaterland. Das schöne Sprichwort "Mit dem Hute in der Hand kommt man durch das ganze Land"
besagt alles.
Geradezu verhängnisvoll wurde diese Gesellschaft aber, als sie auch die Form bestimmte, unter der
allein es gestattet war, dem Monarchen entgegenzutreten. Die Form verlangte demgemäß: Nie
widersprechen, sondern alles und jedes gutheißen, was Seine Majestät zu geruhen beliebt. Gerade an
dieser Stelle aber war freie Manneswürde
[259 Totengräber der Monarchie]
am nötigsten, die monarchische Institution mußte sonst eines Tages an dieser Kriecherei zugrunde
gehen; denn es war Kriecherei und sonst nichts weiter! Und nur elenden Kriechern und Schliefern, kurz,
der ganzen Dekadenz, die sich an den allerhöchsten Thronen von jeher wohler gefühlt hatte als die
redlichen und anständig ehrlichen Seelen, vermag dies als die allein gegebene Form des Verkehrs mit
den Trägern einer Krone zu gelten! Diese "alleruntertänigsten" Kreaturen haben allerdings, bei aller
Demut vor ihrem Herrn und Brotgeber, schon von jeher die größte Unverfrorenheit der anderen
Menschheit gegenüber bewiesen, am stärksten dann, wenn sie sich mit frecher Stirn als einzig
"monarchisch" den übrigen Sündern vorzustellen beliebten; eine wirkliche Unverschämtheit, wie sie nur
so ein geadelter oder auch ungeadelter Spulwurm fertigbringt! Denn in Wahrheit sind diese Menschen
noch immer die Totengräber der Monarchie und besonders des monarchischen Gedankens gewesen. Es
ist dies auch gar nicht anders denkbar: ein Mann, der bereit ist, für eine Sache einzustehen, wird und
kann niemals ein Schleicher und charakterloser Kriecher sein. Wem es wirklich ernst ist um die
Erhaltung und Förderung einer Institution, der wird mit der letzten Faser seines Herzens an ihr hängen
und es gar nicht zu verwinden vermögen, wenn sich in ihr irgendwelche Schäden zeigen. Der wird dann
allerdings nicht in aller Öffentlichkeit herumschreien, wie dies in genau so verlogener Weise die
demokratischen "Freunde" der Monarchie taten, wohl aber Seine Majestät, den Träger der Krone selber,
auf das ernstlichste warnen und zu bestimmen versuchen. Er wird sich dabei nicht auf den Standpunkt
stellen und stellen dürfen, daß es seiner Majestät dabei frei bleibe, doch noch nach seinem Willen zu
handeln, auch wenn dies ersichtlich zu einem Unheil führen muß und wird, sondern er wird in einem
solchen Falle die Monarchie vor dem Monarchen in Schutz zu nehmen haben, und zwar auf jede Gefahr
hin. Wenn der Wert dieser Einrichtung in der jeweiligen Person des Monarchen läge, dann wäre dies die
schlechteste Institution, die sich nur denken läßt;
[260 Die monarchische Idee]
denn die Monarchen sind nur in den seltensten Fällen Auslesen der Weisheit und Vernunft oder auch
des Charakters, wie man dies gerne hinstellen möchte. Das glauben nur die berufsmäßigen Kriecher und
Schleicher, aber alle geraden Menschen — und dies sind denn doch noch die wertvollsten des Staates —
werden sich durch das Vertreten eines solchen Unsinns nur zurückgestoßen fühlen. Für sie ist eben
Geschichte Geschichte und Wahrheit Wahrheit, auch wenn es sich dabei um Monarchen handelt. Nein,
das Glück, einen großen Monarchen als großen Menschen zu besitzen, wird den Völkern so selten zuteil,
daß sie schon zufrieden sein müssen, wenn die Bosheit des Schicksals wenigstens vom allerärgsten
Mißgriff absieht.
Somit kann der Wert und die Bedeutung der monarchischen Idee nicht in der Person des Monarchen
selber liegen, außer der Himmel entschließt sich, die Krone einem genialen Helden wie Friedrich dem
Großen oder einem weisen Charakter wie Wilhelm I. auf die Schläfen zu drücken. Dies kommt in
Jahrhunderten einmal vor und kaum öfters. Sonst aber tritt die Idee hier vor die Person, indem nun der
Sinn dieser Einrichtung ausschließlich in der Institution an sich zu liegen hat. Damit aber fällt der
Monarch selber in den Kreis des Dienens. Auch er ist nun nur mehr ein Rad in diesem Werke und ist als
solches demselben verpflichtet. Auch er hat sich nun dem höheren Zweck zu fügen, und "monarchisch"
ist dann nicht mehr, wer den Träger der Krone schweigend an derselben freveln läßt, sondern wer dies
verhütet. Läge nicht der Sinn in der Idee, sondern in der "geheiligten" Person um jeden Preis, dürfte ja
nicht einmal die Absetzung eines ersichtlich geisteskranken Fürsten vorgenommen werden.
Es ist notwendig, heute schon dies niederzulegen, tauchen doch in letzter Zeit immer mehr die
Erscheinungen wieder aus dem Verborgenen hervor, deren jämmerlicher Haltung der Zusammenbruch
der Monarchie nicht am wenigsten mit zuzuschreiben ist. Mit einer gewissen naiven Unverfrorenheit
reden diese Leute jetzt wieder nur mehr von "ihrem" König — den sie aber denn doch vor wenigen
[261 Die "Kämpfer für die Monarchie"]
Jahren erst in der kritischen Stunde auf das allerjämmerlichste im Stiche gelassen hatten — und
beginnen, jeden Menschen, der es nicht fertigbringen will, in ihre verlogenen Tiraden mit einzustimmen,
als schlechten Deutschen hinzustellen. Und in Wahrheit sind dies doch genau dieselben Hasenfüße, die
im Jahre 1918 vor jeder roten Armbinde auseinander- und auf- und davonsausten, ihren König König
sein ließen, die Hellebarde schleunigst mit einem Spazierstock vertauschten, neutrale Krawatten
umbanden und als friedliche "Bürger" aber auch schon spurlos verschwanden! Mit einem Schlage waren
sie damals weg, diese königlichen Kämpen, und erst nachdem sich der revolutionäre Sturmwind, dank
der Tätigkeit anderer, so weit wieder gelegt hatte, daß man sein "Heil dem König, Heil!" wieder in die
Lüfte hinausschmettern konnte, begannen diese "Diener und Ratgeber" der Krone wieder vorsichtig
aufzutauchen. Nun aber sind sie alle da und äugen sehnsuchtsvoll nach den Fleischtöpfen Ägyptens
zurück, können sich kaum mehr halten vor Königstreue und Tatendrang, bis wohl wieder die erste rote
Binde eines Tages auf tauchen wird und der ganze Interessentenspuk der alten Monarchie aufs neue, wie
die Mäuse vor der Katze, ausreißt!Wären die Monarchen nicht selber schuld an diesen Dingen, könnte
man sie nur auf das herzlichste bedauern ob ihrer Verteidiger von heute. Sie dürfen aber jedenfalls
überzeugt sein, daß man mit solchen Rittern wohl Throne verliert, aber keine Kronen erficht.
Diese Devotheit jedoch war ein Fehler unserer ganzen Erziehung, der sich nun an dieser Stelle in
besonders entsetzlicher Weise rächte. Denn ihr zufolge konnten sich diese jammervollen Erscheinungen
an allen Höfen halten und die Grundlagen der Monarchie allmählich aushöhlen. Als das Gebäude dann
endlich ins Wanken kam, waren sie wie weggeblasen. Natürlich: Kriecher und Speichellecker lassen
sich für ihren Herrn nicht totschlagen. Daß die Monarchen dies niemals wissen und fast grundsätzlich
auch nicht lernen, ist von jeher zu ihrem Verderben geworden.
×
[262 Die Feigheit vor der Verantwortung]
Eine Folgeerscheinung verkehrter Erziehung war Feigheit vor der Verantwortung und die daraus sich
ergebende Schwäche in der Behandlung selbst lebenswichtiger Probleme.
Der Ausgangspunkt dieser Seuche liegt bei uns allerdings zu einem großen Teile in der
parlamentarischen Institution, in der die Verantwortungslosigkeit geradezu in Reinkultur gezüchtet wird.
Leider ging diese Erkrankung langsam aber auch auf das gesamte sonstige Leben aber, am stärksten auf
das staatliche. Man begann überall der Verantwortung auszuweichen und griff aus diesem Grunde am
liebsten zu halben und ungenügenden Maßregeln; erscheint doch bei ihrer Anwendung das Maß der
persönlich zu tragenden Verantwortung immer auf den kleinsten Umfang herabgedrückt.
Man betrachte nur die Haltung der einzelnen Regierungen gegenüber einer Reihe von wahrhaft
schädlichen Erscheinungen unseres öffentlichen Lebens, und man wird die fürchterliche Bedeutung
dieser allgemeinen Halbheit und Feigheit vor der Verantwortung leicht erkennen.
Ich nehme nur einige Fälle aus der Unmasse vorhandener Beispiele heraus:Man pflegt gerade in
Journalistenkreisen die Presse gerne als eine "Großmacht" im Staate zu bezeichnen. Tatsächlich ist ihre
Bedeutung denn auch eine wahrhaft ungeheuerliche. Sie kam überhaupt gar nicht überschätzt werden:
bewirkt sie doch wirklich die Fortsetzung der Erziehung im späteren Alter.
Man kann dabei ihre Leser im großen und ganzen in drei Gruppen einteilen:erstens in die, die alles, was
sie lesen, glauben; zweitens in solche, die gar nichts mehr glauben; drittens in die Köpfe, welche das
Gelesene kritisch prüfen und danach beurteilen.
Die erste Gruppe ist ziffernmäßig die weitaus größte. Sie besteht aus der großen Masse des Volkes und
stellt demgemäß den geistig einfachsten Teil der Nation vor.
[263 Die drei Zeitungslesergruppen]
Sie kann aber nicht etwa in Berufen benannt werden, sondern höchstens in allgemeinen
Intelligenzgraden. Ihr gehören alle an, denen selbständiges Denken weder angeboren noch anerzogen ist,
und die teils aus Unfähigkeit, teils aus Nichtkönnen alles glauben, was man ihnen schwarz auf weiß
gedruckt vorsetzt. Auch jene Sorte von Faulpelzen gehört dazu, die wohl selber denken könnte, aber aus
reiner Denkfaulheit heraus dankbar alles aufgreift, was ein anderer schon gedacht hat, in der
bescheidenen Voraussetzung, daß dieser sich schon richtig angestrengt haben wird. Bei all diesen
Menschen nun, die die große Masse vorstellen, wird der Einfluß der Presse ein ganz ungeheurer sein.
Sie sind nicht in der Lage oder nicht willens, das ihnen Dargebotene selber zu prüfen, so daß ihre
gesamte Einstellung zu allen Tagesproblemen nahezu ausschließlich auf die äußere Beeinflussung durch
andere zurückzuführen ist. Dies kann von Vorteil sein dann, wenn ihre Aufklärung von ernster und
wahrheitsliebender Seite vorgenommen wird, ist jedoch von Unheil, sowie dies Lumpen und Lügner
besorgen.
Die zweite Gruppe ist in der Zahl schon wesentlich kleiner. Sie ist zum Teil aus Elementen
zusammengesetzt, die erst zur ersten Gruppe gehörten, um nach langen bitteren Enttäuschungen nun in
das Gegenteil umzuschlagen und überhaupt nichts mehr zu glauben, sofern es nur gedruckt vor ihr Auge
kommt. Sie hassen jede Zeitung, lesen sie entweder überhaupt nicht oder ärgern sich ausnahmslos aber
den Inhalt, da er ihrer Meinung nach ja doch nur aus Lüge und Unwahrheit zusammengesetzt ist. Diese
Menschen sind sehr schwer zu behandeln, da sie auch der Wahrheit immer mißtrauisch gegenüberstehen
werden. Sie sind damit für jede positive Arbeit verloren.
Die dritte Gruppe endlich ist die weitaus kleinste; sie besteht aus den geistig wirklich feinen Köpfen, die
natürliche Veranlagung und Erziehung selbständig denken gelehrt hat, die sich aber alles ihr eigenes
Urteil zu bilden versuchen und die alles Gelesene auf das gründlichste noch einmal einer eigenen
Prüfung und Weiterentwicklung
[264 Staat und Presse]
unterziehen. Sie werden keine Zeitung anschauen, ohne in ihrem Gehirn dauernd mitzuarbeiten, und der
Verfasser hat dann keinen leichten Stand. Die Journalisten lieben solche Leser denn auch nur mit
Zurückhaltung.
Für die Angehörigen dieser dritten Gruppe ist allerdings der Unsinn, den eine Zeitung
zusammenschmieren mag, wenig gefährlich oder auch nur bedeutungsvoll. Sie haben sich ohnehin
zumeist im Laufe eines Lebens angewöhnt, in jedem Journalisten grundsätzlich einen Spitzbuben zu
sehen, der nur manches Mal die Wahrheit spricht. Leider aber liegt die Bedeutung dieser prachtvollen
Menschen eben nur in ihrer Intelligenz und nicht in der Zahl — ein Unglück in einer Zeit, in der die
Weisheit nichts und die Majorität alles ist! Heute, da der Stimmzettel der Masse entscheidet, liegt der
ausschlaggebende Wert eben bei der zahlreichsten Gruppe, und diese ist die erste: der Haufe der
Einfältigen und Leichtgläubigen.
Es ist ein Staats- und Volksinteresse ersten Ranges, zu verhindern, daß diese Menschen in die Hände
schlechter, unwissender oder gar übelwollender Erzieher geraten. Der Staat hat deshalb die Pflicht, ihre
Erziehung zu überwachen und jeden Unfug zu verhindern. Er muß dabei besonders der Presse auf die
Finger sehen; denn ihr Einfluß ist auf diese Menschen der weitaus stärkste und eindringlichste, da er
nicht vorübergehend, sondern fortgesetzt zur Anwendung kommt. In der Gleichmäßigkeit und ewigen
Wiederholung dieses Unterrichts liegt seine ganz unerhörte Bedeutung. Wenn also irgendwo, dann darf
gerade hier der Staat nicht vergessen, daß alle Mittel einem Zwecke zu dienen haben; er darf sich nicht
durch das Geflunker einer sogenannten "Pressefreiheit" beirren und beschwatzen lassen, seine Pflicht zu
versäumen und der Nation die Kost vorzuenthalten, die sie braucht und die ihr gut tut; er muß mit
rücksichtsloser Entschlossenheit sich dieses Mittels der Volkserziehung versichern und es in den Dienst
des Staates und der Nation stellen.
Welche Kost aber hat die deutsche Presse der Vorkriegszeit den Menschen vorgesetzt? War es nicht das
ärgste
[265 Staat und Presse]
Gift, das man sich nur vorzustellen vermag? Wurde dem Herzen unseres Volkes nicht schlimmster
Pazifismus zu einer Zeit eingeimpft, da die andere Welt sich schon an. schickte, Deutschland langsam,
aber sicher abzudrosseln? Hatte die Presse nicht schon im Frieden dem Gehirn des Volkes, den Zweifel
an das Recht des eigenen Staates eingeflößt, um es so in der Wahl der Mittel zu seiner Verteidigung von
vornherein zu beschränken? War es nicht die deutsche Presse, die den Unsinn der "westlichen
Demokratie" unserem Volke schmackhaft zu machen verstand, bis dieses endlich, von all den
begeisterten Tiraden gefangen, glaubte, seine Zukunft einem Völkerbunde anvertrauen zu können? Hat
sie nicht mitgeholfen, unser Volk zu einer elenden Sittenlosigkeit zu erziehen? Wurden nicht Moral und
Sitte von ihr lächerlich gemacht, als rückständig und spießig gedeutet, bis endlich auch unser Volk
"modern" wurde? Hat sie nicht in dauerndem Angriff die Grundfesten der Staatsautorität so lange
unterhöhlt, bis ein einziger Stoß genügte, um dieses Gebäude zum Einsturz zu bringen? Hat sie nicht
einst gegen jeden Willen, dem Staate zu geben, was des Staates ist, mit allen Mitteln angekämpft, nicht
in dauernder Kritik das Heer herabgesetzt, die allgemeine Wehrpflicht sabotiert, zur Verweigerung der
militärischen Kredite aufgefordert usw., bis der Erfolg nicht mehr ausbleiben konnte?Die Tätigkeit der
sogenannten liberalen Presse war Totengräberarbeit am deutschen Volk und Deutschen Reich. Von den
marxistischen Lügenblättern kann man dabei überhaupt schweigen; ihnen ist das Lügen genau so
Lebensnotwendigkeit wie der Katze das Mausen; ist doch ihre Aufgabe nur, dem Volke das völkische
und nationale Rückgrat zu brechen, um es reif zu machen für das Sklavenjoch des internationalen
Kapitals und seiner Herren, der Juden.
Was aber hat der Staat gegen diese Massenvergiftung der Nation unternommen? Nichts, aber rein gar
nichts! Ein paar lächerliche Erlasse, ein paar Strafen gegen allzu heftige Niederträchtigkeit, und damit
war Schluß. Dafür
[266 Die jüdische Pressetaktik]
aber hoffte man, sich diese Seuche wohlgeneigt zu machen durch Schmeicheleien, durch Anerkennung
des "Wertes" der Presse, ihre "Bedeutung", ihrer "erzieherischen Mission" und ähnlichen Blödsinns
mehr — die Juden aber nahmen es schlau lächelnd entgegen und quittierten mit verschmitztem Dank.
Der Grund jedoch zu diesem schmählichen Versagen des Staates lag nicht so sehr im Nichterkennen der
Gefahr, als vielmehr in einer zum Himmel schreienden Feigheit und der daraus geborenen Halbheit aller
Entschlüsse und Maßnahmen. Es hatte niemand den Mut, durchgreifende Radikalmittel anzuwenden,
sondern man pfuschte hier wie überall mit lauter halben Rezepten herum, und statt den Stoß ins Herz
hinein zu führen, reizte man die Viper höchstens — mit dem Ergebnis, daß nicht nur alles beim alten
blieb, sondern im Gegenteil die Macht der zu bekämpfenden Institutionen von Jahr zu Jahr zunahm.
Der Abwehrkampf der damaligen deutschen Regierung gegen die die Nation langsam verderbende
Presse, hauptsächlich jüdischer Herkunft, war ohne jede gerade Linie, ohne Entschlossenheit, vor allem
aber ohne jedes sichtbare Ziel. Hier versagte der geheimrätliche Verstand vollständig, sowohl in der
Einschätzung der Bedeutung dieses Kampfes wie auch in der Wahl der Mittel und der Festlegung eines
klaren Planes. Planlos dokterte man herum, sperrte manchmal, wenn man zu sehr gebissen wurde, eine
solche journalistische Kreuzotter auf einige Wochen oder auch Monate ein, das Schlangennest als
solches aber ließ man schön in Ruhe.
Freilich — zum Teil war dies auch die Folge der unendlich schlauen Taktik der Judenheit auf der einen
und einer wirklich geheimrätlichen Dummheit und Harmlosigkeit auf der anderen Seite. Der Jude war
viel zu klug, als daß er seine gesamte Presse gleichmäßig hatte angreifen lassen. Nein, ein Teil derselben
war da, um den anderen zu decken. Während die marxistischen Zeitungen in der gemeinsten Weise
gegen alles, was Menschen heilig zu sein vermag, in das Feld zogen, Staat und Regierung in der
infamsten
[267 Die "anständige" Presse]
Weise angriffen und große Volksteile gegeneinander hetzten, verstanden es die bürgerlichdemokratischen
Judenblätter, sich den Anschein der berühmten Objektivität zu geben, mieden peinlich
alle Kraftworte, genau wissend, daß alle Hohlköpfe nur nach dem Äußeren zu urteilen vermögen und nie
die Fähigkeit besitzen, in das Innere einzudringen, so daß für sie der Wert einer Sache nach diesem
Äußeren bemessen wird statt nach dem Inhalt; eine menschliche Schwäche, der sie auch die eigene
Beachtung verdanken.
Für diese Leute war und ist freilich die "Frankfurter Zeitung" der Inbegriff aller Anständigkeit.
Verwendet sie doch niemals rohe Ausdrücke, lehnt jede körperliche Brutalität ab und appelliert immer
an den Kampf mit den "geistigen" Waffen, der eigentümlicherweise gerade den geistlosesten Menschen
am meisten am Herz liegt. Das ist ein Ergebnis unserer Halbbildung, die die Menschen von dem Instinkt
der Natur loslöst, ihnen ein gewisses Wissen einpumpt, ohne sie aber zur letzten Erkenntnis führen zu
können, da hierzu Fleiß und guter Wille allem nichts zu nützen vermögen, sondern der nötige Verstand,
und zwar als angeboren, da sein muß. Die letzte Erkenntnis aber ist immer das Verstehen der
Instinktursachen — das heißt: der Mensch darf niemals in den Irrsinn verfallen, zu glauben, daß er
wirklich zum Herrn und Meister der Natur aufgerückt sei — wie der Dünkel einer Halbbildung dies so
leicht vermittelt —, sondern er muß die fundamentale Notwendigkeit des Waltens der Natur verstehen
und begreifen, wie sehr auch sein Dasein diesen Gesetzen des ewigen Kampfes und Ringens nach oben
unterworfen ist. Er wird dann fühlen, daß in einer Welt, in der Planeten um Sonnen kreisen, Monde um
Planeten ziehen, in der immer nur die Kraft Herrin der Schwache ist und sie zum gehorsamen Diener
zwingt oder zerbricht, für den Menschen nicht Sondergesetze gelten können. Auch für ihn walten die
ewigen Grundsätze dieser letzten Weisheit. Er kann sie zu erfassen versuchen, sich von ihnen zu lösen
vermag er niemals.
Gerade für unsere geistige Halbwelt aber schreibt der
[268 Die "anständige" Presse]
Jude seine sogenannte Intelligenzpresse. Für sie Sind die "Frankfurter Zeitung" und das "Berliner
Tageblatt" gemacht, für sie ist ihr Ton abgestimmt, und auf diese üben sie ihre Wirkung aus. Indem sie
alle scheinbar äußerlich rohen Formen auf das sorgfältigste vermeiden, gießen sie das Gift aus anderen
Gefäßen dennoch in die Herzen ihrer Leser. Unter einem Geseire von schönen Tönen und Redensarten
lullen sie dieselben in den Glauben ein, als ob wirklich reine Wissenschaft oder gar Moral die
Triebkräfte ihres Handelns seien, wahrend es in Wahrheit nur die ebenso geniale wie gerissene Kunst
ist, dem Gegner auf solche Weise die Waffe gegen die Presse überhaupt aus der Hand zu stehlen. Denn
indem die einen vor Anstand triefen, glauben ihnen alle Schwachköpfe um so lieber, daß es sich bei den
anderen nur um leichte Auswüchse handle, die aber niemals zu einer Verletzung der Pressefreiheit —
wie man den Unfug dieser straflosen Volksbelügung und Volksvergiftung bezeichnet — führen dürften.
So scheut man sich, gegen dieses Banditentum vorzugehen, fürchtet man doch, in einem solchen Falle
auch sofort die "anständige" Presse gegen sich zu haben; eine Furcht, die auch nur zu begründet ist.
Denn sobald man versucht, gegen eine dieser Schandzeitungen vorzugehen, werden sofort alle anderen
deren Partei ergreifen, beileibe nicht etwa, um ihre Art des Kampfes gutzuheißen, Gott bewahre — nur
um das Prinzip der Pressefreiheit und der Freiheit der öffentlichen Meinung dreht es sich; allein dieses
soll verteidigt werden. Vor diesem Geschrei aber werden die stärksten Männer schwach, kommt es doch
aus dem Munde von lauter "anständigen" Blättern.
So konnte dieses Gift ungehindert in den Blutlauf unseres Volkes eindringen und wirken, ohne daß der
Staat die Kraft besaß, der Krankheit Herr zu werden. In den Lächerlichen halben Mitteln, die er dagegen
anwandte, zeigte sich der bereits drohende Verfall des Reiches. Denn eine Institution, die nicht mehr
entschlossen ist, sich selbst mit allen Waffen zu schützen, gibt sich praktisch auf. Jede Halbheit ist das
sichtbare
[269 Die Syphilis]
Zeichen des inneren Verfalls, dem der äußere Zusammenbruch früher oder später folgen muß und wird.
Ich glaube, daß die heutige Generation, richtig geleitet, dieser Gefahr leichter Herr werden wird. Sie hat
verschiedene Dinge miterlebt, die die Nerven bei dem, der sie nicht überhaupt verlor, etwas zu stärken
vermochten. Sicher wird auch in kommender Zeit der Jude in seinen Zeitungen ein gewaltiges Geschrei
erheben, wenn sich erst einmal die Hand auf sein Lieblingsnest legt, dem Presseunfug ein Ende macht,
auch dieses Erziehungssmittel in den Dienst des Staates stellt und nicht mehr in der Hand von
Volksfremden und Volksfeinden beläßt. Allein ich glaube, daß dies uns Jüngere weniger belästigen wird
als einstens unsere Väter. Eine Dreißig-Zentimeter-Granate zischte immer noch mehr als tausend
jüdische Zeitungsvipern — also laßt sie denn nur zischen!
×
Ein weiteres Beispiel für Halbheit und Schwäche in den wichtigsten Lebensfragen der Nation bei der
Leitung des Vorkriegsdeutschlands ist folgendes: Parallel der politischen, sittlichen und moralischen
Verseuchung des Volkes lief schon seit vielen Jahren eine nicht minder entsetzliche gesundheitliche
Vergiftung des Volkskörpers. Die Syphilis begann besonders in den Großstädten immer mehr zu
grassieren, während die Tuberkulose gleichmäßig fast im ganzen Lande ihre Todesernte hielt.
Trotzdem in beiden Fällen die Folgen für die Nation entsetzliche waren, vermochte man sich nicht zu
entscheidenden Maßnahmen dagegen aufzuraffen.
Besonders der Syphilis gegenüber kann man das Verhalten der Volks- und Staatsleitung nur mit
vollkommener Kapitulation bezeichnen. Bei einer ernstgemeinten Bekämpfung mußte man schon etwas
weiter ausgreifen, als dies in Wirklichkeit geschah. Die Erfindung eines Heilmittels fraglicher Art sowie
dessen geschäftstüchtige Anwendung vermögen bei dieser Seuche nur wenig mehr
[270 Mißachtung der natürlichen Ehevoraussetzungen]
zu helfen. Auch hier konnte nur der Kampf gegen die Ursachen in Frage kommen und nicht die
Beseitigung der Erscheinungen. Die Ursache aber liegt in erster Linie in unserer Prostituierung der
Liebe. Auch wenn ihr Ergebnis nicht diese fürchterliche Seuche wäre, wäre sie dennoch von tiefstem
Schaden für das Volk, denn es genügen schon die moralischen Verheerungen, die diese Entartung mit
sich bringt, um ein Volk langsam, aber sicher zugrunde zu richten. Diese Verjudung unseres
Seelenlebens und Mammonisierung unseres Paarungstriebes werden früher oder später unseren
gesamten Nachwuchs verderben, denn an Stelle kraftvoller Kinder eines natürlichen Gefühls werden nur
mehr die Jammererscheinungen finanzieller Zweckmäßigkeit treten. Denn diese wird immer mehr die
Grundlage und einzige Voraussetzung unserer Ehen. Die Liebe aber tobt sich woanders aus.
Eine gewisse Zeit kann man natürlich auch hier die Natur verhöhnen, allein die Rache bleibt nicht aus,
sie tritt hier nur später in Erscheinung, oder besser: sie wird von den Menschen oft zu spät erkannt.
Wie verheerend aber die Folgen einer dauernden Mißachtung der natürlichen Voraussetzungen für die
Ehe sind, mag man an unserem Adel erkennen. Hier hat man die Ergebnisse einer Fortpflanzung vor
sich, die zu einem Teile auf rein gesellschaftlichem Zwang, zum anderen auf finanziellen Gründen
beruhte. Das eine führt zur Schwächung überhaupt, das andere zur Blutvergiftung, da jede
Warenhausjüdin als geeignet gilt, die Nachkommenschaft Seiner Durchlaucht — die allerdings dann
danach aussieht — zu ergänzen. In beiden Fällen ist vollkommene Degeneration die Folge.
Unser Bürgertum bemüht sich heute, den gleichen Weg zu gehen, und wird am gleichen Ziele enden.
Mit gleichgültiger Hast versucht man, an den unangenehmen Wahrheiten vorüberzugehen, als ob man
durch ein solches Gehaben die Dinge selber ungeschehen machen könnte. Nein, die Tatsache, daß
unsere großstädtische Bevölkerung immer mehr in ihrem Liebesleben prostituiert

[271 Die "Stellungnahme" zum Eheproblem]
wird und gerade dadurch in immer weiterem Kreise der syphilitischen Seuche anheimfällt, kann nicht
einfach weggeleugnet werden, sondern sie ist da. Die sichtbarsten Resultate dieser Massenverseuchung
kann man auf der einen Seite in den Irrenanstalten finden, auf der anderen aber leider in unseren —
Kindern. Besonders diese sind das traurige Elendserzeugnis der unaufhaltsam fortschreitenden
Verpestung unseres Sexuallebens, in den Krankheiten der Kinder offenbaren sich die Laster der Eltern.
[Sex]Es gibt verschiedene Wege, sich mit dieser unangenehmen, ja schrecklichen Tatsache abzufinden:
Die einen sehen überhaupt nichts oder wollen, besser gesagt, nichts sehen; dieses ist natürlich die
weitaus einfachste und billigste "Stellungnahme". Die anderen hüllen sich in den Heiligenmantel einer
ebenso lächerlichen wie noch dazu verlogenen Prüderie, reden von dem ganzen Gebiete überhaupt nur
als von einer großen Sünde und äußern vor allem vor jedem ertappten Sünder ihre tiefinnerlichste
Entrüstung, um dann vor dieser gottlosen Seuche die Augen in frommer Abscheu zu schließen und den
lieben Gott zu bitten, er möchte doch — wenn möglich nach ihrem eigenen Tode in dieses ganze Sodom
und Gomorrha Schwefel und Pech hineinregnen lassen, um so wieder einmal an dieser schamlosen
Menschheit ein erbauliches Exempel zu statuieren. Die dritten endlich sehen sehr wohl die entsetzlichen
Folgen, die diese Seuche dereinst mit sich bringen muß und wird, allein sie zucken nur mit den Achseln,
überzeugt, ohnehin nichts gegen die Gefahr unternehmen zu können, so daß man die Dinge laufen lassen
müsse, wie sie eben laufen.
Dieses alles ist freilich bequem und einfach, nur darf nicht vergessen werden, daß einer solchen
Bequemlichkeit eine Nation zum Opfer fallen wird. Die Ausrede, daß es den anderen Völkern ja auch
nicht besser gehe, vermag natürlich auch an der Tatsache des eigenen Untergangs kaum etwas zu indem,
es wäre denn, daß das Gefühl, auch andere vom Unglück betroffen zu sehen, allein schon für viele eine
Milderung der eigenen Schmerzen mit sich brächte. Aber die Frage ist dann ja eben erst recht die,
[272 Die Sünde wider Blut und Rasse]
welches Volk von sich aus als erstes und selbst einziges dieser Pest Herr zu werden vermag, und welche
Nationen daran zugrunde gehen. Darauf aber kommt es am Schlusse hinaus. Auch dies ist nur ein
Prüfstein des Rassenwertes — die Rasse, welche die Probe nicht besteht, wird eben sterben und
gesünderen oder doch zäheren und widerstandsfähigeren den Platz räumen. Denn da diese Frage in
erster Linie den Nachwuchs betrifft, gehört sie zu denen, von welchen es mit so furchtbarem Recht
heißt, daß die Sünden der Väter sich rächen bis in das zehnte Glied eine Wahrheit, die nur von Freveln
am Blut und an der Rasse gilt.
Die Sünde wider Blut und Rasse ist die Erbsünde dieser Welt und das Ende einer sich ihr ergebenden
Menschheit.
Wie wahrhaft jammervoll aber stand das Vorkriegsdeutschland gerade dieser einen Frage gegenüber.
Was geschah, um der Verpestung unserer Jugend in den Großstädten Einhalt zu gebieten? Was, um der
Verseuchung und Mammonisierung unseres Liebeslebens auf den Leib zu rücken? Was, um die daraus
resultierende Versyphilitisierung des Volkskörpers zu bekämpfen?Die Antwort ergibt sich am
leichtesten durch die Feststellung dessen, was hätte geschehen müssen.
Man durfte diese Frage zunächst nicht auf die leichte Schulter nehmen, sondern mußte verstehen, das
von ihrer Lösung das Glück oder Unglück von Generationen abhängen würde, ja, daß sie bestimmend
für die ganze Zukunft unseres Volkes sein konnte, wenn nicht sein mußte. Eine solche Erkenntnis aber
verpflichtete zu rücksichtslosen Maßnahmen und Eingriffen. An die Späte aller Erwägungen hatte die
Überzeugung zu treten, daß zu allererst die Aufmerksamkeit der gesamten Nation auf die entsetzliche
Gefahr zu konzentrieren war so daß jeder einzelne sich der Bedeutung dieses Kampfes innerlich bewußt
zu werden vermochte. Man kann wahrhaft einschneidende und manchmal schwer zu ertragende
Verpflichtungen und Lasten nur dann zu einer allgemeinen Wirksamkeit bringen, wenn dem einzelnen
[273 Die Konzentration auf eine Aufgabe]
außer dem Zwang auch noch die Erkenntnis der Notwendigkeit vermittelt wird. Dazu gehört aber eine
ungeheure Aufklärung unter Ausschaltung aller sonst noch ablenkend wirkenden Tagesfragen.
Es muß in allen Fällen, in denen es sich um die Erfüllung scheinbar unmöglicher Forderungen oder
Aufgaben handelt, die gesamte Aufmerksamkeit eines Volkes nur auf diese eine Frage geschlossen
vereinigt werden, so, als ob von ihrer Lösung tatsächlich Sein oder Nichtsein abhänge. Nur so wird man
ein Volk zu wahrhaft großen Leistungen und Anstrengungen willig und fähig machen.
Dieser Grundsatz gilt auch für den einzelnen Menschen, sofern er große Ziele erreichen will. Auch er
wird dies nur in stufenförmigen Abschnitten zu tun vermögen, auch er wird dann immer seine gesamten
Anstrengungen auf die Erreichung einer bestimmt begrenzten Aufgabe zu vereinigen haben, so lange,
bis diese Erfüllung erscheint und die Absteckung eines neuen Abschnittes vorgenommen werden kann.
Wer nicht diese Teilung des zu erobernden Weges in einzelne Etappen vornimmt und diese dann
planmäßig unter schärfster Zusammenfassung aller Kräfte einzeln zu überwinden trachtet, wird niemals
bis zum Schlußziel zu gelangen vermögen, sondern irgendwo auf dem Wege, vielleicht sogar abseits
desselben, liegen bleiben. Dieses Heranarbeiten an das Ziel ist eine Kunst und erfordert jeweils den
Einsatz aber auch der letzten Energie, um so Schritt für Schritt den Weg zu überwinden.
Die allererste Vorbedingung also, die zum Angriff auf eine so schwere Teilstrecke des menschlichen
Weges not tut, ist die, daß es der Führung gelingt, der Masse des Volkes gerade das jetzt zu erreichende,
besser zu erkämpfende Teil. ziel als das einzig und allein der menschlichen Aufmerksamkeit würdige,
von dessen Eroberung alles abhinge, hinzustellen. Die große Menge des Volkes kann ohnehin nie den
ganzen Weg vor sich sehen, ohne zu ermüden und an der Aufgabe zu verzweifeln. Sie wird in einem
gewissen
[274 Syphilisbekämpfung als die Aufgabe]
Umfang das Ziel im Auge behalten, den Weg aber nur in kleinen Teilstrecken zu übersehen vermögen,
ähnlich dem Wanderer, der ebenfalls wohl das Ende seiner Reise weiß und kennt, der aber die endlose
Straße besser überwindet, wenn er sich dieselbe in Abschnitte zerlegt und auf jeden einzelnen
losmarschiert, als ob er schon das ersehnte Ziel selber wäre. Nur so kommt er, ohne zu verzagen,
dennoch vorwärts.
So hatte man unter Anwendung aller propagandistischen Hilfsmittel die Frage der Bekämpfung der
Syphilis als die Aufgabe der Nation erscheinen lassen müssen, nicht als auch eine Aufgabe. Man hatte
zu diesem Zweck ihre Schäden als das entsetzlichste Unglück in vollem Umfange, und zwar unter
Anwendung aller Hilfsmittel, den Menschen einhämmern müssen, bis die ganze Nation zur
Überzeugung gekommen wäre, daß von der Lösung dieser Frage eben alles abhinge, Zukunft oder
Untergang.
Erst nach einer solchen, wenn nötig, jahrelangen Vorbereitung wird die Aufmerksamkeit und damit aber
auch Entschlossenheit eines ganzen Volkes so sehr geweckt sein, daß man nun auch zu sehr schweren
und opfervollen Maßnahmen wird greifen können, ohne Gefahr laufen zu müssen, vielleicht nicht
verstanden oder plötzlich vom Wollen der Masse im Stiche gelassen zu werden.
Denn um dieser Pest ernstlich an den Leib zu rücken, sind ungeheure Opfer und ebenso große Arbeiten
nötig.
Der Kampf gegen die Syphilis erfordert einen Kampf gegen die Prostitution, gegen Vorurteile, alte
Gewohnheiten, gegen bisherige Vorstellungen, allgemeine Ansichten, darunter nicht zum letzten gegen
die verlogene Prüderie in gewissen Kreisen.
Die erste Voraussetzung zu einem, aber auch nur moralischen Rechte, gegen diese Dinge anzukämpfen,
ist die Ermöglichung einer frühen Verehelichung der kommenden Generationen. Im späten Heiraten
liegt allein schon der Zwang zur Beibehaltung einer Einrichtung, die, da kann man sich winden, wie
man will, eine Schande der Mensch-
[275 Kampf gegen die Prostitution]
heit ist und bleibt, eine Einrichtung, die verflucht schlecht einem Wesen ansteht, das sich in sonstiger
Bescheidenheit gern als das "Ebenbild" Gottes ansieht.
Die Prostitution ist eine Schmach der Menschheit, allein man kann sie nicht beseitigen durch moralische
Vorlesungen, frommes Wollen usw., sondern ihre Einschränkung und ihr endlicher Abbau setzen eine
Unzahl von Vorbedingungen voraus. Die erste aber ist und bleibt die Schaffung der Möglichkeit einer
der menschlichen Natur entsprechenden frühzeitigen Heirat vor allem des Mannes, denn die Frau ist ja
hier ohnehin nur der passive Teil.
Wie verirrt, ja unverständlich aber die Menschen heute zum Teil schon geworden sind, mag daraus
hervorgehen, daß man nicht selten Mütter der sogenannten "besseren" Gesellschaft reden hört, sie wären
dankbar, für ihr Kind einen Mann zu finden, der sich die "Hörner bereits abgestoßen habe" usw. Da
daran meistens weniger Mangel ist als umgekehrt, so wird das arme Mädel schon glücklich einen
solchen enthörnten Siegfried finden, und die Kinder werden das sichtbare Ergebnis dieser vernünftigen
Ehe sein. Wenn man bedenkt, daß außerdem noch eine möglichst große Einschränkung der Zeugung an
sich erfolgt, so daß der Natur jede Auslese unterbunden wird, da natürlich jedes auch noch so elende
Wesen erhalten werden muß, so bleibt wirklich nur die Frage, warum eine solche Institution überhaupt
noch besteht und welchen Zweck sie haben soll? Ist es dann nicht genau dasselbe wie die Prostitution an
sich? Spielt die Pflicht der Nachwelt gegenüber überhaupt keine Rolle mehr? Oder weiß man nicht,
welchen Fluch man sich bei Kind und Kindeskind aufladet durch eine der. artige verbrecherisch
leichtsinnige Weise in der Wahrung des letzten Naturrechtes, aber auch der letzten Naturverpflichtung?
So entarten die Kulturvölker und gehen allmählich unter.
Auch die Ehe kann nicht Selbstzweck sein, sondern muß dem einen größeren Ziele, der Vermehrurig
und Erhaltung
[276 Frühzeitige Heirat]
der Art und Rasse, dienen. Nur das ist ihr Sinn und ihre Aufgabe.
Unter diesen Voraussetzungen aber kann ihre Richtigkeit nur an der Art gemessen werden, in der sie
diese Aufgabe erfüllt. Daher schon ist die frühe Heirat richtig, gibt sie doch der jungen Ehe noch jene
Kraft, aus der allein ein gesunder und widerstandsfähiger Nachwuchs zu kommen vermag. Freilich ist zu
ihrer Ermöglichung eine ganze Reihe von sozialen Voraussetzungen nötig, ohne die an eine frühe
Verehelichung gar nicht zu denken ist. Mithin kann eine Lösung dieser nur so kleinen Frage schon nicht
stattfinden ohne einschneidende Maßnahmen in sozialer Hinsicht. Welche Bedeutung diesen zukommt,
sollte man am meisten in einer Zeit begreifen, da die sogenannte "Soziale" Republik durch ihre
Unfähigkeit in der Lösung der Wohnungsfrage allein zahlreiche Ehen einfach verhindert und der
Prostitution auf solche Weise Vorschub leistet.
Der Unsinn unserer Art der Gehaltseinteilung, die viel zu wenig Rücksicht nimmt auf die Frage der
Familie und ihre Ernährung, ist ebenfalls ein Grund, der so manche frühe Ehe unmöglich macht.
Es kann also an eine wirkliche Bekämpfung der Prostitution nur herangegangen werden, wenn durch
eine grundsätzliche Änderung der sozialen Verhältnisse eine frühere Verheiratung, als sie jetzt im
allgemeinen stattfinden kann, ermöglicht wird. Dies ist die allerbeste Voraussetzung zu einer Lösung
dieser Frage.
In zweiter Linie aber hat Erziehung — und Ausbildung eine ganze Reihe von Schäden auszumerzen, um
die man sich heute überhaupt fast nicht kümmert. Vor allem muß in der bisherigen Erziehung ein
Ausgleich zwischen geistigem Unterricht und körperlicher Ertüchtigung eintreten. Was heute
Gymnasium heißt, ist ein Hohn auf das griechische Vorbild. Man hat bei unserer Erziehung vollkommen
vergessen, daß auf die Dauer ein gesunder Geist auch nur in einem gesunden Körper zu wohnen vermag.
Besonders wenn man, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, die große
[277 Gesunder Geist nur im gesunden Körper]
Masse eines Volkes ins Auge fast, erhält dieser Satz unbedingte Gültigkeit.
Es gab im Vorkriegsdeutschland eine Zeit, in der man sich überhaupt um diese Wahrheit nicht mehr
kümmerte. Man sündigte einfach auf den Körper los und vermeinte, in der einseitigen Ausbildung des
"Geistes" eine sichere Gewähr für die Größe der Nation zu besitzen. Ein Irrtum, der sich schneller zu
rächen begann, als man dachte. Es ist kein Zufall, daß die bolschewistische Welle nirgends besseren
Boden fand als dort, wo eine durch Hunger und dauernde Unterernährung degenerierte Bevölkerung
haust: in Mitteldeutschland, Sachsen und im Ruhrgebiet. In allen diesen Gebieten findet aber auch von
der sogenannten Intelligenz ein ernstlicher Widerstand gegen diese Judenkrankheit kaum mehr statt, aus
dem einfachen Grunde, weil ja auch die Intelligenz selber körperlich vollständig verkommen ist, wenn
auch weniger durch Gründe der Not als durch Gründe der Erziehung. Die ausschließlich geistige
Einstellung unserer Bildung in den oberen Schichten macht diese unfähig in Zeiten, in denen nicht der
Geist, sondern die Faust entscheidet, sich auch nur zu halten, geschweige denn durchzusetzen. In
körperlichen Gebrechen liegt nicht selten der erste Grund zur persönlichen Feigheit.
Die übermäßige Betonung des rein geistigen Unterrichtes und die Vernachlässigung der körperlichen
Ausbildung fördern aber auch in viel zu früher Jugend die Entstehung sexueller Vorstellungen. Der
Junge, der in Sport und Turnen zu einer eisernen Abhärtung gebracht wird, unterliegt dem Bedürfnis
sinnlicher Befriedigungen weniger als der ausschließlich mit geistiger Kost gefütterte Stubenhocker.
Eine vernünftige Erziehung aber hat dies zu berücksichtigen. Sie darf ferner nicht aus dem Auge
verlieren, daß die Erwartungen des gesunden jungen Mannes von der Frau andere sein werden als die
eines vorzeitig verdorbenen Schwächlings.
So muß die ganze Erziehung darauf eingestellt werden, die freie Zeit des Jungen zu einer nützlichen
Ertüchtigung seines Körpers zu verwenden. Er hat kein Recht, in diesen
[278 Kampf gegen Seelenvergiftung]
Jahren müßig herumzulungern, Straßen und Kinos unsicher zu machen, sondern soll nach seinem
sonstigen Tageswerk den jungen Leib stählen und hart machen, auf daß ihn dereinst auch das Leben
nicht zu weich finden möge. Dies anzubahnen und auch durchzuführen, zu lenken und zu leiten ist die
Aufgabe der Jugenderziehung, und nicht das ausschließliche Einpumpen sogenannter Weisheit. Sie hat
auch mit der Vorstellung aufzuräumen, als ob die Behandlung seines Körpers jedes einzelnen Sache
selber wäre. Es gibt keine Freiheit, auf Kosten der Nachwelt und damit der Rasse zu sündigen.
Gleichlaufend mit der Erziehung des Körpers hat der Kampf gegen die Vergiftung der Seele
einzusetzen. Unser gesamtes öffentliches Leben gleicht beute einem Treibhaus sexueller Vorstellungen
und Reize. Man betrachte doch den Speisezettel unserer Kinos, Varietés und Theater, und man kann
wohl kaum leugnen, daß dies nicht die richtige Kost, vor allem für die Jugend, ist. In Auslagen und an
Anschlagsäulen wird mit den niedrigsten Mitteln gearbeitet, um die Aufmerksamkeit der Menge auf sich
zu ziehen. Daß dies für die Jugend zu außerordentlich schweren Schädigungen führen muß, ist wohl
jedem, der nicht die Fähigkeit, sich in ihre Seele hineinzudenken, verloren hat, verständlich. Diese
sinnlich schwüle Atmosphäre führt zu Vorstellungen und Erregungen in einer Zeit, da der Knabe für
solche Dinge noch gar kein Verständnis haben dürfte. Das Ergebnis dieser Art von Erziehung kann man
an der heutigen Jugend in nicht gerade erfreulicher Weise studieren. Sie ist frühreif und damit auch
vorzeitig alt geworden. Aus den Gerichtssälen dringen manches Mal Vorginge an die Öffentlichkeit, die
grauenhafte Einblicke in das Seelenleben unserer 14- und 15jährigen gestatten. Wer will sich da
wundern, daß schon in diesen Alterskreisen die Syphilis ihre Opfer zu suchen beginnt? Und ist es nicht
ein Jammer, zu sehen, wie so mancher körperlich schwächliche, geistig aber verdorbene junge Mensch
seine Einführung in die Ehe durch eine großstädtische Hure vermittelt erhält?Nein, wer der Prostitution
zu Leibe gehen will, muß in
[279 Sterilisation Unheilbarer]
erster Linie die geistige Voraussetzung zu derselben beseitigen helfen. Er muß mit dem Unrat unserer
sittlichen Verpestung der großstädtischen "Kultur" aufräumen, und zwar rücksichtslos und ohne
Schwanken vor allem Geschrei und Gezeter, das natürlich losgelassen werden wird. Wenn wir die
Jugend nicht aus dem Morast ihrer heutigen Umgebung herausheben, wird sie in demselben untersinken.
Wer diese Dinge nicht sehen will, unterstützt sie und macht sich dadurch zum Mitschuldigen an der
langsamen Prostituierung unserer Zukunft, die nun einmal in der werdenden Generation liegt. Dieses
Reinemachen unserer Kultur hat sich auf fast alle Gebiete zu erstrecken. Theater, Kunst, Literatur, Kino,
Presse, Plakat und Auslagen sind von den Erscheinungen einer verfaulenden Welt zu säubern und in den
Dienst einer sittlichen Staats- und Kulturidee zu stellen. Das öffentliche Leben muß von dem
erstickenden Parfüm unserer modernen Erotik befreit werden, genau so wie von jeder unmännlichen
prüden Unaufrichtigkeit. In allen diesen Dingen muß das Ziel und der Weg bestimmt werden von der
Sorge für die Erhaltung der Gesundheit unseres Volkes an Leib und Seele. Das Recht der persönlichen
Freiheit tritt zurück gegenüber der Pflicht der Erhaltung der Rasse. [Sex]Erst nach der Durchführung
dieser Maßnahmen kann der medizinische Kampf gegen die Seuche selber mit einiger Aussicht auf
Erfolg durchgeführt werden. Allein auch dabei kann es sich nicht um halbe Maßregeln handeln, sondern
auch hier wird man zu den schwersten und einschneidendsten Entschlüssen kommen müssen. Es ist eine
Halbheit, unheilbar kranken Menschen die dauernde Möglichkeit einer Verseuchung der übrigen
gesunden zu gewähren. Es entspricht dies einer Humanität, die, um dem einen nicht wehe zu tun,
hundert andere zugrunde gehen läßt. Die Forderung, daß defekten Menschen die Zeugung anderer
ebenso defekter Nachkommen unmöglich gemacht wird, ist eine Forderung klarster Vernunft und
bedeutet in ihrer planmäßigen Durchführung die humanste Tat der Menschheit. Sie wird Millionen von
Unglücklichen unverdiente Leiden ersparen,
[280 Versagen des alten Deutschlands]
in der Folge aber zu einer steigenden Gesundung überhaupt führen. Die Entschlossenheit, in dieser
Richtung vorzugehen, wird auch der Weiterverbreitung der Geschlechtskrankheiten einen Damm
entgegensetzen. Denn hier wird man, wenn nötig, zur unbarmherzigen Absonderung unheilbar
Erkrankter schreiten müssen, eine barbarische Maßnahme für den unglücklich davon Betroffenen, aber
ein Segen für die Mit- und Nachwelt. Der vorübergehende Schmerz eines Jahrhunderts kann und wird
Jahrtausende vom Leid erlösen.
Der Kampf gegen die Syphilis und ihre Schrittmacherin, die Prostitution, ist eine der ungeheuersten
Aufgaben der Menschheit, ungeheuer deshalb, weil es sich dabei nicht um die Lösung einer einzelnen
Frage an sich handelt, sondern um die Beseitigung einer ganzen Reihe von Schäden, die eben als
Folgeerscheinung zu dieser Seuche Veranlassung geben. Denn die Erkrankung des Leibes ist hier nur
das Ergebnis einer Erkrankung der sittlichen, sozialen und rassischen Instinkte.
Wird dieser Kampf aber aus Bequemlichkeit oder auch Feigheit nicht ausgefochten, dann möge man
sich in fünfhundert Jahren die Völker ansehen. Ebenbilder Gottes dürfte man nur mehr sehr wenige
finden, ohne des Aller. höchsten freveln zu wollen.
Wie aber hatte man im alten Deutschland versucht, sich mit dieser Seuche auseinanderzusetzen? Bei
ruhiger Prüfung ergibt sich darauf eine wirklich betrübliche Antwort. Sicher erkannte man in den
Kreisen der Regierungen die entsetzlichen Schäden dieser Krankheit sehr wohl, wenn man sich auch
vielleicht die Folgen nicht ganz zu überlegen vermochte; allein im Kampfe dagegen versagte man
vollständig und griff statt zu durchgreifenden Reformen lieber zu jämmerlichen Maßnahmen. Man
dokterte an der Krankheit herum und ließ die Ursachen Ursachen sein. Man unterzog die einzelne
Prostituierte einer ärztlichen Untersuchung, beaufsichtigte sie, so gut es eben gehen mochte, und steckte
sie im Falle einer festgestellten Krankheit in irgendein Lazarett, aus dem sie nach äußerlich erfolgter
Heilung wieder auf die andere Menschheit losgelassen wurde.
[281 Der "Schubparagraph"]
Man hatte freilich einen "Schutzparagraphen" eingeführt, nach dem der nicht ganz Gesunde oder
Geheilte bei Strafe den sexuellen Verkehr zu meiden habe. Sicher ist diese Maßnahme an sich richtig,
allein in der praktischen Durchführung versagte sie so gut wie vollständig. Erstens wird es die Frau im
Falle eines sie dadurch treffenden Unglückes — schon infolge unserer oder besser ihrer Erziehung — in
den meisten Fällen wohl ablehnen, sich als Zeugin gegen den elenden Dieb ihrer Gesundheit — unter
doch oft peinlichen Begleitumständen — auch noch in den Gerichtssaal hineinzerren zu lassen. Gerade
ihr nützt dies sehr wenig, sie wird ohnehin in den meisten Fällen die darunter am meisten Leidende sein
— trifft sie doch die Verachtung ihrer lieblosen Umgebung noch viel schwerer, als dies beim Manne der
Fall wäre. Endlich stelle man sich ihre Lage vor, wenn der Überbringer der Krankheit der eigene Gatte
ist! Soll sie nun klagen? Oder was soll sie dann tun?Bei dem Manne aber kommt die Tatsache hinzu,
daß er leider nur zu häufig gerade nach reichlichem Alkoholgenuß dieser Pest in den Weg läuft, da er in
diesem Zustande am wenigsten in der Lage ist, die Qualitäten seiner "Schönen" zu beurteilen, was der
ohnehin kranken Prostituierten auch nur zu genau bekannt ist und sie deshalb immer veranlaßt, gerade
nach Männern in diesem idealen Zustande zu angeln. Das Ende aber ist, daß der später unangenehm
Überraschte auch bei eifrigstem Nachdenken sich seiner barmherzigen Beglückerin nicht mehr zu
erinnern vermag, was einen in einer Stadt wie Berlin oder selbst München nicht wundernehmen darf.
Dazu kommt auch, daß es sich oft um Besucher aus der Provinz handelt, die dem ganzen
Großstadtzauber ohnehin vollkommen ratlos gegenüberstehen.
Endlich aber: Wer kann denn wissen, ob er nun krank oder gesund ist? Kommen nicht zahlreiche Fälle
vor, in denen ein scheinbar Geheilter wieder rückfällig wird und nun entsetzliches Unheil anrichtet, ohne
es zunächst auch nur selber zu ahnen?So ist also die praktische Wirkung dieses Schutzes durch die
gesetzliche Bestrafung einer schuldigen Ansteckung in
[282 Die Verprostituierung der Volksseele]
Wirklichkeit gleich Null. Ganz das gleiche gilt voll der Beaufsichtigung der Prostituierten, und endlich
ist auch die Heilung selber sogar heute noch unsicher und zweifelhaft. Sicher ist nur eines: die Seuche
griff trotz aller Maßnahmen immer weiter um sich. Dadurch aber wird auf das schlagendste die
Wirkungslosigkeit derselben bestätigt.
Denn alles, was sonst noch geschah, war ebenso ungenügend wie lächerlich. Die seelische
Prostituierung des Volkes wurde nicht verhindert; man tat auch überhaupt nichts zur Verhinderung.
Wer aber geneigt ist, dies alles auf die leichte Schulter zu nehmen, der studiere nur einmal die
statistischen Grundlagen aber die Verbreitung dieser Pest, vergleiche ihr Wachstum seit den letzten
hundert Jahren, denke sich dann in diese Weiterentwicklung hinein — und er müßte schon die Einfalt
eines Esels besitzen, wenn ihm nicht ein unangenehmes Frösteln über den Rücken liefe!Die Schwäche
und Halbheit, mit der man schon im alten Deutschland zu einer so furchtbaren Erscheinung Stellung
nahm, darf als sichtbares Verfallszeichen eines Volkes gewertet werden. Wenn die Kraft zum Kampfe
um die eigene Gesundheit nicht mehr vorhanden ist, endet das Recht zum Leben in dieser Welt des
Kampfes. Sie gehört nur dem kraftvollen "Ganzen" und nicht dem schwachen "Halben".
Eine der ersichtlichsten Verfallserscheinungen des alten Reiches war das langsame Herabsinken der
allgemeinen Kulturhöhe, wobei ich unter Kultur nicht das meine, was man heute mit dem Worte
Zivilisation bezeichnet. Diese scheint im Gegenteil eher eine Feindin wahrer Geistes- und Lebenshöhe
zu sein.
Schon vor der Jahrhundertwende begann sich in unsere Kunst ein Element einzuschieben, das bis
dorthin als vollkommen fremd und unbekannt gelten dürfte. Wohl fanden auch in früheren Zeiten
manchmal Verirrungen des Geschmackes statt, allein es handelte sich in solchen Fällen doch mehr um
künstlerische Entgleisungen, denen die Nachwelt wenigstens einen gewissen historischen Wert
zuzubilligen
[283 Der Bolschewismus der Kunst]
vermochte, als um Erzeugnisse einer überhaupt nicht mehr künstlerischen, sondern vielmehr geistigen
Entartung bis zur Geistlosigkeit. In ihnen begann sich der später freilich besser sichtbar werdende
politische Zusammenbruch schon kulturell anzuzeigen.
Der Bolschewismus der Kunst ist die einzig mögliche kulturelle Lebensform und geistige Äußerung des
Bolschewismus überhaupt.
Wem dieses befremdlich vorkommt, der braucht nur die Kunst der glücklich bolschewisierten Staaten
einer Betrachtung zu unterziehen, und er wird mit Schrecken die krankhaften Auswüchse irrsinniger und
verkommener Menschen, die wir unter den Sammelbegriffen des Kubismus und Dadaismus seit der
Jahrhundertwende kennenlernten, dort als die offiziell staatlich anerkannte Kunst bewundern können.
Selbst in der kurzen Periode der bayerischen Räterepublik war diese Erscheinung schon zutage getreten.
Schon hier konnte man sehen, wie die gesamten offiziellen Plakate, Propagandazeichnungen in den
Zeitungen usw. den Stempel nicht nur des politischen Verfalls, sondern auch den des kulturellen an sich
trugen.
So wenig etwa noch vor sechzig Jahren ein politischer Zusammenbruch von der jetzt erreichten Größe
denkbar gewesen wäre, so wenig auch ein kultureller, wie er sich in futuristischen und kubistischen
Darstellungen seit 1900 zu zeigen begann. Vor sechzig Jahren wäre eine Ausstellung von sogenannten
dadaistischen "Erlebnissen" als einfach unmöglich erschienen, und die Veranstalter würden in das
Narrenhaus gekommenen sein, während sie heute sogar in Kunstverbänden präsidieren. Diese Seuche
konnte damals nicht auftauchen, weil weder die öffentliche Meinung dies geduldet, noch der Staat ruhig
zugesehen hätte. Denn es ist Sache der Staatsleitung, zu verhindern, daß ein Volk dem geistigen
Wahnsinn in die Arme getrieben wird. Bei diesem aber müßte eine derartige Entwicklung doch eines
Tages enden. An dem Tage nämlich, an dem diese Art von Kunst wirklich der allgemeinen Auffassung
entspräche, waren eine der schwerwiegendsten Wandlungen der Menschheit
[284 Der Verfall des Theaters]
eingetreten; die Rückentwicklung des menschlichen Gehirns hätte damit begonnen, daß Ende aber
vermöchte man sich kaum auszudenken.
Sobald man erst von diesem Gesichtspunkte aus die Entwicklung unseres Kulturlebens seit den letzten
fünfundzwanzig Jahren vor dem Auge vorbeiziehen läßt, wird man mit Schrecken sehen, wie sehr wir
bereits in dieser Rückbildung begriffen sind. Überall stoßen wir auf Keime, die den Beginn von
Wucherungen verursachen, an denen unsere Kultur früher oder später zugrunde gehen muß. Auch in
ihnen können wir die Verfallserscheinungen einer langsam abfaulenden Welt erkennen. Wehe den
Völkern, die dieser Krankheit nicht mehr Herr zu werden vermögen!Solche Erkrankungen konnte man
in Deutschland fast auf allen Gebieten der Kunst und Kultur überhaupt feststellen. Alles schien hier den
Höhepunkt schon überschritten zu haben und dem Abgrunde zuzueilen. Das Theater sank zusehends
tiefer und war wohl schon damals restlos als Kulturfaktor ausgeschieden, hätten nicht wenigstens die
Hoftheater sich noch gegen die Prostituierung der Kunst gewendet. Sieht man von ihnen und einigen
weiteren rühmenswerten Ausnahmen ab, so waren die Darbietungen der Schaubühne derart, daß es für
die Nation zweckmäßiger gewesen waren, ihren Besuch ganz zu meiden. Es war ein trauriges Zeichen
des inneren Verfalls, daß man die Jugend in die meisten dieser sogenannten "Kunststätten" gar nicht
mehr schicken durfte, was auch ganz schamlos offen zugegeben wurde mit der allgemeinen
Panoptikum-Warnung: "Jugendliche haben keinen Zutritt!"Man bedenke, daß man solche
Vorsichtsmaßnahmen an den Stätten üben mußte, die in erster Linie für die Bildung der Jugend da sein
müßten und nicht zur Ergötzung alter, blasierter Lebensschichten dienen dürften. Was würden wohl die
großen Dramatiker aller Zeiten zu einer derartigen Maßregel gesagt haben, und was vor allem zu den
Umständen, die dazu die Veranlassung gaben? Wie wäre Schiller aufgeflammt, wie würde sich Goethe
empört abgewendet haben!

[285 Die Schmähung großer Vergangenheit]
Aber freilich, was sind denn Schiller, Goethe oder Shakespeare gegenüber den Heroen der neueren
deutschen Dichtkunst! Alte, abgetragene und überlebte, nein, überwundene Erscheinungen. Denn das
war das Charakteristische dieser Zeit: nicht daß sie selber nur mehr Schmutz produzierte, besudelte sie
obendrein alles wirklich Große der Vergangenheit. Das ist allerdings eine Erscheinung, die man immer
zu solchen Zeiten beobachten kann. Je niederträchtiger und elender die Erzeugnisse einer Zeit und ihrer
Menschen sind, um so mehr haßt man die Zeugen einer einstigen größeren Höhe und Würde. Am
liebsten möchte man in solchen Zeiten die Erinnerung an die Vergangenheit der Menschheit überhaupt
tilgen, um durch Ausschaltung jeder Vergleichsmöglichkeit den eigenen Kitsch immerhin noch als
"Kunst" vorzutäuschen. Daher wird jede neue Institution, je elender und miserabler sie ist, um so mehr
die letzten Spuren der vergangenen Zeit zu löschen trachten, während jede wirklich wertvolle
Erneuerung der Menschheit auch unbekümmert an die guten Errungenschaften vergangener
Generationen anknüpfen kann, ja diese oft erst zur Geltung zu bringen versucht. Sie braucht nicht zu
befürchten, etwa vor der Vergangenheit zu verblassen, sondern sie gibt von sich aus dem allgemeinen
Schatz der menschlichen Kultur einen so wertvollen Beitrag, daß sie oft gerade zu dessen voller
Würdigung die Erinnerung an die früheren Leistungen selber wachhalten möchte, um so der neuen Gabe
erst recht das volle Verständnis der Gegenwart zu sichern. Nur wer der Welt von sich aus gar nichts
Wertvolles zu schenken vermag, aber zu tun versucht, als ob er ihr weiß Gott was geben wollte, wird
alles wirklich schon Gegebene hassen und am liebsten verneinen oder gar vernichten.
Dies gilt keineswegs bloß für Neuerscheinungen auf dem Gebiete der allgemeinen Kultur, sondern auch
für solche der Politik. Revolutionäre neue Bewegungen werden die alten Formen um so mehr hassen, je
minderwertiger sie selber sind. Auch hier kann man sehen, wie die Sorge, den eigenen Kitsch als etwas
Beachtenswertes erscheinen zu lassen, zum blinden Haß gegen das überlegene Gute der Vergangen-
[286 Die Schmähung großer Vergangenheit]
heit führt. Solange zum Beispiel die geschichtliche Erinnerung an Friedrich den Großen nicht erstorben
ist, vermag Friedrich Ebert nur bedingtes Erstaunen hervorzurufen. Der Held von Sanssouci verhält sich
zum ehemaligen Bremenser Kneipenwirt ungefähr wie die Sonne zum Mond; erst wenn die Strahlen der
Sonne verlöschen, vermag der Mond zu glänzen. Es ist deshalb auch der Haß aller Neumonde der
Menschheit gegen die Fixsterne nur zu begreiflich. Im politischen Leben pflegen solche Nullen, wenn
ihnen das Schicksal die Herrschaft vorübergehend in den Schoß wirft, nicht nur mit unermüdlichem
Eifer die Vergangenheit zu besudeln und zu beschmutzen, sondern sich selbst auch mit äußeren Mitteln
der allgemeinen Kritik zu entziehen. Als Beispiel hierfür kann die Republik-Schutzgesetzgebung des
neuen Deutschen Reiches gelten.
Wenn daher irgendeine neue Idee, eine Lehre, eine neue Weltanschauung oder auch politische sowie
wirtschaftliche Bewegung die gesamte Vergangenheit zu leugnen versucht, sie schlecht und wertlos
machen will, so muß man schon aus diesem Anlaß äußerst vorsichtig und mißtrauisch sein. Meistens ist
der Grund zu solchem Haß entweder nur die eigene Minderwertigkeit oder gar eine schlechte Absicht an
sich. Eine wirklich segensreiche Erneuerung der Menschheit wird immer und ewig dort weiter zu bauen
haben, wo das letzte gute Fundament aufhört. Sie wird sich der Verwendung bereits bestehender
Wahrheiten nicht zu schämen brauchen. Ist doch die gesamte menschliche Kultur sowie auch der
Mensch selber nur das Ergebnis einer einzigen langen Entwicklung, in der jede Generation ihren
Baustein zutrug und einfügte. Der Sinn und Zweck von Revolutionen ist dann nicht der, das ganze
Gebäude einzureißen, sondern schlecht Gefügtes oder Unpassendes zu entfernen und an der dann wieder
freigelegten gesunden Stelle weiter- und anzubauen.
So allein wird man von einem Fortschritt der Menschheit sprechen können und dürfen. Im anderen Falle
würde die Welt vom Chaos nie erlöst, da ja das Recht zur Ablehnung der Vergangenheit jeder
Generation zukäme und mit-
[287 Die geistige Vorbereitung des Bolschewismus]
hin jede als Voraussetzung der eigenen Arbeit die Werke der Vergangenheit zerstören dürfte.
So war das Traurigste am Zustand unserer Gesamtkultur der Vorkriegszeit nicht nur die vollkommene
Impotenz der künstlerischen und allgemein kulturellen Schöpferkraft, sondern der Haß, mit dem die
Erinnerung der größeren Vergangenheit besudelt und ausgelöscht wurde. Fast auf allen Gebieten der
Kunst, besonders in Theater und Literatur, begann man um die Jahrhundertwende weniger bedeutendes
Neues zu produzieren, als vielmehr das beste Alte herunterzusetzen und als minderwertig und
überwunden hinzustellen; als ob diese Zeit der beschämendsten Minderwertigkeit überhaupt etwas zu
überwinden vermöchte. Aus diesem Streben aber, die Vergangenheit dem Auge der Gegenwart zu
entziehen, ging die böse Absicht dieser Apostel der Zukunft klar und deutlich hervor. Daran hätte man
erkennen sollen, daß es sich hier nicht um neue, wenn auch falsche kulturelle Auffassungen handelte,
sondern um einen Prozeß der Zerstörung der Grundlagen der Kultur überhaupt, um eine dadurch
möglich werdende Vernarrung des gesunden Kunstempfindens — und um die geistige Vorbereitung des
politischen Bolschewismus. Denn wenn das Perikleische Zeitalter durch den Parthenon verkörpert
erscheint, dann die bolschewistische Gegenwart durch eine kubistische Fratze.
In diesem Zusammenhange muß auch auf die hierbei wieder sichtbare Feigheit bei dem Teil unseres
Volkes hingewiesen werden, der auf Grund reiner Bildung und seiner Stellung verpflichtet gewesen
wäre, gegen diese Kulturschande Front zu machen. Aus lauter Furcht vor dem Geschrei der
bolschewistischen Kunstapostel, die jeden, der nicht in ihnen die Krone der Schöpfung erkennen wollte,
auf das heftigste angriffen und als rückständigen Spießer festnagelten, verzichtete man auf allen
ernstlichen Wider. stand und fügte sich in das, wie es eben schien, ja doch Unvermeidliche. Man bekam
förmlich Angst, von diesen Halbnarren oder Gaunern der Verständnislosigkeit geziehen zu werden; als
ob es eine Schande wäre, die Produkte gei[
288 "Inneres Erleben"]
stiger Degeneraten oder gerissener Betrüger nicht zu verstehen. Diese Kulturjünger besaßen freilich ein
sehr einfaches Mittel, ihren Unsinn zu einer weiß Gott wie gewaltigen Sache zu stempeln; sie stellten
jedes unverständliche und ersichtlich verrückte Zeug als sogenanntes inneres Erleben der staunenden
Mitwelt vor, auf so billige Weise den meisten Menschen das Wort der Entgegnung von vornherein aus
dem Munde nehmend. Denn daran, das auch dies ein inneres Erleben sein könnte, war ja gar nicht zu
zweifeln, wohl aber daran, ob es angängig ist, der gesunden Welt die Halluzinationen von
Geisteskranken oder Verbrechern vorzusetzen. Die Werke eines Moritz von Schwind oder eines Böcklin
waren auch inneres Erleben, nur eben von Künstlern gottbegnadeter Art und nicht von Hanswursten.
Da aber konnte man so recht die jammervolle Feigheit unserer sogenannten Intelligenz studieren, die
sich um jeden ernstlichen Widerstand gegen diese Vergiftung des gesunden Instinktes unseres Volkes
herumdrückte und es dem Volke selber überließ, sich mit diesem frechen Unsinn abzufinden. Um nicht
als kunstunverständig zu gelten, nahm man jede Kunstverhöhnung in Kauf, um endlich in der
Beurteilung von gut und schlecht wirklich unsicher zu werden. Alles in allem genommen aber waren
dies Zeichen einer böse werdenden Zeit.
×
Als bedenkliches Merkmal muß noch folgendes festgestellt werden:Im neunzehnten Jahrhundert
begannen unsere Städte immer mehr den Charakter von Kulturstätten zu verlieren und zu reinen
Menschenansiedlungen herabzusinken. Die geringe Verbundenheit, die unser heutiges
Großstadtproletariat mit seinem Wohnort besitzt, ist die Folge davon, daß es sich hier wirklich nur um
den zufälligen örtlichen Aufenthaltsraum des einzelnen handelt und um weiter nichts. Zum Teil hingt
dies mit dem durch die sozialen Verhältnisse bedingten häufigen Wechsel des Wohnortes zusam-
[289 Moderne Menschenanhäufungen]
men, die dem Menschen nicht die Zeit zu einer engeren Verbindung mit seiner Stadt gibt, zum anderen
aber ist die Ursache hierfür auch in der allgemeinen kulturellen Bedeutungslosigkeit und Ärmlichkeit
unserer heutigen Städte an sich zu suchen.
Noch zur Zeit der Befreiungskriege waren die deutschen Städte nicht nur der Zahl nach gering, sondern
auch der Größe nach bescheiden. Die wenigen wirklichen Großstädte waren zum größten Teil
Residenzen und besaßen als solche fast immer einen bestimmten kulturellen Wert und meist auch ein
bestimmtes künstlerisches Bild. Die paar Orte von mehr als fünfzigtausend Einwohnern waren gegen
Städte mit gleicher Bevölkerung von heute reich an wissenschaftlichen und künstlerischen Schätzen. Als
München sechzigtausend Seelen zählte, schickte es sich schon an, eine der ersten deutschen Kunststätten
zu werden; heute hat fast jeder Fabrikort diese Zahl erreicht, wenn nicht schon vielfach überschritten,
ohne manchmal aber auch nur das geringste an wirklichen Werten sein eigen nennen zu können. Reine
Ansammlungen von Wohn- und Mietskasernen, weiter nichts. Wie bei derartiger Bedeutungslosigkeit
eine besondere Verbundenheit mit einem solchen Ort entstehen soll, muß ein Rätsel sein. Niemand wird
an einer Stadt besonders hingen, die nichts weiter zu bieten hat als eben jede andere auch, der jede
individuelle Note fehlt, und in der peinlich alles vermieden wurde, was nach Kunst oder ähnlichem auch
nur aussehen könnte.
Aber nicht genug an dem, auch die wirklichen Großstädte werden mit der steigenden Zunahme der
Volkszahl im Verhältnis immer ärmer an wirklichen Kunstwerken. Sie erscheinen immer
abgeschliffener und ergeben ganz das gleiche Bild, wenn auch in größerem Umfange, wie die kleinen
armseligen Fabrikorte. Was die neuere Zeit zu dem kulturellen Inhalt unserer Großstädte hinzugefügt
hat, ist vollkommen unzulänglich. Alle unsere Städte zehren vom Ruhme und den Schätzen der
Vergangenheit. Man nehme aus dem jetzigen München doch einmal alles weg, was unter Ludwig I.
geschaffen wurde, und man wird mit
[290 Monumentale Staatsbauten von einst]
Entsetzen sehen, wie armselig der Zuwachs seit dieser Zeit an bedeutenden künstlerischen Schöpfungen
ist. Das gleiche gilt auch für Berlin und die meisten anderen Großstädte.
Das Wesentliche aber ist doch noch folgendes: Unsere heutigen Großstädte besitzen keine das ganze
Stadtbild beHerrschenden Denkmäler, die irgendwie als Wahrzeichen der ganzen Zeit angesprochen
werden könnten. Dies aber war in den Städten des Altertums der Fall, da fast jede ein besonderes
Monument ihres Stolzes besaß. Nicht in den Privatbauten lag das Charakteristische der antiken Stadt,
sondern in den Denkmälern der Allgemeinheit, die nicht für den Augenblick, sondern für die Ewigkeit
bestimmt schienen, weil sich in ihnen nicht der Reichtum eines einzelnen Besitzers, sondern die Größe
und Bedeutung der Allgemeinheit widerspiegeln sollte. So entstanden Denkmäler, die sehr wohl
geeignet waren, den einzelnen Bewohner in einer Weise mit seiner Stadt zu verbinden, die uns heute
manchmal fast unverständlich vorkommt. Denn was dieser vor Augen hatte, waren weniger die
ärmlichen Häuser privater Besitzer als die Prachtbauten der ganzen Gemeinschaft. Ihnen gegenüber sank
das Wohnhaus wirklich zu einer unbedeutenden Nebensachlichkeit zusammen.
Wenn man die Größenverhältnisse der antiken Staatsbauten mit den gleichzeitigen Wohnhäusern
vergleicht, so wird man erst die überragende Wucht und Gewalt dieser Betonung des Grundsatzes, den
Werken der Öffentlichkeit die erste Stelle zuzuweisen, verstehen. Was wir heute in den Trümmerhaufen
und Ruinenfeldern der antiken Welt als wenige noch aufragende Kolosse bewundern, sind nicht einstige
Geschäftspaläste, sondern Tempel und Staatsbauten; also Werke, deren Besitzer die Allgemeinheit war.
Selbst im Prunke des Roms der Spätzeit nahmen den ersten Platz nicht die Villen und Paläste einzelner
Bürger, sondern die Tempel und Thermen, die Stadien, Zirkusse, Aquädukte, Basiliken usw. des Staates,
also des ganzen Volkes ein.
Sogar das germanische Mittelalter hielt den gleichen leitenden Grundsatz, wenn auch unter gänzlich
anderen
[291 Warenhaus und Hotel — moderner Kulturausdruck]
Kunstauffassungen, aufrecht. Was im Altertum in der Akropolis oder dem Pantheon seinen Ausdruck
fand, hüllte sich nun in die Formen des gotischen Domes. Wie Riesen ragten diese Monumentalbauten
aber das keine Gewimmel von Fachwerk-, Holz- oder Ziegelbauten der mittelalterlichen Stadt empor
und wurden so zu Wahrzeichen, die selbst heute noch, da neben ihnen die Mietskasernen immer höher
emporklettern, den Charakter und das Bild dieser Orte bestimmen. Münster, Rathäuser und
Schrannenhallen sowie Wehrtürme sind das sichtbare Zeichen einer Auffassung, die im letzten Grunde
wieder nur der der Antike entsprach.
Wie wahrhaft jammervoll aber ist das Verhältnis zwischen Staats- und Privatbau heute geworden!
Würde das Schicksal Roms Berlin treffen, so könnten die Nachkommen als gewaltigste Werke unserer
Zeit dereinst die Warenhäuser einiger Juden und die Hotels einiger Gesellschaften als charakteristischen
Ausdruck der Kultur unserer Tage bewundern. Man vergleiche doch das böse Mißverhältnis, das in einer
Stadt wie selbst Berlin zwischen den Bauten des Reiches und denen der Finanz und des Handels
Herrscht.
Schon der für die Staatsbauten aufgewendete Betrag ist meistens wahrhaft lächerlich und ungenügend.
Es werden nicht Werke für die Ewigkeit geschaffen, sondern meistens nur für den augenblicklichen
Bedarf. Irgendein höherer Gedanke Herrscht dabei überhaupt nicht vor. Das Berliner Schloß war zur Zeit
seiner Erbauung ein Werk von anderer Bedeutung, als es etwa die neue Bibliothek im Rahmen der
Gegenwart ist. Während ein einziges Schlachtschiff einen Wert von rund sechzig Millionen darstellte,
wurde für den ersten Prachtbau des Reiches, der für die Ewigkeit bestimmt sein sollte, das
Reichstagsgebäude, kaum die Hälfte bewilligt. Ja, als die Frage der inneren Ausstattung zur
Entscheidung kam, stimmte das Hohe Haus gegen die Verwendung von Stein und befahl, die Wände mit
Gips zu verkleiden; dieses Mal allerdings hatten die Parlamentarier ausnahmsweise wirklich recht
gehandelt; Gipsköpfe gehören auch nicht zwischen Steinmauern.
[292 Religiöse Verhältnisse]
So fehlt unseren Städten der Gegenwart das überragende Wahrzeichen der Volksgemeinschaft, und man
darf sich deshalb auch nicht wundern, wenn diese in ihren Städten kein Wahrzeichen ihrer selbst sieht.
Es muß zu einer Verödung kommen, die sich in der gänzlichen Teilnahmslosigkeit des heutigen
Großstädters am Schicksal seiner Stadt praktisch auswirkt.
Auch dieses ist ein Zeichen unserer sinkenden Kultur und unseres allgemeinen Zusammenbruches. Die
Zeit erstickt in kleinster Zweckmäßigkeit, besser gesagt, im Dienste des Geldes. Da aber darf man sich
auch nicht wundern, wenn unter einer solchen Gottheit wenig Sinn für Heroismus übrigbleibt. Die
heutige Gegenwart erntet nur, was die letzte Vergangenheit gesät hat.
×
Alle diese Verfallserscheinungen sind im letzten Grunde nur Folgen des Mangels einer bestimmten,
gleichmäßig anerkannten Weltanschauung sowie der daraus sich ergebenden allgemeinen Unsicherheit
in der Beurteilung und der Stellungnahme zu den einzelnen großen Fragen der Zeit. Daher ist auch,
angefangen bei der Erziehung, alles halb und schwankend, scheut die Verantwortung und endet so in
feiger Duldung selbst erkannter Schäden. Der Humanitätsdusel wird Mode, und indem man den
Auswüchsen schwächlich nachgibt und einzelne schont, opfert man die Zukunft von Millionen.
Wie sehr die allgemeine Zerrissenheit um sich greift, zeigt eine Betrachtung der religiösen Zustände vor
dem Kriege. Auch hier war eine einheitliche und wirksame weltanschauungsmäßige Überzeugung in
großen Teilen der Nation längst verlorengegangen. Dabei spielen die sich offiziell von den Kirchen
lösenden Anhänger eine kleinere Rolle als die überhaupt Gleichgültigen. Während die beiden
Konfessionen in Asien und Afrika Missionen aufrechterhalten, um neue Anhänger ihrer Lehre
zuzuführen — eine Tätigkeit, die gegenüber dem Vordringen besonders des mohammedanischen
Glaubens nur sehr bescheidene Erfolge aufzu-
[293 Religiöse Verhältnisse]
weisen hat —, verlieren sie in Europa selber Millionen und abermals Millionen von innerlichen
Anhängern, die dem religiösen Leben entweder überhaupt fremd gegenüberstehen oder doch ihre
eigenen Wege wandeln. Die Folgen sind besonders in sittlicher Hinsicht keine günstigen.
Bemerkenswert ist auch der immer heftiger einsetzende Kampf gegen die dogmatischen Grundlagen der
einzelnen Kirchen, ohne die aber auf dieser Welt von Menschen der praktische Bestand eines religiösen
Glaubens nicht denkbar ist. Die breite Masse eines Volkes besteht nicht aus Philosophen; gerade aber
für die Masse ist der Glaube häufig die einzige Grundlage einer sittlichen Weltanschauung überhaupt.
Die verschiedenen Ersatzmittel haben sich im Erfolg nicht so zweckmäßig erwiesen, als daß man in
ihnen eine nützliche Ablösung der bisherigen religiösen Bekenntnisse zu erblicken vermöchte. Sollen
aber die religiöse Lehre und der Glaube die breiten Schichten wirklich erfassen, dann ist die unbedingte
Autorität des Inhalts dieses Glaubens das Fundament jeder Wirklichkeit. Was dann für das allgemeine
Leben der jeweilige Lebensstil ist, ohne den sicherlich auch Hunderttausende von hochstehenden
Menschen vernünftig und klug leben würden, Millionen andere aber eben nicht, das sind für den Staat
die Staatsgrundgesetze und für die jeweilige Religion die Dogmen. Durch sie erst wird die schwankende
und unendlich auslegbare, rein geistige Idee bestimmt abgesteckt und in eine Form gebracht) ohne die
sie niemals Glauben werden könnte. Im anderen Falle würde die Idee aber eine metaphysische
Anschauung, ja, kurz gesagt, philosophische Meinung nie hinauswachsen. Der Angriff gegen die
Dogmen an sich gleicht deshalb auch sehr stark dem Kampfe gegen die allgemeinen gesetzlichen
Grundlagen des Staates, und so wie dieser sein Ende in einer vollständigen staatlichen Anarchie finden
würde, so der andere in einem wertlosen religiösen Nihilismus.
Für den Politiker aber darf die Abschaffung des Wertes einer Religion weniger durch die ihr etwa
anhaftenden Mängel bestimmt werden als vielmehr durch die Güte eines ersichtlich besseren Ersatzes.
Solange aber ein solcher
[294 Politischer Mißbrauch der Religion]
anscheinend fehlt, kann das Vorhandene nur von Narren oder Verbrechern demoliert werden.
Freilich haben nicht die kleinste Schuld an den nicht sehr erfreulichen religiösen Zuständen diejenigen,
die die religiöse Vorstellung zu sehr mit rein irdischen Dingen belasten und so häufig in einen gänzlich
unnötigen Konflikt mit der sogenannten exakten Wissenschaft bringen. Hier wird der Sieg, wenn auch
nach schwerem Kampfe, der letzteren fast immer zufallen, die Religion aber in den Augen all
derjenigen, die sich aber ein rein Äußerliches Wissen nicht zu erheben vermögen, schweren Schaden
leiden.
Am ärgsten sind jedoch die Verwüstungen, die durch den Mißbrauch der religiösen Überzeugung zu
politischen Zwecken hervorgerufen werden. Man kann wirklich gar nicht scharf genug gegen jene
elenden Schieber auftreten, die in der Religion ein Mittel sehen wollen, das ihnen politische, besser
geschäftliche Dienste zu leisten habe. Diese frechen Lügenmäuler schreien freilich mit Stentorstimme,
damit es ja die anderen Sünder hören können, ihr Glaubensbekenntnis in alle Welt hinaus, allein nicht,
um dafür, wenn nötig, auch zu sterben, sondern um besser leben zu können. Für eine einzige politische
Schiebung von entsprechendem Werte ist ihnen der Sinn eines ganzen Glaubens feil; für zehn
Parlamentsmandate verbinden sie sich mit den marxistischen Todfeinden jeder Religion — und für
einen Ministerstuhl gingen sie wohl auch die Ehe mit dem Teufel ein, sofern diesen nicht noch ein Rest
von Anstand verscheuchen würde.
Wenn in Deutschland vor dem Kriege das religiöse Leben für viele einen unangenehmen Beigeschmack
erhielt, so war dies dem Mißbrauch zuzuschreiben, der von seiten einer sogenannten "christlichen"
Partei mit dem Christentum getrieben wurde, sowie der Unverschämtheit, mit der man den katholischen
Glauben mit einer politischen Partei zu identifizieren versuchte.
Diese Unterschiebung war ein Verhängnis, das einer Reihe von Nichtsnutzen wohl Parlamentsmandate,
der Kirche aber Schaden einbrachte.
[295 Ziellosigkeit der deutschen Politik]
Das Ergebnis jedoch hatte die gesamte Nation zu tragen, indem die Folgen der dadurch bedingten
Lockerung des religiösen Lebens gerade in eine Zeit fielen, in der ohnehin alles zu weichen und zu
wanken begann und die überlieferten Grundlagen von Sitte und Moral zusammenzubrechen drohten.
Auch dieses waren Risse und Sprünge in unserem Volkskörper, die so lange gefahrlos sein konnten, als
keine besondere Belastung entstand, die aber zum Unheil werden mußten, wenn durch die Wucht großer
Ereignisse die Frage der inneren Festigkeit der Nation eine ausschlaggebende Bedeutung erhielt.
×
Ebenso waren auf dem Gebiete der Politik für aufmerksame Augen Schäden vorhanden, die, wenn nicht
in absehbarer Zeit eine Besserung oder Änderung vorgenommen wurde, als Zeichen eines kommenden
Verfalls des Reiches gelten durften und mußten. Die Ziellosigkeit der deutschen Innen- und
Außenpolitik war für jeden sichtbar, der nicht absichtlich blind sein wollte. Die Kompromißwirtschaft
schien am meisten der Bismarckschen Auffassung zu entsprechen, daß "die Politik eine Kunst des
Möglichen" wäre. Nun aber war zwischen Bismarck und den späteren deutschen Kanzlern ein kleiner
Unterschied vorhanden, der dem ersteren gestattete, eine solche Äußerung aber das Wesen der Politik
fallen zu lassen, während die gleiche Auffassung aus dem Munde seiner Nachfolger eine ganz andere
Bedeutung erlangen mußte. Denn Bismarck wollte mit diesem Satze nur besagen, daß zur Erreichung
eines bestimmten politischen Zieles alle Möglichkeiten zu verwenden wären, bzw. nach allen
Möglichkeiten zu verfahren wäre; seine Nachfolger aber sahen in dieser Äußerung die feierliche
Entbindung von der Notwendigkeit, überhaupt politische Gedanken oder gar Ziele zu haben. Und
politische Ziele waren für die Leitung des Reiches zu dieser Zeit wirklich nicht mehr vorhanden; fehlte
hierzu doch die nötige Unterlage einer bestimmten Weltanschauung sowie die notwen-
[296 Versagen des Vorkriegsparlamentarismus]
dige Klarheit über die inneren Entwicklungsgesetze des politischen Lebens überhaupt.
Es gab nicht wenige, die in dieser Richtung trübe sahen und die Plan- und Gedankenlosigkeit der
Reichspolitik geißelten, ihre innere Schwäche und Hohlheit also sehr wohl erkannten, allein es waren
dies nur die Außenseiter im politischen Leben; die offiziellen Stellen der Regierung gingen an den
Erkenntnissen eines Houston Stewart Chamberlain genau so gleichgültig vorüber, wie es heute noch
geschieht. Diese Leute sind zu dumm, selbst etwas zu denken, und zu eingebildet, von anderen dar,
Nötige zu lernen — eine urewige Wahrheit, die Oxenstierna zu dem Ausruf veranlaßte: "Die Welt wird
nur von einem Bruchteil der Weisheit regiert", von welchem Bruchteil freilich fast jeder Ministerialrat
nur ein Atom verkörpert. Seit Deutschland Republik geworden, trifft dies allerdings nicht mehr zu — es
ist deshalb auch durch das Republik-Schutzgesetz verboten worden, so etwas zu glauben oder gar
auszusprechen. Für Oxenstierna aber war es ein Glück, schon damals und nicht in dieser gescheiten
Republik von heute zu leben.
Als größtes Schwächemoment wurde schon in der Vorkriegszeit vielfach die Institution erkannt, in der
sich die Stärke des Reiches verkörpern sollte: das Parlament, der Reichstag. Feigheit und
Verantwortungslosigkeit gesellten sich hier in vollendeter Weise.
Es ist eine der Gedankenlosigkeit, die man heute nicht selten zu hören bekommt, daß der
Parlamentarismus in Deutschland "seit der Revolution" versagt habe. Es wird dadurch nur zu leicht der
Anschein erweckt, als ob es etwa vor der Revolution anders gewesen wäre. In Wirklichkeit kann diese
Einrichtung gar nicht anders als vernichtend wirken — und sie tat dies auch schon zu jener Zeit, da die
meisten, noch mit Scheuklappen behangen, nichts sahen oder sehen wollten. Denn daß Deutschland
gestürzt wurde, ist nicht zum kleinsten Teile dieser Einrichtung zu verdanken; daß aber die Katastrophe
nicht schon früher eintrat, kann nicht als Verdienst des Reichstages gelten, sondern ist dem
[297 Parlamentarische Halbheiten]
Widerstande zuzuschreiben, der sich der Tätigkeit dieses Totengräbers der deutschen Nation und des
Deutschen Reiches in den Friedensjahren noch entgegenstemmte.
Aus der Unsumme von verheerenden Schäden, die dieser Institution direkt oder indirekt zu verdanken
sind, will ich nur ein einziges Unheil herausgreifen, das am meisten dem inneren Wesen dieser
verantwortungslosesten Einrichtung aller Zeiten entspricht: die schauderhafte Halbheit und Schwäche
der politischen Leitung des Reiches nach innen und außen, die, in erster Linie dem Wirken des
Reichstages zuzuschreiben, zu einer Hauptursache des politischen Zusammenbruches wurde.
Halb war alles, was irgendwie dem Einfluß dieses Parlaments unterstand, man mag betrachten, was man
nur will.
Halb und schwach war die Bündnispolitik des Reiches nach außen. Indem man den Frieden erhalten
wollte, mußte man unweigerlich zum Krieg steuern.
Halb war die Polenpolitik. Man reizte, ohne jemals ernstlich durchzugreifen. Das Ergebnis war weder
ein Sieg des Deutschtums noch eine Versöhnung der Polen, dafür aber Feindschaft mit Rußland.
Halb war die Lösung der elsaß-lothringischen Frage. Statt mit brutaler Faust einmal für immer der
französischen Hydra den Kopf zu zermalmen, dem Elsässer aber dann gleiche Rechte zuzubilligen, tat
man keines von beiden. Man konnte es auch gar nicht, saßen doch in den Reihen der größten Parteien
auch die größten Landesverräter — im Zentrum z. B. Herr Wetterlé.
Alles dies aber wäre noch zu ertragen gewesen, wenn der allgemeinen Halbheit nicht auch die Macht
zum Opfer gefallen wäre, von deren Dasein am Ende der Bestand des Reiches abhing: das Heer.
Was der sogenannte "Deutsche Reichstag" hier gesündigt hatte, genügt allein, um ihn für alle Zeiten mit
dem Fluche der deutschen Nation zu beladen. Aus den erbärmlichsten Gründen haben diese
parlamentarischen Parteilumpen der Nation die Waffe der Selbsterhaltung, den einzigen Schutz der
Freiheit und Unabhängigkeit unseres Volkes, aus der
[298 Verbrechen des Parlamentarismus am Heer]
Hand gestohlen und geschlagen. Öffneten sich heute die Gräber der flandrischen Ebene, so würden sich
aus ihnen die blutigen Ankläger erheben, Hunderttausende der besten jungen Deutschen, die durch die
Gewissenlosigkeit dieser parlamentarischen Verbrecher schlecht und halb ausgebildet dem Tod in die
Arme getrieben wurden; sie und Millionen von Männern, die zu den Toten hinsanken oder zu Krüppeln
worden, hat das Vaterland verloren, einzig und allein, um einigen hundert Volksbetrügern politische
Schiebungen, Erpressungen oder selbst das Herunterleiern doktrinärer Theorien zu ermöglichen.
Während das Judentum durch seine marxistische und demokratische Presse die Lüge vom deutschen
"Militarismus" in die ganze Welt hinausrief und Deutschland so mit allen Mitteln zu belasten trachtete,
verweigerten marxistische und demokratische Parteien jede umfassende Ausbildung der deutschen
Volkskraft. Dabei mußte das ungeheure Verbrechen, das dadurch begangen wurde, jedem sofort klar
werden, der nur bedachte, daß im Falle eines kommenden Krieges ja doch die gesamte Nation unter
Waffen treten müsse, mithin also durch die Lumperei dieser sauberen Repräsentanten der eigenen
sogenannten "Volksvertretung" Millionen von Deutschen in schlechter, halber Ausbildung vor den
Feind getrieben würden. Aber selbst wenn man die hierdurch sich ergebenden Folgen der brutalen und
rohen Gewissenlosigkeit dieser parlamentarischen Zuhälter ganz außer Betracht ließ: dieser Mangel an
ausgebildeten Soldaten zu Beginn des Krieges konnte nur zu leicht zum Verlust desselben führen, was
dann auch im großen Weltkrieg in so furchtbarer Weise sich bestätigte.
Der Verlust des Kampfes um die Freiheit und Unabhängigkeit der deutschen Nation ist das Ergebnis der
schon im Frieden betätigten Halbheit und Schwäche in der Heranziehung der gesamten Volkskraft zur
Verteidigung des Vaterlandes.
×
Wenn im Lande zu wenig Rekruten ausgebildet wurden, so war zur See die gleiche Halbheit am Werke,
die Waffe
[299 Falsche Flottenbaupolitik]
der nationalen Selbsterhaltung mehr oder weniger wertlos zu machen. Leider aber wurde die Leitung der
Marine selber vom Geist der Halbheit angesteckt. Die Tendenz, alle auf Stapel gelegten Schiffe immer
etwas kleiner als die zur gleichen Zeit vom Stapel gelassenen englischen zu bauen, war wenig
weitschauend und noch weniger genial. Gerade eine Flotte, die von Anfang an rein zahlenmäßig nicht
auf gleiche Höhe mit ihrem voraussichtlichen Gegner gebracht werden kann, muß den Mangel der Zahl
zu ersetzen trachten durch die überragende Kampfkraft der einzelnen Schiffe. Auf die überlegene
Kampfkraft kommt es an und nicht auf eine sagenhafte Überlegenheit an "Güte". Tatsächlich ist die
moderne Technik so fortgeschritten und zu so großer Übereinstimmung in den einzelnen Kulturstaaten
gekommen, daß es als unmöglich gelten muß. Schiffen der einen Macht einen wesentlich größeren
Gefechtswert zu geben als den Schiffen gleichen Tonnengehalts eines anderen Staates. Noch viel
weniger aber ist es denkbar, eine Überlegenheit bei kleinerem Deplacement gegenüber einem größeren
zu erzielen.
Tatsächlich konnte der kleine Tonnengehalt der deutschen Schiffe nur auf Kosten der Schnelligkeit und
Armierung erfolgen. Die Phrase, mit der man diese Tatsache zu rechtfertigen versuchte, zeigte allerdings
schon einen sehr bösen Mangel an Logik bei der hierfür im Frieden maßgebenden Stelle. Man erklärte
nämlich, daß das deutsche Geschützmaterial dem britischen so ersichtlich überlegen sei, daß das
deutsche 28-Zentimeter-Rohr dem britischen 30,5-Zentimeter-Rohr an Schußleistung gar nicht
nachstehe!!Gerade deshalb aber wäre es Pflicht gewesen, nun ebenfalls zum 30,5-Zentimeter-Geschütz
überzugehen, da das Ziel nicht die Erreichung gleicher, sondern überlegener Kampfkraft hätte sein
müssen. Sonst wäre ja auch die Beistellung des 42-Zentimeter-Mörsers beim Heer überflüssig gewesen,
da der deutsche 21-Zentimeter-Mörser jedem damals vorhandenen französischen Steilfeuergeschütz an
und für sich schon weit überlegen war, die Festungen aber wohl auch dem 30,5-Zentimeter-Mörser
ebenfalls zum Opfer ge-
[300 Falsche Flottenbaupolitik]
fallen wären. Allein die Leitung der Landarmee dachte richtig und die der Marine leider nicht.
Der Verzicht auf überragende Artilleriewirkung sowie auf überlegene Schnelligkeit lag aber ganz im
grundfalschen sogenannten "Risikogedanken" begründet. Man verzichtete in der Marineleitung schon
durch die Form des Ausbaues der Flotte auf den Angriff und verlegte sich so von Anfang an
zwangsläufig auf die Defensive. Damit aber verzichtete man auch auf den letzten Erfolg, der doch ewig
nur im Angriff liegt und liegen kann.
Ein Schiff mit kleinerer Schnelligkeit und schwächerer Armierung wird vom schnelleren und stärker
bestückten Gegner meist in der für diesen günstigen Schußentfernung in den Grund geschossen werden.
Das mußte eine ganze Anzahl unserer Kreuzer in der bittersten Weise fühlen. Wie grundfalsch die
Friedensansicht der Marineleitung war, zeigte der Krieg, der, wo es nur anging, zur Umarmierung alter
und Besserarmierung der neuen Schiffe zwang. Würden aber in der Seeschlacht am Skagerrak die
deutschen Schiffe gleichen Tonnengehalt, gleiche Armierung und gleiche Schnelligkeit wie die
englischen besessen haben, dann wäre unter dem Orkan der treffsicheren und wirkungsvolleren
deutschen 38-Zentimeter-Granaten die britische Flotte ins nasse Grab gesunken.

Japan hat einst eine andere Flottenpolitik getrieben. Dort wurde grundsätzlich aller Wert darauf gelegt,
in jedem einzelnen neuen Schiff eine überlegene Kampfkraft gegenüber dem voraussichtlichen Gegner
zu gewinnen. Dem entsprach dann aber auch die dadurch ermöglichte offensive Einsetzung der Flotte.
Während sich das Landheer in seiner Leistung von so prinzipiell falschen Gedankengängen noch frei
hielt, unterlag die Marine, die "parlamentarisch" leider schon besser vertreten war, dem Geiste des
Parlaments. Sie war von halben Gesichtspunkten aus organisiert und wurde später nach ähnlichen
eingesetzt. Was die Marine dann dennoch an unsterblichem Ruhm sich erwarb, war nur mehr dem
Konto der guten deutschen Wehrmannsarbeit sowie der Fähigkeit
[301 Kampf des Landheeres gegen Halbheit]
und dem unvergleichlichen Heldentum der einzelnen Offiziere und Mannschaften gutzuschreiben. Hatte
die frühere Oberste Leitung der Marine dem an Genialität entsprochen, so wären die Opfer nicht
vergeblich gewesen.
So wurde vielleicht gerade die überlegene parlamentarische Geschicklichkeit des führenden Kopfes der
Marine im Frieden zum Unheil derselben, indem leider auch in ihrem Aufbau statt rein militärischer
parlamentarische Gesichtspunkte die maßgebende Rolle zu spielen begannen. Die Halbheit und
Schwäche sowie die geringe Logik im Denken, die der parlamentarischen Institution zu eigen ist, färbten
auf die Leitung der Flotte ab.
Das Landheer hielt sich, wie schon betont, von solchen grundsätzlich falschen Gedankengängen noch
zurück. Besonders der damalige Oberst im Großen Generalstab, Ludendorff, führte einen verzweifelten
Kampf gegen die verbrecherische Halbheit und Schwäche, mit der der Reichstag den Lebensfragen der
Nation gegenübertrat und sie meistens verneinte. Wenn der Kampf, den dieser Offizier damals ausfocht,
dennoch vergeblich war, so trug die Schuld zur einen Hälfte eben das Parlament, zur anderen aber die
wenn möglich noch elendere Haltung und Schwäche des Reichskanzlers Bethmann Hollweg. Dieses
hindert die Schuldigen am deutschen Zusammenbruch jedoch nicht im geringsten, heute gerade dem die
Schuld zuschieben zu wollen, der als einziger sich gegen diese Verwahrlosung der nationalen Interessen
wandte — auf einen Betrug mehr oder weniger kommt es diesen geborenen Schiebern niemals an.
Wer all die Opfer überdenkt, die durch den sträflichen Leichtsinn dieser Verantwortungslosesten der
Nation aufgebürdet worden, all die zwecklos geopferten Millionen von gesunden Männern sich vor
Augen führt sowie die grenzenlose Schmach und Schande, das unermeßliche Elend, das uns jetzt
getroffen hat, und weiß, daß dieses alles nur kam, um einem Haufen gewissenloser Streber und
Stellenjäger die Bahn zu Ministerstühlen freizumachen, der wird verstehen, daß man diese Kreaturen
wirklich nur mit Worten wie
[302 Die deutschen Vorzüge]
Schuft, Schurke, Lump und Verbrecher bezeichnen kann, sonst waren der Sinn und Zweck des
Vorhandenseins dieser Ausdrücke im Sprachgebrauch ja unverständlich. Denn diesen Verrätern an der
Nation gegenüber ist jeder Zuhälter noch ein Ehrenmann.
×
Alle wirklichen Schattenseiten des alten Deutschlands fielen aber eigentümlicherweise nur dann ins
Auge, wenn dadurch die innere Festigkeit der Nation Schaden erleiden mußte. Ja, in solchen Fällen
wurden die unangenehmen Wahrheiten geradezu in die breite Masse hinausgeschrien, während man
sonst viele Dinge lieber schamhaft verschwieg, ja zum Teil einfach ableugnete. Dies war der Fall, wenn
es durch die offene Behandlung einer Frage vielleicht zu einer Besserung hätte kommen können. Dabei
verstanden die maßgebenden Stellen der Regierung soviel wie nichts vom Werte und vom Wesen der
Propaganda. Daß durch kluge und dauernde Anwendung der Propaganda einem Volke selbst der
Himmel als Hölle vorgemacht werden kann und umgekehrt das elendeste Leben als Paradies, wußte nur
der Jude, der auch dementsprechend handelte; der Deutsche, besser seine Regierung, besaß davon keine
blasse Ahnung.
Am schwersten sollte sich dies während des Krieges rächen.
×
Allen hier angedeuteten und zahllosen weiteren Schäden im deutschen Leben vor dem Kriege standen
auch wieder viele Vorzüge gegenüber. Bei einer gerechten Prüfung muß man sogar erkennen, daß die
meisten unserer Gebrechen zum größten Teile auch die anderen Länder und Völker ihr eigen nannten, ja
in manchen uns noch weitaus in den Schatten stellten, während sie viele unserer tatsächlichen Vorzüge
nicht besaßen.
An die Spitze dieser Vorzüge kann man unter anderem die Tatsache stellen, daß das deutsche Volk unter
fast allen
[303 Repräsentanten des alten und neuen Regiments]
europäischen Völkern sich immer noch am meisten den nationalen Charakter reiner Wirtschaft zu
bewahren versuchte und trotz mancher bösen Vorzeichen noch am wenigsten der internationalen
Finanzkontrolle unterstand. Allerdings ein gefährlicher Vorzug, der später zum größten Erreger des
Weltkrieges wurde.
Sieht man von dem und vielem anderen aber ab, so müssen drei Einrichtungen aus der Unzahl von
gesunden Kraftquellen der Nation herausgenommen werden, die in ihrer Art als mustergültig, ja zum
Teil unerreicht dastanden.
Als erstes die Staatsform an sich und die Ausprägung, die sie im Deutschland der neuen Zeit gefunden
hatte.
Man darf hier wirklich von einzelnen Monarchen absehen, die als Menschen allen Schwächen
unterworfen waren, die diese Erde und ihre Kinder heimzusuchen pflegen — wäre man hier nicht
nachsichtig, müßte man sonst an der Gegenwart überhaupt verzweifeln: sind doch die Repräsentanten
des jetzigen Regiments, gerade als Persönlichkeit betrachtet, wohl das geistig und moralisch
Bescheidenste, das man sich selbst bei langem Nachdenken auch nur vorzustellen vermag. Wer den
"Wert" der deutschen Revolution an dem Werte und der Größe der Personen mißt, die sie dem
deutschen Volke seit dem November 1918 geschenkt hat, der wird sein Haupt verhüllen aus Scham vor
dem Urteil der Nachwelt, der man nicht mehr das Maul wird verbinden können durch Schutzgesetze
usw., und die deshalb das sagen wird, was wir ja doch alle schon heute erkennen, nämlich, daß Gehirn
und Tugend bei unseren neudeutschen Führern im umgekehrten Verhältnis stehen zu ihren Mäulern und
Lastern.
Gewiß war die Monarchie vielen, dem breiten Volke vor allem, entfremdet. Das war die Folge der
Tatsache, daß die Monarchen nicht immer von den — sagen wir — hellsten und besonders nicht von
aufrichtigsten Köpfen umgeben waren. Sie liebten leider zum Teil die Schmeichler mehr als die geraden
Naturen, und so wurden sie auch von diesen "unterrichtet". Ein sehr schwerer Schaden in
[304 Psychologische Fehler des alten Regiments]
einer Zeit, in der die Welt einen großen Wandel in vielen alten Anschauungen durchgemacht hatte, der
natürlich auch nicht vor der Beurteilung mancher althergebrachten Überlieferungen der Höfe
haltmachte.
So konnte um die Jahrhundertwende der gewöhnliche Mann und Mensch keine besondere Bewunderung
mehr finden für die an der Front in Uniform entlang reitende Prinzessin. Über die Wirkung einer solchen
Parade in den Augen des Volkes konnte man sich anscheinend gar keine richtige Vorstellung machen,
denn sonst wäre es zu so unglücklichen Auftritten wohl nie gekommen. Auch die nicht immer ganz
echte Humanitätsduselei dieser Kreise wirkte eher abstoßend als anziehend. Wenn zum Beispiel die
Prinzessin X. geruhte, die Kostprobe in einer Volksküche mit dem bekannten Resultat vorzunehmen, so
konnte das früher vielleicht ganz gut aussehen, damals aber war der Erfolg ein gegenteiliger. Es kann
dabei ohne weiteres angenommen werden, daß die Hoheit wirklich keine Ahnung davon besaß, daß das
Essen am Tage ihrer Prüfung eben ein klein wenig anders war, als es sonst zu sein pflegte; allein es
genügte vollkommen, daß die Leute dies wußten.
So wurde die möglicherweise beste Absicht lächerlich, wenn nicht gerade aufreizend.
Schilderungen aber die immer sprichwörtliche Genügsamkeit des Monarchen, sein viel zu frühes
Aufstehen sowie sein förmliches Schuften bis in die späte Nacht hinein, noch dazu bei der dauernden
Gefahr seiner drohenden Unterernährung, riefen doch sehr bedenkliche Äußerungen hervor. Man
verlangte ja gar nicht zu wissen, was und wieviel der Monarch zu sich zu nehmen geruhte; man gönnte
ihm schon eine "auskömmliche" Mahlzeit; man war auch nicht darauf aus, ihm etwa den nötigen Schlaf
verweigern zu wollen; man war zufrieden, wenn er nur sonst als Mensch und Charakter dem Namen
seines Geschlechtes und der Nation Ehre bereitete und als Regent seine Pflichten erfüllte. Das
Märchenerzählen nützte nur wenig, schadete aber dafür um so mehr.
Dieses und vieles Ähnliche waren aber doch nur Kleinig-
[305 Die Stabilität der monarchischen Staatsform]
keiten. Schlimmer wirkte sich in leider sehr großen Teilen der Nation immer mehr die Überzeugung aus,
das man ohnehin von oben regiert werde und der einzelne sich mit. hin auch um nichts weiter zu
kümmern habe. Solange die Regierung wirklich gut war oder doch wenigstens das Beste wollte, ging die
Sache noch an. Aber wehe, wenn einmal an Stelle der an sich Gutes wollenden alten Regierung eine
neue, weniger ordentliche, treten sollte, dann waren die willenlose Fügsamkeit und der kindliche Glaube
das schwerste Unheil, das man sich nur auszudenken vermochte.
Allen diesen und vielen anderen Schwachen aber standen unbestreitbare Werte gegenüber.
Einmal die durch die monarchische Staatsform bedingte Stabilität der gesamten Staatsleitung sowie das
Herausziehen der letzten Staatsstellen aus dem Trubel der Spekulation ehrgeiziger Politiker. Weiter die
Ehrwürdigkeit der Institution an sich sowie die schon dadurch begründete Autorität derselben, ebenso
das Emporheben des Beamtenkörpers und besonders des Heeres über das Niveau parteipolitischer
Verpflichtungen. Dazu kam noch der Vorzug der persönlichen Verkörperung der Staatsspitze durch den
Monarchen als Person und das Vorbild einer Verantwortung, die der Monarch stärker zu tragen hat als
der Zufallshaufe einer parlamentarischen Majorität — die sprichwörtliche Sauberkeit der deutschen
Verwaltung war in erster Linie dem zuzuschreiben, Endlich aber war der kulturelle Wert der Monarchie
für das deutsche Volk ein hoher und vermochte sehr wohl andere Nachteile auszugleichen. Die
deutschen Residenzen waren noch immer der Hort einer Kunstgesinnung, die in unserer
vermaterialisierten Zeit ohnehin immer mehr auszusterben droht. Was die deutschen Fürsten für Kunst
und Wissenschaft gerade im neunzehnten Jahrhundert taten, war vorbildlich. Die heutige Zeit darf
jedenfalls damit nicht verglichen werden.
×
Als größten Wertfaktor in dieser Zeit der beginnenden und sich langsam weiterverbreitenden Zersetzung
unseres
[306 Das Heer — die unersetzliche Schule]
Volkskörpers haben wir jedoch das Heer zu buchen. Es war die gewaltigste Schule der deutschen
Nation, und nicht umsonst richtete sich der Haß aller Feinde gerade gegen diesen Schirm der nationalen
Selbstverwaltung und Freiheit. Kein herrlicheres Denkmal kann dieser einzigen Einrichtung geschenkt
werden als die Feststellung der Wahrheit, daß sie von allen Minderwertigen verleumdet, gehaßt,
bekämpft, aber auch gefürchtet wurde. Daß sich die Wut der internationalen Volksausbeuter zu
Versailles in erster Linie gegen das alte deutsche Heer richtete, laßt dieses erst recht als Hort der Freiheit
unseres Volkes vor der Macht der Börse erkennen. Ohne diese warnende Macht wäre der Sinn von
Versailles an unserem Volk schon längst vollzogen worden. Was das deutsche Volk dem Heere
verdankt, läßt sich kurz zusammenfassen in ein einziges Wort, nämlich: Alles.
Das Heer erzog zur unbedingten Verantwortlichkeit in einer Zeit, da diese Eigenschaft schon sehr selten
geworden war und das Drücken von derselben immer mehr an die Tagesordnung kam, ausgehend von
dem Mustervorbild aller Verantwortungslosigkeit, dem Parlament; es erzog weiter zum persönlichen
Mut in einem Zeitalter, da die Feigheit zu einer grassierenden Krankheit zu werden drohte und die
Opferwilligkeit, sich für das allgemeine Wohl einzusetzen, schon fast als Dummheit angesehen wurde,
und klug nur mehr derjenige zu sein schien, der das eigene "Ich" am besten zu schonen und zu fördern
verstand; es war die Schule, die den einzelnen Deutschen noch lehrte, das Heil der Nation nicht in den
verlogenen Phrasen einer internationalen Verbrüderung zwischen Negern, Deutschen, Chinesen,
Franzosen, Engländern usw. zu suchen, sondern in der Kraft und Geschlossenheit des eigenen
Volkstums.
Das Heer erzog zur Entschlußkraft, während im sonstigen Leben schon Entschlußlosigkeit und Zweifel
die Handlungen der Menschen zu bestimmen begannen. Es wollte etwas heißen, in einem Zeitalter, da
die Neunmalklugen überall den Ton angaben, den Grundsatz hochzuhalten, daß ein Befehl immer besser
ist als keiner. In diesem einzigen
[307 Das Heer — die unersetzliche Schule]
Grundsatze steckte eine noch unverdorbene, robuste Gesundheit, die unserem sonstigen Leben schon
längst abhanden gekommen wäre, wenn nicht das Heer und seine Erziehung für die immerwährende
Erneuerung dieser Urkraft gesorgt hatten. Man braucht ja nur die entsetzliche Entschlußlosigkeit unserer
jetzigen Reichsführung zu sehen, die sich zu keiner Tat aufzuraffen vermag, außer es handelt sich um
die erzwungene Unterschreibung eines neuen Ausplünderungsdiktates; in diesem Falle lehnt sie dann
freilich jede Verantwortung ab und unterschreibt mit der Fixigkeit eines Kammerstenographen alles,
was man ihr auch nur vorzulegen für gut befindet, denn in diesem Falle ist der Entschluß leicht zu
fassen: er wird ihr ja diktiert.
Das Heer erzog zum Idealismus und zur Hingabe an das Vaterland und seine Größe, während im
sonstigen Leben Habsucht und Materialismus um sich gegriffen hatten. Es erzog ein einiges Volk
gegenüber der Trennung in Klassen und hatte hier vielleicht als einzigen Fehler die
Einjährigfreiwilligen-Einrichtung aufzuweisen. Fehler deshalb, weil durch sie das Prinzip der
unbedingten Gleichheit durchbrochen und der Höhergebildete wieder außerhalb des Rahmens der
allgemeinen Umgebung gestellt wurde, während gerade das Umgekehrte von Vorteil gewesen wäre. Bei
der ohnehin so großen Weltfremdheit unserer oberen Schichten und der immer größer werdenden
Entfremdung dem eigenen Volke gegenüber hätte gerade das Heer besonders segensreich zu wirken
vermocht, wenn es wenigstens in seinen Reihen jede Absonderung der so. genannten Intelligenz
vermied. Daß man dies nicht tat, war ein Fehler; allein welche Institution auf dieser Welt wird fehlerlos
sein? Bei dieser aber überwog ohnehin das Gute so sehr, daß die wenigen Gebrechen weit unter dem
Durchschnittsgrade der menschlichen Unzulänglichkeit lagen.
Als höchstes Verdienst aber muß dem Heere des alten Reiches angerechnet werden, daß es in einer Zeit
der allgemeinen Majorisierung der Köpfe die Köpfe aber die Majorität stellte. Das Heer hielt gegenüber
dem jüdisch-
[308 Der unvergleichliche Beamtenkörper]
demokratischen Gedanken einer blinden Anbetung der Zahl den Glauben an die Persönlichkeit hoch. So
erzog es denn auch das, was die neuere Zeit am nötigsten brauchte: Männer. — Im Sumpfe einer
allgemein um sich greifenden Verweichlichung und Verweibung schossen ans den Reihen des Heeres
alljährlich dreihundertfünfzigtausend kraftstrotzende junge Männer heraus, die in zweijähriger
Ausbildung die Weichheit der Jugend verloren und stahlharte Körper gewonnen hatten. Der junge
Mensch aber, der während dieser Zeit Gehorchen übte, konnte darauf erst Befehlen lernen. Am Tritt
schon erkannte man den gedienten Soldaten.
Dies war die Hohe Schule der deutschen Nation, und nicht umsonst konzentrierte sich auf sie der
grimmige Haß derjenigen, die aus Neid und Habsucht die Ohnmacht des Reiches und die Wehrlosigkeit
seiner Bürger brauchten und wünschten. Was viele Deutsche in Verblendung oder bösem Wissen nicht
sehen wollten, erkannte die fremde Welt: das deutsche Heer war die gewaltigste Waffe im Dienste der
Freiheit der deutschen Nation und der Ernährung ihrer Kinder.
×
Zur Staatsform und zum Heere kam als Drittes im Bunde der unvergleichliche Beamtenkörper des alten
Reiches.
Deutschland war das bestorganisierte und bestverwaltete Land der Welt. Man mochte dem deutschen
Staatsbeamten leicht bürokratische Zopfigkeit nachsagen, in den anderen Staaten stand es darum nicht
besser, eher sogar noch schlechter. Was aber die anderen Staaten nicht besaßen, das war die wundervolle
Solidität dieses Apparates sowie die unbestechlich ehrenhafte Gesinnung seiner Träger. Lieber noch
etwas zopfig, aber redlich und treu, als aufgeklärt und modern, aber minderwertig von Charakter und,
wie es sich heute häufig zeigt, unwissend und nichtskönnend. Denn wenn man jetzt gerne so tut, als ob
die deutsche Verwaltung der Vorkriegszeit wohl bürokratisch gediegen, allein kaufmännisch schlecht
gewesen wäre, so kann man darauf nur folgendes antworten: Welches Land der Welt hatte einen
[309 Die Staatsautorität]
besser geleiteten und kaufmännischer organisierten Betrieb als Deutschland in seinen Staatsbahnen? Erst
der Revolution blieb es vorbehalten, diesen Musterapparat so lange zu zerstören, bis er endlich reif zu
sein schien, aus den Händen der Nation genommen und im Sinne der Begründer dieser Republik
sozialisiert zu werden, das heißt, dem internationalen Börsenkapital, als dem Auftraggeber der
deutschen Revolution, zu dienen.
Was dabei den deutschen Beamtenkörper und Verwaltungsapparat besonders auszeichnete, war seine
Unabhängigkeit von den einzelnen Regierungen, deren jeweilige politische Gesinnung auf die Stellung
des deutschen Staatsbeamten keinen Einfluß auszuüben vermochte. Seit der Revolution allerdings hat
sich dies gründlich geändert. An Stelle des Könnens und der Fähigkeit trat die Parteieinstellung, und ein
selbständiger, unabhängiger Charakter wurde eher hinderlich als fördernd.
Auf der Staatsform, dem Heere und dem Beamtenkörper beruhte die wundervolle Kraft und Stärke des
alten Reiches. Diese waren in erster Linie die Ursachen einer Eigenschaft, die dem heutigen Staate
vollkommen fehlt: der Staatsautorität! Denn diese beruht nicht auf Schwätzereien in den Parlamenten
oder Landtagen, auch nicht auf Gesetzen zu ihrem Schutze oder Gerichtsurteilen zur Abschreckung
frecher Leugner derselben usw., sondern auf dem allgemeinen Vertrauen, das der Leitung und
Verwaltung eines Gemeinwesens entgegengebracht werden darf und kann. Dieses Vertrauen jedoch ist
wieder nur das Ergebnis einer unerschütterlichen inneren Überzeugung von der Uneigennützigkeit und
Redlichkeit der Regierung und Verwaltung eines Landes sowie die Übereinstimmung des Sinnes der
Gesetze mit dem Gefühl der allgemeinen Moralanschauung. Denn auf die Dauer werden
Regierungssysteme nicht gehalten durch den Druck der Gewalt, sondern durch den Glauben an ihre
Güte und an die Wahrhaftigkeit in der Vertretung und Förderung der Interessen eines Volkes.
×
[310 Die tiefste Ursache des Zusammenbruchs]
So schwer also gewisse Schaden in der Vorkriegszeit die innere Stärke der Nation auch anfraßen und
auszuhöhlen drohten, so darf man nicht vergessen, daß andere Staaten an den meisten dieser
Krankheiten noch mehr litten als Deutschland und dennoch in der kritischen Stunde der Gefahr nicht
versagten und zugrunde gingen. Wenn man aber bedenkt, daß den deutschen Schwächen vor dem Kriege
auch ebenso große Stärken gegenüberstanden, so kann und muß die letzte Ursache des Zusammenbruchs
noch auf einem anderen Gebiete liegen; und dies ist auch der Fall.
Der tiefste und letzte Grund des Unterganges des alten Reiches lag im Nichterkennen des
Rasseproblems und seiner Bedeutung für die geschichtliche Entwicklung der Völker. Denn alle
Geschehnisse im Völkerleben sind nicht Äußerungen des Zufalls, sondern naturgesetzliche Vorgänge
des Dranges der Selbsterhaltung und Mehrung von Art und Rasse, auch wenn sich die Menschen des
inneren Grundes ihres Handelns nicht bewußt zu werden vermögen.
[311]

11. Kapitel:
Volk und Rasse
Es gibt Wahrheiten, die so sehr auf der Straße liegen, daß sie gerade deshalb von der gewöhnlichen Welt
nicht gesehen oder wenigstens nicht erkannt werden. Sie geht an solchen Binsenwahrheiten manchmal
wie blind vorbei und ist auf das höchste erstaunt, wenn plötzlich jemand entdeckt, was doch alle wissen
müßten. Es liegen die Eier des Kolumbus zu Hunderttausenden herum, nur die Kolumbusse sind eben
seltener zu treffen.
So wandern die Menschen ausnahmslos im Garten der Natur umher, bilden sich ein, fast alles zu kennen
und zu wissen, und gehen doch mit wenigen Ausnahmen wie blind an einem der hervorstechendsten
Grundsätze ihres Waltens vorbei: der inneren Abgeschlossenheit der Arten sämtlicher Lebewesen dieser
Erde.
Schon die oberflächliche Betrachtung zeigt als nahezu ehernes Grundgesetz all der unzähligen
Ausdrucksformen des Lebenswillens der Natur ihre in sich begrenzte Form der Fortpflanzung und
Vermehrung. Jedes Tier paart sich nur mit einem Genossen der gleichen Art. Meise geht zu Meise, Fink
zu Fink, der Storch zur Störchin, Feldmaus zu Feldmaus, Hausmaus zu Hausmaus, der Wolf zur Wölfin
usw.
Nur außerordentliche Umstände vermögen dies zu ändern, in erster Linie der Zwang der Gefangenschaft
sowie eine sonstige Unmöglichkeit der Paarung innerhalb der gleichen Art. Dann aber beginnt die Natur
sich auch mit allen Mitteln dagegen zu stemmen, und ihr sichtbarster Protest besteht entweder in der
Verweigerung der weiteren Zeugungsfähigkeit für die Bastarde, oder sie schränkt die Fruchtbar-
[312 Die Rasse]
keit der späteren Nachkommen ein; in den meisten Fällen aber raubt sie die Widerstandsfähigkeit gegen
Krankheit oder feindliche Angriffe.
Das ist nur zu natürlich.
Jede Kreuzung zweier nicht ganz gleich hoher Wesen gibt als Produkt ein Mittelding zwischen der Höhe
der beiden Eltern. Das heißt also: das Junge wird wohl höher stehen als die rassisch niedrigere Hälfte
des Elternpaares, allein nicht so hoch wie die höhere. Folglich wird es im Kampf gegen diese höhere
später unterliegen. Solche Paarung widerspricht aber dem Willen der Natur zur Höherzüchtung des
Lebens überhaupt. Die Voraussetzung hierzu liegt nicht im Verbinden von Höher- und Minderwertigem,
sondern im restlosen Siege des ersteren. Der Stärkere hat zu Herrschen und sich nicht mit dem
Schwächeren zu verschmelzen, um so die eigene Größe zu opfern. Nur der geborene Schwächling kann
dies als grausam empfinden, dafür aber ist er auch nur ein schwacher und beschränkter Mensch; denn
würde dieses Gesetz nicht Herrschen, wäre ja jede vorstellbare Höherentwicklung aller organischen
Lebewesen undenkbar.
Die Folge dieses in der Natur allgemein gültigen Triebes zur Rassenreinheit ist nicht nur die scharfe
Abgrenzung der einzelnen Rassen nach außen, sondern auch ihre gleichmäßige Wesensart in sich selber.
Der Fuchs ist immer ein Fuchs, die Gans eine Gans, der Tiger ein Tiger usw., und der Unterschied kann
höchstens im verschiedenen Maße der Kraft, der Stärke, der Klugheit, Gewandtheit, Ausdauer usw. der
einzelnen Exemplare liegen. Es wird aber nie ein Fuchs zu finden sein, der seiner inneren Gesinnung
nach etwa humane Anwandlungen Gänsen gegenüber haben könnte, wie es ebenso auch keine Katze
gibt mit freundlicher Zuneigung zu Mäusen.
Daher entsteht auch hier der Kampf untereinander weniger infolge innerer Abneigung etwa als vielmehr
aus Hunger und Liebe. In beiden Fällen sieht die Natur ruhig, ja befriedigt zu. Der Kampf um das
tägliche Brot läßt alles Schwache und Kränkliche, weniger Entschlossene un-
[313 Die Rasse]
terliegen, während der Kampf der Männchen um das Weibchen nur dem Gesündesten das
Zeugungsrecht oder doch die Möglichkeit hierzu gewährt. Immer aber ist der Kampf ein Mittel zur
Förderung der Gesundheit und Widerstandskraft der Art und mithin eine Ursache zur Höherentwicklung
derselben.
Wäre der Vorgang ein anderer, würde jede Weiter- und Höherbildung aufhören und eher das Gegenteil
eintreten. Denn da das Minderwertige der Zahl nach gegenüber dem Besten immer überwiegt, würde bei
gleicher Lebenserhaltung und Fortpflanzungsmöglichkeit das Schlechtere sich so viel schneller
vermehren, daß endlich das Beste zwangsläufig in den Hintergrund treten müßte. Eine Korrektur
zugunsten des Besseren muß also vorgenommen werden. Diese aber besorgt die Natur, indem sie den
schwächeren Teil so schweren Lebensbedingungen unterwirft, daß schon durch sie die Zahl beschränkt
wird, den Überrest aber endlich nicht wahllos zur Vermehrung zuläßt, sondern hier eine neue,
rücksichtslose Auswahl nach Kraft und Gesundheit trifft.
So wenig sie aber schon eine Paarung von schwächeren Einzelwesen mit stärkeren wünscht, soviel
weniger noch die Verschmelzung von höherer Rasse mit niederer, da ja andernfalls ihre ganze sonstige,
vielleicht jahrhunderttausendelange Arbeit der Höherzüchtung mit einem Schlage wieder hinfällig wäre.
Die geschichtliche Erfahrung bietet hierfür zahllose Belege. Sie zeigt in erschreckender Deutlichkeit,
daß bei jeder Blutvermengung des Ariers mit niedrigeren Völkern als Ergebnis das Ende des
Kulturträgers herauskam. Nordamerika, dessen Bevölkerung zum weitaus größten Teile aus
germanischen Elementen besteht, die sich nur sehr wenig mit niedrigeren farbigen Völkern vermischten,
zeigt eine andere Menschheit und Kultur als Zentral- und Südamerika, in dem die hauptsächlich
romanischen Einwanderer sich in manchmal großem Umfange mit den Ureinwohnern vermengt hatten.
An diesem einen Beispiele schon vermag man die Wirkung der Rassenvermischung klar und deutlich zu
erkennen. Der rassisch rein und unvermischt gebliebene Ger-
[314 Das Ergebnis der Rassenkreuzung]
mane des amerikanischen Kontinents ist zum Herrn desselben aufgestiegen; er wird der Herr so lange
bleiben, so lange nicht auch er der Blutschande zum Opfer fällt.
Das Ergebnis jeder Rassenkreuzung ist also, ganz kurz gesagt immer folgendes:a) Niedersenkung des
Niveaus der höheren Rasse,b) körperlicher und geistiger Rückgang und damit der Beginn eines, wenn
auch langsam, so doch sicher fort. schreitenden Siechtums.
Eine solche Entwicklung herbeiführen, heißt aber denn doch nichts anderes, als Sünde treiben wider den
Willen des ewigen Schöpfers.
Als Sünde aber wird diese Tat auch gelohnt.
Indem der Mensch versucht, sich gegen die eiserne Logik der Natur aufzubäumen, gerät er in Kampf mit
den Grundsätzen, denen auch er selber sein Dasein als Mensch allein verdankt. So muß sein Handeln
gegen die Natur zu seinem eigenen Untergang führen.
Hier freilich kommt der echt judenhaft freche, aber ebenso dumme Einwand des modernen Pazifisten:
"Der Mensch überwindet eben die Natur!" Millionen plappern diesen jüdischen Unsinn gedankenlos
nach und bilden sich am Ende wirklich ein, selbst eine Art von Naturüberwindern darzustellen; wobei
ihnen jedoch als Waffe nichts weiter als eine Idee zur Verfügung steht, noch dazu aber eine so
miserable, daß sich nach ihr wirklich keine Welt vorstellen ließe.
Allein ganz abgesehen davon, daß der Mensch die Natur noch in keiner Sache überwunden hat, sondern
höchstens das eine oder andere Zipfelchen ihres ungeheuren, riesenhaften Schleiers von ewigen Rätseln
und Geheimnissen erwischte und emporzuheben versuchte, daß er in Wahrheit nichts erfindet, sondern
alles nur entdeckt, daß er nicht die Natur beHerrscht, sondern nur auf Grund der Kenntnis einzelner
Naturgesetze und Geheimnisse zum Herrn derjenigen anderen Lebewesen aufgestiegen ist, denen dieses
Wissen eben fehlt — also ganz abgesehen davon, kann eine Idee nicht die Voraussetzungen zum
Werden und Sein der Menschheit
[315 Mensch und Idee]
überwinden, da die Idee selber ja nur vom Menschen abhingt. Ohne Menschen gibt es keine
menschliche Idee auf dieser Welt, mithin ist die Idee als solche doch immer bedingt durch das
Vorhandensein der Menschen und damit all der Gesetze, die zu diesem Dasein die Voraussetzung schuf
en.
Und nicht nur das! Bestimmte Ideen sind sogar an bestimmte Menschen gebunden. Dies gilt am
allermeisten gerade für solche Gedanken, deren Inhalt nicht in einer exakten wissenschaftlichen
Wahrheit, sondern in der Welt des Gefühls seinen Ursprung hat oder, wie man sich heute so schön und
klar auszudrücken pflegt, ein "inneres Erleben" wiedergibt. All diese Ideen, die mit kalter Logik an sich
nichts zu tun haben, sondern reine Gefühlsäußerungen, ethische Vorstellungen usw. darstellen, sind
gefesselt an das Dasein der Menschen, deren geistiger Vorstellungs- und Schöpferkraft sie ihre eigene
Existenz verdanken. Gerade dann aber ist doch die Erhaltung dieser bestimmten Rassen und Menschen
die Vorbedingung zum Bestande dieser Ideen. Wer z. B. den Sieg des pazifistischen Gedankens in dieser
Welt wirklich von Herzen wünschen wollte, müßte sich mit allen Mitteln für die Eroberung der Welt
durch die Deutschen einsetzen; denn wenn es umgekehrt kommen sollte, würde sehr leicht mit dem
letzten Deutschen auch der letzte Pazifist aussterben, da die andere Welt auf diesen natur- und
vernunftwidrigen Unsinn kaum je so tief hereingefallen ist als leider unser eigenes Volk. Man müßte
sich also wohl oder übel bei ernstem Willen entschließen, Kriege zu führen, um zum Pazifismus zu
kommen. Dies und nichts anderes hatte der amerikanische Weltheiland Wilson auch beabsichtigt, so
wenigstens glaubten unsere deutschen Phantasten — womit ja dann der Zweck erreicht war.
Tatsächlich ist die pazifistisch-humane Idee vielleicht ganz gut dann, wenn der höchststehende Mensch
sich vorher die Welt in einem Umfange erobert und unterworfen hat, der ihn zum alleinigen Herrn dieser
Erde macht. Es fehlt dieser Idee dann die Möglichkeit einer schädlichen Auswirkung in eben dem Maße,
in dem ihre praktische Anwendung selten und endlich unmöglich wird. Also erst Kampf und
[316 Rasse und Kultur]
dann vielleicht Pazifismus. Im anderen Falle hat die Menschheit den Höhepunkt ihrer Entwicklung
überschritten, und das Ende ist nicht die Herrschaft irgendeiner ethischen, Idee, sondern Barbarei und in
der Folge Chaos. Es mag hier natürlich der eine oder andere lachen, allein dieser Planet zog schon
Jahrmillionen durch den Äther ohne Menschen, und er kann einst wieder so dahinziehen, wenn die
Menschen vergessen, daß sie ihr höheres Dasein nicht den Ideen einiger verrückter Ideologen, sondern
der Erkenntnis und rücksichtslosen Anwendung eherner Naturgesetze verdanken.
Alles, was wir heute auf dieser Erde bewundern Wissenschaft und Kunst, Technik und Erfindungen —
ist nur das schöpferische Produkt weniger Völker und vielleicht ursprünglich einer Rasse. Von ihnen
hängt auch der Bestand dieser ganzen Kultur ab. Gehen sie zugrunde, so sinkt mit ihnen die Schönheit
dieser Erde ins Grab.
Wie sehr auch zum Beispiel der Boden die Menschen zu beeinflussen vermag, so wird doch das
Ergebnis des Einflusses immer verschieden sein, je nach den in Betracht kommenden Rassen. Die
geringe Fruchtbarkeit eines Lebensraumes mag die eine Rasse zu höchsten Leistungen anspornen, bei
einer anderen wird sie nur die Ursache zu bitterster Armut und endlicher Unterernährung mit all ihren
Folgen. Immer ist die innere Veranlagung der Völker bestimmend für die Art der Auswirkung äußerer
Einflüsse. Was bei den einen zum Verhungern führt, erzieht die anderen zu harter Arbeit.
Alle großen Kulturen der Vergangenheit gingen nur zugrunde, weil die ursprünglich schöpferische
Rasse an Blutvergiftung abstarb.
Immer war die letzte Ursache eines solchen Unterganges das Vergessen, daß alle Kultur vom Menschen
abhingt und nicht umgekehrt, daß also, um eine bestimmte Kultur zu bewahren, der sie erschaffende
Mensch erhalten werden muß.
Diese Erhaltung aber ist gebunden an das eherne Gesetz der Notwendigkeit und des Rechtes des Sieges
des Besten und Stärkeren.
[317 Der Arier als Kulturbegründer]
Wer leben will, der kämpfe also, und wer nicht streiten will in dieser Welt des ewigen Ringens, verdient
das Leben nicht.
Selbst wenn dies hart wäre — es ist nun einmal so! Sicher jedoch ist das weitaus härteste Schicksal
jenes, das den Menschen trifft, der die Natur glaubt überwinden zu können und sie im Grunde
genommen doch nur verhöhnt. Not, Unglück und Krankheiten sind dann ihre Antwort!Der Mensch, der
die Rassengesetze verkennt und mißachtet, bringt sich wirklich um das Glück, das ihm bestimmt
erscheint. Er verhindert den Siegeszug der besten Rasse und damit aber auch die Vorbedingung zu allem
menschlichen Fortschritt. Er begibt sich in der Folge, belastet mit der Empfindlichkeit des Menschen,
ins Bereich des hilflosen Tieres.
×
Es ist ein müßiges Beginnen, darüber zu streiten, welche Rasse oder Rassen die ursprünglichen Träger
der menschlichen Kultur waren und damit die wirklichen Begründer dessen, was wir mit dem Worte
Menschheit alles umfassen. Einfacher ist es, sich diese Frage für die Gegenwart zu stellen, und hier
ergibt sich auch die Antwort leicht und deutlich. Was wir heute an menschlicher Kultur, an Ergebnissen
von Kunst, Wissenschaft und Technik vor uns sehen, ist nahezu ausschließlich schöpferisches Produkt
des Ariers. Gerade diese Tatsache aber läßt den nicht unbegründeten Rückschluß zu, daß er allein der
Begründer höheren Menschentums überhaupt war, mithin den Urtyp dessen darstellt, was wir unter dem
Worte "Mensch" verstehen. Er ist der Prometheus der Menschheit, aus dessen lichter Stirne der göttliche
Funke des Genies zu allen Zeiten hervorsprang, immer von neuem jenes Feuer entzündend, das als
Erkenntnis die Nacht der schweigenden Geheimnisse aufhellte und den Menschen so den Weg zum
BeHerrscher der anderen Wesen dieser Erde emporsteigen ließ. Man schalte ihn aus — und tiefe
Dunkelheit wird vielleicht schon nach wenigen Jahrtausen-
[318 Der Arier als Kulturbegründer]
den sich abermals auf die Erde senken, die menschliche Kultur würde vergehen und die Welt veröden.
Würde man die Menschheit in drei Arten einteilen: in Kulturbegründer, Kulturträger und
Kulturzerstörer, dann käme als Vertreter der ersten wohl nur der Arier in Frage. Von ihm stammen die
Fundamente und Mauern aller menschlichen Schöpfungen, und nur die äußere Form und Farbe ist
bedingt durch die jeweiligen Charakterzüge der einzelnen Völker. Er liefert die gewaltigen Bausteine
und Plane zu allem menschlichen Fortschritt, und nur die Ausführung entspricht der Wesensart der
jeweiligen Rassen. In wenigen Jahrzehnten wird zum Beispiel der ganze Osten Asiens eine Kultur sein
eigen nennen, deren letzte Grundlage ebenso hellenischer Geist und germanische Technik sein wird, wie
dies bei uns der Fall ist. Nur die äußere Form wird — zum Teil wenigstens — die Züge asiatischer
Wesensart tragen. Es ist nicht so, wie manche meinen, daß Japan zu seiner Kultur europäische Technik
nimmt, sondern die europäische Wissenschaft und Technik wird mit japanischen Eigenarten verbrämt.
Die Grundlage des tatsächlichen Lebens ist nicht mehr die besondere japanische Kultur — obwohl sie
— weil äußerlich infolge des inneren Unterschiedes für den Europäer mehr in die Augen springend —
die Farbe des Lebens bestimmt, sondern die gewaltige wissenschaftlich-technische Arbeit Europas und
Amerikas, also arischer Völker. Auf diesen Leistungen allein kann auch der Osten dem allgemeinen
menschlichen Fortschritt folgen. Dies ergibt die Grundlage des Kampfes um das tägliche Brot, schafft
Waffen und Werkzeuge dafür, und nur die äußere Aufmachung wird allmählich dem japanischen Wesen
angepaßt.
Würde ab heute jede weitere arische Einwirkung auf Japan unterbleiben, angenommen Europa und
Amerika zugrunde gehen, so könnte eine kurze Zeit noch der heutige Aufstieg Japans in Wissenschaft
und Technik anhalten; allein schon in wenigen Jahren würde der Brunnen Siegen, die japanische
Eigenart gewinnen, aber die neue Kultur erstarren und wieder in den Schlaf zurück-
[319 Der Arier als Kulturbegründer]
sinken, aus dem sie vor sieben Jahrzehnten durch die arische Kulturwelle aufgescheucht wurde. Daher
ist, genau so wie die heutige japanische Entwicklung arischem Ursprung das Leben verdankt, auch einst
in grauer Vergangenheit fremder Einfluß und fremder Geist der Erwecker der damaligen japanischen
Kultur gewesen. Den besten Beweis hierfür liefert die Tatsache der späteren Verknöcherung und
vollkommenen Erstarrung derselben. Sie kann bei einem Volke nur eintreten, wenn der ursprünglich
schöpferische Rassekern verlorenging oder die äußere Einwirkung später fehlte, die den Anstoß und das
Material zur ersten Entwicklung auf kulturellem Gebiet gab. Steht aber fest, das ein Volk seine Kultur in
den wesentlichsten Grundstoffen von fremden Rassen erhält, aufnimmt und verarbeitet, um dann nach
dem Ausbleiben weiteren äußeren Einflusses immer wieder zu erstarren, kann man solch eine Rasse
wohl als eine "kulturtragende", aber niemals als eine "kulturschöpferische" bezeichnen.
Eine Prüfung der einzelnen Völker von diesem Gesichtspunkte aus ergibt die Tatsache, daß es sich fast
durchweg nicht um ursprünglich kulturbegründende, sondern fast immer um kulturtragende handelt.
Immer ergibt sich etwa folgendes Bild ihrer Entwicklung:Arische Stämme unterwerfen — häufig in
wahrhaft lächerlich geringer Volkszahl — fremde Völker und entwickeln nun, angeregt durch die
besonderen Lebensverhältnisse des neuen Gebietes (Fruchtbarkeit, klimatische Zustände usw.) sowie
begünstigt durch die Menge der zur Verfügung stehenden Hilfskräfte an Menschen niederer Art, ihre in
ihnen schlummernden geistigen und organisatorischen Fähigkeiten. Sie erschaffen in oft wenigen
Jahrtausenden, ja Jahrhunderten, Kulturen, die ursprünglich vollständig die inneren Züge ihres Wesens
tragen, angepaßt den oben schon angedeuteten besonderen Eigenschaften des Bodens sowie der
unterworfenen Menschen. Endlich aber vergehen sich die Eroberer gegen das im Anfang eingehaltene
Prinzip der Reinhaltung ihres Blutes, beginnen sich mit den unterjochten Einwohnern zu vermischen
und beenden da-
[320 Der Arier als Kulturbegründer]
mit ihr eigenes Dasein; denn dem Sündenfall im Paradiese folgte noch immer die Vertreibung aus
demselben.
Nach tausend Jahren und mehr zeigt sich dann oft die letzte sichtbare Spur des einstigen Herrenvolkes
im helleren Hautton, den sein Blut der unterjochten Rasse hinterließ, und in einer erstarrten Kultur, die,
es als ursprüngliche Schöpferin einst begründet hatte. Denn so wie der tatsächliche und geistige
Eroberer im Blut der Unterworfenen verlorenging, verlor sich auch der Brennstoff für die Fackel des
menschlichen Kulturfortschrittes! Wie die Farbe durch das Blut der ehemaligen Herren einen leisen
Schimmer als Erinnerung an diese beibehielt, so ist auch die Nacht des kulturellen Lebens milde
aufgehellt durch die gebliebenen Schöpfungen der einstigen Lichtbringer. Die leuchten durch all die
wiedergekommene Barbarei hindurch und erwecken bei dem gedankenlosen Betrachter des
Augenblickes nur zu oft die Meinung, das Bild des jetzigen Volkes vor sich zu sehen, während es nur
der Spiegel der Vergangenheit ist, in den er blickt.
Es kann dann vorkommen, daß solch ein Volk ein zweites Mal, ja selbst noch öfter, während seiner
Geschichte mit der Rasse seiner einstigen Kulturbringer in Berührung gerät, ohne daß eine Erinnerung
an frühere Begegnungen noch vorhanden zu sein braucht. Unbewußt wird der Rest des einstigen
Herrenblutes sich der neuen Erscheinung zuwenden, und was erst nur dem Zwange möglich war, kann
nun dem eigenen Willen gelingen. Eine neue Kulturwelle hält ihren Einzug und dauert so lange an, bis
ihre Träger wieder im Blute fremder Völker untergehen.
Es wird die Aufgabe einer künftigen Kultur- und Weltgeschichte sein, in diesem Sinne zu forschen und
nicht in der Wiedergabe äußerer Tatsachen zu ersticken, wie dies bei unserer heutigen
Geschichtswissenschaft leider nur zu oft der Fall ist.
Schon ans dieser Skizze der Entwicklung "kulturtragender" Nationen ergibt sich aber auch das Bild des
Werdens, Wirkens und — Vergehens der wahrhaften Kulturbegründer dieser Erde, der Arier selber.

[321 Der Arier als Kulturbegründer]
So wie im täglichen Leben das sogenannte Genie eines besonderen Anlasses, ja oft eines förmlichen
Anstoßes bedarf, um zum Leuchten gebracht zu werden, so im Völkerleben auch die geniale Rasse. Im
Einerlei des Alltags pflegen oft auch bedeutende Menschen unbedeutend zu erscheinen und kaum aber
den Durchschnitt ihrer Umgebung herauszuragen; sobald jedoch eine Lage an sie herantritt, in der
andere verzagen oder irre würden, wächst aus dem unscheinbaren Durchschnittskind die geniale Natur
er. sichtlich empor, nicht selten zum Erstaunen aller derjenigen, die es bisher in der Kleinheit des
bürgerlichen Lebens sahen — daher denn auch der Prophet im eigenen Lande selten etwas zu gelten
pflegt. Dies zu beobachten, hat man nirgends mehr Gelegenheit als im Kriege. Aus scheinbar harmlosen
Kindern schießen plötzlich in Stunden der Not, da andere verzagen, Helden empor von todesmutiger
Entschlossenheit und eisiger Kühle der Überlegung. Wäre diese Stunde der Prüfung nicht gekommen, so
hätte kaum jemand geahnt, daß in dem bartlosen Knaben ein junger Held verborgen ist. Fast immer
bedarf es irgendeines Anstoßes, um das Genie auf den Plan zu rufen. Der Hammerschlag des Schicksals,
der den einen zu Boden wirft, schlägt bei dem anderen plötzlich auf Stahl, und indem die Hölle des
Alltags zerbricht, liegt vor den Augen der staunenden Welt der bisher verborgene Kern offen zutage.
Diese sträubt sich dann und will es nicht glauben, daß die ihr scheinbar gleiche Art plötzlich ein anderes
Wesen sein soll; ein Vorgang, der sich wohl bei jedem bedeutenden Menschenkinde wiederholt.
Obwohl ein Erfinder zum Beispiel seinen Ruhm erst am Tage seiner Erfindung begründet, so ist es doch
irrig, zu denken, daß auch die Genialität an sich erst zu dieser Stunde in den Mann gefahren wäre — der
Funke des Genies ist seit der Stunde der Geburt in der Stirne des wahrhaft schöpferisch veranlagten
Menschen vorhanden. Wahre Genialität ist immer angeboren und niemals anerzogen oder gar angelernt.
Dies gilt aber, wie schon betont, nicht nur für den ein-
[322 Der Arier als Kulturbegründer]
zelnen Menschen, sondern auch für die Rasse. Schöpferisch tätige Völker sind von jeher und von Grund
aus schöpferisch veranlagt, auch wenn dies den Augen oberflächlicher Betrachter nicht erkenntlich sein
sollte. Auch hier ist die äußere Anerkennung immer nur im Gefolge vollbrachter Taten möglich, da die
übrige Welt ja nicht fähig ist, die Genialität an sich zu erkennen, sondern nur deren sichtbare
Äußerungen in der Form von Erfindungen, Entdeckungen, Bauten, Bildern usw. sieht; aber auch hier
dauert es oft noch lange Zeit, bis sie sich zu dieser Kenntnis durchzuringen vermag. Genau so wie im
Leben des einzelnen bedeutenden Menschen die geniale oder doch außerordentliche Veranlagung, erst
durch besondere Anlässe angetrieben, nach ihrer praktischen Verwirklichung strebt, kann auch im Leben
der Völker die wirkliche Verwertung vorhandener schöpferischer Kräfte und Fähigkeiten oft erst
erfolgen, wenn bestimmte Voraussetzungen hierzu einladen.
Am deutlichsten sehen wir dieses an der Rasse, die Träger der menschlichen Kulturentwicklung war und
ist — an den Ariern. Sobald sie das Schicksal besonderen Verhältnissen entgegenführt, beginnen sich
ihre vorhandenen Fähigkeiten in immer schnellerer Folge zu entwickeln und in greifbare Formen zu
gießen. Die Kulturen, die sie in Solchen Fällen begründen, werden fast immer maßgebend bestimmt
durch den vorhandenen Boden, das gegebene Klima und — die unterworfenen Menschen. Dieses letzte
allerdings ist fast das ausschlaggebendste. Je primitiver die technischen Voraussetzungen zu einer
Kulturbetätigung sind, um so notwendiger ist das Vorhandensein menschlicher Hilfskräfte, die dann,
organisatorisch zusammengefaßt und angewandt, die Kraft der Maschine zu ersetzen haben. Ohne diese
Möglichkeit der Verwendung niederer Menschen hätte der Arier niemals die ersten Schritte zu seiner
späteren Kultur zu machen vermocht; genau so, wie er ohne die Hilfe einzelner geeigneter Tiere, die er
sich zu zähmen verstand, nicht zu einer Technik gekommen wäre, die ihm jetzt gerade diese Tiere
langsam zu entbehren gestattet. Das Wort: "Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann
gehen"
[323 Der Arier als Kulturbegründer]
hat leider seine nur zu tiefe Bedeutung. Jahrtausendelang mußte das Pferd dem Menschen dienen und
mithelfen, die Grundlagen einer Entwicklung zu legen, die nun infolge des Kraftwagens das Pferd selber
überflüssig macht. In wenigen Jahren wird es seine Tätigkeit eingestellt haben, allein ohne seine frühere
Mitarbeit wäre der Mensch viel. leicht nur schwer dorthin gekommen, wo er heute ist.
So war für die Bildung höherer Kulturen das Vorhandensein niederer Menschen eine der wesentlichsten
Voraussetzungen, indem nur sie den Mangel technischer Hilfsmittel, ohne die aber eine höhere
Entwicklung gar nicht denkbar ist, zu ersetzen vermochten. Sicher fußte die erste Kultur der Menschheit
weniger auf dem gezähmten Tier als vielmehr auf der Verwendung niederer Menschen.
Erst nach Versklavung unterworfener Rassen begann das gleiche Schicksal auch Tiere zu treffen und
nicht umgekehrt, wie manche wohl glauben möchten. Denn zuerst ging der Besiegte vor dem Pfluge —
und erst nach ihm das Pferd. Nur pazifistische Narren aber vermögen dies wieder als Zeichen
menschlicher Verworfenheit anzusehen, ohne sich darüber klar zu werden, daß diese Entwicklung eben
stattfinden mußte, um endlich an die Stelle zu gelangen, von wo aus heute diese Apostel ihre Salbaderei
in die Welt setzen können.
Der Fortschritt der Menschheit gleicht dem Aufstiege auf einer endlosen Leiter; man kommt eben nicht
höher, ohne erst die unteren Stufen genommen zu haben. So mußte der Arier den Weg schreiten, den
ihm die Wirklichkeit wies, und nicht den, von dem die Phantasie eines modernen Pazifisten träumt. Der
Weg der Wirklichkeit aber ist hart und schwer, allein er führt endlich dorthin, wo der andere die
Menschen gerne hinträumen möchte, von wo er sie aber leider in Wahrheit eher noch entfernt, als daß er
sie näherbringt.
Es ist also kein Zufall, daß die ersten Kulturen dort entstanden, wo der Arier im Zusammentreffen mit
niederen Völkern diese unterjochte und seinem Willen untertan
[324 Folgen der Blutsvermischung]
machte. Sie waren dann das erste technische Instrument im Dienste einer werdenden Kultur.
Damit aber war der Weg, den der Arier zu gehen hatte, klar vorgezeichnet. Als Eroberer unterwarf er
sich die niederen Menschen und regelte dann deren praktische Betätigung unter seinem Befehl, nach
seinem Wollen und für seine Ziele. Allein, indem er sie so einer nützlichen, wenn auch harten Tätigkeit
zuführte, schonte er nicht nur das Leben der Unterworfenen, sondern gab ihnen vielleicht sogar ein Los,
das besser war als das ihrer früheren sogenannten "Freiheit". Solange er den Herrenstandpunkt
rücksichtslos aufrechterhielt, blieb er nicht nur wirklich der Herr, sondern auch der Erhalter und
Vermehrer der Kultur. Denn diese beruhte ausschließlich auf seinen Fähigkeiten und damit auf seiner
Erhaltung an sich. Sowie die Unterworfenen sich selber zu heben begannen und wahrscheinlich auch
sprachlich dem Eroberer sich näherten, fiel die scharfe Scheidewand zwischen Herr und Knecht. Der
Arier gab die Reinheit Beines Blutes auf und verlor dafür den Aufenthalt im Paradiese, das er sich selbst
geschaffen hatte. Er sank unter in der Rassenvermischung, verlor allmählich immer mehr seine
kulturelle Fähigkeit, bis er endlich nicht nur geistig, sondern auch körperlich den Unterworfenen und
Ureinwohnern mehr zu gleichen begann als seinen Vorfahren. Eine Zeitlang konnte er noch von den
vorhandenen Kulturgütern zehren, dann aber trat Erstarrung ein, und er verfiel endlich der
Vergessenheit.
So brechen Kulturen und Reiche zusammen, um neuen Gebilden den Platz freizugeben.
Die Blutsvermischung und das dadurch bedingte Senken des Rassenniveaus ist die alleinige Ursache des
Absterbens aller Kulturen; denn die Menschen gehen nicht an verlorenen Kriegen zugrunde, sondern am
Verlust jener Widerstandskraft, die nur dem reinen Blute zu eigen ist.
Was nicht gute Rasse ist auf dieser Welt, ist Spreu.
Alles weltgeschichtliche Geschehen ist aber nur die Äußerung des Selbsterhaltungstriebes der Rassen im
guten oder schlechten Sinne.
×
[325 Ursachen der Bedeutung des Ariers]
Die Frage nach den inneren Ursachen der überragenden Bedeutung des Ariertums kann dahin
beantwortet werden, daß diese weniger in einer stärkeren Veranlagung des Selbsterhaltungstriebes an
sich zu suchen sind, als vielmehr in der besonderen Art der Äußerung desselben. Der Wille zum Leben
ist, subjektiv betrachtet, überall gleich groß und nur in der Form der tatsächlichen Auswirkung
verschieden.
Bei den ursprünglichsten Lebewesen geht der Selbsterhaltungstrieb aber die Sorge um das eigene Ich
nicht hinaus. Der Egoismus, wie — wir diese Sucht bezeichnen, geht hier so weit, daß er selbst die Zeit
umfaßt, so daß der Augenblick selber wieder alles beansprucht und nichts den kommenden Stunden
gönnen will. Das Tier lebt in diesem Zustande nur für sich, sucht Futter nur für den jeweiligen Hunger
und kämpft nur um das eigene Leben. Solange sich aber der Selbsterhaltungstrieb in dieser Weise
äußert, fehlt jede Grundlage zur Bildung eines Gemeinwesens, und wäre es selbst die primitivste Form
der Familie. Schon die Gemeinschaft zwischen Männchen und Weibchen über die reine Paarung hinaus
fordert eine Erweiterung des Selbsterhaltungstriebes, indem die Sorge und der Kampf um das eigene Ich
sich auch dem zweiten Teile zuwendet; das Männchen sucht manchmal auch für das Weibchen Futter,
meist aber suchen beide für die Jungen Nahrung. Für den Schutz des einen tritt fast immer das andere
ein, so daß sich hier die ersten, wenn auch unendlich einfachen Formen eines Opfersinnes ergeben.
Sowie sich dieser Sinn aber die Grenzen des engen Rahmens der Familie erweitert, ergibt sich die
Voraussetzung zur Bildung größerer Verbände und dann endlich förmlicher Staaten.
Bei den niedrigsten Menschen der Erde ist diese Eigenschaft nur in sehr geringem Umfange vorhanden,
so daß es aber Bildung der Familie oft nicht hinauskommt. Je größer dann die Bereitwilligkeit des
Zurückstellens rein persönlicher Interessen wird, um so mehr steigt auch die Fähigkeit zur Errichtung
umfassender Gemeinwesen.
Dieser Aufopferungswille zum Einsatz der persönlichen Arbeit und, wenn nötig, des eigenen Lebens für
andere ist
[326 Dienst an der Gemeinschaft]
am stärksten beim Arier ausgebildet. Der Arier ist nicht in seinen geistigen Eigenschaften an sich am
größten, sondern im Ausmaße der Bereitwilligkeit, alle Fähigkeiten in den Dienst der Gemeinschaft zu
stellen. Der Selbsterhaltungstrieb hat bei ihm die edelste Form erreicht, indem er das eigene Ich dem
Leben der Gesamtheit willig unterordnet und, wenn die Stunde es erfordert, auch zum Opfer bringt.
Nicht in den intellektuellen Gaben liegt die Ursache der kulturbildenden und -aufbauenden Fähigkeit des
Ariers. Hätte er nur diese allein, würde er damit immer nur zerstörend wirken können, auf keinen Fall
aber organisierend; denn das innerste Wesen jeder Organisation beruht darauf, daß der einzelne auf die
Vertretung seiner persönlichen Meinung sowohl als seiner Interessen verzichtet und beides zugunsten
einer Mehrzahl von Menschen opfert. Erst aber dem Umweg dieser Allgemeinheit erhält er dann seinen
Teil wieder zurück. Er arbeitet nun z. B. nicht mehr unmittelbar für sich selbst, sondern gliedert sich mit
seiner Tätigkeit in den Rahmen der Gesamtheit ein, nicht nur zum eigenen Nutzen, sondern zum Nutzen
aller. Die wunderbarste Erläuterung dieser Gesinnung bietet sein Wort "Arbeit", unter dem er
keineswegs eine Tätigkeit zum Lebenserhalt an sich versteht, sondern nur ein Schaffen, das nicht den
Interessen der Allgemeinheit widerspricht. Im anderen Falle bezeichnet er das menschliche Wirken,
sofern es dem Selbsterhaltungstriebe ohne Rücksicht auf das Wohl der Mitwelt dient, als Diebstahl,
Wucher, Raub, Einbruch usw. Diese Gesinnung, die das Interesse des eigenen Ichs zugunsten der
Erhaltung der Gemeinschaft zurücktreten läßt, ist wirklich die erste Voraussetzung für jede wahrhaft
menschliche Kultur. Nur aus ihr heraus vermögen alle die großen Werke der Menschheit zu entstehen,
die dem Gründer wenig Lohn, der Nachwelt aber reichsten Segen bringen. ja, aus ihr allein heraus kann
man verstehen, wie so viele ein kärgliches Leben in Redlichkeit zu ertragen vermögen, das ihnen selber
nur Armut und Bescheidenheit auferlegt, der Gesamtheit aber die Grundlagen des Daseins
[327 Aufopferungsfähigkeit für die Gesamtheit]
sichert. Jeder Arbeiter, jeder Bauer, jeder Erfinder, Beamte usw., der schafft, ohne selber je zu Glück
und Wohlstand gelangen zu können, ist ein Träger dieser hohen Idee, auch wenn der tiefere Sinn seines
Handelns ihm immer verborgen bliebe.
Was aber für die Arbeit als Grundlage menschlicher Ernährung und alles menschlichen Fortschrittes gilt,
tritt in noch höherem Maße zu für den Schutz des Menschen und seiner Kultur. In der Hingabe des
eigenen Lebens für die Existenz der Gemeinschaft liegt die Krönung alles Opfersinnes. Nur dadurch
wird verhindert, daß, was Menschenhände bauten, Menschenhände wieder stürzen oder die Natur
vernichtet.
Gerade unsere deutsche Sprache aber besitzt ein Wort, das in herrlicher Weise das Handeln nach diesem
Sinne bezeichnet: Pflichterfüllung, das heißt, nicht sich selbst genügen, sondern der Allgemeinheit
dienen.
Die grundsätzliche Gesinnung, aus der ein solches Handeln erwächst, nennen wir zum Unterschied von
Egoismus, vom Eigennutz — Idealismus. Wir verstehen darunter nur die Aufopferungsfähigkeit des
einzelnen für die Gesamtheit, für seine Mitmenschen.
Wie nötig aber ist es, immer wieder zu erkennen, daß der Idealismus nicht etwa eine überflüssige
Gefühlsäußerung darstellt, sondern daß er in Wahrheit die Voraussetzung zu dem war, ist und sein wird,
war wir mit menschlicher Kultur bezeichnen, ja, daß er allein erst den Begriff "Mensch" geschaffen hat.
Dieser inneren Gesinnung verdankt der Arier seine Stellung auf dieser Welt, und ihr verdankt die Welt
den Menschen; denn sie allein hat aus dem reinen Geist die schöpferische Kraft geformt, die in
einzigartiger Vermählung von roher Faust und genialem Intellekt die Denkmäler der menschlichen
Kultur erschuf.
Ohne seine ideale Gesinnung wären alle, auch die blendendsten Fähigkeiten des Geistes nur Geist an
sich, äußerer Schein ohne inneren Wert, jedoch niemals schöpferische Kraft.
Da aber wahrer Idealismus nichts weiter ist als die
[328 Reinster Idealismus, tiefste Erkenntnis]
Unterordnung der Interessen und des Lebens des einzelnen unter die Gesamtheit, dies aber wieder die
Voraussetzung für die Bildung organisatorischer Formen jeder Art darstellt, entspricht er im innersten
Grunde dem letzten Wollen der Natur. Er allein führt die Menschen zur freiwilligen Anerkennung des
Vorrechtes der Kraft und der Stärke und läßt sie so zu einem Stäubchen jener Ordnung werden, die das
ganze Universum formt und bildet.
Reinster Idealismus deckt sich unbewußt mit tiefster Erkenntnis.
Wie sehr dies zutrifft und wie wenig wahrer Idealismus mit spielerischer Phantasterei zu tun hat, kann
man sofort erkennen, wenn man das unverdorbene Kind, den gesunden Knaben z. B., urteilen läßt. Der
gleiche Junge, der den Tiraden eines "idealen" Pazifisten verständnislos; und ablehnend gegenübersteht,
ist bereit, für das Ideal seines Volkstums das junge Leben hinzuwerfen.
Unbewußt gehorcht hier der Instinkt der Erkenntnis der tieferen Notwendigkeit der Erhaltung der Art,
wenn nötig auf Kosten des einzelnen, und protestiert gegen die Phantasterei des pazifistischen
Schwätzers, der in Wahrheit als, wenn auch geschminkter, so doch feiger Egoist wider die Gesetze der
Entwicklung verstößt; denn diese ist bedingt durch die Opferwilligkeit des einzelnen zugunsten der
Allgemeinheit und nicht durch krankhafte Vorstellungen feiger Besserwisser und Kritiker der Natur.
Gerade in Zeiten, in denen die ideale Gesinnung zu verschwinden droht, können wir deshalb auch sofort
ein Sinken jener Kraft erkennen, die die Gemeinschaft bildet und so der Kultur die Voraussetzungen
schafft. Sowie erst der Egoismus zum Regenten eines Volkes wird, lösen sich die Bande der Ordnung,
und im Jagen nach dem eigenen Glück stürzen die Menschen aus dem Himmel erst recht in die Hölle.
Ja, selbst die Nachwelt vergißt der Männer, die nur dem eigenen Nutzen dienten, und rühmt die Helden,
welche auf eigenes Glück verzichteten.
×
[329 Arier und Jude]
Den gewaltigsten Gegensatz zum Arier bildet der Jude. Bei kaum einem Volke der Welt ist der
Selbsterhaltungstrieb stärker entwickelt als beim sogenannten auserwählten. Als bester Beweis hierfür
darf die einfache Tatsache des Bestehens dieser Rasse allein schon gelten. Wo ist das Volk, das in den
letzten zweitausend Jahren so wenigen Veränderungen der inneren Veranlagung des Charakters usw.
ausgesetzt gewesen wäre als das jüdische? Welches Volk endlich hat größere Umwälzungen mitgemacht
als dieses — und ist dennoch immer als dasselbe aus den gewaltigsten Katastrophen der Menschheit
hervorgegangen? Welch ein unendlich zäher Wille zum Leben, zur Erhaltung der Art spricht aus diesen
Tatsachen!Die intellektuellen Eigenschaften des Juden haben sich im Verlaufe der Jahrtausende
geschult. Er gilt heute als "gescheit" und war es in einem gewissen Sinne zu allen Zeiten. Allein sein
Verstand ist nicht das Ergebnis eigener Entwicklung, sondern eines Anschauungsunterrichtes durch
Fremde. Auch der menschliche Geist vermag nicht ohne Stufen zur Höhe emporzuklimmen; er braucht
zu jedem Schritt nach aufwärts das Fundament der Vergangenheit und zwar in jenem umfassenden
Sinne, in dem es sich nur in der allgemeinen Kultur zu offenbaren vermag. Alles Denken beruht nur zum
geringen Teile auf eigener Erkenntnis, zum größten aber auf den Erfahrungen der vor. hergegangenen
Zeit. Daß allgemeine Kulturniveau versorgt den einzelnen Menschen, ohne daß es dieser meistens
beachtet, mit einer solchen Fülle von Vorkenntnissen, daß er, so gerüstet, leichter weiter eigene Schritte
machen kann. Der Knabe von heute zum Beispiel wächst unter einer wahren Unmenge technischer
Errungenschaften der letzten Jahrhunderte auf, so daß er vieles, das vor hundert Jahren noch den größten
Geistern ein Rätsel war, als selbstverständlich gar nicht mehr beachtet, obwohl es für ihn zum Verfolgen
und Verstehen unserer Fortschritte auf dem betreffenden Gebiete von ausschlaggebender Bedeutung ist.
Würde selbst ein genialer Kopf aus den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts heute plötzlich sein
Grab
[330 Arier und Jude]
verlassen, so wäre sein auch nur geistiges Zurechtfinden in der jetzigen Zeit schwerer, als dies für einen
mittelmäßig begabten fünfzehnjährigen Knaben von heute der Fall ist. Denn ihm würde all die
unendliche Vorbildung fehlen, die der Zeitgenosse von heute wahrend seines Aufwuchses inmitten der
Erscheinungen der jeweiligen allgemeinen Kultur sozusagen unbewußt in sich aufnimmt.
Da nun der Jude — aus Gründen, die sich sofort ergeben werden — niemals im Besitze einer eigenen
Kultur war, sind die Grundlagen seines geistigen Arbeitens immer von anderen gegeben worden. Sein
Intellekt hat sich zu allen Zeiten an der ihn umgebenden Kulturwelt entwickelt.
Niemals fand der umgekehrte Vorgang statt.
Denn wenn auch der Selbsterhaltungstrieb des jüdischen Volkes nicht kleiner, sondern eher noch größer
ist als der anderer Völker, wenn auch seine geistigen Fähigkeiten sehr leicht den Eindruck zu erwecken
vermögen, daß sie der intellektuellen Veranlagung der übrigen Rassen ebenbürtig wären, so fehlt doch
vollständig die allerwesentlichste Voraussetzung für ein Kulturvolk, die idealistische Gesinnung.
Der Aufopferungswille im jüdischen Volke geht aber den nackten Selbsterhaltungstrieb des einzelnen
nicht hinaus. Das scheinbar große Zusammengehörigkeitsgefühl ist in einem sehr primitiven
Herdeninstinkt begründet, wie er sich ähnlich bei vielen anderen Lebewesen auf dieser Welt zeigt.
Bemerkenswert ist dabei die Tatsache, daß Herdentrieb stets nur so lange zu gegenseitiger Unterstützung
führt, als eine gemeinsame Gefahr dies zweckmäßig oder unvermeidlich erscheinen läßt. Das gleiche
Rudel Wölfe, das soeben noch gemeinsam seinen Raub überfällt, löst sich bei nachlassendem Hunger
wieder in seine einzelnen Tiere auf. Das gleiche gilt von den Pferden, die sich des Angreifers
geschlossen zu erwehren suchen, um nach überstandener Gefahr wieder auseinanderzustieben.
Ähnlich verhält es sich beim Juden. Sein Aufopferungssinn ist nur ein scheinbarer. Er besteht nur so
lange, als die Existenz jedes einzelnen dies unbedingt erforderlich
[331 Folgen des jüdischen Egoismus]
macht. Sobald jedoch der gemeinsame Feind besiegt, die allen drohende Gefahr beseitigt, der Raub
geborgen ist, hört die scheinbare Harmonie der Juden untereinander auf, und den ursächlich
vorhandenen Anlagen wieder Platz zu geben. Der Jude ist nur einig, wenn eine gemeinsame Gefahr ihn
dazu zwingt oder eine gemeinsame Beute lockt; fallen beide Gründe weg, so treten die Eigenschaften
eines krassesten Egoismus in ihre Rechte, und aus dem einigen Volk wird im Handumdrehen eine sich
blutig bekämpfende Rotte von Ratten.
Wären die Juden auf dieser Welt allein, so würden sie ebensosehr in Schmutz und Unrat ersticken wie in
haßerfülltem Kampfe sich gegenseitig zu übervorteilen und auszurotten versuchen, sofern nicht der sich
in ihrer Feigheit ausdrückende restlose Mangel jedes Aufopferungssinnes auch hier den Kampf zum
Theater werden ließe.
Es ist also grundfalsch, aus der Tatsache des Zusammenstehens der Juden im Kampfe, richtiger
ausgedrückt in der Ausplünderung ihrer Mitmenschen, bei ihnen auf einen gewissen idealen
Aufopferungssinn schließen zu wollen.
Auch hier leitet den Juden weiter nichts als nackter Egoismus des einzelnen.
Daher ist auch der jüdische Staat — der der lebendige Organismus zur Erhaltung und Vermehrung einer
Rasse sein soll — territorial vollständig unbegrenzt. Denn eine bestimmte räumliche Fassung eines
Staatsgebildes setzt immer eine idealistische Gesinnung der Staatsrasse voraus, besonders aber eine
richtige Auffassung des Begriffes Arbeit. In eben dem Maße, in dem es an dieser Einstellung mangelt,
versagt auch jeder Versuch zur Bildung, ja sogar zur Erhaltung eines räumlich begrenzten Staates.
Damit entfällt jedoch die Grundlage, auf der eine Kultur allein entstehen kann.
Daher ist das jüdische Volk bei allen scheinbaren intellektuellen Eigenschaften dennoch ohne jede
wahre Kultur, besonders aber ohne jede eigene. Denn was der Jude heute an Scheinkultur besitzt, ist das
unter seinen Händen meist schon verdorbene Gut der anderen Völker.
[332 Die Scheinkultur des Juden]
Als wesentliches Merkmal bei der Beurteilung des Judentums in seiner Stellung zur Frage der
menschlichen Kultur muß man sich immer vor Augen halten, daß es eine jüdische Kunst niemals gab
und demgemäß auch heute nicht gibt, daß vor allem die beiden Königinnen aller Künste, Architektur
und Musik, dem Judentum nichts Ursprüngliches zu verdanken haben. Was es auf dem Gebiete der
Kunst leistet, ist entweder Verbalhornung oder geistiger Diebstahl. Damit aber fehlen dem Juden jene
Eigenschaften, die schöpferisch und damit kulturell begnadete Rassen auszeichnen.
Wie sehr der Jude nur nachempfindend, besser aber verderbend fremde Kultur übernimmt, geht daraus
hervor, daß er am meisten in der Kunst zu finden ist, die auch am wenigsten auf eigene Erfindung
eingestellt erscheint, der Schauspielkunst. Allein selbst hier ist er wirklich nur der "Gaukler", besser der
Nachäffer; denn selbst hier fehlt ihm der allerletzte Wurf zur wirklichen Größe; selbst hier ist er nicht
der geniale Gestalter, sondern äußerlicher Nachahmer, wobei alle dabei angewendeten Mätzchen und
Tricks eben doch nicht aber die innere Leblosigkeit seiner Gestaltungsgabe hinwegzutäuschen
vermögen. Hier hilft nur die jüdische Presse in liebevollster Weise nach, indem sie aber jeden, aber auch
den mittelmäßigsten Stümper, sofern er eben nur Jude ist, ein solches Hosiannageschrei erhebt, daß die
übrige Mitwelt endlich wirklich vermeint, einen Künstler vor sich zu sehen, während es sich in Wahrheit
nur um einen jammervollen Komödianten handelt.
Nein, der Jude besitzt keine irgendwie kulturbildende Kraft, da der Idealismus, ohne den es eine
wahrhafte Höherentwicklung des Menschen nicht gibt, bei ihm nicht vorhanden ist und nie vorhanden
war. Daher wird sein Intellekt niemals aufbauend wirken, sondern zerstörend und in ganz seltenen
Fällen vielleicht höchstens aufpeitschend, dann aber als das Urbild der "Kraft, die stets das Böse will
und stets das Gute schafft". Nicht durch ihn findet irgendein Fortschritt der Menschheit statt, sondern
trotz ihm.
Da der Jude niemals einen Staat mit bestimmter terri-
[333 Der Jude ist kein Nomade]
torialer Begrenzung besaß und damit auch nie eine Kultur sein eigen nannte, entstand die Vorstellung,
als handle es sich hier um ein Volk, das in die Reihe der Nomaden zu rechnen wäre. Dies ist ein ebenso
großer wie gefährlicher Irrtum. Der Nomade besitzt sehr wohl einen bestimmt umgrenzten Lebensraum,
nur bebaut er ihn nicht als seßhafter Bauer, sondern lebt vom Ertrage seiner Herden, mit denen er in
seinem Gebiete wandert. Der äußere Grund hierfür ist in der geringen Fruchtbarkeit eines Bodens zu
sehen, der eine Ansiedlung einfach nicht gestattet. Die tiefere Ursache aber liegt im Mißverhältnis
zwischen der technischen Kultur einer Zeit oder eines Volkes und der natürlichen Armut eines
Lebensraumes. Es gibt Gebiete, in denen auch der Arier nur durch seine im Laufe von mehr denn
tausend Jahren entwickelte Technik in der Lage ist, in geschlossenen Siedlungen des weiten Bodens
Herr zu werden und die Erfordernisse des Lebens aus ihm zu bestreiten. besäße er diese Technik nicht,
so müßte er entweder diese Gebiete meiden oder ebenfalls als Nomade in dauernder Wanderschaft das
Leben fristen, vorausgesetzt, daß nicht seine tausendjährige Erziehung und Gewöhnung an Seßhaftigkeit
dies für ihn einfach unerträglich erscheinen ließe. Man muß bedenken, daß in der Zeit der Erschließung
des amerikanischen Kontinents zahlreiche Arier sich ihr Leben als Fallensteller, Jäger usw. erkämpften,
und zwar häufig in größeren Trupps mit Weib und Kind, immer herumziehend, so das ihr Dasein
vollkommen dem der Nomaden glich. Sobald aber ihre steigende Zahl und bessere Hilfsmittel
gestatteten, den wilden Boden auszuroden und den Ureinwohnern standzuhalten, schossen immer mehr
Siedlungen in dem Lande empor.
Wahrscheinlich war auch der Arier erst Nomade und wurde im Laufe der Zeit seßhaft, allein deshalb
war er doch niemals Jude! Nein, der Jude ist kein Nomade; denn auch der Nomade hatte schon eine
bestimmte Stellung zum Begriffe "Arbeit", die als Grundlage für eine spätere Entwicklung dienen
konnte, sofern die notwendigen geistigen Voraussetzungen hierzu vorhanden waren. Die idealistische
[334 Der Jude ein Parasit]
Grundanschauung aber ist bei ihm, wenn auch in unendlicher Verdünnung, gegeben, daher erscheint er
auch in seinem ganzen Wesen den arischen Völkern vielleicht fremd, allein nicht unsympathisch. Bei
den Juden hingegen ist diese Einstellung überhaupt nicht vorhanden; er war deshalb auch kein Nomade,
sondern immer nur Parasit im Körper anderer Völker. Daß er dabei manchmal seinen bisherigen
Lebensraum verläßt, hängt nicht mit seiner Absicht zusammen, sondern ist das Ergebnis des
Hinauswurfes, den er von Zeit zu Zeit durch die mißbrauchten Gastvölker erfährt. Sein Sich-
Weiterverbreiten aber ist eine typische Erscheinung für alle Parasiten; er sucht immer neuen Nährboden
für seine Rasse.
Dies hat aber mit Nomadentum deshalb nichts zu tun, weil der Jude gar nicht daran denkt, ein von ihm
besetztes Gebiet wieder zu räumen, sondern bleibt, wo er sitzt, und zwar so seßhaft, daß er selbst mit
Gewalt nur mehr sehr schwer zu vertreiben ist. Sein Ausdehnen auf immer neue Länder erfolgt erst in
dem Augenblick, in dem dort gewisse Bedingungen für sein Dasein gegeben sind, ohne daß er dadurch
— wie der Nomade — seinen bisherigen Wohnsitz verhindern würde. Er ist und bleibt der ewige
Parasit, ein Schmarotzer, der wie ein schädlicher Bazillus sich immer mehr ausbreitet, sowie nur ein
günstiger Nährboden dazu einlädt. Die Wirkung seines Daseins aber gleicht ebenfalls der von
Schmarotzern: wo er auftritt, stirbt das Wirtsvolk nach kürzerer oder längerer Zeit ab.
So lebte der Jude zu allen Zeiten in den Staaten anderer Völker und bildete dort seinen eigenen Staat,
der allerdings so lange unter der Bezeichnung "Religionsgemeinschaft" maskiert zu segeln pflegte, als
die äußeren Umstände kein vollständiges Enthüllen seines Wesens angezeigt sein ließen. Glaubte er sich
aber einmal stark genug, um der Schutzdecke entbehren zu können, dann ließ er noch immer den
Schleier fallen und war plötzlich das, was so viele andere früher nicht glauben und sehen wollten: der
Jude.
Im Leben des Juden als Parasit im Körper anderer Nationen und Staaten liegt eine Eigenart begründet,
die
[335 Jüdische "Religionsgemeinschaft"]
Schopenhauer einst zu dem schon erwähnten Ausspruch veranlaßte, der Jude sei der "große Meister im
Lügen". Das Dasein treibt den Juden zur Lüge, und zwar zur immerwährenden Lüge, wie es den
Nordländer zur warmen Kleidung zwingt.
Sein Leben innerhalb anderer Völker kann auf die Dauer nur währen, wenn es ihm gelingt, die Meinung
zu er. wecken, als handle es sich bei ihm um kein Volk, sondern um eine, wenn auch besondere
"Religionsgemeinschaft".
Dies ist aber die erste große Lüge.
Er muß, um sein Dasein als Völkerparasit führen zu können, zur Verleugnung seiner inneren Wesensart
greifen. Je intelligenter der einzelne Jude ist, um so mehr wird ihm diese Täuschung auch gelingen. Ja,
es kann so weit kommen, daß große Teile des Wirtsvolkes endlich ernstlich glauben werden, der Jude
sei wirklich ein Franzose oder Engländer, ein Deutscher oder Italiener, wenn auch von besonderer
Konfession. Besonders staatliche Stellen, die ja immer von dem historischen Bruchteil der Weisheit
beseelt zu sein scheinen, fallen diesem infamen Betrug am leichtesten zum Opfer. Das selbständige
Denken gilt in diesem Kreisen ja manchmal als eine wahre Sünde wider das heilige Fortkommen, so daß
es einen nicht wundernehmen darf, wenn z. B. ein bayerisches Staatsministerium auch heute noch keine
blasse Ahnung davon besitzt, daß die Juden Angehörige eines Volkes sind und nicht einer "Konfession",
obwohl nur ein Blick in die dem Judentum eigene Zeitungswelt dies selbst dem bescheidensten Geist
sofort aufzeigen müßte. Allerdings ist das "Jüdische Echo" ja noch nicht das Amtsblatt und folglich für
den Verstand eines solchen Regierungspotentaten unmaßgeblich.
Das Judentum war immer ein Volk mit bestimmten rassischen Eigenarten und niemals eine Religion,
nur sein Fortkommen ließ es schon frühzeitig nach einem Mittel suchen, das die unangenehme
Aufmerksamkeit in bezug auf seine Angehörigen zu zerstreuen vermochte. Welches Mittel aber wäre
zweckmäßiger und zugleich harmloser gewesen als die Einschiebung des geborgten Begriffs der
Religions-
[336 Die jüdische Religionslehre]
gemeinschaft? Denn auch hier ist alles entlehnt, besser gestohlen — aus dem ursprünglichen eigenen
Wesen kann der Jude eine religiöse Einrichtung schon deshalb nicht besitzen, da ihm der Idealismus in
jeder Form fehlt und damit auch der Glaube an ein Jenseits vollkommen fremd ist. Man kann sich aber
eine Religion nach arischer Auffassung nicht vorstellen, der die Überzeugung des Fortlebens nach dem
Tode in irgendeiner Form mangelt. Tatsächlich ist auch der Talmud kein Buch der Vorbereitung für das
Jenseits, sondern nur für ein praktisches und erträgliches Leben im Diesseits.
Die jüdische Religionslehre ist in erster Linie eine Anweisung zur Reinhaltung des Blutes des
Judentums sowie zur Regelung des Verkehrs der Juden untereinander, mehr aber noch mit der übrigen
Welt, mit den Nichtjuden also. Aber auch hier handelt es sich keineswegs um ethische Probleme,
sondern um außerordentlich bescheidene wirtschaftliche. Über den sittlichen Wert des jüdischen
Religionsunterrichtes gibt es heute und gab es zu allen Zeiten schon ziemlich eingehende Studien (nicht
jüdischerseits; die Schwafeleien der Juden selber darüber sind natürlich dem Zweck angepaßt), die diese
Art von Religion nach arischen Begriffen als geradezu unheimlich erscheinen lassen. Die beste
Kennzeichnung jedoch gibt das Produkt dieser religiösen Erziehung, der Jude selber. Sein Leben ist nur
von dieser Welt, und sein Geist ist dem wahren Christentum innerlich so fremd, wie sein Wesen es
zweitausend Jahre vorher dem großen Gründer der neuen Lehre selber war. Freilich machte dieser aus
seiner Gesinnung dem jüdischen Volke gegenüber kein Hehl, griff, wenn nötig, sogar zur Peitsche, um
aus dem Tempel des Herrn diesen Widersacher jedes Menschentums zu treiben, der auch damals wie
immer in der Religion nur ein Mittel zur geschäftlichen Existenz sah. Dafür wurde dann Christus freilich
an das Kreuz geschlagen, wahrend unser heutiges Parteichristentum sich herabwürdigt, bei den Wahlen
um jüdische Stimmen zu betteln und später mit atheistischen Judenparteien politische Schiebungen zu
Vereinbaren sucht, und zwar gegen das eigene Volkstum.
[337 Die "Weisen von Zion"]
Auf dieser ersten und größten Lüge, das Judentum sei nicht eine Rasse, sondern eine Religion, bauen
sich dann in zwangsläufiger Folge immer weitere Lügen auf. Zu ihnen gehört auch die Lüge hinsichtlich
der Sprache des Juden. Sie ist ihm nicht das Mittel, seine Gedanken auszudrücken, sondern das Mittel,
sie zu verbergen. Indem er französisch redet, denkt er jüdisch, und während er deutsche Verse drechselt,
lebt er nur das Wesen seines Volkstums aus.
Solange der Jude nicht der Herr der anderen Völker geworden ist, muß er wohl oder übel deren
Sprachen sprechen, sobald diese jedoch seine Knechte waren, hätten sie alle eine Universalsprache (z. B.
Esperanto!) zu lernen, so daß auch durch dieses Mittel das Judentum sie leichter beHerrschen könnte!
Wie sehr das ganze Dasein dieses Volkes auf einer fortlaufenden Lüge beruht, wird in unvergleichlicher
Art in den von den Juden so unendlich gehaßten "Protokollen der Weisen von Zion" gezeigt. Sie sollen
auf einer Fälschung beruhen, stöhnt immer wieder die "Frankfurter Zeitung" in die Welt hinaus: der
beste Beweis dafür, daß sie echt sind. Was viele Juden unbewußt tun mögen, ist hier bewußt klargelegt.
Darauf aber kommt es an. Es ist ganz gleich, aus wessen Judenkopf diese Enthüllungen stammen,
maßgebend aber ist, daß sie mit geradezu grauenerregender Sicherheit das Wesen und die Tätigkeit des
Judenvolkes aufdecken und in ihren inneren Zusammenhängen sowie den letzten Schlußzielen darlegen.
Die beste Kritik an ihnen jedoch bildet die Wirklichkeit. Wer die geschichtliche Entwicklung der letzten
hundert Jahre von den Gesichtspunkten dieses Buches aus überprüft, dem wird auch das Geschrei der
jüdischen Presse sofort verständlich werden. Denn wenn dieses Buch erst einmal Gemeingut eines
Volkes geworden sein wird, darf die jüdische Gefahr auch schon als gebrochen gelten.
×
Um den Juden kennenzulernen, ist es am besten, seinen Weg zu studieren, den er innerhalb der anderen
Völker und

[338 Der Werdegang des Judentums]
im Laufe der Jahrhunderte genommen hat. Es genügt dabei, dies nur an einem Beispiele zu verfolgen,
um zu den nötigen Erkenntnissen zu kommen. Da sein Werdegang immer und zu allen Zeiten derselbe
war, wie ja auch die von ihm angefressenen Völker immer die gleichen sind, so empfiehlt es sich, bei
einer solchen Betrachtung seine Entwicklung in bestimmte Abschnitte zu zerlegen, die ich in diesem
Falle der Einfachheit halber mit Buchstaben bezeichne.
Die ersten Juden sind nach Germanien im Verlaufe des Vordringens der Römer gekommen, und zwar
wie immer als Händler. In den Stürmen der Völkerwanderung aber sind sie anscheinend wieder
verschwunden, und so darf als Beginn einer neuen und nun bleibenden Verjudung Mittel- und
Nordeuropas die Zeit der ersten germanischen Staatenbildung angesehen werden. Eine Entwicklung
setzt ein, die immer dieselbe oder eine ähnliche war, wenn irgendwo Juden auf arische Völker stießen.
×
a) Mit dem Entstehen der ersten festen Siedlungen ist der Jude plötzlich "da". Er kommt als Händler und
legt anfangs noch wenig Wert auf die Verschleierung seines Volkstums. Er ist noch Jude, zum Teil
vielleicht auch deshalb, weil der äußere Rassenunterschied zwischen ihm und dem Gastvolk zu groß,
seine sprachlichen Kenntnisse noch zu gering, die Abgeschlossenheit des Gastvolkes jedoch zu scharf
sind, als daß er es wagen dürfte, als etwas anderes denn ein fremder Händler erscheinen zu wollen. Bei
seiner Geschmeidigkeit und der Unerfahrenheit des Gastvolkes bedeutet die Beibehaltung seines
Charakters als Jude auch keinen Nachteil für ihn, sondern eher einen Vorteil; man kommt dem Fremden
freundlich entgegen.
b) Allmählich beginnt er sich langsam in der Wirtschaft zu betätigen, nicht als Produzent, sondern
ausschließlich als Zwischenglied. In seiner tausendjährigen händlerischen Gewandtheit ist er den noch
unbeholfenen, besonders aber grenzenlos ehrlichen Ariern weit überlegen, so daß schon in kurzer Zeit
der Handel sein Monopol zu werden droht.
[339 Der Werdegang des Judentums]
Er beginnt mit dem Verleihen von Geld, und zwar wie immer zu Wucherzinsen. Tatsächlich führt er den
Zins auch dadurch ein. Die Gefahr dieser neuen Einrichtung wird zunächst nicht erkannt, sondern um
der augenblicklichen Vorteile wegen sogar begrüßt.c) Der Jude ist vollkommen seßhaft geworden, d. h.
er besiedelt in den Städten und Flecken besondere Viertel und bildet immer mehr einen Staat im Staate.
Den Handel sowohl als sämtliche Geldgeschäfte faßt er als sein eigenstes Privileg auf, das er
rücksichtslos auswertet.
D) Das Geldgeschäft und der Handel sind restlos sein Monopol geworden. Seine Wucherzinsen erregen
endlich Widerstand, seine zunehmende sonstige Frechheit aber Empörung, sein Reichtum Neid. Das
Maß wird übervoll, als er auch den Grund und Boden in den Kreis seiner händlerischen Objekte
einbezieht und ihn zur verkäuflichen, besser, handelbaren Ware erniedrigt. Da er selber den Boden nie
bebaut, sondern bloß als ein Ausbeutungsgut betrachtet, auf dem der Bauer sehr wohl bleiben kann,
allein unter den elendsten Erpressungen seitens seines nunmehrigen Herrn, steigert sich die Abneigung
gegen ihn allmählich zum offenen Haß. Seine blutsaugerische Tyrannei wird so groß. daß es zu
Ausschreitungen gegen ihn kommt. Man beginnt sich den Fremden immer näher anzusehen und
entdeckt immer neue abstoßende Züge und Wesensarten an ihm, bis die Kluft unüberbrückbar wird.
In Zeiten bitterster Not bricht endlich die Wut gegen ihn aus, und die ausgeplünderten und zugrunde
gerichteten Massen greifen zur Selbsthilfe, um sich der Gottesgeißel zu erwehren. Sie haben ihn im
Laufe einiger Jahrhunderte kennengelernt und empfinden schon sein bloßes Dasein als gleiche Not wie
die Pest.
E) Nun beginnt der Jude aber seine wahren Eigenschaften zu enthüllen. Mit widerlicher Schmeichelei
macht er sich an die Regierungen heran, läßt sein Geld arbeiten und sichert sich auf solche Art immer
wieder den Freibrief zu neuer Ausplünderung seiner Opfer. Wenn auch manchmal die Wut des Volkes
gegen den ewigen Blutegel lichterloh
[340 Der Werdegang des Judentums]
aufbrennt, so hindert ihn dies nicht im geringsten, in wenigen Jahren schon wieder in dem kaum
verlassenen Orte neuerdings aufzutauchen und das alte Leben von vorne zu beginnen. Keine Verfolgung
kann ihn von seiner Art der Menschenausbeutung abbringen, keine ihn vertreiben, nach jeder ist er in
kurzer Zeit wieder da, und zwar als der alte.
Um wenigstens das Allerärgste zu verhindern, beginnt man, den Boden seiner wucherischen Hand zu
entziehen, indem man ihm die Erwerbung desselben einfach gesetzlich unmöglich macht.
F) In dem Maße, in dem die Macht der Fürsten zu steigen beginnt, drangt er sich immer näher an diese
heran. Er bettelt um "Freibriefe" und "Privilegien", die er von den stets in Finanznöten befindlichen
Herren gegen entsprechende Bezahlung gerne erhält. Was ihn dieses auch kostet, er bringt in wenigen
Jahren das ausgegebene Geld mit Zins und Zinseszins wieder herein. Ein wahrer Blutegel, der sich an
den Körper des unglücklichen Volkes ansetzt und nicht wegzubringen ist, bis die Fürsten selber wieder
Geld brauchen und ihm das ausgesogene Blut höchst persönlich abzapfen.
Dieses Spiel wiederholt sich immer von neuem, wobei die Rolle der sogenannten "deutschen Fürsten"
genau so erbärmlich wie die der Juden selber ist. Sie waren wirklich die Strafe Gottes für ihre lieben
Völker, diese Herren, und finden ihre Parallele nur in verschiedenen Ministern der heutigen Zeit.
Den deutschen Fürsten ist es zu danken, daß die deutsche Nation sich von der jüdischen Gefahr nicht
endgültig zu er. lösen vermochte. Leider hat sich darin auch später nichts geändert, so daß ihnen vom
Juden nur der tausendfach verdiente Lohn zuteil wurde für die Sünden, die sie an ihren Völkern einst
verbrochen haben. Sie verbündeten sich mit dem Teufel und landeten bei ihm.
G) So führt seine Umgarnung der Fürsten zu deren Verderben. Langsam, aber sicher lockert sich ihre
Stellung zu den Völkern in dem Maße, in dem sie aufhören, den Interessen derselben zu dienen, und
statt dessen zu Nutznießern ihrer
[341 Der Werdegang des Judentums]
Untertanen werden. Der Jude weiß ihr Ende genau und sucht es nach Möglichkeit zu beschleunigen. Er
selber fördert ihre ewige Finanznot, indem er sie den wahren Aufgaben immer mehr entfremdet, in
übelster Schmeichelei umkriecht, zu Lastern anleitet und sich dadurch immer unentbehrlicher macht.
Seine Gewandtheit, besser Skrupellosigkeit in allen Geldangelegenheiten versteht es, immer neue Mittel
aus den ausgeplünderten Untertanen herauszupressen, ja herauszuschinden, die in immer kürzeren
Zeiträumen den Weg alles Irdischen gehen. So hat jeder Hof seinen "Hofjuden" — wie die Scheusale
heißen, die das liebe Volk bis zur Verzweiflung quälen und den Fürsten das ewige Vergnügen bereiten.
Wen will es da wundernehmen, daß diese Zierden des menschlichen Geschlechtes endlich auch
äußerlich geziert werden und in den erblichen Adelsstand emporsteigen, so mithelfen, auch diese
Einrichtung nicht nur der Lächerlichkeit preiszugeben, sondern sogar zu vergiften?Nun vermag er
natürlich erst recht seine Stellung zugunsten seines Fortkommens zu verwenden.
Endlich braucht er sich ja nur taufen zu lassen, um in den Besitz aller Möglichkeiten und Rechte der
Landeskinder selber kommen zu können. Er besorgt dieses Geschäft denn auch nicht selten zur Freude
der Kirchen aber den gewonnenen Sohn und Israels aber den gelungenen Schwindel.
H) In der Judenheit beginnt sich jetzt ein Wandel zu vollziehen. Sie waren bisher Juden, d. h. man legte
keinen Wert darauf, als etwas anderes erscheinen zu wollen, und konnte dies auch nicht bei den so
überaus ausgeprägten Rassenmerkmalen auf beiden Seiten. Noch in der Zeit Friedrichs des Großen fällt
es keinem Menschen ein, in den Juden etwas anderes als das "fremde" Volk zu sehen, und noch Goethe
ist entsetzt bei dem Gedanken, daß künftig die Ehe zwischen Christen und Juden nicht mehr gesetzlich
verboten sein soll. Goethe aber war denn doch, wahrhaftiger Gott, kein Rückschrittler oder gar Zelot;
was aus ihm sprach, war nichts anderes als die Stimme des Blutes und der Vernunft. So erblickte —
trotz aller schmachvollen Handlungen der Höfe — das Volk im Juden instinktiv
[342 Der Werdegang des Judentums]
den fremden Körper im eigenen Leibe und stellte sich demgemäß auch zu ihm ein.
Nun aber sollte dies anders werden. Im Laufe von mehr als tausend Jahren hat er die Sprache des
Gastvolkes so weit beHerrschen gelernt, daß er es nun wagen zu können glaubt, sein Judentum künftig
etwas weniger zu betonen und sein "Deutschtum" mehr in den Vordergrund zu stellen; denn so
lächerlich, ja aberwitzig es zunächst auch erscheinen mag, nimmt er sich dennoch die Freiheit heraus
und verwandelt sich in einen "Germanen", in diesem Falle also in einen "Deutschen". Damit setzt eine
der infamsten Täuschungen ein, die sich denken läßt. Da er vom Deutschtum wirklich nichts besitzt als
die Kunst, seine Sprache noch dazu in fürchterlicher Weise — zu radebrechen, im übrigen aber niemals
sich mit ihm vermengte, beruht mithin sein ganzes Deutschtum nur auf der Sprache allein. Die Rasse
aber liegt nicht in der Sprache, sondern ausschließlich im Blute, etwas, das niemand besser weiß als der
Jude, der gerade auf die Erhaltung seiner Sprache nur sehr wenig Wert legt, hingegen allen Wert auf die
Reinhaltung seines Blutes. Ein Mensch kann ohne weiteres die Sprache ändern, d. h. er kann sieh einer
anderen bedienen; allein er wird dann in seiner neuen Sprache die alten Gedanken ausdrücken; sein
inneres Wesen wird nicht verändert. Dies zeigt am allerbesten der Jude, der in tausend Sprachen reden
kann und dennoch immer der eine Jude bleibt. Seine Charaktereigenschaften sind dieselben geblieben,
mochte er vor zweitausend Jahren als Getreidehändler in Ostia römisch sprechen oder mag er als
Mehlschieber von heute deutsch mauscheln. Es ist immer der gleiche Jude. Daß diese
Selbstverständlichkeit von einem normalen heutigen Ministerialrat oder höheren Polizeibeamten nicht
begriffen wird, ist freilich auch selbstverständlich, läuft doch etwas Instinkt- und Geistloseres
schwerlich herum als diese Diener unserer vorbildlichen Staatsautorität der Gegenwart.
Der Grund, warum sich der Jude entschließt, auf einmal zum "Deutschen" zu werden, liegt auf der
Hand. Er fühlt,
[343 Der Werdegang des Judentums]
wie die Macht der Fürsten langsam ins Wanken gerät, und sucht deshalb frühzeitig eine Plattform unter
seine Füße zu bekommen. Weiter aber ist seine geldliche BeHerrschung der gesamten Wirtschaft schon
so fortgeschritten, daß er ohne den Besitz aller "staatsbürgerlichen" Rechte das ganze ungeheure
Gebäude nicht mehr länger zu stützen vermag, auf alle Fälle keine weitere Steigerung seines Einflusses
mehr stattfinden kann. Beides aber wünscht er; denn je höher er klimmt, um so lockender steigt aus dem
Schleier der Vergangenheit sein altes, ihm einst verhießenes Ziel heraus, und mit fiebernder Gier sehen
seine hellsten Köpfe den Traum der WeltHerrschaft schon wieder in faßbare Nähe rücken. So ist sein
einziges Streben darauf gerichtet, sich in den Vollbesitz der "staatsbürgerlichen" Rechte zu setzen.
Dies ist der Grund der Emanzipation aus dem Ghetto.
I) So entwickelt sich aus dem Hofjuden langsam der Volksjude, das heißt natürlich: der Jude bleibt nach
wie vor in der Umgebung der hohen Herren, ja, er sucht sich eher noch mehr in deren Kreis
hineinzuschieben, allein zu gleicher Zeit biedert sich ein anderer Teil seiner Rasse an das liebe Volk an.
Wenn man bedenkt, wie sehr er an der Masse im Laufe der Jahrhunderte gesündigt hatte, wie er sie
immer von neuem unbarmherzig auspreßte und aussog, wenn man weiter bedenkt, wie ihn das Volk
dafür allmählich hassen lernte und am Ende in seinem Dasein wirklich nur mehr eine Strafe des
Himmels für die anderen Völker erblickte, so kann man verstehen, wie schwer dem Juden diese
Umstellung werden muß. Ja, es ist eine mühsame Arbeit, sich den abgehäuteten Opfern auf einmal als
"Freund der Menschen" vorzustellen.
Er geht denn auch zunächst daran, in den Augen des Volkes wieder gutzumachen, was er bisher an ihm
verbrochen hatte. Er beginnt seine Wandlung als "Wohltäter" der Menschheit. Da seine neue Güte einen
realen Grund hat, kann er sich auch nicht gut an das alte Bibelwort halten, daß die Linke nicht wissen
solle, was die Rechte gibt, sondern er muß sich wohl oder übel damit abfinden, möglichst
[344 Der Werdegang des Judentums]
viele wissen zu lassen, wie sehr er die Leiden der Masse empfindet, und was alles er dagegen persönlich
an Opfern bringt. In dieser ihm nun einmal angeborenen Bescheidenheit trommelt er seine Verdienste in
die übrige Welt so lange hinaus, bis diese wirklich daran zu glauben beginnt. Wer nicht daran glaubt, tut
ihm bitter Unrecht. In kurzer Zeit schon fängt er an, die Dinge so zu drehen, als ob bisher überhaupt nur
ihm immer Unrecht zugefügt worden wäre und nicht umgekehrt. Besonders Dumme glauben dies und
können dann nicht anders, als den armen "Unglücklichen" zu bedauern.
Im übrigen wäre hier noch zu bemerken, daß der Jude bei aller Opferfreudigkeit persönlich natürlich
dennoch nie verarmt. Er versteht schon einzuteilen; ja, manchmal ist seine Wohltat wirklich nur mit dem
Dünger zu vergleichen, der auch nicht aus Liebe zum Feld auf dieses gestreut wird, sondern aus
Voraussicht für das spätere eigene Wohl. Auf jeden Fall aber weiß in verhältnismäßig kurzer Zeit alles,
daß der Jude ein "Wohltäter und Menschenfreund" geworden ist. Welch ein eigentümlicher Wandel!
Was aber bei anderen mehr oder weniger als selbstverständlich gilt, erweckt schon deshalb höchstes
Erstaunen, ja bei vielen ersichtliche Bewunderung, weil es bei ihm eben nicht selbstverständlich ist. So
kommt es, daß man ihm auch jede solche Tat noch um vieles höher anrechnet als der übrigen
Menschheit.
Aber noch mehr: Der Jude wird auf einmal auch liberal und fängt an, vom notwendigen Fortschritt der
Menschheit zu schwärmen.
Langsam macht er sich so zum Wortführer einer neuen Zeit.
Freilich zerstört er auch immer gründlicher die Grundlagen einer wahrhaft volkstümlichen Wirtschaft.
Über dem Umwege der Aktie schiebt er sich in den Kreislauf der nationalen Produktion ein, macht diese
zum käuflichen, besser handelbaren Schacherobjekt und raubt damit den Betrieben die Grundlagen einer
persönlichen Besitzerschaft. Damit erst tritt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jene
[345 Der Werdegang des Judentums]
innere Entfremdung ein, die zur späteren politischen Klassenspaltung hinüberleitet.
Endlich aber wächst die jüdische Einflußnahme auf wirtschaftliche Belange aber die Börse nun
unheimlich schnell an. Er wird zum Besitzer oder doch zum Kontrolleur der nationalen Arbeitskraft.
Zur Stärkung seiner politischen Sicherheit versucht er, die rassischen und staatsbürgerlichen Schranken
einzureißen, die ihn zunächst noch auf Schritt und Tritt beengen. Er kämpft zu diesem Zwecke mit aller
ihm eigenen Zähigkeit für die religiöse Toleranz — und hat in der ihm vollständig verfallenen
Freimaurerei ein vorzügliches Instrument zur Verfechtung wie aber auch zur Durchschiebung seiner
Ziele. Die Kreise der Regierenden sowie die höheren Schichten des politischen und wirtschaftlichen
Bürgertums gelangen durch maurerische Fäden in seine Schlingen, ohne das sie es auch nur zu ahnen
brauchen.
Nur das Volk als solches oder besser der Stand, der, im Erwachen begriffen, sich selber seine Rechte
und die Freiheit erkämpft, kann dadurch in tieferen und breiteren Schichten noch nicht genügend erfaßt
werden. Dieses aber ist nötiger als alles andere; denn der Jude fühlt, daß die Möglichkeit seines
Aufstieges zu einer beHerrschenden Rolle nur gegeben ist, wenn sich vor ihm ein "Schrittmacher"
befindet; den aber vermeint er im Bürgertum, und zwar in den breitesten Schichten desselben, erkennen
zu können. Die Handschuhmacher und Leineweber aber kann man nicht mit dem feinen Netz der
Freimaurerei einfangen, sondern es müssen hier schon gröbere und dabei aber nicht minder
eindringliche Mittel angesetzt werden. So kommt zur Freimaurerei als zweite Waffe im Dienste des
Judentums: die Presse. In ihren Besitz setzt er sich mit aller Zähigkeit und Geschicklichkeit. Mit ihr
beginnt er langsam das ganze öffentliche Leben zu umklammern und zu umgarnen, zu leiten und zu
schieben, da er in der Lage ist, jene Macht zu erzeugen und zu dirigieren, die man unter der
Bezeichnung "öffentliche Meinung" heute besser kennt als noch vor wenigen Jahrzehnten.
[346 Der Werdegang des Judentums]
Dabei stellt er sich persönlich immer als unendlich wissensdurstig hin, lobt jeden Fortschritt, am meisten
freilich den, der zum Verderben der anderen führt; denn jedes Wissen und jede Entwicklung beurteilt er
immer nur nach der Möglichkeit der Förderung seines Volkstums, und wo diese fehlt, ist er der
unerbittliche Todfeind jedes Lichtes, der Hasser jeder wahren Kultur. So verwendet er alles Wissen, das
er in den Schulen der anderen aufnimmt, nur im Dienste seiner Rasse.
Dieses Volkstum aber hütet er wie nie zuvor. Während er von "Aufklärung", "Fortschritt, "Freiheit",
"Menschentum" usw. überzufließen scheint, übt er selber strengste Abschließung seiner Rasse. Wohl
hängt er seine Frauen manchmal einflußreichen Christen an, allein, er erhält seinen männlichen Stamm
grundsätzlich immer rein. Er vergiftet das Blut der andern, wahrt aber sein eigenes. Der Jude heiratet
fast nie eine Christin, sondern der Christ die Jüdin. Die Bastards [Mischlinge] aber schlagen dennoch
nach der jüdischen Seite aus. Besonders ein Teil des höheren Adels verkommt vollständig. Der Jude
weiß das ganz genau und betreibt deshalb diese Art der "Entwaffnung" der geistigen Führerschicht
seiner rassischen Gegner planmäßig. Zur Maskierung des Treibens und zur Einschläferung seiner Opfer
jedoch redet er immer mehr von der Gleichheit aller Menschen, ohne Rücksicht auf Rasse und Farbe.
Die Dummen beginnen es ihm zu glauben.
Da jedoch sein ganzes Wesen immer noch zu stark den Geruch des allzu Fremden an sich haften hat, als
daß besonders die breite Masse des Volkes ohne weiteres in sein Garn gehen würde, läßt er durch seine
Presse ein Bild von sich geben, das der Wirklichkeit so wenig entspricht, wie es umgekehrt seinem
verfolgten Zwecke dient. In Witzblättern besonders bemüht man sich, die Juden als ein harmloses
Völkchen hinzustellen, das nun einmal seine Eigenarten besitzt — wie eben andere auch —, das aber
doch, selbst in seinem vielleicht etwas fremd anmutenden Gebaren, Anzeichen einer möglicherweise
komischen, jedoch immer grundehrlichen und gütigen Seele von sich gebe. Wie man sich überhaupt
[347 Der Werdegang des Judentums]
bemüht, ihn immer mehr unbedeutend als gefährlich erscheinen zu lassen.
Sein Endziel in diesem Stadium aber ist der Sieg der Demokratie oder, wie er es versteht: die Herrschaft
des Parlamentarismus. Sie entspricht am meisten seiten Bedürfnissen; schaltet sie doch die
Persönlichkeit aus — und setzt an ihre Stelle die Majorität der Dummheit, Unfähigkeit und nicht zum
letzten aber der Feigheit.
Das Endergebnis wird der Sturz der Monarchie sein, der nun früher oder später eintreten muß.
J) Die ungeheure wirtschaftliche Entwicklung führt zu einer Änderung der sozialen Schichtung des
Volkes. ludet das kleine Handwerk langsam abstirbt und damit die Möglichkeit der Gewinnung einer
selbständigen Existenz für den Arbeiter immer seltener wird, verproletarisiert dieser zusehends. Es
entsteht der industrielle "Fabrikarbeiter", dessen wesentlichstes Merkmal darin zu suchen ist, daß er
kaum je in die Lage kommt, sich im späteren Leben eine eigene Existenz gründen zu können. Er ist im
wahrsten Sinne des Wortes besitzlos, seine alten Tage sind eine Qual und kaum mehr mit Leben zu
bezeichnen.
Schon früher wurde einmal eine ähnliche Lage geschaffen, die gebieterisch einer Lösung zudrängte und
sie auch fand. Zum Bauern und Handwerker waren als weiterer Stand langsam der Beamte und
Angestellte — besonders des Staates — gekommen. Auch sie waren Besitzlose im wahrsten Sinne des
Wortes. Der Staat fand aus diesem ungesunden Zustand endlich dadurch einen Ausweg, daß er die
Versorgung des Staatsangestellten, der selbst für seine alten Tage nicht vorbeugen konnte, übernahm
und die Pension, das Ruhegehalt, einführte. Langsam folgten immer mehr private Betriebe diesem
Beispiele, so daß heute fast jeder geistige Festangestellte seine spätere Pension bezieht, sofern der
Betrieb eine bestimmte Größe schon erreicht oder überschritten hat. Und erst die Sicherung des
Staatsbeamten im Alter vermochte diesen zu jener selbstlosen Pflichttreue zu erziehen, die in der
Vorkriegszeit die vornehmste Eigenschaft des deutschen Beamtentums war.
[348 Der Stand des Fabrikarbeiters]
So wurde ein ganzer Stand, der eigentumslos blieb, in kluger Weise dem sozialen Elend entrissen und
damit dem Volksganzen eingegliedert.
Nun war diese Lage neuerdings und diesmal in viel größerem Umfange an den Staat und die Nation
heran. getreten. Immer neue, in die Millionen gehende Menschenmassen siedelten aus den bäuerlichen
Orten in die größeren Städte aber, um als Fabrikarbeiter in den neugegründeten Industrien das tägliche
Brot zu verdienen. Arbeits- und Lebensverhältnisse des neuen Standes waren schlimmer als traurig.
Schon die mehr oder minder mechanische Übertragung der früheren Arbeitsmethoden des alten
Handwerkers oder auch Bauern auf die neue Form paßte in keinerlei Weise. Die Tätigkeit des einen wie
des anderen ließ sich nicht mehr vergleichen mit den Anstrengungen, die der industrielle Fabrikarbeiter
zu leisten hat. Bei dem alten Handwerk mochte die Zeit vielleicht weniger eine Rolle spielen, aber bei
den neuen Arbeitsmethoden spielte sie diese um so mehr. Die formale Übernahme der alten
Arbeitszeiten in den industriellen Großbetrieb wirkte geradezu verhängnisvoll; denn die tatsächliche
Arbeitsleistung von einst war infolge des Fehlens der heutigen intensiven Arbeitsmethoden nur klein.
Wenn man also vorher den Vierzehn- oder Fünfzehnstunden-Arbeitstag noch ertragen konnte, dann
vermochte man ihn sicher nicht mehr zu er. tragen in einer Zeit, da jede Minute auf das äußerste
ausgenützt wird. Wirklich war das Ergebnis dieser sinnlosen Übertragung alter Arbeitszeiten auf die
neue industrielle Tätigkeit nach zwei Richtungen unglückselig: die Gesundheit wurde vernichtet und der
Glaube an ein höheres Recht zerstört. Endlich kam hierzu noch die jämmerliche Entlohnung einerseits
und die demgemäß ersichtlich um so viel bessere Stellung des Arbeitgebers andererseits.
Auf dem Lande konnte es eine soziale Frage nicht geben, da Herr und Knecht die gleiche Arbeit taten
und vor allem aus gleicher Schüssel aßen. Aber auch dies änderte sich.
Die Trennung des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber erscheint jetzt auf allen Gebieten des Lebens
vollzogen. Wie
[349 Der Stand des Fabrikarbeiters]
weit dabei die innere Verjudung unseres Volkes schon fortgeschritten ist, kann man an der geringen
Achtung, wenn nicht schon Verachtung ersehen, die man der Handarbeit an sich zollt. Deutsch ist dies
nicht. Erst die Verwelschung unseres Lebens, die aber in Wahrheit eine Verjudung war, wandelte die
einstige Achtung vor dem Handwerk in eine gewisse Verachtung jeder körperlichen Arbeit überhaupt.
So entsteht tatsächlich ein neuer, nur sehr wenig geachteter Stand, und es muß eines Tages die Frage
auftauchen, ob die Nation die Kraft besitzen würde, von sich aus den neuen Stand in die allgemeine
Gesellschaft wieder einzugliedern, oder ob sich der standesmäßige Unterschied zur klassenartigen Kluft
erweitern würde.
Eines aber ist sicher: der neue Stand besaß nicht die schlechtesten Elements in seinen Reihen, sondern
im Gegenteil auf alle Fälle die tatkräftigsten. Die Überfeinerungen der sogenannten Kultur hatten hier
noch nicht ihre zersetzenden und zerstörenden Wirkungen ausgeübt. Der neue Stand war in seiner
breiten Masse noch nicht von dem Gifte pazifistischer Schwäche angekränkelt, sondern robust und,
wenn nötig, auch brutal.
Während sich das Bürgertum um diese so schwerwiegende Frage überhaupt nicht kümmert, sondern
gleichgültig die Dinge laufen läßt, erfaßt der Jude die unübersehbare Möglichkeit, die sich hier für die
Zukunft bietet, und indem er auf der einen Seite die kapitalistischen Methoden der Menschenausbeutung
bis zur letzten Konsequenz organisiert, macht er sich an die Opfer seines Geistes und Waltens selber
heran und wird in kurzer Zeit schon der Führer ihres Kampfes gegen sich selbst. Das heißt freilich, nur
bildlich gesprochen, "gegen sich selbst", denn der große Meister im Lügen versteht es, sich wie immer
als den Reinen erscheinen zu lassen und die Schuld den anderen aufzubürden. Da er die Frechheit
besitzt, die Masse selber zu führen, kommt diese auch gar nicht auf den Gedanken, daß es sich um den
infamsten Betrug aller Zeiten handeln könnte.
Und doch war es so.
Kaum daß der neue Stand sich aus der allgemeinen wirt-

[350 Die Taktik des Judentums]
schaftlichen Umbildung herausentwickelt, sieht auch der Jude schon den neuen Schrittmacher zu seinem
eigenen weiteren Fortkommen klar und deutlich vor sich. Erst benützte er das Bürgertum als Sturmbock
gegen die feudale Welt, nun den Arbeiter gegen die bürgerliche. Wußte er aber einst im Schatten des
Bürgertums sich die bürgerlichen Rechte zu erschleichen, so hofft er nun, im Kampfe des Arbeiters ums
Dasein, den Weg zur eigenen Herrschaft zu finden.
Von jetzt ab hat der Arbeiter nur mehr die Aufgabe, für die Zukunft des jüdischen Volkes zu fechten.
Unbewußt wird er in den Dienst der Macht gestellt, die er zu bekämpfen vermeint. Man läßt ihn
scheinbar gegen das Kapital anrennen und kann ihn so am leichtesten gerade für dieses kämpfen lassen.
Man schreit dabei immer gegen das internationale Kapital und meint in Wahrheit die nationale
Wirtschaft. Diese soll demoliert werden, damit auf ihrem Leichenfeld die internationale Börse
triumphieren kann.
Das Vorgehen des Juden dabei ist folgendes:Er macht sich an den Arbeiter heran, heuchelt Mitleid mit
dessen Schicksal oder gar Empörung aber dessen Los des Elends und der Armut, um auf diesem Wege
das Vertrauen zu gewinnen. Er bemüht sich, alle die einzelnen tatsächlichen oder auch eingebildeten
Hirten seines Lebens zu studieren — und die Sehnsucht nach Änderung eines solchen Daseins zu
erwecken. Das in jedem arischen Menschen irgendwie schlummernde Bedürfnis nach sozialer
Gerechtigkeit steigert er in unendlich kluger Weise zum Haß gegen die vom Glück besser Bedachten
und gibt dabei dem Kampfe um die Beseitigung sozialer Schäden ein ganz bestimmtes
weltanschauungsmäßiges Gepräge. Er begründet die marxistische Lehre.
Indem er sie als mit einer ganzen Anzahl von sozial gerechten Forderungen unzertrennlich verknüpft
hinstellt, fördert er ebenso ihre Verbreitung wie umgekehrt die Abneigung der anständigen Menschheit,
Forderungen nachzukommen, die, in solcher Form und Begleitung vorgebracht, von Anfang an als
ungerecht, ja unmöglich erfüllbar erscheinen.
[351 Der Kern der marxistischen Weltanschauung]
Denn unter diesem Mantel rein sozialer Gedanken liegen wahrhaft teuflische Absichten verborgen, ja,
sie werden mit frechster Deutlichkeit auch wohl in voller Öffentlichkeit vorgetragen. Diese Lehre stellt
ein unzertrennliches Gemisch von Vernunft und menschlichem Aberwitz dar, aber immer so, daß nur
der Wahnsinn zur Wirklichkeit zu werden vermag, niemals die Vernunft. Durch die kategorische
Ablehnung der Persönlichkeit und damit der Nation und ihres rassischen Inhalts zerstört sie die
elementaren Grundlagen der gesamten menschlichen Kultur, die gerade von diesen Faktoren abhängig
ist. Dieses ist der wahre innere Kern der marxistischen Weltanschauung, sofern man diese Ausgeburt
eines verbrecherischen Gehirns als "Weltanschauung" bezeichnen darf. Mit der Zertrümmerung der
Persönlichkeit und der Rasse fällt das wesentliche Hindernis für die Herrschaft des Minderwertigen
dieser aber ist der Jude.
Gerade im wirtschaftlichen und politischen Wahnwitz liegt der Sinn dieser Lehre. Denn durch ihn
werden alle wahrhaft Intelligenten abgehalten, sich in ihren Dienst zu stellen, während die minder
geistig Tätigen und wirtschaftlich schlecht Gebildeten mit fliegenden Fahnen ihr zueilen. Die Intelligenz
für die Bewegung aber — denn auch diese Bewegung braucht zu ihrem Bestehen Intelligenz — "opfert"
der Jude aus seinen eigenen Reihen.
So entsteht eine reine Handarbeiterbewegung unter jüdischer Führung, scheinbar darauf ausgehend, die
Lage des Arbeiters zu verbessern, in Wahrheit aber die Versklavung und damit die Vernichtung aller
nichtjüdischen Völker beabsichtigend.
Was die Freimaurerei in den Kreisen der sogenannten Intelligenz an allgemein pazifistischer Lähmung
des nationalen Selbsterhaltungstriebes einleitet, wird durch die Tätigkeit der großen, heute immer
jüdischen Presse der breiteren Masse, vor allem aber dem Bürgertum, vermittelt. Zu diesen beiden
Waffen der Zersetzung kommt nun als dritte und weitaus furchtbarste die Organisation der rohen
Gewalt. Der Marxismus soll als Angriffs- und Sturm-
[352 Die Organisation der marxistischen Weltlehre]
kolonne vollenden, was die Zermürbungsarbeit der beiden ersten Waffen vorbereitend schon zum
Zusammenbruch heranreifen ließ.
Es vollzieht sich damit ein wahrhaft meisterhaftes Zusammenspiel, so daß man sich wirklich nicht zu
wundern braucht, wenn demgegenüber gerade diejenigen Institutionen am meisten versagen, die sich
immer so gerne als die Träger der mehr oder minder sagenhaften staatlichen Autorität vorzustellen
belieben. In unserem hohen und höchsten Beamtentum des Staates hat der Jude zu allen Zeiten (von
wenigen Ausnahmen abgesehen) den willfährigsten Förderer seiner Zersetzungsarbeit gefunden.
Kriechende Unterwürfigkeit nach "Oben" und arrogante Hochnäsigkeit nach "unten" zeichnen diesen
Stand ebensosehr aus wie "eine oft himmelschreiende Borniertheit, die nur durch die manchmal
geradezu erstaunliche Einbildung übertroffen wird.
Dieses aber sind Eigenschaften, die der Jude bei unseren Behörden braucht und demgemäß auch liebt.
Der praktische Kampf, der nun einsetzt, verläuft, in großen Strichen gezeichnet,
folgendermaßen:Entsprechend den Schlußzielen des jüdischen Kampfes, die sich nicht nur in der
wirtschaftlichen Eroberung der Welt erschöpfen, sondern auch deren politische Unterjochung fordern,
teilt der Jude die Organisation seiner marxistischen Weltlehre in zwei Hälften, die, scheinbar
voneinander getrennt, in Wahrheit aber ein untrennbares Ganzes bilden: in die politische und die
gewerkschaftliche Bewegung.
Die gewerkschaftliche Bewegung ist die werbende. Sie bietet dem Arbeiter in seinem schweren
Existenzkampf, den er dank der Habgier und Kurzsichtigkeit vieler Unternehmer zu führen hat, Hilfe
und Schutz und damit die Möglichkeit der Erkämpfung besserer Lebensbedingungen. Will der Arbeiter
die Vertretung seiner menschlichen Lebensrechte in einer Zeit, da die organisierte Volksgemeinschaft,
der Staat, sich um ihn so gut wie gar nicht kümmert, nicht der blinden Willkür von zum Teil wenig
verantwortungsbewußten, oft auch herzlosen Menschen ausliefern, muß er deren Verteidigung selber in
die Hand nehmen.
[353 Die Organisation der marxistischen Weltlehre]
In eben dem Maße nun, in dem das sogenannte nationale Bürgertum, von Geldinteressen geblendet,
diesem Lebenskampfe die schwersten Hindernisse in den Weg legt, all den Versuchen um Kürzung der
unmenschlich langen Arbeitszeit, Beendigung von Kinderarbeit, Sicherung und Schutz der Frau,
Hebung der gesundheitlichen Verhältnisse in Werkstätten und Wohnungen, nicht nur Widerstand
entgegensetzt, sondern sie häufig und tatsächlich sabotiert, nimmt sich der klügere Jude der so
Unterdrückten an. Er wird allmählich zum Führer der Gewerkschaftsbewegung, und dies um so leichter,
als es ihm nicht um eine wirkliche Behebung sozialer Schäden im ehrlichen Sinne zu tun ist, sondern
um die Heranbildung einer ihm blind ergebenen wirtschaftlichen Kampftruppe zur Zertrümmerung der
nationalen wirtschaftlichen Unabhängigkeit. Denn wahrend die Führung einer gesunden Sozialpolitik
dauernd zwischen den Richtlinien der Erhaltung der Volksgesundheit einerseits und der Sicherung einer
unabhängigen nationalen Wirtschaft andererseits sich bewegen wird, fallen für den Juden in seinem
Kampfe diese beiden Gesichtspunkte nicht nur weg, sondern ihre Beseitigung ist mit sein Lebensziel. Er
wünscht nicht die Erhaltung einer unabhängigen nationalen Wirtschaft, sondern deren Vernichtung.
Infolgedessen können ihn keinerlei Gewissensbisse davor bewahren, als Führer der
Gewerkschaftsbewegung Forderungen zu stellen, die nicht nur aber das Ziel hinausschieben, sondern
deren Erfüllung praktisch entweder unmöglich ist oder den Ruin der nationalen Wirtschaft bedeutet. Er
will aber auch kein gesundes, stimmiges Geschlecht vor sich haben, sondern eine morsche,
unterjochungsfähige Herde. Dieser Wunsch gestattet ihm abermals, Forderungen sinnlosester Art zu
stellen, deren praktische Erfüllung nach seinem eigenen Wissen unmöglich ist, die mithin zu gar keinem
Wechsel der Dinge zu führen vermöchten, sondern höchstens zu einer wüsten Aufpeitschung der Masse.
Darum aber ist es ihm zu tun und nicht um die wirkliche und ehrliche Verbesserung ihrer sozialen Lage.
Somit ist die Führung des Judentums in gewerkschaft[
354 Die Organisation der marxistischen Weltlehre]
lichen Dingen so lange eine unbestrittene, als nicht eine enorme Aufklärungsarbeit die breiten Massen
beeinflußt, sie aber ihr vermeintlich niemals endendes Elend eines Besseren belehrt, oder der Staat den
Juden und seine Arbeit erledigt. Denn solange die Einsicht der Masse so gering bleibt wie jetzt und der
Staat so gleichgültig wie heute, wird diese Masse stets dem am ersten folgen, der in wirtschaftlichen
Dingen zunächst die unverschämtesten Versprechungen bietet. Darin aber ist der Jude Meister. Wird
doch seine gesamte Tätigkeit durch keinerlei moralische Bedenken gehemmt.
So schlägt er denn auf diesem Gebiete zwangsläufig in kurzer Zeit jeden Konkurrenten ans dem Felde.
Seiner ganzen inneren raubgierigen Brutalität entsprechend stellt er die gewerkschaftliche Bewegung
zugleich auf brutalste Gewaltanwendung ein. Wessen Einsicht der jüdischen Lockung widersteht, dessen
Trotz und Erkenntnis wird durch den Terror gebrochen. Die Erfolge einer solchen Tätigkeit sind
ungeheuer.
Tatsächlich zertrümmert der Jude mittels der Gewerkschaft, die ein Segen für die Nation sein könnte,
die Grundlagen der nationalen Wirtschaft.
Parallel damit schreitet die politische Organisation fort.
Sie spielt mit der Gewerkschaftsbewegung insofern zusammen, als diese die Massen auf die politische
Organisation vorbereitet, ja sie mit Gewalt und Zwang in diese hineinpeitscht. Sie ist weiter die
dauernde Finanzquelle, aus der die politische Organisation ihren enormen Apparat speist. Sie ist das
Kontrollorgan für die politische Betätigung des einzelnen und leistet bei allen großen Demonstrationen
politischer Art den Zutreiberdienst. Endlich aber tritt sie überhaupt nicht mehr für wirtschaftliche
Belange ein, sondern stellt ihr Hauptkampfmittel, die Arbeitsniederlegung, als Massen- und
Generalstreik der politischen Idee zur Verfügung.
Durch die Schaffung einer Presse, deren Inhalt dem geistigen Horizont der am wenigsten gebildeten
Menschen angepaßt ist, erhält die politische und gewerkschaftliche
[355 Die Organisation der marxistischen Weltlehre]
Organisation endlich die aufpeitschende Einrichtung, durch welche die untersten Schichten der Nation
zu den verwegensten Taten reif gemacht werden. Ihre Aufgabe ist es nicht, die Menschen aus dem
Sumpfe einer niederen Gesinnung heraus- und auf eine höhere Stufe emporzuführen, sondern ihren
niedersten Instinkten entgegenzukommen. Ein ebenso spekulatives wie einträgliches Geschäft bei der
ebenso denkfaulen wie manchmal anmaßenden Masse.
Diese Presse ist es vor allem, die in einem geradezu fanatischen Verleumdungskampf alles herunterreißt,
was als Stütze der nationalen Unabhängigkeit. kulturellen Höhe und wirtschaftlichen Selbständigkeit der
Nation angesehen werden kann.
Sie trommelt vor allem auf alle die Charaktere los, die sich der jüdischen Herrschaftsanmaßung nicht
beugen wollen, oder deren geniale Fähigkeit dem Juden an sich schon als Gefahr erscheint. Denn um
vom Juden gehaßt zu werden, ist es nicht nötig, daß man ihn bekämpft, sondern es genügt schon der
Verdacht, daß der andere entweder einmal auf den Gedanken der Bekämpfung kommen könnte oder auf
Grund seiner überlegenen Genialität ein Mehrer der Kraft und Größe eines dem Juden feindlichen
Volkstums ist.
Sein in diesen Dingen untrüglicher Instinkt wittert in jedem die ursprüngliche Seele, und seine
Feindschaft ist demjenigen sicher, der nicht Geist ist von seinem Geiste. Da nicht der Jude der
Angegriffene, sondern der Angreifer ist, gilt als sein Feind nicht nur der, der angreift, sondern auch der,
der ihm Widerstand leistet. Das Mittel aber, mit dem er so vermessene, aber aufrechte Seelen zu brechen
versucht, heißt nicht ehrlicher Kampf, sondern Lüge und Verleumdung.
Hier schreckt er vor gar nichts zurück und wird in seiner Gemeinheit so riesengroß, daß sich niemand zu
wundern braucht, wenn in unserem Volke die Personifikation des Teufels als Sinnbild alles Bösen die
leibhaftige Gestalt des Juden annimmt.
Die Unkenntnis der breiten Masse über das innere
[356 Palästina als Organisationszentrale]
Wesen des Juden, die instinktlose Borniertheit unserer oberen Schichten lassen das Volk leicht zum
Opfer dieses jüdischen Lügenfeldzuges werden.
Während sich die oberen Schichten aus angeborener Feigheit heraus von einem Menschen abwenden,
den der Jude auf solche Weise mit Lüge und Verleumdung angreift, pflegt die breite Masse aus
Dummheit oder Einfalt alles zu glauben. Die staatlichen Behörden aber hüllen sich entweder in
Schweigen, oder, was meist zutrifft, um dem jüdischen Pressefeldzug ein Ende zu bereiten, sie verfolgen
den ungerecht Angegriffenen, was in den Augen eines solchen beamteten Esels als Wahrung der
Staatsautorität und Sicherung der Ruhe und Ordnung erscheint.
Langsam legt sich die Furcht vor der marxistischen Waffe des Judentums wie ein Alpdruck auf Hirn und
Seele der anständigen Menschen.
Man beginnt vor dem furchtbaren Feinde zu zittern und ist damit sein endgültiges Opfer geworden.
K) Die Herrschaft des Juden im Staate erscheint schon so gesichert, daß er sich jetzt nicht nur wieder als
Jude bezeichnen darf, sondern auch seine völkischen und politischen letzten Gedankengänge
rücksichtslos zugibt. Ein Teil seiner Rasse bekennt sich schon ganz offen als fremdes Volk, nicht ohne
dabei auch wieder zu lügen. Denn indem der Zionismus der anderen Welt weiszumachen versucht, daß
die völkische Selbstbesinnung des Juden in der Schaffung eines palästinensischen Staates seine
Befriedigung fände, betölpeln die Juden abermals die dummen Gojim auf das gerissenste. Sie denken
gar nicht daran, in Palästina einen jüdischen Staat [Israel] aufzubauen, um ihn etwa zu bewohnen,
sondern sie wünschen nur eine mit eigenen Hoheitsrechten ausgestattete, dem Zugriff anderer Staaten
entzogene Organisationszentrale ihrer internationalen Weltbegaunerei; einen Zufluchtsort überführter
Lumpen und eine Hochschule werdender Gauner.
Aber es ist das Zeichen nicht nur ihrer steigenden Zuversicht, sondern auch des Gefühls ihrer Sicherheit,
wenn frech und offen zu einer Zeit, da der eine Teil noch ver-
[357 Die Diktatur des Proletariats]
logen den Deutschen, Franzosen oder Engländer mimt, der andere sich als jüdische Rasse dokumentiert.
Wie sehr sie den nahenden Sieg schon vor Augen sehen, geht aus der furchtbaren Art hervor, die ihr
Verkehr mit den Angehörigen der anderen Völker annimmt.
Der schwarzhaarige Judenjunge lauert stundenlang, satanische Freude in seinem Gesicht, auf das
ahnungslose Mädchen, das er mit seinem Blute schändet und damit seinem, des Mädchens, Volke raubt.
Mit allen Mitteln versucht er die rassischen Grundlagen des zu unterjochenden Volkes zu verderben. So
wie er selber planmäßig Frauen und Mädchen verdirbt, so schreckt er auch nicht davor zurück, selbst in
größeren Umfange die Blutschranken für andere einzureißen. Juden waren und sind es, die den Neger an
den Rhein bringen, immer mit dem gleichen Hintergedanken und klaren Ziele, durch die dadurch
zwangsläufig eintretende Bastardierung die ihnen verhaßte weiße Rasse zu zerstören, von ihrer
kulturellen und politischen Höhe zu stürzen und selber zu ihren Herren aufzusteigen.
Denn ein rassereines Volk, das sich seines Blutes bewußt ist, wird vom Juden niemals unterjocht werden
können. Er wird auf dieser Welt ewig nur der Herr von Bastarden sein.
So versucht er planmäßig, das Rassenniveau durch eine dauernde Vergiftung der einzelnen zu senken.
Politisch aber beginnt er, den Gedanken der Demokratie abzulösen durch den der Diktatur des
Proletariats.
In der organisierten Masse des Marxismus hat er die Waffe gefunden, die ihn die Demokratie entbehren
läßt und ihm an Stelle dessen gestattet, die Völker diktatorisch mit brutaler Faust zu unterjochen und zu
regieren.
Planmäßig arbeitet er auf die Revolutionierung in doppelter Richtung hin: in wirtschaftlicher und
politischer.
Völker, die dem Angriff von innen zu heftigen Widerstand entgegensetzen, umspinnt er dank seiner
internationalen Einflüsse mit einem Netz von Feinden, hetzt sie in Kriege und pflanzt endlich, wenn
nötig, noch auf die Schlachtfelder die Flagge der Revolution.
[358 Vom Volksjuden zum Blutjuden]
Wirtschaftlich erschüttert er die Staaten so lange, bis die unrentabel gewordenen sozialen Betriebe
entstaatlicht und seiner Finanzkontrolle unterstellt werden.
Politisch verweigert er dem Staate die Mittel zu seiner Selbsterhaltung, zerstört die Grundlagen jeder
nationalen Selbstbehauptung und Verteidigung, vernichtet den Glauben an die Führung, schmäht die
Geschichte und Vergangenheit und zieht alles wahrhaft Große in die Gosse.
Kulturell verseucht er Kunst, Literatur, Theater, vernarrt das natürliche Empfinden, stürzt alle Begriffe
von Schönheit und Erhabenheit, von Edel und Gut und zerrt dafür die Menschen herab in den Bannkreis
seiner eigenen niedrigen Wesensart.
Die Religion wird lächerlich gemacht, Sitte und Moral als überlebt hingestellt, so lange, bis die letzten
Stützen eines Volkstums im Kampfe um das Dasein auf dieser Welt gefallen sind.
L) Nun beginnt die große, letzte Revolution. Indem der Jude die politische Macht erringt, wirft er die
wenigen Hüllen, die er noch trägt, von sich. Aus dem demokratischen Volksjuden wird der Blutjude und
Völkertyrann. In wenigen Jahren versucht er, die nationalen Träger der Intelligenz auszurotten und
macht die Völker, indem er sie ihrer natürlichen geistigen Führer beraubt, reif zum Sklavenlos einer
dauernden Unterjochung.
Das furchtbarste Beispiel dieser Art bildet Rußland, wo er an dreißig Millionen Menschen in wahrhaft
fanatischer Wildheit teilweise unter unmenschlichen Qualen tötete oder verhungern ließ, um einem
Haufen jüdischer Literaten und Börsenbanditen die Herrschaft aber ein großes Volk zu sichern.
Das Ende aber ist nicht nur das Ende der Freiheit der vom Juden unterdrückten Völker, sondern auch das
Ende dieses Völkerparasiten selber. Nach dem Tode des Opfers stirbt auch früher oder später der
Vampir.
×
[359 Bastardierte Völker]
Wenn wir all die Ursachen des deutschen Zusammenbruches vor unserem Auge vorbeiziehen lassen,
dann bleibt als die letzte und ausschlaggebende das Nichterkennen des Rasseproblems und besonders
der jüdischen Gefahr übrig.
Die Niederlagen auf dem Schlachtfelde im August 1918 wären spielend leicht zu ertragen gewesen. Sie
standen in keinem Verhältnis zu den Siegen unseres Volkes. Nicht sie haben uns gestürzt, sondern
gestürzt wurden wir von jener Macht, die diese Niederlagen vorbereitete, indem sie seit vielen
Jahrzehnten planmäßig unserem Volke die politischen und moralischen Instinkte und Kräfte raubte, die
allein Völker zum Dasein befähigen und damit auch berechtigen.
Indem das alte Reich an der Frage der Erhaltung der rassischen Grundlagen unseres Volkstums achtlos
vorüberging, mißachtete es auch das alleinige Recht, das auf dieser Welt Leben gibt. Völker, die sich
bastardieren oder bastardieren lassen, sündigen gegen den Willen der ewigen Vorsehung, und ihr durch
einen Stärkeren herbeigeführter Untergang ist dann nicht ein Unrecht, das ihnen zugefügt wird, sondern
nur die Wiederherstellung des Rechtes. Wenn ein Volk die ihm von der Natur gegebenen und in seinem
Blute wurzelnden Eigenschaften seines Wesens nicht mehr achten will, hat es kein Recht mehr zur
Klage über den Verlust seines irdischen Daseins.
Alles auf der Erde ist zu bessern. Jede Niederlage kann zum Vater eines späteren Sieges werden. Jeder
verlorene Krieg zur Ursache einer späteren Erhebung, jede Not zur Befruchtung menschlicher Energie,
und aus jeder Unterdrückung vermögen die Kräfte zu einer neuen seelischen Wiedergeburt zu kommen
— solange das Blut rein erhalten bleibt.
Die verlorene Blutsreinheit allein zerstört daß innere Glück für immer, senkt den Menschen für ewig
nieder, und die Folgen sind niemals mehr aus Körper und Geist zu beseitigen.
Wenn man dieser einzigen Frage gegenüber alle anderen
[360 Die Scheinblüte des alten Reichs]
Problems des Lebens prüft und vergleicht, dann wird man erst sehen, wie lächerlich klein sie, hieran
gemessen, sind. Sie alle sind zeitlich beschränkt — die Frage der Bluts-Reinerhaltung oder -
Nichtreinerhaltung aber wird bestehen, solange es Menschen gibt.
Alle wirklich bedeutungsvollen Verfallserscheinungen der Vorkriegszeit gehen im letzten Grunde auf
rassische Ursachen zurück.
Mag es sich um Fragen des allgemeinen Rechtes handeln oder um Auswüchse des wirtschaftlichen
Lebens, um kulturelle Niedergangserscheinungen oder politische Entartungsvorgänge, um Fragen einer
verfehlten Schulerziehung oder einer schlechten Beeinflussung der Erwachsenen durch die Presse usw.,
immer und überall ist es im tiefsten Grunde die Nichtbeachtung rassischer Belange des eigenen Volkes
oder das Nichtsehen einer fremden, rassischen Gefahr.
Daher waren auch alle Reformversuche, alle sozialen Hilfswerke und politischen Anstrengungen, aller
wirtschaftliche Aufstieg und jede scheinbare Zunahme des geistigen Wissens in ihrer Folgeerscheinung
dennoch belanglos. Die Nation und ihr das Leben auf dieser Erde befähigender und erhaltender
Organismus, der Staat, wurden innerlich nicht gesünder, sondern krankten zusehends immer mehr dahin.
Alle Scheinblüte des alten Reiches konnte die innere Schwäche nicht verbergen, und jeder Versuch einer
wahrhaften Stärkung des Reiches scheiterte immer wieder am Vorbeigehen an der bedeutungsvollsten
Frage.
Es wäre verfehlt, zu glauben, daß die Anhänger der verschiedenen politischen Richtungen, die am
deutschen Volkskörper herumdokterten, ja selbst die Führer zu einem gewissen Teile, an sich schlechte
oder übelwollende Menschen gewesen wären. Ihre Tätigkeit war nur deshalb zur Unfruchtbarkeit
verdammt, weil sie im günstigsten Falle höchstens die Erscheinungsformen unserer allgemeinen
Erkrankung sahen und diese zu bekämpfen versuchten, an dem Erreger aber blind vorübergingen. Wer
die Linie der poli-
[361 Nichterkennen des inneren Feindes]
tischen Entwicklung des alten Reichs planvoll verfolgt, muß bei ruhiger Überprüfung zu der Einsicht
kommen, daß selbst in der Zeit der Einigung und damit des Aufstieges der deutschen Nation der innere
Verfall bereits im vollen Gang war, und daß trotz aller scheinbaren politischen Erfolge und trotz
steigenden wirtschaftlichen Reichtums die allgemeine Lage sich von Jahr zu Jahr verschlechterte. Selbst
die Wahlen zum Reichstage zeigten in ihrem äußerlichen Anschwellen der marxistischen Stimmen den
immer näher rückenden inneren und damit auch äußeren Zusammenbruch an. Alle Erfolge der
sogenannten bürgerlichen Parteien waren wertlos, nicht nur weil sie das ziffernmäßige Anwachsen der
marxistischen Flut selbst bei sogenannten bürgerlichen Wahlsiegen nicht zu hemmen vermochten,
sondern weil sie vor allem selber schon die Fermente der Zersetzung in sich trugen. Ohne es zu ahnen,
war die bürgerliche Welt vom Leichengift marxistischer Vorstellungen innerlich selbst schon
angesteckt, und ihr Widerstand entsprang häufig mehr dem Konkurrenzneid ehrgeiziger Führer als einer
prinzipiellen Ablehnung zum äußersten Kampf entschlossener Gegner. Ein einziger focht in diesen
langen Jahren mit unerschütterlicher Gleichmäßigkeit, und dies war der Jude. Sein Davidstern stieg im
selben Maße immer höher, in dem der Wille zur Selbsterhaltung unseres Volkes schwand.
Im August 1914 stürmte deshalb auch nicht ein zum Angriff entschlossenes Volk auf die Walstatt,
sondern es erfolgte nur das letzte Aufflackern des nationalen Selbsterhaltungstriebes gegenüber der
fortschreitenden pazifistisch-marxistischen Lähmung unseres Volkskörpers. Da man auch in diesen
Schicksalstagen den inneren Feind nicht erkannte, war aller äußere Widerstand vergeblich, und die
Vorsehung gab ihren Lohn nicht dem siegreichen Schwert, sondern folgte dem Gesetz der ewigen
Vergeltung.
Aus dieser inneren Erkenntnis heraus sollten sich für uns die Leitsätze sowie die Tendenz der neuen
Bewegung formen, die unserer Überzeugung nach allein befähigt waren, den Niedergang des deutschen
Volkes nicht. nur zum Still[
362 Ein germanischer Staat deutscher Nation]
stand zu bringen, sondern das granitene Fundament zu schaffen, auf dem dereinst ein Staat bestehen
kann, der nicht einen volksfremden Mechanismus wirtschaftlicher Belange und Interessen, sondern
einen völkischen Organismus darstellt: Einen germanischen Staat deutscher Nation.
[363]

12. Kapitel:
Die erste Entwicklungszeit der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei
Wenn ich am Schlusse dieses Bandes die erste Entwicklungszeit unserer Bewegung schildere und eine
Reihe von dadurch bedingten Fragen kurz erörtere, so geschieht dies nicht, um eine Abhandlung über
die geistigen Ziele der Bewegung zu geben. Ziele und Aufgaben der neuen Bewegung sind so gewaltige,
daß sie nur in einem eigenen Bande behandelt werden können. So werde ich in einem zweiten Bande die
programmatischen Grundlagen der Bewegung eingehend erörtern und versuchen, ein Bild dessen zu
zeichnen, was wir unter dem Worte "Staat" uns vorstellen. Ich meine dabei unter "uns" all die
Hunderttausende, die im Grunde genommen das gleiche ersehnen, ohne im einzelnen die Worte zu
finden, das innerlich vor Augen Schwebende zu schildern. Denn es ist das Bemerkenswerte aller großen
Reformen, daß sie als Verfechter zunächst oft nur einen einzigen besitzen, als Träger jedoch viele
Millionen. Ihr Ziel ist oft schon seit Jahrhunderten der innere, sehnsuchtsvolle Wunsch von
Hunderttausenden, bis einer sich zum Verkünder eines solchen allgemeinen Wollens aufwirft und als
Bannerträger der alten Sehnsucht einer neuen Idee zum Siege verhilft.
Daß aber Millionen im Herzen den Wunsch nach einer grundsätzlichen Änderung der heute gegebenen
Verhältnisse tragen, beweist die tiefe Unzufriedenheit, unter der sie leiden. Sie äußert sich in
tausendfachen Erscheinungsformen, bei dem einen in Verzagtheit und Hoffnungslosigkeit, beim anderen
in Widerwillen, in Zorn und Empörung, bei diesem in Gleichgültigkeit und bei jenem wieder
[364 Die Lage nach der Revolution]
in wütendem Überschwange. Als Zeugen für diese innere Unzufriedenheit dürfen ebenso die
Wahlmüden gelten wie auch die vielen zum fanatischen Extrem der linken Seite sich Neigenden.
Und an diese sollte sich auch die junge Bewegung in erster Linie wenden. Sie soll nicht eine
Organisation der Zufriedenen, Satten bilden, sondern sie soll die Leidgequälten und Friedlosen, die
Unglücklichen und Unzufriedenen zusammenfassen, und sie soll vor allem nicht auf der Oberfläche des
Volkskörpers schwimmen, sondern im Grunde desselben wurzeln.
×
Rein politisch genommen, ergab sich im Jahre 1918 folgendes Bild: Ein Volk ist in zwei Teile zerrissen.
Der eine, weitaus kleinere, umfaßt die Schichten der nationalen Intelligenz unter Ausschluß aller
körperlich Tätigen. Sie ist äußerlich national, vermag sich aber unter diesem Worte etwas anderes als
eine sehr fade und schwächliche Vertretung sogenannter staatlicher Interessen, die wieder identisch
erscheinen mit dynastischen, nicht vorzustellen. Sie versucht, ihre Gedanken und Ziele mit geistigen
Waffen zu verfechten, die ebenso lückenhaft wie oberflächlich sind, der Brutalität des Gegners
gegenüber aber an sich schon versagen. Mit einem einzigen furchtbaren Hieb wird diese kurz vorher
noch regierende Klasse zu Boden gestreckt und erträgt in zitternder Feigheit jede Demütigung von seiten
des rücksichtslosen Siegers.
Ihr steht als zweite Klasse gegenüber die breite Masse der handarbeitenden Bevölkerung. Sie ist in mehr
oder minder radikalmarxistischen Bewegungen zusammengefaßt, entschlossen, jeden geistigen
Widerstand durch die Macht der Gewalt zu brechen. Sie will nicht national sein, sondern lehnt bewußt
jede Förderung nationaler Interessen ebenso ab, wie sie umgekehrt jeder fremden Unterdrückung
Vorschub leistet. Sie ist ziffernmäßig die stärkere, umfaßt aber vor allem diejenigen Elemente der
Nation, ohne die eine nationale Wiedererhebung undenkbar und unmöglich ist.
[365 Die Lage nach der Revolution]
Denn darüber müßte man sich im Jahre 1918 doch schon klar sein: Jeder Wiederaufstieg des deutschen
Volkes führt nur aber die Wiedergewinnung äußerer Macht. Die Voraussetzungen hierzu sind aber nicht,
wie unsere bürgerlichen "Staatsmänner" immer herumschwätzen, Waffen, sondern die Kräfte des
Willens. Waffen besaß das deutsche Volk einst mehr als genug. Sie haben die Freiheit nicht zu sichern
vermocht, weil die Energien des nationalen Selbsterhaltungstriebes, der Selbsterhaltungswille, fehlten.
Die beste Ware ist totes, wertloses Material, solange der Geist fehlt, der bereit, gewillt und entschlossen
ist, sie zu führen. Deutschland wurde wehrlos, nicht weil Waffen mangelten, sondern weil der Wille
fehlte, die Waffe für die völkische Forterhaltung zu wahren.
Wenn heute besonders unsere linksseitigen Politiker auf die Waffenlosigkeit als die zwangsläufige
Ursache ihrer willenlosen, nachgiebigen, in Wahrheit aber verräterischen Politik nach außen
hinzuweisen sich bemühen, muß man ihnen darauf nur eines antworten: Nein, umgekehrt ist es richtig.
Durch eure antinationale, verbrecherische Politik der Aufgabe nationaler Interessen habt ihr einst die
Waffen ausgeliefert. Jetzt versucht ihr den Mangel an Waffen als begründende Ursache eurer elenden
Jämmerlichkeit hinzustellen. Dies ist, wie alles an eurem Tun, Lüge und Fälschung.
Allein dieser Vorwurf trifft genau so die Politiker von rechts. Denn dank ihrer jämmerlichen Feigheit
vermochte im Jahre 1918 das zur Herrschaft gekommene jüdische Gesindel der Nation die Waffen zu
stehlen. Auch diese haben mithin keinen Grund und kein Recht, die heutige Waffenlosigkeit als Zwang
zu ihrer klugen Vorsicht (sprich "Feigheit") anzuführen, sondern die Wehrlosigkeit ist die Folge ihrer
Feigheit.
Damit aber lautet die Frage einer Wiedergewinnung deutscher Macht nicht, etwa: Wie fabrizieren wir
Waffen?, sondern: Wie erzeugen wir den Geist, der ein Volk befähigt, Waffen zu tragen? Wenn dieser
Geist ein Volk beHerrscht, findet der Wille tausend Wege, von denen jeder
[366 Die Wiedergewinnung der politischen Macht]
bei einer Waffe endet! Man gebe aber einem Feigling zehn Pistolen, und er wird bei einem Angriff
dennoch nicht einen Schuß abzufeuern vermögen. Sie sind für ihn damit wertloser als für den mutigen
Mann ein bloßer Knotenstock.
Die Frage der Wiedergewinnung der politischen Macht unseres Volkes ist schon deshalb in erster Linie
eine Frage der Gesundung unseres nationalen Selbsterhaltungstriebes, weil jede vorbereitende
Außenpolitik sowie jede Bewertung eines Staates an sich erfahrungsgemäß sich weniger nach den
vorhandenen Waffen richtet als nach der erkannten oder doch vermuteten moralischen
Widerstandsfähigkeit einer Nation. Die Bündnisfähigkeit eines Volkes wird viel weniger bestimmt
durch vorhandene tote Waffenmengen als durch das ersichtliche Vorhandensein eines flammenden
nationalen Selbsterhaltungswillens und heroischen Todesmutes. Denn ein Bund wird nicht mit Waffen
geschlossen, sondern mit Menschen. So wird das englische Volk so lange als wertvollster
Bundesgenosse auf der Welt zu gelten haben, solange es in seiner Führung und im Geiste der breiten
Masse jene Brutalität und Zähigkeit erwarten läßt, die entschlossen sind, einen einmal begonnenen
Kampf ohne Rücksicht auf Zeit und Opfer mit allen Mitteln bis zum siegreichen Ende durchzufechten,
wobei die augenblicklich vorhandene militärische Rüstung in keinem Verhältnis zu der anderer Staaten
zu stehen braucht.
Begreift man aber, daß die Wiedererhebung der deutschen Nation eine Frage der Wiedergewinnung
unseres politischen Selbsterhaltungswillens darstellt, so ist es auch klar, daß dem nicht genügt wird
durch eine Gewinnung von an sich schon wenigstens dem Wollen nach nationalen Elementen, sondern
nur durch die Nationalisierung der bewußt antinationalen Masse.
Eine junge Bewegung, die sich als Ziel die Wiederaufrichtung eines deutschen Staates mit eigener
Souveränität stellt, wird mithin ihren Kampf restlos auf die Gewinnung der breiten Massen einzustellen
haben. So jämmerlich auch im allgemeinen unser sogenanntes "nationales
[367 Die Gewinnung der breiten Massen]
Bürgertum" ist, so unzulänglich seine nationale Gesinnung auch erscheint, so sicher ist von dieser Seite
ein ernstlicher Widerstand gegen eine kraftvolle nationale Innen- und Außenpolitik einst nicht zu
erwarten. Selbst wenn aus den bekannt borniert-kurzsichtigen Gründen heraus das deutsche Bürgertum
wie schon einst einem Bismarck gegenüber in der Stunde der kommenden Befreiung in passiver
Resistenz verharren sollte, so ist doch ein aktiver Widerstand dagegen bei seiner anerkannt
sprichwörtlichen Feigheit niemals zu befürchten.
Anders verhält es sich bei der Masse unserer international eingestellten Volksgenossen. Sie sind nicht
nur in ihrer primitiven Urwüchsigkeit mehr auf den Gedanken der Gewalt eingestellt, sondern ihre
jüdische Führung ist brutaler und rücksichtsloser. Sie werden jede deutsche Erhebung genau so
niederschlagen, wie sie einst dem deutschen Heer das Rückgrat zerbrachen. Vor allem aber: sie werden
in diesem parlamentarisch regierten Staat kraft ihrer Majorität der Zahl jede nationale Außenpolitik
nicht nur verhindern, sondern auch jede höhere Einschätzung der deutschen Kraft und damit jede
Bündnisfähigkeit ausschließen. Denn wir sind uns des Schwächemoments, das in unseren 15 Millionen
Marxisten, Demokraten, Pazifisten und Zentrümlern liegt, nicht nur selbst bewußt, sondern es wird noch
mehr vom Ausland erkannt, das den Wert eines möglichen Bündnisses mit uns mißt nach dem Gewichte
dieser Belastung. Man verbündet sich nicht mit einem Staat, dessen aktiver Volksteil jeder
entschlossenen Außenpolitik zumindest passiv gegenübersteht.
Dazu kommt noch die Tatsache, daß die Führung dieser Parteien des nationalen Verrats jeder Erhebung
schon aus bloßem Selbsterhaltungstrieb feindlich gegenüberstehen muß und wird. Es ist geschichtlich
einfach nicht denkbar, daß das deutsche Volk noch einmal seine frühere Stellung einnehmen könnte,
ohne mit denen abzurechnen, die die Ursache und Veranlassung zu dem unerhörten Zusammenbruch
gaben, der unseren Staat heimsuchte. Denn vor dem
[368 Die Gewinnung der breiten Massen]
Richterstuhle der Nachwelt wird der November 1918 nicht als Hoch-, sondern als Landesverrat gewertet
werden.
So ist jede Wiedergewinnung einer deutschen Selbständigkeit nach außen in erster Linie gebunden an
die Wiedergewinnung der inneren willensmäßigen Geschlossenheit unseres Volkes.
Allein, auch rein technisch betrachtet, erscheint der Gedanke einer deutschen Befreiung nach außen so
lange als unsinnig, solange nicht in den Dienst dieses Freiheitsgedankens auch die breite Masse zu treten
bereit ist. Rein militärisch gesehen, wird es vor allem jedem Offizier bei einigem Nachdenken
einleuchten, daß man einen Kampf nach außen mit Studentenbataillonen nicht zu führen vermag,
sondern daß man dazu außer den Gehirnen eines Volkes auch die Fäuste braucht. Man muß sich dabei
noch vor Augen halten, daß eine Nationalverteidigung, die sich nur auf die Kreise der sogenannten
Intelligenz stützte, einen wahren Raubbau an unersetzlichem Gute triebe. Die junge deutsche Intelligenz,
die in den Kriegsfreiwilligenregimentern im Herbste 1914 in der flandrischen Ebene den Tod fand,
fehlte später bitter. Sie war das beste Gut, das die Nation besaß, und ihr Verlust war im Verlaufe des
Krieges nicht mehr zu ersetzen. Allein nicht nur der Kampf selbst ist undurchführbar, wenn die
stürmenden Bataillone nicht die Massen der Arbeiter in ihren Reihen sehen, sondern auch die
Vorbereitung technischer Art ist ohne die innere willensmäßige Einheit unseres Volkskörpers
unausführbar. Gerade unser Volk, das unter den tausend Augen des Friedensvertrages von Versailles
entwaffnet dahinleben muß, vermag irgendwelche technische Vorbereitungen zur Erringung der Freiheit
und menschlichen Unabhängigkeit nur dann zu treten, wenn das Heer innerer Spitzel auf diejenigen
dezimiert wird, denen angeborene Charakterlosigkeit gestattet, für die bekannten dreißig Silberlinge
alles und jedes zu verraten. Mit diesen aber wird man fertig. Unüberwindbar hingegen erscheinen die
Millionen, die aus politischer Überzeugung der nationalen Erhebung entgegentreten — unüberwindbar
so lange, als
[369 Die Nationalisierung der Massen]
nicht die Ursache ihrer Gegnerschaft, die internationale marxistische Weltanschauung, bekämpft und
ihnen aus Herz und Hirn gerissen wird.
Ganz gleich also, von welchem Gesichtspunkte aus man die Möglichkeit einer Wiedererringung unserer
staatlichen und völkischen Unabhängigkeit prüft, ob von dem der außenpolitischen Vorbereitung, dem
der technischen Rüstung oder dem des Kampfes selber, immer bleibt als Voraussetzung zu allem die
vorherige Gewinnung der breiten Masse unseres Volkes für den Gedanken unserer nationalen
Selbständigkeit übrig.
Ohne die Wiedererlangung der äußeren Freiheit bedeutet aber jede innere Reform selbst im günstigsten
Falle nur die Steigerung unserer Erträgnisfähigkeit als Kolonie. Die Überschüsse jeder sogenannten
wirtschaftlichen Hebung kommen unseren internationalen KontrollHerren zugute, und jede soziale
Besserung steigert im günstigsten Falle die Arbeitsleistung für diese. Kulturelle Fortschritte werden der
deutschen Nation überhaupt nicht beschieden sein, sie sind zu sehr gebunden an die politische
Unabhängigkeit und Würde eines Volkstums.
×
Wenn also die günstige Lösung der deutschen Zukunft gebunden ist an die nationale Gesinnung der
breiten Masse unseres Volkes, dann muß diese auch die höchste und gewaltigste Aufgabe einer
Bewegung sein, deren Tätigkeit sich nicht in der Befriedigung des Augenblickes erschöpfen soll,
sondern die all ihr Tun und Lassen nur zu prüfen hat an den voraussichtlichen Folgen in der Zukunft.
So waren wir uns bereits im Jahre 1919 darüber klar, daß die neue Bewegung als oberstes Ziel zunächst
die Nationalisierung der Massen durchführen muß.
Daraus ergab sich in taktischer Hinsicht eine Reihe von Forderungen.1. Um die Masse der nationalen
Erhebung zu gewinnen, ist kein soziales Opfer zu schwer.
Was auch immer unseren Arbeitnehmern heute für wirt-
[370 Die Nationalisierung der Massen]
schaftliche Konzessionen gemacht werden, so stehen diese in keinem Verhältnis zum Gewinne der
gesamten Nation, wenn sie mithelfen, die breiten Schichten wieder ihrem Volkstume zu schenken. Nur
kurzsichtige Borniertheit, wie man sie leider häufig in unseren Unternehmerkreisen findet, kann
verkennen, daß es auf die Dauer keinen wirtschaftlichen Aufschwung für sie gibt und damit auch keinen
wirtschaftlichen Nutzen mehr, wenn die innere völkische Solidarität unserer Nation nicht
wiederhergestellt wird.
Hätten die deutschen Gewerkschaften im Kriege die Interessen der Arbeiterschaft auf das
rücksichtsloseste gewahrt, hätten sie selbst während des Krieges dem damaligen dividendenhungrigen
Unternehmertum tausendmal durch Streik die Bewilligung der Forderungen der von ihnen vertretenen
Arbeiter abgepreßt, hätten sie aber in den Belangen der nationalen Verteidigung sich ebenso fanatisch zu
ihrem Deutschtum bekannt, und hätten sie mit gleicher Rücksichtslosigkeit dem Vaterlande gegeben,
was des Vaterlandes ist, so wäre der Krieg nicht verlorengegangen. Wie lächerlich aber würden alle und
selbst die größten wirtschaftlichen Konzessionen gewesen sein gegenüber der ungeheuren Bedeutung
des gewonnenen Krieges!So hat eine Bewegung, die beabsichtigt, den deutschen Arbeiter wieder dem
deutschen Volke zu gehen, sich darüber klar zu werden, daß wirtschaftliche Opfer bei dieser Frage
überhaupt keine Rolle spielen, solange nicht die Erhaltung und Unabhängigkeit der nationalen
Wirtschaft durch sie bedroht werden.2. Die nationale Erziehung der breiten Masse kann nur über den
Umweg einer sozialen Hebung stattfinden, da ausschließlich durch sie jene allgemein wirtschaftlichen
Voraussetzungen geschaffen werden, die dem einzelnen gestatten, auch an den kulturellen Gütern der
Nation teilzunehmen.3. Die Nationalisierung der breiten Masse kann niemals erfolgen durch Halbheiten,
durch schwaches Betonen eines sogenannten Objektivitätsstandpunktes, sondern durch rücksichtslose
und fanatisch einseitige Einstellung auf das nun
[371 Die Nationalisierung der Massen]
einmal zu erstrebende Ziel. Das heißt also, man kann ein Volk nicht "national" machen im Sinne unseres
heutigen Bürgertums, also mit soundso viel Einschränkungen, sondern nur nationalistisch mit der
ganzen Vehemenz, die dem Extrem innewohnt. Gift wird nur durch Gegengift gebrochen, und nur die
Schalheit eines bürgerlichen Gemüts kann die mittlere Linie als den Weg ins Himmelreich betrachten.
Die breite Masse eines Volkes besteht weder aus Professoren noch aus Diplomaten. Das geringe
abstrakte Wissen, das sie besitzt, weist ihre Empfindungen mehr in die Welt des Gefühls. Dort ruht ihre
entweder positive oder negative Einstellung. Sie ist nur empfänglich für eine Kraftäußerung in einer
dieser beiden Richtungen und niemals für eine zwischen beiden schwebende Halbheit. Ihre
gefühlsmäßige Einstellung aber bedingt zugleich ihre außerordentliche Stabilität. Der Glaube ist
schwerer zu erschüttern als das Wissen, Liebe unterliegt weniger dem Wechsel als Achtung, Haß ist
dauerhafter als Abneigung, und die Triebkraft zu den gewaltigsten Umwälzungen auf dieser Erde lag zu
allen Zeiten weniger in einer die Masse beHerrschenden wissenschaftlichen Erkenntnis als in einem sie
beseelenden Fanatismus und manchmal in einer sie vorwärtsjagenden Hysterie.
Wer die breite Masse gewinnen will, muß den Schlüssel kennen, der das Tor zu ihrem Herzen öffnet. Er
heißt nicht Objektivität, also Schwäche, sondern Wille und Kraft.4. Die Gewinnung der Seele des
Volkes kann nur gelingen, wenn man neben der Führung des positives Kampfes für die eigenen Ziele
den Gegner dieser Ziele vernichtet.
Das Volk sieht zu allen Zeiten im rücksichtslosen Angriff auf einen Widersacher den Beweis des
eigenen Rechtes, und es empfindet den Verzicht auf die Vernichtung des anderen als Unsicherheit in
bezug auf das eigene Recht, wenn nicht als Zeichen des eigenen Unrechtes.
Die breite Masse ist nur ein Stück der Natur, und ihr Empfinden versteht nicht den gegenseitigen
Händedruck von
[372 Die Nationalisierung der Massen]
Menschen, die behaupten, Gegensätzliches zu wollen. Was sie wünscht, ist der Sieg des Stärkeren und
die Vernichtung des Schwachen oder seine bedingungslose Unterwerfung.
Die Nationalisierung unserer Masse wird nur gelingen, wenn bei allem positiven Kampf um die Seele
unseres Volkes ihre internationalen Vergifter ausgerottet werden.5. Alle großen Fragen der Zeit sind
Fragen des Augenblicks und stellen nur Folgeerscheinungen bestimmter Ursachen dar. Ursächliche
Bedeutung besitzt aber unter ihnen allen nur eine, die Frage der rassischen Erhaltung des Volkstums. Im
Blute allein liegt sowohl die Kraft als auch die Schwache des Menschen begründet. Völker, welche nicht
die Bedeutung ihrer rassischen Grundlage erkennen und beachten, gleichen Menschen, die Möpsen die
Eigenschaften von Windhunden anlernen möchten, ohne zu begreifen, daß die Schnelligkeit des
Windhundes wie die Gelehrigkeit des Pudels keine angelernten, sondern in der Rasse liegende
Eigenschaften sind. Völker, die auf die Erhaltung ihrer rassischen Reinheit verzichten, leisten damit
auch Verzicht auf die Einheit ihrer Seele in all ihren Äußerungen. Die Zerrissenheit ihres Wesens ist die
naturnotwendige Folge der Zerrissenheit ihres Blutes, und die Veränderung ihrer geistigen und
schöpferischen Kraft ist nur die Wirkung der Änderung ihrer rassischen Grundlagen.
Wer das deutsche Volk von seinen ihm ursprünglich wesensfremden Äußerungen und Untugenden von
heute befreien will, wird es erst erlösen müssen vom fremden Erreger dieser Äußerungen und
Untugenden.
Ohne klarste Erkenntnis des Rassenproblems und damit der Judenfrage wird ein Wiederaufstieg der
deutschen Nation nicht mehr erfolgen.
Die Rassenfrage gibt nicht nur den Schlüssel zur Weltgeschichte, sondern auch zur menschlichen Kultur
überhaupt.6. Die Eingliederung der heute im internationalen Lager stehenden breiten Masse unseres
Volkes in eine nationale Volksgemeinschaft bedeutet keinen Verzicht auf die Vertretung berechtigter
Standesinteressen. Auseinandergehende Standes- und Berufsinteressen sind nicht gleichbedeutend
[373 Die Nationalisierung der Massen]
mit Klassenspaltung, sondern sind selbstverständlich Folgeerscheinungen unseres wirtschaftlichen
Lebens. Die Berufsgruppierung steht in keinerlei Weise einer wahrhaften Volksgemeinschaft entgegen,
denn diese besteht in der Einheit des Volkstums in allen jenes Fragen, die dieses Volkstum an sich
betreffen.
Die Eingliederung eines Klasse gewordenen Standes in die Volksgemeinschaft oder auch nur in den
Staat erfolgt nicht durch Herabsteigen höherer Klassen, sondern durch das Hinaufheben der unteren.
Träger dieses Prozesses kann wieder niemals die höhere Klasse sein, sondern die für ihre
Gleichberechtigung kämpfende untere. Das heutige Bürgertum wurde nicht durch Maßnahmen des
Adels dem Staate eingegliedert, sondern durch eigene Tatkraft unter eigener Führung.
Der deutsche Arbeiter wird nicht aber den Umweg schwächlicher Verbrüderungsszenen in den Rahmen
der deutschen Volksgemeinschaft gehoben, sondern durch bewußtes Heben seiner sozialen und
kulturellen Lage, so lange, bis die schwerwiegendsten Unterschiede als überbrückt gelten dürfen. Eine
Bewegung, die sich diese Entwicklung zum Ziele setzt, wird ihre Anhängerschaft dabei in erster Linie
aus dem Arbeiterlager zu holen haben. Sie darf auf Intelligenz nur in dem Maße zurückgreifen, in dem
diese das zu erstrebende Ziel bereits restlos erfaßt hat. Dieser Umwandlungs- und Annäherungsprozeß
wird nicht in zehn oder zwanzig Jahren beendet sein, sondern umschließt erfahrungsgemäß viele
Generationen.
Das schwere Hindernis für die Annäherung des heutigen Arbeiters an die nationale Volksgemeinschaft
liegt nicht in seiner standesgemäßen Interessenvertretung, sondern in seiner internationalen volks- und
vaterlandsfeindlichen Führung und Einstellung. Die gleichen Gewerkschaften, fanatisch national in
politischen und völkischen Belangen geleitet, würden Millionen Arbeiter zu wertvollsten Gliedern ihres
Volkstums machen ohne Rücksicht auf die im einzelnen stattfindenden Kämpfe in rein wirtschaftlichen
Belangen.
[374 Die Nationalisierung der Massen]
Eine Bewegung, die den deutschen Arbeiter in ehrlicher Weise seinem Volke wiedergeben und dem
internationalen Wahn entreißen will, muß auf das schärfste Front machen gegen eine vor allem in
Unternehmerkreisen Herrschende Auffassung, die unter Volksgemeinschaft die widerstandslose
wirtschaftliche Auslieferung des Arbeitnehmers dem Arbeitgeber gegenüber versteht, und die in jedem
Versuch der Wahrung selbst berechtigter wirtschaftlicher Existenzinteressen des Arbeitnehmers einen
Angriff auf die Volksgemeinschaft sehen will. Das Vertreten dieser Auffassung stellt das Vertreten einer
bewußten Lüge dar; die Volksgemeinschaft legt ja nicht nur der einen Seite, sondern auch der anderen
ihre Verpflichtungen auf.
So sicher ein Arbeiter wider den Geist einer wirklichen Volksgemeinschaft sündigt, wenn er ohne
Rücksicht auf das gemeinsame Wohl und den Bestand einer nationalen Wirtschaft, gestützt auf seine
Macht, erpresserisch Forderungen stellt, so sehr aber bricht auch ein Unternehmer diese Gemeinschaft,
wenn er durch unmenschliche und ausbeuterische Art seiner Betriebsführung die nationale Arbeitskraft
mißbraucht und aus ihrem Schweiße Millionen erwuchert. Er hat dann kein Recht, sich als national zu
bezeichnen, kein Recht, von einer Volksgemeinschaft zu sprechen, sondern er ist ein egoistischer Lump,
der durch das Hereintragen des sozialen Unfriedens spätere Kämpfe provoziert, die so oder so der
Nation zum Schaden gereichen müssen.
Das Reservoir, aus dem die junge Bewegung ihre Anhänger schöpfen soll, wird also in erster Linie die
Masse unserer Arbeitnehmer sein. Diese gilt es dem internationalen Wahne zu entreißen, aus ihrer
sozialen Not zu befreien, dem kulturellen Elend zu entheben und als geschlossenen, wertvollen, national
fühlenden und national rein wollenden Faktor in die Volksgemeinschaft zu überführen.
Finden sich in den Kreisen der nationalen Intelligenz Menschen mit wärmsten Herzen für ihr Volk und
seine Zukunft, erfüllt von tiefster Erkenntnis für die Bedeutung des Kampfes um die Seele dieser Masse,
sind sie in den
[375 Die Nationalisierung der Massen]
Reihen dieser Bewegung als wertvolles geistiges Rückgrat hochwillkommen. Ein Gewinnen des
bürgerlichen Wahlstimmviehs aber darf niemals das Ziel dieser Bewegung sein. Sie würde sich in einem
solchen Falle mit einer Masse belasten, die ihrer ganzen Wesensart nach die Werbekraft den breiten
Schichten gegenüber zum Erlahmen brächte. Denn ungeachtet der theoretischen Schönheit des
Gedankens einer Zusammenführung breitester Massen von unten und oben schon innerhalb des
Rahmens der Bewegung, steht dem doch die Tatsache gegenüber, daß man durch psychologische
Beeinflussung bürgerlicher Massen in allgemeinen Kundgebungen wohl Stimmungen zu erzeugen, ja
selbst Einsicht zu verbreiten vermag, aber nicht Charaktereigenschaften, oder besser gesagt, Untugenden
zum Verschwinden bringt, deren Werden und Entstehen Jahrhunderte umfaßte. Der Unterschied in
bezug auf das beiderseitige kulturelle Niveau und die beiderseitige Stellung zu den Fragen
wirtschaftlicher Belange ist zur Zeit noch so groß, daß er, sobald der Rausch der Kundgebungen
vergangen ist, sofort als hemmend in Erscheinung treten würde.
Endlich aber ist es nicht das Ziel, eine Umschichtung im an sich nationalen Lager vorzunehmen,
sondern ein Gewinnen des antinationalen.
Und dieser Gesichtspunkt ist auch schließlich maßgebend für die taktische Einstellung der gesamten
Bewegung.7. Diese einseitige, aber dadurch klare Stellungnahme hat sich auch in der Propaganda der
Bewegung auszudrücken und wird anderseits selber wieder durch propagandistische Gründe
gefordert.
Soll die Propaganda für die Bewegung wirksam sein, muß sie sich nach einer Seite allein wenden, da sie
im anderen Fall bei der Verschiedenheit der geistigen Vorbildung der beiden in Frage kommenden
Lager entweder von der einen Seite nicht verstanden oder von der anderen als selbstverständlich und
damit uninteressant abgelehnt würde.
Selbst die Ausdrucksweise und der Ton im einzelnen kann nicht für zwei so extreme Schichten gleich
wirksam sein. Verzichtet die Propaganda auf die Urwüchsigkeit der
[376 Die Nationalisierung der Massen]
Ausdrucksweise, findet sie nicht den Weg zum Empfinden der breiten Masse. Verwendet sie hingegen
in Wort und Gebärde die Derbheit des Gefühls der Masse und seiner Äußerungen, so wird sie von der
sogenannten Intelligenz als roh und ordinär abgelehnt. Es gibt unter hundert sogenannten Rednern kaum
zehn, die in der Lage wären, gleich wirksam heute vor einem Publikum aus Straßenfegern, Schlossern,
Kanalräumern usw. zu sprechen und morgen einen Vortrag mit notwendigerweise gleichem
gedanklichem Inhalt vor einem Auditorium von Hochschulprofessoren und Studenten zu halten. Es gibt
aber unter tausend Rednern vielleicht nur einen einzigen, der es fertigbringt, vor Schlossern und
Hochschulprofessoren zugleich in einer Form zu sprechen, die beiden Teilen in ihrem
Auffassungsvermögen nicht nur entspricht, sondern beide Teile auch gleich wirksam beeinflußt oder gar
zum rauschenden Sturm des Beifalls mitreißt. Man muß sich aber immer vor Augen halten, daß selbst
der schönste Gedanke einer erhabenen Theorie in den meisten Fällen seine Verbreitung nur durch kleine
und kleinste Geister finden kann. Nicht darauf kommt es an, was der geniale Schöpfer einer Idee im
Auge hat, sondern auf die Form und den Erfolg, mit denen die Verkünder dieser Idee sie der breiten
Masse vermitteln.
Die starke werbende Kraft der Sozialdemokratie, ja der gesamten marxistischen Bewegung überhaupt,
beruhte zum großen Teil in der Einheit und damit Einseitigkeit des Publikums, an das sie sich wandte. Je
scheinbar beschränkter, ja bornierter ihre Gedankengänge dabei waren, um so leichter wurden sie von
einer Masse aufgenommen und verarbeitet, deren geistiges Niveau dem des Vorgebrachten entsprach.
Damit aber ergab sich für diese neue Bewegung ebenfalls eine einfache und klare Linie:Die Propaganda
ist in Inhalt und Form auf die breite Masse anzusetzen und ihre Richtigkeit ist ausschließlich zu messen
an ihrem wirksamen Erfolg. In einer Volksversammlung der breiten Schichten spricht

[377 Die Nationalisierung der Massen]
nicht der Redner am besten, der der anwesenden Intelligenz geistig am nächsten steht, sondern
derjenige, der das Herz der Masse erobert.
Ein in solch einer Versammlung anwesender Intelligenzler, welcher trotz der ersichtlichen Wirkung des
Redners auf die zu erobernden unteren Schichten die Rede hinsichtlich der geistigen Höhe bekrittelt,
beweist die vollständige Unfähigkeit seines Denkens und die Wertlosigkeit seiner Person für die junge
Bewegung. Für sie kommt nur derjenige Intellektuelle in Frage, der Aufgabe und Ziel der Bewegung
schon so sehr erfaßt, daß er die Tätigkeit auch der Propaganda ausschließlich nach ihrem Erfolge zu
beurteilen gelernt hat und nicht nach den Eindrücken, die sie auf ihn selber hinterläßt. Denn nicht zur
Unterhaltung von an sich schon nationalgesinnten Menschen hat die Propaganda zu dienen, sondern zur
Gewinnung der Feinde unseres Volkstums, sofern sie unseres Blutes sind.
Im allgemeinen sollten nun für die junge Bewegung jene Gedankengänge, die ich unter der
Kriegspropaganda schon kurz zusammenfaßte, bestimmend und maßgebend werden für die Art und
Durchführung ihrer eigenen Aufklärungsarbeit.
Daß sie richtig war, hat ihr Erfolg bewiesen.8. Das Ziel einer politischen Reformbewegung wird nie
erreicht werden durch Aufklärungsarbeit oder durch Beeinflussung Herrschender Gewalten, sondern nur
durch die Erringung der politischen Macht. Jede weltbewegende Idee hat nicht nur das Recht, sondern
die Pflicht, sich derjenigen Mittel zu versichern, die die Durchführung ihrer Gedankengänge
ermöglichen. Der Erfolg ist der einzige irdische Richter aber das Recht oder Unrecht eines solchen
Beginnens, wobei unter Erfolg nicht wie im Jahre 1918 die Erringung der Macht an sich zu verstehen
ist, sondern die für ein Volkstum segensreiche Auswirkung derselben. So ist ein Staatsstreich nicht dann
als gelungen anzusehen, wenn, wie gedankenlose Staatsanwälte in Deutschland heute meinen, den
Revolutionären die Inbesitznahme der Staatsgewalt gelang, sondern nur dann, wenn in der Ver-
[378 Höchste Autorität — höchste Verantwortung]
wirklichung der einer solchen revolutionären Handlung zugrunde gelegten Absichten und Ziele der
Nation mehr Heil erwächst als unter dem vergangenen Regiment. Etwas, das von der deutschen
Revolution, wie sich der Banditenstreich des Herbstes 1918 bezeichnet, nicht gut behauptet werden
kann.
Wenn aber die Erringung der politischen Macht die Voraussetzung für die praktische Durchführung
reformatorischer Absichten bildet, dann mag eine Bewegung mit reformatorischen Absichten sich vom
ersten Tage ihres Bestehens an als Bewegung der Masse fühlen und nicht als literarischer Teeklub oder
spießbürgerliche Kegelgesellschaft.9. Die junge Bewegung ist ihrem Wesen und ihrer inneren
Organisation nach antiparlamentarisch, d. h. sie lehnt im allgemeinen wie in ihrem eigenen inneren
Aufbau ein Prinzip der Majoritätsbestimmung ab, in dem der Führer nur zum Vollstrecker des Willens
und der Meinung anderer degradiert wird. Die Bewegung vertritt im kleinsten wie im größten den
Grundsatz der unbedingten Führerautorität, gepaart mit höchster Verantwortung.
Die praktischen Folgen dieses Grundsatzes in der Bewegung sind nachstehende:Der erste Vorsitzende
einer Ortsgruppe wird durch den nächsthöheren Führer eingesetzt, er ist der verantwortliche Leiter der
Ortsgruppe. Sämtliche Ausschüsse unterstehen ihm und nicht er umgekehrt einem Ausschuß.
Abstimmungs-Ausschüsse gibt es nicht, sondern nur Arbeitsausschüsse. Die Arbeit teilt der
verantwortliche Leiter, der erste Vorsitzende, ein. Der gleiche Grundsatz gilt für die nächsthöhere
Organisation, den Bezirk, den Kreis oder den Gau. Immer wird der Führer von oben eingesetzt und
gleichzeitig mit unbeschränkter Vollmacht und Autorität bekleidet. Nur der Führer der Gesamtpartei
wird aus vereinsgesetzlichen Gründen in der Generalmitgliederversammlung gewählt. Er ist aber der
ausschließliche Führer der Bewegung. Sämtliche Ausschüsse unterstehen ihm und nicht er den
Ausschüssen. Er bestimmt und trägt damit aber auch auf seinen Schultern die Verantwortung. Es steht
den Anhängern der
[379 Ablehnung von Religionsstreitigkeiten]
Bewegung frei, vor dem Forum einer neuen Wahl ihn zur Verantwortung zu ziehen, ihn seines Amtes zu
entkleiden, insofern er gegen die Grundsätze der Bewegung verstoßen oder ihren Interessen schlecht
gedient hat. An seine Stelle tritt dann der besserkönnende, neue Mann, jedoch mit gleicher Autorität und
mit gleicher Verantwortlichkeit.
Es ist eine der obersten Aufgaben der Bewegung, dieses Prinzip zum bestimmenden nicht nur innerhalb
ihrer eigenen Reihen, sondern auch für den gesamten Staat zu machen.
Wer Führer sein will, trägt bei höchster unumschränkter Autorität auch die letzte und schwerste
Verantwortung.
Wer dazu nicht fähig oder für das Ertragen der Folgen seines Tuns zu feige ist, taugt nicht zum Führer.
Nur der Held ist dazu berufen.
Der Fortschritt und die Kultur der Menschheit sind nicht ein Produkt der Majorität, sondern beruhen
ausschließlich auf der Genialität und der Tatkraft der Persönlichkeit.
Diese heranzuzüchten und in ihre Rechte einzusetzen, ist eine der Vorbedingungen zur
Wiedergewinnung der Größe und Macht unseres Volkstums.
Damit ist die Bewegung aber antiparlamentarisch, und selbst ihre Beteiligung in einer parlamentarischen
Institution kann nur den Sinn einer Tätigkeit zu deren Zertrümmerung besitzen, zur Beseitigung einer
Einrichtung, in der wir eine der schwersten Verfallserscheinungen der Menschheit zu erblicken
haben.10. Die Bewegung lehnt jede Stellungnahme zu Fragen, die entweder außerhalb des Rahmens
ihrer politischen Arbeit liegen oder für sie als nicht von grundsätzlicher Bedeutung belanglos sind,
entschieden ab. Ihre Aufgabe ist nicht die einer religiösen Reformation, sondern die einer politischen
Reorganisation unseres Volkes. Sie sieht in beiden religiösen Bekenntnissen gleich wertvolle Stützen für
den Bestand unseres Volkes und bekämpft deshalb diejenigen Parteien, die dieses Fundament einer
sittlich-religiösen
[380 Weder monarchisch noch republikanisch]
und moralischen Festigung unseres Volkskörpers zum Instrument ihrer Parteiinteressen herabwürdigen
wollen.
Die Bewegung sieht endlich ihre Aufgabe nicht in der Wiederherstellung einer bestimmten Staatsform
und im Kampfe gegen eine andere, sondern in der Schaffung derjenigen grundsätzlichen Fundamente,
ohne die auf die Dauer weder Republik noch Monarchie bestehen können. Ihre Mission liegt nicht in der
Begründung einer Monarchie oder der Festigung einer Republik, sondern in der Schaffung eines
germanischen Staates.
Die Frage der äußeren Ausgestaltung dieses Staates, also seine Krönung, ist nicht von grundsätzlicher
Bedeutung, sondern wird nur bedingt durch Fragen praktischer Zweckmäßigkeit.
Bei einem Volk, das erst die großen Probleme und Aufgaben seines Daseins begriffen hat, werden die
Fragen äußerer Formalitäten nicht mehr zu inneren Kämpfen führen.11. Die Frage der inneren
Organisation der Bewegung ist eine solche der Zweckmäßigkeit und nicht des Prinzips.
Die beste Organisation ist nicht diejenige, die zwischen der Führung einer Bewegung und den einzelnen
Anhängern den größten, sondern diejenige, die den kleinsten Vermittlerapparat einschiebt. Denn die
Aufgabe der Organisation ist die Vermittlung einer bestimmten Idee — die zunächst immer dem Kopfe
eines einzelnen entspringt — an eine Vielheit von Menschen sowie die Überwachung ihrer Umsetzung
in die Wirklichkeit.
Die Organisation ist damit in allem und jedem nur ein notwendiges Übel. Sie ist im besten Falle ein
Mittel zum Zweck, im schlimmsten Falle Selbstzweck.
Da die Welt mehr mechanische Naturen hervorbringt als ideelle, pflegen sich die Formen der
Organisation zumeist leichter zu bilden als Ideen an sich.
Der Gang jeder nach Verwirklichung strebenden Idee, besonders mit reformatorischem Charakter, ist in
großen Zügen folgender:Irgendein genialer Gedanke entsteht im Gehirn eines
[381 Das notwendige Übel der Organisation]
Menschen, der sich berufen fühlt, seine Erkenntnis der übrigen Menschheit zu vermitteln, Er predigt
seine Anschauung und gewinnt allmählich einen bestimmten Kreis; von Anhängern. Dieser Vorgang der
direkten und persönlichen Übermittlung der Ideen eines Menschen auf die andere Mitwelt ist der
idealste und natürlichste. Bei steigender Zunahme von Anhängern der neuen Lehre ergibt sich
allmählich die Unmöglichkeit für den Träger der Idee, persönlich auf die zahllosen Anhänger weiter
direkt einzuwirken, sie zu führen und zu leiten. In eben dem Maße, in dem infolge des Wachstums der
Gemeinde der direkte und kürzeste Verkehr ausgeschaltet wird, tritt die Notwendigkeit einer
verbindenden Gliederung ein: der ideale Zustand wird damit beendet, und an seine Stelle tritt das
notwendige Übel der Organisation. Es bilden sich kleine Untergruppen, die in der politischen Bewegung
beispielsweise als Ortsgruppen die Keimzellen der späteren Organisation darstellen.
Diese Untergliederung darf jedoch, wenn nicht die Einheit der Lehre verlorengehen soll, immer erst
dann stattfinden, wenn die Autorität des geistigen Begründers und der von ihm herangebildeten Schule
als unbedingt anerkannt gelten darf. Die geopolitische Bedeutung eines zentralen Mittelpunktes einer
Bewegung kann dabei nicht überschätzt werden. Nur das Vorhandensein eines solchen, mit dem
magischen Zauber eines Mekka oder Rom umgebenden Ortes kann auf die Dauer einer Bewegung die
Kraft schenken, die in der inneren Einheit und der Anerkennung einer diese Einheit repräsentierenden
Spitze begründet liegt.
So darf bei der Bildung der ersten organisatorischen Keimzellen nie die Sorge aus dem Auge verloren
werden, dem ursprünglichen Ausgangsort der Idee die Bedeutung nicht nur zu erhalten, sondern zu einer
überragenden zu steigern. Diese Steigerung der ideellen, moralischen und tatsächlichen Übergröße des
Ausgangs- und Leitpunktes der Bewegung muß in eben dem Maße stattfinden, in dem die zahllos
gewordenen untersten Keimzellen der Bewe-
[382 Die Autorität der Zentrale]
gung neue Zusammenschlüsse in organisatorischen Formen erfordern.
Denn wie die zunehmende Zahl einzelner Anhänger und die Unmöglichkeit eines weiteren direkten
Verkehrs mit ihnen zur Bildung der untersten Zusammenfassungen führt, so zwingt die endliche
zahllose Vermehrung dieser untersten Organisationsformen wieder zu höheren Zusammenschlüssen, die
man politisch etwa als Gau- oder Bezirksverbände ansprechen kann.
So leicht es vielleicht noch ist, die Autorität der ursprünglichen Zentrale gegenüber den untersten
Ortsgruppen aufrechtzuerhalten, so schwer wird es schon sein, diese Stellung den nunmehr sich
bildenden höheren Organisationsformen gegenüber zu bewahren. Dieses aber ist die Voraussetzung für
den einheitlichen Bestand einer Bewegung und damit für die Durchführung einer Idee.
Wenn endlich auch diese größeren Zwischengliederungen zu neuerlichen Organisationsformen
zusammengeschlossen "werden, steigert sich auch weiter die Schwierigkeit, selbst ihnen gegenüber den
unbedingt führenden Charakter des ursprünglichen Gründungsortes, seiner Schule usw. sicherzustellen.
Deshalb dürfen die mechanischen Formen einer Organisation nur in eben dem Maße ausgebaut werden,
in dem die geistige ideelle Autorität einer Zentrale bedingungslos gewahrt erscheint. Bei politischen
Gebilden kann diese Garantie oft nur durch die praktische Macht als gegeben erscheinen.
Hieraus ergaben sich folgende Richtlinien für den inneren Aufbau der Bewegung:a) Konzentration der
gesamten Arbeit zunächst auf einen einzigen Ort: München. Heranbildung einer Gemeinde von
unbedingt verläßlichen Anhängern und Ausbildung einer Schule für die spätere Verbreitung der Idee.
Gewinnung der notwendigen Autorität für später durch möglichst große sichtbare Erfolge an diesem
einen Ort.
Um die Bewegung und ihre Führer bekannt zu machen, war es nötig, den Glauben an die
Unbesiegbarkeit der mar-
[383 Der innere Aufbau der Bewegung]
xistischen Lehre an einem Orte für alle sichtbar nicht nur zu erschüttern, sondern die Möglichkeit einer
entgegengesetzten Bewegung zu beweisen.
B) Bildung von Ortsgruppen erst dann, wenn die Autorität der Zentralleitung in München als unbedingt
anerkannt gelten darf.c) Die Bildung von Bezirks-, Gau- oder Landesverbänden erfolgt ebenfalls nicht
nur nach dem Bedarf an sich, sondern nach Erreichung der Sicherheit einer bedingungslosen
Anerkennung der Zentrale.
Weiter aber ist die Bildung organisatorischer Formen abhängig von den vorhandenen, als Führer in
Betracht kommenden Köpfen.
Es gibt dabei zwei Wege.
A) Die Bewegung verfügt aber die notwendigen finanziellen Mittel zur Heran- und Ausbildung
befähigter Köpfe zum späteren Führertum. Sie setzt das dabei gewonnene Material dann planmäßig nach
den Gesichtspunkten taktischer und sonstiger Zweckmäßigkeit ein.
Dieser Weg ist der leichtere und schnellere; er erfordert jedoch große Geldmittel, da dieses
Führermaterial nur besoldet in der Lage ist, für die Bewegung arbeiten zu können.
B) Die Bewegung ist infolge des Mangels an Geldmitteln nicht in der Lage, beamtete Führer
einzusetzen, sondern ist zunächst auf ehrenamtlich tätige angewiesen.
Dieser Weg ist der langsamere und schwerere.
Die Führung der Bewegung muß große Gebiete unter Umständen brachliegen lassen, sofern sich nicht
aus den Anhängern ein Kopf herausschält, fähig und gewillt, sich der Leitung zur Verfolgung zu stellen
und die Bewegung in dem betreffenden Gebiete zu organisieren und zu führen.
Es kann vorkommen, daß sich dann in großen Gebieten niemand findet, in anderen Orten dagegen
wieder zwei oder gar drei annähernd gleich Fähige sind. Die Schwierigkeit, die in einer solchen
Entwicklung liegt, ist groß und kann nur nach Jahren überwunden werden.
Immer aber ist und bleibt die Voraussetzung für die
[384 Der innere Aufbau der Bewegung]
Bildung einer organisatorischen Form der zu ihrer Führung fähige Kopf.
So wertlos eine Armee in all ihren organisatorischen Formen ohne Offiziere ist, so wertlos ist eine
politische Organisation ohne den entsprechenden Führer.
Für die Bewegung ist das Unterlassen der Bildung einer Ortsgruppe besser als das Mißglücken ihrer
Organisierung, wenn eine leitende und vorwärtstreibende Führerpersönlichkeit fehlt.
Zum Führertum selbst gehört nicht nur Wille, sondern auch Fähigkeit, wobei jedoch der Willens- und
Tatkraft eine größere Bedeutung zugemessen werden muß als der Genialität an sich, und am
wertvollsten eine Verbindung von Fähigkeit, Entschlußkraft und Beharrlichkeit ist.12. Die Zukunft einer
Bewegung wird bedingt durch den Fanatismus, ja die Unduldsamkeit, mit der ihre Anhänger sie als die
allein richtige vertreten und anderen Gebilden ähnlicher Art gegenüber durchsetzen.
Es ist der größte Fehler, zu glauben, daß die Stärke einer Bewegung zunimmt durch die Vereinigung mit
einer anderen, ähnlich beschaffenen. Jede Verbrüderung auf solchem Weg bedeutet zunächst freilich
eine Zunahme an äußerem Umfang und damit in den Augen oberflächlicher Betrachter auch an Macht,
in Wahrheit jedoch übernimmt sie nur die Keime einer später wirksam werdenden inneren Schwächung.
Denn was immer man von der Gleichartigkeit zweier Bewegungen reden mag, so ist sie in Wirklichkeit
doch nie vorhanden. Denn im anderen Falle gibt es eben praktisch nicht zwei, sondern nur eine
Bewegung. Und ganz gleich, worin die Unterschiede liegen — und wären sie nur begründet in den
verschiedenen Fähigkeiten der Führung —, sie sind da. Dem Naturgesetz aller Entwicklung aber
entspricht nicht das Verkuppeln zweier eben nicht gleicher Gebilde, sondern der Sieg des stärkeren und
die durch den dadurch bedingten Kampf allein ermöglichte Höherzüchtung der Kraft und Stärke des
Siegers.
Es mögen durch die Vereinigung zweier annähernd glei-
[385 Unduldsamer Fanatismus]
cher politischer Parteigebilde augenblickliche Vorteile er. wachsen, auf die Dauer ist doch jeder auf
solche Weise gewonnene Erfolg die Ursache später auftretender innerer Schwachen.
Die Größe einer Bewegung wird ausschließlich gewährleistet durch die ungebundene Entwicklung ihrer
inneren Kraft und durch deren dauernde Steigerung bis zum endgültigen Siege über alle Konkurrenten.
Ja, man kann sagen, daß ihre Stärke und damit ihre Lebensberechtigung überhaupt nur so lange in
Zunahme begriffen ist, solange sie den Grundsatz des Kampfes als die Voraussetzung ihres Werdens
anerkennt, und daß sie in demselben Augenblick den Höhepunkt ihrer Kraft überschritten hat, in dem
sich der vollkommene Sieg auf ihre Seite neigt.
Es ist mithin einer Bewegung nur nützlich, diesem Siege in einer Form nachzustreben, die zeitlich nicht
zum augenblicklichen Erfolge führt, sondern die ihr in einer durch unbedingte Unduldsamkeit
herbeigeführten langen Kampfdauer auch ein langes Wachstum schenkt.
Bewegungen, die ihre Zunahme nur dem sogenannten Zusammenschluß ähnlicher Gebilde, also ihre
Stärke Kompromissen verdanken, gleichen Treibhauspflanzen. Sie schießen empor, allein ihnen fehlt die
Kraft, Jahrhunderten zu trotzen und schweren Stürmen zu widerstehen.
Die Größe jeder gewaltigen Organisation als Verkörperung einer Idee auf dieser Welt liegt im religiösen
Fanatismus, indem sie sich unduldsam gegen alles andere, fanatisch überzeugt vom eigenen Recht,
durchsetzt. Wenn eine Idee an sich richtig ist und, in solcher Weise gerüstet, den Kampf auf dieser Erde
aufnimmt, ist sie unbesiegbar, und jede Verfolgung wird nur zu ihrer inneren Stärke führen.
Die Größe des Christentums lag nicht in versuchten Vergleichsverhandlungen mit etwa ähnlich
gearteten philosophischen Meinungen der Antike, sondern in der unerbittlichen fanatischen Verkündung
und Vertretung der eigenen Lehre.
Der scheinbare Vorsprung, den Bewegungen durch Zu-
[386 Erziehung zum Kampf]
sammenschlüsse erreichen, wird reichlich eingeholt durch die dauernde Zunahme der Kraft einer
unabhängig bleibenden, sich selbst verfechtenden Lehre und ihrer Organisation.13. Die Bewegung hat
grundsätzlich ihre Mitglieder so zu erziehen, daß sie im Kampfe nicht etwas lässig Auferzogenes,
sondern das selbst Erstrebte erblicken. Sie haben die Feindschaft der Gegner mithin nicht zu fürchten,
sondern als Voraussetzung zur eigenen Daseinsberechtigung zu empfinden. Sie haben den Haß der
Feinde unseres Volkstums und unserer Weltanschauung und seine Äußerungen nicht zu scheuen,
sondern zu ersehnen. Zu den Äußerungen dieses Hasses aber gehören auch Lüge und Verleumdung.
Wer in den jüdischen Zeitungen nicht bekämpft, also verleumdet und verlästert wird, ist kein
anständiger Deutscher und kein wahrer Nationalsozialist. Der beste Gradmesser für den Wert einer
Gesinnung, die Aufrichtigkeit seiner Überzeugung und die Kraft seines Wollens ist die Feindschaft, die
ihm von seiten des Todfeindes unseres Volkes entgegengebracht wird.
Die Anhänger der Bewegung und in weiterem Sinne das ganze Volk müssen immer und immer wieder
darauf hingewiesen werden, daß der Jude in seinen Zeitungen stets lügt, und daß selbst eine einmalige
Wahrheit nur zur Deckung einer größeren Fälschung bestimmt und damit selber wieder gewollte
Unwahrheit ist. Der Jude ist der große Meister im Lügen, und Lug und Trug sind seine Waffen im
Kampfe.
Jede jüdische Verleumdung und jede jüdische Lüge ist eine Ehrennarbe am Körper unserer Kämpfer.
Wen sie am meisten verlästern, der steht uns am nächsten, und wen sie am tödlichsten hassen, der ist
unser bester Freund.
Wer des Morgens die jüdische Zeitung ergreift, ohne sich in ihr verleumdet zu sehen, hat den
vergangenen Tag nicht nützlich verwertet; denn wäre es so, so würde er vom Juden verfolgt, gelästert,
verleumdet, beschimpft, beschmutzt werden. Und nur wer diesem Todfeind unseres Volkstums und
jeder arischen Menschheit und Kultur am wirksamsten
[387 Erziehung zur Achtung vor der Person]
gegenübertritt, darf erwarten, die Verleumdungen dieser Rasse und damit den Kampf dieses Volkes
auch gegen sich gerichtet zu sehen.
Wenn diese Grundsätze in Fleisch und Blut unserer Anhänger übergehen, wird die Bewegung
unerschütterlich und unbesiegbar werden.14.
Die Bewegung hat die Achtung vor der Person mit allen Mitteln zu fördern; sie hat nie zu vergessen, daß
im persönlichen Wert der Wert alles Menschlichen liegt, daß jede Idee und jede Leistung das Ergebnis
der schöpferischen Kraft eines Menschen ist, und daß die Bewunderung vor der Größe nicht nur einen
Dankeszoll an diese darstellt, sondern auch ein einigendes Band um die Dankenden schlingt.
Die Person ist nicht zu ersetzen; sie ist es besonders dann nicht, wenn sie nicht das mechanische,
sondern das kulturell-schöpferische Element verkörpert. So wenig ein berühmter Meister ersetzt werden
kann und ein anderer die Vollendung seines halbfertig hinterlassenen Gemäldes zu übernehmen vermag,
so wenig ist der große Dichter und Denker, der große Staatsmann und der große FeldHerr zu ersetzen.
Denn deren Tätigkeit liegt immer auf dem Gebiete der Kunst; sie ist nicht mechanisch anerzogen,
sondern durch göttliche Gnade angeboren.
Die größten Umwälzungen und Errungenschaften dieser Erde, ihre größten kulturellen Leistungen, die
unsterblichen Taten auf dem Gebiete der Staatskunst usw., sie sind für ewig unzertrennbar verknüpft mit
einem Namen und werden durch ihn repräsentiert. Der Verzicht auf die Huldigung vor einem großen
Geist bedeutet den Verlust einer immensen Kraft, die aus dem Namen aller großen Männer und Frauen
strömt.
Dies weiß am besten der Jude. Gerade er, dessen Größen nur groß sind in der Zerstörung der Menschheit
und ihrer Kultur, sorgt für ihre abgöttische Bewunderung. Nur die Verehrung der Völker für ihre
eigenen Geister versucht er als unwürdig hinzustellen und stempelt sie zum "Personenkult."
[388 Die Gefahr der Nichtbeachtung der Bewegung]
Sobald ein Volk so feige wird, dieser jüdischen Anmaßung und Frechheit zu unterliegen, verzichtet es
auf die gewaltige Kraft, die es besitzt; denn diese beruht nicht in der Achtung vor der Masse, sondern in
der Verehrung des Genies und in der Erhebung und Erbauung an ihm.
Wenn Menschenherzen brechen und Menschenseelen verzweifeln, dann blicken aus dem Dämmerlicht
der Vergangenheit die großen Überwinder von Not und Sorge, von Schmach und Elend, von geistiger
Unfreiheit und körperlichem Zwang auf sie hernieder und reichen den verzagenden Sterblichen ihre
ewigen Hände!Wehe dem Volke, das sich schämt, sie zu erfassen!In der ersten Zeit des Werdens unserer
Bewegung hatten wir unter nichts so sehr zu leiden wie unter der Bedeutungslosigkeit und dem
Nichtbekanntsein unserer Namen. Das Schwerste in dieser ersten Zeit, da sich oft nur sechs, sieben und
acht Köpfe zusammenfanden, um den Worten eines Redners zu lauschen, war, in diesem kleinsten
Kreise den Glauben an die gewaltige Zukunft der Bewegung zu erwecken und zu erhalten.
Man bedenke, daß sich sechs oder sieben Männer, lauter namenlose, arme Teufel, zusammenschließen
mit der Absicht, eine Bewegung zu bilden, der es dereinst gelingen soll, was bisher den gewaltigen,
großen Massenparteien mißlang, die Wiederaufrichtung eines Deutschen Reiches erhöhter Macht und
Herrlichkeit. Hätte man uns damals angegriffen, ja, hätte man uns auch nur verlacht, wir wären
glücklich gewesen in beiden Fällen. Denn das Niederdrückende lag nur in der vollständigen
Nichtbeachtung, die wir damals fanden, und unter der ich am meisten damals litt.
Als ich in den Kreis der paar Männer eintrat, konnte weder von einer Partei noch von einer Bewegung
die Rede sein. Ich habe meine Eindrücke anläßlich meines ersten Zusammentreffens mit diesem kleinen
Gebilde schon geschil-
[389 Jämmerliche sogenannte "Versammlungen"]
dert. Ich hatte in den damals folgenden Wochen dann Zeit und Gelegenheit, die zunächst unmögliche
Erscheinung dieser sogenannten Partei zu studieren. Das Bild war, wahrhaftiger Gott, ein beklemmend
niederdrückendes. Es war nichts, aber auch schon rein gar nichts vorhanden. Der Name einer Partei,
deren Ausschuß praktisch die ganze Mitgliedschaft repräsentierte, war so oder so das, was sie zu
bekämpfen versuchte, ein Parlament im kleinsten. Auch hier Herrschte die Abstimmung, und wenn sich
die großen Parlamente wenigstens noch aber größere Probleme monatelang die Kehlen heiser schreien,
in diesem kleinen Zirkel ging schon aber die Beantwortung eines glücklich eingelaufenen Briefes
endloses Zwiegespräch los!Die Öffentlichkeit wußte von dem allem natürlich überhaupt nichts. Kein
Mensch in München kannte die Partei auch nur dem Namen nach, außer ihren paar Anhängern und den
wenigen Bekannten derselben.
Jeden Mittwoch fand in einem Münchener Café eine sogenannte Ausschußsitzung statt, einmal in der
Woche ein Sprechabend. Da die gesamte Mitgliedschaft der "Bewegung" zunächst im Ausschuß
vertreten war, waren die Personen natürlich immer dieselben. Es mußte sich jetzt darum handeln,
endlich den kleinen Zirkel zu sprengen, neue Anhänger zu gewinnen, vor allem aber den Namen der
Bewegung um jeden Preis bekanntzumachen.
Wir bedienten uns dabei folgender Technik:In jedem Monat, später alle vierzehn Tage, versuchten wir
eine "Versammlung" abzuhalten. Die Einladungen hierzu wurden auf einer Schreibmaschine oder zum
Teil auch mit der Hand auf Zettel geschrieben und die ersten Male von uns selber verteilt bzw.
ausgetragen. Jeder wendete sich an seinen Bekanntenkreis, um den einen oder anderen zu bewegen, eine
dieser Veranstaltungen zu besuchen.
Der Erfolg war ein jämmerlicher.
Ich erinnere mich noch, wie ich selber in dieser ersten Zeit einmal an die achtzig dieser Zettel
ausgetragen hatte, und wie wir nun am Abend auf die Volksmassen warteten, die da kommen sollten.
[390 Die erste Versammlung]
Mit einstündiger Verspätung mußte endlich der "Vorsitzende" die "Versammlung" eröffnen. Wir waren
wieder sieben Mann, die alten Sieben.
Wir gingen dazu über, die Einladungszettel in einem Münchener Schreibwarengeschäft auf der
Maschine schreiben und vervielfältigen zu lassen. Der Erfolg bestand bei der nächsten Versammlung in
einigen Zuhörern mehr. So stieg die Zahl langsam von elf auf dreizehn, endlich auf siebzehn, auf
dreiundzwanzig, auf vierundzwanzig Zuhörer.
Durch ganz kleine Geldsammlungen im Kreise von uns armen Teufeln wurden die Mittel aufgebracht,
um endlich eine Versammlung durch eine Anzeige des damals unabhängigen "Münchener Beobachters"
in München ankündigen lassen zu können. Der Erfolg war dieses Mal allerdings erstaunlich. Wir hatten
die Versammlung im Münchener Hofbräuhauskeller angesetzt (nicht zu verwechseln mit dem
Münchener Hofbräuhausfestsaal), einem kleinen Saal von knapp einhundertdreißig Personen
Fassungsraum. Mir selber erschien der Raum wie eine große Halle, und jeder von uns bangte, ob es
gelingen würde, an dem betreffenden Abend dieses "mächtige" Gebäude mit Menschen zu fallen.
Um sieben Uhr waren einhundertelf Personen anwesend, und die Versammlung wurde eröffnet.
Ein Münchener Professor hielt das Hauptreferat, und ich sollte als zweiter zum ersten Male öffentlich
sprechen.
Dem damaligen ersten Vorsitzenden der Partei, Herrn Harrer, erschien die Sache als ein großes Wagnis.
Der sonst sicherlich redliche Herr hatte nun einmal die Überzeugung, daß ich wohl verschiedenes
könnte, aber nur nicht reden. Von dieser Meinung war er auch in der Folgezeit nicht abzubringen.
Die Sache kam anders. Mir waren in dieser ersten als öffentlich anzusprechenden Versammlung
zwanzig Minuten Redezeit zugebilligt worden.
Ich sprach dreißig Minuten, und was ich früher, ohne es irgendwie zu wissen, einfach innerlich gefühlt
hatte, wurde nun durch die Wirklichkeit bewiesen: ich konnte reden! Nach
[391 Die erste Versammlung]
dreißig Minuten waren die Menschen in dem kleinen Raum elektrisiert, und die Begeisterung äußerte
sich zunächst darin, daß mein Appell an die Opferwilligkeit der Anwesenden zur Spende von
dreihundert Mark führte. Damit aber war eine große Sorge von uns genommen. Die finanzielle
Beschränkung war ja in dieser Zeit so groß, daß wir nicht einmal die Möglichkeit besaßen, für die
Bewegung Leitsätze drucken zu lassen oder gar Flugblätter herauszugeben. Nun war der Grundstock
gelegt zu einem kleinen Fonds, aus dem dann wenigstens das Notdürftigste und Notwendigste bestritten
werden konnte.
Allein auch in einer anderen Hinsicht war der Erfolg dieser ersten größeren Versammlung bedeutend.
Ich hatte damals begonnen, dem Ausschuß eine Anzahl frischer junger Kräfte zuzuführen. Während
meiner langjährigen Militärzeit hatte ich eine größere Menge treuer Kameraden kennengelernt, die nun
langsam auf Grund meines Zuredens in die Bewegung einzutreten begannen. Es waren lauter tatkräftige
junge Menschen, an Disziplin gewöhnt und von ihrer Dienstzeit her in dem Grundsatz aufgewachsen:
Unmöglich ist gar nichts, und es geht alles, wenn man will.
Wie nötig aber ein solcher Blutzufluß war, konnte ich selber schon nach wenigen Wochen Mitarbeit
erkennen.
Der damalige erste Vorsingende der Partei, Herr Harrer, war eigentlich Journalist und als solcher sicher
umfassend gebildet. Doch hatte er eine für einen Parteiführer außerordentlich schwere Belastung: er war
kein Redner für die Masse. So peinlich gewissenhaft und genau seine Arbeit an sich war, so fehlte ihr
jedoch — vielleicht gerade infolge der fehlenden großen rednerischen Begabung — auch der größere
Schwung. Herr Drexler, damals Vorsitzender der Ortsgruppe München, war einfacher Arbeiter, als
Redner ebenfalls wenig bedeutend, im übrigen aber kein Soldat. Er hatte nicht beim Heer gedient, war
auch während des Krieges nicht Soldat, so daß ihm, der seinem ganzen Wesen nach an sich schwächlich
und unsicher war, die einzige Schule fehlte, die es fertigbringen konnte, aus unsicheren und
[392 Soldaten als Grundstock der Bewegung]
weichlichen Naturen Männer zu machen. So waren beide Männer nicht aus einem Holz geschnitzt, das
sie befähigt hätte, nicht nur den fanatischen Glauben an den Sieg einer Bewegung im Herzen zu tragen,
sondern auch mit unerschütterlicher Willensenergie und, wenn nötig, mit brutalster Rücksichtslosigkeit
die Widerstände zu beseitigen, die sich dem Emporsteigen der neuen Idee in die Wege stellen mochten.
Dazu paßten nur Wesen, in denen sich Geist und Körper jene militärischen Tugenden zu eigen gemacht
hatten, die man vielleicht am besten so bezeichnen kann: Flink wie Windhunde, zäh wie Leder und hart
wie Kruppstahl.
Ich war damals selber noch Soldat. Mein Äußeres und Inneres war nahezu sechs Jahre lang geschliffen
worden, so daß ich zunächst in diesem Kreise wohl als fremd empfunden werden mußte. Auch ich hatte
das Wort verlernt: Das geht nicht, oder das wird nicht gehen; das darf man nicht wagen, das ist noch zu
gefährlich usw.
Denn gefährlich war die Sache natürlich. Im Jahre 1920 war in vielen Gegenden Deutschlands eine
nationale Versammlung, die es wagte, ihren Appell an die breiten Massen zu richten und öffentlich zu
ihrem Besuche einzuladen, einfach unmöglich. Die Teilnehmer an einer solchen wurden mit blutigen
Köpfen auseinandergeschlagen und verjagt. Viel gehörte freilich zu einem solchen Kunststück nicht:
pflegte doch die größte sogenannte bürgerliche Massenversammlung vor einem Dutzend Kommunisten
auseinanderzulaufen und auszureißen wie die Hasen vor dem Hunde. Doch so wenig die Roten von
einem solchen bürgerlichen Träträklub Notiz nahmen, dessen innere Harmlosigkeit und damit
Ungefährlichkeit für sich selbst sie besser kannten als dessen Mitglieder selber, so entschlossen waren
sie aber, eine Bewegung mit allen Mitteln zu erledigen, die ihnen gefährlich schien — das Wirksamste
in solchen Fällen bildete jedoch zu allen Zeiten der Terror, die Gewalt.
Am verhaßtesten aber mußte den marxistischen Volksbetrügern eine Bewegung sein, deren
ausgesprochenes Ziel die Gewinnung derjenigen Masse war, die bisher im aus-
[393 Die zweite Versammlung]
schließlichen Dienste der internationalen marxistischen Juden- und Börsenparteien stand. Schon der
Titel "Deutsche Arbeiterpartei" wirkte aufreizend. So kann man sich leicht vorstellen, daß bei der ersten
passenden Gelegenheit die Auseinandersetzung mit den damals noch siegestrunkenen marxistischen
Arbeitern beginnen würde.
Im kleinen Kreis der damaligen Bewegung hatte man vor einem solchen Kampfe denn auch eine
gewisse Angst. Man wollte möglichst wenig an die Öffentlichkeit treten, aus Furcht, geschlagen zu
werden. Man sah die erste große Versammlung im Geiste schon gesprengt und die Bewegung dann
vielleicht für immer erledigt. Ich hatte einen schweren Stand mit meiner Auffassung, daß man diesem

Kampf nicht ausweichen, sondern daß man ihm entgegentreten und sich deshalb diejenige Rüstung
zulegen müsse, die allein den Schutz vor der Gewalt gewährt. Terror bricht man nicht durch Geist,
sondern durch Terror. Der Erfolg der ersten Versammlung stärkte in dieser Richtung meine Stellung.
Man bekam Mut zu einer zweiten, schon etwas größer aufgezogenen.
Etwa im Oktober 1919 fand im Eberlbräukeller die zweite größere Versammlung statt. Thema: Brest-
Litowsk und Versailles. Als Redner traten vier Herren auf. Ich selber sprach nahezu eine Stunde, und
der Erfolg war größer als bei der ersten Kundgebung. Die Besucherzahl war auf über einhundertdreißig
gestiegen. Ein Störungsversuch wurde durch meine Kameraden sofort im Keime erstickt. Die
Unruhestifter flogen mit zerbeulten Köpfen die Treppe hinunter.
Vierzehn Tage darauf fand eine weitere Versammlung im gleichen Saale statt. Die Besucherzahl war auf
aber einhundertsiebzig gestiegen — eine gute Besetzung des Raumes. Ich hatte wieder gesprochen, und
wieder war der Erfolg größer als bei der vorhergegangenen Versammlung.
Ich drängte nach einem größeren Saal. Endlich fanden wir einen solchen am anderen Ende der Stadt, im
"Deutschen Reich" an der Dachauer Straße. Die erste Versammlung im neuen Raum war schwächer
besucht als die vorher-
[394 Die innere Formgebung der Bewegung]
gegangene: knapp einhundertvierzig Personen. Im Ausschuß begann die Hoffnung wieder zu sinken,
und die ewigen glaubten, als Ursache des schlechten Besuches die zu häufige Wiederholung unserer
"Kundgebungen" ansehen zu müssen. Es gab heftige Auseinandersetzungen, in denen ich den
Standpunkt vertrat, daß eine Siebenhunderttausend-Einwohner-Stadt nicht nur alle vierzehn Tage eine,
sondern jede Woche zehn Versammlungen vertragen müßte, daß man sich durch Rückschläge nicht irre
machen lassen dürfe, daß die eingeschlagene Bahn die richtige sei, und daß früher oder später bei immer
gleichbleibender Beharrlichkeit der Erfolg kommen müsse. Überhaupt war diese ganze Zeit des Winters
1919/20 ein einziger Kampf, das Vertrauen in die siegende Gewalt der jungen Bewegung zu starken und
zu jenem Fanatismus zu steigern, der als Glaube dann Berge zu versetzen vermag.
Die nächste Versammlung im gleichen Saale gab mir schon wieder recht. Die Zahl der Besucher war auf
aber zweihundert gestiegen, der äußere sowohl als der finanzielle Erfolg glänzend.
Ich trieb zur sofortigen Ansetzung einer weiteren Veranstaltung. Sie fand kaum vierzehn Tage später
statt, und die Zuhörermenge stieg auf über zweihundert siebzig Köpfe.
Vierzehn Tage später riefen wir zum siebenten Male Anhänger und Freunde der jungen Bewegung
zusammen, und derselbe Raum konnte die Menschen nur mehr schwer fassen, es waren aber vierhundert
geworden.
In dieser Zeit erfolgte die innere Formgebung der jungen Bewegung. Es gab dabei in dem kleinen Kreis
manches Mal mehr oder weniger heftige Auseinandersetzungen. Von verschiedenen Seiten — wie auch
heute, so schon damals wurde die Bezeichnung der jungen Bewegung als Partei bekrittelt. Ich habe in
einer solchen Auffassung immer nur den Beweis für die praktische Unfähigkeit und geistige Kleinheit
des Betreffenden gesehen. Es waren und sind immer die Menschen, die Äußeres von Innerem nicht zu
unterscheiden vermögen und die den Wert einer Bewegung nach möglichst schwulstig klingenden
Bezeichnungen
[395 Deutschvölkische Wanderscholaren]
abzuschätzen versuchen, wobei zu allem Unglück der Wortschatz unserer Urväter am meisten herhalten
muß.
Es war damals schwer, den Leuten begreiflich zu machen, daß jede Bewegung, solange sie nicht den
Sieg ihrer Ideen und damit ihr Ziel erreicht hat, Partei ist, auch wenn sie sich tausendmal einen anderen
Namen beilegt.
Wenn irgendein Mensch einen kühnen Gedanken, dessen Verwirklichung im Interesse seiner
Mitmenschen nützlich erscheint, zur praktischen Durchführung bringen will, so wird er sich zunächst
Anhänger zu suchen haben, die bereit sind, für seine Absichten einzutreten. Und wenn diese Absicht nur
darin bestünde, das zur Zeit bestehende Parteiwesen zu vernichten, die Zersplitterung zu beenden, so
sind die Vertreter dieser Anschauung und Verkünder dieses Entschlusses eben selber Partei, so lange,
bis nicht das Ziel errungen ist. Es ist Wortklauberei und Spiegelfechterei, wenn irgendein bezopfter
völkischer Theoretiker, dessen praktische Erfolge im umgekehrten Verhältnis zu seiner Weisheit stehen,
sich einbildet, den Charakter, den jede junge Bewegung als Partei besitzt, zu ändern durch eine
Änderung ihrer Bezeichnung.
Im Gegenteil.
Wenn irgend etwas unvölkisch ist, dann ist es dieses Herumwerfen mit besonders altgermanischen
Ausdrücken, die weder in die heutige Zeit passen, noch etwas Bestimmtes vorstellen, sondern leicht
dazu führen können, die Bedeutung einer Bewegung im äußeren Sprachschatz derselben zu sehen. Das
ist ein wahrer Unfug, den man aber heute unzählige Male beobachten kann.
Überhaupt habe ich schon damals und auch in der Folgezeit immer wieder vor jenen deutschvölkischen
Wanderscholaren warnen müssen, deren positive Leistung immer gleich Null ist, deren Einbildung aber
kaum übertroffen zu werden vermag. Die junge Bewegung mußte und muß sich vor einem Zustrom an
Menschen hüten, deren einzige Empfehlung zumeist in ihrer Erklärung liegt, daß sie schon dreißig oder
gar vierzig Jahre lang für die gleiche Idee gekämpft hätten. Wer aber vierzig Jahre lang für eine soge-
[396 Blechschwerter und präparierte Bärenfelle]
nannte Idee eintritt, ohne selbst den geringsten Erfolg herbeiführen zu können, ja ohne den Sieg des
Gegenteils verhindert zu haben, hat den Wahrheitsbeweis für die eigene Unfähigkeit in vierzigjähriger
Tätigkeit erbracht. Das Gefährliche liegt vor allem darin, daß solche Naturen sich nicht als Glieder in die
Bewegung einfügen wollen, sondern von Führerkreisen faseln, in denen sie auf Grund ihrer uralten
Tätigkeit allein eine passende Stelle zur weiteren Betätigung zu erblicken vermögen. Wehe aber, wenn
man solchen Leuten eine junge Bewegung ausliefert! So wenig ein Geschäftsmann, der in
vierzigjähriger Tätigkeit ein großes Geschäft konsequent vernichtete, zum Begründer eines neuen taugt,
so wenig paßt ein völkischer Methusalem, der in eben dieser Zeit eine große Idee verkorkste und zum
Verkalken brachte, zur Führung einer neuen, jungen Bewegung!Im übrigen kommen alle diese
Menschen nur zu einem Bruchteil in die neue Bewegung, um ihr zu dienen und der Idee der neuen Lehre
zu nützen, in den meisten Fällen aber, um unter ihrem Schutz oder durch die Möglichkeiten, die sie
bietet, die Menschheit noch einmal mit ihren eigenen Ideen unglücklich zu machen. Was aber das für
Ideen sind, läßt sich nur schwer wiedergeben.
Es ist das Charakteristische dieser Naturen, daß sie von altgermanischem Heldentum, von grauer
Vorzeit, Steinäxten, Ger und Schild schwärmen, in Wirklichkeit aber die größten Feiglinge sind, die
man sich vorstellen kann. Denn die gleichen Leute, die mit altdeutschen, vorsorglich nachgemachten
Blechschwertern in den Lüften herumfuchteln, ein präpariertes Bärenfell mit Stierhörnern aber dem
bärtigen Haupte, predigen für die Gegenwart immer nur den Kampf mit geistigen Waffen und fliehen
vor jedem kommunistischen Gummiknüppel eiligst von dannen. Die Nachwelt wird einmal wenig
Veranlassung besitzen, das Heldendasein dieser Rauschebärte in einem neuen Epos zu verherrlichen.
Ich habe diese Leute zu gut kennengelernt, um nicht vor ihrer elenden Schauspielerei den tiefsten Ekel
zu empfinden. Auf die breite Masse aber wirken sie lächerlich, und
[397 Ablehnung des Wortes "völkisch"]
der Jude hat allen Grund, diese völkischen Komödianten zu schonen, sie sogar den wirklichen
Verfechtern eines kommenden deutschen Staates vorzuziehen. Dabei sind diese Menschen noch maßlos
eingebildet, wollen, trotz aller Beweise ihrer vollkommenen Unfähigkeit, alles besser verstehen und
werden zu einer wahren Plage für die geradlinigen und ehrlichen Kampfer, denen Heldentum nicht nur
in der Vergangenheit verehrungswürdig erscheint, sondern die sich auch bemühen, der Nachwelt durch
eigenes Handeln ein gleiches Bild zu geben.
Auch läßt es sich oft nur schwer unterscheiden, wer von diesen Leuten aus innerer Dummheit oder
Unfähigkeit handelt, oder wer aus bestimmten Gründen nur so tut. Besonders bei den sogenannten
religiösen Reformatoren auf altgermanischer Grundlage habe ich immer die Empfindung, als seien sie
von jenen Mächten geschickt, die den Wiederaufstieg unseres Volkes nicht wünschen. Führt doch ihre
ganze Tätigkeit das Volk vom gemeinsamen Kampf gegen den gemeinsamen Feind, den Juden, weg, um
es statt dessen seine Kräfte in ebenso unsinnigen wie unseligen inneren Religionsstreitigkeiten verzehren
zu lassen. Gerade aus diesen Gründen aber ist die Aufrichtung einer starken Zentralgewalt im Sinne der
unbedingten Autorität der Führung in der Bewegung nötig. Nur durch sie allein kann solchen
verderblichen Elementen das Handwerk gelegt werden. Allerdings sind aus diesem Grunde die größten
Feinde einer einheitlichen, stramm geführten und geleiteten Bewegung auch in den Kreisen dieser
völkischen Ahasvere zu finden. Sie hassen in der Bewegung die Macht, die ihren Unfug steuert.
Nicht umsonst hat die junge Bewegung sich einst auf ein bestimmtes Programm festgelegt und das Wort
"völkisch" dabei nicht verwendet. Der Begriff völkisch ist infolge seiner begrifflichen Unbegrenztheit
keine mögliche Grundlage für eine Bewegung und bietet keinen Maßstab für die Zugehörigkeit zu einer
solchen. Je undefinierbarer dieser Begriff praktisch ist, je mehr und umfangreichere Deutungen er
zuläßt, um so mehr steigt aber auch die Möglichkeit sich
[398 Ablehnung des Wortes "völkisch"]
auf ihn zu berufen. Die Einschiebung eines derart unbestimmbaren und so vielseitig auslegbaren
Begriffes in den politischen Kampf führt zur Aufhebung jeder strammen Kampfgemeinschaft, da diese
es nicht verträgt, dem einzelnen die Bestimmung seines Glaubens und Wollens selbst zu überlassen.
Es ist auch schandbar, was sich heute alles mit dem Wort "völkisch" auf der Kappe herumtreibt, wieviel
Leute ihre eigene Auffassung aber diesen Begriff haben. Ein bekannter Professor in Bayern, ein
berühmter Kampfer mit geistigen Waffen und reich an ebenso geistigen Marschleistungen nach Berlin,
setzt den Begriff völkisch monarchischer Einstellung gleich. Das gelahrte Haupt hat freilich bisher
vergessen, die Identität unserer deutschen Monarchen der Vergangenheit mit einer völkischen
Auffassung von heute näher zu erklären. Ich fürchte auch, daß dies dem Herrn schwer gelingen würde.
Denn etwas Unvölkischeres als die meisten deutschen monarchischen Staatsgebilde kann man sich gar
nicht vorstellen. Wäre es anders, sie waren nie verschwunden, oder aber ihr Verschwinden böte den
Beweis für die Unrichtigkeit der völkischen Weltanschauung.
So legt jeder diesen Begriff aus, wie er es eben versteht. Als Grundlage aber für eine politische
Kampfbewegung kann eine solche Vielfältigkeit der Meinungen nicht in Frage kommen.
Von der Weltfremdheit und besonders der Unkenntnis der Volksseele dieser völkischen Johannesse des
zwanzigsten Jahrhunderts will ich dabei ganz absehen. Sie wird genügend illustriert durch die
Lächerlichkeit, mit der sie von links behandelt werden. Man läßt sie schwätzen und lacht sie aus.
Wer es aber auf dieser Welt nicht fertigbringt, von seinen Gegnern gehaßt zu werden, scheint mir als
Freund nicht viel wert zu sein. Und so war auch die Freundschaft dieser Menschen für unsere junge
Bewegung nicht nur wertlos, sondern immer nur schädlich, und es war auch der Hauptgrund, warum wir
erstens den Namen "Partei" wählten — wir durften hoffen, daß dadurch allein schon ein
[399 "Geistige Waffen" — "Stille Arbeiter"]
ganzer Schwarm dieser völkischen Schlafwandler von uns zurückgescheucht würde, und warum wir uns
zweitens als Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei bezeichneten.
Der erste Ausdruck brachte uns die Altertumsschwärmer vom Leibe, die Wortmenschen und äußerlichen
Sprücheklopfer der sogenannten "völkischen Idee", der zweite aber befreite uns von dem ganzen Troß
der Ritter mit dem "geistigen Schwert", all der Jammerlappen, die die "geistige Waffe" als Schutzschild
vor ihre tatsächliche Feigheit halten.
Es versteht sich von selbst, daß wir in der Folgezeit besonders von diesen letzteren am schwersten
angegriffen wurden, natürlich nicht tätlich, sondern nur mit der Feder, wie dies von einem solchen
völkischen Gänsekiel ja nicht anders zu erwarten ist. Für sie hatte freilich unser Grundsatz "Wer uns mit
Gewalt entgegentritt, dessen erwehren wir uns mit Gewalt" etwas Unheimliches an sich. Sie warfen uns
nicht nur die rohe Anbetung des Gummiknüppels, sondern den mangelnden Geist an sich auf das
eindringlichste vor. Daß in einer Volksversammlung ein Demosthenes zum Schweigen gebracht werden
kann, wenn nur fünfzig Idioten, gestützt auf ihr Mundwerk und ihre Fäuste, ihn nicht sprechen lassen
wollen, berührt einen solchen Quacksalber allerdings nicht im geringsten. Die angeborene Feigheit läßt
ihn nie in eine solche Gefahr geraten. Denn er arbeitet nicht "lärmend" und "aufdringlich", sondern im
"stillen".
Ich kann auch heute unsere junge Bewegung nicht genug davor warnen, in das Netz dieser sogenannten
"stillen Arbeiter" zu kommen. Sie sind nicht nur Feiglinge, sondern auch immer Nichtskönner und
Nichtstuer. Ein Mensch, der eine Sache weiß, eine gegebene Gefahr kennt, die Möglichkeit einer
Abhilfe mit seinen Augen sieht, hat die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, nicht im "stillen" zu
arbeiten, sondern vor der Öffentlichkeit gegen das Übel auf- und für seine Heilung einzutreten. Tut er
das nicht, dann ist er ein pflichtvergessener, elender Schwächling, der entweder aus Feigheit versagt
oder aus Faulheit und Un-
[400 Die erste große Massenversammlung]
vermögen. Der Großteil dieser "stillen Arbeiter" aber tut meistens nur so, als ob er weiß Gott was wüßte.
Sie alle können nichts, versuchen aber die ganze Welt mit ihren Kunststücken zu bemogeln; sie sind
faul, erwecken aber mit ihrer behaupteten "Stillen" Arbeit den Eindruck einer ebenso enormen wie
emsigen Tätigkeit, kurz und gut, sie sind Schwindler, politische Schiebernaturen, denen die ehrliche
Arbeit der anderen verhaßt ist. Sobald solch ein völkischer Nachtfalter sich auf den Wert der "Stille"
beruft, kann man tausend gegen eins wetten, daß er in ihr nicht produziert, sondern stiehlt, stiehlt von
den Früchten der Arbeit anderer.
Dazu kommt noch die Arroganz, Einbildung und Frechheit, mit der dieses praktisch faulenzende,
lichtscheue Gesindel aber die Arbeit anderer herfällt, von oben herunter zu bekritteln versucht und so in
Wahrheit den Todfeinden unseres Volkes hilft.
Jeder letzte Agitator, der den Mut besitzt, auf dem Wirtstisch unter seinen Gegnern stehend, männlich
und offen seine Anschauung zu vertreten, leistet mehr als tausend dieser verlogenen, heimtückischen
Duckmäuser. Er wird sicherlich den einen oder den anderen bekehren und für die Bewegung gewinnen
können. Man wird seine Leistung überprüfen und am Erfolg die Wirkung seines Tuns festzustellen
vermögen. Nur die feigen Schwindler, die ihre Arbeit in der "Stille" preisen und sich mithin in den
Schutzmantel einer zu verachtenden Anonymität hüllen, taugen zu gar nichts und dürfen im wahrsten
Sinne des Wortes als Drohnen bei der Wiedererhebung unseres Volkes gelten.
×
Anfang des Jahres 1920 trieb ich zur Abhaltung der ersten ganz großen Massenversammlung. Darüber
kam es zu Meinungsverschiedenheiten. Einige führende Parteimitglieder hielten die Sache für viel zu
verfrüht und damit in der Wirkung für verhängnisvoll. Die rote Presse hatte sich mit uns zu beschäftigen
angefangen, und wir waren glücklich genug, allmählich ihren Haß zu erringen. Wir
[401 Die erste große Massenversammlung]
hatten begonnen, als Diskussionsredner in anderen Versammlungen aufzutreten. Natürlich wurde jeder
von uns sofort niedergeschrien. Allein ein Erfolg war doch vorhanden. Man lernte uns kennen, und in
eben dem Maße, in dem sich diese Kenntnis vertiefte, stiegen die Abneigung und Wut gegen uns. So
durften wir also wohl darauf hoffen, bei unserer ersten großen Massenversammlung den Besuch unserer
Freunde aus dem roten Lager in größtem Umfange zu erhalten.
Auch ich war mir klar darüber, daß die Wahrscheinlichkeit einer Sprengung groß war. Allein der Kampf
mußte eben ausgetragen werden, wenn nicht jetzt, dann einige Monate später. Es lag ganz bei uns, schon
am ersten Tage die Bewegung durch blindes, rücksichtsloses Einstehen für sie zu verewigen. Ich kannte
vor allem die Mentalität der Anhänger der roten Seiten nur zu gut, um nicht zu wissen, daß ein
Widerstand bis zum äußersten am ehesten nicht nur Eindruck erweckt, sondern auch Anhänger gewinnt.
Zu diesem Widerstand mußte man eben entschlossen sein.
Der damalige erste Vorsitzende der Partei, Herr Harrer, glaubte, meinen Ansichten in bezug auf den
gewählten Zeitpunkt nicht beipflichten zu können und trat in der Folge als ehrlicher, aufrechter Mann
von der Führung der Bewegung zurück. An seine Stelle rückte Herr Anton Drexler vor. Ich selber hatte
mir die Organisation der Propaganda vorbehalten und führte diese nun auch rücksichtslos durch.
So wurde als Termin für die Abhaltung dieser ersten großen Volksversammlung der noch unbekannten
Bewegung der 24. Februar 1920 bestimmt.
Die Vorbereitungen leitete ich persönlich, Sie waren sehr kurz. Überhaupt wurde der ganze Apparat
darauf eingestellt, blitzschnelle Entscheidungen treffen zu können. Zu Tagesfragen sollte in Form von
Massenversammlungen innerhalb vierundzwanzig Stunden Stellung genommen werden. Die
Ankündigung derselben sollte durch Plakate und Flugblätter stattfinden, deren Tendenz nach jenen
Gesichtspunkten bestimmt wurde, die ich in meiner Ab-
[402 Verbrüderung zwischen Marxismus und Zentrum]
handlung über Propaganda in großen Umrissen schon niedergelegt habe. Wirkung auf die breite Masse,
Konzentration auf wenige Punkte, immerwährende Wiederholung derselben, selbstsichere und
selbstbewußte Fassung des Textes in den Formen einer apodiktischen Behauptung, größte Beharrlichkeit
in der Verbreitung und Geduld im Erwarten der Wirkung.
Als Farbe wurde grundsätzlich Rot gewählt, sie ist die aufpeitschendste und mußte unsere Gegner am
meisten empören und aufreizen und uns ihnen dadurch so oder so zur Kenntnis und in Erinnerung
bringen.
In der Folgezeit zeigte sich auch in Bayern die innere Verbrüderung zwischen Marxismus und Zentrum
als politische Partei am klarsten in der Sorge, mit der die hier regierende Bayerische Volkspartei die
Wirkung unserer Plakate auf die roten Arbeitermassen abzuschwächen und später zu unterbinden
versuchte. Fand die Polizei kein anderes Mittel, dagegen einzuschreiten, dann mußten zum Schluß
"Verkehrsrücksichten" herhalten, bis man endlich dem inneren, stillen, roten Bundesgenossen zuliebe
unter fördernder Beihilfe einer sogenannten Deutschnationalen Volkspartei diese Plakate, die
Hunderttausenden von internationalen, verhetzten und verführten Arbeitern dem deutschen Volkstum
wiedergegeben hatten, gänzlich verbot. Diese Plakate — der ersten und zweiten Auflage dieses Buches
als Anhang beigefügt — können am besten das gewaltige Ringen belegen, das die junge Bewegung in
dieser Zeit ausfocht. Sie werden aber auch vor der Nachwelt Zeugnis ablegen für das Wollen und die
Aufrichtigkeit unserer Gesinnung und die Willkür sogenannter nationaler Behörden in der Unterbindung
einer ihnen unbequemen Nationalisierung und damit Wiedergewinnung breiter Massen unseres
Volkstums.
Sie werden auch die Meinung zerstören helfen, als ob sich in Bayern eine nationale Regierung an sich
befinde, und vor der Nachwelt noch dokumentieren, daß das nationale Bayern der Jahre 1919, 1920,
1921, 1922 und 1923 nicht etwa das Ergebnis einer nationalen Regierung war,
[403 Pöhner und Frick]
sondern diese nur gezwungenerweise Rücksicht nehmen mußte auf ein allmählich national fühlendes
Volk.
Die Regierungen selber taten alles, um diesen Gesundungsprozeß zu unterbinden und unmöglich zu
machen.
Zwei Männer nur muß man dabei ausnehmen:Der damalige Polizeipräsident Ernst Pöhner und sein
treuer Berater, Oberamtsmann Frick, waren die einzigen höheren Staatsbeamten, die schon damals den
Mut besaßen, erst Deutsche und dann Beamte zu sein. An verantwortlicher Stelle war Ernst Pöhner der
einzige, der nicht um die Gunst der Massen buhlte, sondern sich seinem Volkstum verantwortlich fühlte
und bereit war, für die Wiederauferstehung des von ihm über alles geliebten deutschen Volkes alles,
auch, wenn nötig, seine persönliche Existenz auf das Spiel zu setzen und zu opfern. Er war denn auch
immer der lästige Dorn in den Augen jener käuflichen Beamtenkreaturen, denen nicht das Interesse ihres
Volkes und die notwendige Freiheitserhebung desselben, sondern der Befehl des Brotgebers das Gesetz
des Handelns vorschreibt, ohne Rücksicht auf das Wohl des ihnen anvertrauten nationalen Gutes.
Vor allem aber gehörte er zu jenen Naturen, die im unterschied zu den meisten Hütern unserer
sogenannten Staatsautorität die Feindschaft der Volks- und Landesverräter nicht fürchten, sondern sie
als selbstverständliches Gut des anständigen Mannes ersehnen. Der Haß von Juden und Marxisten, ihr
ganzer Kampf voll Lüge und Verleumdung waren für ihn das einzige Glück inmitten des Elends unseres
Volkes.
Ein Mann von granitener Redlichkeit, von antiker Schlichtheit und deutscher Geradlinigkeit, bei dem
das Wort "lieber tot als Sklave" keine Phrase, sondern den Inbegriff seines ganzen Wesens bildete.
Er und sein Mitarbeiter Dr. Frick sind in meinen Augen die einzigen, die von Männern in staatlicher
Stellung das Recht besitzen, als Mithersteller eines nationalen Bayerns zu gelten. —Ehe wir nun zur
Abhaltung unserer ersten Massen-
[404 Die Abfassung des Programms]
versammlung schritten, mußte nicht nur das notwendige Propagandamaterial bereitgestellt, sondern
mußten auch die Leitsätze des Programms im Druck niedergelegt werden.
Ich werde die Richtlinien, die uns besonders bei der Abfassung des Programms vor Augen schwebten,
im zweiten Bande auf das gründlichste entwickeln. Ich will hier nur feststellen, daß es geschaffen
wurde, nicht nur um der jungen Bewegung Form und Inhalt zu geben, sondern um deren Ziele der
breiten Masse verständlich zu machen.
Aus sogenannten Intelligenzkreisen hat man darüber gewitzelt und gespöttelt und versucht, daran Kritik
zu üben. Die Richtigkeit unserer damaligen Auffassung aber hat die Wirksamkeit dieses Programms
ergeben.
Ich habe in diesen Jahren Dutzende von neuen Bewegungen erstehen sehen, und sie alle sind wieder
spurlos verschwunden und verweht. Eine einzige blieb: die Nationalsozialistische Deutsche
Arbeiterpartei. Und heute hege ich mehr denn je die Überzeugung, daß man sie bekämpfen kann, daß
man versuchen mag, sie zu lahmen, daß kleine Parteiminister uns die Rede und das Wort verbieten
können, den Sieg unserer Gedanken werden sie nimmermehr verhindern.
Wenn von der gesamten heutigen Staatsauffassung und ihren Vertretern nicht einmal die Erinnerung
mehr die Namen künden wird, werden die Grundlagen des nationalsozialistischen Programms die
Fundamente eines kommenden Staates sein.
Die viermonatige Versammlungstätigkeit vor dem Januar 1920 hatte uns langsam die kleinen Mittel
erübrigen lassen, die wir zur Drucklegung unserer ersten Flugschrift, unseres ersten Plakates und
unseres Programms benötigten.
Wenn ich als Abschluß dieses Bandes diese erste große Massenversammlung der Bewegung nehme, so
geschieht es deshalb, weil mit ihr die Partei den engen Rahmen eines kleinen Vereins sprengte und an
Stelle dessen zum ersten Male bestimmend auf den gewaltigen Faktor unserer Zeit, die öffentliche
Meinung, einwirkte.
[405 Erstmalige Erläuterung des Programms]
Ich selbst besaß damals nur eine einzige Sorge: Wird der Saal gefüllt sein, oder werden wir vor
gähnender Leere sprechen? Ich hatte die felsenfeste innere Überzeugung, daß, wenn die Menschen
kommen würden, der Tag ein großer Erfolg für die junge Bewegung werden müsse. So bangte ich dem
damaligen Abend entgegen.
Um 7.30 Uhr sollte die Eröffnung stattfinden. 7.15 Uhr betrat ich den Festsaal des Hofbräuhauses am
Platz in München, und das Herz wollte mir fast vor Freude zerspringen. Der gewaltige Raum, denn
gewaltig kam er mir damals noch vor, war mit Menschen überfüllt, Kopf an Kopf, eine fast zweitausend
Menschen zählende Masse. Und vor allem — es waren die gekommen, an die wir uns wenden wollten.
Weit über die Hälfte des Saales schien von Kommunisten und Unabhängigen besetzt. Unsere erste große
Kundgebung war von ihnen zu einem schnellen Ende bestimmt worden.
Allein es kam anders. Nachdem der erste Redner geendet, ergriff ich das Wort. Wenige Minuten später
hagelte es Zwischenrufe, im Saal kam es zu heftigen Zusammenstößen. Eine Handvoll treuester
Kriegskameraden und sonstige Anhänger schlugen sich mit den Störenfrieden und vermochten erst nach
und nach einige Ruhe herzustellen. Ich konnte wieder weitersprechen. Nach einer halben Stunde begann
der Beifall das Schreien und Brüllen langsam zu übertönen.
Und nun ergriff ich das Programm und begann es zum ersten Male zu erläutern.
Von Viertelstunde zu Viertelstunde wurden die Zwischenrufe mehr und mehr zurückgedrängt von
beifälligen Zurufen. Und als ich endlich die fünfundzwanzig Thesen Punkt für Punkt der Masse vorlegte
und sie bat, selber das Urteil über sie zu sprechen, da wurden sie nun eine nach der anderen unter immer
mehr sich erhebendem Jubel angenommen, einstimmig und immer wieder einstimmig, und als die letzte
These so den Weg zum Herzen der Masse gefunden hatte, stand ein Saal voll Menschen vor mir,
zusammengeschlossen von einer neuen Überzeugung, einem neuen Glauben, von einem neuen Willen.
[406 Die Bewegung nimmt ihren Lauf]
Als sich nach fast vier Stunden der Raum zu leeren begann und die Masse sich Kopf an Kopf wie ein
langsamer Strom dem Ausgang zuwälzte, zuschob und zudrängte, da wußte ich, daß nun die Grundsätze
einer Bewegung in das deutsche Volk hinauswanderten, die nicht mehr zum Vergessen zu bringen
waren.
Ein Feuer war entzündet, aus dessen Glut dereinst das Schwert kommen muß, das dem germanischen
Siegfried die Freiheit, der deutschen Nation das Leben wiedergewinnen soll.
Und neben der kommenden Erhebung fühlte ich die Göttin der unerbittlichen Rache schreiten für die
Meineidstat des 9. November 1918.
So leerte sich langsam der Saal.
Die Bewegung nahm ihren Lauf.
ADOLF HITLER
Mein Kampf
Zweiter Band
Die nationalsozialistische Bewegung
[409]

1. Kapitel:
Weltanschauung und Partei
Am 24. Februar 1920 fand die erste große öffentliche Massenkundgebung unserer jungen Bewegung
statt. Im Festsaale des Münchener Hofbräuhauses wurden die fünfundzwanzig Thesen des Programms
der neuen Partei einer fast zweitausendköpfigen Menschenmenge unterbreitet und jeder einzelne Punkt
unter jubelnder Zustimmung angenommen.
Damit waren die ersten Leitsätze und Richtlinien für einen Kampf ausgegeben, der mit einem wahren
Wust althergebrachter Vorstellungen und Ansichten und mit unklaren, ja schädlichen Zielen aufräumen
sollte. In die faule und feige bürgerliche Welt sowohl wie in den Siegeszug der marxistischen
Eroberungswelle sollte eine neue Machterscheinung treten, um den Wagen des Verhängnisses in letzter
Stunde zum Stehen zu bringen.
Es war selbstverständlich, daß die neue Bewegung nur dann hoffen durfte, die nötige Bedeutung und die
erforderliche Stärke für diesen Riesenkampf zu erhalten, wenn es ihr vom ersten Tage an gelang, in den
Herzen ihrer Anhänger die heilige Überzeugung zu erwecken, daß mit ihr dem politischen Leben nicht
eine neue Wahlparole oktroyiert, sondern eine neue Weltanschauung von prinzipieller Bedeutung
vorangestellt werden solle.
Man muß bedenken, aus welch jämmerlichen Gesichtspunkten heraus sogenannte "Parteiprogramme"
normal zusammengeschustert und von Zeit zu Zeit aufgepumpt oder umgemodelt werden. Man muß die
treibenden Motive besonders dieser bürgerlichen "Programm-Kommissionen" unter die Lupe nehmen,
um das nötige Verständnis für die Be-

[410 Die bürgerlichen "Programm-Kommissionen"]
wertung dieser programmatischen Ausgeburten zu gewinnen.
Es ist immer eine einzige Sorge, die entweder zur Neuaufstellung von Programmen oder zur
Abänderung der vorhandenen antreibt: die Sorge um den nächsten Wahlausgang. Sowie in den Köpfen
dieser parlamentarischen Staatskünstler die Ahnung aufzudämmern pflegt, daß das liebe Volk wieder
einmal revoltiert und aus dem Geschirr des alten Parteiwagens entschlüpfen will, pflegen sie die
Deichseln neu anzustreichen. Dann kommen die Sterngucker und Parteiastrologen, die sogenannten
"erfahrenen" und "gewiegten", meistens alten Parlamentarier, die in ihrer "reichen politischen Lehrzeit"
sich analoger Fälle zu erinnern vermögen, da auch der Masse endlich die Stränge ihrer Geduld gerissen,
und die ähnliches wieder bedrohlich nahe fühlen. So greifen sie zu den alten Rezepten, bilden eine
"Kommission", horchen im lieben Volk herum, beschnüffeln die Presseerzeugnisse und riechen so
langsam heraus, was das liebe breite Volk gerne haben möchte, was es verabscheut und was es sich
erhofft. Jede Berufsgruppe, ja jede Angestelltenklasse wird genauestens studiert und in ihren geheimsten
Wünschen erforscht. Auch die "üblen Schlagworte" der gefährlichen Opposition pflegen dann plötzlich
reif für eine Überprüfung zu sein und tauchen nicht selten, zum größten Erstaunen ihrer ursprünglichen
Erfinder und Verbreiter, ganz harmlos, wie selbstverständlich im Wissensschatz der alten Parteien auf.
So treten die Kommissionen zusammen und "revidieren" das alte Programm und verfassen ein neues
(die Herrschaften wechseln dabei ihre Überzeugungen wie der Soldat im Felde das Hemd, nämlich
immer dann, wenn das alte verlaust ist!), in dem jedem das Seine gegeben wird. Der Bauer erhält den
Schutz seiner Landwirtschaft, der Industrielle den Schutz seiner Ware, der Konsument den Schutz seines
Einkaufs, den Lehrern werden die Gehälter erhöht, den Beamten die Pensionen aufgebessert, Witwen
und Waisen soll in reichlichstem Umfang der Staat versorgen, der Verkehr wird gefördert, die Tarife
[411 Aus dem Leben der "Volksvertreter"]
sollen erniedrigt und gar die Steuern, wenn auch nicht ganz, aber doch so ziemlich abgeschafft werden.
Manches Mal passiert es, daß man doch einen Stand vergessen oder von einer im Volk umlaufenden
Forderung nichts gehört hat. Dann wird in letzter Eile noch hineingeflickt, was Platz hat, so lange, bis
man mit gutem Gewissen hoffen darf, das Heer der normalen Spießer samt ihren Weibern wieder
beruhigt zu haben und hochbefriedigt zu sehen. So kann man innerlich also gerüstet im Vertrauen auf
den lieben Gott und die unerschütterliche Dummheit der wahlberechtigten Bürger den Kampf um die
"neue Gestaltung" des Reiches, wie man sagt, beginnen.
Wenn dann der Wahltag vorbei ist, die Parlamentarier für fünf Jahre ihre legte Volksversammlung
abgehalten haben, um sich von der Dressur des Plebs hinweg zur Erfüllung ihrer höheren und
angenehmeren Aufgaben zu begeben, löst sich die Programm-Kommission wieder auf, und der Kampf
um die Neugestaltung der Dinge erhält wieder die Formen des Ringens um das liebe tägliche Brot:
Dieses heißt aber beim Parlamentarier Diäten.
Jeden Morgen begibt sich der Herr Volksvertreter in das Hohe Haus, und wenn schon nicht ganz hinein,
so doch wenigstens bis in den Vorraum, in dem die Anwesenheitslisten auf liegen. Im angreifenden
Dienste für das Volk trägt er dort seinen Namen ein und nimmt als wohlverdienten Lohn eine kleine
Entschädigung für diese fortgesetzten zermürbenden Anstrengungen entgegen.
Nach vier Jahren oder in sonstigen kritischen Wochen, wenn die Auflösung der parlamentarischen
Körperschaften wieder näher und näher zu rücken beginnt, beschleicht die Herren plötzlich ein
unbezähmbarer Drang. So wie der Engerling nicht anders kann, als sich zum Maikäfer zu verwandeln,
so verlassen diese parlamentarischen Raupen das große gemeinsame Puppenhaus und flattern
flügelbegabt hinaus zum lieben Volk. Sie reden wieder zu ihren Wählern, erzählen von der eigenen
enormen Arbeit und der böswilligen Verstocktheit der anderen, bekommen aber von der unverständigen
Masse statt dankbaren Bei-
[412 Marxismus und demokratisches Prinzip]
falls manches Mal rohe, ja gehässige Ausdrücke an den Kopf geworfen. Wenn sich diese Undankbarkeit
des Volkes bis zu einem gewissen Grade steigert, kann nur ein einziges Mittel helfen: der Glanz der
Partei muß wieder aufgebügelt werden, das Programm ist verbesserungsbedürftig, die Kommission tritt
erneut ins Leben, und der Schwindel beginnt von vorne. Bei der granitenen Dummheit unserer
Menschheit wundere man sich nicht über den Erfolg. Geleitet durch seine Presse und geblendet vom
neuen verlockenden Programm, kehrt das "bürgerliche" wie das "proletarische" Stimmvieh wieder in
den gemeinsamen Stall zurück und wählt seine alten Betrüger.
Damit verwandelt sich der Volksmann und Kandidat der schaffenden Stände wieder in die
parlamentarische Raupe und frißt sich am Gezweig des staatlichen Lebens weiter dick und fett, um sich
nach vier Jahren wieder in den schillernden Schmetterling zu verwandeln.
Es gibt kaum etwas Deprimierenderes, als diesen ganzen Vorgang in der nüchternen Wirklichkeit zu
beobachten, diesem sich immer wiederholenden Betrug zusehen zu müssen.
Aus solchem geistigen Nährboden schöpft man im bürgerlichen Lager freilich nicht die Kraft, den
Kampf mit der organisierten Macht des Marxismus auszufechten.
Ernstlich denken die Herrschaften auch nie daran. Bei aller zugegebenen Beschränktheit und geistigen
Inferiorität dieser parlamentarischen Medizinmänner der weißen Rasse können sie selber sich nicht im
Ernste einbilden, auf dem Wege einer westlichen Demokratie gegen eine Lehre anzukämpfen, für
welche die Demokratie samt allem, was drum und dran hängt, im besten Falle ein Mittel zum Zweck ist,
das man anwendet, um den Gegner zu lähmen und dem eigenen Handeln freie Bahn zu schaffen. Wenn
nämlich ein Teil des Marxismus zur Zeit auch in äußerst kluger Weise die unzertrennliche Verbindung
mit den Grundsätzen der Demokratie vorzutäuschen versucht, dann möge man doch gefälligst nicht
vergessen, daß in der kritischen Stunde diese Herrschaften sich um eine Majoritätsentscheidung nach
westlich-demokratischer Auffassung einen
[413 Marxismus und demokratisches Prinzip]
Pfifferling kümmerten! Es war dies in den Tagen, als die bürgerlichen Parlamentarier die Sicherheit des
Reiches in der monumentalen Borniertheit einer überragenden Zahl garantiert sahen, während der
Marxismus mit einem Haufen von Straßenstrolchen, Deserteuren, Parteibonzen und jüdischen Literaten
kurzerhand die Macht an sich riß, der Demokratie solcher Art eine schallende Maulschelle versengend.
Daher gehört dann schon das gläubige Gemüt eines solchen parlamentarischen Zauberpriesters
bürgerlicher Demokratie dazu, um zu wähnen, daß jetzt oder in der Zukunft die brutale Entschlossenheit
der Interessenten und Träger jener Weltpest einfach durch die Beschwörungsformeln eines westlichen
Parlamentarismus gebannt werden könnte.
Der Marxismus wird so lange mit der Demokratie marschieren, bis es ihm gelingt, auf indirektem Wege
für seine verbrecherischen Ziele sogar noch die Unterstützung der von ihm zur Ausrottung bestimmten
nationalen geistigen Welt zu erhalten. Käme er aber heute zur Überzeugung, daß sich aus dem
Hexenkessel unserer parlamentarischen Demokratie plötzlich eine Majorität zusammenbrauen ließe, die
— und wäre es nur auf Grund ihrer zur Gesetzgebung berechtigten Mehrzahl — dem Marxismus
ernstlich auf den Leib rückte, so wäre das parlamentarische Gaukelspiel gleich zu Ende. Die
Bannerträger der roten Internationale würden dann, statt einen Appell an das demokratische Gewissen
zu richten, einen brandigen Aufruf an die proletarischen Massen erlassen, und ihr Kampf würde sich mit
einem Schlage aus der muffigen Luft der Sitzungssäle unserer Parlamente in die Fabriken und auf die
Straße verpflanzen. Die Demokratie wäre damit sofort erledigt; und was der geistigen Gelenkigkeit jener
Völkerapostel in den Parlamenten mißlungen war, würde dem Brecheisen und Schmiedehammer
aufgehetzter Proletariermassen genau wie im Herbst 1918 blitzschnell gelingen: sie würden der
bürgerlichen Welt schlagend beibringen, wie verrückt es ist, sich einzubilden, mit dem Mittel westlicher
Demokratie der jüdischen Welteroberung entgegentreten zu können.
[414 Weltanschauung gegen Weltanschauung]
Wie gesagt, es gehört schon ein gläubiges Gemüt dazu, sich einem solchen Spieler gegenüber an Regeln
zu binden, die für diesen immer nur zum Bluff oder zum eigenen Nutzen vorhanden sind, die über Bord
geschleudert werden, sobald sie seinen Vorteilen nicht mehr entsprechen.
Da bei allen Parteien sogenannter bürgerlicher Einstellung in Wirklichkeit der ganze politische Kampf
tatsächlich nur im Raufen um einzelne Parlamentsstühle besteht, wobei Einstellungen und Grundsätze je
nach Zweckmäßigkeit wie Sandballast über Bord geworfen werden, so sind natürlich auch ihre
Programme demgemäß abgestimmt und — umgekehrt allerdings — auch ihre Kräfte danach bemessen.
Es fehlt ihnen jene große magnetische Anziehung, der die breite Masse immer nur folgt unter dem
zwingenden Eindruck großer überragender Gesichtspunkte, der Überzeugungskraft bedingungslosen
Glaubens an dieselben, gepaart mit dem fanatischen Kampfesmut, für sie einzustehen.
In einer Zeit aber, in welcher die eine Seite, ausgerüstet mit allen Waffen einer, wenn auch tausendmal
verbrecherischen Weltanschauung, zum Sturm gegen eine bestehende Ordnung antritt, kann die andere
ewig nur Widerstand leisten, wenn sich dieser selber in die Formen eines neuen, in unserem Falle
politischen Glaubens kleidet und die Parole einer schwächlichen und feigen Verteidigung mit dem
Schlachtruf mutigen und brutalen Angriffs vertauscht. Wenn daher heute unserer Bewegung, besonders
von seiten sogenannter nationaler bürgerlicher Minister, etwa des bayerischen Zentrums, der geistreiche
Vorwurf gemacht wird, daß sie auf eine "Umwälzung" hinarbeite, kann man einem solchen
politisierenden Dreikäsehoch nur eines zur Antwort geben: Jawohl, wir versuchen nachzuholen, was ihr
in eurer verbrecherischen Dummheit versäumt habt. Ihr habt durch die Grundsätze eures
parlamentarischen Kuhhandels mitgeholfen, die Nation in den Abgrund
[415 Der Begriff "völkisch"]
zu zerren; wir aber werden, und zwar in den Formen des Angriffs, durch die Aufstellung einer neuen
Weltanschauung und der fanatischen unerschütterlichen Verteidigung ihrer Grundsätze unserem Volke
die Stufen bauen, auf denen es dereinst in den Tempel der Freiheit wieder emporzusteigen vermag.
So mußte in der Gründungszeit unserer Bewegung unsere erste Sorge immer darauf gerichtet sein, zu
verhüten, daß aus der Heerschar von Kämpfern für eine neue hehre Überzeugung bloß ein Verein zur
Förderung parlamentarischer Interessen werde.
Die erste vorbeugende Maßnahme war die Schaffung eines Programms, das zielmäßig zu einer
Entwicklung drängte, die schon in ihrer inneren Größe geeignet erschien, die kleinen und schwächlichen
Geister unserer heutigen Parteipolitiker zu verscheuchen.
Wie richtig aber unsere Auffassung von der Notwendigkeit programmatischer Zielpunkte schärfster
Prägung gewesen ist, ging am klarsten aus jenen verhängnisvollen Gebrechen hervor, die endlich zum
Zusammenbruche Deutschlands geführt haben.
Aus ihrer Erkenntnis heraus mußte sich eine neue Staatsauffassung formen, die selber wieder ein
wesentlicher Bestandteil einer neuen Weltauffassung ist.
×
Ich habe mich schon im ersten Bande mit dem Worte "völkisch" insofern auseinandergesetzt, als ich
feststellen mußte, daß diese Bezeichnung begrifflich zu wenig begrenzt erscheint, um die Bildung einer
geschlossenen Kampfgemeinschaft zu gestatten. Alles Mögliche, das in allem Wesentlichen seiner
Ansichten himmelweit auseinanderklafft, treibt sich zur Zeit unter dem Deckwort "völkisch" herum. Ehe
ich daher nun zu den Aufgaben und Zielen der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei
übergehe, möchte ich eine Klarstellung des Begriffes "völkisch" sowie seines Verhältnisses zur
Parteibewegung geben.
[416 Der Begriff "völkisch"]
Der Begriff "völkisch" erscheint so wenig klar abgesteckt, so vielseitig auslegbar und so unbeschränkt in
der praktischen Anwendung wie etwa das Wort "religiös". Man kann sich sehr schwer auch unter dieser
Bezeichnung etwas ganz Präzises vorstellen, weder im Sinne gedanklichen Erfassens noch in dem
praktischen Auswirkens. Faßlich vorstellbar wird die Bezeichnung "religiös" erst in dem Augenblick, in
dem sie sich mit einer bestimmt umrissenen Form dieses ihres Auswirkens verbindet. Es ist eine sehr
schöne, meist aber auch billige Erklärung, wenn man das Wesen eines Menschen als "tiefinnerlich
religiös" bezeichnet. Es wird vielleicht auch einige wenige geben, die durch eine solche ganz allgemeine
Bezeichnung sich selbst befriedigt fühlen, ja, denen sie sogar ein bestimmtes, mehr oder minder scharfes
Bild jenes Seelenzustandes zu vermitteln vermag. Da aber die große Masse weder aus Philosophen noch
aus Heiligen besteht, wird eine solche ganz allgemeine religiöse Idee dem einzelnen meist nur die
Freigabe seines individuellen Denkens und Handelns bedeuten, ohne indes zu jener Wirksamkeit zu
führen, welche der religiösen inneren Sehnsucht in dem Augenblicke erwächst, da sich aus der rein
metaphysischen unbegrenzten Gedankenwelt ein klar umgrenzter Glaube formt. Sicherlich ist dieser
nicht der Zweck an sich, sondern nur ein Mittel zum Zweck; doch ist er das unumgänglich notwendige
Mittel, um den Zweck überhaupt erreichen zu können. Dieser Zweck aber ist nicht nur ein ideeller,
sondern im letzten Grunde genommen auch ein eminent praktischer. Wie man sich überhaupt darüber
klar werden muß, daß die höchsten Ideale immer einer tiefsten Lebensnotwendigkeit entsprechen, genau
so wie der Adel der erhabensten Schönheit im letzten Grunde auch nur im logisch Zweckmäßigsten
liegt.
Indem der Glaube mithilft, den Menschen über das Niveau eines tierischen Dahinlebens zu erheben,
trägt er in Wahrheit zur Festigung und Sicherung seiner Existenz bei. Man nehme der heutigen
Menschheit die durch ihre Erziehung gestützten, religiös-glaubensmäßigen. in ihrer praktischen
Bedeutung aber sittlich-moralischen Grundsätze
[417 Vom religiösen Fühlen zum apodiktischen Glauben]
durch Ausscheidung dieser religiösen Erziehung und ohne dieselbe durch Gleichwertiges zu ersehen,
und man wird das Ergebnis in einer schweren Erschütterung der Fundamente ihres Daseins vor sich
haben. Man darf also wohl feststellen, daß nicht nur der Mensch lebt, um höheren Idealen zu dienen,
sondern daß diese höheren Ideale umgekehrt auch die Voraussetzung zu seinem Dasein als Mensch
geben. So schließt sich der Kreis.
Natürlich liegen auch schon in der allgemeinen Bezeichnung "religiös" einzelne grundsätzliche
Gedanken oder Überzeugungen, zum Beispiel die der Unzerstörbarkeit der Seele, der Ewigkeit ihres
Daseins, der Existenz eines höheren Wesens usw. Allein alle diese Gedanken, und mögen sie für den
einzelnen noch so überzeugend sein, unterliegen so lange der kritischen Prüfung dieses einzelnen und
damit so lange einer schwankenden Bejahung oder Verneinung, bis eben nicht die gefühlsmäßige
Ahnung oder Erkenntnis die gesetzmäßige Kraft apodiktischen Glaubens annimmt. Dieser vor allem ist
der Kampffaktor, der der Anerkennung religiöser Grundanschauungen Bresche schlägt und die Bahn frei
macht.
Ohne den klar begrenzten Glauben würde die Religiosität in ihrer unklaren Vielgestaltigkeit für das
menschliche Leben nicht nur wertlos sein, sondern wahrscheinlich zur allgemeinen Zerrüttung
beitragen.
Ähnlich wie mit dem Begriff "religiös" verhält es sich mit der Bezeichnung "völkisch". Auch in ihr
liegen schon einzelne grundsätzliche Erkenntnisse. Sie sind jedoch, wenn auch von eminentester
Bedeutung, ihrer Form nach so wenig klar bestimmt, daß sie sich über den Wert einer mehr oder minder
anzuerkennenden Meinung erst dann erheben, wenn sie als Grundelemente in den Rahmen einer
politischen Partei gefaßt werden. Denn die Verwirklichung weltanschauungsmäßiger Ideale und der aus
ihnen abgeleiteten Forderungen erfolgt ebensowenig durch das reine Gefühl oder das innere Wollen der
Menschen an sich als etwa die Erringung der
[418 Vom völkischen Fühlen zum politischen Bekenntnis]
Freiheit durch die allgemeine Sehnsucht nach ihr. Nein, erst wenn der ideale Drang nach
Unabhängigkeit in den Formen militärischer Machtmittel die kampfesmäßige Organisation erhält, kann
der drängende Wunsch eines Volkes in herrliche Wirklichkeit umgesetzt werden.
Jede Weltanschauung, sie mag tausendmal richtig und von höchstem Nutzen für die Menschheit sein,
wird solange für die praktische Ausgestaltung eines Völkerlebens ohne Bedeutung bleiben, als ihre
Grundsätze nicht zum Panier einer Kampfbewegung geworden sind, die ihrerseits wieder so lange Partei
sein wird, als sich ihr Wirken nicht im Siege ihrer Ideen vollendet hat und ihre Parteidogmen die neuen
Staatsgrundsätze der Gemeinschaft eines Volkes bilden.
Wenn aber eine geistige Vorstellung allgemeiner Art einer kommenden Entwicklung als Fundament
dienen will, dann ist die erste Voraussetzung die Schaffung unbedingter Klarheit über Wesen, Art und
Umfang dieser Vorstellung, da sich nur auf solcher Basis eine Bewegung bilden läßt, die in der inneren
Homogenität ihrer Überzeugungen die nötige Kraft zum Kampfe zu entwickeln vermag. Aus
allgemeinen Vorstellungen muß ein politisches Programm, aus einer allgemeinen Weltanschauung ein
bestimmter politischer Glaube, geprägt werden. Dieser wird, da sein Ziel ein praktisch erreichbares sein
soll, nicht nur der Idee an sich zu dienen haben, sondern auch Rücksicht nehmen müssen auf die
Kampfmittel, die zur Erringung des Sieges dieser Idee vorhanden sind und Verwendung finden müssen.
Zu einer abstrakt richtigen geistigen Vorstellung, die der Programmatiker zu verkünden hat, muß sich
die praktische Erkenntnis des Politikers gesellen. So muß sich ein ewiges Ideal als Leitstern einer
Menschheit leider damit abfinden, die Schwächen dieser Menschheit zu berücksichtigen, um nicht
[419 Vom politischen Bekenntnis zur Kampfgemeinschaft]
an der allgemeinen menschlichen Unzulänglichkeit von vornherein zu scheitern. Zum Erforscher der
Wahrheit hat sich der Kenner der Volkspsychose zu gesellen, um aus dem Reiche des Ewig-Wahren und
Idealen das menschlich Mögliche für kleine Sterbliche herauszuholen und Gestalt werden zu lassen.
Diese Umsetzung einer allgemeinen weltanschauungsmäßigen idealen Vorstellung von höchster
Wahrhaftigkeit in eine bestimmt begrenzte, straff organisierte, geistig und willensmäßig einheitliche
politische Glaubens- und Kampfgemeinschaft ist die bedeutungsvollste Leistung, da von ihrer
glücklichen Lösung allein die Möglichkeit eines Sieges der Idee abhängt. Hier muß aus dem Heer von
oft Millionen Menschen, die im einzelnen mehr oder weniger klar und bestimmt diese Wahrheiten
ahnen, zum Teil vielleicht begreifen, einer hervortreten, um mit apodiktischer Kraft aus der
schwankenden Vorstellungswelt der breiten Masse granitene Grundsätze zu formen und so lange den
Kampf für ihre alleinige Richtigkeit aufzunehmen, bis sich aus dem Wellenspiel einer freien
Gedankenwelt ein eherner Fels einheitlicher glaubens- und willensmäßiger Verbundenheit erhebt.
Das allgemeine Recht zu einer solchen Handlung liegt begründet in ihrer Notwendigkeit, das
persönliche Recht im Erfolg.
×
Wenn wir versuchen, aus dem Worte "völkisch" den sinngemäßen innersten Kern herauszuschälen,
kommen wir zu folgender Feststellung: Unsere heutige landläufige politische Weltauffassung beruht im
allgemeinen auf der Vorstellung, daß dem Staate zwar an sich schöpferische, kulturbildende Kraft
zuzusprechen sei, daß er aber mit rassischen Voraussetzungen nichts zu tun habe, sondern eher noch ein
Produkt wirtschaftlicher Notwendigkeiten, bestenfalls aber das natürliche Ergebnis politischen
Machtdranges sei. Diese Grundanschauung führt in ihrer logisch-konsequenten Weiterbildung nicht nur
zu
[420 Marxismus gegen Rasse und Persönlichkeit]
einer Verkennung rassischer Urkräfte, sondern auch zu einer Minderbewertung der Person. Denn die
Ableugnung der Verschiedenheit der einzelnen Rassen in bezug auf ihre allgemeinen kulturbildenden
Kräfte muß zwangsläufig diesen größten Irrtum auch auf die Beurteilung der Einzelperson übertragen.
Die Annahme von der Gleichartigkeit der Rassen wird dann zur Grundlage einer gleichen
Betrachtungsweise für die Völker und weiterhin für die einzelnen Menschen. Daher ist auch der
internationale Marxismus selbst nur die durch den Juden Karl Marx vorgenommene Übertragung einer
tatsächlich schon längst vorhandenen weltanschauungsmäßigen Einstellung und Auffassung in die Form
eines bestimmten politischen Glaubensbekenntnisses. Ohne den Untergrund einer derartigen, allgemein
bereits vorhandenen Vergiftung wäre der staunenswerte politische Erfolg dieser Lehre auch niemals
möglich gewesen. Karl Marx war wirklich nur der eine unter den Millionen, der in dem Sumpfe einer
langsam verkommenden Welt mit dem sicheren Blick des Propheten die wesentlichsten Giftstoffe
erkannte, sie herausgriff, um sie, einem Schwarzkünstler gleich, in eine konzentrierte Lösung zur
schnelleren Vernichtung des unabhängigen Daseins freier Nationen auf dieser Erde zu bringen. Dieses
alles aber im Dienste seiner Rasse.
So ist die marxistische Lehre der kurzgefaßte geistige Extrakt der heute allgemein gültigen
Weltanschauung. Schon aus diesem Grunde ist auch jeder Kampf unserer sogenannten bürgerlichen
Welt gegen sie unmöglich, ja lächerlich, da auch diese bürgerliche Welt im wesentlichen von all diesen
Giftstoffen durchseht ist und einer Weltanschauung huldigt, die sich von der marxistischen im
allgemeinen nur mehr durch Grade und Personen unterscheidet. Die bürgerliche Welt ist marxistisch,
glaubt aber an die Möglichkeit der Herrschaft bestimmter Menschengruppen (Bürgertum), während der
Marxismus selbst die Welt planmäßig in die Hand des Judentums überzuführen trachtet.
Demgegenüber erkennt die völkische Weltanschauung die Bedeutung der Menschheit in deren
rassischen Urelementen.
[421 Völkische Einstellung auf Rasse und Persönlichkeit]
Sie sieht im Staat prinzipiell nur ein Mittel zum Zweck und faßt als seinen Zweck die Erhaltung des
rassischen Daseins der Menschen auf. Sie glaubt somit keineswegs an eine Gleichheit der Rassen,
sondern erkennt mit ihrer Verschiedenheit auch ihren höheren oder minderen Wert und fühlt sich durch
diese Erkenntnis verpflichtet, gemäß dem ewigen Wollen, das dieses Universum beHerrscht, den Sieg
des Besseren, Stärkeren zu fördern, die Unterordnung des Schlechteren und Schwächeren zu verlangen.
Sie huldigt damit prinzipiell dem aristokratischen Grundgedanken der Natur und glaubt an die Geltung
dieses Gesetzes bis herab zum legten Einzelwesen. Sie sieht nicht nur den verschiedenen Wert der
Rassen, sondern auch den verschiedenen Wert der Einzelmenschen. Aus der Masse schält sich für sie
die Bedeutung der Person heraus, dadurch aber wirkt sie gegenüber dem desorganisierenden Marxismus
organisatorisch. Sie glaubt an die Notwendigkeit einer Idealisierung des Menschentums, da sie
wiederum nur in dieser die Voraussetzung für das Dasein der Menschheit erblickt. Allein sie kann auch
einer ethischen Idee das Existenzrecht nicht zubilligen, sofern diese Idee eine Gefahr für das rassische
Leben der Träger einer höheren Ethik darstellt; denn in einer verbastardierten und verengerten Welt
wären auch alle Begriffe des menschlich Schönen und Erhabenen sowie alle Vorstellungen einer
idealisierten Zukunft unseres Menschentums für immer verloren.
Menschliche Kultur und Zivilisation sind auf diesem Erdteil unzertrennlich gebunden an das
Vorhandensein des Ariers. Sein Aussterben oder Untergehen wird auf diesen Erdball wieder die dunklen
Schleier einer kulturlosen Zeit senken.
Das Untergraben des Bestandes der menschlichen Kultur durch Vernichtung ihres Trägers aber erscheint
in den Augen einer völkischen Weltanschauung als das fluchwürdigste Verbrechen. Wer die Hand an
das höchste Ebenbild des Herrn zu legen wagt, frevelt am gütigen Schöpfer dieses Wunders und hilft mit
an der Vertreibung aus dem Paradies.
[422 Forderung des freien Kräftespiels]
Damit entspricht die völkische Weltanschauung dem innersten Wollen der Natur, da sie jenes freie Spiel
der Kräfte wiederherstellt, das zu einer dauernden gegenseitigen Höherzüchtung führen muß, bis endlich
dem besten Menschentum, durch den erworbenen Besitz dieser Erde, freie Bahn gegeben wird zur
Betätigung auf Gebieten, die teile über, teils außer ihr liegen werden.
Wir alle ahnen, daß in ferner Zukunft Probleme an den Menschen herantreten können, zu deren
Bewältigung nur eine höchste Rasse als Herrenvolk, gestützt auf die Mittel und Möglichkeiten eines
ganzen Erdballs, berufen sein wird.
×
Es ist selbstverständlich, daß eine so allgemeine Feststellung des sinngemäßen Inhalts einer völkischen
Weltanschauung zu tausendfältiger Auslegung führen kann. Tatsächlich finden wir ja auch kaum eine
unserer jüngeren politischen Neugründungen, die sich nicht irgendwie auf diese Weltauffassung beruft.
Sie beweist jedoch gerade durch ihre eigene Existenz gegenüber den vielen anderen die
Unterschiedlichkeit ihrer Auffassungen. So tritt der von einer einheitlichen Spitzenorganisation
geführten marxistischen Weltanschauung ein Gemengsel von Anschauungen entgegen, das schon
ideenmäßig gegenüber der geschlossenen feindlichen Front wenig eindrucksvoll ist. Siege werden durch
so schwächliche Waffen nicht erfochten! Erst wenn der — politisch durch den organisierten Marxismus
geführten — internationalen Weltanschauung eine ebenso einheitlich organisierte und geleitete
völkische gegenübertritt, wird sich bei gleicher Kampfesenergie der Erfolg auf die Seite der ewigen
Wahrheit schlagen.
Die organisatorische Erfassung einer Weltanschauung kann aber ewig nur auf Grund einer bestimmten
Formulierung derselben stattfinden, und was für den Glauben die Dogmen darstellen, sind für
[423 Zusammenfassung der Partei]
die sich bildende politische Partei die Parteigrundsätze.
Damit muß also der völkischen Weltanschauung ein Instrument geschaffen werden, das ihr die
Möglichkeit einer kampfesmäßigen Vertretung gewährt, ähnlich wie die marxistische Parteiorganisation
für den Internationalismus freie Bahn schafft.
Dieses Ziel verfolgt die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei.
Daß eine solche parteimäßige Festlegung des völkischen Begriffes die Voraussetzung zum Siege der
völkischen Weltanschauung ist, wird am schärfsten bewiesen durch eine Tatsache, die selbst von den
Gegnern einer solchen parteimäßigen Bindung, wenigstens indirekt, zugegeben wird. Gerade diejenigen,
die nicht müde werden zu betonen, daß die völkische Weltanschauung keineswegs "Erbpacht" eines
einzelnen sei, sondern im Herzen von weiß Gott wie vielen Millionen schlummert oder "lebt",
dokumentieren doch damit, daß die Tatsache des allgemeinen Vorhandenseins solcher Vorstellungen
den Sieg der feindlichen Weltanschauung, die allerdings parteipolitisch klassisch vertreten wird, eben
nicht im geringsten zu hindern vermochte. Wäre es anders, so müßte das deutsche Volk heute schon
einen gigantischen Sieg errungen haben und nicht am Rande eines Abgrundes stehen. Was der
internationalen Weltauffassung den Erfolg gab, war ihre Vertretung durch eine sturmabteilungsmäßig
organisierte politische Partei; was die gegenteilige Weltanschauung unterliegen ließ, war der bisherige
Mangel einer einheitlich geformten Vertretung derselben. Nicht in einer unbegrenzten Freigabe der
Auslegung einer allgemeinen Anschauung, sondern nur in der begrenzten und damit
zusammenfassenden Form einer politischen Organisation kann eine Weltanschauung kämpfen und
siegen.
Deshalb sah ich meine eigene Aufgabe besonders darin, aus dem umfangreichen und ungestalteten Stoff
einer
[424 Bildung des politischen Glaubensbekenntnisses]
allgemeinen Weltanschauung diejenigen Kernideen herauszuschälen und in mehr oder minder
dogmatische Formen umzugießen, die in ihrer klaren Begrenztheit sich dazu eignen, jene Menschen, die
sich darauf verpflichten, einheitlich zusammenzufassen. Mit anderen Worten: Die Nationalsozialistische
Deutsche Arbeiterpartei übernimmt aus dem Grundgedankengang einer allgemeinen völkischen
Weltvorstellung die wesentlichen Grundzüge, bildet aus denselben, unter Berücksichtigung der
praktischen Wirklichkeit, der Zeit und des vorhandenen Menschenmaterials sowie seiner Schwächen,
ein politisches Glaubensbekenntnis, das nun seinerseits in der so ermöglichten straffen organisatorischen
Erfassung großer Menschenmassen die Voraussetzung für die siegreiche Durchfechtung dieser
Weltanschauung selber schafft.
[425]

2. Kapitel:
Der Staat
Schon in den Jahren 1920/21 wurde unserer jungen Bewegung aus den Kreisen der heutigen überlebten
bürgerlichen Welt immer wieder vorgehalten, daß unsere Stellung zum heutigen Staat eine ablehnende
sei, woraus das parteipolitische Strauchrittertum aller Richtungen die Berechtigung ableitete, den
Unterdrückungskampf gegen die junge, unbequeme Verkünderin einer neuen Weltanschauung mit allen
Mitteln aufnehmen zu dürfen. Man hat dabei freilich mit Absicht vergessen, daß sich die heutige
bürgerliche Welt selber unter dem Begriff Staat gar nichts Einheitliches mehr vorzustellen vermag, daß
es eine einheitliche Definition dafür nicht gibt und auch nicht geben kann. Pflegen doch die Erklärer auf
unseren staatlichen Hochschulen oft in Gestalt von Staatsrechtslehrern zu sitzen, deren höchste Aufgabe
es sein muß, für die jeweilige mehr oder minder glückliche Existenz ihres brotspendenden Nährquells
Erklärungen und Deutungen zu finden. Je unmöglicher ein Staat beschaffen ist, um so undurchsichtiger,
gekünstelter und unverständlicher sind die Definitionen über seinen Daseinszweck. Was sollte z. B. ein
kaiserlich-königlicher Universitätsprofessor über Sinn und Zweck des Staates schreiben in einem Lande,
dessen staatliches Dasein wohl die größte Mißgeburt aller Zeiten verkörperte? Eine schwere Aufgabe,
wenn man bedenkt, daß es für den heutigen Lehrer in staatsrechtlichen Dingen weniger eine
Verpflichtung zur Wahrheit, als vielmehr eine Bindung an einen bestimmten Zweck gibt. Der Zweck
aber lautet: Erhaltung um jeden Preis des jeweils in Frage kommenden Monstrums von
[426 Drei Herrschende Auffassungen vom Staat]
menschlichem Mechanismus, jetzt Staat genannt. Da wundere man sich dann nicht, wenn man bei der
Erörterung dieses Problems reale Gesichtspunkte möglichst vermeidet, um sich statt dessen in ein
Gemengsel von "ethischen", "sittlichen", "moralischen" und sonstigen ideellen Werten, Aufgaben
und Zielen einzugraben.
Ganz allgemein kann man drei Auffassungen unterscheiden: a) Die Gruppe derjenigen, die im Staat
einfach eine mehr oder weniger freiwillige Zusammenfassung von Menschen unter einer
Regierungsgewalt erblicken.
Diese Gruppe ist die zahlreichste. In ihren Reihen befinden sich besonders die Anbeter unseres heutigen
Legitimitätsprinzips, in deren Augen der Wille der Menschen bei dieser ganzen Angelegenheit
überhaupt keine Rolle spielt. In der Tatsache des Bestehens eines Staates liegt für sie allein schon eine
geweihte Unverletzlichkeit begründet. Um diesen Wahnsinn menschlicher Gehirne zu schützen, braucht
man eine geradezu hündische Verehrung der sogenannten Staatsautorität. In den Köpfen solcher Leute
wird im Handumdrehen aus einem Mittel der endgültige Zweck gemacht. Der Staat ist nicht mehr da,
um den Menschen zu dienen, sondern die Menschen sind da, um eine Staatsautorität, die noch den
legten, irgendwie beamteten Geist umschließt, anzubeten. Damit der Zustand dieser stillen, verzückten
Verehrung sich nicht in einen solchen der Unruhe verwandle, ist die Staatsautorität ihrerseits nur dazu
da, die Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten. Auch sie ist jetzt kein Zweck und kein Mittel mehr. Die
Staatsautorität hat für Ruhe und Ordnung zu sorgen, und die Ruhe und Ordnung hat der Staatsautorität
umgekehrt wieder das Dasein zu ermöglichen. Innerhalb dieser beiden Pole hat das ganze Leben zu
kreisen.
In Bayern wird eine solche Auffassung in erster Linie von den Staatskünstlern des bayerischen
Zentrums, genannt "Bayerische Volkspartei", vertreten; in Österreich
[427 Drei Herrschende Auffassungen vom Staat]
waren es die schwarz-gelben Legitimisten, im Reiche selber sind es leider häufig sogenannte
konservative Elemente, deren Vorstellung über den Staat sich in diesen Bahnen bewegt.
B) Die zweite Gruppe von Menschen ist der Zahl nach schon etwas kleiner, da zu ihr diejenigen
gerechnet werden müssen, die an das Vorhandensein eines Staates wenigstens einige Bedingungen
knüpfen. Sie wünschen nicht nur gleiche Verwaltung, sondern auch, wenn möglich, gleiche Sprache —
wenn auch nur aus allgemein verwaltungstechnischen Gesichtspunkten heraus. Die Staatsautorität ist
nicht mehr der alleinige und ausschließliche Zweck des Staates, sondern die Förderung des Wohles der
Untertanen kommt hinzu. Gedanken von "Freiheit", und zwar meist mißverstandener Art, schieben sich
in die Staatsauffassung dieser Kreise ein. Die Regierungsform erscheint nicht mehr unantastbar durch
die Tatsache ihres Bestehens an sich, sondern wird auf ihre Zweckmäßigkeit hin geprüft. Die Heiligkeit
des Alters schützt nicht vor der Kritik der Gegenwart. Im übrigen ist es eine Auffassung, die vom Staate
vor allem die günstige Gestaltung des wirtschaftlichen Lebens des einzelnen erwartet, die mithin von
praktischen Gesichtspunkten aus und nach allgemein wirtschaftlichen Rentabilitätsanschauungen urteilt.
Die hauptsächlichsten Vertreter dieser Ansichten treffen wir in den Kreisen unseres normalen deutschen
Bürgertums, besonders in denen unserer liberalen Demokratie.c) Die dritte Gruppe ist ziffernmäßig die
schwächste.
Sie erblickt im Staat bereits ein Mittel zur Verwirklichung von meist sehr unklar vorgestellten
machtpolitischen Tendenzen eines sprachlich ausgeprägten und geeinten Staatsvolkes. Der Wille nach
einer einheitlichen Staatssprache äußert sich dabei nicht nur in der Hoffnung, diesem Staat damit ein
tragfähiges Fundament für äußeren Machtzuwachs zu schaffen, sondern nicht minder in der — übrigens
grundfalschen — Meinung, dadurch in einer bestimmten Richtung eine Nationalisierung durchführen zu
können.
[428 Falsche Vorstellungen von "Germanisation"]
Es war in den letzten hundert Jahren ein wahrer Jammer, sehen zu müssen, wie in diesen Kreisen,
manchmal im besten Glauben, mit dem Worte "Germanisieren" gespielt wurde. Ich selbst erinnere mich
noch daran, wie in meiner Jugend gerade diese Bezeichnung zu ganz unglaublich falschen Vorstellungen
verleitete. Selbst in alldeutschen Kreisen konnte man damals die Meinung hören, daß dem
österreichischen Deutschtum unter fördernder Mithilfe der Regierung sehr wohl eine Germanisation des
österreichischen Slawentums gelingen könnte, wobei man sich nicht im geringsten darüber klar wurde,
daß Germanisation nur am Boden vorgenommen werden kann und niemals an Menschen. Denn was
man im allgemeinen unter diesem Wort verstand, war nur die erzwungene äußerliche Annahme der
deutschen Sprache. Es ist aber ein kaum faßlicher Denkfehler, zu glauben, daß, sagen wir, aus einem
Neger oder einem Chinesen ein Germane wird, weil er Deutsch lernt und bereit ist, künftighin die
deutsche Sprache zu sprechen und etwa einer deutschen politischen Partei seine Stimme zu geben. Daß
jede solche Germanisation in Wirklichkeit eine Entgermanisation ist, wurde unserer bürgerlichen
nationalen Welt niemals klar. Denn wenn heute durch das Oktroyieren einer allgemeinen Sprache bisher
sichtbar in die Augen springende Unterschiede zwischen verschiedenen Völkern überbrückt und endlich
verwischt werden, so bedeutet dies den Beginn einer Bastardierung und damit in unserem Fall nicht eine
Germanisierung, sondern eine Vernichtung germanischen Elementes. Es kommt in der Geschichte nur
zu häufig vor, daß es den äußeren Machtmitteln eines Eroberervolkes zwar gelingt, den Unterdrückten
ihre Sprache aufzuzwingen, daß aber nach tausend Jahren ihre Sprache von einem anderen Volk geredet
wird und die Sieger dadurch zu den eigentlich Besiegten werden.
Da das Volkstum, besser die Rasse, eben nicht in der Sprache liegt, sondern im Blute, würde man von
einer Germanisation erst dann sprechen dürfen, wenn es gelänge, durch einen solchen Prozeß das Blut
der Unterlegenen umzuwandeln. Das aber ist unmöglich. Es sei denn, es er-
[429 Falsche Vorstellungen von "Germanisation"]
folge durch eine Blutvermischung eine Änderung, welche aber die Niedersenkung des Niveaus der
höheren Rasse bedeutet. Das Endergebnis eines solchen Vorganges wäre also die Vernichtung gerade
der Eigenschaften, welche das Eroberervolk einst zum Siege befähigt hatten. Besonders die kulturellen
Kräfte würden bei einer Paarung mit einer minderen Rasse verschwinden, wenn auch das entstandene
Mischprodukt tausendmal die Sprache der früher höheren Rasse spräche. Es wird eine Zeitlang noch ein
gewisser Ringkampf der verschiedenen Geister stattfinden, und es kann sein, daß das immer tiefer
sinkende Volk, gewissermaßen in einem letzten Aufbäumen, überraschende kulturelle Werte zutage
fördert. Doch sind es nur die der höheren Rasse zugehörigen Einzelelemente oder auch Bastarde, bei
denen in erster Kreuzung das bessere Blut noch überwiegt und sich durchzuringen versucht; niemals
aber Schlußprodukte der Mischung. In diesen wird sich immer eine kulturell rückläufige Bewegung
zeigen.
Es muß heute als ein Glück betrachtet werden, daß eine Germanisation im Sinne Josephs II. in
Österreich unterblieb. Ihr Erfolg wäre wahrscheinlich die Erhaltung des österreichischen Staates
gewesen, allein auch eine durch sprachliche Gemeinschaft herbeigeführte Niedersenkung des rassischen
Niveaus der deutschen Nation. Im Laufe der Jahrhunderte hätte sich wohl ein gewisser Herdentrieb
herauskristallisiert, allein die Herde selbst wäre minderwertig geworden. Es wäre vielleicht ein
Staatsvolk geboren worden, aber ein Kulturvolk verlorengegangen.
Für die deutsche Nation war es besser, daß dieser Vermischungsprozeß unterblieb, wenn auch nicht
infolge einer edlen Einsicht, sondern durch die kurzsichtige Beschränktheit der Habsburger. Wäre es
anders gekommen, würde das deutsche Volk heute kaum mehr als Kulturfaktor angesprochen werden
können.
Aber nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland selbst waren und sind die sogenannten
nationalen Kreise von ähnlich falschen Gedankengängen bewegt. Die von so vielen geforderte
Polenpolitik im Sinne einer Ger-
[430 Nur Boden ist zu germanisieren]
manisation des Ostens fußte leider fast immer auf dem gleichen Trugschluß. Auch hier glaubte man eine
Germanisation des polnischen Elements durch eine rein sprachliche Eindeutschung desselben
herbeiführen zu können. Auch hier wäre das Ergebnis ein unseliges geworden: ein fremdrassiges Volk
in deutscher Sprache seine fremden Gedanken ausdrückend, die Höhe und Würde unseres eigenen
Volkstums durch seine eigene Minderwertigkeit kompromittierend.
Wie entsetzlich ist doch heute schon der Schaden, der auf indirektem Wege unserem Deutschtum
zugefügt wird, dadurch, daß das deutsch mauschelnde Judentum bei Betreten des amerikanischen
Bodens infolge der Unkenntnis vieler Amerikaner auf unser deutsches Konto geschrieben wird! Es wird
aber doch niemand einfallen, in der rein äußerlichen Tatsache, daß diese verlauste Völkerwanderung aus
dem Osten meistens deutsch spricht, den Beweis für ihre deutsche Abstammung und Volkszugehörigkeit
zu erblicken.
Was in der Geschichte nutzbringend germanisiert wurde, war der Boden, den unsere Vorfahren mit dem
Schwert erwarben und mit deutschen Bauern besiedelten. Soweit sie dabei unserem Volkskörper
fremdes Blut zuführten, wirkten sie mit an jener unseligen Zersplitterung unseres inneren Wesens, die
sich in dem — leider vielfach sogar noch gepriesenen — deutschen Überindividualismus auswirkt.
Auch in dieser dritten Gruppe gilt der Staat in gewissem Sinne noch immer als Selbstzweck, die
Staatserhaltung mithin als die höchste Aufgabe des menschlichen Daseins.
Zusammenfassend kann festgestellt werden: Alle diese Anschauungen haben ihre tiefste Wurzel nicht in
der Erkenntnis, daß die kultur- und wertbildenden Kräfte wesentlich auf rassischen Elementen beruhen,
und daß der Staat also sinngemäß als seine höchste Aufgabe die Erhaltung und Steigerung der Rasse zu
betrachten hat, diese Grundbedingung aller menschlichen Kulturentwicklung.
[431 Der Staat nicht Selbstzweck]
Die äußerste Schlußfolgerung jener falschen Auffassungen und Ansichten über Wesen und Zweck eines
Staates konnte dann durch den Juden Marx gezogen werden: indem die bürgerliche Welt den
Staatsbegriff von rassischen Verpflichtungen loslöste, ohne zu irgendeiner anderen, gleichmäßig
anerkannten Formulierung gelangen zu können, ebnete sie selbst einer Lehre den Weg, die den Staat an
sich negiert.
Schon auf diesem Gebiet muß deshalb der Kampf der bürgerlichen Welt gegenüber der marxistischen
Internationale glatt versagen. Sie hat die Fundamente selbst schon längst geopfert, die zur Stützung ihrer
eigenen Ideenwelt unumgänglich notwendig wären. Ihr gerissener Gegner hat die Schwächen ihres
eigenen Baues erkannt und stürmt nun mit den von ihnen selbst, wenn auch ungewollt, gelieferten
Waffen dagegen an.
Es ist deshalb die erste Verpflichtung für eine auf dem Boden einer völkischen Weltanschauung
beruhende neue Bewegung, dafür zu sorgen, daß die Auffassung über das Wesen und den Daseinszweck
des Staates eine einheitliche klare Form erhält.
Die grundsätzliche Erkenntnis ist dann die, daß der Staat keinen Zweck, sondern ein Mittel darstellt. Er
ist wohl die Voraussetzung zur Bildung einer höheren menschlichen Kultur, allein nicht die Ursache
derselben. Diese liegt vielmehr ausschließlich im Vorhandensein einer zur Kultur befähigten Rasse. Es
könnten sich auf der Erde Hunderte von mustergültigen Staaten befinden, im Falle des Aussterbens des
arischen Kulturträgers würde doch keine Kultur vorhanden sein, die der geistigen Höhe der höchsten
Völker von heute entspräche. Man kann noch weitergehen und sagen, daß die Tatsache menschlicher
Staatenbildung nicht im geringsten die Möglichkeit der Vernichtung des menschlichen Geschlechtes
ausschließen würde, sofern überlegene geistige Fähigkeit und Elastizität, infolge des Fehlens des
rassischen Trägers derselben, verlorengingen.
[432 Kulturelle Höhe durch Rasse bedingt]
Würde z. B. heute die Oberfläche der Erde durch irgendein tektonisches Ereignis in Unruhe kommen
und aus den Fluten des Ozeans sich ein neuer Himalaja erheben, so wäre in einer einzigen grausamen
Katastrophe der Menschheit Kultur vernichtet. Kein Staat würde mehr bestehen, aufgelöst die Bande
aller Ordnung, zertrümmert die Dokumente einer tausendjährigen Entwicklung, ein einziges großes,
wasser- und schlammüberflutetes Leichenfeld. Allein wenn sich aus diesem Chaos des Grauens auch nur
wenige Menschen einer bestimmten kulturfähigen Rasse erhalten hätten, würde, und wenn auch nach
tausendjähriger Dauer, die Erde nach ihrer Beruhigung wieder Zeugnisse menschlicher, schöpferischer
Kraft erhalten. Nur die Vernichtung der letzten kulturfähigen Rasse und ihrer einzelnen Träger würde
die Erde endgültig veröden. Umgekehrt sehen wir selbst an Beispielen der Gegenwart, daß
Staatsbildungen in ihren stammesmäßigen Anfängen bei mangelnder Genialität ihrer rassischen Träger
diese nicht vor dem Untergang zu bewahren vermögen. So wie große Tierarten der Vorzeit anderen
weichen mußten und restlos vergingen, so muß auch der Mensch weichen, wenn ihm eine bestimmte
geistige Kraft fehlt, die ihn allein die nötigen Waffen zu seiner Selbsterhaltung finden läßt.
Nicht der Staat an sich schafft eine bestimmte kulturelle Höhe, sondern er kann nur die Rasse erhalten,
welche diese bedingt. Im anderen Falle mag der Staat als solcher jahrhundertelang gleichmäßig
weiterbestehen, während in der Folge einer von ihm nicht verhinderten Rassenvermengung die
kulturelle Fähigkeit und das dadurch bedingte allgemeine Lebensbild eines Volkes schon längst
tiefgehende Veränderung erlitten haben. Der heutige Staat beispielsweise kann als formaler
Mechanismus sehr wohl noch soundso lange Zeit sein Dasein vortäuschen, die rassenmäßige Vergiftung
unseres Volkskörpers schafft jedoch einen kulturellen Niedergang, der schon jetzt erschreckend in
Erscheinung tritt.
So ist die Voraussetzung zum Bestehen eines höheren Menschentums nicht der
[433 Nationalsozialistische Auffassung vom Staat]
Staat, sondern das Volkstum, das hierzu befähigt ist.
Diese Fähigkeit wird grundsätzlich immer vorhanden sein und muß nur durch bestimmte äußere
Bedingungen zur praktischen Auswirkung aufgeweckt werden. Kulturell und schöpferisch begabte
Nationen oder besser Rassen tragen die Möglichkeiten latent in sich, auch wenn im Augenblick
ungünstige äußere Umstände eine Verwirklichung dieser Anlagen nicht zulassen. Daher ist es auch ein
unglaublicher Unfug, die Germanen der vorchristlichen Zeit als "kulturlos", als Barbaren hinzustellen.
Sie sind es nie gewesen. Nur zwang sie die Herbheit ihrer nordischen Heimat unter Verhältnisse, die
eine Entwicklung ihrer schöpferischen Kräfte behinderten. Wären sie, ohne irgendeine antike Welt, in
die günstigeren Gefilde des Südens gekommen, und hätten sie in dem Material niederer Völker die
ersten technischen Hilfsmittel erhalten, so würde die in ihnen schlummernde kulturbildende Fähigkeit
genau so zur leuchtendsten Blüte erwachsen sein, wie dies zum Beispiel bei den Hellenen der Fall war.
Allein diese kulturschaffende Urkraft selbst entspringt wieder nicht einzig ihrem nordischen Klima. Der
Lappländer, nach dem Süden gebracht, würde so wenig kulturbildend wirken wie etwa der Eskimo.
Nein, diese herrliche, schöpferisch gestaltende Fähigkeit ist eben gerade dem Arier verliehen, ob er sie
schlummernd noch in sich trägt oder sie dem erwachenden Leben schenkt, je nachdem günstige
Umstände dies gestatten oder eine unwirtliche Natur verhindert.
Daraus ergibt sich folgende Erkenntnis: Der Staat ist ein Mittel zum Zweck. Sein Zweck liegt in der
Erhaltung und Förderung einer Gemeinschaft physisch und seelisch gleichartiger Lebewesen. Diese
Erhaltung selber umfaßt erstlich den rassenmäßigen Bestand und gestattet dadurch die freie Entwicklung
aller in dieser Rasse schlummernden Kräfte. Von ihnen wird immer wieder ein Teil in erster Linie der
[434 Nationalsozialistische Auffassung vom Staat]
Erhaltung des physischen Lebens dienen und nur der andere der Förderung einer geistigen
Weiterentwicklung. Tatsächlich schafft aber immer der eine die Voraussetzung für das andere.
Staaten, die nicht diesem Zwecke dienen, sind Fehlerscheinungen, ja Mißgeburten. Die Tatsache ihres
Bestehens ändert so wenig daran, als etwa der Erfolg einer Flibustiergemeinschaft die Räuberei zu
rechtfertigen vermag.
Wir Nationalsozialisten dürfen als Verfechter einer neuen Weltanschauung uns niemals auf jenen
berühmten "Boden der — noch dazu falschen — Tatsachen" stellen. Wir wären in diesem Falle nicht
mehr die Verfechter einer neuen großen Idee, sondern die Kulis der heutigen Lüge. Wir haben
schärfstens zu unterscheiden zwischen dem Staat als einem Gefäß und der Rasse als dem Inhalt. Dieses
Gefäß hat nur dann einen Sinn, wenn es den Inhalt zu erhalten und zu schützen vermag; im anderen
Falle ist es wertlos.
Somit ist der höchste Zweck des völkischen Staates die Sorge um die Erhaltung derjenigen rassischen
Urelemente, die, als kulturspendend, die Schönheit und Würde eines höheren Menschentums schaffen.
Wir, als Arier, vermögen uns unter einem Staat also nur den lebendigen Organismus eines Volkstums
vorzustellen, der die Erhaltung dieses Volkstums nicht nur sichert, sondern es auch durch Weiterbildung
seiner geistigen und ideellen Fähigkeiten zur höchsten Freiheit führt.
Was man uns heute jedoch als Staat aufzudrängen versucht, ist meistens nur die Ausgeburt tiefster
menschlicher Verirrung mit unsäglichem Leid als Folgeerscheinung.
Wir Nationalsozialisten wissen, daß wir mit dieser Auffassung als Revolutionäre in der heutigen Welt
stehen
[435 Gesichtspunkte für Bewertung eines Staates]
und auch als solche gebrandmarkt werden. Allein unser Denken und Handeln soll keineswegs von
Beifall oder Ablehnung unserer Zeit bestimmt werden, sondern von der bindenden Verpflichtung an eine
Wahrheit, die wir erkannten. Dann dürfen wir überzeugt sein, daß die höhere Einsicht einer Nachwelt
unser heutiges Vorgehen nicht nur verstehen, sondern auch als richtig bestätigen und adeln wird.
×
Daraus ergibt sich für uns Nationalsozialisten auch der Maßstab für die Bewertung eines Staates. Dieser
Wert wird ein relativer sein vom Gesichtspunkt des einzelnen Volkstums aus, ein absoluter von dem der
Menschheit an sich. Das heißt mit anderen Worten: Die Güte eines Staates kann nicht bewertet werden
nach der kulturellen Höhe oder der Machtbedeutung dieses Staates im Rahmen der übrigen Welt,
sondern ausschließlich nur nach dem Grade der Güte dieser Einrichtung für das jeweils in Frage
kommende Volkstum.
Ein Staat kann als mustergültig bezeichnet werden, wenn er den Lebensbedingungen eines durch ihn zu
vertretenden Volkstums nicht nur entspricht, sondern dieses Volkstum gerade durch seine eigene
Existenz praktisch am Leben erhält — ganz gleich, welche allgemein kulturelle Bedeutung diesem
staatlichen Gebilde im Rahmen der übrigen Welt zukommt. Denn die Aufgabe des Staates ist es eben
nicht, Fähigkeiten zu erzeugen, sondern nur die, vorhandenen Kräften freie Bahn zu schaffen. Also kann
umgekehrt ein Staat als schlecht bezeichnet werden, wenn er, bei aller kulturellen Höhe, den Träger
dieser Kultur in seiner rassischen Zusammensetzung dem Untergange weiht. Denn er zerstört damit
praktisch die Voraussetzung für das Fortbestehen dieser Kultur, die ja nicht er geschaffen, son-
[436 Gesichtspunkte für Bewertung eines Staates]
dern welche die Frucht eines durch die lebendige staatliche Zusammenfassung gesicherten
kulturschöpferischen Volkstums ist. Der Staat stellt eben nicht einen Inhalt dar, sondern eine Form. Es
gibt also die jeweilige Kulturhöhe eines Volkes nicht den Wertmesser für die Güte des Staates ab, in
welchem es lebt. Es ist sehr begreiflich, daß ein kulturell hochbegnadetes Volk ein höherwertiges Bild
abgibt als ein Negerstamm; trotzdem kann der staatliche Organismus des ersteren, seiner
Zweckerfüllung nach betrachtet, schlechter sein als der des Negers. Wenngleich der beste Staat und die
beste Staatsform nicht in der Lage sind, aus einem Volke Fähigkeiten herauszuholen, die einfach fehlen
und nie vorhanden waren, so ist ein schlechter Staat sicherlich in der Lage, durch eine von ihm
zugelassene oder gar geförderte Vernichtung des rassischen Kulturträgers ursprünglich vorhandene
Fähigkeiten in der Folgezeit zum Absterben zu bringen.
Mithin kann das Urteil über die Güte eines Staates in erster Linie nur bestimmt werden von dem
relativen Nutzen, den er für ein bestimmtes Volkstum besitzt, und keineswegs von der Bedeutung, die
ihm an sich in der Welt zukommt.
Dieses relative Urteil kann rasch und gut gefällt werden, das Urteil über den absoluten Wert nur sehr
schwer, da dieses absolute Urteil eigentlich schon nicht mehr bloß durch den Staat, sondern vielmehr
durch die Güte und Höhe des jeweiligen Volkstums bestimmt wird.
Wenn man daher von einer höheren Mission des Staates spricht, darf man nie vergessen, daß die höhere
Mission wesentlich im Volkstum liegt, dem der Staat durch die organische Kraft seines Daseins nur die
freie Entwicklung zu ermöglichen hat.
Wenn wir daher die Frage stellen, wie der Staat beschaffen sein soll, den wir Deutsche brauchen, dann
müssen wir uns erst Klarheit darüber schaffen, was für Menschen er erfassen und welchem Zweck er
dienen soll.
Unser deutsches Volkstum beruht leider nicht mehr auf
[437 Folgen unserer rassischen Zerrissenheit]
einem einheitlichen rassischen Kern. Der Prozeß der Verschmelzung der verschiedenen Urbestandteile
ist auch noch nicht so weit fortgeschritten, daß man von einer dadurch neugebildeten Rasse sprechen
könnte. Im Gegenteil: die blutsmäßigen Vergiftungen, die unseren Volkskörper, besonders seit dem
Dreißigjährigen Kriege, trafen, führten nicht nur zu einer Zersetzung unseres Blutes, sondern auch zu
einer solchen unserer Seele. Die offenen Grenzen unseres Vaterlandes, das Anlehnen an ungermanische
Fremdkörper längs dieser Grenzgebiete, vor allem aber der starke laufende Zufluß fremden Blutes ins
Innere des Reiches selbst, lassen infolge seiner dauernden Erneuerung keine Zeit übrig für eine absolute
Verschmelzung. Es wird keine neue Rasse mehr herausgekocht, sondern die Rassebestandteile bleiben
nebeneinander, mit dem Ergebnis, daß besonders in kritischen Augenblicken, in denen sich sonst eine
Herde zu sammeln pflegt, das deutsche Volk nach allen Windrichtungen auseinanderläuft. Nicht nur
gebietsmäßig sind die rassischen Grundelemente verschieden gelagert, sondern auch im einzelnen,
innerhalb des gleichen Gebietes. Neben nordischen Menschen ostische, neben ostischen dinarische,
neben beiden westische und dazwischen Mischungen. Dies ist auf der einen Seite von großem Nachteil:
Es fehlt dem deutschen Volk jener sichere Herdeninstinkt, der in der Einheit des Blutes begründet liegt
und besonders in gefahrdrohenden Momenten Nationen vor dem Untergang bewahrt, insofern bei
solchen Völkern dann alle kleineren inneren Unterschiede sofort zu verschwinden pflegen und dem
gemeinsamen Feinde die geschlossene Front einer einheitlichen Herde gegenübertritt. In dem
Nebeneinander unserer unvermischt gebliebenen rassischen Grundelemente verschiedenster Art liegt das
begründet, was man bei uns mit dem Wort Überindividualismus bezeichnet. In friedlichen Zeitläuften<?
> mag er manchmal gute Dienste leisten, alles in allem genommen aber hat er uns um die WeltHerrschaft
gebracht. Würde das deutsche Volk in seiner geschichtlichen Entwicklung jene herdenmäßige Einheit
besessen haben, wie sie anderen Völkern zugute kam, dann würde das Deutsche Reich heute
[438 Folgen unserer rassischen Zerrissenheit]
wohl die Herrin des Erdballs sein. Die Weltgeschichte hätte einen anderen Lauf genommen, und kein
Mensch vermag zu entscheiden, ob dann nicht auf diesem Wege eingetroffen wäre, was so viele
verblendete Pazifisten heute durch Winseln und Flennen zu erbetteln hoffen: ein Friede, gestützt nicht
durch die Palmwedel tränenreicher pazifistischer Klageweiber, sondern begründet durch das siegreiche
Schwert eines die Welt in den Dienst einer höheren Kultur nehmenden Herrenvolkes.
Die Tatsache des Nichtvorhandenseins eines blutsmäßig einheitlichen Volkstums hat uns unsägliches
Leid gebracht. Sie hat vielen kleinen deutschen Potentaten Residenzen geschenkt, dem deutschen Volk
aber das Herrenrecht entzogen.
Auch heute noch leidet unser Volk unter dieser inneren Zerrissenheit; allein, was uns in Vergangenheit
und Gegenwart Unglück brachte, kann für die Zukunft unser Segen sein. Denn so schädlich es auf der
einen Seite auch war, daß eine restlose Vermischung unserer ursprünglichen Rassenbestandteile
unterblieb und dadurch die Bildung eines einheitlichen Volkskörpers verhindert wurde, so glücklich war
es auf der anderen, als hierdurch wenigstens ein Teil unseres besten Blutes rein erhalten blieb und der
rassischen Senkung entging.
Sicher würde bei einer restlosen Vermengung unserer rassischen Urelemente ein geschlossener
Volkskörper entstanden sein, allein er wäre, wie jede Rassenkreuzung beweist, von einer geringeren
Kulturfähigkeit erfüllt, als sie der höchststehende der Urbestandteile ursprünglich besaß. Dies ist der
Segen des Unterbleibens restloser Vermischung: daß wir auch heute noch in unserem deutschen
Volkskörper große unvermischt gebliebene Bestände an nordisch-germanischen Menschen besitzen, in
denen wir den wertvollsten Schatz für unsere Zukunft erblicken dürfen. In der trüben Zeit der
Unkenntnis aller rassischen Gesetze, da in völliger Gleichwertung Mensch eben als Mensch erschien,
mochte die Klarheit über den verschiedenen Wert der einzelnen Ur
[439 Mission des deutschen Volkes]
elemente fehlen. Heute wissen wir, daß eine restlose Durcheinandermischung der Bestandteile unseres
Volkskörpers uns infolge der dadurch entstandenen Einheit vielleicht zwar die äußere Macht geschenkt
hätte, daß jedoch das höchste Ziel der Menschheit unerreichbar gewesen wäre, da der einzige Träger,
den das Schicksal ersichtlich zu dieser Vollendung ausersehen hat, im allgemeinen Rassenbrei des
Einheitsvolkes untergegangen wäre.
Was aber ohne unser Zutun durch ein gütiges Schicksal verhindert wurde, haben wir heute, vom
Gesichtspunkt unserer nun gewonnenen Erkenntnis, zu überprüfen und zu verwerten.
Wer von einer Mission des deutschen Volkes auf der Erde redet, muß wissen, daß sie nur in der Bildung
eines Staates bestehen kann, der seine höchste Aufgabe in der Erhaltung und Förderung der unverletzt
gebliebenen edelsten Bestandteile unseres Volkstums, ja der ganzen Menschheit sieht.
Damit erhält der Staat zum ersten Male ein inneres hohes Ziel. Gegenüber der lächerlichen Parole einer
Sicherung von Ruhe und Ordnung zur friedlichen Ermöglichung gegenseitiger Begaunerei erscheint die
Aufgabe der Erhaltung und Förderung eines durch die Güte des Allmächtigen dieser Erde geschenkten
höchsten Menschentums als eine wahrhaft hohe Mission.
Aus einem toten Mechanismus, der nur um seiner selbst willen da zu sein beansprucht, soll ein
lebendiger Organismus geformt werden mit dem ausschließlichen Zwecke: einer höheren Idee zu
dienen.
Das Deutsche Reich soll als Staat alle Deutschen umschließen mit der Aufgabe, aus diesem Volke die
wertvollsten Bestände an rassischen Urelementen nicht nur zu sammeln und zu erhalten, sondern
langsam und sicher zur beHerrschenden Stellung emporzuführen.
×
[440 Der Staat — eine Waffe im Lebenskampf]

Damit tritt an die Stelle eines, im Grunde genommen erstarrten Zustandes eine Periode des Kampfes.
Doch wie immer und in allem auf dieser Welt wird auch hier das Wort seine Geltung behalten, daß "wer
rastet — rostet", und weiter, daß der Sieg ewig nur im Angriff liegt. Je größer dabei das Kampfziel, das
uns vor Augen schwebt, und je geringer das Verständnis der breiten Masse im Augenblick dafür sein
mag, um so ungeheurer sind aber, den Erfahrungen der Weltgeschichte nach, die Erfolge — und die
Bedeutung dieser Erfolge dann, wenn das Ziel richtig erfaßt und der Kampf mit unerschütterlicher
Beharrlichkeit durchgeführt wird.
Es mag freilich für viele unserer heutigen beamteten Staatslenker beruhigender sein, für die Erhaltung
eines gegebenen Zustandes zu wirken, als für einen kommenden kämpfen zu müssen. Sie werden es als
viel leichter empfinden, im Staate einen Mechanismus zu sehen, der einfach dazu da ist, sich selbst am
Leben zu erhalten, so wie wiederum ihr Leben "der Staate gehört" — wie sie sich auszudrücken pflegen.
Als ob dem Volkstum Entsprossenes logisch anderem dienen könnte als eben dem Volkstum, oder der
Mensch für anderes wirken könnte als eben wieder für den Menschen. Es ist, wie gesagt, natürlich
leichter, in der Staatsautorität nur den formalen Mechanismus einer Organisation zu erblicken als die
souveräne Verkörperung des Selbsterhaltungstriebes eines Volkstums auf der Erde. Denn in dem einen
Fall ist für diese schwachen Geister der Staat sowohl als die Staatsautorität schon der Zweck an sich, im
anderen aber nur die gewaltige Waffe im Dienste des großen ewigen Lebenskampfes um das Dasein,
eine Waffe, der sich jeder zu fügen hat, weil sie nicht formal mechanisch ist, sondern Ausdruck eines
gemeinsamen Willens zur Lebenserhaltung.
Daher werden wir auch im Kampfe für unsere neue Auffassung, die ganz dem Ursinn der Dinge
entspricht, nur wenige Kampfgefährten aus einer Gesellschaft finden, die nicht nur körperlich, sondern
leider nur zu oft auch
[441 Weltgeschichte wird durch Minoritäten gemacht]
geistig veraltet ist. Nur Ausnahmen, Greise, mit jungen Herzen und frisch gebliebenem Sinn, werden aus
jenen Schichten zu uns kommen, niemals die, welche in der Erhaltung eines gegebenen Zustandes den
letzten Sinn ihrer Lebensaufgabe erblicken.
Uns gegenüber steht das unendliche Heer weniger der böswillig Schlechten als der denkfaul
Gleichgültigen und gar der an der Erhaltung des heutigen Zustandes Interessierten. Allein gerade in
dieser scheinbaren Aussichtslosigkeit unseres gewaltigen Ringens liegt die Größe unserer Aufgabe und
auch die Möglichkeit des Erfolges begründet. Der Schlachtruf, der die kleinen Geister entweder von
vornherein verscheucht oder bald verzagen läßt, er wird zum Signal des Zusammenfindens wirklicher
Kampfnaturen. Und darüber muß man sich klar sein: Wenn aus einem Volke eine bestimmte Summe
höchster Energie und Tatkraft auf ein Ziel vereint erscheint und mithin der Trägheit der breiten Massen
endgültig entzogen ist, sind diese wenigen Prozente zu Herren der gesamten Zahl emporgestiegen.
Weltgeschichte wird durch Minoritäten gemacht dann, wenn sich in dieser Minorität der Zahl die
Majorität des Willens und der Entschlußkraft verkörpert.
Was deshalb heute vielen als erschwerend gelten mag, ist in Wirklichkeit die Voraussetzung für unseren
Sieg. Gerade in der Größe und den Schwierigkeiten unserer Aufgabe liegt die Wahrscheinlichkeit, daß
sich zu ihrem Kampfe nur die besten Kämpfer finden werden. In dieser Auslese aber liegt die
Bürgschaft für den Erfolg.
×
Im allgemeinen pflegt schon die Natur in der Frage der rassischen Reinheit irdischer Lebewesen
bestimmte korrigierende Entscheidungen zu treffen. Sie liebt die Bastarde
[442 Unterlegenheit des Bastards]
nur wenig. Besonders die ersten Produkte solcher Kreuzungen, etwa im dritten, vierten, fünften Glied,
haben bitter zu leiden. Es wird ihnen nicht nur die Bedeutung des ursprünglich höchsten Bestandteils der
Kreuzung genommen, sondern es fehlt ihnen in der mangelnden Blutseinheit auch die Einheit der
Willens- und Entschlußkraft zum Leben überhaupt. In allen kritischen Augenblicken, in denen das
rassisch einheitliche Wesen richtige, und zwar einheitliche Entschlüsse trifft, wird das rassisch
zerrissene unsicher werden bzw. zu halben Maßnahmen gelangen. Zusammen bedeutet das nicht nur
eine gewisse Unterlegenheit des rassisch Zerrissenen gegenüber dem rassisch Einheitlichen, sondern in
der Praxis auch die Möglichkeit eines schnelleren Unterganges. In zahllosen Fällen, in denen die Rasse
standhält, bricht der Bastard zusammen. Darin ist die Korrektur der Natur zu sehen. Sie geht aber häufig
noch weiter. Sie schränkt die Möglichkeit einer Fortpflanzung ein. Dadurch verhindert sie die
Fruchtbarkeit weitgehender Kreuzungen überhaupt und bringt sie so zum Aussterben.
Würde also beispielsweise in einer bestimmten Rasse von einem einzelnen Subjekt eine Verbindung mit
einem rassisch niederstehenden eingegangen, so wäre das Ergebnis zunächst eine Niedersenkung des
Niveaus an sich, weiter aber eine Schwächung der Nachkommenschaft gegenüber der rassisch
unvermischt gebliebenen Umgebung. Bei der vollständigen Verhinderung eines weiteren Blutzusatzes
von seiten der höchsten Rasse würden bei dauernder gegenseitiger Kreuzung die Bastarde entweder
infolge ihrer durch die Natur weise verminderten Widerstandskraft aussterben oder im Laufe von vielen
Jahrtausenden eine neue Mischung bilden, bei welcher die ursprünglichen Einzelelemente durch
tausendfältige Kreuzung restlos vermischt, mithin nicht mehr erkennbar sind. Es hatte sich damit ein
neues Volkstum gebildet von einer bestimmten herdenmäßigen Widerstandsfähigkeit, jedoch gegenüber
der bei der ersten Kreuzung mitwirkenden höchsten Rasse in seiner geistig-kulturellen Bedeutung
wesentlich vermindert. Aber
[443 Natürlicher Regenerationsprozeß der Rassen]
auch in diesem letzten Falle würde im gegenseitigen Kampf um das Dasein das Mischprodukt
unterliegen, solange eine höherstehende, unvermischt gebliebene Rasseneinheit als Gegner noch
vorhanden ist. Alle herdenmäßige, im Laufe der tausend Jahre gebildete innere Geschlossenheit dieses
neuen Volkskörpers würde infolge der allgemeinen Senkung des Rassenniveaus und der dadurch
bedingten Minderung der geistigen Elastizität und schöpferischen Fähigkeit dennoch nicht genügen, um
den Kampf mit einer ebenso einheitlichen, geistig und kulturell jedoch überlegenen Rasse siegreich zu
bestehen.
Somit kann man folgenden gültigen Satz aufstellen: Jegliche Rassenkreuzung führt zwangsläufig früher
oder später zum Untergang des Mischproduktes, solange der höherstehende Teil dieser Kreuzung selbst
noch in einer reinen irgendwie rassenmäßigen Einheit vorhanden ist. Die Gefahr für das Mischprodukt
ist erst beseitigt im Augenblick der Bastardierung des letzten höherstehenden Rassereinen.
Darin liegt ein, wenn auch langsamer natürlicher Regenerationsprozeß begründet, der rassische
Vergiftungen allmählich wieder ausscheidet, solange noch ein Grundstock rassisch reiner Elemente
vorhanden ist und eine weitere Bastardierung nicht mehr stattfindet.
Ein solcher Vorgang kann von selbst eintreten bei Lebewesen mit starkem Rasseninstinkt, die nur durch
besondere Umstände oder irgendeinen besonderen Zwang aus der Bahn der normalen rassereinen
Vermehrung geworfen wurden. Sowie diese Zwangslage beendet ist, wird der noch rein gebliebene Teil
sofort wieder nach Paarung unter Gleichen streben, der weiteren Vermischung dadurch Einhalt
gebietend. Die Bastardierungsergebnisse treten damit von selbst wieder in den Hintergrund, es wäre
denn, daß ihre Zahl sich schon so unendlich vermehrt hätte, daß ein ernstlicher Widerstand der
reinrassig Übriggebliebenen nicht mehr in Frage käme.
Der Mensch, der einmal instinktlos geworden ist und seine
[444 Gefahren der Rassenmischung]
ihm von der Not auferlegte Verpflichtung verkennt, darf im allgemeinen jedoch auf solche Korrektur
von seiten der Natur so lange nicht hoffen, als er seinen verlorenen Instinkt nicht durch sehende
Erkenntnis ersetzt hat; an ihr ist es dann, die erforderliche Wiedergutmachungsarbeit zu leisten. Doch ist
die Gefahr sehr groß, daß der einmal blind gewordene Mensch die Rassenschranken immer mehr
einreißt, bis endlich auch der letzte Rest seines besten Teiles verloren ist. Dann bleibt wirklich nur mehr
ein Einheitsbrei übrig, wie er den famosen Weltverbesserern unserer Tage als Ideal vorschwebt; er
würde aber aus dieser Welt in kurzer Zeit die Ideale verjagen. Freilich: eine große Herde könnte so
gebildet werden, ein Herdentier kann man zusammenbrauen, einen Menschen als Kulturträger aber und
besser noch als Kulturbegründer und Kulturschöpfer ergibt eine solche Mischung niemals. Die Mission
der Menschheit könnte damit als beendigt angesehen werden.
Wer nicht will, daß die Erde diesem Zustand entgegengeht, muß sich zur Auffassung bekehren, daß es
die Aufgabe vor allem der germanischen Staaten ist, in erster Linie dafür zu sorgen, daß einer weiteren
Bastardierung grundsätzlich Einhalt geboten wird.
Die Generation unserer heutigen notorischen Schwächlinge wird selbstverständlich sofort dagegen
aufschreien und über Eingriffe in die heiligsten Menschenrechte jammern und klagen. Nein, es gibt nur
ein heiligstes Menschenrecht, und dieses Recht ist zugleich die heiligste Verpflichtung, nämlich: dafür
zu sorgen, daß das Blut rein erhalten bleibt, um durch die Bewahrung des besten Menschentums die
Möglichkeit einer edleren Entwicklung dieser Wesen zu geben.
Ein völkischer Staat wird damit in erster Linie die Ehe aus dem Niveau einer dauernden Rassenschande
herauszuheben
[445 Gefahren der Rassenmischung]
haben, um ihr die Weihe jener Institution zu geben, die berufen ist, Ebenbilder des Herrn zu zeugen und
nicht Mißgeburten zwischen Mensch und Affe.
Der Protest dagegen aus sogenannten humanen Gründen steht besonders der Zeit verflucht schlecht an,
die auf der einen Seite jedem verkommenen Degeneraten die Möglichkeit seiner Fortvermehrung gibt,
den Produkten selber als auch den Zeitgenossen unsägliches Leid aufbürdend, während andererseits in
jeder Drogerie und sogar bei Straßenhändlern die Hilfsmittel zur Verhinderung der Geburten bei selbst
gesündesten Eltern feilgeboten werden. In diesem heutigen Staate der Ruhe und Ordnung, in den Augen
seiner Vertreter, dieser tapferen bürgerlich-nationalen Welt, ist also die Verhinderung der
Zeugungsfähigkeit bei Syphilitikern, Tuberkulosen, erblich Belasteten, Krüppeln und Kretins ein
Verbrechen, dagegen wird die praktische Unterbindung der Zeugungsfähigkeit bei Millionen der
Allerbesten nicht als etwas Schlechtes angesehen und verstößt nicht gegen die guten Sitten dieser
scheinheiligen Gesellschaft, nützt vielmehr der kurzsichtigen Denkfaulheit. Denn andernfalls müßte man
sich immerhin den Kopf wenigstens darüber zerbrechen, wie die Voraussetzungen zu schaffen seien für
die Ernährung und Erhaltung derjenigen Wesen, die als gesunde Träger unseres Volkstums dereinst der
gleichen Aufgabe bezüglich des kommenden Geschlechtes dienen sollen.
Wie grenzenlos unideal und unedel ist doch dieses ganze System! Man bemüht sich nicht mehr, das
Beste für die Nachwelt heranzuzüchten, sondern läßt die Dinge laufen, wie sie eben laufen. Daß sich
dabei auch unsere Kirchen am Ebenbilde des Herrn versündigen, dessen Bedeutung von ihnen noch am
allermeisten betont wird, liegt ganz in der Linie ihres heutigen Wirkens, das immer vom Geiste redet
und den Träger desselben, den Menschen, zum verkommenen Proleten degenerieren läßt. Dann
allerdings staunt man mit blöden Gesichtern über die geringe Wirkung des christlichen Glaubens im
eigenen Lande, über die entsetz-
[446 Völkischer Staat und Rassenhygiene]
liche "Gottlosigkeit" dieses körperlich verhunzten und damit natürlich auch geistig verlumpten
Jammerpacks und sucht sich dafür mit Erfolg bei Hottentotten und Zulukaffern mit dem Segen der
Kirche zu entschädigen. Während unsere europäischen Völker, Gott sei Lob und Dank, in den Zustand
eines körperlichen und moralischen Aussatzes verfallen, wandert der fromme Missionar nach
Zentralafrika und errichtet Negermissionen, bis unsere "höhere Kultur" aus gesunden, wenn auch
primitiven und tiefstehenden Menschenkindern auch dort eine faulige Bastardbrut gemacht haben wird.
Es würde dem Sinne des Edelsten auf dieser Welt mehr entsprechen, wenn unsere beiden christlichen
Kirchen, statt die Neger mit Missionen zu belästigen, die jene weder wünschen noch verstehen, unsere
europäische Menschheit gütig, aber allen Ernstes belehren würden, daß es bei nicht gesunden Eltern ein
Gott wohlgefälligeres Werk ist, sich eines gesunden armen kleinen Waisenkindes zu erbarmen, um
diesem Vater und Mutter zu schenken, als selber ein krankes, sich und der anderen Welt nur Unglück
und Leid bringendes Kind ins Leben zu setzen.
Was auf diesem Gebiete heute von allen Seiten versäumt wird, hat der völkische Staat nachzuholen. Er
hat die Rasse in den Mittelpunkt des allgemeinen Lebens zu setzen. Er hat für ihre Reinerhaltung zu
sorgen. Er hat das Kind zum kostbarsten Gut eines Volkes zu erklären. Er muß dafür Sorge tragen, daß
nur, wer gesund ist, Kinder zeugt; daß es nur eine Schande gibt: bei eigener Krankheit und eigenen
Mängeln dennoch Kinder in die Welt zu setzen; doch eine höchste Ehre: darauf zu verzichten.
Umgekehrt aber muß es als verwerflich gelten: gesunde Kinder der Nation vorzuenthalten. Der Staat
muß dabei als Wahrer einer tausendjährigen Zukunft auftreten, der gegenüber der Wunsch und die
Eigensucht des einzelnen
[447 Völkischer Staat und Rassenhygiene]
als nichts erscheinen und sich zu beugen haben. Er hat die modernsten ärztlichen Hilfsmittel in den
Dienst dieser Erkenntnis zu stellen. Er hat, was irgendwie ersichtlich krank und erblich belastet und
damit weiter belastend ist, zeugungsunfähig zu erklären und dies praktisch auch durchzusetzen. Er hat
umgekehrt dafür zu sorgen, daß die Fruchtbarkeit des gesunden Weibes nicht beschränkt wird durch die
finanzielle Luderwirtschaft eines Staatsregiments, das den Kindersegen zu einem Fluch für die Eltern
gestaltet. Er hat mit jener faulen, ja verbrecherischen Gleichgültigkeit, mit der man heute die sozialen
Voraussetzungen einer kinderreichen Familie behandelt, aufzuräumen und muß sich an Stelle dessen als
oberster SchirmHerr dieses köstlichsten Segens eines Volkes fühlen. Seine Sorge gehört mehr dem
Kinde als dem Erwachsenen.
Wer körperlich und geistig nicht gesund und würdig ist, darf sein Leid nicht im Körper seines Kindes
verewigen. Der völkische Staat hat hier die ungeheuerste Erziehungsarbeit zu leisten. Sie wird aber
dereinst auch als eine größere Tat erscheinen als es die siegreichsten Kriege unseres heutigen
bürgerlichen Zeitalters sind. Er hat durch Eiziehung den einzelnen zu belehren, daß es keine Schande,
sondern nur ein bedauernswertes Unglück ist, krank und schwächlich zu sein, daß es aber ein
Verbrechen und daher zugleich eine Schande ist, dieses Unglück durch eigenen Egoismus zu entehren,
indem man es unschuldigen Wesen wieder aufbürdet; daß es demgegenüber von einem Adel höch-
[448 Völkischer Staat und Rassenhygiene]
ster Gesinnung und bewundernswertester Menschlichkeit zeugt, wenn der unschuldige Kranke, unter
Verzicht auf ein eigenes Kind, seine Liebe und Zärtlichkeit einem unbekannten armen, jungen Sprossen
seines Volkstums schenkt, der in seiner Gesundheit verspricht, dereinst ein kraftvolles Glied einer
kraftvollen Gemeinschaft zu werden. Und der Staat hat in dieser Erziehungsarbeit die rein geistige
Ergänzung seiner praktischen Tätigkeit zu leisten. Er muß ohne Rücksicht auf Verständnis oder
Unverständnis, Billigung oder Mißbilligung in diesem Sinne handeln.
Eine nur sechshundertjährige Verhinderung der Zeugungsfähigkeit und Zeugungsmöglichkeit seitens
körperlich Degenerierter und geistig Erkrankter würde die Menschheit nicht nur von einem
unermeßlichen Unglück befreien, sondern zu einer Gesundung beitragen, die heute kaum faßbar
erscheint. Wenn so die bewußte planmäßige Förderung der Fruchtbarkeit der gesündesten Träger des
Volkstums verwirklicht wird, so wird das Ergebnis eine Rasse sein, die, zunächst wenigstens, die Keime
unseres heutigen körperlichen und damit auch geistigen Verfalls wieder ausgeschieden haben wird.
Denn hat erst ein Volk und ein Staat diesen Weg einmal beschritten, dann wird sich auch von selbst das
Augenmerk darauf richten, gerade den rassisch wertvollsten Kern des Volkes und gerade seine
Fruchtbarkeit zu steigern, um endlich das gesamte Volkstum des Segens eines hochgezüchteten
Rassengutes teilhaftig werden zu lassen.
Der Weg hierzu ist vor allem der, daß ein Staat die Besiedelung gewonnener Neuländer nicht dem Zufall
überläßt, sondern besonderen Normen unterwirft. Eigens gebildete Rassekommissionen haben den
einzelnen das Siedlungsattest auszustellen; dieses aber ist gebunden an eine festzulegende bestimmte
rassische Reinheit. So können all-
[449 Rassereine Randkolonien]
mählich Randkolonien begründet werden, deren Bewohner ausschließlich Träger höchster
Rassenreinheit und damit höchster Rassentüchtigkeit sind. Sie sind damit ein kostbarer nationaler Schag
des Volksganzen; ihr Wachsen muß jeden einzelnen Volksgenossen mit Stolz und freudiger Zuversicht
erfüllen, liegt doch in ihnen der Keim zu einer letzten großen Zukunftsentwicklung des eigenen Volkes,
ja der Menschheit geborgen.
Der völkischen Weltanschauung muß es im völkischen Staat endlich gelingen, jenes edlere Zeitalter
herbeizuführen, in dem die Menschen ihre Sorge nicht mehr in der Höherzüchtung von Hunden, Pferden
und Katzen erblicken, sondern im Emporheben des Menschen selbst, ein Zeitalter, in dem der eine
erkennend schweigend verzichet, der andere freudig opfert und gibt.
Daß dies möglich ist, darf man in einer Welt nicht verneinen, in der sich hunderttausend und aber
hunderttausend Menschen freiwillig das Zölibat auferlegen, durch nichts verpflichtet und gebunden als
durch ein kirchliches Gebot.
Soll der gleiche Verzicht nicht möglich sein, wenn an seine Stelle die Mahnung tritt, der dauernd
fortwirkenden Erbsünde einer Rassenvergiftung endlich Einhalt zu tun und dem allmächtigen Schöpfer
Wesen zu geben, wie er sie selbst erschuf?Freilich, das jammervolle Heer unserer heutigen Spießbürger
wird dies niemals verstehen. Sie werden darüber lachen oder ihre schiefen Achseln zucken und ihre
ewige Ausrede herausstöhnen: "Das wäre an sich ja ganz schön, aber das läßt sich ja doch nicht
machen!" Mit euch läßt sich das freilich nicht mehr machen, eure Welt ist dafür nicht geeignet! Ihr
kennt nur eine Sorge: euer persönliches Leben, und einen Gott: euer Geld! Allein, wir wenden uns auch
nicht an euch, sondern wenden uns an die große Armee derjenigen, die zu arm sind, als daß ihr
persönliches Leben höchstes Glück der Welt bedeuten könnte, an diejenigen, die den Regenten ihres
Daseins nicht im
[450 Appell an die deutsche Jugend]
Golde sehen, sondern an andere Götter glauben. Vor allem wenden wir uns an das gewaltige Heer
unserer deutschen Jugend. Sie wächst in eine große Zeitwende hinein, und was die Trägheit und
Gleichgültigkeit ihrer Väter verschuldete, wird sie selbst zum Kampfe zwingen. Die deutsche Jugend
wird dereinst entweder der BauHerr eines neuen völkischen Staates sein, oder sie wird als letzter Zeuge
den völligen Zusammenbruch, das Ende der bürgerlichen Welt erleben.
Denn wenn eine Generation unter Fehlern leidet, die sie erkennt, ja sogar zugibt, um sich dann trotzdem,
wie dies heute von seiten unserer bürgerlichen Welt geschieht, mit der billigen Erklärung zu begnügen,
daß dagegen doch nichts zu machen sei, dann ist eine solche Gesellschaft dem Untergang verfallen. Das
Charakteristische an unserer bürgerlichen Welt ist es aber gerade, daß sie die Gebrechen an sich gar
nicht mehr zu leugnen vermag. Sie muß zugehen, daß vieles faul und schlecht ist, aber sie findet den
Entschluß nicht mehr, sich gegen das Übel aufzubäumen, die Kraft eines Sechzig- oder
Siebzigmillionenvolkes mit verbissener Energie zusammenzuraffen und so der Gefahr
entgegenzustemmen. Im Gegenteil: wenn es anderswo geschieht, dann werden noch blöde Glossen
darüber gerissen, und man versucht wenigstens aus der Ferne die theoretische Unmöglichkeit des
Verfahrens nachzuweisen und den Erfolg als undenkbar zu erklären. Kein Grund ist dabei einfältig
genug, um nicht als Stütze für die eigene Zwerghaftigkeit und ihre geistige Einstellung zu dienen. Wenn
zum Beispiel ein ganzer Kontinent der Alkoholvergiftung endlich den Kampf ansagt, um ein Volk aus
den Klammern dieses verheerenden Lasters herauszulösen, dann hat unsere europäische bürgerliche
Welt dafür nichts übrig als ein nichtssagendes Glotzen und Kopfschütteln, ein überlegenes
Lächerlichfinden — das sich bei dieser lächerlichsten Gesellschaft besonders gut ausnimmt. Wenn aber
alles nichts nützt und dem erhabenen, unantastbaren Schlendrian an irgendeiner Stelle der Welt dennoch
entgegengetreten wird, und gar mit Erfolg, dann muß, wie gesagt, wenigstens dieser angezweifelt und
herunter
[451 Energielosigkeit des Bürgertums]
gesetzt werden, wobei man sich nicht einmal scheut, bürgerlich-moralische Gesichtspunkte gegen einen
Kampf ins Treffen zu bringen, der mit der größten Unmoral aufzuräumen sucht.
Nein, darüber sollen wir uns alle gar keiner Täuschung hingeben: Unser derzeitiges Bürgertum ist für
jede erhabene Aufgabe der Menschheit bereits wertlos geworden, einfach, weil es qualitätslos, zu
schlecht ist; und es ist zu schlecht, weniger aus — meinetwegen — gewollter Schlechtigkeit heraus, als
vielmehr infolge der unglaublichen Indolenz und allem, was aus ihr entspringt. Daher sind auch jene
politischen Klubs, die unter dem Sammelbegriff "bürgerliche Parteien" sich herumtreiben, schon längst
nichts anderes mehr als Interessengemeinschaften bestimmter Berufsgruppen und Standesklassen, und
ihre erhabenste Aufgabe ist nur mehr die bestmögliche egoistische Interessenvertretung. Daß eine solche
politisierende "Bourgeois"-Gilde zu allem eher taugt als zum Kampf, liegt auf der Hand; besonders aber,
wenn die Gegenseite nicht aus vorsichtigen Pfeffersäcken, sondern aus Proletariermassen besteht, die
zum äußersten aufgehetzt und zum letzten entschlossen sind.
×
Wenn wir als erste Aufgabe des Staates im Dienste und zum Wohle seines Volkstums die Erhaltung,
Pflege und Entwicklung der besten rassischen Elemente erkennen, so ist es natürlich, daß sich diese
Sorgfalt nicht nur bis zur Geburt des jeweiligen kleinen jungen Volks- und Rassegenossen zu erstrecken
hat, sondern daß sie aus dem jungen Sprößling auch ein wertvolles Glied für eine spätere
Weitervermehrung erziehen muß.
Und so wie im allgemeinen die Voraussetzung geistiger Leistungsfähigkeit in der rassischen Qualität
des gegebenen Menschenmaterials liegt, so muß auch im einzelnen die Erziehung zuallererst die
körperliche Gesundheit ins Auge fassen und fördern; denn in der Masse genommen wird
[452 Erziehungsgrundsätze des völkischen Staates]
sich ein gesunder, kraftvoller Geist auch nur in einem gesunden und kraftvollen Körper finden. Die
Tatsache, daß Genies manches Mal körperlich wenig gutgebildete, ja sogar kranke Wesen sind, hat
nichts dagegen zu sagen. Hier handelt es sich um Ausnahmen, die — wie überall — die Regel nur
bestätigen. Wenn ein Volk aber in seiner Masse aus körperlichen Degeneraten besteht, so wird sich aus
diesem Sumpf nur höchst selten ein wirklich großer Geist erheben. Seinem Wirken aber wird wohl auf
keinen Fall mehr ein großer Erfolg beschieden sein. Das heruntergekommene Pack wird ihn entweder
überhaupt nicht verstehen, oder es wird willensmäßig so geschwächt sein, daß es dem Höhenflug eines
solchen Adlers nicht mehr zu folgen vermag.
Der völkische Staat hat in dieser Erkenntnis seine gesamte Erziehungsarbeit in erster Linie nicht auf das
Einpumpen bloßen Wissens einzustellen, sondern auf das Heranzüchten kerngesunder Körper. Erst in
zweiter Linie kommt dann die Ausbildung der geistigen Fähigkeiten. Hier aber wieder an der Spitze die
Entwicklung des Charakters, besonders die Förderung der Willens- und Entschlußkraft, verbunden mit
der Erziehung zur Verantwortungsfreudigkeit, und erst als letztes die wissenschaftliche Schulung.
Der völkische Staat muß dabei von der Voraussetzung ausgehen, daß ein zwar wissenschaftlich wenig
gebildeter, aber körperlich gesunder Mensch mit gutem, festem Charakter, erfüllt von
Entschlußfreudigkeit und Willenskraft, für die Volksgemeinschaft wertvoller ist als ein geistreicher
Schwächling. Ein Volk von Gelehrten wird, wenn diese dabei körperlich degenerierte, willensschwache
und feige Pazifisten sind, den Himmel nicht erobern, ja nicht einmal auf dieser Erde sich das Dasein zu
sichern vermögen. Im schweren Schicksals-
[453 Erziehungsgrundsätze des völkischen Staates]
kampf unterliegt selten der, der am wenigsten weiß, sondern immer derjenige, der aus seinem Wissen
die schwächsten Konsequenzen zieht und sie am kläglichsten in die Tat umsetzt. Endlich muß auch hier
eine bestimmte Harmonie vorhanden sein. Ein verfaulter Körper wird durch einen strahlenden Geist
nicht im geringsten ästhetischer gemacht, ja, es ließe sich höchste Geistesbildung gar nicht rechtfertigen,
wenn ihre Träger gleichzeitig körperlich verkommene und verkrüppelte, im Charakter willensschwache,
schwankende und feige Subjekte wären. Was das griechische Schönheitsideal unsterblich sein läßt, ist
die wundervolle Verbindung herrlichster körperlicher Schönheit mit strahlendem Geist und edelster
Seele.
Wenn der Moltkesche Ausspruch: "Glück hat auf die Dauer doch nur der Tüchtige" Geltung besitzt, so
sicherlich für das Verhältnis von Körper und Geist: Auch der Geist wird, wenn er gesund ist, in der
Regel und auf die Dauer nur in gesundem Körper wohnen.
Die körperliche Ertüchtigung ist daher im völkischen Staat nicht eine Sache des einzelnen, auch nicht
eine Angelegenheit, die in erster Linie die Eltern angeht, und die erst in zweiter oder dritter die
Allgemeinheit interessiert, sondern eine Forderung der Selbsterhaltung des durch den Staat vertretenen
und geschürten Volkstums. So wie der Staat, was die rein wissenschaftliche Ausbildung betrifft, schon
heute in das Selbstbestimmungsrecht des einzelnen eingreift und ihm gegenüber das Recht der
Gesamtheit wahrnimmt, indem er, ohne Befragung des Wollens oder Nichtwollens der Eltern, das Kind
dem Schulzwang unterwirft, so muß in noch viel höherem Maße der völkische Staat dereinst seine
Autorität durchsetzen gegenüber der Unkenntnis oder dem Unverständnis des einzelnen in den Fragen
der Erhaltung des Volkstums. Er hat seine Erziehungsarbeit so einzuteilen, daß die jungen Körper schon
in ihrer frühesten Kindheit zweckentsprechend behandelt werden und die notwendige Stählung für das
spätere Leben erhalten. Er muß vor allem dafür sorgen, daß nicht eine Generation von Stubenhockern
herangebildet wird.
[454 Erziehungsgrundsätze des völkischen Staates]
Diese Pflege- und Erziehungsarbeit hat schon einzusetzen bei der jungen Mutter. So wie es möglich
wurde, im Laufe einer jahrzehntelangen sorgfältigen Arbeit infektionsfreie Reinlichkeit bei der Geburt
zu erzielen und das Kindbettfieber auf wenige Fälle zu beschränken, so muß es und wird es möglich
sein, durch gründliche Ausbildung von Schwestern und der Mütter selber schon in den ersten Jahren des
Kindes eine Behandlung herbeizuführen, die als vorzügliche Grundlage für die spätere Entwicklung
dient.
Die Schule als solche muß in einem völkischen Staat unendlich mehr Zeit frei machen für die
körperliche Ertüchtigung. Es geht nicht an, die jungen Gehirne mit einem Ballast zu beladen, den sie
erfahrungsgemäß nur zu einem Bruchteil behalten, wobei zudem meist anstatt des Wesentlichen die
unnötigen Nebensächlichkeiten hängenbleiben, da das junge Menschenkind eine vernünftige Siebung
des ihm eingetrichterten Stoffes gar nicht vorzunehmen vermag. Wenn heute, selbst im Lehrplan der
Mittelschulen, Turnen in einer Woche mit knappen zwei Stunden bedacht und die Teilnahme daran
sogar als nicht obligatorisch dem einzelnen freigegeben wird, so ist dies, verglichen zur rein geistigen
Ausbildung, ein krasses Mißverhältnis. Es dürfte kein Tag vergeben, an dem der junge Mensch nicht
mindestens vormittags und abends je eine Stunde lang körperlich geschult wird, und zwar in jeder Art
von Sport und Turnen. Hierbei darf besonders ein Sport nicht vergessen werden, der in den Augen von
gerade sehr vielen "Völkischen" als roh und unwürdig gilt: das Boxen. Es ist unglaublich, was für
falsche Meinungen darüber in den "Gebildeten"-kreisen verbreitet sind. Daß der junge Mensch fechten
lernt und sich dann herumpaukt, gilt als selbstverständlich und ehrenwert, daß er aber boxt, das soll roh
sein! Warum. Es gibt keinen Sport, der wie dieser den Angriffsgeist in gleichem Maße fördert,
blitzschnelle Entschlußkraft verlangt, den Körper zu stählerner Geschmeidigkeit erzieht. Es ist nicht
roher, wenn zwei junge Menschen eine Meinungsverschiedenheit mit den Fäusten ausfechten als mit
einem geschliffenen Stück Eisen. Es ist auch nicht unedler, wenn ein
[455 Wert des Sportes]
Angegriffener sich seines Angreifers mit der Faust erwehrt, statt davonzulaufen und nach einem
Schutzmann zu schreien. Vor allem aber, der junge, gesunde Knabe soll auch Schläge ertragen lernen.
Das mag in den Augen unserer heutigen Geisteskämpfer natürlich als wild erscheinen. Doch hat der
völkische Staat eben nicht die Aufgabe, eine Kolonie friedsamer Ästheten und körperlicher Degeneraten
aufzuzüchten. Nicht im ehrbaren Spießbürger oder der tugendsamen alten Jungfer sieht er sein
Menschheitsideal, sondern in der trotzigen Verkörperung männlicher Kraft und in Weibern, die wieder
Männer zur Welt zu bringen vermögen.
So ist überhaupt der Sport nicht nur dazu da, den einzelnen stark, gewandt und kühn zu machen, sondern
er soll auch abhärten und lehren, Unbilden zu ertragen.
Würde unsere gesamte geistige Oberschicht einst nicht so ausschließlich in vornehmen Anstandslehren
erzogen worden sein, hätte sie an Stelle dessen durchgehends Boxen gelernt, so wäre eine deutsche
Revolution von Zuhältern, Deserteuren und ähnlichem Gesindel niemals möglich gewesen; denn was
dieser den Erfolg schenkte, war nicht die kühne, mutige Tatkraft der Revolutionsmacher, sondern die
feige, jämmerliche Entschlußlosigkeit derjenigen, die den Staat leiteten und für ihn verantwortlich
waren. Allein unsere gesamte geistige Führung war nur mehr "geistig" erzogen worden und mußte damit
in dem Augenblick wehrlos sein., in dem von der gegnerischen Seite statt geistiger Waffen eben das
Brecheisen in Aktion trat. Das war aber alles nur möglich, weil besonders unsere höhere Schulbildung
grundsätzlich nicht Männer heranzog, sondern vielmehr Beamte, Ingenieure, Techniker, Chemiker,
Juristen, Literaten und, damit diese Geistigkeit nicht ausstirbt, Professoren.
Unsere geistige Führung hat immer Blendendes geleistet, während unsere willensmäßige meist unter
aller Kritik blieb.
Sicherlich wird man durch Erziehung aus einem grundsätzlich feig veranlagten Menschen keinen
mutigen zu machen vermögen, allein ebenso sicher wird auch ein an sich nicht mutloser Mensch in der
Entfaltung seiner Eigenschaften ge-
[456 Suggestive Kraft des Selbstvertrauens]
lähmt, wenn er durch Mangel seiner Erziehung in seiner körperlichen Kraft und Gewandtheit dem
anderen von vornherein unterlegen ist. Wie sehr die Überzeugung körperlicher Tüchtigkeit das eigene
Mutgefühl fördert, ja den Angriffsgeist erweckt, kann man am besten am Heer ermessen. Auch hier sind
grundsätzlich nicht lauter Helden vorhanden gewesen, sondern breiter Durchschnitt. Allein die
überlegene Ausbildung des deutschen Soldaten in der Friedenszeit impfte dem ganzen
Riesenorganismus jenen suggestiven Glauben an die eigene Überlegenheit in einem Umfange ein, den
selbst unsere Gegner nicht für möglich gehalten hatten. Denn was in den ganzen Monaten des
Hochsommers und Herbstes 1914 von den vorwärtsfegenden deutschen Armeen an unsterblichem
Angriffsgeist und Angriffsmut geleistet wurde, war das Ergebnis jener unermüdlichen Erziehung, die in
den langen, langen Friedensjahren aus den oft schwächlichen Körpern die unglaublichsten Leistungen
herausholte, und so jenes Selbstvertrauen erzog, das auch im Schrecken der größten Schlachten nicht
verlorenging.
Gerade unser deutsches Volk, das heute zusammengebrochen den Fußtritten der anderen Welt
preisgegeben daliegt, braucht jene suggestive Kraft, die im Selbstvertrauen liegt. Dieses Selbstvertrauen
aber muß schon von Kindheit auf dem jungen Volksgenossen anerzogen werden. Seine gesamte
Erziehung und Ausbildung muß darauf angelegt werden, ihm die Überzeugung zu geben, anderen
unbedingt überlegen zu sein. Er muß in seiner körperlichen Kraft und Gewandtheit den Glauben an die
Unbesiegbarkeit seines ganzen Volkstums wiedergewinnen. Denn was die deutsche Armee einst zum
Siege führte, war die Summe des Vertrauens, das jeder einzelne zu sich und alle gemeinsam zu ihrer
Führung besaßen. Was das
[457 Eitelkeit im Dienst der Erziehung]
deutsche Volk wieder emporrichten wird, ist die Überzeugung von der Möglichkeit der Wiedererringung
der Freiheit. Diese Überzeugung aber kann nur das Schlußprodukt der gleichen Empfindung von
Millionen einzelner darstellen.
Auch hier gebe man sich keiner Täuschung hin: Ungeheuerlich war der Zusammenbruch unseres
Volkes, ebenso ungeheuerlich aber wird die Anstrengung sein müssen, um eines Tages diese Not zu
beenden. Wer glaubt, daß unser Volk aus unserer jetzigen bürgerlichen Erziehungsarbeit zur Ruhe und
Ordnung die Kraft erhält, eines Tages die heutige Weltordnung, die unseren Untergang bedeutet, zu
zerbrechen und die Kettenglieder unserer Sklaverei den Gegnern ins Gesicht zu schlagen, der irrt bitter.
Nur durch ein Übermaß an nationaler Willenskraft, an Freiheitsdurst und höchster Leidenschaft wird
wieder ausgeglichen werden, was uns einst fehlte.
×
Auch die Kleidung der Jugend soll diesem Zwecke angepaßt werden. Es ist ein wahrer Jammer, sehen
zu müssen, wie auch unsere Jugend bereits einem Modewahnsinn unterworfen ist, der so recht mithilft,
den Sinn des alten Spruches: "Kleider machen Leute" in einen verderblichen umzukehren.
Gerade bei der Jugend muß auch die Kleidung in den Dienst der Erziehung gestellt werden. Der Junge,
der im Sommer mit langen Röhrenhosen herumläuft, eingehüllt bis an den Hals, verliert schon in seiner
Bekleidung ein Antriebsmittel für seine körperliche Ertüchtigung. Denn auch der Ehrgeiz und, sagen wir
es ruhig, die Eitelkeit muß herangezogen werden. Nicht die Eitelkeit auf schöne Kleider, die sich nicht
jeder kaufen kann, sondern die Eitelkeit auf einen schönen, wohlgeformten Körper, den jeder mithelfen
kann zu bilden.
×

[458 Beaufsichtigung zwischen Schul- und Militärzeit]
Auch für später ist dies zweckmäßig. Das Mädchen soll seinen Ritter kennenlernen. Würde nicht die
körperliche Schönheit heute vollkommen in den Hintergrund gedrängt durch unser laffiges Modewesen,
wäre die Verführung von Hunderttausenden von Mädchen durch krummbeinige, widerwärtige
Judenbankerte gar nicht möglich. Auch dies ist im Interesse der Nation, daß sich die schönsten Körper
finden und so mithelfen, dem Volkstum neue Schönheit zu schenken.
Heute wäre dies alles freilich am allernötigsten, weil die militärische Erziehung fehlt und damit die
einzige Einrichtung ausgeschieden ist, die im Frieden wenigstens teilweise einholte, was durch unsere
sonstige Erziehung versäumt wurde. Und auch dort war der Erfolg nicht nur in der Ausbildung des
einzelnen an sich zu suchen, sondern in dem Einfluß, den er auf das Verhältnis der beiden Geschlechter
untereinander ausübte. Das junge Mädchen zog den Soldaten dem Nichtsoldaten vor.
Der völkische Staat hat die körperliche Ertüchtigung nicht nur in den offiziellen Schuljahren
durchzuführen und zu überwachen, er muß auch in der Nachschulzeit dafür Sorge tragen, daß, solange
ein Junge in der körperlichen Entwicklung begriffen ist, diese Entwicklung zu seinem Segen ausschlägt.
Es ist ein Unsinn, zu glauben, daß mit dem Ende der Schulzeit das Recht des Staates auf die
Beaufsichtigung seiner jungen Bürger plötzlich aussetzt, um mit der Militärzeit wiederzukommen.
Dieses Recht ist eine Pflicht und als solche immer gleichmäßig vorhanden. Der heutige Staat, der kein
Interesse an gesunden Menschen besitzt, bat nur diese Pflicht in verbrecherischer Weise außer acht
gelassen. Er läßt die heutige Jugend auf Straßen und in Bordells verkommen, statt sie an die Zügel zu
nehmen und körperlich so lange weiterzubilden, bis eines Tages ein gesunder Mann und ein gesundes
Weib daraus erwachsen sind.
In welcher Form der Staat diese Erziehung weiterführt, kann heute gleichgültig sein, das Wesentliche
ist, daß er’s tut und die Wege sucht, die dem nützen. Der völkische Staat wird genau so wie die geistige
Erziehung auch die
[459 Das Heer als letzte und höchste Schule]
körperliche Ausbildung der Nachschulzeit als staatliche Aufgabe betrachten müssen und durch staatliche
Einrichtungen durchzuführen haben. Dabei kann diese Erziehung in großen Zügen schon die Vorbildung
für den späteren Heeresdienst sein. Das Heer soll dann dem jungen Mann nicht mehr wie bisher die
Grundbegriffe des einfachsten Exerzierreglements beizubringen haben, es wird auch nicht Rekruten im
heutigen Sinne zugeführt erhalten, es soll vielmehr dem körperlich bereits tadellos vorgebildeten jungen
Menschen nur mehr in den Soldaten verwandeln.
Im völkischen Staat soll also das Heer nicht mehr dem einzelnen Gehen und Stehen beibringen,
sondern es hat als die letzte und höchste Schule vaterländischer Erziehung zu gelten. Der junge Rekrut
soll im Heere die nötige Waffenausbildung erhalten, er soll aber zugleich auch weitergeformt werden für
sein sonstiges späteres Leben. An der Spitze der militärischen Erziehung aber hat das zu stehen, was
schon dem alten Heer als höchstes Verdienst angerechnet werden mußte: In dieser Schule soll der Knabe
zum Mann gewandelt werden; und in dieser Schule soll er nicht nur gehorchen lernen, sondern dadurch
auch die Voraussetzung zum späteren Befehlen erwerben. Er soll lernen zu schweigen, nicht nur, wenn
er mit Recht getadelt wird, sondern soll auch lernen, wenn nötig, Unrecht schweigend zu ertragen.
Er soll weiter, gefestigt durch den Glauben an seine eigene Kraft, erfaßt von der Stärke des gemeinsam
empfundenen Korpsgeistes, die Überzeugung von der Unüberwindlichkeit seines Volkstums gewinnen.
Nach Beendigung der Heeresdienstleistung sind ihm zwei Dokumente auszustellen: sein
Staatsbürgerdiplom als Rechtsurkunde, die ihm nunmehr öffentliche Betätigung gestattet, und sein
Gesundheitsattest als Bestätigung körperlicher Gesundheit für die Ehe.
Analog der Erziehung des Knaben kann der völkische Staat auch die Erziehung des Mädchens von den
gleichen Gesichtspunkten aus leiten. Auch dort ist das Hauptgewicht vor allem auf die körperliche
Ausbildung zu legen, erst dann auf die Förderung der seelischen und zuletzt der gei-
[460 Bildung des Charakters]
stigen Werte. Das Ziel der weiblichen Erziehung hat unverrückbar die kommende Mutter zu sein.
Erst in zweiter Linie hat der völkische Staat die Bildung des Charakters in jeder Weise zu fördern.
Sicherlich sind die wesentlichen Charaktereigenschaften im einzelnen Menschen grundsätzlich
vorgebildet: der egoistisch Veranlagte ist und bleibt dies einmal für immer, genau so wie der Idealist im
Grunde seines Wesens stets Idealist sein wird. Allein zwischen den restlos ausgeprägten Charakteren
stehen doch Millionen von verschwommen und unklar erscheinenden. Der geborene Verbrecher wird
Verbrecher sein und bleiben; aber zahlreiche Menschen, bei denen bloß eine gewisse Hinneigung zum
Verbrecherischen vorhanden ist, können durch richtige Erziehung noch zu wertvollen Gliedern der
Volksgemeinschaft werden; während umgekehrt durch schlechte Erziehung aus schwankenden
Charakteren wirklich schlechte Elemente erwachsen können.
Wie oft wurde im Kriege Klage darüber geführt, dafür unser Volk so wenig schweigen könne! Wie
schwer war es dadurch, selbst wichtige Geheimnisse der Kenntnis der Feinde zu entziehen! Allein man
stelle sich doch die Frage: Was hat vor dem Kriege die deutsche Erziehung dafür getan, den einzelnen
zur Verschwiegenheit zu bilden? Wurde nicht leider schon in der Schule der kleine Angeber manches
Mal seinen verschwiegeneren Mitgefährten gegenüber vorgezogen? Wurde und wird nicht Angeberei als
rühmliche "Offenheit" und Verschwiegenheit als schmähliche Verstocktheit angesehen? Hat man
sich überhaupt bemüht, Verschwiegenheit als männlich wertvolle Tugend hinzustellen? Nein, denn in
den Augen unserer heutigen Schulerziehung sind das Lappalien. Allein diese Lappalien kosten dem
Staat ungezählte Millionen Gerichtskosten, denn 90 Prozent aller Beleidigungs- und ähnlichen Prozesse
entstanden nur aus Mangel an Verschwiegenheit. Verantwortungslos getane Äußerungen werden ebenso
leichtsinnig weiter-
[461 Erziehung zur Verschwiegenheit]
getratscht, unsere Volkswirtschaft wird ständig durch leichtfertige Preisgabe wichtiger
Fabrikationsmethoden usw. geschädigt, ja sogar alle stillen Vorbereitungen einer Landesverteidigung
werden illusorisch gemacht, da das Volk eben nicht schweigen gelernt hat, sondern alles weiterredet. Im
Kriege aber kann diese Schwatzsucht bis zum Verlust von Schlachten führen und so wesentlich
beitragen zum unglücklichen Ausgang des Kampfes. Man soll auch hier überzeugt sein, daß, was in der
Jugend nicht geübt wurde, im Alter nicht gekonnt wird. Hierher gehört es auch, daß der Lehrer z. B. sich
grundsätzlich nicht von dummen Jungenstreichen Kenntnis zu verschaffen sucht durch das
Heranzüchten übler Angeberei. Die Jugend hat ihren Staat für sich, sie steht dem Erwachsenen in einer
gewissen geschlossenen Solidarität gegenüber, und dies ist selbstverständlich. Die Bindung des
Zehnjährigen zu seinem gleich alten Gefährten ist eine natürlichere und größere als die zu dem
Erwachsenen. Ein Junge, der seinen Kameraden angibt, übt Verrat und betätigt damit eine Gesinnung,
die, schroff ausgedrückt und ins Große übertragen, der des Landesverräters genau entspricht. So ein
Knabe kann keineswegs als "braves, anständiges" Kind angesehen werden, sondern als ein Knabe von
wenig wertvollen Charaktereigenschaften. Für den Lehrer mag es bequem sein, zur Erhöhung seiner
Autorität sich derartiger Untugenden zu bedienen, allein in das jugendliche Herz wird damit der Keim
einer Gesinnung gelegt, die sich später verhängnisvoll auswirken kann. Schon mehr als einmal ist aus
einem kleinen Angeber ein großer Schuft geworden! Dies soll nur ein Beispiel für viele sein. Heute ist
die bewußte Entwicklung guter, edler Charaktereigenschaften in der Schule gleich Null. Dereinst muß
darauf ganz anderes Gewicht gelegt werden. Treue, Opferwilligkeit, Verschwiegenheit sind Tugenden,
die ein großes Volk nötig braucht, und deren Anerziehung und Ausbildung in der Schule wichtiger ist
als manches von dem, was zur Zeit unsere Lehrpläne ausfüllt. Auch das Anerziehen von weinerlichem
Klagen, von wehleidigem Heu-
[462 Ausbildung der Willens- und Entschlußkraft]
len usw. gehört in dieses Gebiet. Wenn eine Erziehung vergißt, schon beim Kinde darauf hinzuwirken,
daß auch Leiden und Unbill einmal schweigend ertragen werden müssen, darf sie sich nicht
wundern, wenn später in kritischer Stunde, z. B. wenn einst der Mann an der Front steht, der ganze
Postverkehr einzig der Beförderung von gegenseitigen Jammer- und Winselbriefen dient. Wenn unserer
Jugend in den Volksschulen etwas weniger Wissen eingetrichtert worden wäre und dafür mehr
SelbstbeHerrschung, so hätte sich dies in den Jahren 1915/18 reich gelohnt.
So hat der völkische Staat in seiner Erziehungsarbeit neben der körperlichen gerade auf die
charakterliche Ausbildung höchsten Wert zu legen. Zahlreiche moralische Gebrechen, die unser heutiger
Volkskörper in sich trägt, können durch eine so eingestellte Erziehung wenn schon nicht ganz beseitigt,
so doch sehr gemildert werden.
×
Von höchster Wichtigkeit ist die Ausbildung der Willens- und Entschlußkraft sowie die Pflege der
Verantwortungsfreudigkeit.
Wenn beim Heer einst der Grundsatz galt, daß ein Befehl immer besser ist als keiner, so muß dies bei
der Jugend zunächst heißen: Eine Antwort ist immer besser als keine. Die Furcht, aus Angst Falsches zu
sagen, keine Antwort zu geben, muß beschämender sein als eine unrichtig gegebene Antwort. Von
dieser primitivsten Grundlage aus ist die Jugend dahingehend zu erziehen, daß sie den Mut zur Tat
erhält.
Man hat sich oft beklagt, daß in den Zeiten des Novembers und Dezembers 1918 aber auch alle Stellen
versagten, daß von den Monarchen angefangen bis herunter zum letzten Divisionär niemand mehr die
Kraft zu einem selbständigen Entschluß aufzubringen vermochte. Diese furchtbare Tatsache ist ein
Menetekel unserer Erziehung, denn in dieser grausamen Katastrophe hat sich nur in einem ins
Riesengroße verzerrten Maßstab geäußert, was im Kleinen all-
[463 Pflege zur Verantwortungsfreudigkeit]
gemein vorhanden war. Dieser Mangel an Wille ist es, und nicht der Mangel an Waffen, der uns heute
zu jedem ernstlichen Widerstand unfähig macht. Er sitzt in unserem ganzen Volk drinnen, verhindert
jeden Entschluß, mit dem ein Risiko verbunden ist, als ob die Größe einer Tat nicht gerade im Wagnis
bestünde. Ohne es zu ahnen, hat ein deutscher General es fertiggebracht, für diese jammervolle
Willenslosigkeit die klassische Formel zu finden: "Ich handle nur, wenn ich mit einundfünfzig Prozent
Wahrscheinlichkeit des Erfolges zu rechnen vermag". In diesen "einundfünfzig Prozent" liegt die Tragik
des deutschen Zusammenbruches begründet: wer vom Schicksal erst die Bürgschaft für den Erfolg
fordert, verzichtet damit von selbst auf die Bedeutung einer heroischen Tat. Denn diese liegt darin, daß
man in der Überzeugung von der Todesgefährlichkeit eines Zustandes den Schritt unternimmt, der
vielleicht zum Erfolg führen kann. Ein Krebskranker, dessen Tod andernfalls gewiß ist, braucht nicht
erst einundfünfzig Prozent auszurechnen, um eine Operation zu wagen. Und wenn diese auch nur mit
einem halben Prozent Wahrscheinlichkeit Heilung verspricht, wird ein mutiger Mann sie wagen, im
anderen Falle mag er nicht ums Leben wimmern.
Die Seuche der heutigen feigen Willens- und Entschlußlosigkeit ist aber, alles in allem genommen,
hauptsächlich das Ergebnis unserer grundsätzlich verfehlten Jugenderziehung, deren verheerende
Wirkung sich ins spätere Leben hinein fortpflanzt und in der mangelnden Zivilcourage der leitenden
Staatsmänner ihren letzten Abschluß und ihre letzte Krönung findet.
In die gleiche Linie fällt auch die heute grassierende Feigheit vor Verantwortung. Auch hier liegt der
Fehler schon in der Jugenderziehung, durchsetzt dann das ganze öffentliche Leben und findet in der
parlamentarischen Regierungsinstitution seine unsterbliche Vollendung.
Schon in der Schule legt man leider mehr Wert auf das "reumütige" Geständnis und das "zerknirschte
Abschwören" des kleinen Sünders als auf ein freimütiges Bekenntnis. Letzteres erscheint manchem
Volksbildner von heute sogar
[464 Grundsätze für die wissenschaftliche Schulung]
als sichtbarstes Mittel einer unverbesserlichen Verworfenheit, und so manchem Jungen wird
unglaublicherweise der Galgen wegen Eigenschaften prophezeit, die von unschätzbarem Werte wären,
bildeten sie das Gemeingut eines ganzen Volkes.
Wie der völkische Staat dereinst der Erziehung des Willens und der Entschlußkraft höchste
Aufmerksamkeit zu widmen hat, so muß er schon von klein an Verantwortungsfreudigkeit und
Bekenntnismut in die Herzen der Jugend senken. Nur wenn er diese Notwendigkeit in ihrer vollen
Bedeutung erkennt, wird er endlich nach jahrhundertelanger Bildungsarbeit als Ergebnis einen
Volkskörper erhalten, der nicht mehr jenen Schwächen unterliegen wird, die heute so verhängnisvoll zu
unserem Untergange beigetragen haben.
×
Die wissenschaftliche Schulbildung, die heutzutage ja eigentlich das Um und Auf der gesamten
staatlichen Erziehungsarbeit ist, wird mit nur geringen Veränderungen vom völkischen Staat
übernommen werden können. Biese Änderungen liegen auf drei Gebieten.
Erstens soll das jugendliche Gehirn im allgemeinen nicht mit Dingen belastet werden, die es zu
fünfundneunzig Prozent nicht braucht und daher auch wieder vergißt. Besonders der Lehrplan von
Volks- und Mittelschulen stellt heute ein Zwitterding dar; in vielen Fällen der einzelnen
Lehrgegenstände ist der Stoff des zu Lernenden so angeschwollen, daß nur ein Bruchteil davon im
Kopfe des einzelnen erhalten bleibt und auch nur ein Bruchteil dieser Fülle Verwendung finden kann,
während er andererseits doch wieder nicht für den Bedarf eines in einem bestimmten Fach
Arbeitenden und sein Brot Verdienenden ausreicht. Man nehme zum Beispiel den normalen
Staatsbeamten mit absolviertem Gymnasium oder absol-
[465 Keine Überlastung des Gehirns]
vierter Oberrealschule in seinem fünfunddreißigsten oder vierzigsten Lebensjahr vor und prüfe dessen
einst mühsam eingepauktes Schulwissen nach. Wie wenig ist von all dem damals eingetrichterten Zeug
noch vorhanden! Man wird freilich zur Antwort bekommen: "Ja, die Menge des damals eingelernten
Stoffes hatte eben nicht nur den Zweck späteren Besitzes vielfacher Kenntnisse, sondern auch den einer
Schulung der geistigen Aufnahmefähigkeit, des Denkvermögens und besonders der Merkkraft des
Gehirns." Dies ist zum Teil richtig. Dennoch liegt eine Gefahr darin, daß das jugendliche Gehirn mit
einer Flut von Eindrücken überschwemmt wird, die es in den seltensten Fällen zu bewältigen und deren
einzelne Elemente es nach ihrer größeren oder geringeren Wichtigkeit weder zu sichten noch zu werten
versteht; wobei zudem meist nicht das Unwesentliche, sondern das Wesentliche vergessen und geopfert
wird. So geht der hauptsächliche Zweck dieses Viel-Lernens schon wieder verloren; denn er kann doch
nicht darin bestehen, durch ungemessene Häufung von Lehrstoff das Gehirn an sich lernfähig zu
machen, sondern darin, dem späteren Leben jenen Schatz an Wissen mitzugehen, den der einzelne nötig
hat und der durch ihn dann wieder der Allgemeinheit zugute kommt. Dies wird aber illusorisch, wenn
der Mensch infolge der Überfülle des in der Jugend ihm aufgedrängten Stoffes diesen später entweder
überhaupt nicht mehr oder gerade das Wesentliche davon längst nicht mehr besitzt. Es ist zum Beispiel
nicht einzusehen, warum Millionen von Menschen im Laufe der Jahre zwei oder drei fremde Sprachen
lernen müssen, die sie dann nur zu einem Bruchteil verwerten können und deshalb auch in der Mehrzahl
wieder vollkommen vergessen; denn von hunderttausend Schülern, die zum Beispiel Französisch lernen,
werden kaum zweitausend für diese Kenntnisse später eine ernstliche Verwendung haben, während
achtundneunzigtausend in ihrem ganzen weiteren Lebenslauf nicht mehr in die Lage kommen, das einst
Gelernte praktisch zu verwenden. Sie haben in ihrer Jugend mithin Tausende von Stunden einer Sache
hingegeben, die für
[466 Grundsätze für den Sprachunterricht]
sie später ohne Wert und Bedeutung ist. Auch der Einwand, daß dieser Stoff zur allgemeinen Bildung
gehört, ist unrichtig, nachdem man das nur vertreten könnte, wenn die Menschen ihr ganzes Leben
hindurch über das Gelernte verfügten. So müssen wirklich wegen der zweitausend Menschen, für
welche die Kenntnis dieser Sprache von Nutzen ist, achtundneunzigtausend umsonst gequält werden und
wertvolle Zeit opfern.
Dabei handelt es sich in diesem Fall um eine Sprache, von der man nicht einmal sagen kann, daß sie
eine Schulung des scharfen logischen Denkens bedeute, wie es etwa auf das Lateinische zutrifft. Daher
würde es wesentlich zweckmäßiger sein, wenn man dem jungen Studierenden eine solche Sprache nur in
ihren allgemeinen Umrissen oder, besser gesagt, in ihrem inneren Aufriß vermittelte, ihm also Kenntnis
des hervorstechenden Wesens dieser Sprache gäbe, ihn vielleicht einführte in das Grundsätzliche ihrer
Grammatik und Aussprache, Satzbildung usw. an Musterbeispielen erörterte. Dies genügte für den
allgemeinen Bedarf und wäre, weil leichter zu überblicken und zu merken, wertvoller als das heutige
Einpauken der gesamten Sprache, die doch nicht wirklich beHerrscht und später wieder vergessen wird.
Dabei würde auch die Gefahr vermieden, daß aus der überwältigenden Fülle des Stoffes nur einzelne
zufällige, unzusammenhängende Brocken im Gedächtnis blieben, da der junge Mensch eben nur das
Bemerkenswerteste zu lernen erhielte, mithin die Siebung nach Wert oder Unwert bereits
vorweggenommen wäre.
Die hierdurch vermittelte allgemeine Grundlage dürfte den meisten überhaupt genügen, auch fürs
weitere Leben, während sie jenem anderen, der diese Sprache später wirklich braucht, die Möglichkeit
gibt, auf ihr weiterzubauen und in freier Wahl sich ihrem Erlernen gründlichst zu widmen.
Dadurch wird im Lehrplan die nötige Zeit gewonnen für körperliche Ertüchtigung sowie für die
gesteigerten Forderungen auf den vorher bereits erwähnten Gebieten.
Besonders muß eine Änderung der bisherigen Unter-
[467 Grundsätze für den Geschichtsunterricht]
richtsmethode im Geschichtsunterricht vorgenommen werden. Es dürfte wohl kaum ein Volk mehr an
Geschichte lernen als das deutsche; es wird aber kaum ein Volk geben, das sie schlechter anwendet als
das unsere. Wenn Politik werdende Geschichte ist, dann ist unsere geschichtliche Erziehung durch die
Art unserer politischen Betätigung gerichtet. Auch hier geht es nicht an, über die jämmerlichen
Ergebnisse unserer politischen Leistungen zu maulen, wenn man nicht entschlossen ist, für eine bessere
Erziehung zur Politik zu sorgen. Das Ergebnis unseres heutigen Geschichtsunterrichtes ist in
neunundneunzig von hundert Fällen ein klägliches. Wenige Daten, Geburtsziffern und Namen pflegen
da übrigzubleiben, während es an einer großen, klaren Linie gänzlich fehlt. Alles Wesentliche, auf das
es eigentlich ankäme, wird überhaupt nicht gelehrt, sondern es bleibt der mehr oder minder genialen
Veranlagung des einzelnen überlassen, aus der Flut von Daten, aus der Reihenfolge von Vorgängen die
inneren Beweggründe herauszufinden. Man kann sich gegen diese bittere Feststellung sträuben soviel
man will; man lese nur die während einer einzigen Sitzungsperiode von unseren Herren Parlamentariern
zu politischen Problemen, etwa außenpolitischen Fragen, gehaltenen Reden aufmerksam durch; man
bedenke dabei, daß es sich hier — wenigstens behauptungsweise — um die Auslese der deutschen
Nation handelt, und daß jedenfalls ein großer Teil dieser Leute die Bänke unserer Mittelschulen drückte,
teilweise sogar auf Hochschulen war, und man wird daraus so recht ersehen können, wie gänzlich
ungenügend die geschichtliche Bildung dieser Menschen ist. Wenn sie gar nicht Geschichte studiert
hätten, sondern nur gesunden Instinkt besäßen, würde es wesentlich besser und für die Nation von
größerem Nutzen sein.
Gerade im Geschichtsunterricht muß eine Kürzung des Stoffes vorgenommen werden. Der Hauptwert
liegt im Erkennen der großen Entwicklungslinien. Je mehr der Unterricht darauf beschränkt wird, um so
mehr ist zu hoffen, daß dem einzelnen aus seinem Wissen später ein Vorteil erwächst, der summiert
auch der Allgemeinheit zugute
[468 Allgemeine Bildung — Fachbildung]
kommt. Denn man lernt eben nicht Geschichte, um nur zu wissen, was gewesen ist, sondern man lernt
Geschichte, um in ihr eine Lehrmeisterin für die Zukunft und für den Fortbestand des eigenen
Volkstums zu erhalten. Das ist der Zweck, und der geschichtliche Unterricht ist nur ein Mittel zu ihm.
Heute ist aber auch hier das Mittel zum Zweck geworden, der Zweck scheidet vollkommen aus. Man
sage nicht, daß gründliches Geschichtsstudium die Beschäftigung mit all diesen einzelnen Daten eben
erfordere, da ja nur aus ihnen heraus eine Festlegung der großen Linie stattfinden könne. Diese
Festlegung ist Aufgabe der Fachwissenschaft. Der normale Durchschnittsmensch ist aber kein
Geschichtsprofessor. Für ihn ist die Geschichte in erster Linie dazu da, ihm jenes Maß geschichtlichen
Einblicks zu vermitteln, das nötig ist für eine eigene Stellungnahme in den politischen Angelegenheiten
seines Volkstums. Wer Geschichtsprofessor werden will, der mag sich diesem Studium später auf das
gründlichste widmen. Er wird sich selbstverständlich auch mit allen und selbst den kleinsten Details zu
beschäftigen haben. Dazu kann aber auch unser heutiger Geschichtsunterricht nicht genügen; denn er ist
für den normalen Durchschnittsmenschen zu umfangreich, für den Fachgelehrten aber dennoch viel zu
beschränkt.
Es ist im übrigen die Aufgabe eines völkischen Staates, dafür zu sorgen, daß endlich eine
Weltgeschichte geschrieben wird, in der die Rassenfrage zur dominierenden Stellung erhoben wird.
×
Zusammenfassend: Der völkische Staat wird den allgemeinen wissenschaftlichen Unterricht auf eine
gekürzte, das Wesentliche umschließende Form zu bringen haben. Darüber hinaus soll die Möglichkeit
einer gründlichsten fachwissenschaftlichen Ausbildung geboten werden. Es genügt, wenn der einzelne
Mensch ein allgemeines, in großen Zügen gehaltenes Wiesen als Grundlage erhält, und nur
[469 Wert der humanistischen Bildung]
auf dem Gebiet, welches dasjenige seines späteren Lebens wird, gründlichste Fach- und
Einzelausbildung genießt. Die allgemeine Bildung müßte hierbei in allen Fächern obligatorisch sein, die
besondere Wahl dem einzelnen überlassen bleiben.
Die hierdurch erreichte Kürzung des Lehrplanes und der Stundenzahl kommt der Ausbildung des
Körpers, des Charakters, der Willens- und Entschlußkraft zugute.
Wie belanglos unser heutiger Schulunterricht, besonders der Mittelschulen, für den Beruf des späteren
Lebens ist, wird am besten durch die Tatsache bewiesen, daß heute in eine gleiche Stellung Menschen
aus drei ganz verschieden gearteten Schulen kommen können. Ausschlaggebend ist eben wirklich nur
die allgemeine Bildung und nicht das eingetrichterte Spezialwissen. Dort aber, wo — wie schon gesagt
— wirklich ein Spezialwissen notwendig ist, kann es innerhalb der Lehrpläne unserer heutigen
Mittelschulen selbstverständlich nicht erworben werden.
Mit solchen Halbheiten muß deshalb der völkische Staat einst aufräumen.
×
Die zweite Änderung im wissenschaftlichen Lehrplan muß für den völkischen Staat folgende sein:Es
liegt im Zuge unserer heutigen materialisierten Zeit, daß unsere wissenschaftliche Ausbildung sich
immer mehr den nur realen Fächern zuwendet, also der Mathematik, Physik, Chemie usw. So nötig dies
für eine Zeit auch ist, in welcher Technik und Chemie regieren und deren wenigstens äußerlich
sichtbarste Merkmale im täglichen Leben sie darstellen, so gefährlich ist es aber auch, wenn die
allgemeine Bildung einer Nation immer ausschließlich darauf eingestellt wird. Diese muß im Gegenteil
stets eine ideale sein. Sie soll mehr den humanistischen Fächern entsprechen und nur die Grundlagen für
eine spätere fachwissenschaftliche Weiterbildung bieten. Im anderen Fall verzichtet man auf Kräfte,
welche für die Erhaltung der Nation immer noch wichtiger sind als alles technische und sonstige
Können. Insbesondere
[470 Wert der humanistischen Bildung]
soll man im Geschichtsunterricht sich nicht vom Studium der Antike abbringen lassen. Römische
Geschichte, in ganz großen Linien richtig aufgefaßt, ist und bleibt die beste Lehrmeisterin nicht nur für
heute, sondern wohl für alle Zeiten. Auch das hellenische Kulturideal soll uns in seiner vorbildlichen
Schönheit erhalten bleiben. Man darf sich nicht durch Verschiedenheiten der einzelnen Völker die
größere Rassegemeinschaft zerreißen lassen. Der Kampf, der heute tobt, geht um ganz große Ziele: eine
Kultur kämpft um ihr Dasein, die Jahrtausende in sich verbindet und Griechen- und Germanentum
gemeinsam umschließt.
Es soll ein scharfer Unterschied zwischen allgemeiner Bildung und besonderem Fachwissen bestehen.
Da letzteres gerade beute immer mehr in den Dienst des reinen Mammons zu sinken droht, muß die
allgemeine Bildung, wenigstens in ihrer mehr idealen Einstellung, als Gegengewicht erhalten bleiben.
Auch hier muß man unentwegt den Grundsatz einprägen, daß Industrie und Technik, Handel und
Gewerbe immer nur zu blühen vermögen, solange eine idealistisch veranlagte Volksgemeinschaft die
notwendigen Voraussetzungen bietet. Diese aber liegen nicht in materiellem Egoismus, sondern in
verzichtfreudiger Opferbereitschaft.
×
Die heutige Ausbildung der Jugend hat sich im großen und ganzen als erstes Ziel gesetzt, dem jungen
Menschen jenes Wissen einzupumpen, das er auf seinem späteren Lebenswege zu eigenem Fortkommen
braucht. Man drückt dies so aus: "Der Junge muß dereinst ein nützliches Glied der menschlichen
Gesellschaft werden." Darunter aber versteht man seine Fähigkeit, sich einmal auf ordentliche Weise
sein tägliches Brot zu verdienen. Die oberflächliche staatsbürgerliche Ausbildung, die noch
nebenherläuft, steht von vornherein auf schwachen Füßen. Da der Staat an sich nur eine
[471 Landläufige "patriotische" Erziehung]
Form darstellt, ist es auch sehr schwer, Menschen auf diese hin zu erziehen oder gar zu verpflichten.
Eine Form kann zu leicht zerbrechen. Einen klaren Inhalt aber besitzt — wie wir sahen — der Begriff
"Staat" heute nicht. So bleibt nichts übrig als die landläufige "patriotische" Erziehung. Im alten
Deutschland lag ihr Hauptgewicht in einer oft wenig klugen, aber meist sehr faden Verhimmelung
kleiner und kleinster Potentaten, deren Menge von vornherein zum Verzicht auf eine umfassende
Würdigung der wirklich Großen unseres Volkes zwang. Das Ergebnis war daher bei unseren breiten
Massen eine nur sehr ungenügende Kenntnis der deutschen Geschichte. Es fehlte auch hier die große
Linie.
Daß man auf solche Weise nicht zu einer wahrhaftigen Nationalbegeisterung zu kommen vermochte,
liegt auf der Hand. Es fehlte unserer Erziehung die Kunst, aus dem geschichtlichen Werden unseres
Volkes einige wenige Namen herauszuheben und sie zum Allgemeingut des gesamten deutschen Volkes
zu machen, um so durch gleiches Wissen und gleiche Begeisterung auch ein gleichmäßig verbindendes
Band um die ganze Nation zu schlingen. Man hat es nicht verstanden, die wirklich bedeutsamen Männer
unseres Volkes in den Augen der Gegenwart als überragende Heroen erscheinen zu lassen, die
allgemeine Aufmerksamkeit auf sie zu konzentrieren und dadurch eine geschlossene Stimmung zu
erzeugen. Man vermochte nicht, aus den verschiedenen Unterrichtsstoffen das für die Nation Ruhmvolle
über das Niveau einer sachlichen Darstellung zu erheben und an solchen leuchtenden Beispielen den
Nationalstolz zu entflammen. Es würde dies der damaligen Zeit als übler Chauvinismus erschienen sein,
den man in dieser Form wenig geliebt hätte. Der biedere dynastische Patriotismus schien angenehmer
und leichter erträglich als die brausende Leidenschaft höchsten nationalen Stolzes. Jener war immer
bereit, zu dienen, diese konnte eines Tages zur Herrin werden. Der monarchistische Patriotismus endete
in Veteranenvereinen, die nationale Leidenschaft wäre in ihrem Wege schwer zu bestimmen gewesen.
Sie ist wie ein edles Pferd,
[472 Landläufige "patriotische" Erziehung]
das nicht jeden im Sattel trägt. Was Wunder, wenn man sich von einer solchen Gefahr lieber
zurückhielt! Daß eines Tages ein Krieg kommen könnte, der in Trommelfeuer und Gasschwaden eine
gründliche Prüfung der inneren Haltbarkeit patriotischer Gesinnung vornehmen würde, schien niemand
für möglich zu halten. Als er dann aber da war, rächte sich der Mangel an höchster nationaler
Leidenschaft in furchtbarster Weise. Für ihre kaiserlichen und königlichen Herren zu sterben, hatten die
Menschen nur mehr wenig Lust, die "Nation" aber war den meisten unbekannt.
Seit die Revolution in Deutschland ihren Einzug gehalten hat und der monarchistische Patriotismus
damit von selbst erlosch, ist der Zweck des Geschichtsunterrichts wirklich nur mehr der bloßer
Wissensaneignung. Nationalbegeisterung kann dieser Staat nicht brauchen, was er aber gerne möchte,
wird er nie erhalten. Denn so wenig es einen dynastischen Patriotismus von letzter Widerstandsfähigkeit
in einem Zeitalter geben konnte, da das Nationalitätenprinzip regiert, so noch viel weniger eine
republikanische Begeisterung. Denn darüber dürfte wohl kein Zweifel Herrschen, daß unter dem Motto
"Für die Republik" das deutsche Volk keine viereinhalb Jahre auf dem Schlachtfeld bleiben würde; am
allerwenigsten blieben die, welche dieses Wundergebilde erschaffen haben.
Tatsächlich verdankt diese Republik ihren ungeschorenen Bestand nur der allseits versicherten
Bereitwilligkeit zur freiwilligen Übernahme jeder Tributleistung und Unterzeichnung jedes
Landesverzichts. Sie ist der anderen Welt sympathisch; wie jeder Schwächling angenehmer empfunden
wird von denen, die ihn brauchen, als ein knorriger Mann. Freilich liegt in dieser Sympathie der Feinde
für gerade diese bestimmte Staatsform auch die vernichtendste Kritik derselben. Man liebt die deutsche
Republik und läßt sie leben, weil man einen besseren Verbündeten für die Versklavungs-
[473 Weckung des Nationalstolzes]
arbeit an unserem Volke gar nicht finden könnte. Nur dieser Tatsache allein verdankt dieses herrliche
Gebilde sein heutiges Bestehen. Daher kann es Verzicht leisten auf jede wirklich nationale Erziehung
und sich mit dem "Hoch"-geschrei von Reichsbannerhelden begnügen, die übrigens, wenn sie dieses
Banner mit ihrem Blut schirmen müßten, ausreißen würden wie Hasen.
Der völkische Staat wird für sein Dasein kämpfen müssen. Er wird es durch Dawesunterschriften weder
erhalten, noch seinen Bestand durch sie verteidigen können. Er wird aber zu seiner Existenz und zu
seinem Schutz gerade das brauchen, auf was man jetzt glaubt verzichten zu können. Je unvergleichlicher
und wertvoller Form und Inhalt sein werden, um so größer auch der Neid und Widerstand der Gegner.
Der beste Schutz wird dann nicht in seinen Waffen liegen, sondern in seinen Bürgern; nicht
Festungswälle werden ihn beschirmen, sondern die lebendige Mauer von Männern und Frauen, erfüllt
von höchster Vaterlandsliebe und fanatischer Nationalbegeisterung.
Als Drittes muß daher bei der wissenschaftlichen Erziehung berücksichtigt werden: Auch in der
Wissenschaft hat der völkische Staat ein Hilfsmittel zu erblicken zur Förderung des Nationalstolzes.
Nicht nur die Weltgeschichte, sondern die gesamte Kulturgeschichte muß von diesem Gesichtspunkte
aus gelehrt werden. Es darf ein Erfinder nicht nur groß erscheinen als Erfinder, sondern muß größer
noch erscheinen als Volksgenosse. Die Bewunderung jeder großen Tat muß umgegossen werden in
Stolz auf den glücklichen Vollbringer derselben als Angehörigen des eigenen Volkes. Aus der Unzahl
all der großen Namen der deutschen Geschichte aber sind die größten herauszugreifen und der Jugend in
so eindringlicher Weise vorzuführen, daß sie zu

[474 Weckung des Nationalstolzes]
Säulen eines unerschütterlichen Nationalgefühles werden.
Planmäßig ist der Lehrstoff nach diesen Gesichtspunkten aufzubauen, planmäßig die Erziehung so zu
gestalten, daß der junge Mensch heim Verlassen seiner Schule nicht ein halber Pazifist, Demokrat oder
sonst was ist, sondern ein ganzer Deutscher.
Damit dieses Nationalgefühl von Anfang an echt sei und nicht bloß in hohlem Schein bestehe, muß
schon in der Jugend ein eiserner Grundsatz in die noch bildungsfähigen Köpfe hineingehämmert
werden: Wer sein Volk liebt, beweist es einzig durch die Opfer, die er für dieses zu bringen bereit ist.
Nationalgefühl, das nur auf Gewinn ausgeht, gibt es nicht. Nationalismus, der nur Klassen umschließt,
gibt es ebensowenig. Hurraschreien bezeugt nichts und gibt kein Recht, sich national zu nennen, wenn
dahinter nicht die große liebende Sorge für die Erhaltung eines allgemeinen, gesunden Volkstums steht.
Ein Grund zum Stolz auf sein Volk ist erst dann vorhanden, wenn man sich keines Standes mehr zu
schämen braucht. Ein Volk aber, von dem die eine Hälfte elend und abgehärmt oder gar verkommen ist,
gibt ein so schlechtes Bild, daß niemand Stolz darüber empfinden soll. Erst wenn ein Volkstum in allen
seinen Gliedern, an Leib und Seele gesund ist, kann sich die Freude, ihm anzugehören, bei allen mit
Recht zu jenem hohen Gefühl steigern, das wir mit Nationalstolz bezeichnen. Diesen höchsten Stolz
aber wird auch nur der empfinden, der eben die Größe seines Volkstums kennt.
Die innige Vermählung von Nationalismus und sozialem Gerechtigkeitssinn ist
[475 Angst vor Chauvinismus ist Impotenz]
schon in das junge Herz hineinzupflanzen. Dann wird dereinst ein Volk von Staatsbürgern erstehen,
miteinander verbunden und zusammengeschmiedet durch eine gemeinsame Liebe und einen
gemeinsamen Stolz, unerschütterlich und unbesiegbar für immer.
Die Angst unserer Zeit vor Chauvinismus ist das Zeichen ihrer Impotenz. Da ihr jede überschäumende
Kraft nicht nur fehlt, sondern sogar unangenehm erscheint, ist sie auch für eine große Tat vom Schicksal
nicht mehr ausersehen. Denn die größten Umwälzungen auf dieser Erde wären nicht denkbar gewesen,
wenn ihre Triebkraft statt fanatischer, ja hysterischer Leidenschaften nur die bürgerlichen Tugenden der
Ruhe und Ordnung gewesen wären.
Sicher aber geht diese Welt einer großen Umwälzung entgegen. Und es kann nur die eine Frage sein, ob
sie zum Heil der arischen Menschheit oder zum Nutzen des ewigen Juden ausschlägt.
Der völkische Staat wird dafür sorgen müssen, durch eine passende Erziehung der Jugend dereinst das
für die letzten und größten Entscheidungen auf diesem Erdball reife Geschlecht zu erhalten.
Das Volk aber, das diesen Weg zuerst betritt, wird siegen.
×
Die gesamte Bildungs- und Erziehungsarbeit des völkischen Staates muß ihre Krönung darin finden, daß
sie den Rassesinn und das Rassegefühl instinkt- und verstandesmäßig in Herz und Gehirn der ihr
anvertrauten Jugend hineinbrennt. Es
[476 Anerziehung von Rassesinn]
soll kein Knabe und kein Mädchen die Schule verlassen, ohne zur letzten Erkenntnis über die
Notwendigkeit und das Wesen der Blutreinheit geführt worden zu sein. Damit wird die Voraussetzung
geschaffen für die Erhaltung der rassenmäßigen Grundlagen unseres Volkstums und durch sie wiederum
die Sicherung der Vorbedingungen für die spätere kulturelle Weiterentwicklung.
Denn alle körperliche und alle geistige Ausbildung würde im letzten Grunde dennoch wertlos bleiben,
wenn sie nicht einem Wesen zugute käme, das grundsätzlich bereit und entschlossen ist, sich selbst und
seine Eigenart zu erhalten.
Im anderen Falle würde das eintreten, was wir Deutschen schon jetzt im großen beklagen müssen, ohne
daß vielleicht der ganze Umfang dieses tragischen Unglücks bisher begriffen worden wäre: daß wir auch
in Zukunft nur Kulturdünger bleiben, nicht nur im Sinne der begrenzten Auffassung unserer heutigen
bürgerlichen Anschauung, die im einzelnen verlorenen Volksgenossen nur den verlorenen Staatsbürger
sieht, sondern im Sinne der schmerzlichsten Erkenntnis, daß dann, trog all unserm Wissen und Können,
unser Blut doch zur Niedersenkung bestimmt ist. Indem wir uns immer wieder mit anderen Rassen
paaren, erheben wir wohl diese aus ihrem bisherigen Kulturniveau auf eine höhere Stufe, sinken aber
von unserer eigenen Höhe für ewig herab.
Übrigens hat auch diese Erziehung unter dem Gesichtspunkte der Rasse ihre letzte Vollendung im
Heeresdienste zu erhalten. Wie denn überhaupt die Militärdienstzeit als Abschluß der normalen
Erziehung des durchschnittlichen Deutschen gelten soll.
×
[477 Staatliche Auslese der Tüchtigen]
So große Bedeutung im völkischen Staat die Art der körperlichen und geistigen Erziehung haben wird,
ebenso wichtig wird auch die Menschenauslese an sich für ihn sein. Heute tut man sich hierin leicht. Im
allgemeinen sind es die Kinder höherstehender, zur Zeit gut situierter Eltern, die wieder einer höheren
Ausbildung für würdig erachtet werden. Fragen des Talents spielen dabei eine untergeordnete Rolle. An
sich kann das Talent immer nur relativ bewertet werden. Ein Bauernjunge kann weit mehr Talente
hesitzen als das Kind von Eltern aus einer seit vielen Generationen gehobenen Lebensstellung, wenn er
auch im allgemeinen Wissen dem Bürgerkind nachsteht. Dessen größeres Wissen hat aber an sich mit
größerem oder geringerem Talent gar nichts zu tun, sondern wurzelt in der wesentlich größeren Fülle
von Eindrücken, die das Kind infolge seiner vielseitigeren Erziehung und reichen Lebensumgehung
ununterbrochen erhält. Würde der talentierte Bauernknabe von klein auf ebenfalls in solcher Umgebung
herangewachsen sein, so wäre seine geistige Leistungsfähigkeit eine ganz andere. Es gibt heute
vielleicht ein einziges Gebiet, auf dem wirklich weniger die Herkunft als vielmehr die eigene
angeborene Begabung entscheidet: das Gebiet der Kunst. Hier, wo man eben nicht bloß "lernen" kann,
sondern alles schon ursprünglich angeboren sein muß und nur später einer mehr oder weniger günstigen
Entwicklung im Sinne weiser Förderung der vorhandenen Anlagen unterliegt, kommt Geld und Gut der
Eltern fast nicht in Betracht. Daher erweist sich hier auch am besten, daß Genialität nicht an höhere
Lebensschichten oder gar an Reichtum gebunden ist. Die größten Künstler stammen nicht selten aus den
ärmsten Häusern. Und mancher kleine Dorfjunge ward später ein vielseitiger Meister.
Es spricht nicht gerade für große Gedankentiefe der Zeit, daß man solche Erkenntnis nicht für das
gesamte geistige Leben nützt. Man meint, das, was bei der Kunst nicht geleugnet werden kann, treffe für
die sogenannten realen Wissenschaften nicht zu. Ohne Zweifel kann man bestimmte
[478 Staatliche Auslese der Tüchtigen]
mechanische Fertigkeiten dem Menschen anerziehen, so wie es einer geschickten Dressur möglich ist,
einem gelehrigen Pudel die unglaublichsten Kunststücke beizubringen. Allein, wie bei dieser
Tierdressur nicht das Verständnis des Tieres aus sich selbst heraus zu solchen Übungen führt, so auch
heim Menschen. Man kann ohne Rücksicht auf ein anderes Talent auch dem Menschen bestimmte
wissenschaftliche Kunststücke beibringen, aber der Vorgang ist dann genau der gleich leblose, innerlich
unbeseelte wie beim Tier. Man kann auf Grund eines bestimmten geistigen Drills einem
Durchschnittsmenschen sogar Über-Durchschnittswissen einbleuen; allein das bleibt eben totes und, im
letzten Grund, unfruchtbares Wissen. Es ergibt dann jenen Menschen, der zwar ein lebendiges Lexikon
sein mag, aber trotzdem in allen besonderen Lagen und entscheidenden Augenblicken des Lebens
jämmerlich versagt; er wird zu jeder, auch der bescheidensten Anforderung immer erst wieder
abgerichtet werden müssen, dagegen aus sich heraus nicht imstande sein, den geringsten Beitrag zur
Weiterbildung der Menschheit zu geben. Solch ein mechanisch eingedrilltes Wissen genügt höchstens
zur Übernahme von Staatsämtern in unserer heutigen Zeit.
Es ist selbstverständlich, daß sich in der Gesamtsumme der Volkszahl einer Nation für alle möglichen
Gebiete des täglichen Lebens Talente finden werden. Es ist weiter selbstverständlich, daß der Wert des
Wissens um so größer sein wird, je mehr das tote Wissen vom entsprechenden Talent des einzelnen
beseelt wird. Schöpferische Leistungen selbst können überhaupt nur entstehen, wenn Fähigkeit und
Wissen eine Ehe bilden.
Wie grenzenlos die heutige Menschheit in dieser Richtung sündigt, mag noch ein Beispiel zeigen. Von
Zeit zu Zeit wird in illustrierten Blättern dem deutschen Spießer vor Augen geführt, daß da und dort zum
erstenmal ein Neger Advokat, Lehrer, gar Pastor, ja Heldentenor oder dergleichen geworden ist.
Während das blödselige Bürgertum eine solche Wunderdressur staunend zur Kenntnis nimmt, voll von
Respekt für dieses fabelhafte Resultat heutiger Erziehungskunst, versteht der Jude sehr schlau, daraus
einen
[479 Staatliche Auslese der Tüchtigen]
neuen Beweis vom der Richtigkeit seiner den Völkern einzutrichternden Theorie von der Gleichheit der
Menschen zu konstruieren. Es dämmert dieser verkommenen bürgerlichen Welt nicht auf, daß es sich
hier wahrhaftig um eine Sünde an jeder Vernunft handelt; daß es ein verbrecherischer Wahnwitz ist,
einen geborenen Halbaffen so lange zu dressieren, bis man glaubt, aus ihm einen Advokaten gemacht zu
haben, während Millionen Angehörige der höchsten Kulturrasse in vollkommen unwürdigen Stellungen
verbleiben müssen; daß es eine Versündigung am Willen des ewigen Schöpfers ist, wenn man
Hunderttausende und Hunderttausende seiner begabtesten Wesen im heutigen proletarischen Sumpf
verkommen läßt, während man Hottentotten und Zulukaffern zu geistigen Berufen hinaufdressiert. Denn
um eine Dressur handelt es sich dabei, genau so wie bei der des Pudels, und nicht um eine
wissenschaftliche "Ausbildung". Die gleiche Mühe und Sorgfalt auf Intelligenzrassen angewendet,
würde jeden einzelnen tausendmal eher zu gleichen Leistungen befähigen.
So unerträglich aber dieser Zustand wäre, wenn es sich dabei jemals um mehr als um Ausnahmen
handeln würde, so unerträglich ist er schon heute da, wo nicht Talent und Veranlagung für die höhere
Ausbildung entscheiden. Jawohl, unerträglich ist der Gedanke, daß alljährlich Hunderttausende
vollständig talentloser Menschen einer höheren Ausbildung gewürdigt werden, während andere
Hunderttausende von großer Begabung ohne jede höhere Ausbildung bleiben. Der Verlust, den die
Nation dadurch erleidet, ist nicht abzuschätzen. Wenn in den letzten Jahrzehnten der Reichtum an
bedeutenden Erfindungen besonders in Nordamerika außerordentlich zunahm, dann nicht zuletzt
deshalb, weil dort wesentlich mehr Talente aus untersten Schichten die Möglichkeit einer höheren
Ausbildung finden, als dies in Europa der Fall ist.
Zum Erfinden genügt eben nicht eingetrichtertes Wissen, sondern nur das vom Talent beseelte. Darauf
aber legt man bei uns heute keinen Wert; die gute Note allein soll es ausmachen.
[480 Staatliche Auslese der Tüchtigen]
Auch hier wird der völkische Staat einst erziehend einzugreifen haben. Er hat nicht die Aufgabe, einer
bestehenden Gesellschaftsklasse den maßgebenden Einfluß zu wahren, sondern die Aufgabe, aus der
Summe aller Volksgenossen die fähigsten Köpfe herauszuholen und zu Amt und Würden zu bringen. Er
hat nicht nur die Verpflichtung, dem Durchschnittskind in der Volksschule eine bestimmte Erziehung zu
geben, sondern auch die Pflicht, das Talent auf die Bahn zu bringen, auf die es gehört. Er hat es vor
allem als seine höchste Aufgabe zu betrachten, die Tore der staatlichen höheren Unterrichtsanstalten
jeder Begabung zu öffnen, ganz gleich, aus welchen Kreisen sie stammen möge. Er muß diese Aufgabe
erfüllen, da nur so aus der Schicht von Repräsentanten eines toten Wissens die geniale Führung der
Nation erwachsen kann.
Auch aus einem weiteren Grunde muß der Staat in dieser Richtung Vorsorge treffen: Unsere geistigen
Schichten sind besonders in Deutschland so in sich abgeschlossen und verkalkt, daß ihnen die lebendige
Verbindung nach unten fehlt. Dies rächt sich nach zwei Seiten hin: Erstens fehlt ihnen dadurch das
Verständnis und die Empfindung für die breite Masse. Sie sind zu lange schon aus diesem
Zusammenhang herausgerissen, als daß sie noch das nötige psychologische Verständnis für das Volk
besitzen könnten. Sie sind volksfremd geworden. Es fehlt diesen oberen Schichten aber zweitens auch
die nötige Willenskraft. Denn diese ist in abgekasteten Intelligenzkreisen immer schwächer als in der
Masse des primitiven Volkes. An wissenschaftlicher Bildung aber hat es uns Deutschen wahrhaftiger
Gott nie gefehlt, desto mehr jedoch an Willens- und Entschlußkraft. Je "geistvoller" zum Beispiel unsere
Staatsmänner waren, um so schwächlicher war meistens ihre wirkliche Leistung. Die politische
Vorbereitung sowohl als die technische Rüstung für den Weltkrieg war nicht deswegen ungenügend,
weil etwa zu wenig gebildete Köpfe unser Volk regierten, sondern vielmehr, weil die Regierenden
überbildete Menschen waren, vollgepfropft von Wissen und
[481 Volksverbundenheit der katholischen Kirche]
Geist, aber bar jedes gesunden Instinkts und ledig jeder Energie und Kühnheit. Es war ein Verhängnis,
daß unser Volk seinen Daseinskampf ausfechten mußte unter der Reichskanzlerschaft eines
philosophierenden Schwächlings. Hätten wir an Stelle eines Bethmann Hollweg einen robusteren
Volksmann als Führer besessen, würde das Heldenblut des gemeinen Grenadiers nicht umsonst
geflossen sein. Ebenso war die übertrieben reingeistige Hochzüchtung unseres Führermaterials der beste
Bundesgenosse für die revolutionierenden Novemberlumpen. Indem diese Geistigkeit das ihr
anvertraute nationale Gut in der schmählichsten Weise zurückhielt, statt es voll und ganz einzusehen,
schuf sie selber die Voraussetzung zum Erfolge der anderen.
Hier kann die katholische Kirche als vorbildliches Lehrbeispiel gelten. In der Ehelosigkeit ihrer Priester
liegt der Zwang begründet, den Nachwuchs für die Geistlichkeit statt aus den eigenen Reihen immer
wieder aus der Masse des breiten Volkes holen zu müssen. Gerade diese Bedeutung des Zölibats wird
aber von den meisten gar nicht erkannt. Sie ist die Ursache der unglaublich rüstigen Kraft, die in dieser
uralten Institution wohnt. Denn dadurch, daß dieses Riesenheer geistlicher Würdenträger sich
ununterbrochen aus den untersten Schichten der Völker heraus ergänzt, erhält sich die Kirche nicht nur
die Instinkt-Verbundenheit mit der Gefühlswelt des Volkes, sondern sichert sich auch eine Summe von
Energie und Tatkraft, die in solcher Form ewig nur in der breiten Masse des Volkes vorhanden sein
wird. Daher stammt die staunenswerte Jugendlichkeit dieses Riesenorganismus, die geistige
Schmiegsamkeit und stählerne Willenskraft.
Es wird die Aufgabe eines völkischen Staates sein, in seinem Unterrichtswesen dafür Sorge zu tragen,
daß eine dauernde Erneuerung der bestehenden geistigen Schichten durch frische Blutzufuhr von unten
stattfindet. Der Staat hat die Verpflichtung mit äußerster Sorgfalt und Genauigkeit aus der Gesamtzahl
der Volksgenossen das von Natur aus ersichtlich befähigte
[482 Wertung der Arbeit]
Menschenmaterial herauszusieben und im Dienste der Allgemeinheit zu verwenden. Denn Staat und
Staatsmänner sind nicht dazu da, einzelnen Klassen ein Unterkommen zu ermöglichen, sondern den
ihnen zukommenden Aufgaben zu genügen. Das aber wird nur möglich sein, wenn zu ihren Trägern
grundsätzlich nur fähige und willensstarke Persönlichkeiten herangebildet werden. Dies gilt nicht nur für
alle Beamtenstellen, sondern für die geistige Führung der Nation überhaupt auf allen Gebieten. Auch
darin liegt ein Faktor für die Größe eines Volkes, daß es gelingt, die fähigsten Köpfe für die ihnen
liegenden Gebiete auszubilden und in den Dienst der Volksgemeinschaft zu stellen. Wenn zwei Völker
miteinander konkurrieren, die an sich gleich gut veranlagt sind, so wird dasjenige den Sieg erringen, das
in seiner gesamten geistigen Führung seine besten Talente vertreten hat, und dasjenige unterliegen,
dessen Führung nur eine große gemeinsame Futterkrippe für bestimmte Stände oder Klassen darstellt,
ohne Rücksicht auf die angeborenen Fähigkeiten der einzelnen Träger.
Freilich erscheint dies in unserer heutigen Welt zunächst unmöglich. Man wird sofort einwerfen. daß
man dem Söhnchen, zum Beispiel eines höheren Staatsbeamten, doch nicht zumuten dürfe, sagen wir,
Handwerker zu werden, weil irgendein anderer, dessen Eltern Handwerker waren, befähigter erscheint.
Das mag bei der heutigen Einschätzung der Handarbeit zutreffen. Daher wird auch der völkische Staat
zu einer prinzipiell anderen Einstellung dem Begriff Arbeit gegenüber gelangen müssen. Er wird, wenn
notwendig selbst durch jahrhundertelange Erziehung, mit dem Unfug, körperliche Tätigkeit zu
mißachten, brechen müssen. Er wird grundsätzlich den einzelnen Menschen nicht nach der Art seiner
Arbeit, sondern nach Form und Güte der Leistung zu bewerten haben. Dies mag einer Zeit ganz
ungeheuerlich
[483 Wertung der Arbeit]
erscheinen, welcher der geistloseste Kolonnenschreiber nur deshalb, weil er mit der Feder arbeitet, mehr
gilt als der intelligenteste Feinmechaniker. Diese falsche Einschätzung liegt aber, wie gesagt, nicht in
der Natur der Dinge, sondern ist künstlich anerzogen und war früher nicht vorhanden. Der jetzige
unnatürliche Zustand beruht eben auf den allgemeinen Krankheitserscheinungen unserer
vermaterialisierten Zeit.
Grundsätzlich ist der Wert jeder Arbeit ein doppelter: ein rein materieller und ein ideeller. Der materielle
Wert beruht in der Bedeutung, und zwar der materiellen Bedeutung einer Arbeit für das Leben der
Gesamtheit. Je mehr Volksgenossen aus einer bestimmten vollbrachten Leistung Nutzen ziehen, und
zwar direkten und indirekten, um so größer ist der materielle Wert einzuschätzen. Diese Einschätzung
findet ihrerseits den plastischen Ausdruck im materiellen Lohn, welchen der einzelne für seine Arbeit
erhält. Diesem rein materiellen Wert steht nun gegenüber der ideelle. Er beruht nicht auf der Bedeutung
der geleisteten Arbeit materiell gemessen, sondern auf ihrer Notwendigkeit an sich. So sicher der
materielle Nutzen einer Erfindung größer sein kann als der eines alltäglichen Handlangerdienstes, so
sicher ist die Gesamtheit doch auf diesen kleinsten Dienst genau so angewiesen wie auf jenen größten.
Sie mag materiell einen Unterschied treffen in der Bewertung des Nutzens der einzelnen Arbeit für die
Gesamtheit und kann dem durch die jeweilige Entlohnung Ausdruck verleihen; sie muß aber ideell die
Gleichheit aller feststellen in dem Augenblick, in dem jeder einzelne sich bemüht, auf seinem Gebiete
— welches immer es auch sein mag — sein Bestes zu tun. Darauf aber hat die Wertschätzung eines
Menschen zu beruhen, und nicht auf der Entlohnung.
Da in einem vernünftigen Staat die Sorge dahin gehen soll, dem einzelnen die Tätigkeit zuzuweisen, die
seiner Fähigkeit entspricht, oder, anders ausgedrückt, die fähigen Köpfe für die ihnen liegende Arbeit
auszubilden, die Fähigkeit aber prinzipiell nicht anerzogen, sondern angeboren sein muß, mithin ein
Geschenk der Natur und nicht
[484 Wertung der Arbeit]
ein Verdienst des Menschen ist, so kann sich die allgemeine bürgerliche Einschätzung auch nicht nach
der dem einzelnen gewissermaßen überwiesenen Arbeit richten. Denn diese Arbeit fällt auf das Konto
seiner Geburt sowie auf die dadurch veranlaßte Ausbildung, die er durch die Allgemeinheit erhielt. Die
Wertschätzung des Menschen muß begründet werden auf der Art und Weise, in der er seiner ihm von
der Allgemeinheit überantworteten Aufgabe gerecht wird. Denn die Tätigkeit, welche der einzelne
verrichtet, ist nicht der Zweck seines Daseins, sondern nur das Mittel dazu. Vielmehr soll er sich als
Mensch weiterbilden und weiterveredeln, kann dies aber nur im Rahmen seiner Kulturgemeinschaft, die
immer auf dem Fundament eines Staates beruhen muß. Zur Erhaltung dieses Fundamentes hat er seinen
Beitrag zu leisten. Die Form dieses Beitrags bestimmt die Natur; an ihm liegt es nur, mit Fleiß und
Redlichkeit der Volksgemeinschaft zurückzuerstatten, was sie ihm selbst gegeben hat. Wer dieses tut,
verdient höchste Wertschätzung und höchste Achtung. Der materielle Lohn mag dem zugebilligt
werden, dessen Leistung für die Gesamtheit entsprechenden Nutzen trägt; der ideelle jedoch muß in der
Wertschätzung liegen, die jeder beanspruchen kann, der die Kräfte, welche die Natur ihm gab und die
Volksgemeinschaft zur Ausbildung brachte, dem Dienste seines Volkstums widmet. Dann aber ist es
keine Schande mehr, ein ordentlicher Handwerker zu sein, aber wohl eine, als unfähiger Beamter dem
lieben Gott den Tag und dem guten Volk das tägliche Brot zu stehlen. Dann wird man es auch für
selbstverständlich halten, daß ein Mensch nicht Aufgaben zugewiesen erhält, denen er von vornherein
nicht gewachsen ist.
Im übrigen gibt solche Tätigkeit auch den einzigen Maßstab für das Recht bei der allgemeinen gleichen
rechtlichen bürgerlichen Betätigung.
Die heutige Zeit baut sich ja selber ab; sie führt ein allgemeines Wahlrecht ein, schwätzt von gleichen
Rechten, fin-
[485 Wertung der Arbeit]
det aber doch keine Begründung für dieselben. Sie sieht im materiellen Lohn den Ausdruck des Wertes
eines Menschen und zertrümmert sich dadurch die Grundlage für die edelste Gleichheit, die es
überhaupt geben kann. Denn Gleichheit beruht nicht und kann niemals beruhen auf den Leistungen der
einzelnen an sich, aber sie ist möglich in der Form, in der jeder seine besonderen Verpflichtungen
erfüllt. Nur dadurch wird der Zufall der Natur bei der Beurteilung des Wertes des Menschen
ausgeschaltet und der einzelne selbst zum Schmied seiner Bedeutung gemacht.
In der heutigen Zeit, da sich ganze Menschengruppen gegenseitig nur mehr nach Gehaltsgruppen zu
würdigen wissen, hat man dafür — wie schon gesagt — kein Verständnis. Allein für uns darf dies kein
Grund sein, auf die Vertretung unserer Gedanken zu verzichten. Im Gegenteil: Wer diese Zeit, die
innerlich krank und faul ist, heilen will, muß zunächst den Mut aufbringen, die Ursachen dieses Leides
klarzulegen. Das aber soll die Sorge der nationalsozialistischen Bewegung sein: über alle Spießbürgerei
hinweg, aus unserem Volkstum heraus, diejenigen Kräfte zu sammeln und zu ordnen, die als
Vorkämpfer einer neuen Weltanschauung befähigt sind.
×
Allerdings wird man den Einwand bringen, daß sich im allgemeinen die ideelle Einschätzung von der
materiellen schwer trennen lasse, ja, daß die sinkende Wertschätzung der körperlichen Arbeit gerade
durch ihre mindere Entlohnung hervorgerufen würde. Diese mindere Entlohnung sei selber wieder die
Ursache für eine Beschränkung der Teilnahme des einzelnen Menschen an den Kulturgütern seiner
Nation. Dadurch aber werde gerade die ideelle Kultur des Menschen beeinträchtigt, die mit seiner
Tätigkeit an sich nichts zu tun haben brauche. Die Scheu vor körperlicher Arbeit sei erst recht darin
begründet, daß, infolge der
[486 Staffelung des Verdienstes]
schlechteren Entlohnung, das Kulturniveau des Handarbeiters zwangsläufig heruntergedrückt werde und
dadurch die Rechtfertigung einer allgemeinen minderen Einschätzung gegeben sei.
Darin liegt sehr viel Wahrheit. Gerade deshalb wird man aber in der Zukunft sich vor einer zu großen
Differenzierung der Lohnverhältnisse hüten müssen. Man sage nicht, daß damit die Leistungen
ausbleiben würden. Das wäre das traurigste Zeichen des Verfalls einer Zeit, wenn der Antrieb zu einer
höheren geistigen Leistung nur mehr im höheren Lohn läge. Wenn dieser Gesichtspunkt bisher auf
dieser Welt der einzig maßgebende gewesen wäre, würde die Menschheit ihre größten
wissenschaftlichen und kulturellen Güter niemals empfangen haben. Denn die größten Erfindungen, die
größten Entdeckungen, die umwälzendsten wissenschaftlichen Arbeiten, die herrlichsten Denkmäler
menschlicher Kultur sind nicht aus dem Drange nach Geld der Welt gegeben worden. Im Gegenteil, ihre
Geburt bedeutete nicht selten geradezu den Verzicht auf das irdische Glück des Reichtums.
Es mag sein, daß heute das Gold der ausschließliche Regent des Lebens geworden ist, doch wird
dereinst der Mensch sich wieder vor höheren Göttern beugen. Vieles mag heute nur dem Sehnen nach
Geld und Vermögen sein Dasein verdanken, aber es ist wohl nur wenig darunter, dessen
Nichtvorhandensein die Menschheit ärmer sein ließe.
Auch dies ist eine Aufgabe unserer Bewegung, daß sie schon heute von einer Zeit künde, die dem
einzelnen das geben wird, was er zum Leben braucht, aber dabei den Grundsatz hochhält, daß der
Mensch nicht ausschließlich um materieller Genüsse willen lebt. Dies soll dereinst seinen Ausdruck in
einer weise beschränkten Staffelung der Verdienste finden, die auch dem letzten redlich Arbeitenden auf
alle Fälle ein ehrliches, ordentliches Dasein als Volksgenosse und Mensch ermöglicht.
Man sage ja nicht, daß dies ein Idealzustand sei, wie ihn diese Welt praktisch nicht vertrüge und
tatsächlich nie erreichen werde.
[487 Ideal und Wirklichkeit]
Auch wir sind nicht so einfältig, zu glauben, daß es gelingen könnte, jemals ein fehlerloses Zeitalter
herbeizuführen. Allein dies entbindet nicht von der Verpflichtung, erkannte Fehler zu bekämpfen,
Schwächen zu überwinden und dem Ideal zuzustreben. Die herbe Wirklichkeit wird von sich aus nur zu
viele Einschränkungen herbeiführen. Gerade deshalb aber muß der Mensch erst recht versuchen, dem
letzten Ziel zu dienen, und Fehlschläge dürfen ihn von seiner Absicht so wenig abbringen, als er auf eine
Justiz verzichten kann, nur weil ihr auch Irrtümer unterlaufen, und so wenig man die Arznei verwirft,
weil es dennoch. immer Krankheit geben wird.
Man hüte sich, die Kraft eines Ideals zu niedrig einzuschätzen. Wer in dieser Hinsicht heute kleinmütig
wird, den möchte ich, falls er einst Soldat war, zurückerinnern an eine Zeit, deren Heldentum das
überwältigendste Bekenntnis zur Kraft idealer Motive darstellte. Denn, was die Menschen damals
sterben ließ, war nicht die Sorge um das tägliche Brot, sondern die Liebe zum Vaterland, der Glaube an
die Größe desselben, das allgemeine Gefühl für die Ehre der Nation. Und erst als das deutsche Volk sich
von diesen Idealen entfernte, um den realen Versprechungen der Revolution zu folgen, und die Waffe
mit dem Rucksack vertauschte, kam es, statt in einen irdischen Himmel, ins Fegfeuer der allgemeinen
Verachtung und nicht minder der allgemeinen Not.
Deshalb ist es aber erst recht notwendig, den Rechenmeistern der derzeitigen realen Republik den
Glauben an ein ideales Reich gegenüberzustellen.
[488]

3. Kapitel:
Staatsangehöriger und Staatsbürger
Im allgemeinen kennt das Gebilde, das heute fälschlicherweise als Staat bezeichnet wird, nur zwei Arten
von Menschen: Staatsbürger und Ausländer. Staatsbürger sind alle diejenigen, die entweder durch ihre
Geburt oder durch spätere Einbürgerung das Staatsbürgerrecht besitzen; Ausländer sind alle diejenigen,
die dieses gleiche Recht in einem anderen Staate genießen. Dazwischen gibt es dann noch
kometenähnliche Erscheinungen, die sogenannten Staatenlosen. Das sind Menschen, die die Ehre haben,
keinem der heutigen Staaten anzugehören, also nirgends ein Staatsbürgerrecht besitzen.
Das Staatsbürgerrecht wird heute, wie schon oben erwähnt, in erster Linie durch die Geburt innerhalb
der Grenzen eines Staates erworben. Rasse oder Volkszugehörigkeit spielen dabei überhaupt keine
Rolle. Ein Neger, der früher in den deutschen Schutzgebieten lebte, nun in Deutschland seinen Wohnsitz
hat, setzt damit in seinem Kind einen "deutschen Staatsbürger" in die Welt. Ebenso kann jedes Judenoder
Polen-, Afrikaner- oder Asiatenkind ohne weiteres zum deutschen Staatsbürger deklariert werden.
Außer der Einbürgerung durch Geburt besteht noch die Möglichkeit der späteren Einbürgerung. Sie ist
an verschiedene Vorbedingungen gebunden, zum Beispiel daran, daß der in Aussicht genommene
Kandidat wenn möglich kein Einbrecher oder Zuhälter ist, daß er weiter politisch unbedenklich, d. h.
also ein harmloser politischer Trottel ist, daß er endlich nicht seiner neuen staatsbürgerlichen Heimat zur
Last fällt. Gemeint ist damit in diesem realen Zeitalter natürlich nur die finanzielle Belastung. Ja, es gilt
so-
[489 Wie man heute Staatsbürger wird]
gar als förderliche Empfehlung, einen vermutlich guten künftigen Steuerzahler vorzustellen, um die
Erwerbung einer heutigen Staatsbürgerschaft zu beschleunigen.
Rassische Bedenken spielen dabei überhaupt keine Rolle.
Der ganze Vorgang der Erwerbung des Staatsbürgertums vollzieht sich nicht viel anders als der der
Aufnahme zum Beispiel in einen Automobilklub. Der Mann macht seine Angaben, diese werden geprüft
und begutachtet, und eines Tages wird ihm dann auf einem Handzettel zur Kenntnis gebracht, daß er
Staatsbürger geworden sei, wobei man dies noch in eine witzig-ulkige Form kleidet. Man teilt dem in
Frage kommenden bisherigen Zulukaffer nämlich mit: "Sie sind hiermit Deutscher geworden!"Dieses
Zauberstück bringt ein Staatspräsident fertig. Was kein Himmel schaffen könnte, das verwandelt solch
ein beamteter Theophrastus Paracelsus im Handumdrehen. Ein einfacher Federwisch, und aus einem
mongolischen Wenzel ist plötzlich ein richtiger "Deutscher" geworden.
Aber nicht nur, daß man sich um die Rasse eines solchen neuen Staatsbürgers nicht kümmert, man
beachtet nicht einmal seine körperliche Gesundheit. Es mag so ein Kerl syphilitisch zerfressen sein wie
er will, für den heutigen Staat ist er dennoch als Bürger hochwillkommen, sofern er, wie schon gesagt,
finanziell keine Belastung und politisch keine Gefahr bedeutet.
So nehmen alljährlich diese Gebilde, Staat genannt, Giftstoffe in sich auf, die sie kaum mehr zu
überwinden vermögen.
Der Staatsbürger selber unterscheidet sich dann vom Ausländer noch dadurch, daß ihm der Weg zu allen
öffentlichen Ämtern freigegeben ist, daß er eventuell der Heeresdienstpflicht genügen muß und sich
weiter dafür aktiv und passiv an Wahlen beteiligen kann. Im großen und ganzen ist dies alles. Denn den
Schutz der persönlichen Rechte und der persönlichen Freiheit genießt der Ausländer ebenso, nicht selten
sogar mehr; jedenfalls trifft dies in unserer heutigen deutschen Republik zu.
Ich weiß, daß man dieses alles ungern hört; allein
[490 Bürger — Staatsangehöriger — Ausländer]
etwas Gedankenloseres, ja Hirnverbrannteres als unser heutiges Staatsbürgerrecht ist schwerlich
vorhanden. Es gibt zur Zeit einen Staat, in dem wenigstens schwache Ansätze für eine bessere
Auffassung bemerkbar sind. Natürlich ist dies nicht unsere vorbildliche deutsche Republik, sondern die
amerikanische Union, in der man sich bemüht, wenigstens teilweise wieder die Vernunft zu Rate zu
ziehen. Indem die amerikanische Union gesundheitlich schlechten Elementen die Einwanderung
grundsätzlich verweigert, von der Einbürgerung aber bestimmte Rassen einfach ausschließt, bekennt sie
sich in leisen Anfängen bereits zu einer Auffassung, die dem völkischen Staatsbegriff zu eigen ist.
Der völkische Staat teilt seine Bewohner in drei Klassen: in Staatsbürger, Staatsangehörige und
Ausländer.
Durch die Geburt wird grundsätzlich nur die Staatsangehörigkeit erworben. Die Staatsangehörigkeit als
solche berechtigt noch nicht zur Führung öffentlicher Ämter, auch nicht zur politischen Betätigung im
Sinne einer Teilnahme an Wahlen, in aktiver sowohl als in passiver Hinsicht. Grundsätzlich ist bei
jedem Staatsangehörigen Rasse und Nationalität festzustellen. Es steht dem Staatsangehörigen jederzeit
frei, auf seine Staatsangehörigkeit zu verzichten und Staatsbürger in dem Lande zu werden, dessen
Nationalität der seinen entspricht. Der Ausländer unterscheidet sich vom Staatsangehörigen nur dadurch,
daß er eine Staatsangehörigkeit in einem fremden Staate besitzt.
Der junge Staatsangehörige deutscher Nationalität ist verpflichtet, die jedem Deutschen vorgeschriebene
Schulbildung durchzumachen. Er unterwirft sich damit der Erziehung zum rassen- und
nationalbewußten Volksgenossen. Er hat später den vom Staate vorgeschriebenen weiteren körperlichen
Übungen zu genügen und tritt endlich in das Heer ein. Die Ausbildung im Heere ist eine allgemeine; sie
hat jeden einzelnen Deutschen zu erfassen und, für den seiner körperlichen und geistigen Fähigkeit nach
möglichen militärischen Verwendungsbereich zu erziehen. Dem unbescholte-
[491 Der Staatsbürger Herr des Reiches]
nen gesunden jungen Mann wird daraufhin nach Vollendung seiner Heerespflicht in feierlichster Weise
das Staatsbürgerrecht verliehen. Es ist die wertvollste Urkunde für sein ganzes irdisches Leben. Er tritt
damit ein in alle Rechte des Staatsbürgers und nimmt teil an allen Vorzügen desselben. Denn der Staat
muß einen scharfen Unterschied zwischen denen machen, die als Volksgenossen Ursache und Träger
seines Daseins und seiner Größe sind, und solchen, die nur als "verdienende" Elemente innerhalb eines
Staates ihren Aufenthalt nehmen.
Die Verleihung der Staatsbürgerurkunde ist zu verbinden mit einer weihevollen Vereidigung auf die
Volksgemeinschaft und auf den Staat. In dieser Urkunde muß ein alle sonstigen Klüfte überbrückendes
gemeinsam umschlingendes Band liegen. Es muß eine größere Ehre sein, als Straßenfeger Bürger dieses
Reiches zu sein, als König in einem fremden Staate.
Der Staatsbürger ist gegenüber dem Ausländer bevorrechtigt. Er ist der Herr des Reiches. Diese höhere
Würde verpflichtet aber auch. Der Ehr- und Charakterlose, der gemeine Verbrecher, der
Vaterlandsverräter usw. kann dieser Ehre jederzeit entkleidet werden. Er wird damit wieder
Staatsangehöriger.
Das deutsche Mädchen ist Staatsangehörige und wird mit ihrer Verheiratung erst Bürgerin. Doch kann
auch den im Erwerbsleben stehenden weiblichen deutschen Staatsangehörigen das Bürgerrecht verliehen
werden.
[492]

4. Kapitel:
Persönlichkeit und völkischer Staatsgedanke
Wenn der völkisch-nationalsozialistische Staat seine Hauptaufgabe in der Heranbildung und Erhaltung
des Trägers des Staates sieht, dann genügt es nicht allein, die rassischen Elemente als solche zu fördern,
dann zu erziehen und endlich für das praktische Leben auszubilden, sondern es ist notwendig, daß er
seine eigene Organisation mit dieser Aufgabe in Einklang bringt.
Es wäre ein Wahnwitz, den Wert des Menschen nach seiner Rassenzugehörigkeit abschätzen zu wollen,
mithin dem marxistischen Standpunkt: Mensch ist gleich Mensch den Krieg zu erklären, wenn man dann
doch nicht entschlossen ist, auch die letzten Konsequenzen zu ziehen. Die letzte Konsequenz der
Anerkennung der Bedeutung des Blutes, also der rassenmäßigen Grundlage im allgemeinen, ist aber die
Übertragung dieser Einschätzung auf die einzelne Person. So wie ich im allgemeinen die Völker auf
Grund ihrer rassischen Zugehörigkeit verschieden bewerten muß, so auch die einzelnen Menschen
innerhalb einer Volksgemeinschaft. Die Feststellung, daß Volk nicht gleich Volk ist, überträgt sich dann
auf den einzelnen Menschen innerhalb einer Volksgemeinschaft etwa in dem Sinne, daß Kopf nicht
gleich Kopf sein kann, weil auch hier die blutsmäßigen Bestandteile wohl in großen Linien die gleichen
sind, allein im einzelnen doch tausendfältigen feinsten Differenzierungen unterliegen.
Die erste Konsequenz dieser Erkenntnis ist zugleich die, ich möchte sagen, gröbere, nämlich der
Versuch, die inner-
[493 Aufbau nach aristokratischem Prinzip]
halb der Volksgemeinschaft als rassisch besonders wertvoll erkannten Elemente maßgeblichst zu
fördern und für ihre besondere Vermehrung Sorge zu tragen.
Gröber ist diese Aufgabe deshalb, weil sie fast mechanisch erkannt und gelöst zu werden vermag.
Schwieriger ist es, aus der Gesamtheit aller die geistig und ideell wirklich wertvollsten Köpfe zu
erkennen und ihnen jenen Einfluß einzuräumen, der nicht nur diesen überlegenen Geistern an sich
zukommt, sondern der vor allem der Nation von Nutzen ist. Diese Siebung nach Fähigkeit und
Tüchtigkeit kann nicht mechanisch vorgenommen werden, sondern ist eine Arbeit, die der Kampf des
täglichen Lebens ununterbrochen besorgt.
Eine Weltanschauung, die sich bestrebt, unter Ablehnung des demokratischen Massengedankens, dem
besten Volk, also den höchsten Menschen, diese Erde zu geben, muß logischerweise auch innerhalb
dieses Volkes wieder dem gleichen aristokratischen Prinzip gehorchen und den besten Köpfen die
Führung und den höchsten Einfluß im betreffenden Volk sichern. Damit baut sie nicht auf dem
Gedanken der Majorität, sondern auf dem der Persönlichkeit auf.
Wer heute glaubt, daß sich ein völkischer, nationalsozialistischer Staat etwa nur rein mechanisch durch
eine bessere Konstruktion seines Wirtschaftslebens von anderen Staaten zu unterscheiden hätte, also
durch einen besseren Ausgleich von Reichtum und Armut oder durch mehr Mitbestimmungsrecht breiter
Schichten am Wirtschaftsprozeß oder durch gerechtere Entlohnung, durch Beseitigung von zu großen
Lohndifferenzen, der ist im Alleräußerlichsten steckengeblieben und hat keine blasse Ahnung von dem,
was wir als Weltanschauung zu bezeichnen haben. All das eben Geschilderte bietet nicht die geringste
Sicherheit für dauernden Bestand und noch viel weniger den Anspruch auf Größe. Ein Volk, das nur in
diesen wirklich äußeren Reformen haften bliebe, würde damit nicht im geringsten eine Garantie für den
Sieg dieses Volkes im allgemeinen Völkerringen erhalten.
[494 Aufbau nach aristokratischem Prinzip]
Eine Bewegung, die nur in einer derartigen allgemein ausgleichenden und sicherlich gerechten
Entwicklung den Inhalt ihrer Mission empfindet, wird in Wahrheit keine gewaltige und keine wirkliche,
weil nicht tiefe Reform der bestehenden Zustände herbeiführen, da ihr ganzes Handeln am Ende nur in
Äußerlichkeiten steckenbleibt, ohne dem Volk jenes innere Gerüstetsein zu verschaffen, das es, ich
möchte fast sagen, mit zwangsläufiger Sicherheit endgültig jene Schwächen überwinden läßt, unter
denen wir heute zu leiden haben.
Um dies leichter zu verstehen, ist es vielleicht zweckmäßig, noch einmal einen Blick auf die wirklichen
Ursprünge und Ursachen der menschlichen Kulturentwicklung zu werfen.
Der erste Schritt, der den Menschen äußerlich sichtbar vom Tiere entfernte, war der zur Erfindung. Die
Erfindung selbst beruht ursprünglich auf dem Finden von Listen und Finten, deren Anwendung den
Kampf um das Leben mit anderen Wesen erleichtert und manches Mal überhaupt erst günstig verlaufen
läßt. Diese allerprimitivsten Erfindungen lassen die Person deshalb noch nicht genügend klar in
Erscheinung treten, weil sie dem nachträglichen oder besser dem heutigen menschlichen Beobachter
natürlich erst als Massenerscheinung zum Bewußtsein kommen. Gewisse Schliche und schlaue
Maßregeln, die der Mensch zum Beispiel am Tier beobachten kann, fallen ihm erst summarisch als
Tatsache ins Auge, und er ist nicht mehr in der Lage, ihren Ursprung festzustellen oder zu erforschen,
sondern behilft sich einfach damit, daß er solche Vorgänge als "instinktive" bezeichnet.
Dieses letztere Wort besagt nun in unserem Falle gar nichts. Denn wer an eine höhere Entwicklung der
Lebewesen glaubt, der muß zugeben, daß jede Äußerung ihres Lebensdranges und -kampfes einmal
einen Beginn gehabt haben muß; daß ein Subjekt damit angefangen haben wird, und daß sich dann ein
solcher Vorgang immer öfter wiederholte und immer mehr ausbreitete, bis er endlich fast in das
Unterbewußtsein aller Angehörigen einer be-
[495 Persönlichkeit und Kulturfortschritt]
stimmten Art überging, um dann als Instinkt in Erscheinung zu treten.
Leichter wird man dies beim Menschen selbst verstehen und glauben. Seine ersten klugen Maßnahmen
im Kampfe mit anderen Tieren — sie sind sicher ihrem Ursprunge nach Handlungen einzelner
besonders fähiger Subjekte gewesen. Die Persönlichkeit war einst auch hier unbedingt das
Veranlassende zu Entschlüssen und Ausführungen, die später als ganz selbstverständlich von der ganzen
Menschheit übernommen wurden. Genau so wie irgendeine militärische Selbstverständlichkeit, die
heute meinetwegen die Grundlage jedweder Strategie geworden ist, ursprünglich dennoch einem ganz
bestimmten Kopf ihre Entstehung verdankte und nur im Laufe von vielen, vielleicht sogar Tausenden
von Jahren einfach als vollkommen selbstverständlich allgemein geltend wurde.
Dieses erste Empfinden ergänzt der Mensch durch ein zweites: er lernt andere Dinge und auch
Lebewesen in den Dienst seines eigenen Lebenserhaltungskampfes einstellen; und damit beginnt die
eigentliche Erfindertätigkeit der Menschen, die wir heute allgemein sichtbar vor Augen haben. Diese
materiellen Erfindungen, die von der Verwendung des Steines als Waffe ausgehen, die zur Zähmung
von Tieren führen, das Feuer durch künstliche Erzeugung dem Menschen geben und so fort bis zu den
vielfältigen und staunenswerten Erfindungen unserer Tage, lassen um so klarer die Person als Träger
solchen Schaffens erkennen, je näher die einzelnen Erfindungen unserer heutigen Zeit liegen oder je
bedeutender und einschneidender sie sind. Wir wissen also jedenfalls: Was wir an materiellen
Erfindungen um uns sehen, ist alles das Ergebnis der schöpferischen Kraft und Fähigkeit der einzelnen
Person. Und alle diese Erfindungen, sie helfen im letzten Grunde mit, den Menschen über das Niveau
der Tierwelt mehr und mehr zu erheben, ja ihn endgültig davon zu entfernen. Sie dienen somit ihm
tiefsten Grunde der sich dauernd vollziehenden höheren Menschwerdung. Aber selbst das, was einst als
einfachste Finte den im Urwald jagenden
[496 Wert der Persönlichkeit]
Menschen den Kampf um das Dasein erleichterte, hilft in Gestalt geistvoller wissenschaftlicher
Erkenntnisse der Jetztzeit wieder mit, den Kampf der Menschheit um ihr heutiges Dasein zu erleichtern
und die Waffen zu schmieden für die Kämpfe der Zukunft. Alles menschliche Denken und Erfinden
dient in seinen letzten Auswirkungen zunächst dem Lebenskampf des Menschen auf diesem Planeten,
auch wenn der sogenannte reale Nutzen einer Erfindung oder einer Entdeckung oder einer tiefen
wissenschaftlichen Einsicht in das Wesen der Dinge im Augenblicke nicht sichtbar ist. Indem alles
zusammen mithilft, den Menschen mehr und mehr aus dem Rahmen der ihn umgebenden Lebewesen zu
erheben, stärkt es und festigt es seine Stellung so, daß er in jeglicher Hinsicht zum dominierenden
Wesen auf dieser Erde sich auswächst.
Alle Erfindungen sind also das Ergebnis des Schaffens einer Person. Alle diese Personen selbst sind, ob
gewollt oder ungewollt, mehr oder minder große Wohltäter aller Menschen. Ihr Wirken gibt Millionen,
ja Milliarden von menschlichen Lebewesen später Hilfsmittel zur Erleichterung der Durchführung ihres
Lebenskampfes in die Hand.
Wenn wir im Ursprung der heutigen materiellen Kultur immer einzelne Personen als Erfinder sehen, die
sich dann gegenseitig ergänzen und einer auf dem anderen wieder weiterbauen, dann aber genau so in
der Ausübung und Durchführung der von den Erfindern erdachten und entdeckten Dinge. Denn auch
sämtliche Produktionsprozesse sind in ihrem Ursprung selbst wieder Erfindungen gleichzusetzen und
damit abhängig von der Person. Auch die rein theoretische gedankliche Arbeit, die, im einzelnen gar
nicht meßbar, dennoch die Voraussetzung für alle weiteren materiellen Erfindungen ist, erscheint wieder
als das ausschließliche Produkt der Einzelperson. Nicht die Masse erfindet und nicht die Majorität
organisiert oder denkt, sondern in allem immer nur der einzelne Mensch, die Person.
Eine menschliche Gemeinschaft erscheint nur dann als gut organisiert, wenn sie diesen schöpferischen
Kräften in möglichst entgegenkommender Weise ihre Arbeiten erleichtert
[497 Wert der Persönlichkeit]
und nutzbringend für die Gesamtheit anwendet. Das Wertvollste an der Erfindung selbst, mag sie nun im
Materiellen oder in der Welt der Gedanken liegen, ist zunächst der Erfinder als Person. Ihn also für die
Gesamtheit nutzbringend anzusetzen, ist erste und höchste Aufgabe der Organisation einer
Volksgemeinschaft. Ja, die Organisation selbst hat nur eine Vollstreckung dieses Grundsatzes zu sein.
Damit wird sie auch erst vom Fluche des Mechanismus erlöst und wird selbst zu etwas Lebendigem. Sie
muß in sich selbst eine Verkörperung des Strebens sein, die Köpfe über die Masse zu stellen und diese
mithin den Köpfen unterzuordnen.
Die Organisation darf also demnach das Heraustreten der Köpfe aus der Masse nicht nur nicht
verhindern, sondern sie muß im Gegenteil durch die Art ihres eigenen Wesens dies im höchsten Grade
ermöglichen und erleichtern. Sie hat dabei von dem Grundsatze auszugehen, daß für die Menschheit der
Segen nie in der Masse lag, sondern in ihren schöpferischen Köpfen ruhte, die daher in Wirklichkeit als
die Wohltäter des Menschengeschlechts anzusprechen sind. Ihnen den maßgebendsten Einfluß zu
sichern und ihr Wirken zu erleichtern, liegt im Interesse der Gesamtheit. Sicher wird dieses Interesse
nicht befriedigt, und es wird ihm nicht gedient durch die Herrschaft der nicht denkfähigen oder nicht
tüchtigen, auf keinen Fall aber begnadeten Masse, sondern einzig durch die Führung der von Natur aus
mit besonderen Gaben dazu Befähigten.
Das Aussuchen dieser Köpfe besorgt, wie schon gesagt, vor allem der harte Lebenskampf selbst. Vieles
bricht und geht zugrunde, erweist sich also doch nicht als zum Letzten bestimmt, und wenige nur
erscheinen zuletzt als auserwählt. Auf den Gebieten des Denkens, des künstlerischen Schaffens, ja selbst
denen der Wirtschaft findet dieser Ausleseprozeß auch heute noch statt, obwohl er besonders auf dem
letzteren schon einer schweren Belastung ausgesetzt ist. Die Verwaltung des Staates und ebenso die
durch die organisierte Wehrkraft der Nation verkörperte Macht sind gleich-
[498 Das Majoritätsprinzip]
falls von diesem Gedanken beHerrscht. Überall dominiert hier noch die Idee der Persönlichkeit, der
Autorität derselben nach unten und der Verantwortlichkeit gegenüber der höheren Person nach oben.
Nur das politische Leben hat sich heute bereits restlos von diesem natürlichsten Prinzip abgewendet.
Während die gesamte menschliche Kultur nur das Ergebnis der schöpferischen Tätigkeit der Person ist,
tritt in der gesamten, vor allem aber in der obersten Leitung der Volksgemeinschaft das Prinzip des
Wertes der Majorität ausschlaggebend in Erscheinung und beginnt von dort herunter allmählich das
ganze Leben zu vergiften, d. h. in Wirklichkeit: aufzulösen. Auch die destruktive Wirkung der Tätigkeit
des Judentums in anderen Volkskörpern ist im Grunde nur seinen ewigen Versuchen zuzuschreiben, die
Bedeutung der Person bei seinen Gastvölkern zu unterhöhlen und die der Masse an ihre Stelle zu setzen.
Damit aber tritt an Stelle des organisatorischen Prinzips der arischen Menschheit das destruktive des
Juden. Er wird dadurch "zum Ferment der Dekomposition" von Völkern und Rassen und im weiteren
Sinne zum Auflöser der menschlichen Kultur.
Der Marxismus aber stellt sich als den in Reinkultur gebrachten Versuch des Juden dar, auf allen
Gebieten des menschlichen Lebens die überragende Bedeutung der Persönlichkeit auszuschalten und
durch die Zahl der Masse zu ersetzen. Dem entspricht politisch die parlamentarische Regierungsform,
die wir, von den kleinsten Keimzellen der Gemeinde angefangen bis zur obersten Leitung des gesamten
Reiches, so unheilvoll wirken sehen, und wirtschaftlich das System einer Gewerkschaftsbewegung, die
nicht den wirklichen Interessen des Arbeitnehmers dient, sondern ausschließlich den zerstörenden
Absichten des internationalen Weltjuden. In eben dem Maße, in welchem die Wirtschaft der Wirkung
des Persönlichkeitsprinzips entzogen und an Stelle dessen nur den Einflüssen und Einwirkungen der
Masse ausgeliefert wird, muß sie die im Dienste aller stehende und für alle wertvolle Leistungsfähigkeit
verlieren und allmählich einer sicheren Rückentwicklung ver-
[499 Der Marxismus verneint den Persönlichkeitswert]
fallen. Sämtliche Betriebsratsorganisationen, die, statt die Interessen der Arbeiter und Angestellten
wahrzunehmen, Einfluß auf die Produktion selbst zu gewinnen versuchen, dienen dem gleichen
zerstörenden Zwecke. Sie schädigen die Gesamtleistung, dadurch in Wirklichkeit aber den einzelnen.
Denn die Befriedigung der Angehörigen eines Volkskörpers erfolgt auf die Dauer nicht ausschließlich
durch bloße theoretische Phrasen, sondern vielmehr durch die auf den einzelnen entfallenden Güter des
täglichen Lebens und die daraus endgültig resultierende Überzeugung, daß eine Volksgemeinschaft in
ihren gesamten Leistungen die Interessen der einzelnen wahrt.
Es spielt auch keine Rolle, ob der Marxismus auf Grund seiner Massentheorie etwa fähig erscheint, die
zur Zeit bestehende Wirtschaft zu übernehmen und weiterzuführen. Die Kritik über die Richtigkeit oder
Unrichtigkeit dieses Prinzips wird nicht entschieden durch den Nachweis seiner Befähigung, das
Bestehende für die Zukunft zu verwalten, sondern ausschließlich nur durch den Beweis, selbst eine
solche Kultur schaffen zu können. Der Marxismus könnte tausendmal die heutige Wirtschaft
übernehmen und unter seiner Führung weiterarbeiten lassen, so würde sogar ein Erfolg dieser Tätigkeit
doch gar nichts beweisen gegenüber der Tatsache, daß er nicht in der Lage wäre, unter Anwendung
seines Prinzips das selbst zu schaffen, was er als fertig heute übernimmt.
Und dafür hat der Marxismus den praktischen Beweis erbracht. Nicht nur, daß er nirgends eine Kultur
oder auch nur eine Wirtschaft selbst schöpferisch zu begründen vermochte, er war ja tatsächlich nicht
einmal in der Lage, die bestehende nach seinen Prinzipien weiter fortzuführen, sondern mußte schon
nach kürzester Zeit auf dem Wege von Konzessionen zu den Gedankengängen des
Persönlichkeitsprinzips zurückgreifen, genau so wie er auch in seiner eigenen Organisation dieser
Grundsätze nicht entraten kann.
Das hat aber die völkische Weltanschauung von der marxistischen grundsätzlich zu unterscheiden, daß
sie nicht nur den Wert
[500 Die beste Staatsverfassung]
der Rasse, sondern damit auch die Bedeutung der Person erkennt und mithin zu den Grundpfeilern ihres
ganzen Gebäudes bestimmt. Das sind die tragenden Faktoren ihrer Weltauffassung.
Würde besonders die nationalsozialistische Bewegung die fundamentale Bedeutung dieser
grundsätzlichen Erkenntnis nicht verstehen, sondern statt dessen am heutigen Staate äußerlich
herumflicken oder gar den Massenstandpunkt als den ihren ansehen, dann würde sie in Wirklichkeit nur
eine Konkurrenzpartei zum Marxismus darstellen; das Recht, sich eine Weltanschauung zu nennen,
besäße sie damit nicht. Wenn das soziale Programm der Bewegung nur darin bestände, die
Persönlichkeit zu verdrängen und an ihre Stelle die Masse zu setzen, dann wäre der Nationalsozialismus
selbst bereits vom Gift des Marxismus angefressen, wie unsere bürgerliche Parteiwelt dies ist.
Der völkische Staat hat für die Wohlfahrt seiner Bürger zu sorgen, indem er in allem und jedem die
Bedeutung des Wertes der Person anerkennt und so auf allen Gebieten jenes Höchstmaß produktiver
Leistungsfähigkeit einleitet, die dem einzelnen auch ein Höchstmaß an Anteil gewährt.
Und der völkische Staat hat demgemäß die gesamte, besonders aber die oberste, also die politische
Leitung restlos vom parlamentarischen Prinzip der Majoritäts-, also Massenbestimmung zu befreien, um
an Stelle dessen das Recht der Person einwandfrei sicherzustellen.
Daraus ergibt sich folgende Erkenntnis: Die beste Staatsverfassung und Staatsform ist diejenige, die mit
natürlichster Sicherheit die besten Köpfe der Volksgemeinschaft zu führender Bedeutung und zu
leitendem Einfluß bringt.
Wie aber im Wirtschaftsleben die fähigen Menschen nicht von oben zu bestimmen sind, sondern sich
selbst durchzuringen haben und so wie hier die unendliche Schulung vom kleinsten Geschäft bis zum
größten Unternehmen selbst gegeben ist und nur das Leben dann die jeweiligen Prü-
[501 Die beste Staatsverfassung]
fungen vornimmt, so können natürlich auch die politischen Köpfe nicht plötzlich "entdeckt" werden.
Genies außerordentlicher Art lassen keine Rücksicht auf die normale Menschheit zu.
Der Staat muß in seiner Organisation, bei der kleinsten Zelle, der Gemeinde, angefangen bis zur
obersten Leitung des gesamten Reiches, das Persönlichkeitsprinzip verankert haben.
Es gibt keine Majoritätsentscheidungen, sondern nur verantwortliche Personen, und das Wort "Rat" wird
wieder zurückgeführt auf seine ursprüngliche Bedeutung. Jedem Manne stehen wohl Berater zur Seite,
allein die Entscheidung trifft ein Mann.
Der Grundsatz, der das preußische Heer seinerzeit zum wundervollsten Instrument des deutschen Volkes
machte, hat in übertragenem Sinne dereinst der Grundsatz des Aufbaues unserer ganzen
Staatsauffassung zu sein: Autorität jedes Führers nach unten und Verantwortung nach oben.
Auch dann wird man nicht jener Korporationen entbehren können, die wir heute als Parlamente
bezeichnen. Allein ihre Räte werden dann wirklich beraten, aber die Verantwortung kann und darf
immer nur ein Träger besitzen und mithin auch nur dieser allein die Autorität und das Recht des Befehls.
Die Parlamente an sich sind notwendig, weil ja vor allem in ihnen die Köpfe die Möglichkeit haben, sich
langsam emporzuheben, denen man später besondere verantwortliche Aufgaben überweisen kann.
Damit ergibt sich folgendes Bild: Der völkische Staat hat, angefangen bei der Gemeinde bis hinauf zur
Leitung des Reiches, keinen Vertretungskörper, der etwas durch Majorität beschließt, sondern nur
Beratungskörper, die dem jeweilig gewählten Führer zur Seite stehen und von ihm in die Arbeit
eingeteilt werden, um nach Bedarf selber auf gewissen Gebieten wieder unbedingte Verantwortung zu
übernehmen, genau
[502 Beratende Kammern — verantwortliche Führer]
so, wie sie im größeren der Führer oder Vorsitzende der jeweiligen Korporation selbst besitzt.
Der völkische Staat duldet grundsätzlich nicht, daß über Belange besonderer, zum Beispiel
wirtschaftlicher Art Menschen um Rat oder Urteil befragt werden, die auf Grund ihrer Erziehung und
Tätigkeit nichts von der Sache verstehen können. Er gliedert deshalb seine Vertretungskörper von
vornherein in politische und berufliche ständische Kammern.
Um ein ersprießliches Zusammenwirken beider zu gewährleisten, steht über ihnen als Auslese stets ein
besonderer Senat.
In keiner Kammer und in keinem Senate findet jemals eine Abstimmung statt. Sie sind
Arbeitseinrichtungen und keine Abstimmungsmaschinen. Das einzelne Mitglied hat beratende Stimme,
aber niemals beschließende. Diese kommt ausschließlich nur dem jeweils dafür verantwortlichen
Vorsitzenden zu.
Dieser Grundsatz unbedingter Verbindung von absoluter Verantwortlichkeit mit absoluter Autorität wird
allmählich eine Führerauslese heranzüchten, wie dies heute im Zeitalter des verantwortungslosen
Parlamentarismus gar nicht denkbar ist.
Damit wird die staatliche Verfassung der Nation in Übereinstimmung gebracht mit jenem Gesetz, dem
sie schon auf kulturellem und wirtschaftlichem Gebiete ihre Größe verdankt.
×
Was nun die Durchführbarkeit dieser Erkenntnisse betrifft, so bitte ich, nicht zu vergessen, daß das
parlamentarische Prinzip der demokratischen Majoritätsbestimmung keineswegs seit jeher die
Menschheit beHerrscht hat, sondern im Gegenteil nur in ganz kleinen Perioden der Geschichte zu finden
ist, die aber immer Zeiträume des Verfalls von Völkern und Staaten sind.
Allerdings soll man nicht glauben, daß man durch rein theoretische Maßnahmen von oben herunter
einen solchen
[503 Nat.-Soz. Bewegung und kommender Staat]
Wandel herbeiführen könne, da er logischerweise nicht einmal bei der Verfassung des Staates
haltmachen darf, sondern auch die gesamte übrige Gesetzgebung, ja das allgemeine bürgerliche Leben
durchdringen muß. Solch eine Umwälzung kann und wird nur stattfinden durch eine Bewegung, die
selbst bereits im Geiste dieser Gedanken aufgebaut ist und somit in sich selbst schon den kommenden
Staat trägt.
Daher mag sich die nationalsozialistische Bewegung schon heute restlos in diese Gedanken einleben und
sie zur praktischen Auswirkung innerhalb ihrer eigenen Organisation bringen, auf daß sie dereinst dem
Staate nicht nur dieselben Richtlinien weisen mag, sondern ihm auch bereits den vollendeten Körper
ihres eigenen Staates zur Verfügung stellen kann.

5. Kapitel:
Weltanschauung und Organisation
Der völkische Staat, dessen allgemeines Bild ich in großen Linien aufzuzeichnen versuchte, wird durch
die bloße Erkenntnis dessen, was diesem Staat notwendig ist, an sich noch nicht verwirklicht. Es genügt
nicht, zu wissen, wie ein völkischer Staat aussehen soll. Viel wichtiger ist das Problem seiner
Entstehung. Man darf nicht erwarten, daß die heutigen Parteien, die doch in erster Linie Nutznießer des
derzeitigen Staates sind, von sich aus zu einer Umstellung gelangen und aus freien Stücken eine
Änderung ihrer derzeitigen Haltung durchführen. Dies ist um so weniger möglich, als ihre tatsächlich
leitenden Elemente ja immer nur Juden und wieder Juden sind. Die Entwicklung, die wir zur Zeit
durchmachen, würde aber, ungehemmt weitergeführt, eines Tages bei der alljüdischen Prophezeiung
landen — der Jude fräße tatsächlich die Völker der Erde, würde ihr Herr.
So verfolgt er gegenüber den Millionen deutscher "Bourgeois" und "Proleten", die größtenteils aus mit
Feigheit gepaarter Indolenz und Dummheit in ihr Verderben trotten, im höchsten Bewußtsein seines
Zukunftszieles, unweigerlich seinen Weg. Eine Partei, die von ihm geleitet wird, kann also keine
anderen als seine Interessen verfechten, mit den Belangen arischer Völker aber haben diese nichts
gemein.
Wenn man also versuchen will, das ideale Bild eines völkischen Staates in die reale Wirklichkeit zu
überführen, dann muß man, unabhängig von den bisherigen Mächten des öffentlichen Lebens, nach
einer neuen Kraft suchen, die gewillt und fähig ist, den Kampf für ein solches Ideal
[505 Kampf und Kritik]
aufzunehmen. Denn um einen Kampf handelt es sich hierbei, insofern die erste Aufgabe nicht heißt:
Schaffung einer völkischen Staatsauffassung, sondern vor allem: Beseitigung der vorhandenen
jüdischen. Wie so oft in der Geschichte liegt die Hauptschwierigkeit nicht im Formen des neuen
Zustandes, sondern im Platzmachen für denselben. Vorurteile und Interessen verbünden sich zu einer
geschlossenen Phalanx und versuchen, den Sieg einer ihnen unangenehmen oder sie bedrohenden Idee
mit allen Mitteln zu verhindern.
Dadurch ist der Kämpfer für ein solches neues Ideal leider Gottes gezwungen, bei aller positiven
Betonung desselben, in erster Linie den negativen Teil des Kampfes durchzufechten, den, der zur
Beseitigung des gegenwärtigen Zustandes führen soll.
Eine junge Lehre von großer und neuer prinzipieller Bedeutung wird, so unangenehm dies dem
einzelnen auch sein mag, als erste Waffe die Sonde der Kritik in aller Schärfe ansetzen müssen.
Es zeugt von wenig tiefem Einblick in die geschichtlichen Entwicklungen, wenn heute von den
sogenannten Völkischen immer wieder Wert darauf gelegt wird, zu versichern, daß sie sich keineswegs
in negativer Kritik zu betätigen gedenken, sondern nur in aufbauender Arbeit; ein ebenso kindlichblödsinniges
als echt "völkisches" Gestammel und ein Beweis, wie spurlos an diesen Köpfen sogar die
Geschichte der eigenen Zeit vorübergegangen ist. Auch der Marxismus hatte ein Ziel, und auch er kennt
eine aufbauende Tätigkeit (wenn es sich dabei auch nur um die Errichtung einer Despotie des
internationalen Weltfinanzjudentums handelt!); allein er hat vorher nichtsdestoweniger siebzig Jahre
lang Kritik geübt, und zwar vernichtende, zersetzende Kritik und immer wieder Kritik, so lange, bis
durch diese ewig fressende Säure der alte Staat zermürbt und zum Einsturz gebracht war. Dann erst
begann sein sogenannter "Aufbau". Und das war selbstverständlich, richtig und logisch. Ein bestehender
Zustand wird durch die bloße Betonung und Vertretung eines künftigen noch nicht beseitigt. Denn es
[506 Weltanschauungen sind unduldsam]
ist nicht anzunehmen, daß die Anhänger oder gar die Interessenten des zur Zeit bereits bestehenden
Zustandes allein durch die Festlegung einer Notwendigkeit restlos bekehrt und für den neuen gewonnen
werden könnten. Es kann im Gegenteil nur zu leicht der Fall eintreten, daß dann eben zwei Zustände
nebeneinander bestehen bleiben und damit die sogenannte Weltanschauung zur Partei wird, aus deren
Rahmen sie sich nicht wieder zu erheben vermag. Denn die Weltanschauung ist unduldsam und kann
sich mit der Rolle einer "Partei neben anderen" nicht begnügen, sondern fordert gebieterisch ihre eigene,
ausschließliche und restlose Anerkennung sowie die vollkommene Umstellung des gesamten
öffentlichen Lebens nach ihren Anschauungen. Sie kann also das gleichzeitige Weiterbestehen einer
Vertretung des früheren Zustandes nicht dulden.
Das gilt genau so für Religionen.
Auch das Christentum konnte sich nicht damit begnügen, seinen eigenen Altar aufzubauen, sondern
mußte zwangsläufig zur Zerstörung der heidnischen Altäre schreiten. Nur aus dieser fanatischen
Unduldsamkeit heraus konnte sich der apodiktische Glauben bilden; diese Unduldsamkeit ist sogar die
unbedingte Voraussetzung für ihn.
Man kann sehr wohl den Einwand bringen, daß es sich bei derartigen Erscheinungen in der
Weltgeschichte meist um solche spezifisch jüdischer Denkart handelt; ja, daß diese Art von
Unduldsamkeit und Fanatismus geradezu jüdische Wesensart verkörpere. Dies mag tausendmal richtig
sein, und man kann diese Tatsache wohl tief bedauern und mit nur allzu berechtigtem Unbehagen ihr
Erscheinen in der Geschichte der Menschheit als etwas feststellen, was dieser bis dahin fremd gewesen
war — doch ändert dies nichts daran, daß dieser Zustand heute eben da ist. Die Männer, die unser
deutsches Volk aus seinem jetzigen Zustand erlösen wollen, haben sich nicht den Kopf darüber zu
zerbrechen, wie schön es wäre, wenn dieses und jenes nicht wäre, sondern müssen versuchen,
festzustellen, wie man das Gegebene beseitigt. Eine von infernalischer Unduldsamkeit
[507 Parteien neigen zu Kompromissen]
erfüllte Weltanschauung wird aber nur zerbrochen werden durch eine vom gleichen Geist
vorwärtsgetriebene, vom gleichen stärksten Willen verfochtene, dabei aber in sich reine und durchaus
wahrhafte neue Idee.
Der einzelne mag heute schmerzlich feststellen, daß in die viel freiere antike Welt mit dem Erscheinen
des Christentums der erste geistige Terror gekommen ist, er wird die Tatsache aber nicht bestreiten
können, daß die Welt seitdem von diesem Zwange bedrängt und beHerrscht wird, und daß man Zwang
nur wieder durch Zwang bricht und Terror nur mit Terror. Erst dann kann aufbauend ein neuer Zustand
geschaffen werden.
Politische Parteien sind zu Kompromissen geneigt, Weltanschauungen niemals. politische Parteien
rechnen selbst mit Gegenspielern, Weltanschauungen proklamieren ihre Unfehlbarkeit.
Auch politische Parteien haben ursprünglich fast immer die Absicht, zu alleiniger despotischer
Herrschaft zu kommen; ein kleiner Trieb zu einer Weltanschauung steckt fast immer in ihnen. Jedoch
schon die Engigkeit ihres Programms raubt ihnen den Heroismus, den eine Weltanschauung fordert. Die
Konzilianz ihres Wollens führt ihnen die kleinen und schwächlichen Geister zu, mit denen man keine
Kreuzzüge zu führen imstande ist. So bleiben sie meist schon frühzeitig in ihrer eigenen erbärmlichen
Kleinheit stecken. Damit geben sie aber den Kampf für eine Weltanschauung auf und versuchen, statt
dessen durch sogenannte "positive Mitarbeit" möglichst eilig ein Plätzchen am Futtertrog bestehender
Einrichtungen zu erobern und möglichst lange daran zu bleiben. Das ist ihr ganzes Streben. Und sollten
sie je durch einen etwas brutal veranlagten konkurrierenden Kostgänger von dieser allgemeinen
Futterkrippe weggedrängt werden, dann ist ihr Sinnen und Trachten nur darauf eingestellt, sich, sei es
durch Gewalt oder List, in dem Rudel der Auch-Hungrigen wieder nach vorne zu bringen, um endlich,
koste es auch ihre heiligste

[508 Gemeinschaft auf Grund neuer Weltanschauung]
Überzeugung, sich an der geliebten Nährquelle laben zu können. Schakale der Politik!
Da eine Weltanschauung niemals bereit ist, mit einer zweiten zu teilen, so kann sie auch nicht bereit
sein, an einem bestehenden Zustand, den sie verurteilt, mitzuarbeiten, sondern fühlt die Verpflichtung,
diesen Zustand und die gesamte gegnerische Ideenwelt mit allen Mitteln zu bekämpfen, d. h. deren
Einsturz vorzubereiten.
Sowohl dieser rein zersetzende Kampf, der von allen anderen sofort in seiner Gefahr erkannt wird und
mithin auf gemeinsame Abwehr stößt, als auch der positive, der zur Durchsetzung der eigenen neuen
Gedankenwelt angreift, erfordert entschlossene Kämpfer. So wird eine Weltanschauung ihre Idee nur
dann zum Siege führen, wenn sie die mutigsten und tatkräftigsten Elemente ihres Zeitalters und ihres
Volkes in ihren Reihen vereinigt und in die festen Formen einer kampfkräftigen Organisation bringt.
Dazu ist es jedoch erforderlich, daß sie, unter Berücksichtigung dieser Elemente, aus ihrem allgemeinen
Weltbild bestimmte Gedanken herausgreift und sie in eine Form kleidet, die in ihrer präzisen,
schlagwortähnlichen Kürze geeignet erscheint, einer neuen Gemeinschaft von Menschen als
Glaubensbekenntnis zu dienen. Während das Programm einer nur politischen Partei das Rezept für einen
gesunden nächsten Wahlausgang ist, bedeutet das Programm einer Weltanschauung die Formulierung
einer Kriegserklärung gegen eine bestehende Ordnung, gegen einen bestehenden Zustand, kurz gegen
eine bestehende Weltauffassung überhaupt.
Es ist dabei nicht nötig, daß jeder einzelne, der für diese Weltanschauung kämpft, vollen Einblick und
genaue Kenntnis in die letzten Ideen und Gedankengänge der Führer der Bewegung erhält. Notwendig
ist vielmehr, daß ihm einige wenige, ganz große Gesichtspunkte klargemacht werden und die
wesentlichen Grundlinien sich ihm unauslöschlich einbrennen, so daß er von der Notwendigkeit des
Sieges seiner Bewegung und ihrer Lehre restlos durchdrungen ist.
[509 Führung und Gefolgschaft]
Es wird auch der einzelne Soldat nicht in die Gedankengänge höherer Strategie eingeweiht. So wie er
vielmehr zu straffer Disziplin und zur fanatischen Überzeugung von dem Recht und der Kraft seiner
Sache und zu restloser Einstellung auf sie erzogen wird., so muß dies auch beim einzelnen Anhänger
einer Bewegung von großem Ausmaß und großer Zukunft und größtem Wollen geschehen.
So wenig eine Armee taugen würde, deren einzelne Soldaten durchgehend Generale wären, und sei es
auch nur ihrer Bildung und ihrer Einsicht nach, so wenig taugt eine politische Bewegung als Vertretung
einer Weltanschauung, wenn sie nur ein Sammelbecken "geistreicher" Menschen sein möchte. Nein, sie
braucht auch den primitiven Soldaten, da sonst eine innere Disziplin nicht zu erzielen ist.
Es liegt im Wesen einer Organisation, daß sie nur bestehen kann, wenn einer höchsten geistigen
Führung eine breite, mehr gefühlsmäßig eingestellte Masse dient. Eine Kompanie von zweihundert
geistig ganz gleich fähigen Menschen wäre auf die Dauer schwerer zu disziplinieren als eine solche von
hundertneunzig geistig weniger fähigen und zehn höhergebildeten.
Aus dieser Tatsache hat einst die Sozialdemokratie den größten Nutzen gezogen. Sie hat die aus dem
Heeresdienst entlassenen und dort schon zur Disziplin erzogenen Angehörigen der breiten Schichten
unseres Volkes erfaßt und in ihre ebenso stramme Parteidisziplin genommen. Auch ihre Organisation
stellte eine Armee von Offizieren und Soldaten dar. Der aus dem Heeresdienst entlassene deutsche
Handarbeiter wurde der Soldat, der jüdische Intellektuelle der Offizier; die deutschen
Gewerkschaftsbeamten kann man dabei als das Unteroffizierkorps ansehen. Was unser Bürgertum
immer mit Kopfschütteln betrachtete, die Tatsache, daß dem Marxismus nur die sogenannten
ungebildeten Massen angehörten, war in Wahrheit die Voraussetzung für den Erfolg desselben. Denn
während die bürgerlichen Parteien in ihrer einseitigen Geistigkeit eine untaugliche, disziplinlose Bande
darstellten, hatte der Marxismus in seinem weniggeistigen
[510 Führung und Gefolgschaft]
Menschenmaterial eine Armee von Parteisoldaten gebildet, die dem jüdischen Dirigenten nun genau so
blind gehorchten wie einst ihrem deutschen Offizier. Das deutsche Bürgertum, das sich um
psychologische Probleme, weil darüber hoch erhaben, grundsätzlich nie gekümmert hat, fand es auch
hier nicht notwendig, nachzudenken, um den tieferen Sinn sowie die heimliche Gefahr dieser Tatsache
zu erkennen. Man glaubte im Gegenteil, daß eine politische Bewegung, die nur aus Kreisen der
"Intelligenz" gebildet wird, schon aus diesem Grunde wertvoller sei und mehr Anspruch, ja selbst mehr
Wahrscheinlichkeit besitze, an die Regierung zu gelangen, als eine ungebildete Masse. Man begriff nie,
daß die Stärke einer politischen Partei keineswegs in einer möglichst großen und selbständigen
Geistigkeit der einzelnen Mitglieder liegt, als vielmehr im disziplinierten Gehorsam, mit dem ihre
Mitglieder der geistigen Führung Gefolgschaft leisten. Das Entscheidende ist die Führung selbst. Wenn
zwei Truppenkörper miteinander kämpfen, wird nicht derjenige siegen, bei dem jeder einzelne die
höchste strategische Ausbildung erhielt, sondern derjenige, der die überlegenste Führung und zugleich
die disziplinierteste, blindgehorsamste, bestgedrillte Truppe hat.
Das ist eine grundsätzliche Einsicht, die wir bei der Überprüfung der Möglichkeit, eine Weltanschauung
in die Tat umzusehen, uns stets vor Augen halten müssen.
Wenn wir also, um eine Weltanschauung zum Sieg zu führen, sie zu einer Kampfbewegung umzustellen
haben, so muß logischerweise das Programm der Bewegung auf das Menschenmaterial Rücksicht
nehmen, das ihr zur Verfügung steht. So unverrückbar die Schlußziele und die leitenden Ideen sein
müssen, so genial und psychologisch richtig muß das Werbeprogramm auf die Seele derjenigen
eingestellt sein, ohne deren Hilfe die schönste Idee ewig nur Idee bleiben würde.
Wenn die völkische Idee aus dem unklaren Wollen von heute zu einem klaren
[511 Die Leitsätze der Bewegung]
Erfolg kommen will, dann muß sie aus ihrer weiten Gedankenwelt bestimmte Leitsätze herausgreifen,
die ihrem Wesen und Inhalt nach geeignet sind, eine breitere Menschenmasse auf sich zu verpflichten,
und zwar diejenige, die allein den weltanschauungsmäßigen Kampf dieser Idee gewährleistet. Dies ist
die deutsche Arbeiterschaft.
Deshalb wurde das Programm der neuen Bewegung in wenigen, insgesamt fünfundzwanzig Leitsätzen
zusammengefaßt. Sie sind bestimmt, in erster Linie dem Mann aus dem Volk ein grobes Bild des
Wollens der Bewegung zu geben. Sie sind gewissermaßen ein politisches Glaubensbekenntnis, das
einerseits für die Bewegung wirbt und andererseits sich eignet, die Geworbenen zu verbinden und
zusammenzuschweißen durch eine gemeinsam anerkannte Verpflichtung.
Dabei darf uns folgende Einsicht nie verlassen: Da das sogenannte Programm der Bewegung in seinen
Schlußzielen wohl unbedingt richtig ist, in der Formulierung jedoch Rücksicht auf psychologische
Momente nehmen mußte, kann im Laufe der Zeit sehr wohl die Überzeugung aufkommen, daß im
einzelnen vielleicht bestimmte Leitsätze anders gefaßt werden, eine bessere Formulierung erhalten
müßten. Jeder Versuch dazu wirkt sich aber meist verhängnisvoll aus. Denn damit wird etwas, das
unerschütterlich fest sein sollte, der Diskussion anheimgegeben, die, sowie einmal ein einzelner Punkt
der glaubensmäßig dogmatischen Festlegung entzogen ist, nicht ohne weiteres eine neue, bessere und
vor allem einheitliche Festlegung ergibt, sondern viel eher zu endlosen Debatten und zu einer
allgemeinen Wirrnis führen wird. Es bleibt in einem solchen Fall immer abzuwägen, was besser ist: eine
neue, glücklichere Formulierung, die eine Auseinandersetzung innerhalb der Bewegung veranlaßt, oder
eine im Augenblick vielleicht nicht allerbeste Form, die aber einen in sich geschlossenen,
unerschütterlichen, innerlich ganz einheit-
[512 Die Leitsätze der Bewegung]
lichen Organismus darstellt. Und jede Prüfung wird ergeben, daß letzteres vorzuziehen ist. Denn da es
sich bei Abänderungen immer nur um die äußere Formgebung handelt, werden solche Korrekturen
immer wieder als möglich oder wünschenswert erscheinen. Endlich besteht aber bei der
Oberflächlichkeit der Menschen die große Gefahr, daß sie in dieser rein äußeren Formulierung eines
Programms die wesentliche Aufgabe einer Bewegung sehen. Damit tritt dann der Wille und die Kraft
zur Verfechtung der Idee selbst zurück, und die Aktivität, die sich nach außen wenden sollte, wird sich
in inneren programmatischen Kämpfen aufreiben.
Bei einer in großen Zügen tatsächlich richtigen Lehre ist es weniger schädlich, eine Fassung, selbst
wenn sie der Wirklichkeit nicht mehr ganz entsprechen sollte, beizubehalten, als durch eine
Verbesserung derselben ein bisher als graniten geltendes Grundgesetz der Bewegung der allgemeinen
Diskussion mit ihren übelsten Folgeerscheinungen auszuliefern. Unmöglich ist es vor allem so lange, als
eine Bewegung selbst erst um den Sieg kämpft. Denn wie will man Menschen mit blindem Glauben an
die Richtigkeit einer Lehre erfüllen, wenn man durch dauernde Veränderungen am äußeren Bau
derselben selbst Unsicherheit und Zweifel verbreitet?
Das Wesentliche darf eben nie in der äußeren Fassung, sondern stets nur im inneren Sinn gesucht
werden. Und dieser ist unveränderlich; und in seinem Interesse kann man zuletzt nur wünschen, daß sich
die Bewegung durch Fernhalten aller zersplitternden und Unsicherheit erzeugenden Vorgänge die nötige
Kraft zu seiner Verfechtung erhalte.
Auch hier hat man an der katholischen Kirche zu lernen. Obwohl ihr Lehrgebäude in manchen Punkten,
und zum Teil ganz überflüssigerweise, mit der exakten Wissenschaft und der Forschung in Kollision
gerät, ist sie dennoch nicht bereit, auch nur eine kleine Silbe von ihren Lehrsätzen zu opfern. Sie hat
sehr richtig erkannt, daß ihre Widerstandskraft nicht in einer mehr oder minder großen Anpassung an die
jeweiligen wissenschaftlichen Ergebnisse liegt, die in
[513 Die Leitsätze der Bewegung]
Wirklichkeit doch ewig schwanken, sondern vielmehr im starren Festhalten an einmal niedergelegten
Dogmen, die dem Ganzen erst den Glaubenscharakter verleihen. So steht sie heute fester da als je. Man
kann prophezeien, daß in eben dem Maße, in dem die Erscheinungen fliehen, sie selbst als ruhender Pol
in der Erscheinungen Flucht immer mehr blinde Anhänglichkeit erringen wird.
Wer also den Sieg einer völkischen Weltanschauung wirklich und ernstlich wünscht, der muß nicht nur
erkennen, daß zur Erringung eines solchen Erfolges erstens nur eine kampffähige Bewegung geeignet
ist, sondern daß zweitens eine solche Bewegung selbst nur standhalten wird unter Zugrundelegung einer
unerschütterlichen Sicherheit und Festigkeit ihres Programms. Sie darf sich nicht unterstehen, in der
Formulierung desselben dem jeweiligen Zeitgeist Konzessionen zu machen, sondern muß eine einmal
als günstig befundene Form für immer beibehalten, auf alle Fälle aber so lange, bis sie der Sieg gekrönt
hat. Vorher zersplittert jeder Versuch, Auseinandersetzungen über die Zweckmäßigkeit des einen oder
anderen Programmpunktes herbeizuführen, die Geschlossenheit und die Kampfkraft der Bewegung in
dem Maße, in dem ihre Anhänger sich an einer solchen inneren Diskussion beteiligen. Damit ist nicht
gesagt, daß eine heute durchgeführte "Verbesserung" nicht schon morgen erneut kritischen Prüfungen
unterworfen werden könnte, um übermorgen abermals einen besseren Ersatz zu finden. Wer hier einmal
Schranken einreißt, gibt eine Bahn frei, deren Anfang man kennt, deren Ende jedoch sich im Uferlosen
verliert.
Diese wichtige Erkenntnis mußte in der jungen nationalsozialistischen Bewegung ihre Verwertung
finden. Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei erhielt mit ihrem Programm der
[514 Die Leitsätze der Bewegung]
fünfundzwanzig Thesen eine Grundlage, die unerschütterlich sein muß. Die Aufgabe der heutigen und
der kommenden Mitglieder unserer Bewegung darf nicht in einer kritischen Umarbeitung dieser
Leitsätze, sondern vielmehr in ihrer Verpflichtung auf sie bestehen. Denn sonst könnte die nächste
Generation mit demselben Recht ihrerseits wieder ihre Kraft für eine solche rein formale Arbeit
innerhalb der Partei verschwenden, anstatt der Bewegung neue Anhänger und dadurch neue Kräfte
zuzuführen. Für die große Zahl der Anhänger wird das Wesen unserer Bewegung weniger im
Buchstaben unserer Leitsätze liegen als vielmehr in dem Sinne, den wir ihnen zu geben imstande sind.
Diesen Erkenntnissen verdankte die junge Bewegung einst ihren Namen, nach ihnen wurde später das
Programm verfaßt, und in ihnen liegt weiter die Art ihrer Verbreitung begründet. Um den völkischen
Ideen zum Siege zu verhelfen, mußte eine Volkspartei geschaffen werden, eine Partei, die nicht nur aus
intellektuellen Führern, sondern auch aus Handarbeitern besteht!
Jeder Versuch, ohne eine solche schlagkräftige Organisation an die Verwirklichung völkischer
Gedankengänge zu schreiten, würde genau so wie in der Vergangenheit, heute und auch in aller Zukunft
erfolglos sein. Damit hat aber die Bewegung nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, sich als
Vorkämpferin und damit als Repräsentantin dieser Ideen zu fühlen. So sehr die Grundgedanken der
nationalsozialistischen Bewegung völkische sind, so sehr sind zugleich die völkischen Gedanken
nationalsozialistisch. Wenn aber der Nationalsozialismus siegen will, so muß er sich zu dieser
Feststellung unbedingt und ausschließlich bekennen. Er hat hier ebenfalls nicht nur das Recht, sondern
auch die Pflicht, die Tatsache schärfstens zu betonen, daß
[515 Nationalsozialismus und völkische Idee]
jeder Versuch, außerhalb des Rahmens der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei die
völkische Idee zu vertreten, unmöglich ist, in den meisten Fällen aber geradezu auf Schwindel beruht.
Wenn jemand heute der Bewegung den Vorwurf macht, sie tue, als ob sie die völkische Idee "gepachtet"
hätte, so gibt es darauf nur eine einzige Antwort: Nicht nur gepachtet, sondern für die Praxis geschaffen.
Denn was bisher unter diesem Begriff vorhanden war, war nicht geeignet, das Schicksal unseres Volkes
auch nur im geringsten zu beeinflussen, da allen diesen Ideen die klare einheitliche Formulierung gefehlt
hat. Es handelte sich meistens nur um einzelne zusammenhanglose Erkenntnisse von mehr oder minder
großer Richtigkeit, die sich nicht selten gegenseitig widersprachen, auf keinen Fall aber eine innere
Bindung untereinander hatten. Und selbst wenn diese vorhanden gewesen wäre, so würde sie doch in
ihrer Schwäche niemals genügt haben, eine Bewegung darauf einzustellen und aufzubauen.
Allein die nationalsozialistische Bewegung vollbrachte dies.
×
Wenn heute alle möglichen Verbände und Verbändchen, Gruppen und Grüppchen und meinetwegen
auch "große Parteien" das Wort "völkisch" für sich in Anspruch nehmen, so ist dies selbst schon eine
Folge des Wirkens der nationalsozialistischen Bewegung. Ohne ihre Arbeit wäre es allen diesen
Organisationen nie eingefallen, das Wort "völkisch" auch nur auszusprechen, sie hätten sich unter
diesem Worte überhaupt nichts vorgestellt, und besonders ihre leitenden Köpfe würden in keinerlei
Beziehung irgendwelcher Art zu diesem Begriffe gestanden sein. Erst die Arbeit der NSDAP. hat diesen
Begriff zu einem inhaltschweren Wort gemacht, das nun von allen möglichen Leuten in den Mund
genommen wird; vor allem hat sie in
[516 Nationalsozialismus und völkische Idee]
ihrer eigenen erfolgreichen Werbetätigkeit die Kraft dieser völkischen Gedanken gezeigt und bewiesen,
so daß schon die eigene Gewinnsucht die anderen zwingt, wenigstens behauptungsweise Ähnliches zu
wollen.
So wie sie bisher alles in den Dienst ihrer kleinlichen Wahlspekulation gestellt haben, so ist für diese
Parteien der Begriff völkisch heute auch nur ein ganz äußerliches, hohles Schlagwort geblieben, mit dem
sie versuchen, die werbende Kraft der nationalsozialistischen Bewegung bei ihren eigenen Mitgliedern
auszugleichen. Denn nur die Sorge um ihren eigenen Bestand sowie die Angst vor dem Emporkommen
unserer von einer neuen Weltanschauung getragenen Bewegung, deren universale Bedeutung sie ebenso
ahnen wie ihre gefährliche Ausschließlichkeit, legt ihnen Worte in den Mund, die sie vor acht Jahren
nicht kannten, vor sieben Jahren verlachten, vor sechs als Blödsinn bezeichneten, vor fünf bekämpften,
vor vier haßten, vor drei verfolgten, um sie nun endlich vor zwei Jahren selbst zu annektieren und,
vereint mit ihrem sonstigen Wortschatz, als Kriegsgeschrei im Kampf zu verwenden.
Und selbst heute muß man immer wieder darauf hinweisen, daß allen diesen Parteien jede Ahnung fehlt,
was dem deutschen Volke nottut. Der schlagendste Beweis dafür ist die Oberflächlichkeit, mit der sie
das Wort "völkisch" in ihre Mäuler nehmen!
Nicht minder gefährlich sind dabei alle diejenigen, die als Scheinvölkische sich herumtollen,
phantastische Pläne schmieden, meist auf nichts weiter gestützt als auf irgendeine fixe Idee, die an sich
richtig sein könnte, allein in ihrer Isoliertheit dennoch ohne jede Bedeutung für die Bildung einer großen
einheitlichen Kampfgemeinschaft und auf keinen Fall geeignet ist, eine solche aufzubauen. Diese Leute,
die teils aus eigenem Denken, teils aus Gelesenem ein Programm zusammenbrauen, sind häufig
gefährlicher als die offenen Feinde der völkischen Idee. Sie sind im günstigsten Falle unfruchtbare
Theoretiker, meistens aber verheerende Schwadroneure und glauben nicht selten, durch wallenden
[517 Nationalsozialismus und völkische Idee]
Vollbart und urgermanisches Getue die geistige und gedankliche Hohlheit ihres Handelns und Könnens
maskieren zu können.
Im Gegensatz zu all diesen untauglichen Versuchen ist es deshalb gut, wenn man sich die Zeit in das
Gedächtnis zurückruft, in der die junge nationalsozialistische Bewegung mit ihrem Kampf begann.
[518]

6. Kapitel:
Der Kampf der ersten Zeit — Die Bedeutung der Rede
Die erste große Versammlung am 24. Februar 1920 im Hofbräuhausfestsaal war noch nicht in uns
verklungen, als schon die Vorbereitungen für die nächste getroffen wurden. Während es bis dahin als
bedenklich galt, in einer Stadt wie München alle Monate oder gar alle vierzehn Tage eine kleine
Versammlung abhalten zu wollen, sollte nun alle acht Tage, also wöchentlich einmal, eine große
Massenversammlung stattfinden. Ich brauche nicht zu versichern, daß uns dabei immer und immer nur
eine einzige Angst quälte: Würden die Menschen kommen, und würden sie uns zuhören? — wenn ich
auch persönlich schon damals die unerschütterliche Überzeugung hatte, daß, wenn sie erst einmal da
sind, die Leute auch bleiben und der Rede folgen.
In dieser Zeit erhielt der Münchener Hofbräuhausfestsaal für uns Nationalsozialisten eine fast
weihevolle Bedeutung. Jede Woche eine Versammlung, fast immer in diesem Raum, und jedesmal der
Saal besser gefüllt und die Menschen andächtiger! Ausgehend von der "Schuld am Krieg", um die sich
damals kein Mensch kümmerte, über die Friedensverträge hinweg, wurde fast alles behandelt, was
irgendwie agitatorisch zweckmäßig oder ideenmäßig notwendig war. Besonders den Friedensverträgen
selbst wurde größte Aufmerksamkeit geschenkt. Was hat die junge Bewegung damals den großen
Menschenmassen immer und immer prophezeit, und wie ist fast alles davon bis jetzt eingetroffen! Heute
kann man über diese Dinge leicht reden
[519 Kampf gegen Vergiftungspropaganda]
oder schreiben. Damals aber bedeutete eine öffentliche Massenversammlung, in der sich nicht
bürgerliche Spießer, sondern verhetzte Proletarier befanden, mit dem Thema "Der Friedensvertrag von
Versailles" einen Angriff gegen die Republik und ein Zeichen reaktionärer, wenn nicht monarchistischer
Gesinnung. Schon beim ersten Sag, der eine Kritik von Versailles enthielt, konnte man den stereotypen
Zwischenruf entgegengeschleudert erhalten: "Und Brest-Litowsk?" "Brest-Litowsk?" So brüllte die
Masse immer wieder und wieder, so lange, bis sie allmählich heiser wurde oder der Referent schließlich
den Versuch, zu überzeugen, aufgab. Man hätte seinen Kopf gegen die Wand stoßen mögen vor
Verzweiflung über solch ein Volk! Es wollte nicht hören, nicht verstehen, daß Versailles eine Schande
und Schmach sei, ja nicht einmal, daß dieses Diktat eine unerhörte Ausplünderung unseres Volkes
bedeute. Die marxistische Zerstörungsarbeit und die feindliche Vergiftungspropaganda hatten diese
Menschen außer jeder Vernunft gebracht. Und dabei durfte man nicht einmal klagen. Denn wie
unermeßlich groß war die Schuld auf anderer Seite! Was hatte das Bürgertum getan, um dieser
furchtbaren Zersetzung Einhalt zu gebieten, ihr entgegenzutreten und durch eine bessere und
gründlichere Aufklärung der Wahrheit die Bahn freizumachen? Nichts und wieder nichts! Ich habe sie
damals nirgends gesehen, alle die großen völkischen Apostel von heute. Vielleicht sprachen sie in
Kränzchen, an Teetischen oder in Zirkeln Gleichgesinnter, aber da, wo sie hätten sein müssen, unter den
Wölfen, dorthin wagten sie sich nicht; außer es fand sich eine Gelegenheit, mit ihnen heulen zu können.
Mir selbst war aber damals klar, daß für den kleinen Grundstock, der zunächst die Bewegung bildete,
die Frage der Schuld am Kriege bereinigt werden mußte, und zwar bereinigt im Sinne der historischen
Wahrheit. Daß unsere Bewegung breitesten Massen die Kenntnis des Friedensvertrags vermittelte, war
eine Voraussetzung zu dem Erfolge der Bewegung in der Zukunft. Damals, als sie in diesem Frieden alle
noch einen Erfolg der Demokratie sahen,
[520 Gegen den Strom]
mußte man dagegen Front machen und sich den Gehirnen der Menschen für immer als Feind dieses
Vertrages eingraben, auf daß später, wenn einst die herbe Wirklichkeit dieses trügerische Flitterwerk
ungeschminkt in seinem nackten Hasse enthüllen würde, die Erinnerung an unsere damalige Einstellung
uns ihr Vertrauen erwürbe.
Schon in jener Zeit habe ich immer dafür Stellung genommen, in wichtigen prinzipiellen Fragen, in
denen die gesamte öffentliche Meinung eine falsche Haltung einnahm, ohne Rücksicht auf Popularität,
Haß oder Kampf gegen sie Front zu machen. Die NSDAP. durfte nicht ein Büttel der öffentlichen
Meinung, sondern mußte ein Gebieter der selben werden. Nicht Knecht soll sie der Masse sein, sondern
Herr!
Es besteht natürlich, und besonders für jede noch schwache Bewegung, die große Versuchung, in
Augenblicken, in denen es einem übermächtigen Gegner gelungen ist, das Volk durch seine
Verführungskünste zu einem wahnsinnigen Entschluß oder zu falscher Haltung zu treiben, auch
mitzutun und mitzuschreien, zumal dann, wenn ein paar Gründe — und wäre es auch nur scheinbar —
vom Gesichtspunkte der jungen Bewegung selbst angesehen, dafür sprechen könnten. Die menschliche
Feigheit wird dabei so eifrig nach solchen Gründen suchen, daß sie fast stets irgend etwas findet, das
einen Schein von Recht geben würde, auch vom "eigenen Gesichtspunkt" aus solch ein Verbrechen
mitzumachen.
Ich habe einige Male solche Fälle erlebt, in denen höchste Energie notwendig war, um das Schiff der
Bewegung nicht in den künstlich erregten allgemeinen Strom hineinschwimmen oder besser, mit ihm
treiben zu lassen, Das letztemal, als es unserer infernalischen Presse, der ja die Existenz des deutschen
Volkes Hekuba ist, gelang, die Südtiroler Frage zu einer Bedeutung emporzutreiben, die dem deutschen
Volk verhängnisvoll werden mußte. Ohne zu bedenken, wessen Dienste sie damit besorgten, haben sich
viele sogenannte "nationale" Männer und Parteien und Verbände lediglich aus Feigheit vor der von den
Juden aufgeführten öffentlichen Meinung dem allgemeinen Geschrei angeschlossen und
[521 Politik auf weite Sicht]
sinnlos mitgeholfen, den Kampf gegen ein System zu unterstützen, das wir Deutsche gerade in dieser
heutigen Lage als den einzigen Lichtblick in dieser verkommenden Welt empfinden müßten. Während
uns der internationale Weltjude langsam, aber sicher die Gurgel abdrückt, brüllen unsere sogenannten
Patrioten gegen den Mann und ein System, die es gewagt haben, sich wenigstens an einer Stelle der Erde
der jüdisch-freimaurerischen Umklammerung zu entziehen und dieser internationalen Weltvergiftung
einen nationalistischen Widerstand entgegenzusetzen. Es war aber zu verlockend für schwache
Charaktere, einfach die Segel nach dem Wind zu stellen und vor dem Geschrei der öffentlichen Meinung
zu kapitulieren. Und um eine Kapitulation hat es sich gehandelt! Mögen die Menschen in ihrer inneren
Verlogenheit und Schlechtigkeit es auch nicht zugeben, vielleicht nicht einmal sich selbst gegenüber, so
bleibt es doch Wahrheit, daß nur Feigheit und Angst vor der durch den Juden in Aufruhr gebrachten
Volksstimmung es war, die sie zum Mittun veranlaßte. Alle anderen Begründungen sind jämmerliche
Ausflüchte des schuldbewußten kleinen Sünders.
Da war es notwendig, mit eiserner Faust die Bewegung herumzureißen, um sie vor dem Verderben
durch diese Richtung zu heimfahren. Eine solche Umstellung in dem Augenblick zu versuchen, da die
öffentliche Meinung durch alle treibenden Kräfte angefacht wie eine große Flamme nur nach einer
Richtung hin brennt, ist allerdings im Augenblick nicht sehr populär, ja für den Wagemutigen manches
Mal fast todgefährlich. Aber nicht wenige Männer der Geschichte sind in solchen Augenblicken für ein
Handeln gesteinigt worden, für das die Nachwelt später alle Veranlassung hatte, ihnen auf den Knien zu
danken.
Damit aber muß eine Bewegung rechnen und nicht mit dem augenblicklichen Beifall der Gegenwart. Es
mag dann schon so sein, daß in solchen Stunden dem einzelnen ängstlich zumute wird; allein er soll nie
vergessen, daß nach jeder solchen Stunde einmal auch die Erlösung kommt, und daß eine Bewegung,
eine Welt erneuern will, nicht dem Augenblick, sondern der Zukunft zu dienen hat.
[522 Rednerische Erfahrungen]
Man kann dabei feststellen, daß die größten und nachhaltigsten Erfolge in der Geschichte meistens die
zu sein pflegen, die bei ihrem Beginne am wenigsten Verständnis fanden, weil sie zur allgemeinen
öffentlichen Meinung, zu ihrer Einsicht und zu ihrem Willen im schärfsten Gegensatz standen.
Das konnten wir damals schon, am ersten Tage unseres öffentlichen Auftretens, erfahren. Wir haben
wahrlich nicht um die "Gunst der Massen gebuhlt", sondern sind dem Wahnsinn dieses Volkes
entgegengetreten, überall. Fast immer war es so, daß ich in diesen Jahren vor eine Versammlung von
Menschen trat, die an das Gegenteilige von dem glaubten, was ich sagen wollte, und das Gegenteil von
dem wollten, was ich glaubte. Dann war es die Aufgabe von zwei Stunden, zwei- bis dreitausend
Menschen aus ihrer bisherigen Überzeugung herauszuheben, Schlag um Schlag das Fundament ihrer
bisherigen Einsichten zu zertrümmern und sie schließlich hinüberzuleiten auf den Boden unserer
Überzeugung und unserer Weltanschauung.
Ich habe damals in kurzer Zeit etwas Wichtiges gelernt, nämlich dem Feinde die Waffe seiner
Entgegnung gleich selber aus der Hand zu schlagen. Man merkte bald, daß unsere Gegner, besonders in
Gestalt ihrer Diskussionsredner, mit einem ganz bestimmten "Repertoire" auftraten, in welchem immer
wiederkehrende Einwände gegen unsere Behauptungen erhoben wurden, 80 daß die Gleichartigkeit
dieses Vorgangs auf eine zielbewußte einheitliche Schulung hinwies. Und so war es ja auch. Wir
konnten hier die unglaubliche Diszipliniertheit der Propaganda unserer Gegner kennenlernen, und es ist
heute noch mein Stolz, das Mittel gefunden zu haben, diese Propaganda nicht nur unwirksam zu
machen, sondern ihre Macher endlich selbst damit zu schlagen. Zwei Jahre später war ich Herr in dieser
Kunst.
Es war wichtig, sich in jeder einzelnen Rede vorher schon klar zu werden über den vermutlichen Inhalt
und die Form der in der Diskussion zu erwartenden Gegeneinwände und diese dann in der eigenen Rede
bereits restlos zu zer-
[523 Aufklärung über die Friedensverträge]
pflücken. Es war dabei zweckmäßig, die möglichen Einwände selbst immer sofort anzuführen und ihre
Haltlosigkeit zu beweisen; so wurde der Zuhörer, der, wenn auch vollgepfropft mit den ihm angelernten
Einwänden, aber sonst ehrlichen Herzens gekommen war, durch die vorweggenommene Erledigung der
in seinem Gedächtnis eingeprägten Bedenken leichter gewonnen. Das ihm eingelernte Zeug wurde von
selbst widerlegt und seine Aufmerksamkeit immer mehr vom Vortrag angezogen.
Das war der Grund, weshalb ich schon nach meinem ersten Vortrag über den "Friedensvertrag von
Versailles", den ich noch als sogenannter "Bildungsmensch" vor der Truppe gehalten hatte, den Vortrag
insofern änderte, als ich nunmehr über die "Friedensverträge von Brest-Litowsk und Versailles" sprach.
Denn ich konnte schon nach kürzester Zeit, ja schon im Verlauf der Aussprache über diesen meinen
ersten Vortrag, feststellen, daß die Leute über den Friedensvertrag von Brest-Litowsk in Wirklichkeit
gar nichts wußten, daß es aber der geschickten Propaganda ihrer Parteien gelungen war, gerade diesen
Vertrag als einen der schändlichsten Vergewaltigungsakte der Welt hinzustellen. Der Beharrlichkeit, mit
welcher der breiten Masse diese Lüge immer wieder vorgetragen wurde, war es zuzuschreiben, daß
Millionen von Deutschen im Friedensvertrag von Versailles nur mehr eine gerechte Vergeltung für das
zu Brest-Litowsk von uns begangene Verbrechen sahen, somit jeden wirklichen Kampf gegen Versailles
als Unrecht empfanden und in manches Mal ehrlichster, sittlicher Entrüstung verblieben. Und dies war
auch mit die Ursache, weshalb sich das ebenso unverschämte wie ungeheuerliche Wort
"Wiedergutmachung" in Deutschland einzubürgern vermochte. Diese verlogenste Heuchelei erschien
Millionen unserer verhetzten Volksgenossen wirklich als Vollzug einer höheren Gerechtigkeit.
Entsetzlich, aber es war so. Den besten Beweis dafür lieferte der Erfolg der nun von mir eingeleiteten
Propaganda gegen den Friedensvertrag von Versailles, der ich eine Aufklärung über den Vertrag von
Brest-Litowsk vorausschickte. Ich stellte die beiden Friedensverträge gegen-
[524 Aufklärung über die Friedensverträge]
einander, verglich sie Punkt für Punkt, zeigte die in Wirklichkeit geradezu grenzenlose Humanität des
einen Vertrages im Gegensatz zur unmenschlichen Grausamkeit des zweiten, und das Ergebnis war ein
durchschlagendes. Ich habe über dieses Thema damals in Versammlungen von zweitausend Menschen
gesprochen, in denen mich oft die Blicke aus dreitausendsechshuudert feindlichen Augen trafen. Und
drei Stunden später hatte ich vor mir eine wogende Masse voll heiligster Empörung und maßlosestem
Grimm. Wieder war aus Herzen und Gehirnen einer nach Tausenden zählenden Menge eine große Lüge
herausgerissen und dafür eine Wahrheit eingepflanzt worden.
Die beiden Vorträge, nämlich über "Die wahren Ursachen des Weltkrieges" und über "Die
Friedensverträge von Brest-Litowsk und Versailles", hielt ich damals für die allerwichtigsten, so daß ich
sie Dutzende Male in immer neuer Fassung wiederholte und wiederholte, bis wenigstens über diesen
Punkt eine bestimmte, klare und einheitliche Auffassung unter den Menschen verbreitet war, aus denen
sich die Bewegung ihre ersten Mitglieder holte.
Diese Versammlungen hatten für mich selbst noch das Gute, daß ich mich langsam zum
Massenversammlungsredner umstellte, daß mir das Pathos geläufig wurde und die Geste, die der große,
tausende Menschen fassende Raum erfordert.
Ich habe zu jener Zeit, außer, wie schon betont, in kleinen Zirkeln, keine Aufklärung in dieser Richtung
von den Parteien gesehen, die heute den Mund voll nehmen und tun, als ob sie einen Wandel in der
öffentlichen Meinung herbeigeführt hätten. Wenn aber ein sogenannter nationaler Politiker irgendwo
einen Vortrag in dieser Richtung hielt, dann nur vor Kreisen, die selbst schon meist seiner Überzeugung
waren, und bei denen das Vorgebrachte höchstens eine Bestärkung der eigenen Gesinnung darstellte.
Darauf aber kam es damals nicht an, sondern ausschließlich darauf, diejenigen Menschen durch
Aufklärung und Propaganda zu gewinnen, die bisher ihrer Erziehung und Einsicht nach auf
gegnerischem Boden standen.
[525 Rede wirkungsvoller als Schrift]
Auch das Flugblatt wurde von uns in den Dienst dieser Aufklärung gestellt. Schon in der Truppe hatte
ich ein Flugblatt mit einer Gegenüberstellung der Friedensverträge von Brest-Litowsk und Versailles
verfaßt, das in ganz großen Auflagen zur Verbreitung gelangte. Ich habe dann später für die Partei
Bestände davon übernommen, und auch hier war die Wirkung wieder eine gute. Die ersten
Versammlungen zeichneten sich überhaupt dadurch aus, daß die Tische bedeckt waren von allen
möglichen Flugblättern, Zeitungen, Broschüren usw. Doch wurde das Hauptgewicht auf das
gesprochene Wort gelegt. Und tatsächlich ist auch nur dieses allein in der Lage, wirklich große
Umwälzungen herbeizuführen, und zwar aus allgemeinen psychologischen Gründen.
Ich habe schon im ersten Bande ausgeführt, daß alle gewaltigen, weltumwälzenden Ereignisse nicht
durch Geschriebenes, sondern durch das gesprochene Wort herbeigeführt worden sind. Daran knüpfte
sich in einem Teil der Presse eine längere Diskussion, in der natürlich besonders von unseren
bürgerlichen Schlauköpfen sehr scharf gegen eine solche Behauptung Stellung genommen wurde. Allein
schon der Grund, weshalb dies geschah, widerlegt die Zweifler. Denn die bürgerliche Intelligenz
protestiert gegen eine solche Auffassung ja nur, weil ihr selbst die Kraft und Fähigkeit der
Massenbeeinflussung durch das gesprochene Wort ersichtlich fehlt, da man sich immer mehr auf die
rein schriftstellerische Tätigkeit geworfen hatte und auf die wirklich agitatorische der Rede verzichtete.
Eine solche Gepflogenheit führt aber mit der Zeit zwangsläufig zu dem, was unser Bürgertum heute
auszeichnet, nämlich zum Verlust des psychologischen Instinktes für Massenwirkung und
Massenbeeinflussung.
Während der Redner aus der Menge heraus, vor welcher er spricht, eine dauernde Korrektur seines
Vortrages erhält, insofern er unausgesetzt an den Gesichtern seiner Zuhörer ermessen kann, inwieweit
sie seinen Ausführungen mit Verständnis zu folgen vermögen und ob der Eindruck und die Wirkung
seiner Worte zum gewünschten Ziele
[526 Rede wirkungsvoller als Schrift]
führen, kennt der Schriftsteller seine Leser überhaupt nicht. Deshalb wird er schon von vornherein nicht
auf eine bestimmte ihm vor Augen befindliche Menschenmenge abzielen, sondern seine Ausführungen
ganz allgemein halten. Er verliert dadurch aber bis zu einem gewissen Grad an psychologischer Feinheit
und in der Folge an Geschmeidigkeit. So wird im allgemeinen ein glänzender Redner immer noch besser
zu schreiben vermögen, als ein glänzender Schriftsteller zu reden, außer er übt sich dauernd in dieser
Kunst. Dazu kommt, daß die Masse der Menschen an sich faul ist, träge im Gleise alter Gewohnheiten
bleibt und von sich selbst aus nur ungern zu etwas Geschriebenem greift, wenn es nicht dem entspricht,
was man selber glaubt, und nicht das bringt, was man sich erhofft. Daher wird eine Schrift mit einer
bestimmten Tendenz meistens nur von Menschen gelesen werden, die selbst dieser Richtung schon
zuzurechnen sind. Höchstens ein Flugblatt oder ein Plakat können durch ihre Kürze damit rechnen, auch
bei einem Andersdenkenden einen Augenblick lang Beachtung zu finden. Größere Aussicht besitzt
schon das Bild in allen seinen Formen, bis hinauf zum Film. Hier braucht der Mensch noch weniger
verstandesmäßig zu arbeiten; es genügt, zu schauen, höchstens noch ganz kurze Texte zu lesen, und so
werden viele eher bereit sein, eine bildliche Darstellung aufzunehmen, als ein längeres Schriftstück zu
lesen. Das Bild bringt in viel kürzerer Zeit, fast möchte ich sagen auf einen Schlag, dem Menschen eine
Aufklärung, die er aus Geschriebenem erst durch langwieriges Lesen empfängt.
Das wesentlichste aber ist, daß ein Schriftstück nie weiß, in welche Hände es kommt, und doch seine
bestimmte Fassung beibehalten muß. Die Wirkung wird im allgemeinen um so größer sein, je mehr
diese Fassung dem geistigen Niveau und der Wesensart gerade derjenigen entspricht, die seine Leser
sein werden. Ein Buch, das für breite Massen bestimmt ist, muß darum von vornherein versuchen, in Stil
und Höhe anders zu wirken als ein für höhere intellektuelle Schichten bestimmtes Werk.
Nur in dieser Art der Anpassungsfähigkeit nähert das
[527 Rede wirkungsvoller als Schrift]
Geschriebene sich dem gesprochenen Wort. Der Redner kann meinetwegen das gleiche Thema
behandeln wie das Buch, er wird doch, wenn er ein großer und genialer Volksredner ist, denselben
Vorwurf und denselben Stoff kaum zweimal in gleicher Form wiederholen. Er wird sich von der breiten
Masse immer so tragen lassen, daß ihm daraus gefühlsmäßig gerade die Worte flüssig werden, die er
braucht, um seinen jeweiligen Zuhörern zu Herzen zu sprechen. Irrt er sich aber noch so leise, so hat er
die lebendige Korrektur stets vor sich. Wie schon oben gesagt, vermag er dem Mienenspiel seiner
Zuhörer abzulesen, ob sie erstens verstehen, was er spricht, ob sie zweitens dem Gesamten zu folgen
vermögen, und inwieweit er sie drittens von der Richtigkeit des Vorgebrachten überzeugt hat. Sieht er
— erstens —, daß sie ihn nicht verstehen, so wird er in seiner Erklärung so primitiv und deutlich
werden, daß selbst der letzte ihn begreifen muß; fühlt er — zweitens —, daß sie ihm nicht zu folgen
vermögen, so wird er so vorsichtig und langsam seine Gedanken aufbauen, bis selbst der Schwächste
unter allen nicht mehr zurückbleibt, und er wird — drittens —, sowie er ahnt, daß sie von der
Richtigkeit des Vorgebrachten nicht überzeugt zu sein scheinen, dieses so oft und in immer wieder
neuen Beispielen wiederholen, ihre Einwände, die er unausgesprochen spürt, selbst vorbringen und so
lange widerlegen und zersplittern, bis endlich die legte Gruppe einer Opposition schon durch ihre
Haltung und ihr Mienenspiel ihn die Kapitulation vor seiner Beweisführung erkennen läßt.
Dabei handelt es sich nicht selten bei den Menschen um die Überwindung von Voreingenommenheiten,
die nicht in ihrem Verstand begründet, sondern meist unbewußt, nur durch das Gefühl gestützt sind.
Diese Schranke instinktiver Abneigung, gefühlsmäßigen Hasses, voreingenommener Ablehnung zu
überwinden, ist tausendmal schwieriger als die Richtigstellung einer fehlerhaften und irrigen
wissenschaftlichen Meinung. Falsche Begriffe und schlechtes Wissen können durch Belehrung beseitigt
werden. Widerstände des Gefühls niemals. Einzig ein Appell an diese geheimnis-
[528 Erfolge des Marxismus durch Rede]
vollen Kräfte selbst kann hier wirken; und das kann kaum je der Schriftsteller, sondern fast einzig nur
der Redner.
Den schlagendsten Beweis dafür liefert die Tatsache, daß trotz einer oft sehr geschickt aufgemachten
bürgerlichen Presse, die in unerhörten Millionenauflagen unser Volk überschwemmt, diese Presse die
breite Masse nicht hindern konnte, der schärfste Feind gerade dieser bürgerlichen Welt zu werden. Die
ganze Zeitungsflut und alle Bücher, die vom Intellektualismus Jahr für Jahr produziert werden, gleiten
an den Millionen der unteren Schichten ab wie Wasser vom geölten Leder. Dies kann nur zweierlei
beweisen: entweder die Unrichtigkeit des Inhalts dieser gesamten Schreiberleistung unserer bürgerlichen
Welt oder die Unmöglichkeit, nur durch Schrifttum an das Herz der breiten Masse zu gelangen.
Allerdings besonders dann, wenn dieses Schrifttum selbst so wenig psychologisch eingestellt ist, wie
dies hier der Fall ist.
Man erwidere nur nicht (wie dies eine große deutsch-nationale Zeitung in Berlin versuchte), daß doch
der Marxismus selbst gerade durch sein Schrifttum, insbesondere durch die Wirkung des grundlegenden
Werkes von Karl Marx, den Gegenbeweis für diese Behauptung liefere. Oberflächlicher hat man noch
selten eine irrige Anschauung zu stützen vermocht. Was dem Marxismus die staunenswerte Macht über
die breiten Massen gegeben hat, ist keineswegs das formale, schriftlich niedergelegte Werk jüdischer
Gedankenarbeit, als vielmehr die ungeheuerliche rednerische Propagandawelle, die im Laufe der Jahre
sich der breiten Masse bemächtigte. Von hunderttausend deutschen Arbeitern kennen im Durchschnitt
noch nicht hundert dieses Werk, das seit jeher von tausendmal mehr Intellektuellen und besonders Juden
studiert wurde als von wirklichen Anhängern dieser Bewegung aus den großen unteren Schichten.
Dieses Werk ist auch gar nicht für die breiten Massen geschrieben worden, sondern ausschließlich für
die intellektuelle Führung seiner jüdischen Welteroberungsmaschine; geheizt hat man sie dann mit ganz
anderem Stoff: der Presse. Denn das ist es, was die marxistische

[529 Erfolge des Marxismus durch Rede]
Presse von unserer bürgerlichen unterscheidet. Die marxistische Presse ist geschrieben von Agitatoren,
und die bürgerliche möchte gern Agitation treiben durch Schreiber. Der sozialdemokratische
Winkelredakteur, der fast stets aus dem Versammlungslokal in die Redaktion kommt, kennt seine
Pappenheimer wie kein zweiter. Der bürgerliche Skribent aber, der aus seiner Schreibstube heraus vor
die breite Masse tritt, wird schon von ihren bloßen Dünsten krank und steht ihnen deshalb auch mit dem
geschriebenen Wort hilflos gegenüber.
Was dem Marxismus die Millionen von Arbeitern gewonnen hat, das ist weniger die Schreibart
marxistischer Kirchenväter als vielmehr die unermüdliche und wahrhaft gewaltige Propagandaarbeit von
Zehntausenden unermüdlicher Agitatoren, angefangen vom großen Hetzapostel bis herunter zum kleinen
Gewerkschaftsbeamten und zum Vertrauensmann und Diskussionsredner; das sind die Hunderttausende
von Versammlungen, bei denen, in qualmender Wirtsstube auf dem Tische stehend, diese Volksredner
auf die Massen einhämmerten und so eine fabelhafte Kenntnis dieses Menschenmaterials zu gewinnen
wußten, was sie erst recht in die Lage versetzte, die richtigsten Angriffswaffen auf die Burg der
öffentlichen Meinung zu wählen. Und das waren weiter die gigantischen Massendemonstrationen, diese
Hunderttausend-Mann-Aufzüge, die dem kleinen, armseligen Menschen die stolze Überzeugung
einbrannten, als kleiner Wurm dennoch Glied eines großen Drachens zu sein, unter dessen glühendem
Atem die verhaßte bürgerliche Welt dereinst in Feuer und Flammen aufgehen und die proletarische
Diktatur den letzten Endsieg feiern werde.
Von solcher Propaganda her kamen dann die Menschen, die bereit und vorbereitet waren, eine
sozialdemokratische Presse zu lesen, jedoch eine Presse, die selber wieder nicht geschrieben, sondern
die geredet ist. Denn während im bürgerlichen Lager Professoren und Schriftgelehrte, Theoretiker und
Schreiber aller Art zuweilen auch zu reden ver[
530 Psychologische Bedingungen der Redewirkung]
suchen, versuchen im Marxismus die Redner manches Mal auch zu schreiben. Und gerade der Jude, der
hier noch besonders in Betracht kommt, wird im allgemeinen, kraft seiner verlogenen dialektischen
Gewandtheit und Geschmeidigkeit, auch noch als Schriftsteller mehr agitierender Redner als
schreibender Gestalter sein.
Das ist der Grund, warum die bürgerliche Zeitungswelt (ganz abgesehen davon, daß sie selbst zum
größten Teile verjudet ist und deshalb kein Interesse hat, die breite Masse wirklich zu belehren) nicht
den geringsten Einfluß auf die Einstellung der breitesten Schichten unseres Volkes auszuüben vermag.
Wie schwer es ist, gefühlsmäßige Vorurteile, Stimmungen, Empfindungen usw. umzustoßen und durch
andere zu ersetzen, von wie vielen kaum ermeßbaren Einflüssen und Bedingungen der Erfolg abhängt,
das kann der feinfühlige Redner daran ermessen, daß selbst die Tageszeit, in welcher der Vortrag
stattfindet, von ausschlaggebendem Einfluß auf dessen Wirkung sein kann. Der gleiche Vortrag, der
gleiche Redner, das gleiche Thema wirken ganz verschieden um zehn Uhr vormittags, um drei Uhr
nachmittags oder am Abend. Ich selbst hatte als Anfänger noch Versammlungen für den Vormittag
angesetzt und erinnere mich im besonderen an eine Kundgebung, die wir als Protest "gegen die
Unterdrückung deutscher Gebiete" im Münchner-Kindl-Keller abhielten. Dies war damals Münchens
größter Saal, und das Wagnis schien sehr groß zu sein. Um den Anhängern der Bewegung und allen, die
sonst kamen, den Besuch besonders zu erleichtern, setzte ich die Versammlung auf einen
Sonntagvormittag, zehn Uhr, an. Das Ergebnis war niederdrückend, doch zugleich außerordentlich
belehrend: der Saal voll, der Eindruck ein wahrhaft überwältigender, die Stimmung aber eisig kalt;
niemand wurde warm, und ich selbst als Redner fühlte mich tief unglücklich, keine Verbindung, nicht
den leisesten Kontakt mit meinen Zuhörern herstellen zu können. Ich glaubte nicht schlechter
gesprochen zu haben als sonst; allein die Wirkung schien gleich Null zu sein. Völlig unbefriedigt, wenn
auch um eine Erfahrung reicher
[531 Psychologische Bedingungen der Redewirkung]
geworden, verließ ich die Versammlung. Proben, die ich später in gleicher Art unternahm, führten zu
demselben Ergebnis.
Dies darf einen nicht wundernehmen. Man gehe in eine Theatervorstellung und besehe sich ein Stück
nachmittags drei Uhr und das gleiche Stück in gleicher Besetzung abends acht Uhr, und man wird
erstaunt sein über die Verschiedenartigkeit der Wirkung und des Eindrucks. Ein Mensch mit feinem
Gefühl und der Fähigkeit, sich selbst über diese Stimmung Klarheit zu verschaffen, wird ohne weiteres
feststellen können, daß der Eindruck der Vorführung nachmittags kein so großer ist wie der abends.
Selbst für ein Kinostück gilt die gleiche Feststellung. Wichtig ist dies deshalb, weil man beim Theater
sagen könnte, daß vielleicht der Schauspieler nachmittags sich nicht so müht wie abends. Der Film
jedoch ist nachmittags kein anderer als um neun Uhr abends. Nein, die Zeit selbst übt hier eine
bestimmte Wirkung aus, genau so wie auf mich der Raum. Es gibt Räume, die auch kalt lassen aus
Gründen, die man nur schwer erkennt, die jeder Erzeugung von Stimmung irgendwie heftigsten
Widerstand entgegensehen. Auch traditionelle Erinnerungen und Vorstellungen, die im Menschen
vorhanden sind, vermögen einen Eindruck maßgebend zu bestimmen. So wird eine "Parsifal"-
Aufführung in Bayreuth stets anders wirken als an irgendeiner anderen Stelle der Welt. Der
geheimnisvolle Zauber des Hauses auf dem Festspielhügel der alten Markgrafenstadt kann nicht durch
Äußeres ersetzt oder auch nur eingeholt werden.
In allen diesen Fällen handelt es sich um Beeinträchtigungen der Willensfreiheit des Menschen. Am
meisten gilt dies natürlich für Versammlungen, in die an sich Menschen von gegenteiliger
Willenseinstellung kommen, und die nunmehr einem neuen Wollen gewonnen werden müssen. Morgens
und selbst tagsüber scheinen die willensmäßigen Kräfte des Menschen sich noch in höchster Energie
gegen den Versuch der Aufzwingung eines fremden Willens und einer fremden Meinung zu sträuben.
Abends dagegen unterliegen sie leichter der beHerrschenden Kraft eines stär-
[532 Redner und Revolution]
keren Wollens. Denn wahrlich stellt jede solche Versammlung einen Ringkampf zweier
entgegengesetzter Kräfte dar. Der überragenden Redekunst einer beHerrschenden Apostelnatur wird es
nun leichter gelingen, Menschen dem neuen Wollen zu gewinnen, die selbst bereits eine Schwächung
ihrer Widerstandskraft in natürlichster Weise erfahren haben, als solche, die noch im Vollbesitz ihrer
geistigen und willensmäßigen Spannkraft sind.
Dem gleichen Zweck dient ja auch der künstlich gemachte und doch geheimnisvolle Dämmerschein
katholischer Kirchen, die brennenden Lichter, Weihrauch, Räucherpfannen usw.
In diesem Ringkampf des Redners mit dem zu bekehrenden Gegnern wird dieser allmählich jene
wundervolle Feinfühligkeit für die psychologischen Bedingungen der Propaganda bekommen, die dem
Schreibenden fast stets fehlen. Daher wird das Geschriebene in seiner begrenzten Wirkung im
allgemeinen mehr der Erhaltung, Festigung und Vertiefung einer bereits vorhandenen Gesinnung oder
Ansicht dienen. Alle wirklich großen historischen Umwälzungen sind nicht durch das geschriebene
Wort herbeigeführt, sondern höchstens von ihm begleitet worden.
Man glaube nicht, daß die Französische Revolution je durch philosophische Theorien zustande
gekommen wäre, hätte sie nicht eine durch Demagogen größten Stils geführte Armee von Hetzern
gefunden, die die Leidenschaften des an sich gequälten Volkes aufpeitschten, bis endlich jener
furchtbare Vulkanausbruch erfolgte, der ganz Europa in Schrecken erstarren ließ. Und ebenso ist die
größte revolutionäre Umwälzung der neuesten Zeit, die bolschewistische Revolution in Rußland, nicht
durch das Schrifttum Lenins erfolgt, sondern durch die haßaufwühlende rednerische Betätigung
zahlloser größter und kleinster Hetzapostel.
Das Volk der Analphabeten ist wirklich nicht durch die theoretische Lektüre eines Karl Marx zur
kommunistischen Revolution begeistert worden, sondern nur durch den gleißenden Himmel, den
Tausende von Agitatoren, allerdings alle im Dienste einer Idee, dem Volke vorredeten.
[533 Bethmann und Lloyd George als Redner]
Und das war auch immer so und wird ewig so bleiben.
Es entspricht ganz der verbohrten Weltfremdheit unserer deutschen Intelligenz, zu glauben, daß
zwangsläufig der Schriftsteller dem Redner an Geist überlegen sein müsse. Diese Auffassung wird in
köstlichster Weise durch eine Kritik der schon einmal erwähnten nationalen Zeitung illustriert, in
welcher festgestellt wird, daß man so oft enttäuscht sei, die Rede eines anerkannt großen Redners
plötzlich im Druck zu sehen. Mich erinnert das an eine andere Kritik, die ich im Laufe des Krieges unter
die Hände bekam; sie nahm die Reden Lloyd Georges, der damals noch Munitionsminister war,
peinlichst unter die Lupe, um zur geistreichen Feststellung zu kommen, daß es sich bei diesen Reden um
geistig und wissenschaftlich minderwertige, im übrigen banale und selbstverständliche Produkte handle.
Ich bekam dann in Gestalt eines kleinen Bändleins einige dieser Reden selbst in die Hand und mußte
hellauf darüber lachen, daß für diese psychologischen Meisterstücke seelischer Massenbeeinflussung ein
normaler deutscher Tintenritter kein Verständnis besaß. Dieser Mann beurteilte diese Reden eben
ausschließlich nach dem Eindruck, den sie auf seine eigene Blasiertheit hinterließen, während der große
englische Demagoge sich einzig darauf eingestellt hatte, auf die Masse seiner Zuhörer und im weitesten
Sinne auf das gesamte untere englische Volk eine möglichst große Wirkung auszuüben. Von diesem
Standpunkt aus betrachtet, waren die Reden dieses Engländers aber wunderbarste Leistungen, da sie von
einer geradezu staunenswerten Kenntnis der Seele der breiten Volksschichten zeugten. Ihre Wirkung ist
denn auch eine wahrhaft durchschlagende gewesen.
Man vergleiche damit das hilflose Gestammel eines Bethmann Hollweg. Scheinbar waren diese Reden
freilich geistreicher, in Wirklichkeit aber zeigten sie nur die Unfähigkeit dieses Mannes, zu seinem
Volke zu sprechen, das er eben nicht kannte. Trotzdem bringt es das durchschnittliche Spatzenhirn einer
deutschen, wissenschaftlich natürlich höchst gebildeten Schreiberseele fertig, die Geistigkeit des
englischen Ministers nach dem Eindruck abzu-
[534 Bethmann und Lloyd George als Redner]
schätzen, den eine auf Massenwirkung abzielende Rede auf sein vor lauter Wissenschaft verkalktes
Innere hinterläßt und in Vergleich zu bringen zu der eines deutschen Staatsmannes, dessen geistreiches
Geschwätz bei ihm natürlich auf einen empfänglicheren Boden trifft. Daß Lloyd George an Genialität
einem Bethmann Hollweg nicht nur ebenbürtig, sondern tausendmal überlegen war, bewies er eben
dadurch, daß er in seinen Reden jene Form und jenen Ausdruck fand, die ihm das Herz seines Volkes
öffneten und dieses Volk endlich restlos seinem Willen dienen ließen. Gerade in der Primitivität dieser
Sache, der Ursprünglichkeit ihrer Ausdrucksformen und der Anwendung leicht verständlicher,
einfachster Beispiele liegt der Beweis für die überragende politische Fähigkeit dieses Engländers. Denn
die Rede eines Staatsmannes zu seinem Volk habe ich nicht zu messen nach dem Eindruck, den sie bei
einem Universitätsprofessor hinterläßt, sondern an der Wirkung, die sie auf das Volk ausübt. Und dies
allein gibt auch den Maßstab für die Genialität des Redners.
×
Die staunenswerte Entwicklung unserer Bewegung, die erst vor wenigen Jahren aus einem Nichts heraus
gegründet wurde und heute schon für wert gehalten wird, von allen inneren und äußeren Feinden unseres
Volkes auf das schärfste verfolgt zu werden, ist der steten Berücksichtigung und Anwendung dieser
Erkenntnisse zuzuschreiben.
So wichtig auch das Schrifttum der Bewegung sein mag, so wird es doch in unserer heutigen Lage
größere Bedeutung für die gleiche und einheitliche Erziehung der oberen und unteren Führer haben als
für die Gewinnung gegnerisch eingestellter Massen. Nur in den seltensten Fällen wird ein überzeugter
Sozialdemokrat oder ein fanatischer Kommunist sich herbeilassen, eine nationalsozialistische Broschüre
oder gar ein Buch zu erwerben, dieses zu lesen und
[535 Notwendigkeit der Massenversammlung]
daraus einen Einblick in unsere Weltauffassung zu gewinnen oder die Kritik der seinen zu studieren.
Selbst eine Zeitung wird nur ganz selten gelesen werden, wenn sie nicht von vornherein den Stempel der
Parteizugehörigkeit trägt. Übrigens würde dies auch wenig nutzen, denn das Gesamtbild einer einzigen
Zeitungsnummer ist ein so zerrissenes und in seiner Wirkung so zersplittertes, daß man von einmaliger
Kenntnisnahme keinen Einfluß auf den Leser erwarten dürfte. Man darf und soll aber niemandem, für
den schon Pfennige eine Rolle spielen, zumuten, daß er, nur aus dem Drang nach objektiver Aufklärung,
dauernd eine gegnerische Zeitung abonniert. Es wird dies unter Zehntausenden kaum einer tun. Erst wer
der Bewegung bereits gewonnen ist, wird das Organ der Partei, und zwar als laufenden
Nachrichtendienst seiner Bewegung, dauernd lesen.
Ganz anders ist es schon mit dem "geredeten" Flugblatt! Das wird der eine oder andere, besonders wenn
er es unentgeltlich bekommt, viel eher in die Hand nehmen, um so mehr, wenn schon in der Überschrift
ein Thema, das augenblicklich in aller Leute Mund ist, plastisch behandelt ist. Nach mehr oder weniger
gründlicher Durchsicht wird er vielleicht durch ein solches Flugblatt auf neue Gesichtspunkte und
Einstellungen, ja auch auf eine neue Bewegung aufmerksam gemacht werden können. Allein auch
dadurch wird, selbst im günstigsten Fall, nur ein leiser Anstoß gegeben, niemals jedoch eine vollendete
Tatsache geschaffen. Denn auch das Flugblatt kann nur zu etwas anregen oder auf etwas hinweisen, und
seine Wirkung wird nur eintreten in Verbindung mit einer nachfolgenden gründlichen Belehrung und
Aufklärung seiner Leser. Diese ist und bleibt aber immer die Massenversammlung.
Die Massenversammlung ist auch schon deshalb notwendig, weil in ihr der einzelne, der sich zunächst
als werdender Anhänger einer jungen Bewegung vereinsamt fühlt und leicht der Angst verfällt, allein zu
sein, zum erstenmal das Bild einer
[536 Notwendigkeit der Massenversammlung]
größeren Gemeinschaft erhält, was bei den meisten Menschen kräftigend und ermutigend wirkt. Der
gleiche Mann wird im Rahmen einer Kompanie oder eines Bataillons, umgeben von allen seinen
Kameraden, leichteren Herzens zum Sturm antreten, als er dies, ganz auf sich allein angewiesen, täte. Im
Rudel fühlt er sich immer noch etwas geborgen, und wenn auch in der Wirklichkeit tausend Gründe
dagegen sprächen.
Die Gemeinsamkeit der großen Kundgebung aber stärkt nicht nur den einzelnen, sondern sie verbindet
auch und hilft mit, Korpsgeist zu erzeugen. Der Mann, der als erster Vertreter einer neuen Lehre in
seinem Unternehmen oder in seiner Werkstätte schweren Bedrängnissen ausgesetzt ist, bedarf
notwendig jener Stärkung, die in der Überzeugung liegt, ein Glied und Kämpfer einer großen
umfassenden Körperschaft zu sein. Den Eindruck dieser Körperschaft erhält er jedoch erstmalig nur in
der gemeinsamen Massenkundgebung. Wenn er aus seiner kleinen Arbeitsstätte oder aus dem großen
Betrieb, in dem er sich recht klein fühlt, zum ersten Male in die Massenversammlung hineintritt und nun
Tausende und Tausende von Menschen gleicher Gesinnung um sich hat, wenn er als Suchender in die
gewaltige Wirkung des suggestiven Rausches und der Begeisterung von drei- bis viertausend anderen
mitgerissen wird, wenn der sichtbare Erfolg und die Zustimmung von Tausenden ihm die Richtigkeit der
neuen Lehre bestätigen und zum erstenmal den Zweifel an der Wahrheit seiner bisherigen Überzeugung
erwecken — dann unterliegt er selbst dem zauberhaften Einfluß dessen, was wir mit dem Wort
Massensuggestion bezeichnen. Das Wollen, die Sehnsucht, aber auch die Kraft von Tausenden
akkumuliert sich in jedem einzelnen. Der Mann, der zweifelnd und schwankend eine solche
Versammlung betritt, verläßt sie innerlich gefestigt: er ist zum Glied einer Gemeinschaft geworden.
Die nationalsozialistische Bewegung darf das nie vergessen und sie darf sich insbesondere nie von jenen
bürgerlichen Gimpeln beeinflussen lassen, die alles besser wissen, aber nichtsdestoweniger einen großen
Staat samt ihrer
[537 Notwendigkeit der Massenversammlung]
eigenen Existenz und der Herrschaft ihrer Klasse verspielt haben. Ja, sie sind ungeheuer gescheit,
können alles, verstehen jedes — nur eines allein haben sie nicht verstanden, nämlich zu verhindern, daß
das deutsche Volk in die Arme des Marxismus falle. Da haben sie erbärmlichst und jämmerlichst
versagt, so daß ihre jetzige Eingebildetheit nur Dünkel ist, der als Stolz bekanntlich immer neben der
Dummheit an einem Holz gedeiht.
Wenn diese Menschen heute dem gesprochenen Wort keinen besonderen Wert zubilligen, tun sie dies
übrigens nur, weil sie von der Wirkungslosigkeit ihrer eigenen Redereien sich, Gott sei Lob und Dank,
schon selbst gründlichst überzeugt haben.
[538]

7. Kapitel:
Das Ringen mit der roten Front
Ich habe 1919/20 und auch 1921 persönlich sogenannte bürgerliche Versammlungen besucht. Sie übten
auf mich immer denselben Eindruck aus wie in meiner Jugend der befohlene Löffel Lebertran. Man soll
ihn nehmen, und er soll sehr gut sein, aber er schmeckt scheußlich! Würde man das deutsche Volk mit
Stricken zusammenbinden und es mit Gewalt in diese bürgerlichen "Kundgebungen" hineinziehenund
bis nach Schluß jeder Vorstellung die Türen absperren und keinen herauslassen, so könnte das vielleicht
in einigen Jahrhunderten auch zum Erfolge führen. Allerdings muß ich offen gestehen, daß mich dann
wahrscheinlich das Leben nicht mehr freuen würde und ich dann lieber auch gar kein Deutscher mehr
sein wollte. Nachdem man aber das, Gott sei Lob und Dank, nicht kann, soll man sich nur nicht
wundern, wenn das gesunde unverdorbene Volk "bürgerliche Massenversammlungen" meidet wie der
Teufel das Weihwasser.
Ich habe sie kennengelernt, diese Propheten einer bürgerlichen Weltanschauung, und wundere mich
wirklich nicht, sondern verstehe, warum sie dem gesprochenen Wort keinerlei Bedeutung beimessen.
Ich besuchte damals Versammlungen der Demokraten der Deutschnationalen, der Deutsch-
Volksparteiler und auch der Bayerischen Volksparteiler (bayer. Zentrum). Was einem dabei sofort
auffiel, war die homogene Geschlossenheit der Zuhörer. Es waren fast immer nur Parteiangehörige, die
an einer solchen Kundgebung teilnahmen. Das Ganze, ohne jede Disziplin, glich mehr einem gähnenden
Kartenspielklub als einer Versammlung des Volkes, das soeben seine größte Revolution durchgemacht.
[539 Bürgerliche "Massenversammlungen"]
Um diese friedliche Stimmung zu erhalten, geschah denn auch von seiten der Referenten alles, was nur
geschehen konnte. Sie redeten, oder besser, sie lasen meist Reden vor im Stil eines geistreichen
Zeitungsartikels oder einer wissenschaftlichen Abhandlung, mieden alle Kraftwörter und brachten bis
und da einen schwächlichen professoralen Witz dazwischen, bei dem der ehrenwerte Vorstandstisch
pflichtgemäß zu lachen begann; wenn auch nicht laut, also aufreizend zu lachen, so doch vornehm
gedämpft und zurückhaltend.
Und überhaupt schon dieser Vorstandstisch!Ich sah einmal eine Versammlung im Wagnersaal zu
München; es war eine Kundgebung anläßlich der Wiederkehr des Tages der Völkerschlacht bei Leipzig.
Die Rede hielt oder las ein würdiger alter Herr, Professor an irgendeiner Universität. Auf dem Podium
saß der Vorstand. Links ein Monokel, rechts ein Monokel und zwischendrin einer ohne Monokel. Alle
drei im Gehrock, so daß man den Eindruck erhielt entweder eines Gerichtshofes, der soeben eine
Hinrichtung vorhat, oder einer feierlichen Kindstaufe, jedenfalls also eines mehr religiösen Weiheaktes.
Die sogenannte Rede, die sich gedruckt vielleicht ganz schön ausgenommen hätte, war in ihrer Wirkung
einfach fürchterlich. Schon nach dreiviertel Stunden döste die ganze Versammlung in einem
Trancezustand dahin, der nur unterbrochen wurde von dem Hinausgehen einzelner Männlein und
Weiblein, dem Geklapper der Kellnerinnen und dem Gähnen immer zahlreicherer Zuhörer. Drei
Arbeiter, die, sei es aus Neugierde oder als beauftragte Posten, in der Versammlung anwesend waren,
und hinter denen ich mich postierte, blickten sich von Zeit zu Zeit mit schlecht verhehltem Grinsen an
und stießen sich endlich gegenseitig mit dem Ellbogen, worauf sie ganz leise den Saal verließen. Man
sah es ihnen an, daß sie um keinen Preis stören wollten. Es war dies bei dieser Gesellschaft auch
wirklich nicht notwendig. Endlich schien sich die Versammlung dem Ende zuzuneigen. Nachdem der
Professor, dessen Stimme unterdessen immer leiser und leiser geworden war, seinen Vortrag
beschlossen hatte, erhob sich der zwischen beiden Monokel-
[540 Bürgerliche "Massenversammlungen"]
trägern sitzende Versammlungsleiter und schmetterte die anwesenden "deutschen Schwestern" und
"Brüder" an, wie groß sein Dankgefühl sei und ihre Empfindung in dieser Richtung sein müsse für den
einzigartigen und herrlichen Vortrag, den ihnen Herr Professor X. in ebenso genußreicher wie
gründlicher und tiefschürfender Art hier gegeben habe, und der im wahrsten Sinne des Wortes ein
"inneres Erleben", ja eine "Tat" gewesen sei. Es würde eine Profanierung dieser weihevollen Stunde
bedeuten, wollte man an diese lichten Ausführungen noch eine Diskussion anfügen, so daß er deshalb
im Sinne aller Anwesenden von einer solchen Aussprache absehe und statt dessen alle ersuche, sich von
den Sitzen zu erheben, um einzustimmen in den Ruf: "Wir sind ein einig Volk von Brüdern" usw.
Endlich forderte er als Abschluß zum Gesange des Deutschlandliedes auf.
Und dann sangen sie, und mir kam es vor, als ob schon bei der zweiten Strophe die Stimmen etwas
weniger würden und nur beim Refrain wieder mächtig anschwollen, und bei der dritten verstärkte sich
diese Empfindung, so daß ich glaubte, daß nicht alle ganz sicher im Text gewesen sein mögen.
Allein was tut dies zur Sache, wenn ein solches Lied in voller Inbrunst aus dem Herzen einer
deutschnationalen Seele zum Himmel tönt!Daraufhin verlor sich die Versammlung, d. h. es eilte jeder,
daß er schnell hinauskam, die einen zum Bier, die anderen in ein Café und wieder andere in die frische
Luft.
Jawohl, hinaus in die frische Luft, nur hinaus! Das war auch meine einzige Empfindung. Und das soll
zur Verherrlichung eines heldenmütigen Ringens von Hunderttausenden von Preußen und Deutschen
dienen? Pfui Teufel und wieder Pfui Teufel!So etwas mag die Regierung freilich lieben. Das ist
natürlich eine "friedliche" Versammlung. Da braucht der Minister für Ruhe und Ordnung wirklich keine
Angst zu haben, daß die Wogen der Begeisterung plötzlich das behördliche Maß bürgerlicher
Anständigkeit sprengen könnten; daß plötzlich im Rausche der Begeisterung die Menschen aus
[541 Nationalsozialistische Massenversammlungen]
dem Saale strömen, nicht um ins Café oder Wirtshaus zu eilen, sondern um in Viererreihen in gleichem
Schritt und Tritt mit "Deutschland hoch in Ehren" durch die Straßen der Stadt zu marschieren und einer
ruhebedürftigen Polizei dadurch Unannehmlichkeiten zu bereiten.
Nein, mit solchen Staatsbürgern kann man zufrieden sein.
×
Dagegen waren die nationalsozialistischen Versammlungen allerdings keine "friedlichen"
Versammlungen. Da prallten ja die Wogen zweier Weltanschauungen gegeneinander, und sie schlossen
nicht mit dem faden Herunterleiern irgendeines patriotischen Liedes, sondern mit dem fanatischen
Ausbruch völkischer und nationaler Leidenschaft.
Es war gleich von Beginn an wichtig, in unseren Versammlungen blinde Disziplin einzuführen und die
Autorität der Versammlungsleitung unbedingt sicherzustellen. Denn was wir redeten, war nicht das
kraftlose Gewäsch eines bürgerlichen "Referenten", sondern war durch Inhalt und Form immer geeignet,
den Gegner zur Entgegnung zu reizen! Und Gegner waren in unseren Versammlungen! Wie oft kamen
sie herein in dicken Mengen, einzelne Hetzer zwischen ihnen und auf allen Gesichtern die Überzeugung
widerspiegelnd: Heute machen wir Schluß mit euch!Ja, wie oft sind sie damals buchstäblich in
Kolonnen hereingeführt worden, unsere Freunde von der roten Farbe, mit der vorher genau
eingetrichterten Aufgabe, heute abend den ganzen Kram auseinanderzuhauen und der Geschichte ein
Ende zu machen! Und wie oft stand dann alles auf Spitz und Knopf, und nur die rücksichtslose Energie
unserer Versammlungsleitung und das brutale Draufgängertum unseres Saalschutzes konnte immer
wieder die gegnerische Absicht vereiteln.
Und sie hatten allen Grund, gereizt zu sein.
Schon die rote Farbe unserer Plakate zog sie in unsere Versammlungssäle. Das normale Bürgertum war
ja ganz

[542 Die verdächtig roten Plakate]
entsetzt darüber, daß auch wir zum Rot der Bolschewiken gegriffen hatten, und man sah darin eine sehr
zweideutige Sache. Die deutschnationalen Geister flüsterten sich im stillen immer wieder den Verdacht
zu, daß wir im Grunde genommen auch nur eine Spielart des Marxismus wären, vielleicht überhaupt nur
verkappte Marxisten oder besser Sozialisten. Denn den Unterschied zwischen Sozialismus und
Marxismus haben diese Köpfe bis heute noch nicht begriffen. Besonders als man auch noch entdeckte,
daß wir in unseren Versammlungen grundsätzlich keine "Damen und Herren", sondern nur
"Volksgenossen und -genossinnen" begrüßten und unter uns nur von Parteigenossen sprachen, da schien
das marxistische Gespenst für viele unserer Gegner erwiesen. Wie oft haben wir uns geschüttelt vor
Lachen über diese einfältigen bürgerlichen Angsthasen angesichts des geistvollen Rätselratens über
unsere Herkunft, unsere Absichten und unser Ziel.
Wir haben die rote Farbe unserer Plakate nach genauem und gründlichem Überlegen gewählt, um
dadurch die linke Seite zu reizen, zur Empörung zu bringen und sie zu verleiten, in unsere
Versammlungen zu kommen, wenn auch nur, um sie zu sprengen, damit wir auf diese Weise überhaupt
mit den Leuten reden konnten.
Es war nun köstlich, in diesen Jahren die Ratlosigkeit und auch Hilflosigkeit unserer Gegner an ihrer
ewig schwankenden Taktik zu verfolgen. Erst forderten sie ihre Anhänger auf, von uns keine Notiz zu
nehmen und unsere Versammlungen zu meiden.
Dies wurde auch im allgemeinen befolgt.
Da aber im Laufe der Zeit einzelne dennoch kamen und diese Zahl sich langsam, aber immer mehr
vermehrte und der Eindruck unserer Lehre ersichtlich war, wurden die Führer allmählich nervös und
unruhig und verbohrten sich in die Überzeugung, daß man dieser Entwicklung nicht ewig zusehen dürfe,
sondern mit Terror ein Ende bereiten müsse.
Daraufhin kamen nun die Aufforderungen an die "klassenbewußten Proletarier", in Massen in unsere
Versammlungen zu gehen, um die "monarchistische, reaktionäre
[543 Schwankende Taktik der Marxisten]
Hetze" in ihren Vertretern mit den Fäusten des Proletariats zu treffen.
Da waren auf einmal unsere Versammlungen schon drei viertel Stunden vor der Zeit gefüllt mit
Arbeitern. Sie glichen einem Pulverfaß, das jeden Augenblick in die Luft gehen konnte und an dem
schon die brennende Lunte lag. Doch kam es immer anders. Die Menschen kamen herein als unsere
Feinde und gingen hinaus, wenn schon nicht als unsere Anhänger, so doch als nachdenklich, ja kritisch
gewordene Prüfer der Richtigkeit ihrer eigenen Lehre. Allmählich aber wurde es so, daß nach meinem
dreistündigen Vortrag Anhänger und Gegner in eine einzige begeisterte Masse zusammenschmolzen. Da
war dann jedes Signal zum Sprengen vergeblich. Und da bekamen es die Führer erst recht mit der Angst
zu tun, und man wendete sich wieder denen zu, die gegen diese Taktik schon früher Stellung genommen
hatten und die jetzt mit einem gewissen Schein von Recht auf ihre Ansicht hinwiesen, das allein
Richtige sei es, dem Arbeiter grundsätzlich den Besuch unserer Versammlungen zu verbieten.
Da kamen sie nicht mehr oder doch weniger. Allein schon nach kurzer Zeit begann das ganze Spiel
erneut von vorne.
Das Verbot wurde doch nicht gehalten, die Genossen kamen immer mehr, und endlich siegten wieder
die Anhänger der radikalen Taktik. Wir sollten gesprengt werden.
Wenn sich dann nach zwei, drei, oft auch acht und zehn Versammlungen herausstellte, daß das Sprengen
leichter gesagt als getan war und das Ergebnis jeder einzelnen Versammlung ein Abbröckeln der roten
Kampftruppen bedeutete, dann kam plötzlich wieder die andere Parole: "Proletarier, Genossen und
Genossinnen! Meidet die Versammlungen der nationalsozialistischen Hetzer!"Die gleiche, ewig
schwankende Taktik fand man übrigens auch in der roten Presse. Bald versuchte man uns
totzuschweigen, um sich dann von der Zwecklosigkeit dieses Versuchs zu überzeugen und wieder zum
Gegenteil zu greifen. Wir wurden jeden Tag irgendwie "erwähnt", und zwar meistens, um dem Arbeiter
die unbedingte Lächerlichkeit
[544 Die Gegner machen uns bekannt]
unserer ganzen Existenz klarzumachen. Nach einiger Zeit mußten die Herren aber doch fühlen, daß uns
das nicht nur nicht schadete, sondern im Gegenteil insofern nützte, als natürlich viele einzelne sich doch
die Frage vorlegen mußten, warum man denn einer Erscheinung soviel Worte widme, wenn sie eine so
lächerliche war. Die Leute wurden neugierig. Darauf schwenkte man plötzlich und begann, uns eine
Zeitlang als wahre Generalverbrecher der Menschheit zu behandeln. Artikel über Artikel, in denen unser
Verbrechertum erläutert und immer wieder aufs neue bewiesen wurde, Skandalgeschichten, wenn auch
von A bis Z aus den Fingern gesogen, sollten dann noch ein übriges tun. Allein von der
Wirkungslosigkeit auch dieser Angriffe schien man sich nach kurzer Zeit überzeugt zu haben; im
Grunde genommen half dies alles ja nur mit, die allgemeine Aufmerksamkeit erst recht auf uns zu
konzentrieren.
Ich habe damals den Standpunkt eingenommen: Ganz gleich, oh sie über uns lachen oder schimpfen, ob
sie uns als Hanswurste oder als Verbrecher hinstellen; die Hauptsache ist, daß sie uns erwähnen, daß sie
sich immer wieder mit uns beschäftigen, und daß wir allmählich in den Augen der Arbeiter selber
wirklich als die Macht erscheinen, mit der zur Zeit allein noch eine Auseinandersetzung stattfindet. Was
wir wirklich sind und was wir wirklich wollen, das werden wir eines schönen Tages der jüdischen
Pressemeute schon zeigen.
Ein Grund, warum es damals meist nicht zu direkten Sprengungen unserer Versammlungen kam, war
allerdings auch die ganz unglaubliche Feigheit der Führer unserer Gegner. In allen kritischen Fällen
haben sie kleine Hänschen vorgeschickt, höchstens außerhalb der Säle auf das Resultat der Sprengung
gewartet.
Wir waren über die Absichten der Herrschaften fast immer sehr gut unterrichtet. Nicht nur, weil wir aus
Zweckmäßigkeitsgründen selbst viele Parteigenossen innerhalb der roten Formationen stecken ließen,
sondern weil die roten Drahtzieher selbst von einer, in diesem Falle uns sehr nützlichen Geschwätzigkeit
ergriffen waren, wie man sie in un-
[545 Rechtswidrige Polizeipraxis]
serem deutschen Volke leider überhaupt sehr häufig findet. Sie konnten nicht dichthalten, wenn sie so
etwas ausgebrütet hatten, und zwar pflegten sie meistens schon zu gackern, ehe noch das Ei gelegt war.
So hatten wir oft und oft die umfassendsten Vorbereitungen getroffen, ohne daß die roten
Sprengkommandos selbst auch nur eine Ahnung besaßen, wie nahe ihnen der Hinauswurf bevorstand.
Diese Zeit zwang uns, den Schutz unserer Versammlungen selbst in die Hand zu nehmen; auf den
behördlichen Schutz kann man nie rechnen; im Gegenteil, er kommt erfahrungsgemäß immer nur den
Störern zugute. Denn der einzige tatsächliche Erfolg eines behördlichen Eingreifens, und zwar durch
Polizei, war höchstens die Auflösung der Versammlung, also ihre Schließung. Und das war ja auch
einzig das Ziel und die Absicht der gegnerischen Störer.
Überhaupt hat sich hier bei der Polizei eine Praxis herausgebildet, die das Ungeheuerlichste an
Rechtswidrigkeit darstellt, das man sich vorstellen kann. Wenn nämlich durch irgendwelche Drohungen
der Behörde bekannt wird, daß die Gefahr einer Versammlungssprengung besteht, dann verhaftet diese
nicht die Droher, sondern verbietet den anderen, Unschuldigen, die Versammlung, auf welche Weisheit
sich ein normaler Polizeigeist noch kolossal viel einbildet. Sie nennen es eine "vorbeugende Maßnahme
zur Verhinderung einer Gesetzwidrigkeit".
Der entschlossene Bandit hat es also jederzeit in der Hand, dem anständigen Menschen seine politische
Tätigkeit und Betätigung unmöglich zu machen. Im Namen der Ruhe und Ordnung beugt sich die
Staatsautorität vor dem Banditen und ersucht den anderen, diesen gefälligst nicht zu provozieren. Wenn
also Nationalsozialisten an gewissen Stellen Versammlungen abhalten wollten und die Gewerkschaften
erklärten, daß dies zu einem Widerstand seitens ihrer Mitglieder führen würde, dann setzte die Polizei
beileibe nicht die erpresserischen Burschen hinter Schloß und Riegel, sondern verbot uns die
Versammlung. Ja, diese Organe des Gesetzes besaßen sogar die unglaubliche Schamlosigkeit, uns dies
unzählige Male schriftlich mitzuteilen.
[546 Psychologisch richtige Versammlungsleitung]
Wollte man sich vor solchen Eventualitäten schützen, mußte man also dafür sorgen, daß jeder Versuch
einer Störung schon im Keim unmöglich wurde.
Hierbei kam aber noch folgendes in Betracht: Jede Versammlung, die ihren Schutz ausschließlich durch
die Polizei erhält, diskreditiert die Veranstalter in den Augen der breiten Masse. Versammlungen, deren
Abhaltung nur durch die Abstellung eines großen Polizeiaufgebotes garantiert werden, wirken nicht
werbend, insofern die Voraussetzung zum Gewinnen der unteren Schichten eines Volkes immer eine
ersichtlich vorhandene Kraft ist.
So wie ein mutiger Mann Frauenherzen leichter erobern wird als ein Feigling, so gewinnt eine
heldenhafte Bewegung auch eher das Herz eines Volkes als eine feige, die nur durch polizeilichen
Schutz am Leben erhalten wird.
Besonders aus diesem letzteren Grunde mußte die junge Partei dafür sorgen, ihre Existenz selbst zu
vertreten, sich selbst zu schützen und den gegnerischen Terror selbst zu brechen.
Der Versammlungsschutz wurde aufgebaut: 1. auf einer energischen und psychologisch richtigen
Leitung der Versammlung;2. auf einem organisierten Ordnertrupp.
Wenn wir Nationalsozialisten damals eine Versammlung abhielten, waren wir Herren derselben und
nicht ein anderer. Und wir haben dieses Herrenrecht ununterbrochen in jeder Minute schärfstens betont.
Unsere Gegner wußten ganz genau, daß, wer damals provozierte, unnachsichtlich hinausflog, und wären
wir selbst nur ein Dutzend gewesen unter einem halben Tausend. In den damaligen Versammlungen,
besonders außerhalb Münchens, trafen auf fünfzehn, sechzehn Nationalsozialisten fünf-, sechs-, siebenund
achthundert Gegner. Allein wir hätten dennoch keine Provokation geduldet, und unsere
Versammlungsbesucher wußten sehr gut, daß wir uns lieber hätten totschlagen lassen, als zu
kapitulieren. Es war auch öfter als einmal, daß
[547 Marxistische Versammlungstechnik]
sich eine Handvoll Parteigenossen gegen eine brüllende und schlagende rote Übermacht heldenmütig
durchgesetzt hat.
Sicherlich wären in solchen Fällen diese fünfzehn oder zwanzig Mann zum Schlusse überwältigt
worden. Allein die anderen wußten, daß vorher mindestens der doppelten oder dreifachen Zahl von
ihnen der Schädel eingeschlagen worden wäre, und das riskierten sie nicht gerne.
Wir haben hier aus dem Studium marxistischer und bürgerlicher Versammlungstechnik zu lernen
versucht und haben auch gelernt.
Die Marxisten hatten von jeher eine blinde Disziplin, so daß der Gedanke der Sprengung einer
marxistischen Versammlung wenigstens von bürgerlicher Seite gar nicht kommen konnte. Um so mehr
beschäftigten sich immer die Roten selbst mit derlei Absichten. Sie hatten es allmählich nicht nur zu
einer bestimmten Virtuosität auf diesem Gebiet gebracht, sondern gingen endlich so weit, in großen
Gebieten des Reiches eine nichtmarxistische Versammlung an sich schon als Provokation des
Proletariats zu bezeichnen; besonders dann, wenn die Drahtzieher witterten, daß bei der Versammlung
ihr eigenes Sündenregister vielleicht aufgezählt werden könnte, um die Niedertracht ihrer
volksbelügenden und volksbetrügerischen Tätigkeit zu enthüllen. Sowie dann auch eine solche
Versammlung angekündigt wurde, erhob die gesamte rote Presse ein wütendes Geschrei, wobei sich
diese prinzipiellen Gesetzesverächter nicht selten als erste an die Behörden wandten mit der ebenso
dringenden als drohenden Bitte, diese "Provokation des Proletariats", "auf daß Ärgeres verhütet werde",
sofort zu verhindern. Je nach der Größe des beamteten Kalbskopfes wählten sie ihre Sprache und
erzielten ihren Erfolg. Befand sich aber auf einem solchen Posten ausnahmsweise wirklich ein deutscher
Beamter, nicht eine beamtete Kreatur, und lehnte die unverschämte Zumutung ab, dann folgte die
bekannte Aufforderung, eine solche "Provokation des Proletariats" nicht zu dulden, sondern sich am
Soundsovielten in Massen in der Versammlung einzufinden, um "den bürger-
[548 Bürgerliche Versammlungstechnik]
lichen Kreaturen mit Hilfe der schwieligen Faust des Proletariats das schandvolle Handwerk zu legen".
Nun muß man so eine bürgerliche Versammlung gesehen, muß ihre Versammlungsleitung in ihrem
ganzen Jammer und in ihrer Angst einmal miterlebt haben! Gar oft wurde ja auf solche Drohungen hin
eine Versammlung glatt abgesagt. Immer war aber die Furcht so groß, daß man statt um acht Uhr selten
vor drei Viertel neun Uhr oder neun Uhr zur Eröffnung kam. Der Vorsitzende bemühte sich dann durch
neunundneunzig Komplimente, den anwesenden "Herren der Opposition" klarzumachen, wie sehr er
und auch alle anderen Anwesenden sich innerlich freuten (glatte Lüge!) über den Besuch von Männern,
die noch nicht auf ihrem Boden stünden, weil ja nur durch gegenseitige Aussprache (die er damit gleich
von vornherein feierlichst zusagte) die Auffassungen einander nähergebracht, das gegenseitige
Verständnis geweckt und eine Brücke geschlagen werden könnte. Wobei er nebenbei noch versicherte,
daß es keineswegs die Absicht der Versammlung wäre, Leute ihrer bisherigen Auffassung etwa
abspenstig zu machen. Beileibe nein, es solle nur jeder nach seiner Fasson selig werden, aber auch den
anderen selig werden lassen, und darum bitte er, daß man den Referenten seine Ausführungen, die
ohnedies nicht sehr lang sein würden, zu Ende führen lasse und der Welt nicht auch in dieser
Versammlung das beschämende Schauspiel des inneren deutschen Bruderhasses biete.. Brrr.
Das Brudervolk von links hatte dafür allerdings meist kein Verständnis; sondern ehe der Referent noch
begonnen hatte, mußte er unter den wüstesten Beschimpfungen auch schon zusammenpacken, und man
erhielt nicht selten den Eindruck, als ob er dem Schicksal noch dankbar wäre für die schnelle Abkürzung
der martervollen Prozedur. Unter ungeheurem Spektakel verließen solche bürgerlichen
Versammlungstoreadore die Arena, sofern sie nicht mit zerbeulten Köpfen die Treppen hinunterflogen,
was sogar oft der Fall war.
So bedeutete es für die Marxisten allerdings etwas Neues,
[549 Nationalsozialistische Ordnertruppe]
als wir Nationalsozialisten unsere ersten Versammlungen aufzogen, und besonders wie wir sie aufzogen.
Sie kamen herein in der Überzeugung, das Spielchen, das sie so oft gespielt, selbstverständlich auch bei
uns wiederholen zu können. "Heute machen wir Schluß!" Wie so mancher hat nicht diesen Satz beim
Hereingehen in unsere Versammlung großmäulig einem anderen zugerufen, um blitzschnell, ehe er noch
zum zweiten Zwischenruf kam, schon vor dem Saaleingang zu sitzen.
Erstens war schon die Leitung der Versammlung bei uns eine andere. Es wurde nicht darum gebettelt,
unseren Vortrag gnädigst zu gestatten, auch nicht von vornherein jedem eine endlose Aussprache
zugesichert, sondern kurzerhand festgestellt, daß die Herren der Versammlung wir seien, daß wir
infolgedessen das Hausrecht besäßen, und daß jeder, der es wagen sollte, auch nur einen Zwischenruf zu
machen, unbarmherzig dort hinausflöge, von wo er hereingekommen sei. Daß wir weiter jede
Verantwortung für einen solchen Burschen ablehnen müßten; wenn Zeit bleibe und es uns paßte, so
würden wir eine Diskussion stattfinden lassen, wenn nicht, dann keine, und der Herr Referent, Pg.
Soundso, habe jetzt das Wort.
Schon darüber staunten sie.
Zweitens verfügten wir über einen straff organisierten Saalschutz. Bei den bürgerlichen Parteien pflegte
dieser Saalschutz oder besser Ordnerdienst meistens aus Herren zu bestehen, die in der Würde ihres
Alters ein gewisses Anrecht auf Autorität und Respekt zu besitzen glaubten. Da sich nun die marxistisch
verhetzten Massen um Alter, Autorität und Respekt nicht im geringsten kümmerten, war die Existenz
dieses bürgerlichen Saalschutzes praktisch sozusagen aufgehoben.
Ich habe gleich zu Beginn unserer großen Versammlungstätigkeit die Organisation eines Saalschutzes
eingeleitet als einen Ordnerdienst, der grundsätzlich lauter junge Burschen umfaßte. Es waren zum Teil
Kameraden, die ich vom Militärdienst her kannte, andere erst gewonnene junge Parteigenossen, die von
allem Anbeginn darüber belehrt
[550 Nationalsozialistische Ordnertruppe]
und daraufhin erzogen wurden, daß Terror nur durch Terror zu brechen sei, daß auf dieser Erde der
Mutige und Entschlossene noch stets den Erfolg für sich gehabt habe; daß wir für eine gewaltige Idee
fechten, so groß und erhaben, daß sie sehr wohl verdiene, mit dem letzten Tropfen Blut beschirmt und
beschützt zu werden. Sie waren durchdrungen von der Lehre, daß, wenn einmal die Vernunft schweige
und die Gewalt die letzte Entscheidung habe, die beste Waffe der Verteidigung im Angriff liege, und
daß unserer Ordnertruppe der Ruf schon vorangehen müsse, kein Debattierklub, sondern eine zum
äußersten entschlossene Kampfgemeinschaft zu sein.
Und wie hatte sich diese Jugend nicht nach einer solchen Parole gesehnt!Wie ist diese
Feldzugsgeneration enttäuscht und entrüstet gewesen, voll Ekel und Abscheu über die bürgerliche
Schlappschwänzigkeit!Da wurde es einem so recht klar, wie die Revolution wirklich nur dank der
verheerenden bürgerlichen Führung unseres Volkes möglich war. Die Fäuste, das deutsche Volk zu
beschützen, sie wären selbst damals noch dagewesen, nur die Schädel für den Einsatz hatten gefehlt.
Wie haben mich die Augen meiner Jungens damals oft angeleuchtet, wenn ich ihnen die Notwendigkeit
ihrer Mission auseinandersetzte, ihnen immer und immer wieder versicherte, daß alle Weisheit auf
dieser Erde erfolglos bleibt, wenn nicht die Kraft in ihre Dienste tritt, sie beschirmt und schützt, daß die
milde Göttin des Friedens nur an der Seite des Kriegsgottes wandeln kann, und daß jegliche große Tat
dieses Friedens des Schutzes und der Hilfe der Kraft bedarf! Wie ist ihnen der Gedanke der Wehrpflicht
nun in einer viel lebendigeren Form aufgegangen! Nicht in dem verkalkten Sinn alter, verknöcherter
Beamtenseelen, im Dienste der toten Autorität eines toten Staates, sondern in der lebendigen Erkenntnis
der Pflicht, durch Hingabe des Lebens des einzelnen für das Dasein seines Volkes im gesamten
einzutreten, immer und jederzeit, an jeder Stelle und an jedem Orte.
Und wie sind diese Jungen dann eingetreten!
[551 Bedeutung des einheitlichen Systems]
Gleich einem Schwarm von Hornissen flogen sie auf die Störer unserer Versammlungen los, ohne
Rücksicht auf deren Übermacht, und mochte sie eine noch so große sein, ohne Rücksicht auf Wunden
und blutige Opfer, ganz erfüllt von dem großen Gedanken, der heiligen Mission unserer Bewegung freie
Bahn zu schaffen.
Schon im Hochsommer 1920 nahm die Organisation der Ordnertruppe allmählich bestimmte Formen an,
um sich im Frühjahr 1921 nach und nach in Hundertschaften zu gliedern, die sich selbst wieder in
Gruppen teilten.
Und dies war dringend notwendig, denn unterdessen war die Versammlungstätigkeit dauernd gestiegen.
Wohl kamen wir auch jetzt noch oft im Münchener Hofbräuhausfestsaal zusammen, allein noch öfter in
den größeren Sälen der Stadt. Der Bürgerbräufestsaal und der Münchner-Kindl-Keller erlebten im
Herbst und Winter 1920/21 immer gewaltigere Massenversammlungen, und das Bild war immer
dasselbe: Kundgebungen der NSDAP. mußten schon damals meist vor Beginn wegen Überfüllung
polizeilich gesperrt werden.
×
Die Organisation unserer Ordnertruppe brachte eine sehr wichtige Frage zur Klärung. Die Bewegung
besaß bis dorthin kein Parteizeichen und auch keine Parteiflagge. Das Fehlen solcher Symbole hatte
nicht nur augenblicklich Nachteile, sondern war für die Zukunft unerträglich. Die Nachteile bestanden
vor allem darin, daß den Parteigenossen jedes äußere Kennzeichen ihrer Zusammengehörigkeit fehlte,
während es für die Zukunft nicht zu ertragen war, eines Zeichens entbehren zu müssen, das den
Charakter eines Symbols der Bewegung besaß und als solches der Internationale entgegengesetzt
werden konnte.
Welche Bedeutung aber einem solchen Symbol psychologisch zukommt, hatte ich schon in meiner
Jugend öfter als einmal Gelegenheit zu erkennen und auch gefühlsmäßig zu
[552 Altes und neues Schwarz-Rot-Gold]
verstehen. Nach dem Krieg erlebte ich dann in Berlin eine Massenkundgebung des Marxismus vor dem
Kgl. Schloß und Lustgarten. Ein Meer von roten Fahnen, roten Binden und roten Blumen gab dieser
Kundgebung, an der schätzungsweise hundertzwanzigtausend Personen teilnahmen, ein schon rein
äußerlich gewaltiges Ansehen. Ich konnte selbst fühlen und verstehen, wie leicht der Mann aus dem
Volke dem suggestiven Zauber eines solchen grandios wirkenden Schauspiels unterliegt.
Das Bürgertum, das parteipolitisch überhaupt keine Weltanschauung vorstellt oder vertritt, hatte darum
auch keine eigene Fahne. Es bestand aus "Patrioten" und lief demnach in den Farben des Reiches herum.
Wären diese selbst das Symbol einer bestimmten Weltanschauung gewesen, dann hätte man es verstehen
können, daß die Inhaber des Staates in dessen Flagge auch die Repräsentantin ihrer Weltanschauung
erblickten, da ja das Symbol ihrer Weltanschauung durch ihre eigene Tätigkeit Staats- und Reichsflagge
geworden war.
So verhielten sich die Dinge aber nicht.
Das Reich war ohne Zutun des deutschen Bürgertums gezimmert und die Flagge selbst aus dem Schoße
des Krieges geboren worden. Somit war sie aber wirklich nur eine Staatsflagge und besaß keinerlei
Bedeutung im Sinne einer besonderen weltanschaulichen Mission.
Nur an einer Stelle des deutschen Sprachgebietes war so etwas wie eine bürgerliche Parteifahne
vorhanden, in Deutschösterreich. Indem ein Teil des dortigen nationalen Bürgertums die Farben der
achtundvierziger Jahre, Schwarz-Rot-Gold, zu seiner Parteifahne erkoren hatte, schuf es ein Symbol,
das, wenn auch weltanschaulich ohne jede Bedeutung, staatspolitisch dennoch revolutionären Charakter
trug. Die schärfsten Feinde dieser Fahne Schwarz-Rot-Gold waren damals — dies soll man heute nie
vergessen — Sozialdemokraten und Christlich-Soziale bzw. Klerikale. Gerade sie haben damals diese
Farben beschimpft und besudelt und beschmutzt, genau so wie sie spä-
[553 Alte und neue Reichsflagge]
ter, 1918, Schwarz-Weiß-Rot in die Gosse zogen. Allerdings war das Schwarz-Rot-Gold der deutschen
Parteien des alten Österreichs die Farbe des Jahres 48, also einer Zeit, die phantastisch gewesen sein
mochte, allein im einzelnen die ehrlichsten deutschen Seelen als Vertreter besaß, wenn auch unsichtbar
im Hintergrunde der Jude als Drahtzieher stand. Mithin haben erst der Vaterlandsverrat und die
schamlose Verschacherung von deutschem Volke und deutschem Gute die Fahne dem Marxismus und
dem Zentrum so sympathisch gemacht, daß sie sie heute als höchstes Heiligtum verehren und eigene
Banner zum Schutze der von ihnen einst bespienen Flagge gründen.
So stand bis zum Jahre 1920 tatsächlich dem Marxismus keine Fahne gegenüber, die weltanschaulich
den polaren Gegensatz zu ihm verkörpert hätte. Denn wenn sich auch das deutsche Bürgertum in seinen
besseren Parteien nach dem Jahre 1918 nicht mehr dazu bequemen wollte, die jetzt auf einmal entdeckte
schwarzrotgoldene Reichsflagge als sein eigenes Symbol zu übernehmen, so hatte man selbst doch der
neuen Entwicklung kein eigenes Programm für die Zukunft entgegenzusetzen, im besten Fall den
Gedanken einer Rekonstruktion des vergangenen Reiches.
Und diesem Gedanken verdankt die schwarzweißrote Fahne des alten Reiches ihre Wiederauferstehung
als Flagge unserer sogenannten nationalen bürgerlichen Parteien.
Daß nun das Symbol eines Zustandes, der vom Marxismus unter wenig rühmlichen Umständen und
Begleiterscheinungen überwunden werden konnte, schlecht zum Zeichen taugt, unter welchem dieser
gleiche Marxismus wieder vernichtet werden soll, liegt auf der Hand. So heilig und teuer diese alten
einzigschönen Farben in ihrer jugendfrischen Zusammenstellung jedem anständigen Deutschen sein
müssen, der unter ihnen gekämpft und das Opfer von so vielen gesehen hat, so wenig gilt diese
[554 Alte und neue Reichsflagge]
Fahne als Symbol für einen Kampf der Zukunft.
Ich habe immer, zum Unterschied von bürgerlichen Politikern, in unserer Bewegung den Standpunkt
vertreten, daß es für die deutsche Nation ein wahres Glück sei, die alte Fahne verloren zu haben. Was
die Republik unter ihrer Flagge macht, kann uns gleichbleiben. Aus tiefstem Herzen aber sollten wir
dem Schicksal danken, daß es gnädig genug die ruhmvollste Kriegsflagge aller Zeiten davor bewahrt
hat, als Bettuch der schmachvollsten Prostitution verwendet zu werden. Das heutige Reich, das sich und
seine Bürger verkauft, dürfte niemals die schwarzweißrote Ehren- und Heldenfahne führen.
Solange die Novemberschande währt, mag sie auch ihre äußere Hülle tragen und nicht auch diese noch
einer redlicheren Vergangenheit zu stehlen versuchen. Unsere bürgerlichen Politiker sollten es sich in
das Gewissen rufen, daß, wer für den Staat die schwarzweißrote Flagge wünscht, einen Diebstahl an
unserer Vergangenheit begebt. Die einstige Flagge paßte wirklich auch nur für das einstige Reich genau
so wie, Gott sei Lob und Dank, die Republik sich die für sie passende wählte.
Das war auch der Grund, weshalb wir Nationalsozialisten im Aufziehen der alten Fahne kein
ausdrucksvolles Symbol unserer eigenen Tätigkeit hätten erblicken können. Denn wir wollen ja nicht
das alte, an seinen eigenen Fehlern zugrunde gegangene Reich wieder vom Tode erwecken, sondern
einen neuen Staat erbauen.
Die Bewegung, die heute in diesem Sinne mit dem Marxismus kämpft, muß damit auch in ihrer Fahne
schon das Symbol des neuen Staates tragen.
Die Frage der neuen Flagge, d. h. ihr Aussehen, beschäftigte uns damals sehr stark. Es kamen von allen
Seiten Vorschläge, die allerdings meist besser gemeint als gut gelungen waren. Denn die neue Fahne
mußte ebensosehr ein Symbol unseres eigenen Kampfes sein, wie sie andererseits auch von großer
plakatmäßiger Wirkung sein sollte. Wer sich selbst viel mit der Masse zu beschäftigen hat, wird in all
[555 Die nationalsozialistische Flagge]
diesen scheinbaren Kleinigkeiten doch sehr wichtige Angelegenheiten erkennen. Ein wirkungsvolles
Abzeichen kann in Hunderttausenden von Fällen den ersten Anstoß zum Interesse an einer Bewegung
geben.
Aus diesem Grunde mußten wir alle Vorschläge zurückweisen, unsere Bewegung durch eine weiße
Fahne, wie dies von vielen Seiten vorgeschlagen wurde, mit dem alten Staat oder, richtiger, mit jenen
schwächlichen Parteien zu identifizieren, deren einziges politisches Ziel die Wiederherstellung
vergangener Zustände ist. Außerdem ist Weiß keine mitreißende Farbe. Sie paßt für keusche
Jungfrauenvereinigungen, aber nicht für umwälzende Bewegungen einer revolutionären Zeit.
Auch Schwarz kam in Vorschlag: An sich passend für die heutige Zeit, war in ihr aber keine irgendwie
zu deutende Darstellung des Wollens unserer Bewegung gegeben. Endlich wirkt diese Farbe auch nicht
mitreißend genug.
Weiß-Blau schied aus, trotz der ästhetisch wundervollen Wirkung, als Farbe eines deutschen
Einzelstaates und einer leider nicht im besten Rufe stehenden politischen Einstellung auf
partikularistische Engherzigkeit. Im übrigen hätte man auch hier nur sehr schwer einen Hinweis auf
unsere Bewegung finden können. Das gleiche galt für Schwarz-Weiß.
Schwarz-Rot-Gold kam an sich nicht in Frage.
Auch Schwarz-Weiß-Rot nicht, aus bereits erwähnten Gründen, jedenfalls nicht in der bisherigen
Fassung. In der Wirkung steht diese Farbenzusammenstellung allerdings hoch über allen anderen
erhaben. Es ist der strahlendste Akkord, den es gibt.
Ich selbst trat immer für die Beibehaltung der alten Farben ein, nicht nur weil sie mir als Soldat das
Heiligste sind, das ich kenne, sondern weil sie auch in ihrer ästhetischen Wirkung meinem Gefühl
weitaus am meisten entsprechen. Dennoch mußte ich die zahllosen Entwürfe, die damals aus den
Kreisen der jungen Bewegung einliefen, und die meistens das Hakenkreuz in die alte Fahne
hineingezeichnet hatten, ausnahmslos ablehnen. Ich selbst — als Führer — wollte nicht sofort mit
meinem eigenen
[556 Die nationalsozialistische Flagge]
Entwurf an die Öffentlichkeit treten, da es ja möglich war, daß ein anderer einen ebenso guten oder
vielleicht auch besseren bringen würde. Tatsächlich hat ein Zahnarzt aus Starnberg auch einen gar nicht
schlechten Entwurf geliefert, der übrigens dem meinen ziemlich nahekam, nur den einen Fehler hatte,
daß das Hakenkreuz mit gebogenen Haken in eine weiße Scheibe hineinkomponiert war.
Ich selbst hatte unterdes nach unzähligen Versuchen eine endgültige Form niedergelegt: eine Fahne aus
rotem Grundtuch mit einer weißen Scheibe und in deren Mitte ein schwarzes Hakenkreuz. Nach langen
Versuchen fand ich auch ein bestimmtes Verhältnis zwischen der Größe der Fahne und der Größe der
weißen Scheibe sowie der Form und Stärke des Hakenkreuzes.
Und dabei ist es dann geblieben.
In gleichem Sinne wurden nun sofort Armbinden für die Ordnungsmannschaften in Auftrag gegeben,
und zwar eine rote Binde, auf der sich ebenfalls die weiße Scheibe mit schwarzem Hakenkreuz befindet.
Auch das Parteiabzeichen wurde nach gleichen Richtlinien entworfen: eine weiße Scheibe auf rotem
Felde und in der Mitte das Hakenkreuz. Ein Münchner Goldschmied, Füß, lieferte den ersten
verwendbaren und dann auch beibehaltenen Entwurf.
Im Hochsommer 1920 kam zum ersten Male die neue Flagge vor die Öffentlichkeit. Sie paßte
vorzüglich zu unserer jungen Bewegung. So wie diese jung und neu war, war sie es auch. Kein Mensch
hatte sie vorher je gesehen; sie wirkte damals wie eine Brandfackel. Wir selber empfanden alle eine fast
kindliche Freude, als eine treue Parteigenossin den Entwurf zum ersten Male ausgeführt und die Fahne
abgeliefert hatte. Schon einige Monate später besaßen wir in München ein halbes Dutzend davon, und
die immer mehr und mehr um sich greifende Ordnertruppe besonders trug dazu bei, das neue Symbol
der Bewegung zu verbreiten.
Und ein Symbol ist dies wahrlich! Nicht nur, daß durch die einzigen, von uns allen heißgeliebten
Farben,
[557 Deutung des nationalsozialistischen Symbols]
die einst dem deutschen Volke soviel Ehre errungen hatten, unsere Ehrfurcht vor der Vergangenheit
bezeugt wird, sie war auch die beste Verkörperung des Wollens der Bewegung. Als nationale Sozialisten
sehen wir in unserer Flagge unser Programm. Im Rot sehen wir den sozialen Gedanken der Bewegung,
im Weiß den nationalistischen, im Hakenkreuz die Mission des Kampfes für den Sieg des arischen
Menschen und zugleich mit ihm auch den Sieg des Gedankens der schaffenden Arbeit, die selbst ewig
antisemitisch war und antisemitisch sein wird.
Zwei Jahre später, als aus der Ordnertruppe schon längst eine viel tausend Mann umfassende
Sturmabteilung geworden war, schien es nötig, dieser Wehrorganisation der jungen Weltanschauung
noch ein besonderes Symbol des Sieges zu geben: die Standarte. Auch sie habe ich selbst entworfen und
dann einem alten, treuen Parteigenossen, dem Goldschmiedmeister Gahr, zur Ausführung übergeben.
Seitdem gehört die Standarte zu den Wahr- und Feldzeichen des nationalsozialistischen Kampfes.

Die Versammlungstätigkeit, die im Jahre 1920 sich immer mehr steigerte, führte endlich dazu, daß wir
manche Woche sogar zwei Versammlungen abhielten. Vor unseren Plakaten stauten sich die Menschen,
die größten Säle der Stadt waren immer gefüllt, und Zehntausende verführter Marxisten fanden den Weg
zurück zu ihrer Volksgemeinschaft, um Kämpfer für ein kommendes, freies Deutsches Reich zu werden.
Die Öffentlichkeit in München hatte uns kennengelernt. Man sprach von uns, und das Wort
"Nationalsozialist" wurde vielen geläufig und bedeutete schon ein Programm. Auch die Schar der
Anhänger, ja selbst der Mitglieder begann ununterbrochen zu wachsen, so daß wir im Winter 1920/21
schon als starke Partei in München auftreten konnten.
Es gab damals außer den marxistischen Parteien keine Partei, vor allem keine nationale, die auf solche
Massenkundgebungen hätte hinweisen können wie wir. Der
[558 Die erste Zirkusversammlung]
fünftausend Menschen fassende Münchner-Kindl-Keller war öfter als einmal zum Brechen voll
gewesen, und nur einen einzigen Raum gab es, an den wir uns noch nicht herangewagt hatten, und dies
war der Zirkus Krone.
Ende Januar 1921 stiegen für Deutschland wieder schwere Sorgen auf. Das Pariser Abkommen, auf
Grund dessen sich Deutschland zur Zahlung der wahnwitzigen Summe von hundert Milliarden
Goldmark verpflichtete, sollte in der Form des Londoner Diktats Wirklichkeit werden.
Eine in München seit langem bestehende Arbeitsgemeinschaft sogenannter völkischer Verbände wollte
aus diesem Anlaß zu einem größeren gemeinsamen Protest einladen. Die Zeit drängte sehr, und ich
selbst war angesichts des ewigen Zauderns und Zögerns, gefaßte Beschlüsse auch zur Durchführung zu
bringen, nervös. Man redete zuerst von einer Kundgebung am Königsplatz, unterließ dies aber wieder,
da man Angst davor hatte, von den Roten auseinandergehauen zu werden, und projektierte eine
Protestkundgebung vor der FeldHerrnhalle. Allein auch davon kam man wieder ab und schlug endlich
eine gemeinsame Versammlung im Münchner-Kindl-Keller vor. Unterdes war Tag für Tag vergangen,
die großen Parteien hatten von dem furchtbaren Ereignis überhaupt keine Notiz genommen, und die
Arbeitsgemeinschaft selber konnte sich nicht entschließen, endlich einen festen Termin für die
beabsichtigte Kundgebung zu bestimmen.
Dienstag, den 1. Februar 1921, forderte ich dringlichst einen endgültigen Entscheid. Ich wurde vertröstet
auf Mittwoch. Mittwoch verlangte ich nun unbedingt klare Auskunft, ob und wann die Versammlung
stattfinden sollte. Die Auskunft war wieder unbestimmt und ausweichend; es hieß, man "beabsichtige",
die Arbeitsgemeinschaft für den Mittwoch in acht Tagen zu einer Kundgebung aufzubieten.
Damit war mir der Geduldsfaden gerissen, und ich beschloß, die Protestkundgebung nun allein
durchzuführen. Mittwoch mittags diktierte ich in zehn Minuten das Plakat in die Schreibmaschine und
ließ gleichzeitig den Zirkus
[559 Die erste Zirkusversammlung]
Krone für den nächsten Tag, Donnerstag, den 3. Februar, mieten.
Damals war dies ein unendlich großes Wagnis. Nicht nur, daß es fraglich schien, den riesenhaften Raum
füllen zu können, lief man auch Gefahr, gesprengt zu werden.
Unsere Ordnertruppe war für diesen kolossalen Raum noch lange nicht ausreichend. Ich hatte auch keine
richtige Vorstellung über die Art des möglichen Vorgehens im Falle einer Sprengung. Ich hielt es
damals für viel schwieriger im Zirkusgebäude als in einem normalen Saal. Doch war dies, wie es sich
dann herausstellte, gerade umgekehrt. In dem Riesenraum konnte man tatsächlich leichter einer
Sprengtruppe Herr werden als in enggepferchten Sälen.
Sicher war nur eines: jeder Mißerfolg konnte uns auf sehr lange Zeit zurückwerfen. Denn eine einzige
erfolgreiche Sprengung hätte unseren Nimbus mit einem Schlage zerstört und die Gegner ermutigt, das
einmal Gelungene immer wieder zu versuchen. Das hätte zu einer Sabotage unserer ganzen weiteren
Versammlungstätigkeit führen können, was erst nach vielen Monaten und nach schwersten Kämpfen zu
überwinden gewesen wäre.
Wir hatten nur einen Tag Zeit zu plakatieren, nämlich den Donnerstag selbst. Leider regnete es schon
morgens, und die Befürchtung schien begründet, ob unter solchen Umständen nicht viele Leute lieber zu
Hause bleiben würden, statt bei Regen und Schnee in eine Versammlung zu eilen, bei der es
möglicherweise Mord und Totschlag geben konnte.
Überhaupt bekam ich Donnerstag vormittag auf einmal Angst, der Raum könnte doch nicht voll werden
(ich wäre damit ja auch vor der Arbeitsgemeinschaft der Blamierte gewesen), so daß ich nun schleunigst
einige Flugblätter diktierte und in Druck gab, um sie nachmittags verbreiten zu lassen. Die enthielten
natürlich die Aufforderung zum Besuch der Versammlung.
Zwei Lastkraftwagen, die ich mieten ließ, wurden in möglichst viel Rot eingehüllt, darauf ein paar
unserer Fahnen gepflanzt und jeder mit fünfzehn bis zwanzig
[560 Die erste Zirkusversammlung]
Parteigenossen besetzt; sie erhielten den Befehl, fleißig durch die Straßen der Stadt zu fahren,
Flugblätter abzuwerfen, kurz, Propaganda für die Massenkundgebung am Abend zu machen. Es war das
erstemal, daß Lastkraftwagen mit Fahnen durch die Stadt fuhren, auf denen sich keine Marxisten
befanden. Das Bürgertum starrte daher den rot dekorierten und mit flatternden Hakenkreuzfahnen
geschmückten Wagen mit offenen Mäulern nach, während in den äußeren Vierteln sich auch zahllose
geballte Fäuste erhoben, deren Besitzer ersichtlich wutentbrannt schienen über die neueste "Provokation
des Proletariats". Denn Versammlungen abzuhalten, hatte nur der Marxismus das Recht, genau so wie
auf Lastkraftwagen herumzufahren.
Um sieben Uhr abends war der Zirkus noch nicht gut besetzt. Ich wurde alle zehn Minuten telephonisch
verständigt und war selbst ziemlich unruhig; denn um sieben Uhr oder ein Viertel nach sieben Uhr
waren die anderen Säle meistens schon halb, ja oft schon fast voll gewesen. Allerdings klärte sich dies
bald auf. Ich hatte nicht mit den riesigen Dimensionen des neuen Raumes gerechnet: tausend Personen
ließen den Hofbräuhausfestsaal schon sehr schön besetzt erscheinen, während sie vom Zirkus Krone
einfach verschluckt wurden. Man sah sie kaum. Kurze Zeit darauf kamen jedoch günstigere Meldungen,
und um drei Viertel acht Uhr hieß es, daß der Raum zu drei Vierteln gefüllt sei und sehr große Massen
vor den Kassenschaltern stünden. Daraufhin fuhr ich los.
Zwei Minuten nach acht Uhr kam ich vor dem Zirkus an. Es war noch immer eine Menschenmenge vor
ihm zu sehen, zum Teil bloß Neugierige, auch viele Gegner darunter, die die Ereignisse außen abwarten
wollten.
Als ich die mächtige Halle betrat, erfaßte mich die gleiche Freude wie ein Jahr vordem in der ersten
Versammlung im Münchener Hofbräuhausfestsaal. Aber erst nachdem ich mich durch die
Menschenmauern hindurchgedrückt und das hochgelegene Podium erreicht hatte, sah ich den Erfolg in
seiner ganzen Größe. Wie eine Riesenmuschel lag dieser Saal vor mir, angefüllt mit Tausenden und
Tausenden
[561 Die erste Zirkusversammlung]
von Menschen. Selbst die Manege war schwarz besetzt. Über fünftausendsechshundert Karten waren
ausgegeben worden, und rechnete man die gesamte Zahl der Arbeitslosen, der armen Studenten und
unsere Ordnungsmannschaften mit ein, so dürften etwa sechseinhalbtausend Personen dagewesen sein.
Zukunft oder Untergang" lautete das Thema, und mir jubelte das Herz auf angesichts der Überzeugung,
daß die Zukunft da unten vor mir lag.
Ich begann zu sprechen und redete gegen zweieinhalb Stunden, und das Gefühl sagte mir schon nach der
ersten halben Stunde, daß die Versammlung ein großer Erfolg werden würde. Die Verbindung zu all
diesen tausend einzelnen war hergestellt. Schon nach der ersten Stunde begann der Beifall in immer
größeren spontanen Ausbrüchen mich zu unterbrechen, um nach zwei Stunden wieder abzuebben und in
jene weihevolle Stille überzugehen, die ich später in diesem Raume so oft und oft erlebt habe und die
jedem einzelnen wohl unvergeßlich bleiben wird. Man hörte dann kaum mehr als den Atemzug dieser
Riesenmenge, und erst als ich das letzte Wort gesprochen, brandete es plötzlich auf, um in dem in
höchster Inbrunst gesungenen "Deutschland"-Lied seinen erlösenden Abschluß zu finden.
Ich verfolgte es noch, wie sich langsam der Riesenraum zu leeren begann und ein ungeheures
Menschenmeer durch den gewaltigen mittleren Ausgang fast zwanzig Minuten lang hinausdrängte. Erst
dann verließ ich selbst, überglücklich, meinen Platz, um mich nach Hause zu begeben.
Von dieser ersten Versammlung im Zirkus Krone zu München wurden Aufnahmen gemacht. Sie zeigen
besser als Worte die Größe der Kundgebung. Bürgerliche Blätter brachten Abbildungen und Notizen,
erwähnten jedoch nur, daß es sich um eine "nationale" Kundgebung gehandelt hätte, verschwiegen aber
in üblich bescheidener Weise die Veranstalter.
Damit waren wir zum ersten Male aus dem Rahmen einer gewöhnlichen Tagespartei weit
hinausgetreten. Man konnte
[562 Versammlung folgt auf Versammlung]
jetzt nicht mehr an uns vorbeigehen. Um nun ja nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, als handle es
sich bei diesem Versammlungserfolg nur um eine Eintagsfliege, setzte ich augenblicklich für die
kommende Woche zum zweiten Male eine Kundgebung im Zirkus an, und der Erfolg war derselbe.
Wieder war der Riesenraum zum Brechen mit Menschenmassen gefüllt, so daß ich mich entschloß, in
der kommenden Woche zum drittenmal eine Versammlung im gleichen Stil abzuhalten. Und zum
drittenmal war der Riesenzirkus von unten bis oben gepreßt voll von Menschen.
Nach dieser Einleitung des Jahres 1921 steigerte ich die Versammlungstätigkeit in München noch mehr.
Ich ging nun dazu über, nicht nur jede Woche eine, sondern manche Wochen zwei
Massenversammlungen abzuhalten, ja, im Hochsommer und im Spätherbst wurden es manchmal drei.
Wir versammelten uns nun immer im Zirkus und konnten zu unserer Genugtuung feststellen, daß alle
unsere Abende den gleichen Erfolg brachten.
Das Ergebnis war eine immer steigende Anhängerzahl der Bewegung und eine große Zunahme der
Mitglieder.
×
Solche Erfolge ließen natürlich auch unsere Gegner nicht ruhen. Nachdem sie in ihrer Taktik immer
schwankend sich bald zum Terror und bald zum Totschweigen bekannten, konnten sie die Entwicklung
der Bewegung, wie sie selbst erkennen mußten, weder mit dem einen noch mit dem anderen irgendwie
hemmen. So entschlossen sie sich in einer letzten Anstrengung zu einem Terrorakt, um unserer weiteren
Versammlungstätigkeit damit endgültig einen Riegel vorzuschieben.
Als äußeren Anlaß zu der Aktion benützte man ein höchst geheimnisvolles Attentat auf einen
Landtagsabgeordneten namens Erhard Auer. Besagter Erhard Auer sollte abends von irgend jemand
angeschossen worden sein. Das heißt, er war es nicht tatsächlich, aber es sei versucht worden, auf ihn zu
schießen. Fabelhafte Geistesgegenwart sowie der
[563 Der vergebliche Sprengungsversuch]
sprichwörtliche Mut des sozialdemokratischen Parteiführers hätten aber den frevelhaften Angriff nicht
nur vereitelt, sondern die verruchten Täter selbst in schmählichste Flucht geschlagen. Sie waren so eilig
und so weit geflohen, daß die Polizei auch später von ihnen nicht mehr die leiseste Spur erwischen
konnte. Dieser geheimnisvolle Vorgang wurde von dem Organ der sozialdemokratischen Partei in
München nun benützt, um in maßlosester Weise gegen die Bewegung zu hegen und darunter auch in
altgewohnter Geschwätzigkeit anzudeuten, was demnächst kommen müsse. Es sei dafür gesorgt, daß
unsere Bäume nicht in den Himmel wüchsen, sondern daß von proletarischen Fäusten nun rechtzeitig
eingegriffen würde.
Und wenige Tage später war schon der Tag des Eingriffs da.
Eine Versammlung im Münchener Hofbräuhausfestsaal, in der ich selber sprechen sollte, war zur
endgültigen Auseinandersetzung gewählt worden.
Am 4. November 1921 erhielt ich nachmittags zwischen sechs und sieben Uhr die ersten positiven
Nachrichten, daß die Versammlung unbedingt gesprengt werden würde, und daß man zu diesem Zweck
besonders aus einigen roten Betrieben große Arbeitermassen in die Versammlung zu schicken
beabsichtige.
Einem unglücklichen Zufall war es zuzuschreiben, daß wir diese Verständigung nicht schon früher
bekamen. Wir hatten am selben Tage unsere alte ehrwürdige Geschäftsstelle in der Sterneckergasse in
München aufgegeben und waren in eine neue übergesiedelt, das heißt, wir waren aus der alten fort,
konnten aber in die neue nicht hinein, weil in ihr noch gearbeitet wurde. Da auch das Telephon in der
einen abgerissen und in der zweiten noch nicht eingebaut war, sind an diesem Tage eine ganze Anzahl
telephonischer Versuche, die beabsichtigte Sprengung uns mitzuteilen, vergeblich gewesen.
Dies hatte zur Folge, daß die Versammlung selbst nur durch sehr schwache Ordnertruppen geschürt war.
Nur eine zahlenmäßig wenig starke Hundertschaft von sechs-
[564 Der vergebliche Sprengungsversuch]
undvierzig Köpfen war anwesend, der Alarmapparat aber noch nicht so ausgebaut, um abends im
Verlauf von einer Stunde eine ausgiebige Verstärkung herbeizuholen. Dazu kam noch, daß ja derartige
alarmierende Gerüchte schon unzählige Male uns zu Ohren gekommen waren, ohne daß dann irgend
etwas Besonderes geschehen war. Der alte Spruch, daß angekündigte Revolutionen meist ausbleiben,
hatte sich auch bei uns bis dahin noch immer als richtig erwiesen.
So geschah auch aus diesem Grunde vielleicht nicht alles, was an dem Tage hätte geschehen können, um
mit brutalster Entschlossenheit einer Sprengung entgegenzutreten.
Endlich hielten wir den Münchener Hofbräuhausfestsaal für eine Sprengung als denkbar ungeeignet.
Wir hatten sie mehr für die größten Säle befürchtet, besonders für den Zirkus. Insofern hat uns dieser
Tag eine wertvolle Lehre gegeben. Wir haben später die ganzen Fragen, ich darf schon sagen, mit
wissenschaftlicher Methodik studiert und sind zu Resultaten gekommen, die zum Teil ebenso
unglaublich wie interessant waren und in der Folgezeit für die organisatorische und taktische Leitung
unserer Sturmabteilungen von grundlegender Bedeutung waren.
Als ich um drei Viertel acht Uhr in die Vorhalle des Hofbräuhauses kam, konnte allerdings ein Zweifel
über die vorhandene Absicht nicht mehr bestehen. Der Saal war übervoll und deshalb polizeilich
gesperrt worden. Die Gegner, die sehr früh erschienen waren, befanden sich im Saal und unsere
Anhänger zum größten Teil draußen. Die kleine SA. erwartete mich in der Vorhalle. Ich ließ die Türen
zum großen Saal schließen und hieß dann die fünfundvierzig oder sechsundvierzig Mann antreten. Ich
habe den Jungen vorgestellt, daß sie wahrscheinlich heute der Bewegung zum ersten Male auf Biegen
und Brechen die Treue halten müßten, und daß keiner von uns den Saal verlassen dürfe, außer sie trügen
uns als Tote hinaus; ich würde selbst im Saale bleiben, glaubte nicht, daß mich auch nur einer von ihnen
verlassen würde; erblickte ich aber selber einen, der sich als Feigling erweise, so würde ich ihm
[565 Der vergebliche Sprengungsversuch]
persönlich die Binde herunterreißen und das Abzeichen fortnehmen. Dann forderte ich sie auf, beim
geringsten Versuch zur Sprengung augenblicklich vorzugehen und dessen eingedenk zu sein, daß man
sich am besten verteidigt, indem man selbst angreift.
Ein dreifaches Heil, das dieses Mal rauher und heiserer klang als sonst, war die Antwort.
Dann ging ich in den Saal hinein und konnte nun mit eigenen Augen die Lage überblicken. Sie saßen
dick herinnen und suchten mich schon mit Augen zu durchbohren. Zahllose Gesichter waren mit
verbissenem Haß mir zugewandt, während andere wieder, unter höhnischen Grimassen, sehr eindeutige
Zurufe losließen. Man würde heute "Schluß machen mit uns", wir sollten auf unsere Gedärme
achtgeben, man würde uns das Maul endgültig verstopfen, und was es solcher schönen Redensarten
sonst noch gab. Sie waren sich ihrer Übermacht bewußt und fühlten sich danach.
Dennoch konnte die Versammlung eröffnet werden, und ich begann zu sprechen. Ich stand im
Hofbräuhausfestsaal immer an einer der Längsfronten des Saales, und mein Podium war ein Biertisch.
Ich befand mich also eigentlich mitten unter den Leuten. Vielleicht trug dieser Umstand dazu bei, um
gerade in diesem Saale immer eine Stimmung entstehen zu lassen, wie ich sie sonst an keiner Stelle
ähnlich wieder gefunden habe.
Vor mir, besonders links vor mir, saßen und standen lauter Gegner. Es waren durchaus robuste Männer
und Burschen, zu einem großem Teil aus der Maffei-Fabrik, von Kustermann, aus den
Isariazählerwerken usw. Die linke Saalwand entlang hatten sie sich bereits ganz dicht bis an meinen
Tisch vorgeschoben und begannen nun Maßkrüge zu sammeln, d. h. sie bestellten immer wieder Bier
und stellten die ausgetrunkenen Krüge unter den Tisch. Ganze Batterien entstanden so, und es hätte
mich wundergenommen, wenn die Sache heute wieder gut ausgegangen wäre.
Nach ungefähr eineinhalb Stunden — so lange konnte ich trotz aller Zwischenrufe sprechen — war es
fast so, als ob ich Herr der Lage würde. Die Führer der Sprengtrupps
[566 Der vergebliche Sprengungsversuch]
schienen dies selbst auch zu fühlen; denn sie wurden immer unruhiger, gingen öfters hinaus, kamen
wieder herein und redeten sichtlich nervös auf ihre Leute ein.
Ein psychologischer kleiner Fehler, den ich in der Abwehr eines Zwischenrufes beging und der mir,
kaum, daß ich das Wort aus dem Munde hatte, selbst zum Bewußtsein kam, gab das Signal zum
Losschlagen.
Ein paar zornige Zwischenrufe, und ein Mann sprang plötzlich auf einen Stuhl und brüllte in den Saal
hinein: "Freiheit!" Auf welches Signal hin die Freiheitskämpfer mit ihrer Arbeit begannen.
In wenigen Sekunden war der ganze Raum erfüllt von einer brüllenden und schreienden
Menschenmenge, über die, Haubitzenschüssen ähnlich, unzählige Maßkrüge flogen; dazwischen das
Krachen von Stuhlbeinen, das Zerplatschen der Krüge, Grölen und Johlen und Aufschreien.
Es war ein blödsinniger Spektakel.
Ich blieb auf meinem Platz stehen und konnte beobachten, wie restlos meine Jungen ihre Pflicht
erfüllten.
Da hätte ich eine bürgerliche Versammlung sehen mögen!Der Tanz hatte noch nicht begonnen, als auch
schon meine Sturmtruppler, denn so hießen sie von diesem Tage an, angriffen. Wie Wölfe stürzten sie in
Rudeln von acht oder zehn immer wieder auf ihre Gegner los und begannen sie nach und nach
tatsächlich aus dem Saale zu dreschen. Schon nach fünf Minuten sah ich kaum mehr einen von ihnen,
der nicht schon blutüberströmt gewesen wäre. Wie viele habe ich damals erst so recht kennengelernt; an
der Spitze meinen braven Maurice, meinen heutigen Privatsekretär Heß und viele andere, die, selbst
schon schwer verletzt, immer wieder angriffen, solange sie sich nur auf den Beinen halten konnten.
Zwanzig Minuten lang dauerte der Höllenlärm, dann aber waren die Gegner, die vielleicht sieben- und
achthundert Mann zählen mochten, von meinen nicht einmal fünfzig Mann zum größten Teil aus dem
Saale geschlagen und die Treppen hinuntergejagt. Nur in der linken rückwärtigen Saalecke hielt sich
noch ein großer Haufen und leistete erbittertsten Widerstand. Da fielen plötzlich vom Saaleingang
[567 "Die Versammlung geht weiter"]
zum Podium her zwei Pistolenschüsse, und nun ging eine wilde Knallerei los. Fast jubelte einem doch
wieder das Herz angesichts solcher Auffrischung alter Kriegserlebnisse.
Wer schoß, ließ sich von da ab nicht mehr unterscheiden; nur das eine konnte man feststellen, daß von
dem Augenblick an sich die Wut meiner blutenden Jungen noch mächtig gesteigert hatte und endlich die
letzten Störer, überwältigt, aus dem Saal hinausgetrieben wurden.
Es waren ungefähr fünfundzwanzig Minuten vergangen; der Saal selbst sah aus, als ob eine Granate
eingeschlagen hätte. Viele meiner Anhänger wurden gerade verbunden, andere mußten weggefahren
werden, allein wir waren die Herren der Lage geblieben. Hermann Esser, der an diesem Abend die
Versammlungsleitung übernommen hatte, erklärte: "Die Versammlung geht weiter. Das Wort hat der
Referent", und ich sprach dann wieder.
Nachdem wir die Versammlung selbst schon geschlossen hatten, kam plötzlich ein aufgeregter
Polizeileutnant hereingestürzt und krähte mit wildfuchtelnden Armen in den Saal hinein: "Die
Versammlung ist aufgelöst."Unwillkürlich mußte ich über diesen Nachzügler der Ereignisse lachen; echt
polizeiliche Wichtigtuerei. Je kleiner sie sind, um so größer müssen sie wenigstens scheinen.
Wir hatten an dem Abend wirklich viel gelernt, und auch unsere Gegner haben die Lehre, die sie
ihrerseits empfangen hatten, nicht mehr vergessen.
Bis zum Herbst 1923 hat uns seitdem die "Münchener Post" keine Fäuste des Proletariats mehr
angekündigt.
[568]

8. Kapitel:
Der Starke ist am mächtigsten allein
Ich habe im vorhergehenden das Bestehen einer Arbeitsgemeinschaft deutschvölkischer Verbände
erwähnt und möchte an dieser Stelle das Problem dieser Arbeitsgemeinschaften ganz kurz erörtern.
Im allgemeinen versteht man unter einer Arbeitsgemeinschaft eine Gruppe von Verbänden, die zur
Erleichterung ihrer Arbeit in ein gewisses gegenseitiges Verhältnis treten, eine gemeinsame Führung
von mehr oder minder großer Kompetenz wählen und nun gemeinsame Aktionen gemeinsam
durchführen. Schon daraus geht hervor, daß es sich hierbei um Vereine, Verbände oder Parteien handeln
muß, deren Ziele und Wege nicht zu weit auseinanderliegen. Es wird behauptet, dies sei auch immer der
Fall. Es wirkt nun für den normalen Durchschnittsbürger ebenso erfreulich wie beruhigend, zu hören,
daß solche Verbände endlich, indem sie sich in solcher "Arbeitsgemeinschaft" zusammenfinden, das
"Gemeinsam-Verbindende" entdeckt haben und das "Trennende zurückstellen". Dabei Herrscht die
allgemeine Überzeugung, daß einer solchen Vereinigung dann eine enorme Kraftsteigerung zukomme,
und daß die ansonst schwachen Grüppchen dadurch plötzlich zu einer Macht geworden seien.
Dies ist jedoch meistens falsch!Es ist interessant und in meinen Augen zum besseren Verständnis dieser
Frage wichtig, sich Klarheit darüber zu verschaffen, wieso es denn überhaupt zur Bildung von
Verbänden, Vereinen oder dergleichen kommen kann, die alle behaupten, das gleiche Ziel verfolgen zu
wollen. An und für sich wäre es doch logisch, daß ein Ziel auch nur von
[569 Prioritätsrecht einer Bewegung]
einem Verband verfochten wird und dafür vernünftigerweise nicht mehrere Verbände das gleiche Ziel
verfechten. Ohne Zweifel war jenes Ziel zuerst nur von einem Verband ins Auge gefaßt worden. Ein
Mann verkündet an irgendeiner Stelle eine Wahrheit, ruft zur Lösung einer bestimmten Frage auf, setzt
sein Ziel und bildet eine Bewegung, die der Verwirklichung seiner Absicht dienen soll.
Es wird somit ein Verein oder eine Partei gegründet, die, je nach ihrem Programm, entweder die
Beseitigung bestehender Mißstände oder die Erreichung eines besonderen Zustandes in der Zukunft
herbeiführen soll.
Sowie einmal eine solche Bewegung ins Leben getreten ist, besitzt sie damit praktisch ein gewisses
Prioritätsrecht. Es wäre nun eigentlich selbstverständlich, daß alle Menschen, die das gleiche Ziel wie
sie zu verfechten gedenken, sich in eine solche Bewegung einfügen und deren Kraft dadurch stärken, um
so der gemeinsamen Arbeit besser dienen zu können. Besonders jeder geistig regsame Kopf müßte
gerade in einer solchen Eingliederung die Voraussetzung zum wirklichen Erfolg gemeinsamen Ringens
empfinden. Mithin müßte es vernünftigerweise und bei einer gewissen Redlichkeit (auf diese kommt,
wie ich später nachweisen will, sehr viel an) für ein Ziel auch nur eine Bewegung gehen.
Daß dem nicht so ist, kann zwei Ursachen zugeschrieben werden. Die eine davon möchte ich fast als
eine tragische bezeichnen, während die zweite erbärmlich und in der menschlichen Schwäche selbst zu
suchen ist. Im tiefsten Grunde sehe ich aber in beiden nur Tatsachen, die geeignet sind, das Wollen an
sich, die Energie und Intensität desselben zu steigern und durch diese Höherzüchtung menschlicher
Tatkraft die Lösung des in Frage stehenden Problems endlich zu ermöglichen.
Die tragische Ursache, warum es bei der Lösung einer bestimmten Aufgabe meist nicht bei einem
einzigen Verbande bleibt, ist folgende: Jede Tat großen Stils auf dieser Erde wird im allgemeinen die
Erfüllung eines in Millionen Menschen schon längst vorhanden gewesenen Wunsches,
[570 Das Ringen um die Führung]
einer im stillen von vielen gehegten Sehnsucht sein. Ja, es kann vorkommen, daß Jahrhunderte
sehnsuchtsvoll die Lösung einer bestimmten Frage herbeiwünschen, weil sie unter der Unerträglichkeit
eines bestehenden Zustandes seufzen, ohne daß die Erfüllung dieses allgemeinen Sehnens in
Erscheinung träte. Völker, die aus einer solchen Not überhaupt keine heroische Lösung mehr finden,
kann man als impotent bezeichnen, während wir die Lebenskraft eines Volkes und die durch sie noch
verbürgte Bestimmung zum Leben am schlagendsten dann bewiesen sehen, wenn ihm für die Befreiung
aus einem großen Zwange oder zur Beseitigung einer bitteren Not oder zur Befriedigung seiner ruhelos,
weil unsicher gewordenen Seele vom Schicksal eines Tages der dafür begnadete Mann geschenkt wird,
der endlich die lang ersehnte Erfüllung bringt.
Es liegt nun ganz im Wesen sogenannter großer Zeitfragen, daß sich an ihrer Lösung Tausende
betätigen, daß viele sich berufen glauben, ja, daß das Schicksal selbst verschiedene zur Wahl vorschlägt,
um nun im freien Spiel der Kräfte dem Stärkeren, Tüchtigeren endgültig den Sieg zu geben und ihm die
Lösung des Problems anzuvertrauen.
So mag es sein, daß Jahrhunderte, unzufrieden mit der Gestaltung ihres religiösen Lebens, sich nach
einer Erneuerung sehnen, und daß aus diesem seelischen Drange heraus Dutzende und mehr Männer
erstehen, die sich auf Grund ihrer Einsicht und ihres Wissens zur Lösung dieser religiösen Not berufen
glauben, um als Propheten einer neuen Lehre oder wenigstens als Kämpfer gegen eine bestehende in
Erscheinung zu treten.
Sicher wird auch hier, kraft natürlicher Ordnung, der Stärkste dazu bestimmt sein, die große Mission zu
erfüllen; allein die Erkenntnis, daß eben dieser eine der ausschließlich Berufene sei, pflegt den anderen
meistens erst sehr spät zu kommen. Sie sehen sich im Gegenteil alle als gleichberechtigt und berufen zur
Lösung der Aufgabe an, und die Mitwelt vermag gewöhnlich am allerwenigsten zu unterscheiden, wer
von ihnen — weil allein zum Höchsten befähigt — einzig ihre Unterstützung verdient.
[571 Das Ringen um die Führung]
So treten im Laufe von Jahrhunderten, ja oft innerhalb eines gleichen Zeitabschnittes verschiedene
Männer auf, gründen Bewegungen, um Ziele zu verfechten, die, wenigstens behauptungsweise, die
gleichen sind oder doch von der großen Masse als gleich empfunden werden. Das Volk selbst hegt wohl
unbestimmte Wünsche und hat allgemeine Überzeugungen, ohne sich indes über das eigentliche Wesen
des Zieles oder des eigenen Wunsches oder gar der Möglichkeit ihrer Erfüllung genau klar werden zu
können. Die Tragik liegt darin, daß jene Männer auf ganz verschiedenen Wegen einem gleichen Ziele
zustreben, ohne sich zu kennen, und daher, im reinsten Glauben an ihre eigene Mission, sich für
verpflichtet halten, ohne Rücksicht auf andere ihre eigenen Wege zu gehen.
Daß solche Bewegungen, Parteien, religiöse Gruppen vollkommen unabhängig voneinander, allein aus
dem allgemeinen Zeitwollen heraus, entstehen, um sich nach einer gleichen Richtung zu betätigen, ist
das, was wenigstens auf den ersten Blick als tragisch erscheint, weil man allzusehr zu der Meinung
neigt, die auf verschiedene Wege zerstreute Kraft könnte, auf einen einzigen zusammengefaßt, schneller
und sicherer zum Erfolge führen. Dies ist aber nicht der Fall. Sondern die Natur selbst trifft in ihrer
unerbittlichen Logik den Entscheid, indem sie die verschiedenen Gruppen miteinander in den
Wettbewerb treten und um die Siegespalme ringen läßt und die Bewegung ans Ziel führt, die den
klarsten, nächsten und sichersten Weg gewählt hat.
Wie aber sollte die Richtigkeit oder Unrichtigkeit eines Weges von außen her bestimmt werden, wenn
nicht dem Spiel der Kräfte freie Bahn gegeben, die legte Bestimmung dem doktrinären Entscheid
menschlicher Besserwisser entzogen und der untrügerischen Beweisführung des sichtbaren Erfolges
überantwortet worden wäre, der schließlich der Richtigkeit einer Handlung immer die legte Bestätigung
geben wird!Marschieren also verschiedene Gruppen auf getrennten
[572 Österreich und Preußen]
Wegen dem gleichen Ziele zu, so werden sie, soweit sie von dem Vorhandensein ähnlicher
Bestrebungen Kenntnis genommen haben, die Art ihres Weges gründlicher überprüfen, denselben
womöglich abkürzen und unter Anspannung ihrer äußersten Energie versuchen, das Ziel schneller zu
erreichen.
So ergibt sich aus diesem Wettkampf eine Höherzüchtung des einzelnen Kämpfers, und die Menschheit
hat ihre Erfolge nicht selten mit den Lehren zu verdanken, die aus dem Mißgeschick gescheiterter
früherer Versuche gezogen wurden.
So können wir in der auf den ersten Blick tragisch erscheinenden Tatsache anfänglicher, ohne bewußtes
Verschulden einzelner entstandener Zersplitterung das Mittel erkennen, durch welches schließlich das
beste Verfahren erzielt wurde.
Wir sehen in der Geschichte, daß nach Anschauung der meisten die beiden Wege, welche dereinst zur
Lösung der deutschen Frage einzuschlagen möglich waren und deren hauptsächlichste Repräsentanten
und Verfechter Österreich und Preußen, Habsburg und Hohenzollern gewesen sind, von vornherein
hätten zusammengelegt werden müssen; man hätte sich nach ihrer Ansicht dem einen oder dem anderen
Weg in vereinigter Kraft anvertrauen sollen. Dann aber würde damals der Weg des zulegt
bedeutenderen, Vertreters beschritten worden sein; die österreichische Absicht hätte jedoch niemals zu
einem Deutschen Reich geführt.
Und nun erstand das Reich stärkster deutscher Einigkeit gerade aus dem, was Millionen Deutsche
blutenden Herzens als letztes und furchtbarstes Zeichen unseres Bruderzwistes empfanden: die deutsche
Kaiserkrone wurde in Wahrheit auf dem Schlachtfelde von Königgrätz geholt und nicht in den Kämpfen
vor Paris, wie man nachträglich meinte.
So war die Gründung des Deutschen Reiches an sich
[573 Ursachen der völkischen Zersplitterung]
nicht das Ergebnis irgendeines gemeinsamen Wollens auf gemeinsamen Wegen, sondern vielmehr das
Ergebnis bewußten, manchmal auch unbewußten Ringens nach der Hegemonie, aus welchem Ringen
Preußen endlich als Sieger hervorging. Und wer nicht in parteipolitischer Verblendung der Wahrheit
entsagt, der wird bestätigen müssen, daß die sogenannte Weisheit der Menschen niemals den gleichen
weisen Entschluß gefaßt haben würde, wie ihn die Weisheit des Lehens, d. h. des freien Spiels der
Kräfte, endlich Wirklichkeit hat werden lassen. Denn wer hätte in deutschen Landen vor zweihundert
Jahren wohl ernstlich geglaubt, daß das Hohenzollernsche Preußen dereinst Keimzelle, Gründer und
Lehrer des neuen Reiches sein würde und nicht Habsburg?! Wer wollte dagegen heute noch leugnen,
daß das Schicksal so besser gehandelt hat; ja, wer könnte sich heute überhaupt noch ein Deutsches Reich
vorstellen, getragen von den Grundsätzen einer fauligen und verkommenen Dynastie?
Nein, die natürliche Entwicklung hat, wenn auch nach jahrhundertelangem Kampf, endlich doch den
Besten auf die Stelle gebracht, auf die er gehörte.
Das wird immer so sein, wird ewig bleiben, wie es bisher immer so war.
Deshalb ist es nicht zu beklagen, wenn sich verschiedene Leute auf den Weg begehen, um ans gleiche
Ziel zu gelangen: Der Kräftigste und Schnellste wird auf solche Weise erkannt und wird Sieger werden.
Es gibt nun noch eine zweite Ursache dafür, warum im Völkerleben häufig Bewegungen scheinbar
gleicher Art das scheinbar gleiche Ziel dennoch auf verschiedenen Wegen zu erreichen suchen. Diese
Ursache ist nicht nur nicht tragisch, sondern sogar recht erbärmlich. Sie liegt in der traurigen Mischung
von Neid, Eifersucht, Ehrgeiz und diebischer Gesinnung, die man leider in einzelnen Subjekten der
Menschheit manches Mal vereinigt findet.
Sowie nämlich ein Mann auftritt, der die Not seines Volkes tief erkennt und nun, nachdem er sich über
das Wesen der Krankheit letzte Klarheit verschafft hat, ernstlich
[574 Ursachen der völkischen Zersplitterung]
versucht, sie zu beheben, wenn er ein Ziel fixiert und den Weg gewählt hat, der zu diesem Ziele führen
kann — dann werden sofort kleine und kleinste Geister aufmerksam und verfolgen nun eifrig das Tun
dieses Mannes, der die Augen der Öffentlichkeit auf sich gezogen hat. Genau wie Sperlinge, die,
scheinbar gänzlich uninteressiert, in Wirklichkeit aber dennoch aufs äußerste gespannt, einen
glücklicheren Genossen, der ein Stückchen Brot gefunden hat, dauernd beobachten, um plötzlich in
einem unbedachten Augenblick zu räubern, so auch diese Menschen. Es braucht einer nur sich auf einen
neuen Weg zu begeben, so werden schon viele faule Herumlungerer stutzig und wittern irgendeinen
lohnenden Bissen, der vielleicht am Ende dieses Weges liegen könnte. Sowie sie dann herausgebracht,
wo er etwa zu finden ist, machen sie sich eifrig auf die Beine, um auf einem anderen, womöglich
schnelleren Weg zum Ziele zu kommen.
Ist nun die neue Bewegung gegründet und hat sie ihr bestimmtes Programm empfangen, dann kommen
jene Menschen und behaupten, dieses gleiche Ziel zu verfechten; doch beileibe nicht, indem sie sich
redlich in die Reihen einer solchen Bewegung stellen und so die Priorität derselben anerkennen, sondern
sie bestehlen das Programm und gründen darauf eine eigene Partei. Sie sind dabei unverschämt genug,
der gedankenlosen Mitwelt zu versichern, daß sie schon lange vorher genau dasselbe gewollt hätten wie
der andere, und nicht selten gelingt es ihnen, sich damit in günstiges Licht zu setzen, anstatt
berechtigterweise der allgemeinen Verachtung zu verfallen. Denn ist es nicht eine große
Unverfrorenheit, vorzugeben, die Aufgabe, die ein anderer auf seine Fahne geschrieben hat, auf die
eigene zu schreiben, dessen programmatische Richtpunkte zu entlehnen, dann aber, als hätte man selbst
dies alles geschaffen, seine eigenen Wege zu gehen? Diese Unverfrorenheit zeigt sich aber besonders
darin, daß dieselben Elemente, die zuerst durch ihre Neugründungen die Zersplitterung verursacht
haben, erfahrungsgemäß am allermeisten von der Notwendigkeit der Einigkeit und Einheit reden, sobald
sie

[575 Ursachen der völkischen Zersplitterung]
zu bemerken glauben, daß der Vorsprung des Gegners doch nicht mehr eingeholt werden kann.
Solchem Vorgang ist die sogenannte "völkische Zersplitterung" zu verdanken.
Allerdings war die Bildung einer ganzen Reihe als völkisch bezeichneter Gruppen, Parteien usw. im
Jahre 1918/1919 von den Gründern gänzlich unverschuldet aus der natürlichen Entwicklung der Dinge
heraus erfolgt. Aus ihnen allen hatte sich schon im Jahre 1920 die NSDAP. als Siegerin langsam
herauskristallisiert. Die grundsätzliche Redlichkeit jener einzelnen Gründer konnte nun durch nichts
glänzender bewiesen werden als durch den bei vielen wahrhaft bewunderswerten Entschluß, der
stärkeren Bewegung die eigene, ersichtlich weniger erfolgreiche zum Opfer zu bringen, d. h. sie
aufzulösen oder bedingungslos einzugliedern.
Dies gilt besonders für den Hauptkämpfer der damaligen Deutschsozialistischen Partei in Nürnberg,
Julius Streicher. Die NSDAP. und die DSP. waren mit gleichen Schlußzielen, jedoch gänzlich
unabhängig voneinander, entstanden. Hauptsächlichster Vorkämpfer der DSP. war, wie gesagt, der
damalige Lehrer Julius Streicher in Nürnberg. Zunächst war auch er von der Mission und der Zukunft
seiner Bewegung heilig überzeugt. Sowie er aber die größere Kraft und das stärkere Wachstum der
NSDAP. klar und zweifelsfrei erkennen konnte, stellte er seine Tätigkeit für die DSP. und die
Werkgemeinschaft ein und forderte seine Anhänger auf, sich der aus dem gegenseitigen Ringen
siegreich hervorgegangenen NSDAP. einzuordnen und nun in ihren Reihen für das gemeinsame Ziel
weiterzufechten. Ein persönlich ebenso schwerer als grundanständiger Entschluß.
Aus dieser ersten Zeit der Bewegung ist denn auch keinerlei Zersplitterung übriggeblieben, sondern fast
durchwegs hat das ehrliche Wollen der damaligen Männer auch zum ehrlichen, geraden und richtigen
Ende geführt. Das, was wir heute mit dem Wort "völkische Zersplitterung" belegen, verdankt seine
Existenz, wie schon betont, ausnahms-
[576 "Arbeitsgemeinschaften"]
los der zweiten der von mir angeführten Ursachen: Ehrgeizige Männer, die vordem nie eigene
Gedanken, noch viel weniger eigene Ziele gehabt hatten, fühlten sich genau in dem Moment "berufen",
in welchem sie den Erfolg der NSDAP. unleugbar reifen sahen.
Plötzlich entstanden Programme, die restlos von dem unseren abgeschrieben waren, Ideen wurden
verfochten, die man von uns entlehnt, Ziele aufgestellt, für die wir schon seit Jahren gekämpft, Wege
gewählt, welche die NSDAP. schon längst beschritten hatte. Man versuchte mit allen Mitteln zu
begründen, warum man diese neuen Parteien, trotz der längst bestehenden NSDAP., zu bilden
gezwungen gewesen sei; allein, je edlere Motive man unterschob, um so unwahrer waren jene Phrasen.
In Wahrheit war ein einziger Grund maßgebend gewesen: der persönliche Ehrgeiz der Begründer, eine
Rolle spielen zu wollen, zu der die eigene zwergenhafte Erscheinung von sich aus wirklich nichts
mitbrachte als eine große Kühnheit, fremde Gedanken zu übernehmen, eine Kühnheit, die man im
sonstigen bürgerlichen Leben als diebisch zu bezeichnen pflegt.
Es gab damals nichts an Vorstellungen und Ideen anderer, was ein solcher politischer Kleptomane nicht
in kürzester Zeit für sein neues Geschäft angesammelt hätte. Die solches taten, waren aber dieselben
Leute, die dann später tränenden Auges die "völkische Zersplitterung" tief beklagten und unausgesetzt
von der "Notwendigkeit der Einheit" redeten, in der stillen Hoffnung, die anderen endlich doch so weit
übertölpeln zu können, daß sie, des ewigen anklagenden Geschreies müde, zu den bisher gestohlenen
Ideen auch noch die für deren Durchführung geschaffenen Bewegungen den Dieben hinwerfen würden.
Gelang ihnen dies jedoch nicht und hielt die Rentabilität der neuen Unternehmungen, dank der geringen
geistigen Ausmaße ihrer Besitzer, nicht das, was man sich von ihr
[577 "Arbeitsgemeinschaften"]
versprochen hatte, dann pflegte man es allerdings billiger zu geben und war schon glücklich, wenn man
in einer der sogenannten Arbeitsgemeinschaften landen konnte.
Alles, was damals nicht auf eigenen Beinen zu stehen vermochte, schloß sich zu solchen
Arbeitsgemeinschaften zusammen; wohl von dem Glauben ausgehend, daß acht Lahme, ineinander
eingehängt, sicherlich einen Gladiator ergeben.
Befand sich aber unter den Lahmen wirklich ein Gesunder, dann brauchte er schon seine ganze Kraft,
nur um die anderen auf den Beinen zu halten, und wurde dadurch endlich selbst gelähmt.
Das Zusammengehen in sogenannten Arbeitsgemeinschaften haben wir immer als eine Frage der Taktik
anzusehen; doch dürfen wir uns dabei von folgender grundsätzlichen Erkenntnis niemals trennen: Durch
die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft werden schwache Verbände niemals in kräftige verwandelt, wohl
aber kann und wird ein kräftiger Verband durch sie nicht selten eine Schwächung erleiden. Die
Meinung, daß aus der Zusammenstellung schwacher Gruppen sich ein Kraftfaktor ergeben müsse, ist
unrichtig, da die Majorität in jeglicher Form und unter allen Voraussetzungen erfahrungsgemäß die
Repräsentantin der Dummheit und der Feigheit sein wird und mithin jede Vielheit von Verbänden,
sowie sie durch eine selbstgewählte mehrköpfige Leitung dirigiert wird, der Feigheit und Schwäche
ausgeliefert ist. Auch wird durch solchen Zusammenschluß das freie Spiel der Kräfte unterbunden, der
Kampf zur Auslese der Besten abgestellt und somit der notwendige und endgültige Sieg des Gesünderen
und Stärkeren für immer verhindert. Es sind also derartige Zusammenschlüsse Feinde
[578 "Arbeitsgemeinschaften"]
der natürlichen Entwicklung, denn meist hindern sie die Lösung des Problems, für das gekämpft wird,
weit mehr, als sie sie fördern.
Es kann vorkommen, daß aus rein taktischen Erwägungen heraus die oberste Leitung einer Bewegung,
die in die Zukunft sieht, dennoch mit ähnlichen Verbänden über die Behandlung bestimmter Fragen auf
ganz kurze Zeit eine Einigung eingeht und vielleicht auch gemeinsame Schritte unternimmt. Allein dies
darf nie zur Verewigung solchen Zustandes führen, will nicht die Bewegung selbst damit auf ihre
erlösende Mission Verzicht leisten. Denn hat sie sich erst endgültig in einer solchen Vereinigung
verstrickt, verliert sie die Möglichkeit und auch das Recht, im Sinne einer natürlichen Entwicklung ihre
eigene Kraft sich voll auswirken zu lassen, so die Rivalen zu überwinden und als Siegerin das gesteckte
Ziel zu erreichen.
Man vergesse niemals, daß alles wirklich Große auf dieser Welt nicht erkämpft wurde von Koalitionen,
sondern daß es stets der Erfolg eines einzelnen Siegers war. Koalitionserfolge tragen schon durch die
Art ihrer Herkunft den Keim zu künftigem Abbröckeln, ja zum Verlust des schon Erreichten. Große,
wahrhaft weltumwälzende Revolutionen geistiger Art sind überhaupt nur denkbar und zu verwirklichen
als Titanenkämpfe von Einzelgebilden, niemals aber als Unternehmen von Koalitionen.
So wird auch vor allem der völkische Staat niemals geschaffen werden durch das kompromißhafte
Wollen einer völkischen Arbeitsgemeinschaft, sondern nur durch den stahlharten Willen einer einzigen
Bewegung, die sich durchgerungen hat gegen alle.
Weiter zu 9 & 10
[579]

9. Kapitel:
Grundgedanken über Sinn und Organisation der SA.
Die Stärke des alten Staates ruhte auf drei Säulen: der monarchischen Staatsform, dem
Verwaltungskörper und dem Heer. Die Revolution des Jahres 1918 hat die Staatsform beseitigt, das
Heer zersetzt und den Verwaltungskörper der Parteikorruption ausgeliefert. Damit sind aber die
wesentlichsten Stützen einer sogenannten Staatsautorität zerschlagen worden. Diese beruht an sich fast
immer auf den drei Elementen, die grundsätzlich jeder Autorität zugrunde liegen.
Das erste Fundament zur Bildung von Autorität bietet stets die Popularität. Eine Autorität jedoch, die
allein auf diesem Fundamente ruht, ist noch äußerlich schwach, unsicher und schwankend. Jeder Träger
einer solchen rein auf Popularität fußenden Autorität muß deshalb trachten, die Grundlage dieser
Autorität zu verbessern und zu sichern durch Bildung von Macht. In der Macht also, in der Gewalt,
sehen wir die zweite Grundlage jeder Autorität. Sie ist bereits wesentlich stabiler, sicherer, durchaus
aber nicht immer kraftvoller als die erste. Vereinen sich Popularität und Gewalt und vermögen sie
gemeinsam eine gewisse Zeit zu überdauern, dann kann eine Autorität auf noch festerer Grundlage
erstehen, die Autorität der Tradition. Wenn endlich Popularität, Kraft und Tradition sich verbinden, darf
eine Autorität als unerschütterlich betrachtet werden.
[580 Die drei Grundlagen der Autorität]
Durch die Revolution ist dieser letzte Fall vollständig ausgeschaltet worden. Ja, es gab nicht einmal
mehr eine Autorität der Tradition. Mit dem Zusammenbruch des alten Reiches, der Beseitigung der alten
Staatsform, der Vernichtung der ehemaligen Hoheitszeichen und Reichssymbole ist die Tradition jäh
abgerissen worden. Die Folge davon war die schwerste Erschütterung der Staatsautorität.
Selbst die zweite Säule der Staatsautorität, die Gewalt, war nicht mehr vorhanden. Um überhaupt die
Revolution durchführen zu können, war man gezwungen gewesen, die Verkörperung der organisierten
Kraft und Gewalt des Staates, nämlich das Heer, zu zersetzen; ja, man mußte die zerfressenen Teile der
Armee selbst als revolutionäre Kampfelemente verwenden. Wenn auch die Frontarmeen dieser
Zersetzung in nicht einheitlichem Maße anheimgefallen waren, so wurden sie doch, je mehr sie die
ruhmvollen Stätten ihres viereinhalbjährigen heldenhaften Ringens hinter sich ließen, von der Säure der
Desorganisation der Heimat angefressen und endeten, in den Demobilmachungsorganisationen
angekommen, ebenfalls im Durcheinander des sogenannten freiwilligen Gehorsams der
Soldatenratsepoche.
Auf diese meuternden, den Heeresdienst im Sinne einer achtstündigen Arbeitszeit auf fassenden
Soldatenhaufen konnte man allerdings keine Autorität mehr stützen. Damit war das zweite Element,
dasjenige, das die Festigkeit der Autorität erst verbürgt, auch beseitigt, und die Revolution besaß
eigentlich nur mehr das ursprünglichste, die Popularität, um ihre Autorität darauf aufzubauen. Gerade
diese Grundlage war aber eine außerordentlich unsichere. Wohl gelang der Revolution mit einem
einzigen gewaltigen Anhieb die Zerschmetterung des alten Staatsgebäudes, allein im tiefsten Grunde
doch nur, weil das normale Gleichgewicht innerhalb der Struktur unseres Volkes durch den Krieg schon
beseitigt worden war.
Jeder Volkskörper kann in drei große Klassen gegliedert werden: in ein Extrem des besten
Menschentums auf der einen Seite, gut im Sinne aller Tugenden, besonders aus-
[581 Die drei Klassen des Volkskörpers]
gezeichnet durch Mut und Opferfreudigkeit, andererseits ein Extrem des schlechtesten
Menschenauswurfs, schlecht im Sinne des Vorhandenseins aller egoistischen Triebe und Laster.
Zwischen beiden Extremen liegt als dritte Klasse die große, breite mittlere Schicht, in der sich weder
strahlendes Heldentum noch gemeinste Verbrechergesinnung verkörpert.
Zeiten des Emporstiegs eines Volkskörpers zeichnen sich aus, ja existieren nur durch die absolute
Führung des extrembesten Teiles.
Zeiten einer normalen, gleichmäßigen Entwicklung oder eines stabilen Zustandes zeichnen sich aus und
bestehen durch das ersichtliche Dominieren der Elemente der Mitte, wobei die beiden Extreme sich
gegenseitig die Waage halten, beziehungsweise sich aufheben.
Zeiten des Zusammenbruchs eines Volkskörpers werden bestimmt durch das vorHerrschende Wirken der
schlechtesten Elemente.
Bemerkenswert ist aber dabei, daß die breite Masse, als die Klasse der Mitte, wie ich sie bezeichnen
will, nur dann fühlbar in Erscheinung tritt, wenn die beiden Extreme selbst sich in gegenseitigem Ringen
binden, daß sie aber im Falle des Sieges eines der Extreme sich stets dem Sieger willfährig unterordnet.
Im Falle des Dominierens der Besten wird die breite Masse diesen folgen, im Falle des Emporkommens
der Schlechtesten wird sie ihnen mindestens keinen Widerstand entgegensetzen; denn kämpfen wird die
Masse der Mitte selber niemals.
Der Krieg hat nun in seinem viereinhalbjährigen blutigen Geschehen das innere Gleichgewicht dieser
drei Klassen insofern gestört, als man — bei Anerkennung aller Opfer der Mitte — dennoch feststellen
muß, daß er zu einer fast vollständigen Ausblutung des Extrems des besten Menschentums führte. Denn
was in diesen viereinhalb Jahren
[582 Das Opfer der Besten]
an unersetzlichem deutschem Heldenblut vergossen wurde, ist wirklich ungeheuer. Man summiere alle
die Hunderttausende von Einzelfällen zusammen, in denen es immer wieder hieß: Freiwillige vor die
Front, freiwillige Patrouillengänger, freiwillige Meldegänger, Freiwillige für Telephontrupps,
Freiwillige für Brückenübergänge, Freiwillige für U-Boote, Freiwillige für Flugzeuge, Freiwillige für
Sturmbataillone usw. — immer und immer wieder durch viereinhalb Jahre hindurch bei tausend
Anlässen Freiwillige und wieder Freiwillige —, und man sieht stets das gleiche Ergebnis: Der bartlose
Jüngling oder der reife Mann, beide von glühender Vaterlandsliebe, von großem persönlichem Mut oder
höchstem Pflichtbewußtsein erfüllt, sie meldeten sich. Zehntausend, ja hunderttausend solcher Fälle
kamen vor, und allmählich wurde dieses Menschentum immer dünner und dünner. Was nicht fiel, war
entweder zu Krüppeln zerschossen oder verkrümelte sich allmählich infolge der Kleinheit der
übriggebliebenen Zahl. Man bedenke aber vor allem, daß das Jahr 1914 ganze Armeen aus sogenannten
Freiwilligen aufstellte, die, dank der verbrecherischen Gewissenlosigkeit unserer parlamentarischen
Taugenichtse, keine gültige Friedensausbildung erhalten hatten und so nun als wehrloses Kanonenfutter
dem Feinde preisgegeben waren. Die vierhunderttausend, die damals in den Kämpfen von Flandern
fielen oder zu Krüppeln wurden, konnten nicht mehr ersetzt werden. Ihr Verlust war mehr als das
Ausscheiden einer bloßen Zahl. Durch ihren Tod schnellte die Waage, auf der guten Seite zu wenig
beschwert, in die Höhe, und schwerer wogen nun als früher die Elemente der Gemeinheit, der
Niedertracht und der Feigheit, kurz die Masse des Extrems des Schlechten.
Denn noch eins kam dazu: Nicht nur, daß auf den Schlachtfeldern das Extrem des Besten in der
ungeheuerlichsten Weise durch die viereinhalb Jahre hindurch gelichtet worden war, das Extrem des
Schlechten hatte sich in der wundervollsten Art unterdessen konserviert. Sicherlich traf auf jeden sich
freiwillig
[583 Das Überwuchern der Schlechten]
meldenden Helden, der nach heiligem Opfertod dann die Stufen nach Walhall emporstieg, ein
Drückeberger, der sehr vorsichtig dem Tode den Rücken kehrte, um sich statt dessen mehr oder weniger
nützlich in der Heimat zu betätigen.
So ergibt das Ende des Krieges folgendes Bild: Die mittlere breite Schicht der Nation hat ihren Zoll an
pflichtgemäßen Blutopfern gebracht; das Extrem der Besten hat sich in vorbildlichem Heldentum fest
restlos aufgeopfert; das Extrem der Schlechten, unterstützt durch unsinnigste Gesetze einerseits und
durch die Nichtanwendung der Kriegsartikel andererseits, ist leider ebenso restlos erhalten geblieben.
Dieser wohlkonservierte Abschaum unseres Volkskörpers hat dann die Revolution gemacht, und er
konnte sie nur machen, weil das Extrem bester Elemente ihm nicht mehr gegenüberstand: — es war
nicht mehr am Leben.
Damit aber war die deutsche Revolution von vornherein nur eine bedingt populäre Sache. Nicht das
deutsche Volk an sich hat diese Kainstat verbrochen, sondern das lichtscheue Gesindel seiner
Deserteure, Zuhälter usw.
Der Mann an der Front, er begrüßte das Ende des blutigen Ringens, war glücklich, die Heimat wieder
betreten zu können, Weib und Kind wieder sehen zu dürfen. Allein mit der Revolution selbst hatte er
innerlich nichts zu tun; er liebte sie nicht, und noch viel weniger liebte er ihre Erreger und
Organisatoren. In den viereinhalb Jahren schwersten Kampfes hatte er die Parteihyänen vergessen, und
ihr ganzer Hader war ihm fremd geworden.
Nur bei einem kleinen Teil des deutschen Volkes war die Revolution wirklich populär geworden:
nämlich bei jener Klasse ihrer Helfer, die den Rucksack als Erkennungszeichen aller Ehrenbürger dieses
neuen Staates gewählt hatten. Sie liebten Revolutionen nicht um ihrer selbst willen, wie so manche
irrtümlich heute noch glauben, sondern wegen ihrer Folgen.
Allein auf die Popularität bei diesen marxistischen Freibeutern ließ sich wahrlich nur schwer eine
Autorität dauernd
[584 Desorganisation als Folge]
stützen. Und doch brauchte gerade die junge Republik Autorität um jeden Preis, wollte sie nicht nach
einem kurzen Chaos von einer sich aus den letzten Elementen der guten Seite unseres Volkes
zusammenschließenden Vergeltungsmacht plötzlich wieder verschlungen werden.
Sie fürchteten damals nichts mehr, jene Träger des Umsturzes, als im Strudel ihrer eigenen Wirrnis
selber jeden Boden zu verlieren und plötzlich von einer ehernen Faust, wie sie in solchen Zeitläuften
öfter als einmal aus dem Leben der Völker herauswächst, gefaßt und auf einen anderen Boden gestellt
zu werden. Die Republik mußte sich um jeden Preis konsolidieren.
So war sie fast augenblicklich gezwungen, neben der schwankenden Säule ihrer schwachen Popularität
sich wieder eine Organisation der Gewalt zu schaffen, um auf ihr eine festere Autorität begründen zu
können.
Als die Matadoren der Revolution in den Tagen des Dezember, Januar, Februar 1918/1919 den Boden
unter den Füßen wanken fühlten, hielten sie Umschau nach Menschen, die bereit sein würden, die
schwache Position, die ihnen die Liebe ihres Volkes bot; durch die Gewalt der Waffe zu stärken. Die
"antimilitaristische" Republik brauchte Soldaten. Da aber die erste und einzige Stütze ihrer
Staatsautorität — nämlich ihre Popularität — nur in einer Gesellschaft von Zuhältern, Dieben,
Einbrechern, Deserteuren, Drückebergern usw. wurzelte, also in jenem Teil des Volkes, den wir als das
Extrem des Schlechten bezeichnen müssen, war alles Werben nach Menschen, die das eigene Leben im
Dienste des neuen Ideals zu opfern bereit waren, in diesen Kreisen vergebliche Liebesmühe gewesen.
Die tragende Schicht des revolutionären Gedankens und der Durchführung der Revolution war weder
fähig noch bereit, die Soldaten zum Schutze derselben zu stellen. Denn diese Schicht wollte keineswegs
die Organisation eines republikanischen Staatskörpers, sondern die Desorganisation des vor-
[585 Entstehung der Freikorps]
handenen zur besseren Befriedigung ihrer Instinkte. Ihre Parole hieß nicht: Ordnung und Ausbau der
deutschen Republik, als vielmehr: Ausplünderung derselben.
So mußte der Schrei nach Hilfe, den die Volksbeauftragten damals in tausend Ängsten ausstießen, in
dieser Schicht ungehört verhallen, ja im Gegenteil Abwehr und Verbitterung auslösen. Denn man
empfand in einem solchen Beginnen einen Bruch von Treu und Glauben, witterte man doch in der
Bildung einer nicht mehr allein auf ihrer Popularität fußenden, sondern durch Macht gestützten Autorität
den Beginn des Kampfes gegen das für diese Elemente allein Maßgebliche der Revolution: gegen das
Recht auf Diebstahl und zuchtlose Herrschaft einer aus den Mauern der Zuchthäuser ausgebrochenen
und von ihren Ketten befreiten Horde von Dieben und Plünderern, kurz schlechtem Gesindel.
Die Volksbeauftragten mochten rufen soviel sie wollten, es kam niemand aus ihren Reihen, und nur der
Gegenruf "Verräter" gab ihnen die Auffassung jener Träger ihrer Popularität kund.
Damals fanden sich zum ersten Male zahlreiche junge Deutsche bereit, im Dienste der "Ruhe und
Ordnung", wie sie meinten, noch einmal den Soldatenrock zuzuknöpfen, Karabiner und Gewehr über die
Schulter zu nehmen, um mit angezogenem Stahlhelm den Destrukteuren der Heimat entgegenzutreten.
Als freiwillige Soldaten schlossen sie sich in freie Korps zusammen und begannen, während sie die
Revolution grimmig haßten, dieselbe Revolution zu beschützen und dadurch praktisch zu festigen.
Im besten Glauben handelten sie so.
Der wirkliche Organisator der Revolution und ihr tatsächlicher Drahtzieher, der internationale Jude,
hatte damals die Situation richtig abgeschätzt. Das deutsche Volk
[586 Unangebrachte Milde gegen Deserteure]
war noch nicht reif, um in den bolschewistischen Blutsumpf hineingezerrt werden zu können, wie dies
in Rußland gelang. Es lag dies zum großen Teil an der rassisch immer noch größeren Einheit zwischen
deutscher Intelligenz und deutschem Handarbeiter. Weiter in der großen Durchdringung selbst breitester
Volksschichten mit Bildungselementen, wie dies ähnlich nur in den anderen westeuropäischen Staaten
der Fall ist, in Rußland jedoch vollkommen fehlte. Dort war schon die Intelligenz selbst größtenteils
nichtrussischer Nationalität oder wenigstens nichtslawischen Rassecharakters. Die dünne intellektuelle
Oberschicht des damaligen Rußlands konnte jederzeit abgehoben werden infolge des vollkommenen
Fehlens verbindender Zwischenbestandteile zur Masse des großen Volkes. Das geistige und auch das
moralische Niveau dieser letzteren aber war dort entsetzlich tief.
Sowie es in Rußland gelang, den ungebildeten, nicht lesen- und nicht schreibenkönnenden Haufen in der
breiten Masse gegen die mit ihm in keinerlei Beziehung und Verbindung stehende dünne intellektuelle
Oberschicht zu hetzen, war das Schicksal dieses Landes entschieden, die Revolution gelungen; der
russische Analphabet war damit zum wehrlosen Sklaven seiner jüdischen Diktatoren gemacht, die
ihrerseits allerdings klug genug waren, diese Diktatur von der Phrase der "Volksdiktatur" tragen zu
lassen.
In Deutschland kam noch folgendes dazu: So sicher die Revolution nur infolge der allmählichen
Zersetzung des Heeres gelingen konnte, so sicher war der wirkliche Träger der Revolution und Zersetzer
des Heeres nicht der Soldat der Front gewesen, sondern das mehr oder weniger lichtscheue Gesindel,
das sich entweder in den Heimatgarnisonen herumtrieb oder als "unabkömmlich" irgendwo in der
Wirtschaft Dienste verrichtete. Verstärkt wurde diese Armee noch durch Zehntausende von Deserteuren,
die ohne besonderes Risiko der Front den Rücken kehren konnten. Der wirkliche Feigling scheut zu
allen Zeiten natürlich nichts mehr als den Tod. Den Tod aber hatte er an der Front Tag für Tag in
tausendfältigen Erscheinungen vor

[587 Deserteure und Revolution]
Augen. Will man schwache, schwankende oder gar feige Burschen nichtsdestoweniger zu ihrer Pflicht
anhalten, dann gibt es von jeher nur eine Möglichkeit: Es muß der Deserteur wissen, daß seine Desertion
gerade das mit sich bringt, was er fliehen will. An der Front kann man sterben, als Deserteur muß man
sterben. Nur durch solch eine drakonische Bedrohung jedes Versuches zur Fahnenflucht kann eine
abschreckende Wirkung nicht nur für den einzelnen, sondern auch für die Gesamtheit erzielt werden.
Und hier lagen Sinn und Zweck der Kriegsartikel.
Es war ein schöner Glaube, den großen Kampf um das Dasein eines Volkes durchfechten zu können,
lediglich gestützt auf die aus der Erkenntnis der Notwendigkeit heraus geborene und erhaltene
freiwillige Treue. Die freiwillige Pflichterfüllung hat immer die Besten in ihrem Handeln bestimmt,
nicht aber den Durchschnitt. Darum sind derartige Gesetze notwendig, wie zum Beispiel die gegen
Diebstahl, die ja nicht für die grundsätzlich Ehrlichen geschaffen wurden, sondern für die
wankelmütigen, schwachen Elemente. Solche Gesetze sollen durch die Abschreckung der Schlechten
verhindern, daß sich ein Zustand entwickle, in dem endlich der Ehrliche als der Dümmere betrachtet
würde und mithin immer mehr zu der Anschauung käme, daß es zweckmäßiger sei, sich ebenfalls am
Diebstahl zu beteiligen, als mit leeren Händen zuzusehen oder gar sich bestehlen zu lassen.
So war es falsch, zu glauben, daß man in einem Kampf, der aller menschlichen Voraussicht nach
jahrelang toben konnte, der Hilfsmittel würde entbehren können, die die Erfahrung vieler Jahrhunderte,
ja Jahrtausende als diejenigen erscheinen ließ, die in ernsten Zeiten und Augenblicken schwerster
Nervenbeanspruchung schwache und unsichere Menschen zur Erfüllung ihrer Pflicht zu zwingen
vermögen.
Für den kriegsfreiwilligen Helden brauchte man selbstverständlich keinen Kriegsartikel, wohl aber für
den feigen
[588 Die Furcht vor dem Frontsoldaten]
Egoisten, der in der Stunde der Not seines Volkes sein Leben höher schätzt als das der Gesamtheit.
Solch ein charakterloser Schwächling aber kann nur durch Anwendung der härtesten Strafe abgehalten
werden, seiner Feigheit nachzugeben. Wenn Männer dauernd mit dem Tode ringen und durch Wochen
ruhelos in schlammgefüllten Trichtern, bei manches Mal schlechtester Verpflegung, auszuharren haben,
kann der unsicher werdende Kantonist nicht durch Drohung mit Gefängnis oder selbst Zuchthaus bei der
Stange gehalten werden, sondern allein durch rücksichtslose Anwendung der Todesstrafe. Denn er sieht
erfahrungsgemäß in solcher Zeit das Gefängnis als einen immer noch tausendmal angenehmeren Ort an
als das Schlachtfeld, sintemalen im Gefängnis doch wenigstens sein unschätzbares Leben nicht bedroht
wird. Daß man im Kriege aber praktisch die Todesstrafe ausschaltete, die Kriegsartikel also in
Wirklichkeit außer Kurs setzte, hat sich entsetzlich gerächt. Eine Armee von Deserteuren ergoß sich,
besonders im Jahre 1918, in Etappe und Heimat und half mit, jene große, verbrecherische Organisation
zu bilden, die wir dann als die Macherin der Revolution nach dem 7. November 1918 plötzlich vor uns
sahen.
Die Front selbst hatte damit eigentlich nichts zu tun. Nur Sehnsucht nach Frieden haben ihre
Angehörigen natürlich alle empfunden. Allein gerade in dieser Tatsache lag eine außerordentliche
Gefahr für die Revolution. Denn als sich nach dem Waffenstillstand die deutschen Armeen der Heimat
zu nähern begannen, da war die bange Frage der damaligen Revolutionäre immer nur die gleiche: Was
werden die Fronttruppen machen? Werden die Feldgrauen das dulden?In diesen Wochen mußte die
Revolution in Deutschland wenigstens äußerlich gemäßigt erscheinen, wenn sie nicht Gefahr laufen
wollte, von einigen deutschen Divisionen plötzlich blitzschnell zusammengehauen zu werden. Denn
wenn damals auch nur ein einziger Divisionär den Entschluß gefaßt hätte, mit seiner ihm treu ergebenen
Division die
[589 Die Furcht vor dem Frontsoldaten]
roten Fetzen herunterzuholen und die "Räte" an die Wand stellen zu lassen, etwaigen Widerstand aber
mit Minenwerfern und Handgranaten zu brechen, so würde diese Division in noch nicht einmal vier
Wochen zu einer Armee von sechzig Divisionen angeschwollen sein. Davor zitterten die jüdischen
Drahtzieher mehr als vor irgend etwas anderem. Und gerade um dies zu verhindern, mußte man der
Revolution eine gewisse Mäßigung auferlegen, sie durfte nicht in Bolschewismus ausarten, sondern
mußte, wie die Dinge nun einmal lagen, "Ruhe und Ordnung" heucheln. Daher die zahlreichen großen
Konzessionen, der Appell an den alten Beamtenkörper, an die alten Armeeführer. Man brauchte sie
wenigstens noch eine gewisse Zeit, und erst als die Mohren ihre Schuldigkeit getan hatten, konnte man
wagen, ihnen die gebührenden Fußtritte zu versetzen und die Republik aus den Händen der alten
Staatsdiener zu nehmen und den Klauen der Revolutionsgeier auszuliefern.
Nur so durfte man hoffen, alte Generale und alte Staatsbeamte zu düpieren, um einen eventuellen
Widerstand derselben durch die anscheinende Harmlosigkeit und Milde des neuen Zustandes von
vornherein zu entwaffnen.
Wie sehr dies gelungen ist, hat die Praxis gezeigt.
Allein die Revolution war nicht gemacht worden von Elementen der Ruhe und Ordnung, als vielmehr
von solchen des Aufruhrs, des Diebstahls und der Plünderung. Und diesen war weder die Entwicklung
der Revolution dem eigenen Wollen entsprechend, noch konnte ihnen aus taktischen Gründen der
Verlauf erläutert und mundgerecht gemacht werden.
Mit der allmählichen Zunahme der Sozialdemokratie hatte diese immer mehr den Charakter einer
brutalen Revolutionspartei verloren. Nicht, als ob sie gedanklich je einem anderen Ziele als dem der
Revolution gehuldigt, oder ihre Führer je andere Absichten gehabt hätten; durchaus nicht. Allein, was
endlich übrigblieb, war nur noch die Absicht
[590 Zusammenspiel der Linksparteien]
und ein zur Ausführung derselben nicht mehr passender Körper. Mit einer Zehnmillionenpartei kann
man keine Revolution mehr machen. In einer solchen Bewegung hat man nicht länger ein Extrem der
Aktivität vor sich, sondern die breite Masse der Mitte, also die Trägheit.
In dieser Erkenntnis fand noch während des Krieges die berühmte Spaltung der Sozialdemokratie durch
den Juden statt, d. h.: Während sich die sozialdemokratische Partei, entsprechend der Trägheit ihrer
Masse, wie ein Bleigewicht an die nationale Verteidigung hing, zog man aus ihr die radikalaktivistischen
Elemente heraus und formierte sie zu besonders schlagkräftigen neuen Angriffskolonnen.
Unabhängige Partei und Spartakusbund waren die Sturmbataillone des revolutionären Marxismus. Sie
hatten die vollendete Tatsache zu schaffen, auf deren Boden dann die jahrzehntelang darauf vorbereitete
Masse der sozialdemokratischen Partei treten konnte. Das feige Bürgertum wurde dabei vom Marxismus
richtig eingeschätzt und einfach "en canaille" behandelt. Man nahm von ihm überhaupt keine Notiz,
wissend, daß die hündische Unterwürfigkeit der politischen Gebilde einer alten ausgedienten Generation
zu ernstlichem Widerstand niemals fähig sein würde.
Sowie die Revolution gelungen war und die Hauptstützen des alten Staates als gebrochen gelten
konnten, die zurückmarschierende Frontarmee aber als unheimliche Sphinx aufzutauchen begann, mußte
in der natürlichen Entwicklung der Revolution gebremst werden; das Gros der sozialdemokratischen
Armee besetzte die eroberte Stellung, und die unabhängigen und spartakistischen Sturmbataillone
wurden beiseitegeschoben.
Dies ging jedoch nicht ohne Kampf.
Nicht nur, daß sich die aktivistischen Angriffsformationen der Revolution, weil nicht befriedigt, nun
betrogen fühlten und von sich aus weiterschlagen wollten, war ihr unbändiges Randalieren den
Drahtziehern der Revolution selber nur erwünscht. Denn kaum, daß der Umsturz vorbei
[591 Das Einfangen der Bürgerlichen]
war, gab es in ihm selber bereits scheinbar zwei Lager, nämlich: die Partei der Ruhe und Ordnung und
die Gruppe des blutigen Terrors. Was aber war nun natürlicher, als daß unser Bürgertum sofort mit
fliegenden Fahnen in das Lager der Ruhe und Ordnung einrückte? Jetzt war auf einmal für diese
erbärmlichsten politischen Organisationen die Möglichkeit einer Betätigung gegeben, bei der sie, ohne
es sagen zu müssen, dennoch im stillen bereits wieder einen Boden unter den Füßen gefunden hatten
und in eine gewisse Solidarität mit der Macht kamen, die sie haßten, aber noch inständiger fürchteten.
Das politische deutsche Bürgertum hatte die hohe Ehre erhalten, sich mit den dreimal verfluchten
Marxistenführern zur Bekämpfung der Bolschewisten an einen Tisch setzen zu dürfen.
So bildete sich bereits im Dezember 1918 und Januar 1919 folgender Zustand heraus: Von einer
Minderheit schlechtester Elemente ist eine Revolution gemacht worden, hinter die sofort die gesamten
marxistischen Parteien traten. Die Revolution selbst hat ein scheinbar gemäßigtes Gepräge, was ihr die
Feindschaft der fanatischen Extremisten zuzieht. Diese beginnen mit Handgranaten und
Maschinengewehren herumzuknallen, Staatsbauten zu besetzen, kurz, die gemäßigte Revolution zu
bedrohen. Um den Schrecken einer solchen weiteren Entwicklung zu bannen, wird ein Waffenstillstand
geschlossen zwischen den Trägern des neuen Zustandes und den Anhängern des alten, um nun
gemeinsam gegen die Extremisten den Kampf führen zu können. Das Ergebnis ist, daß die Feinde der
Republik damit ihren Kampf gegen die Republik als solche eingestellt haben und mithelfen, diejenigen
niederzuzwingen, die selbst, wenn auch aus ganz anderen Gesichtspunkten heraus, ebenfalls Feinde
dieser Republik sind. Das weitere Ergebnis aber ist, daß dadurch endgültig die Gefahr eines Kampfes
der Anhänger des alten Staates gegen die des neuen abgebogen erscheint.
Man kann sich diese Tatsache gar nicht oft und scharf genug vor Augen halten. Nur wer sie begreift,
versteht, wie es möglich war, daß einem Volk, das zu neun Zehnteln
[592 Kapitulation der Bürgerlichen]
eine Revolution nicht gemacht hat, zu sieben Zehnteln sie ablehnt, zu sechs Zehnteln sie haßt, endlich
von einem Zehntel dennoch diese Revolution aufgezwungen werden konnte.
Allmählich verbluteten die spartakistischen Barrikadenkämpfer auf der einen Seite und die
nationalistischen Fanatiker und Idealisten auf der anderen, und in eben dem Maße, in dem diese beiden
Extreme sich gegenseitig aufrieben, siegte, wie immer, die Masse der Mitte. Bürgertum und Marxismus
fanden sich auf dem Boden der gegebenen Tatsachen, und die Republik begann sich zu "konsolidieren".
Was allerdings die bürgerlichen Parteien zunächst nicht hinderte, besonders vor den Wahlen, noch eine
Zeitlang den monarchischen Gedanken zu zitieren, um mit den Geistern der vergangenen Welt die
kleineren Geister ihrer Anhänger zu beschwören und erneut einfangen zu können.
Ehrlich war dies nicht. Sie hatten innerlich alle schon längst mit der Monarchie gebrochen, und die
Unsauberkeit des neuen Zustandes begann ihre verführerischen Wirkungen auch im bürgerlichen
Parteilager geltend zu machen. Der gewöhnliche bürgerliche Politiker fühlt sich heute wohler im
Korruptionsschlamm der Republik als in der reinlichen Härte, die ihm vom vergangenen Staat her noch
in Erinnerung ist.
×
Wie schon gesagt, war die Revolution nach der Zertrümmerung des alten Heeres gezwungen, sich zur
Stärkung ihrer Staatsautorität einen neuen Machtfaktor zu schaffen. Wie die Dinge lagen, konnte sie
diesen nur aus Anhängern einer ihr eigentlich entgegengesetzten Weltanschauung gewinnen. Aus ihnen
allein konnte dann auch langsam ein neuer Heereskörper entstehen, der, äußerlich begrenzt durch die
Friedensverträge, in seiner Gesinnung im Laufe der Zeit zu einem Instrument der neuen
Staatsauffassung umgeformt werden mußte.
Legt man sich die Frage vor, wieso — abgesehen von allen wirklichen Fehlern des alten Staates, welche
zur Ursache
[593 Warum gelang der Umsturz?]
wurden — die Revolution als Aktion gelingen konnte, so kommt man zu dem Ergebnis: 1. infolge der
Erstarrung unserer Begriffe von Pflichterfüllung und Gehorsam und2. infolge der feigen Passivität
unserer sogenannten staatserhaltenden Parteien.
Hierzu sei noch folgendes gesagt: Die Erstarrung unserer Begriffe von Pflichterfüllung und Gehorsam
hat ihren letzten Grund in unserer gänzlich anationalen und immer nur rein staatlichen Erziehung.
Daraus resultiert auch hier die Verkennung von Mittel und Zweck. Pflichtbewußtsein, Pflichterfüllung
und Gehorsam sind nicht Zwecke an sich, genau so wenig, wie der Staat ein Zweck an sich ist, sondern
sie sollen alle die Mittel sein, einer Gemeinschaft seelisch und physisch gleichartiger Lebewesen die
Existenz auf dieser Erde zu ermöglichen und zu sichern. In einer Stunde, da ein Volkskörper sichtlich
zusammenbricht und allem Augenscheine nach der schwersten Bedrückung ausgeliefert wird, dank des
Handelns einiger Lumpen, bedeuten Gehorsam und Pflichterfüllung diesen gegenüber doktrinären
Formalismus, ja reinen Wahnwitz, wenn andererseits durch Verweigerung von Gehorsam und
"Pflichterfüllung" die Errettung eines Volkes vor seinem Untergang ermöglicht würde. Nach unserer
heutigen bürgerlichen Staatsauffassung hat der Divisionär, der seinerzeit von oben den Befehl erhielt,
nicht zu schießen, pflichtgemäß und damit recht gehandelt, indem er nicht schoß, da der bürgerlichen
Welt der gedankenlose formale Gehorsam wertvoller ist als das Leben des eigenen Volkes. Nach
nationalsozialistischer Auffassung tritt aber in solchen Augenblicken nicht der Gehorsam gegenüber
schwachen Vorgesetzten in Kraft, sondern der Gehorsam gegenüber der Volksgemeinschaft. Es tritt in
einer solchen
[594 Passivität der "Staatserhaltenden"]
Stunde die Pflicht der persönlichen Verantwortung einer ganzen Nation gegenüber in Erscheinung.
Daß eine lebendige Auffassung dieser Begriffe in unserem Volk oder, besser, in unseren Regierungen
verlorengegangen war, um dort einer rein doktrinären und formalen zu weichen, war die Ursache des
Gelingens der Revolution.
Zum zweiten Punkt wäre folgendes zu bemerken: Der tiefere Grund für die Feigheit der
"staatserhaltenden" Parteien ist vor allem das Ausscheiden des aktivistischen, gut gesinnten Teiles
unseres Volkes aus ihren Reihen, der im Felde verblutete. Davon abgesehen, waren unsere bürgerlichen
Parteien, die wir als die einzigen politischen Gebilde bezeichnen können, die auf dem Boden des alten
Staates standen, überzeugt, ihre Anschauungen ausschließlich auf geistigem Wege und mit geistigen
Mitteln vertreten zu dürfen, da die Anwendung von physischen allein dem Staate zukäme. Nicht nur,
daß man in einer solchen Auffassung das Zeichen einer allmählich sich herausbildenden dekadenten
Schwäche zu erblicken hat, war sie auch unsinnig in einer Zeit, in der ein politischer Gegner diesen
Standpunkt bereits längst verlassen hatte und statt dessen in aller Offenheit betonte, wenn möglich seine
politischen Ziele auch durch Gewalt verfechten zu wollen. In dem Augenblick, in dem in der Welt der
bürgerlichen Demokratie, als Folgeerscheinung derselben, der Marxismus auftauchte, war ihr Appell,
den Kampf mit "geistigen Waffen" zu führen, ein Unsinn, der sich eines Tages furchtbar rächen mußte.
Denn der Marxismus selbst vertrat von jeher die Auffassung, daß die Anwendung einer Waffe nur nach
Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zu erfolgen hat und das Recht hierzu immer im Gelingen liegt.
Wie richtig diese Auffassung ist, wurde in den Tagen vom 7.–11. November 1918 bewiesen. Damals
kümmerte sich der Marxismus nicht im geringsten um Parlamentarismus und Demokratie, sondern gab
beiden durch brüllende und schießende Verbrecherhaufen den Todesstoß. Daß die bürgerlichen
Schwätzerorganisationen im selben Augenblick wehrlos waren, ist selbstverständlich.
[595 Kapitulation vor dem Marxismus]
Nach der Revolution, da die bürgerlichen Parteien, wenn auch unter Änderung ihrer Firmenschilder,
plötzlich wieder auftauchten und ihre tapferen Führer aus der Verborgenheit finsterer Keller und luftiger
Speicher hervorkrochen, da hatten sie, wie alle Vertreter derartiger alter Gebilde, ihre Fehler nicht
vergessen und ebenso nichts hinzugelernt. Ihr politisches Programm lag in der Vergangenheit, sofern sie
sich nicht mit dem neuen Zustand innerlich bereits ausgesöhnt hatten, ihr Ziel war jedoch, sich am neuen
Zustand wenn möglich beteiligen zu dürfen, und ihre einzigen Waffen blieben dabei nach wie vor ihre
Worte.
Auch nach der Revolution haben die bürgerlichen Parteien in jämmerlicher Weise jederzeit vor der
Straße kapituliert.
Als das Republikschutzgesetz zur Annahme kommen sollte, war eine Majorität dafür zunächst nicht
vorhanden. Allein vor den zweihunderttausend demonstrierenden Marxisten packte die bürgerlichen
"Staatsmänner" eine derartige Angst, daß sie gegen ihre Überzeugung das Gesetz annahmen, in der
erbaulichen Furcht, andernfalls beim Verlassen des Reichstages von der wütenden Masse windelweich
geprügelt zu werden. Was dann leider zufolge der Annahme ausblieb. —So ging denn auch die
Entwicklung des neuen Staates ihre Bahnen, als ob es eine nationale Opposition überhaupt nicht
gegeben hätte.
Die einzigen Organisationen, die in dieser Zeit Mut und Kraft besessen hätten, dem Marxismus und
seinen verhetzten Massen entgegenzutreten, waren zunächst die Freikorps, später die
Selbstschutzorganisationen, Einwohnerwehren usw. und endlich die Traditionsverbände.
Warum aber auch ihr Dasein in der Entwicklung der deutschen Geschichte keinerlei nur irgendwie
wahrnehmbare Umstellung herbeiführte, lag an folgendem: So wie die sogenannten nationalen Parteien
keinerlei Einfluß auszuüben vermochten, mangels irgendwelcher bedrohlichen Macht auf der Straße, so
konnten
[596 Versagen der nationalen Parteien]
hinwieder die sogenannten Wehrverbände keinerlei Einfluß ausüben mangels irgendwelcher politischen
Idee und vor allem jedes wirklichen politischen Zieles.
Was dem Marxismus einst den Erfolg gegeben hatte, war das vollendete Zusammenspiel von
politischem Wollen und aktivistischer Brutalität. Was das nationale Deutschland von jeder praktischen
Gestaltung der deutschen Entwicklung ausschaltete, war das Fehlen einer geschlossenen
Zusammenarbeit brutaler Macht mit genialem politischem Wollen.
Welcher Art das Wollen der "nationalen" Parteien auch sein mochte, sie hatten nicht die geringste
Macht, dieses Wollen zu verfechten, am wenigsten auf der Straße.
Die Wehrverbände hatten alle Macht, waren die Herren der Straße und des Staates und besaßen keine
politische Idee und kein politisches Ziel, für die ihre Macht zum Nutzen des nationalen Deutschlands
eingesetzt worden wäre oder auch nur hätte eingesetzt werden können. In beiden Fällen war es die
Schlauheit des Juden, die es fertigbrachte, durch kluges Zureden und Bestärken eine förmliche
Verewigung, auf alle Fälle aber zunehmende Vertiefung dieses unseligen Verhängnisses herbeizuführen.
Der Jude war es, der durch seine Presse unendlich geschickt den Gedanken des "unpolitischen
Charakters" der Wehrverbände zu lancieren verstand, wie er wiederum im politischen Leben ebenso
schlau stets die "reine Geistigkeit" des Kampfes pries und forderte. Millionen deutscher Dummköpfe
plapperten dann diesen Unsinn nach, ohne auch nur eine blasse Ahnung zu haben, wie sie sich selbst
damit praktisch entwaffneten und dem Juden wehrlos auslieferten.
Aber auch hierfür gibt es freilich wieder eine natürliche Erklärung. Der Mangel einer großen
neugestaltenden Idee bedeutet zu allen Zeiten eine Beschränkung der Kampfkraft.
[597 Ohne Idee keine Kampfkraft]
Die Überzeugung vom Recht der Anwendung selbst brutalster Waffen ist stets gebunden an das
Vorhandensein eines fanatischen Glaubens an die Notwendigkeit des Sieges einer umwälzenden neuen
Ordnung dieser Erde.
Eine Bewegung, die nicht für solche höchste Ziele und Ideale ficht, wird daher nie zur letzten Waffe
greifen.
Das Aufzeigen einer neuen großen Idee ist das Geheimnis des Erfolges der Französischen Revolution
gewesen; der Idee verdankt die russische den Sieg, und der Faschismus hat nur durch die Idee die Kraft
erhalten, ein Volk in segensreichster Weise einer umfassendsten Neugestaltung zu unterwerfen.
Bürgerliche Parteien sind hierzu nicht befähigt.
Allein nicht nur die bürgerlichen Parteien sahen ihr politisches Ziel in einer Restauration der
Vergangenheit, sondern auch die Wehrverbände, soweit sie sich überhaupt mit politischen Zielen
befaßten. Alte Kriegervereins- und Kyffhäusertendenzen wurden in ihnen lebendig und halfen mit, die
schärfste Waffe, die das nationale Deutschland damals hatte, politisch abzustumpfen und im
Landsknechtsdienst der Republik verkommen zu lassen. Daß sie dabei selbst in bester Gesinnung, vor
allem aber im besten Glauben handelten, ändert nicht das geringste am unseligen Wahnwitz dieser
damaligen Vorgänge.
Allmählich erhielt der Marxismus in der sich konsolidierenden Reichswehr die erforderliche
Machtstütze seiner Autorität und begann daraufhin konsequent und logisch, die gefährlich
erscheinenden nationalen Wehrverbände, als nunmehr überflüssig, abzubauen. Einzelne besonders
verwegene Führer, denen man mit Mißtrauen gegenüberstand, wurden vor die Schranken der Gerichte
zitiert und hinter schwedische Gardinen gesteckt. An allen aber hat sich das Los erfüllt, das sie selbst
verschuldet hatten.
×
[598 Vertretung der völkischen Idee]
Mit der Gründung der NSDAP war zum ersten Male eine Bewegung in Erscheinung getreten, deren
Ziel nicht, ähnlich dem der bürgerlichen Parteien, in einer mechanischen Restauration der
Vergangenheit lag, sondern in dem Bestreben, an Stelle des heutigen widersinnigen Staatsmechanismus
einen organischen völkischen Staat zu errichten.
Die junge Bewegung stand dabei vom ersten Tage an auf dem Standpunkt, daß ihre Idee geistig zu
vertreten ist, daß aber der Schutz dieser Vertretung, wenn notwendig, auch durch brachiale Mittel
gesichert werden muß. Getreu ihrer Überzeugung von der ungeheuren Bedeutung der neuen Lehre
erscheint es ihr selbstverständlich, daß für die Erreichung des Zieles kein Opfer zu groß sein darf.
Ich habe schon auf die Momente hingewiesen, die eine Bewegung, sofern sie das Herz eines Volkes
gewinnen will, verpflichten, aus eigenen Reihen die Verteidigung gegen terroristische Versuche der
Gegner zu übernehmen. Auch ist es eine ewige Erfahrung der Weltgeschichte, daß ein von einer
Weltanschauung vertretener Terror nie durch eine formale Staatsgewalt gebrochen werden kann,
sondern stets nur einer neuen, ebenso kühn und entschlossen vorgehenden anderen Weltanschauung zu
unterliegen vermag. Dies wird dem Empfinden der beamteten Staatshüter zu allen Zeiten unangenehm
sein, ohne daß aber dadurch die Tatsache aus der Welt geschafft wird. Die Staatsgewalt kann nur dann
für Ruhe und Ordnung garantieren, wenn sich der Staat inhaltlich deckt mit der jeweils Herrschenden
Weltanschauung, so daß gewalttätige Elemente nur den Charakter einzelner verbrecherischer Naturen
besitzen und nicht als Vertreter eines den staatlichen Anschauungen extrem gegenüberstehenden
Gedankens angesehen werden. In einem solchen Falle kann der Staat jahrhundertelang die größten
Gewaltmaßnahmen gegen einen ihn bedrohenden Terror anwenden, am Ende wird er dennoch nichts
gegen ihn vermögen, sondern unterliegen.

[599 Notwendigkeit der Schutztruppe]
Der deutsche Staat wird auf das schwerste berannt vom Marxismus. Er hat in seinem siebzigjährigen
Kampf den Sieg dieser Weltanschauung nicht zu verhindern vermocht, sondern wurde trotz insgesamt
Tausenden von Jahren an Zuchthaus- und Gefängnisstrafen und blutigster Maßnahmen, die er in
zahllosen Fällen über die Kämpfer der ihn bedrohenden marxistischen Weltanschauung verhängte,
dennoch zu einer fast vollständigen Kapitulation gezwungen. (Auch dies wird der normale bürgerliche
Staatsleiter ableugnen wollen, selbstverständlich ohne daß er zu überzeugen vermag.)Der Staat aber, der
am 9. November 1918 vor dem Marxismus bedingungslos zu Kreuze kroch, wird nicht plötzlich morgen
als dessen Bezwinger auferstehen, im Gegenteil: bürgerliche Schwachköpfe auf Ministerstühlen faseln
heute bereits von der Notwendigkeit, nicht gegen die Arbeiter zu regieren, wobei ihnen unter dem
Begriff "Arbeiter" der Marxismus vorschwebt. Indem sie aber den deutschen Arbeiter mit dem
Marxismus identifizieren, begehen sie nicht nur eine ebenso feige wie verlogene Fälschung an der
Wahrheit, sondern sie versuchen, durch ihre Motivierung ihr eigenes Zusammenbrechen vor der
marxistischen Idee und Organisation zu verbergen.
Angesichts dieser Tatsache aber, nämlich der restlosen Unterwerfung des heutigen Staates unter den
Marxismus, erwächst der nationalsozialistischen Bewegung erst recht die Pflicht, nicht nur geistig den
Sieg ihrer Ideen vorzubereiten, sondern auch deren Verteidigung gegenüber dem Terror der
siegestrunkenen Internationale selbst zu übernehmen.
Ich habe bereits geschildert, wie aus dem praktischen Leben heraus sich langsam in unserer jungen
Bewegung ein Versammlungsschutz bildete, wie dieser allmählich den Charakter einer bestimmten
Ordnertruppe annahm und nach einer organisatorischen Formung strebte.
So sehr das dann allmählich entstehende Gebilde äußerlich einem sogenannten Wehrverbande gleichen
mochte, so wenig war es damit zu vergleichen.
[600 Aufgabe der Schutztruppe]
Wie schon erwähnt, hatten die deutschen Wehrorganisationen keinen eigenen bestimmten politischen
Gedanken. Sie waren wirklich nur Selbstschutzverbände von mehr oder minder zweckmäßiger
Ausbildung und Organisation, so daß sie eigentlich eine illegale Ergänzung der jeweiligen legalen
Machtmittel des Staates darstellten. Ihr freikorpsartiger Charakter war nur begründet durch die Art ihrer
Bildung und durch den Zustand des damaligen Staates, keineswegs aber kommt ihnen ein solcher Titel
etwa zu als freie Formationen des Kampfes für eine freie, eigene Überzeugung. Diese besaßen sie trotz
aller oppositionellen Haltung einzelner Führer und ganzer Verbände gegen die Republik dennoch nicht.
Denn es genügt nicht, von der Minderwertigkeit eines bestehenden Zustandes überzeugt zu sein, um von
einer Überzeugung im höheren Sinne sprechen zu können, sondern diese wurzelt nur in dem Wissen von
einem neuen Zustand und im inneren Erschauen eines Zustandes, den zu erreichen man als
Notwendigkeit empfindet und für dessen Verwirklichung sich einzusetzen man als höchste
Lebensaufgabe ansieht.
Das unterscheidet die Ordnertruppe der damaligen nationalsozialistischen Bewegung grundsätzlich von
allen Wehrverbänden, daß sie nicht im geringsten eine Dienerin der durch die Revolution geschaffenen
Zustände war oder sein wollte, sondern daß sie vielmehr ausschließlich für ein neues Deutschland rang.
Diese Ordnertruppe besaß allerdings anfangs nur den Charakter eines Saalschutzes. Ihre erste Aufgabe
war eine beschränkte: sie bestand in der Ermöglichung der Abhaltung von Versammlungen, die ohne sie
glatt vom Gegner verhindert worden wären. Sie war schon damals erzogen worden zum blindlings
auszuführenden Angriff, aber nicht etwa, weil sie, wie man in dummen deutschvölkischen Kreisen
daHerredete, den Gummiknüppel als höchsten Geist verehrte, sondern weil sie begriff, daß der größte
Geist aus-
[601 Schutz der Nation, nicht des Staates]
geschaltet werden kann, wenn sein Träger von einem Gummiknüppel erschlagen wird, wie tatsächlich in
der Geschichte nicht selten die bedeutendsten Köpfe unter den Hieben kleinster Heloten endeten. Sie
wollte nicht die Gewalt als das Ziel hinstellen, sondern die Verkünder des geistigen Ziels vor der
Bedrängung durch Gewalt schützen. Und sie hat dabei begriffen, daß sie nicht verpflichtet ist, den
Schutz eines Staates zu übernehmen, der der Nation keinen Schutz gewährt, sondern daß sie im
Gegenteil den Schutz der Nation zu übernehmen hat gegen diejenigen, die Volk und Staat zu vernichten
drohten.
Nach der Versammlungsschlacht im Münchener Hofbräuhaus erhielt die Ordnertruppe einmal für
immer, zur dauernden Erinnerung an die heldenhaften Sturmangriffe der kleinen Zahl von damals, den
Namen Sturmabteilung. Wie schon diese Bezeichnung sagt, stellt sie damit nur eine Abteilung der
Bewegung dar. Sie ist ein Glied in ihr, genau so wie die Propaganda, die Presse, die wissenschaftlichen
Institute und anderes lediglich Glieder der Partei bilden.
Wie notwendig ihr Ausbau war, konnten wir nicht nur in dieser denkwürdigen Versammlung sehen,
sondern auch bei unserem Versuch, die Bewegung aus München allmählich in das übrige Deutschland
hinauszutreiben. Sowie wir dem Marxismus gefährlich erschienen waren, ließ dieser keine Gelegenheit
unbenutzt, um jeden Versuch einer nationalsozialistischen Versammlung schon im Keime zu ersticken,
beziehungsweise deren Abhaltung durch Sprengung zu verhindern. Dabei war es ganz
selbstverständlich, daß die Parteiorganisationen des Marxismus aller Schattierungen jede solche Absicht
und jeden solchen Vorfall in den Vertretungskörpern blind deckten. Was sollte man aber zu bürgerlichen
Parteien sagen, die, selbst vom Marxismus niedergedroschen, es in vielen Orten gar nicht wagen durften,
ihre Redner öffentlich auftreten zu lassen, und die trotzdem mit einer ganz unverständlichen, blöden
Befriedigung für uns irgendwie ungünstig verlaufende Kämpfe gegen den Marxismus verfolgten! Sie
waren glücklich, daß der, der von
[602 Versagen der Staatsorgane]
ihnen selbst nicht bezwungen werden konnte, der sie vielmehr selbst bezwang, auch von uns nicht zu
brechen war. Was sollte man sagen zu Staatsbeamten, Polizeipräsidenten, ja selbst Ministern, die mit
wirklich unanständiger Gesinnungslosigkeit sich nach außen als "nationale" Männer hinzustellen
beliebten, bei allen Auseinandersetzungen aber, die wir Nationalsozialisten mit dem Marxismus hatten,
diesem die schmählichsten Handlangerdienste leisteten! Was sollte man zu Menschen sagen, die in ihrer
Selbsterniedrigung so weit gingen, daß sie für ein erbärmliches Lob jüdischer Zeitungen ohne weiteres
die Männer verfolgten, deren heldenmütigem Einsatz des eigenen Lebens sie es zum Teil zu verdanken
hatten, wenn sie nicht wenige Jahre vorher von der roten Meute als zerfetzte Kadaver an Laternenpfähle
gehängt worden waren!Es waren dies so traurige Erscheinungen, daß sie einmal den unvergeßlichen
verstorbenen Präsidenten Pöhner, der in seiner harten Geradlinigkeit alle Kriecher haßte, wie nur ein
Mensch mit ehrlichem Herzen zu hassen vermag, zu dem derben Ausspruch hinrissen: "Ich wollte in
meinem ganzen Leben nichts anderes sein als erst ein Deutscher und dann ein Beamter, und ich möchte
niemals mit jenen Kreaturen verwechselt werden, die sich als Beamtenhuren jedem prostituieren, der
augenblicklich den Herrn zu spielen vermag." —Es war dabei besonders traurig, daß diese Sorte von
Menschen allmählich Zehntausende der ehrlichsten und bravsten deutschen Staatsdiener nicht nur unter
ihre Gewalt bekam, sondern auch noch mit ihrer eigenen Gesinnungslosigkeit langsam ansteckte, die
redlichen dagegen mit grimmigem Haß verfolgte und endlich aus Amt und Stellung hinausbiß, während
sie dabei sich selbst immer noch in heuchlerischer Verlogenheit als "nationale" Männer präsentierte.
Von solchen Menschen durften wir irgendeine Unterstützung niemals erhoffen, und wir haben sie auch
nur in ganz seltenen Fällen erhalten. Lediglich der Ausbau eigenen Schutzes konnte die Tätigkeit der
Bewegung sicherstellen und ihr zugleich jene öffentliche Aufmerksamkeit und allge-
[603 Selbstschutz, nicht "Wehrverband"]
meine Achtung erringen, die man dem zollt, der sich, wenn angegriffen, selber zur Wehr setzt.
Als Leitgedanke für die innere Ausbildung dieser Sturmabteilung war immer die Absicht vorHerrschend,
sie, neben aller körperlichen Ertüchtigung, zu einer unerschütterlich überzeugten Vertreterin der
nationalsozialistischen Idee auszubilden und endlich ihre Disziplin im höchsten Ausmaß zu festigen. Sie
sollte nichts zu tun haben mit einer Wehrorganisation bürgerlicher Auffassung, ebenso aber auch gar
nichts mit einer Geheimorganisation.
Warum ich schon zu jener Zeit mich auf das schärfste dagegen verwahrte, die SA. der NSDAP. als
sogenannten Wehrverband aufziehen zu lassen, hatte seinen Grund in folgender Erwägung: Rein
sachlich kann eine Wehrausbildung eines Volkes nicht durch private Verbände durchgeführt werden,
außer unter Beihilfe ungeheuerster staatlicher Mittel. Jeder andere Glaube fußt auf großer
Überschätzung eigenen Könnens. Es ist nun einmal ausgeschlossen, daß man mit sogenannter
"freiwilliger Disziplin" über einen bestimmten Umfang hinaus Organisationen aufbauen kann, die
militärischen Wert besitzen. Es fehlt hier die wichtigste Stütze der Befehlsgewalt, nämlich die
Strafgewalt. Wohl war es im Herbst oder besser noch im Frühjahr 1919 möglich, sogenannte
"Freikorps" aufzustellen, allein nicht nur, daß sie damals zum größten Teil durch die Schule des alten
Heeres gegangene Frontkämpfer besaßen, sondern die Art der Verpflichtung, die sie den einzelnen
auferlegten, unterwarf diese wenigstens auf befristete Zeit ebenso unbedingt dem militärischen
Gehorsam.
Dies fehlt einer freiwilligen "Wehrorganisation" von heute vollständig. Je größer ihr Verband wird, um
so schwächer wird die Disziplin, um so geringer dürfen die Anforderungen sein, die man im einzelnen
an die Leute stellt, und um so mehr wird das Ganze den Charakter der alten unpolitischen Krieger- und
Veteranenvereine annehmen.
Eine freiwillige Erziehung zum Heeresdienst ohne sichergestellte unbedingte Befehlsgewalt wird in
großen Massen
[604 Warum keine Wehrverbände?]
nie durchzuführen sein. Es werden immer nur wenige die Bereitwilligkeit besitzen, sich aus freien
Stücken einem Zwang zum Gehorsam zu unterwerfen, wie er beim Heere als selbstverständlich und
natürlich galt.
Weiter läßt sich eine wirkliche Ausbildung nicht durchführen infolge der lächerlich geringen Mittel, die
für einen solchen Zweck einem sogenannten Wehrverbande zur Verfügung stehen. Die beste,
zuverlässigste Ausbildung müßte aber gerade die Hauptaufgabe einer solchen Institution sein. Seit dem
Kriege sind nun acht Jahre verflossen, und seit dieser Zeit ist kein Jahrgang unserer deutschen Jugend
mehr planmäßig ausgebildet worden. Es kann aber doch nicht die Aufgabe eines Wehrverbandes sein,
die bereits ausgebildeten Jahrgänge von einst zu erfassen, da man ihm sonst sofort mathematisch
vorrechnen kann, wann das letzte Mitglied diese Korporation verlassen wird. Selbst der jüngste Soldat
von 1918 wird in zwanzig Jahren kampfunfähig sein, und wir nähern uns in bedenklicher Schnelle
diesem Zeitpunkte. Damit wird jeder sogenannte Wehrverband zwangsläufig immer mehr den Charakter
einer alten Kriegervereinigung annehmen. Dies kann aber nicht der Sinn einer Einrichtung sein, die sich
eben nicht als Krieger-, sondern als Wehrverein bezeichnet, und die schon durch ihren Namen
auszudrücken bestrebt ist, daß sie nicht nur in der Erhaltung der Tradition und der
Zusammengehörigkeit ehemaliger Soldaten ihre Mission erblickt, sondern in der Ausbildung des
Wehrgedankens und in der praktischen Vertretung dieses Gedankens, also in der Schaffung eines
wehrhaften Körpers.
Diese Aufgabe jedoch erfordert dann unbedingt die Ausbildung der bisher noch nicht militärisch
gedrillten Elemente, und dies ist in der Praxis tatsächlich unmöglich. Mit einer wöchentlich ein- oder
zweistündigen Ausbildung kann man wirklich keinen Soldaten schaffen. Bei den heutigen enorm
gesteigerten Anforderungen, die der Kriegsdienst an den einzelnen Mann stellt, ist eine zweijährige
Dienstzeit vielleicht gerade noch ausreichend, um den unausgebildeten jungen Mann in einen gelernten
Soldaten zu ver-
[605 Warum keine Wehrverbände?]
wandeln. Wir haben ja alle im Felde die fürchterlichen Folgen vor Augen gehabt, die sich für junge, im
Kriegshandwerk nicht gründlich ausgebildete Soldaten ergaben. Freiwilligenformationen, die fünfzehn
und zwanzig Wochen lang mit eiserner Entschlossenheit bei grenzenloser Hingabe gedrillt worden
waren, stellten an der Front nichtsdestoweniger nur Kanonenfutter dar. Nur in die Reihen erfahrener
alter Soldaten eingeteilt, konnten jüngere, vier bis sechs Monate lang ausgebildete Rekruten nützliche
Glieder eines Regiments abgeben; sie wurden hierbei von den "Alten" geleitet und wuchsen sich dann
allmählich in ihre Aufgaben hinein.
Wie aussichtslos aber wirkt demgegenüber der Versuch, ohne klare Befehlsgewalt und ohne umfassende
Mittel durch eine wöchentlich ein- bis zweistündige sogenannte Ausbildung eine Truppe heranziehen zu
wollen! Damit kann man vielleicht alte Soldaten wieder auffrischen, junge Menschen aber niemals zu
Soldaten machen.
Wie gleichgültig und vollständig wertlos ein solches Vorgehen in seinen Ergebnissen sein würde, kann
noch besonders belegt werden durch die Tatsache, daß in derselben Zeit, in der ein sogenannter
freiwilliger Wehrverband mit Ach und Krach und Mühe und Nöten ein paar tausend an sich gutwillige
Menschen (an andere kommt er überhaupt nicht heran) im Wehrgedanken ausbildet oder auszubilden
versucht, der Staat selber durch die pazifistisch-demokratische Art seiner Erziehung Millionen und
Millionen junger Leute konsequent ihrer natürlichen Instinkte beraubt, ihr logisches vaterländisches
Denken vergiftet und sie so allmählich zu einer jeglicher Willkür gegenüber geduldigen Hammelherde
verwandelt.
Wie lächerlich sind doch im Vergleich hierzu alle Anstrengungen der Wehrverbände, ihre Gedanken der
deutschen Jugend vermitteln zu wollen!Aber fast noch wichtiger ist folgender Gesichtspunkt, der mich
schon immer gegen jeden Versuch einer sogenannten militärischen Wehrhaftmachung auf freiwilliger
Verbandsgrundlage Stellung nehmen ließ:
[606 Warum keine Wehrverbände?]
Angenommen, es würde trotz der vorher erwähnten Schwierigkeiten dennoch einem Verbande gelingen,
eine bestimmte Anzahl Deutscher Jahr für Jahr zu wehrhaften Männern auszubilden, und zwar sowohl
im Hinblick auf ihre Gesinnung als auch auf ihre körperliche Tüchtigkeit und waffenmäßige Schulung,
so müßte das Ergebnis dennoch gleich Null sein in einem Staat, der seiner ganzen Tendenz nach eine
solche Wehrhaftmachung gar nicht wünscht, ja direkt haßt, da sie dem innersten Ziele seiner Leiter —
der Verderber dieses Staates — vollständig widerspricht.
Auf alle Fälle aber würde ein solches Ergebnis wertlos sein unter Regierungen, die nicht nur durch die
bewiesen haben, daß ihnen an der militärischen Kraft der Nation nichts liegt, sondern die vor allem auch
gar nie gewillt sein würden, einen Appell an diese Kraft zu erlassen, außer höchstens zur Stützung ihres
eigenen verderblichen Daseins.
Und heute ist das doch so. Oder ist es nicht lächerlich, für ein Regiment einige zehntausend Mann im
Zwielicht der Dämmerung militärisch ausbilden zu wollen, wenn der Staat wenige Jahre vorher
achteinhalb Millionen bestausgebildeter Soldaten schmählich preisgab, nicht nur sich ihrer nicht mehr
bediente, sondern als Dank für ihre Opfer sogar noch der allgemeinen Beschimpfung aussetzte! Man
will also Soldaten heranbilden für ein Staatsregiment, das die ruhmvollsten Soldaten von einst
beschmutzte und bespuckte, ihnen die Ehrenzeichen von der Brust reißen ließ, die Kokarden wegnahm,
die Fahnen zertrat und ihre Leistungen herabwürdigte? Oder hat dieses heutige Staatsregiment jemals
auch nur einen Schritt unternommen, die Ehre der alten Armee wiederherzustellen, ihre Zersetzer und
Beschimpfer zur Verantwortung zu ziehen? Nicht das geringste. Im Gegenteil: wir können letztere in
höchsten Staatsämtern thronen sehen. — Wie sagte man doch zu Leipzig: "Das Recht geht mit der
Macht." Da jedoch heute in unserer Republik die Macht in den Händen der gleichen Männer liegt, die
einst die Revolution anzettelten, diese
[607 Warum keine Wehrverbände?]
Revolution aber den gemeinsten Landesverrat, ja, die erbärmlichste Schurkentat der deutschen
Geschichte überhaupt darstellt, so läßt sich wirklich gar kein Grund dafür finden, daß die Macht gerade
dieser Charaktere durch Bildung einer neuen jungen Armee erhöht werden sollte. Alle Gründe der
Vernunft sprechen jedenfalls dagegen.
Was aber dieser Staat, auch nach der Revolution von 1918, der militärischen Stärkung seiner Position
für einen Wert beimaß, ging noch einmal klar und eindeutig hervor aus seiner Stellungnahme zu den
damals bestehenden großen Selbstschutzorganisationen. Solange sie zum Schutz persönlich feiger
Revolutionskreaturen einzutreten hatten, waren sie nicht unwillkommen. Sowie aber, dank der
allmählichen Verlumpung unseres Volkes, die Gefahr für diese beseitigt schien und der Bestand der
Verbände nunmehr eine nationalpolitische Stärkung bedeutete, waren sie überflüssig, und man tat alles,
sie zu entwaffnen, ja, wenn möglich, auseinanderzujagen.
Die Geschichte weist Dankbarkeit von Fürsten nur in seltenen Beispielen nach. Aber gar auf
Dankbarkeit revolutionärer Mordbrenner, Volksausplünderer und Nationalverräter zu rechnen, bringt
nur ein neubürgerlicher Patriot fertig. Ich könnte mich jedenfalls bei einer Prüfung des Problems, ob
freiwillige Wehrverbände zu schaffen seien, niemals der Frage enthalten: Für wen bilde ich die jungen
Leute aus. Zu welchem Zweck werden sie verwendet, und wann sollen sie aufgerufen werden? Die
Antwort darauf gibt zugleich die besten Richtlinien für das eigene Verhalten.
Wenn dem heutige Staat auf ausgebildete Bestände dieser Art je zurückgreifen würde, dann geschähe
dies niemals zu einer Vertretung nationaler Interessen nach außen, sondern immer nur zum Schutze der
Vergewaltiger der Nation im Innern vor der vielleicht eines Tages aufflammenden allgemeinen Wut des
betrogenen, verratenen und verkauften Volkes.
Die SA. der NSDAP. durfte schon aus diesem Grunde mit einer militärischen Organisation gar nichts zu
tun
[608 Keine Geheimorganisationen]
haben. Sie war ein Schutz- und Erziehungsmittel der nationalsozialistischen Bewegung, und ihre
Aufgaben lagen auf einem ganz anderen Gebiet als auf dem sogenannter Wehrverbände.
Sie sollte aber auch keine Geheimorganisation darstellen. Der Zweck von Geheimorganisationen kann
nur ein gesetzwidriger sein. Damit aber beschränkt sich der Umfang einer solchen Organisation von
selbst. Es ist nicht möglich, besonders angesichts der Schwatzhaftigkeit des deutschen Volkes, eine
Organisation von einiger Größe aufzubauen und sie gleichzeitig nach außen geheimzuhalten oder auch
nur ihre Ziele zu verschleiern. Jede solche Absicht wird tausendfältig vereitelt werden. Nicht nur, daß
unseren Polizeibehörden heute ein Stab von Zuhältern und ähnlichem Gesindel zur Verfügung steht, die
für den Judaslohn von dreißig Silberlingen verraten, was sie finden können, und erfinden, was zu
verraten wäre, sind die eigenen Anhänger selbst niemals zu einem in solchem Fall notwendigen
Schweigen zu bringen. Nur ganz kleine Gruppen können durch jahrelanges Aussieben den Charakter
wirklicher Geheimorganisationen annehmen. Doch schon die Kleinheit solcher Gebilde würde ihren
Wert für die nationalsozialistische Bewegung aufheben. Was wir brauchten und brauchen, waren und
sind nicht hundert oder zweihundert verwegene Verschwörer, sondern hunderttausend und aber
hunderttausend fanatische Kämpfer für unsere Weltanschauung. Nicht in geheimen Konventikeln soll
gearbeitet werden, sondern in gewaltigen Massenaufzügen, und nicht durch Dolch und Gift oder Pistole
kann der Bewegung die Bahn freigemacht werden, sondern durch die Eroberung der Straße. Wir haben
dem Marxismus beizubringen, daß der künftige Herr der Straße der Nationalsozialismus ist, genau so,
wie er einst der Herr des Staates sein wird.
[609 Keine Geheimorganisationen]
Die Gefahr von Geheimorganisationen liegt heute weiter noch darin, daß bei den Mitgliedern häufig die
Größe der Aufgabe vollständig verkannt wird und sich statt dessen die Meinung bildet, es könnte das
Schicksal eines Volkes wirklich durch eine einzelne Mordtat plötzlich im günstigen Sinne entschieden
werden. Solch eine Meinung kann ihre geschichtliche Berechtigung haben, nämlich dann, wenn ein
Volk unter der Tyrannei irgendeines genialen Unterdrückers schmachtet, von dem man weiß, daß nur
seine überragende Persönlichkeit allein die innere Festigkeit und Furchtbarkeit des feindlichen Druckes
gewährleistet. In solch einem Fall mag aus einem Volk ein opferwilliger Mann plötzlich hervorspringen,
um den Todesstahl in die Brust des verhaßten Einzigen zu stoßen. Und nur das republikanische Gemüt
schuldbewußter kleiner Lumpen wird eine solche Tat als das Verabscheuungswürdigste ansehen,
während der größte Freiheitssänger unseres Volkes sich unterstanden hat, in seinem "Teil" eine
Verherrlichung solchen Handelns zu geben.
In den Jahren 1919 und 1920 bestand die Gefahr, daß der Angehörige von Geheimorganisationen,
mitgerissen von großen Vorbildern der Geschichte und durchschauert vom grenzenlosen Unglück des
Vaterlandes, versuchte, sich an den Verderbern der Heimat zu rächen, in dem Glauben, dadurch der Not
seines Volkes ein Ende zu bereiten. Jeder solche Versuch war aber ein Unsinn, deshalb, weil der
Marxismus ja gar nicht dank der überlegenen Genialität und persönlichen Bedeutung eines einzelnen
gesiegt hatte, sondern vielmehr durch die grenzenlose Jämmerlichkeit, das feige Versagen der
bürgerlichen Welt. Die grausamste Kritik, die man an unserem Bürgertum üben kann, ist die
Feststellung, daß die Revolution selbst ja nicht einen einzigen Kopf von einiger Größe hervorgebracht
und es sich ihr dennoch unterworfen hat. Es ist immer noch verständlich, vor einem Robespierre, einem
Danton oder Marat zu kapitulieren, aber es ist vernichtend, vor dem dürren Scheidemann, dem feisten
Herrn Erzberger und einem Friedrich Ebert und all den zahllosen anderen politischen Knirpsen zu Kreuz
[610 Sind Landesverräter zu "beseitigen"?]
gekrochen zu sein. Es war ja wirklich auch nicht ein Kopf da, in dem man etwa den genialen Mann der
Revolution und damit das Unglück des Vaterlandes hätte sehen können, sondern da waren lauter
Revolutionswanzen, Rucksackspartakisten en gros und en detail. Irgendeinen davon aus dem Wege zu
schaffen, war vollkommen belanglos und hatte höchstens den einen Erfolg, daß ein paar andere ebenso
große und ebenso durstige Blutsauger um so eher an seine Stelle kamen.
Man konnte in jenen Jahren gar nicht scharf genug gegen eine Auffassung einschreiten, die in wirklich
großen Erscheinungen der Geschichte ihre Ursache und Begründung hatte, aber nicht im geringsten auf
das augenblickliche Zwergenzeitalter paßte.
Auch bei der Frage der Beseitigung sogenannter Landesverräter ist die gleiche Betrachtung anzustellen.
Es ist lächerlich unlogisch, einen Burschen umzubringen, der eine Kanone verraten hat, während
nebenan in höchsten Würdenstellen Kanaillen sitzen, die ein ganzes Reich verkauften, das vergebliche
Opfer von zwei Millionen Toten auf dem Gewissen haben, Millionen Krüppel verantworten müssen,
dabei aber seelenruhig ihre republikanischen Geschäfte machen. Kleine Landesverräter beseitigen ist
sinnlos in einem Staat, dessen Regierung selbst die Landesverräter von jeder Strafe befreit. Denn so
kann es passieren, daß eines Tages der redliche Idealist, der für sein Volk einen schuftigen
Waffenverräter beseitigt, von kapitalen Landesverrätern zur Verantwortung gezogen wird. Und da ist es
doch eine wichtige Frage: Soll man solch eine verräterische kleine Kreatur wieder durch eine Kreatur
beseitigen lassen oder durch einen Idealisten? In einem Fall ist der Erfolg zweifelhaft und der Verrat für
später fast sicher; im anderen Fall wird ein kleiner Schuft beseitigt und dabei das Leben eines vielleicht
nicht zu ersehenden Idealisten aufs Spiel gesetzt.
Im übrigen ist in dieser Frage meine Stellungnahme die, daß man nicht kleine Diebe hängen soll, um
große laufen zu lassen, sondern daß einst ein deutscher Nationalgerichts-
[611 Sportliche Ausbildung der SA.]
hof etliche Zehntausend der organisierenden und damit verantwortlichen Verbrecher des
Novemberverrats und alles dessen, was dazugehört, abzuurteilen und hinzurichten hat. Ein solches
Exempel wird dann auch dem kleinsten Waffenverräter einmal für immer die notwendige Lehre sein.
Das alles sind Erwägungen, die mich veranlaßten, immer wieder die Teilnahme an
Geheimorganisationen zu verbieten und die SA. selbst vor dem Charakter solcher Organisationen zu
bewahren. Ich habe in jenen Jahren die nationalsozialistische Bewegung von Experimenten
ferngehalten, deren Vollführer meistens herrliche idealistisch gesinnte junge Deutsche waren, deren Tat
aber nur sie selbst zum Opfer werden ließ, indes sie das Schicksal des Vaterlandes nicht im geringsten
zu bessern vermochten.
×
Wenn aber die SA. weder eine militärische Wehrorganisation noch ein Geheimverband sein durfte, dann
mußten sich daraus folgende Konsequenzen ergeben: 1. Ihre Ausbildung hat nicht nach militärischen
Gesichtspunkten, sondern nach parteizweckmäßigen zu erfolgen.
Soweit die Mitglieder dabei körperlich zu ertüchtigen sind, darf der Hauptwert nicht auf militärisches
Exerzieren, sondern vielmehr auf sportliche Betätigung gelegt werden. Boxen und Jiu-Jitsu sind mir
immer wichtiger erschienen als irgendeine schlechte, weil doch nur halbe Schießausbildung. Man gebe
der deutschen Nation sechs Millionen sportlich tadellos trainierte Körper, alle von fanatischer
Vaterlandsliebe durchglüht und zu höchstem Angriffsgeist erzogen, und ein nationaler Staat wird aus
ihnen, wenn, notwendig, in nicht einmal zwei Jahren, eine Armee geschaffen haben, wenigstens insofern
ein gewisser Grundstock für sie vorhanden ist. Dieser kann aber, wie heute die Verhältnisse liegen, nur
die Reichswehr sein und nicht ein in Halbheiten steckengebliebener Wehrverband. Die körperliche
Ertüchtigung soll dem einzelnen die Überzeugung seiner Überlegenheit einimpfen und ihm jene
Zuversicht
[612 Kennzeichnung der Öffentlichkeit]
gehen, die ewig nur im Bewußtsein der eigenen Kraft liegt; zudem soll sie ihm jene sportlichen
Fertigkeiten beibringen, die zur Verteidigung der Bewegung als Waffe dienen.2. Um von vornherein
jeden geheimen Charakter der SA. zu verhüten, muß, abgesehen von ihrer sofort jedermann kenntlichen
Bekleidung, schon die Größe ihres Bestandes ihr selbst den Weg weisen, welcher der Bewegung nützt
und aller Öffentlichkeit bekannt ist. Sie darf nicht im Verborgenen tagen, sondern soll unter freiem
Himmel marschieren und damit eindeutig einer Betätigung zugeführt werden, die alle Legenden von
"Geheimorganisation" endgültig zerstört. Um sie auch geistig von allen Versuchen, durch kleine
Verschwörungen ihren Aktivismus zu befriedigen, abzuziehen, mußte sie, von allem Anfang an, in die
große Idee der Bewegung vollständig eingeweiht und in der Aufgabe, diese Idee zu vertreten, so restlos
ausgebildet werden, daß von vornherein der Horizont sich weitete und der einzelne Mann seine Mission
nicht in der Beseitigung irgendeines kleineren oder größeren Gauners sah, sondern in dem Sicheinsetzen
für die Errichtung eines neuen nationalsozialistischen völkischen Staates. Dadurch aber wurde der
Kampf gegen den heutigen Staat aus der Atmosphäre kleiner Rache- und Verschwörungsaktionen
herausgehoben zur Größe eines weltanschaulichen Vernichtungskrieges gegen den Marxismus und sein
Gebilde.3. Die organisatorische Formung der SA. sowie ihrer Bekleidung und Ausrüstung ist sinngemäß
nicht nach den Vorbildern der alten Armee, sondern nach einer durch ihre Aufgabe bestimmten
Zweckmäßigkeit vorzunehmen.
Diese Anschauungen, die mich im Jahre 1920 und 1921 leiteten, und die ich allmählich der jungen
Organisation einzuimpfen versuchte, hatten den Erfolg, daß wir bis zum Hochsommer 1922 schon über
eine stattliche Anzahl von

[613 Erster Aufmarsch in München]
Hundertschaften verfügten, die im Spätherbst 1922 nach und nach ihre besondere kennzeichnende
Bekleidung erhielten. Unendlich wichtig für die weitere Ausgestaltung der SA. waren drei Ereignisse.1.
Die große allgemeine Demonstration aller vaterländischen Verbände gegen das Republikschutzgesetz im
Spätsommer 1922 auf dem Königsplatz zu München.
Die vaterländischen Verbände Münchens hatten damals den Aufruf erlassen, der als Protest gegen die
Einführung des Republikschutzgesetzes zu einer riesenhaften Kundgebung in München aufforderte.
Auch die nationalsozialistische Bewegung sollte sich an ihr beteiligen. Der geschlossene Aufmarsch der
Partei wurde eingeleitet durch sechs Münchener Hundertschaften, denen dann die Sektionen der
politischen Partei folgten. Im Zuge selbst marschierten zwei Musikkapellen, und ungefähr fünfzehn
Fahnen wurden mitgetragen. Das Eintreffen der Nationalsozialisten auf dem bereits zur Hälfte gefüllten
großen Platz, der sonst fahnenleer war, erregte eine unermeßliche Begeisterung. Ich selbst hatte die
Ehre, vor der nun sechzigtausend Köpfe zählenden Menschenmenge als einer der Redner sprechen zu
dürfen.
Der Erfolg der Veranstaltung war überwältigend, besonders deshalb, weil, allen roten Drohungen zum
Trotz, zum erstenmal bewiesen wurde, daß auch das nationale München auf der Straße marschieren
konnte. Rote republikanische Schutzbündler, die gegen anmarschierende Kolonnen mit Terror
vorzugehen versuchten, wurden binnen wenigen Minuten von SA.-Hundertschaften mit blutigen
Schädeln auseinandergetrieben. Die nationalsozialistische Bewegung hat damals zum ersten Male ihre
Entschlossenheit gezeigt, künftighin auch für sich das Recht auf die Straße in Anspruch zu nehmen und
damit dieses Monopol den internationalen Volksverrätern und Vaterlandsfeinden aus der Hand zu
winden.
Das Ergebnis dieses Tages war der nicht mehr anzufechtende Beweis für die psychologische und auch
organisatorische: Richtigkeit unserer Auffassungen über den Ausbau der SA.
Sie wurde nun auf der so erfolgreich bewährten Grund-
[614 Zug nach Koburg]
lage energisch erweitert, so daß schon wenige Wochen später die doppelte Zahl an Hundertschaften in
München aufgestellt war.2. Der Zug nach Koburg im Oktober 1922. Völkische" Verbände
beabsichtigten, in Koburg einen sogenannten "Deutschen Tag" abzuhalten. Ich selbst erhielt eine
Einladung hierzu mit dem Vermerk, daß es erwünscht wäre, wenn ich noch einige Begleitung
mitbrächte. Dieses Ersuchen, das ich vormittags um elf Uhr in die Hand erhielt, kam mir sehr gelegen.
Schon eine Stunde später waren die Anordnungen zu einem Besuch dieses "Deutschen Tages"
hinausgegeben. Als "Begleitung" bestimmte ich achthundert Mann der SA., die in ungefähr vierzehn
Hundertschaften von München aus durch Sonderzug nach dem bayerisch gewordenen Städtchen
befördert werden sollten. Entsprechende Befehle gingen an nationalsozialistische SA.-Gruppen, die
unterdes an anderen Orten gebildet worden waren, hinaus.
Es war das erstemal, daß in Deutschland ein derartiger Sonderzug fuhr. An allen Orten, an denen neue
SA.-Leute einstiegen, erregte der Transport größtes Aufsehen. Viele hatten unsere Fahnen noch nie
vorher gesehen; der Eindruck derselben war ein sehr großer.
Als wir in Koburg auf dem Bahnhof eintrafen, empfing uns eine Deputation der Festleitung des
"Deutschen Tages", die uns einen als "Vereinbarung" bezeichneten Befehl der dortigen Gewerkschaften
beziehungsweise der Unabhängigen und Kommunistischen Partei übermittelte, des Inhalts, daß wir die
Stadt nicht mit entrollten Fahnen, nicht mit Musik (wir hatten eine eigene zweiundvierzig Mann starke
Kapelle mitgenommen) und nicht in geschlossenem Zuge betreten dürften.
Ich lehnte diese schmählichen Bedingungen sofort glatt ab, versäumte aber nicht, den anwesenden
Herren der Leitung dieser Tagung mein Befremden darüber auszudrücken, daß mit diesen Menschen
Verhandlungen gepflogen und Abkommen getroffen würden, und erklärte, daß die SA. augenblicklich in
Hundertschaften antreten und mit klingen-
[615 Zug nach Koburg]
der Musik und wehenden Fahnen in die Stadt marschieren werde.
So geschah es dann auch.
Schon auf dem Bahnhofsplatz empfing uns eine nach vielen Tausenden zählende, grölende und johlende
Menschenmenge. "Mörder", "Banditen", "Räuber", "Verbrecher" waren die Kosenamen, mit denen uns
die vorbildlichen Begründer der deutschen Republik liebreich überschütteten. Die junge SA. hielt
mustergültige Ordnung, die Hundertschaften formierten sich auf dem Platz vor dem Bahnhof und
nahmen zunächst von den Anpöbelungen keine Notiz. Durch ängstliche Polizeiorgane wurde der
abmarschierende Zug in der für uns alle ganz fremden Stadt nicht, wie bestimmt, in unser Quartier, eine
an der Peripherie Koburgs liegende Schützenhalle, sondern in den Hofbräuhauskeller, nahe dem
Zentrum der Stadt, geleitet. Links und rechts vom Zuge nahm das Toben der begleitenden Volksmassen
immer mehr zu. Kaum daß die letzte Hundertschaft in den Hof des Kellers eingebogen war, versuchten
auch schon große Massen, unter ohrenbetäubendem Geschrei nachzudrücken. Um dies zu verhüten,
schloß die Polizei den Keller ab. Da dieser Zustand ein unerträglicher war, ließ ich nun die SA. noch
einmal antreten, ermahnte sie kurz und forderte von der Polizei die augenblickliche Öffnung der Tore.
Nach längerem Zögern kam sie dem auch nach.
Wir marschierten nun den Weg, den wir gekommen waren, wieder zurück, um zu unserem Quartier zu
gelangen, und da mußte nun allerdings endlich Front gemacht werden. Nachdem man durch Schreien
und beleidigende Zurufe die Hundertschaften nicht aus der Ruhe hatte bringen können, griffen die
Vertreter des wahren Sozialismus, der Gleichheit und Brüderlichkeit, zu Steinen. Damit war unsere
Geduld zu Ende, und so hagelte es zehn Minuten lang links und rechts vernichtend nieder, und eine
Viertelstunde später war nichts Rotes mehr auf den Straßen zu sehen.
Nachts kam es noch zu schweren Zusammenstößen. Patrouillen der SA. hatten Nationalsozialisten, die
einzeln
[616 Zug nach Koburg]
überfallen worden waren, in gräßlichem Zustande aufgefunden. Daraufhin wurde mit den Gegnern
kurzer Prozeß gemacht. Schon am nächsten Morgen war der rote Terror, unter dem Koburg schon seit
Jahren gelitten hatte, niedergebrochen.
Mit echt marxistisch-jüdischer Verlogenheit versuchte man nun durch Handzettel die "Genossen und
Genossinnen des internationalen Proletariats" noch einmal auf die Straße zu hetzen, indem man, unter
vollständiger Verdrehung der Tatsachen, behauptete, daß unsere "Mordbanden" den "Ausrottungskrieg
gegen friedliche Arbeiter" in Koburg begonnen hätten. Um halb zwei Uhr sollte die große
"Volksdemonstration", zu der man Zehntausende von Arbeitern aus der ganzen Umgebung erhoffte,
stattfinden. Ich ließ deshalb, fest entschlossen, den roten Terror endgültig zu erledigen, um zwölf Uhr
die SA. antreten, die unterdes auf fast eineinhalbtausend Mann angeschwollen war, und setzte mich mit
ihr in Marsch zur Feste Koburg, über den großen Platz, auf dem die rote Demonstration stattfinden
sollte. Ich wollte sehen, ob sie es noch einmal wagen würden, uns zu belästigen. Als wir den Platz
betraten, waren anstatt der angekündigten Zehntausend nur wenige Hundert anwesend, die bei unserem
Nahen sich im allgemeinen still verhielten, teilweise ausrissen. Nur an einigen Stellen versuchten rote
Trupps, die unterdessen von auswärts gekommen waren und uns noch nicht kannten, uns wieder
anzustänkern; aber im Handumdrehen wurde ihnen gründlich die Lust dazu genommen. Und nun konnte
man sehen, wie die bisher ängstlich eingeschüchterte Bevölkerung langsam aufwachte, Mut bekam,
durch Zurufe uns zu begrüßen wagte und abends bei unserem Abzug an vielen Stellen in spontanen
Jubel ausbrach.
Plötzlich erklärte uns am Bahnhof das Eisenbahnpersonal, daß es den Zug nicht fahren würde. Ich ließ
darauf einigen Rädelsführern mitteilen, daß ich in diesem Falle zusammenzufangen gedächte, was mir
an roten Bonzen in die Hände fiele, und daß wir dann eben selbst fahren würden, allerdings auf
Lokomotive und Tender und
[617 Bewährung der SA. als Kampforganisation]
in jedem Wagen ein paar Dutzend von Brüdern der internationalen Solidarität mitzunehmen vorhätten.
Ich versäumte auch nicht, die Herren darauf aufmerksam zu machen, daß die Fahrt mit unseren eigenen
Kräften selbstverständlich ein unendlich riskantes Unternehmen sein würde und es nicht ausgeschlossen
wäre, daß wir uns alle zusammen Genick und Knochen brächen. Freuen würde uns aber, dann
wenigstens nicht allein, sondern in Gleichheit und Brüderlichkeit mit den roten Herrschaften ins Jenseits
zu wandern.
Daraufhin fuhr der Zug sehr pünktlich ab, und wir kamen am nächsten Morgen wieder heil in München
an.
In Koburg wurde damit zum ersten Male seit dem Jahre 1914 die Gleichheit der Staatsbürger vor dem
Gesetz wiederhergestellt. Denn wenn heute irgendein gimpelhafter höherer Beamter sich zu der
Behauptung versteigt, daß der Staat das Leben seiner Bürger beschütze, dann traf dies für damals
jedenfalls nicht zu; denn die Bürger mußten sich in jener Zeit vor den Repräsentanten des heutigen
Staates verteidigen.
Die Bedeutung dieses Tages konnte in ihren Folgen zunächst gar nicht voll eingeschätzt werden. Nicht
nur, daß die sieghafte SA. in ihrem Selbstvertrauen und im Glauben an die Richtigkeit ihrer Führung
außerordentlich gehoben wurde, begann auch die Umwelt, sich mit uns eingehender zu beschäftigen,
und viele erkannten zum ersten Male in der nationalsozialistischen Bewegung die Institution, die aller
Wahrscheinlichkeit nach dereinst berufen sein würde, dem marxistischen Wahnsinn ein entsprechendes
Ende zu bereiten.
Nur die Demokratie stöhnte, daß man es wagen konnte, sich nicht friedlich den Schädel einschlagen zu
lassen, sondern daß wir uns in einer demokratischen Republik unterstanden hatten, einem brutalen
Angriff mit Fäusten und Stöcken statt mit pazifistischen Gesängen entgegenzutreten.
Die bürgerliche Presse im allgemeinen war teils jämmerlich, teils gemein, wie immer, und nur wenige
aufrichtige Zeitungen begrüßten es, daß man wenigstens an einer
[618 Bewährung der SA. als Kampforganisation]
Stelle den marxistischen Wegelagerern endlich das Handwerk gelegt hatte.
In Koburg selbst aber hat immerhin ein Teil der marxistischen Arbeiterschaft, der übrigens selbst nur als
verführt angesehen werden mußte, durch die Fäuste nationalsozialistischer Arbeiter belehrt, einsehen
gelernt, daß auch diese Arbeiter für Ideale kämpfen, da man sich erfahrungsgemäß nur für etwas, an das
man glaubt und das man liebt, auch schlägt.
Den größten Nutzen hatte allerdings die SA. selbst. Sie wuchs nun sehr schnell an, so daß beim Parteitag
am 27. Januar 1923 bereits gegen sechstausend Mann an der Fahnenweihe teilnehmen konnten und
dabei die ersten Hundertschaften in ihrer neuen Tracht vollkommen eingekleidet waren.
Die Erfahrungen in Koburg hatten eben gezeigt, wie notwendig es ist, und zwar nicht nur um den
Korpsgeist zu stärken, sondern auch, um Verwechslungen zu vermeiden und dem gegenseitigen
Nichterkennen vorzubeugen, eine einheitliche Bekleidung der SA. einzuführen. Bis dahin trug sie nur
die Armbinde, nun kamen die Windjacke und die bekannte Mütze dazu.
Die Erfahrungen von Koburg hatten aber noch weiter die Bedeutung, daß wir nun darangingen,
planmäßig in allen Orten, in denen der rote Terror seit vielen Jahren jede Versammlung
Andersdenkender verhindert hatte, diesen zu brechen und die Versammlungsfreiheit herzustellen. Ab
jetzt wurden immer wieder nationalsozialistische Bataillone in solchen Orten zusammengezogen, und
allmählich fiel in Bayern eine rote Hochburg nach der anderen der nationalsozialistischen Propaganda
zum Opfer. Die SA. hatte sich immer mehr in ihre Aufgabe hineingewachsen, und sie war damit von
dem Charakter einer sinnlosen und lebensunwichtigen Wehrbewegung immer weiter weggerückt und zu
einer lebendigen Kampforganisation für die Errichtung eines neuen deutschen Staates emporgestiegen.
Bis zum März 1923 währte diese logische Entwicklung.
[619 Der Abschluß 1923]
Dann trat ein Ereignis ein, das mich zwang, die Bewegung aus ihrer bisherigen Bahn zu nehmen und
einer Umgestaltung zuzuführen.3. Die in den ersten Monaten des Jahres 1923 erfolgte Besetzung des
Ruhrgebietes durch die Franzosen hatte in der Folgezeit eine große Bedeutung für die Entwicklung der
SA.
Es ist auch heute noch nicht möglich und besonders aus nationalem Interesse nicht zweckmäßig, in aller
Öffentlichkeit darüber zu reden oder zu schreiben. Ich kann mich nur so weit äußern, als in öffentlichen
Verhandlungen dieses Thema schon berührt und der Öffentlichkeit dadurch zur Kenntnis gebracht ist.
Die Besetzung des Ruhrgebietes, die uns nicht überraschend kam, ließ die begründete Hoffnung
erstehen, daß nunmehr endgültig mit der feigen Politik des Zurückweichens gebrochen und damit den
Wehrverbänden eine ganz bestimmte Aufgabe zufallen würde. Auch die SA., die damals schon viele
Tausende junger, kraftvoller Männer umfaßte, durfte dann diesem nationalen Dienst nicht entzogen
werden. Im Frühjahr und im Hochsommer des Jahres 1923 erfolgte ihre Umstellung zu einer
militärischen Kampforganisation. Ihr war zum großen Teil die spätere Entwicklung des Jahres 1923
zuzuschreiben, soweit sie unsere Bewegung betraf.
Da ich an anderer Stelle in großen Zügen die Entwicklung des Jahres 1923 behandle, will ich hier nur
feststellen, daß die Umgestaltung der damaligen SA., wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer
Umgestaltung geführt hatten, also die Aufnahme des aktiven Widerstandes gegen Frankreich, nicht
zutrafen, vom Gesichtspunkt der Bewegung aus eine schädliche war.
Der Abschluß des Jahres 1923 war, so entsetzlich er im ersten Augenblick erscheinen mag, von einer
höheren Warte aus betrachtet, insofern ein nahezu notwendiger, als er die durch die Haltung der
deutschen Reichsregierung gegenstandslos gemachte, für die Bewegung aber nun schädliche Umstellung
der SA. mit einem Schlage beendete und damit
[620 Die neue SA. von 1925]
die Möglichkeit schuf, eines Tages dort wieder aufzubauen, wo man einst den richtigen Weg verlassen
mußte.
Die im Jahre 1925 neugegründete NSDAP. hat ihre SA. nun wieder nach den eingangs erwähnten
Grundsätzen aufzustellen, auszubilden und zu organisieren. Sie muß damit wieder zurückkehren zu den
ursprünglich gesunden Anschauungen und hat es nun wieder als ihre höchste Aufgabe anzusehen, in
ihrer SA. ein Instrument zur Vertretung und Stärkung des Weltanschauungskampfes der Bewegung zu
schaffen.
Sie darf weder dulden, daß die SA. zu einer Art Wehrverband noch zu einer Geheimorganisation
herabsinkt; sie muß sich vielmehr bemühen, in ihr eine Hunderttausendmanngarde der
nationalsozialistischen und damit zutiefst völkischen Idee heranzubilden.
[621]

10. Kapitel:
Der Föderalismus als Maske
Im Winter des Jahres 1919 und noch mehr im Frühjahr und Sommer 1920 wurde die junge Partei
gezwungen, zu einer Frage Stellung zu nehmen, die schon im Kriege zu außerordentlicher Bedeutung
emporstieg. Ich habe im ersten Band in der kurzen Schilderung der mir persönlich sichtbar gewordenen
Merkmale des drohenden deutschen Zusammenbruchs auf die besondere Art der Propaganda
hingewiesen, die sowohl von seiten der Engländer als auch der Franzosen zur Aufreißung der alten Kluft
zwischen Nord und Süd stattfand. Im Frühjahr 1915 erschienen die ersten systematischen Hetzblätter
gegen Preußen, als den Alleinschuldigen am Kriege. Bis zum Jahre 1916 war dieses System zu einem
vollständigen, ebenso geschickten wie niederträchtigen Ausbau gekommen. Die auf die niedersten
Instinkte berechnete Verhetzung des Süddeutschen gegen den Norddeutschen begann auch schon nach
kurzer Zeit Früchte zu tragen. Es ist ein Vorwurf, den man gegen die damaligen maßgebenden Stellen
sowohl in der Regierung wie auch in der Heeresleitung — besser, in den bayerischen Kommandostellen
— erheben muß, und den diese nicht von sich abschütteln können, daß sie in gottverblendeter
Pflichtvergessenheit nicht mit der notwendigen Entschlossenheit dagegen eingeschritten sind. Man tat
nichts! Im Gegenteil, an verschiedenen Stellen schien man es gar nicht so ungern zu sehen und war
vielleicht borniert genug, zu denken, daß durch eine solche Propaganda nicht nur der
Einheitsentwicklung des deutschen Volkes ein Riegel vorgeschoben werden würde, sondern daß damit
auch automatisch eine Stärkung der föderativen Kräfte eintreten
[622 Kriegsgesellschaften und antipreußische Stimmung]
müßte. Kaum jemals in der Geschichte ist eine böswillige Unterlassung böser gerächt worden. Die
Schwächung, die man Preußen zuzufügen glaubte, hat ganz Deutschland betrogen. Ihre Folge aber war
die Beschleunigung des Zusammenbruchs, der jedoch nicht etwa nur Deutschland zertrümmerte,
sondern in erster Linie gerade die Einzelstaaten selbst.
In der Stadt, in welcher der künstlich geschürte Haß gegen Preußen am heftigsten tobte, brach als erster
die Revolution gegen das angestammte Königshaus aus.
Nun wäre es allerdings falsch, zu glauben, daß der feindlichen Kriegspropaganda allein die Fabrikation
dieser antipreußischen Stimmung zuzuschreiben gewesen sei, und daß Entschuldigungsgründe für das
von ihr ergriffene Volk nicht vorhanden gewesen wären. Die unglaubliche Art der Organisation unserer
Kriegswirtschaft, die in einer geradezu wahnwitzigen Zentralisation das gesamte Reichsgebiet
bevormundete und — ausgaunerte, war ein Hauptgrund für das Entstehen jener antipreußischen
Gesinnung. Denn für den normalen kleinen Mann waren die Kriegsgesellschaften, die nun einmal ihre
Zentrale in Berlin besaßen, identisch mit Berlin, und Berlin selbst gleichbedeutend mit Preußen. Daß die
Organisatoren dieses Raubinstituts, Kriegsgesellschaften genannt, weder Berliner noch Preußen, ja
überhaupt nicht Deutsche waren, kam dem einzelnen damals kaum zum Bewußtsein. Er sah nur die
grobe Fehlerhaftigkeit und die dauernden Übergriffe dieser verhaßten Einrichtung in der
Reichshauptstadt und übertrug nun seinen ganzen Haß selbstverständlich auf diese Reichshauptstadt und
Preußen zugleich, um so mehr, als von bestimmter Seite nicht nur nichts dagegen unternommen,
sondern im stillen eine solche Deutung sogar schmunzelnd begrüßt wurde.
Der Jude war viel zu klug, um nicht schon damals zu verstehen, daß der infame Beutezug, den er unter
dem Deckmantel der Kriegsgesellschaften gegen das deutsche Volk organisierte, Widerstand
hervorrufen würde, ja mußte.
[623 Preußenhetze als Ablenkungsmanöver]
Solange dieser ihm nicht selbst an die Gurgel sprang, brauchte er ihn nicht zu fürchten. Um aber eine
Explosion der zur Verzweiflung und Empörung getriebenen Massen nach dieser Richtung zu
verhindern, konnte es gar kein besseres Rezept geben als das, ihre Wut anderweitig aufflammen zu
lassen und so zu verbrauchen.
Mochte ruhig Bayern gegen Preußen und Preußen gegen Bayern streiten, je mehr, desto besser! Der
heißeste Kampf der beiden bedeutete für den Juden den sichersten Frieden. Die allgemeine
Aufmerksamkeit war damit vollständig abgelenkt von der internationalen Völkermade, man schien sie
vergessen zu haben. Und wenn die Gefahr aufzutauchen schien, daß besonnene Elemente, die es auch in
Bayern zahlreich gab, zur Einsicht und Einkehr und zur Zurückhaltung mahnten und dadurch der
erbitterte Kampf abzuflauen drohte, so brauchte der Jude in Berlin nur eine neue Provokation in Szene
zu setzen und den Erfolg abzuwarten. Augenblicklich stürzten sich alle Nutznießer des Streites zwischen
Nord und Süd auf jeden solchen Vorfall und bliesen so lange, bis die Glut der Empörung wieder zu
hellem Feuer emporgestiegen war.
Es war ein geschicktes, raffiniertes Spiel, das der Jude damals zur steten Beschäftigung und Ablenkung
der einzelnen deutschen Stämme trieb, um sie unterdessen desto gründlicher ausplündern zu können.
Dann kam die Revolution.
Wenn nun bis zum Jahre 1918, oder, besser gesagt, bis zum November dieses Jahres der
Durchschnittsmensch, besonders aber der wenig gebildete Spießer und Arbeiter, den wirklichen
Hergang und die unausbleiblichen Folgen des Streites der deutschen Stämme untereinander, vor allem in
Bayern, noch nicht richtig erkennen konnte, dann hätte es wenigstens der sich "national" nennende Teil
am Tage des Ausbruchs der Revolution begreifen müssen. Denn kaum war die Aktion gelungen, als in
Bayern auch schon der Führer und Organisator der Revolution zum Vertreter "bayerischer" Interessen
wurde. Der internationale Jude Kurt Eisner begann Bayern gegen
[624 Kurt Eisner, "bayerischer Partikularist"]
Preußen auszuspielen. Es war aber doch selbstverständlich, daß ausgerechnet dieser Orientale, der als
Zeitungsjournaille sich unausgesetzt hier und dort im übrigen Deutschland herumtrieb, wohl als letzter
berufen gewesen wäre, bayerische Interessen zu wahren, und daß gerade ihm Bayern das Gleichgültigste
sein konnte, das es auf Gottes weiter Welt gab.
Indem Kurt Eisner der revolutionären Erhebung in Bayern eine ganz bewußte Spitze gegen das übrige
Reich gab, handelte er nicht im geringsten aus bayerischen Gesichtspunkten heraus, sondern nur als
Beauftragter des Judentums. Er benützte die vorhandenen Instinkte und Abneigungen des bayerischen
Volkes, um mittels ihrer Deutschland leichter zerschlagen zu können. Das zertrümmerte Reich aber
wäre spielend eine Beute des Bolschewismus geworden.
Die von ihm angewandte Taktik wurde auch nach seinem Tod zunächst fortgeführt. Der Marxismus, der
gerade die Einzelstaaten und ihre Fürsten in Deutschland immer mit blutigstem Hohn übergossen hatte,
appellierte als "Unabhängige Partei" nun plötzlich eben an diejenigen Gefühle und Instinkte, die in
Fürstenhäusern und Einzelstaaten ihre stärkste Wurzel hatten.
Der Kampf der Räterepublik gegen die anrückenden Befreiungskontingente war in erster Linie als
"Kampf bayerischer Arbeiter" gegen den "preußischen Militarismus" propagandistisch aufgezogen
worden. Nur daraus kann man auch verstehen, warum in München, ganz zum Unterschied von anderen
deutschen Gebieten, das Niederwerfen der Räterepublik nicht zur Besinnung der breiten Massen,
sondern vielmehr zu einer noch größeren Verbitterung und Verbissenheit gegen Preußen führte.
Die Kunst, mit der die bolschewistischen Agitatoren die Beseitigung der Räterepublik als "preußischmilitaristischen"
Sieg gegen das "antimilitaristisch" und "antipreußisch" gesinnte bayerische Volk
hinzustellen verstanden, trug reiche Früchte. Während Kurt Eisner noch anläßlich der Wahlen
[625 Mein Kampf gegen die Preußenhetze]
in den gesetzgebenden Bayerischen Landtag in München keine zehntausend Anhänger aufbrachte, die
Kommunistische Partei sogar unter dreitausend blieb, waren nach dem Zusammenbruch der Republik
beide Parteien zusammen auf nahezu hunderttausend Wähler gestiegen.
Schon in dieser Zeit setzte mein persönlicher Kampf gegen die wahnwitzige Verhetzung der deutschen
Stämme untereinander ein.
Ich glaube, ich habe in meinem Leben noch keine unpopulärere Sache begonnen als meinen damaligen
Widerstand gegen die Preußenhetze. In München hatten schon während der Räterepublik die ersten
Massenversammlungen stattgefunden, in denen der Haß gegen das übrige Deutschland, insbesondere
aber gegen Preußen, zu solcher Siedehitze aufgepeitscht wurde, daß es nicht nur für einen
Norddeutschen mit Todesgefahr verbunden war, einer solchen Versammlung beizuwohnen, sondern daß
der Abschluß derartiger Kundgebungen meist ganz offen mit dem wahnsinnigen Geschrei endigte: "Los
von Preußen!" — "Nieder mit Preußen!" — "Krieg gegen Preußen!", eine Stimmung, die ein besonders
glänzender Vertreter bayerischer Hoheitsinteressen im Deutschen Reichstag in den Schlachtruf
zusammenfaßte: "Lieber bayerisch sterben als preußisch verderben."Man muß die damaligen
Versammlungen miterlebt haben, um zu verstehen, was es für mich selbst bedeutete, als ich mich zum
ersten Male, umringt von einer Handvoll Freunde, in einer Versammlung im Löwenbräukeller zu
München gegen diesen Wahnsinn zur Wehr setzte. Es waren Kriegskameraden, die mir damals Beistand
leisteten, und man kann sich vielleicht in unser Gefühl hineinversetzen, wenn eine vernunftlos
gewordene Masse gegen uns brüllte und uns niederzuschlagen drohte, die während der Zeit, da wir das
Vaterland verteidigt hatten, zum weitaus größten Teil als Deserteure und Drückeberger sich in Etappen
oder in der Heimat herumgetrieben hatte. Für mich freilich hatten diese Auftritte das Glück, daß sich die
Schar meiner Getreuen erst recht mit mir verbunden
[626 Mein Kampf gegen die Preußenhetze]
fühlte und bald auf Leben und Tod auf mich eingeschworen war.
Diese Kämpfe, die sich immer wiederholten und durch das ganze Jahr 1919 hinzogen, schienen sich
gleich zu Beginn des Jahres 1920 noch zu verstärken. Es gab Versammlungen — ich erinnere mich
besonders an eine im Wagnersaal an der Sonnenstraße in München —, in denen meine unterdes größer
gewordene Gruppe schwerste Kämpfe zu bestehen hatte, die nicht selten damit endeten, daß man
Dutzende meiner Anhänger mißhandelte, niederschlug, mit Füßen trat, um sie endlich, mehr
Leichnamen als Lebenden gleich, aus den Sälen zu werfen.
Der Kampf, den ich erst als Einzelperson, nur unterstützt von meinen Kriegsgefährten, aufgenommen
hatte, wurde nun als eine, ich möchte fast sagen, heilige Aufgabe von der jungen Bewegung
weitergeführt.
Es ist noch heute mein Stolz, sagen zu können, daß wir damals — fast ausschließlich angewiesen auf
unsere bayerischen Anhänger — dennoch dieser Mischung von Dummheit und Verrat langsam, aber
sicher das Ende bereitet haben. Ich sage Dummheit und Verrat deshalb, weil ich. bei aller Überzeugung
von der an sich wirklich gutmütig-dummen Masse der Mitläufer, den Organisatoren und Anstiftern
solche Einfalt nicht zugute rechnen kann. Ich hielt sie und halte sie auch heute noch für von Frankreich
besoldete und bezahlte Verräter. In einem Falle, im Falle Dorten, hat ja unterdes die Geschichte bereits
ihr Urteil gesprochen.
Was die Sache damals besonders gefährlich werden ließ, war die Geschicklichkeit, mit der man die
wahren Tendenzen zu verhüllen verstand, indem man föderalistische Absichten als die einzige
Veranlassung zu diesem Treiben in den Vordergrund schob. Daß die Schürung von Preußenhaß mit
Föderalismus nichts zu tun hat, liegt allerdings auf der Hand. Merkwürdig berührt auch eine "föderative
Tätigkeit", die es versucht, einen anderen Bundesstaat aufzulösen oder aufzuteilen. Denn ein ehrlicher
Föderalist, bei dem die Zitierung des Bismarckschen Reichsgedankens

[627 "Föderative Tätigkeit"]
keine verlogene Phrase darstellt, dürfte nicht im selben Atemzug dem von Bismarck geschaffenen oder
doch vollendeten preußischen Staat Teile abzutrennen wünschen oder sogar solche
Separationsbestrebungen öffentlich unterstützen. Wie würde man in München geschrien haben, wenn
eine konservative preußische Partei die Loslösung Frankens von Bayern begünstigt oder gar in
öffentlicher Aktion verlangt und gefördert hätte! Leid tun konnten einem bei all dem wirklich nur die
ehrlich föderalistisch gesinnten Naturen, die dieses verruchte Gaunerspiel nicht durchschaut hatten; denn
sie waren in erster Linie die Betrogenen. Indem der föderative Gedanke solcherart belastet wurde,
schaufelten ihm seine eigenen Anhänger das Grab. Man kann keine föderalistische Gestaltung des
Reiches propagieren, wenn man das wesentlichste Glied eines solchen Staatsbaues, nämlich Preußen,
selbst heruntersetzt, beschimpft und beschmutzt, kurz als Bundesstaat, wenn möglich, unmöglich macht.
Es war dies um so unglaublicher, als sich dabei der Kampf dieser sogenannten Föderalisten gerade
gegen das Preußen wendete, das am wenigsten mit der Novemberdemokratie in Verbindung gebracht
werden kann. Denn nicht gegen die Väter der Weimarer Verfassung, die übrigens selbst zum größtem
Teil Süddeutsche oder Juden waren, richteten sich Schmähungen und Angriffe dieser sogenannten
"Föderalisten", sondern gegen die Vertreter des alten konservativen Preußens, also die Antipoden der
Weimarer Verfassung. Daß man sich dabei besonders hütete, den Juden anzutasten, darf nicht
wundernehmen, liefert aber vielleicht den Schlüssel zur Lösung des ganzen Rätsels.
So wie vor der Revolution der Jude die Aufmerksamkeit von seinen Kriegsgesellschaften oder, besser,
von sich selbst abzulenken verstand und die Masse, besonders des bayerischen Volkes, gegen Preußen
umzustellen wußte, so mußte er nach der Revolution auch den neuen und nun zehnmal größeren
Raubzug irgendwie decken. Und wieder gelang es ihm, in diesem Fall die sogenannten "nationalen
Elemente" Deutschlands gegeneinander zu hetzen: konser-
[628 Jüdische Verhetzungstaktik]
vativ eingestellte Bayern gegen ebenso konservativ denkende Preußen. Und wieder betrieb er es in
gerissenster Weise, indem er, der allein die Geschicke des Reiches an seinen Fäden hielt, so grobe und
taktlose Übergriffe provozierte, daß das Blut der jeweils Betrogenen dadurch immer aufs neue in
Wallung geraten mußte. Nie aber gegen den Juden, sondern immer gegen den deutschen Bruder. Nicht
das Berlin von vier Millionen emsig arbeitenden, fleißigen, schaffenden Menschen sah der Bayer,
sondern das faule, zersetzte Berlin des übelsten Westens! Doch nicht gegen diesen Westen kehrte sich
sein Haß, sondern gegen die "preußische" Stadt.
Es war wirklich oft zum Verzweifeln.
Diese Geschicklichkeit des Juden, die öffentliche Aufmerksamkeit von sich abzulenken und anderweitig
zu beschäftigen, kann man auch heute wieder studieren.
Im Jahre 1918 konnte von einem planmäßigen Antisemitismus gar keine Rede sein. Noch erinnere ich
mich der Schwierigkeiten, auf die man stieß, sowie man nur das Wort Jude in den Mund nahm. Man
wurde entweder dumm angeglotzt, oder man erlebte heftigsten Widerstand. Unsere ersten Versuche, der
Öffentlichkeit den wahren Feind zu zeigen, schienen damals fast aussichtslos zu sein, und nur ganz
langsam begannen sich die Dinge zum Besseren zu wenden. So verfehlt der "Schutz- und Trutzbund" in
seiner organisatorischen Anlage war, so groß war nichtsdestoweniger sein Verdienst, die Judenfrage als
solche wieder aufgerollt zu haben. Jedenfalls begann im Winter 1918/19 so etwas wie Antisemitismus
langsam Wurzel zu fassen. Später hat dann allerdings die nationalsozialistische Bewegung die
Judenfrage ganz anders vorwärtsgetrieben. Sie hat es vor allem fertiggebracht, dieses Problem aus dem
engbegrenzten Kreise oberer und kleinbürgerlicher Schichten herauszuheben und zum treibenden Motiv
einer großen Volksbewegung umzuwandeln. Kaum aber, daß es gelungen war, dem deutschen Volk in
[629 Konfessionelle Zwietracht]
dieser Frage den großen, einigenden Kampfgedanken zu schenken, als der Jude auch schon zur
Gegenwehr schritt. Er griff zu seinem alten Mittel. Mit fabelhafter Schnelligkeit hat er in die völkische
Bewegung selbst die Brandfackel des Zankes hineingeworfen und den Zwiespalt gesät. Am Aufwerfen
der ultramontanen Frage und in der daraus erwachsen den gegenseitigen Bekämpfung von
Katholizismus und Protestantismus stak, wie die Verhältnisse nun einmal lagen, die einzige
Möglichkeit, die öffentliche Aufmerksamkeit mit anderen Problemen zu beschäftigen, um den
konzentrierten Ansturm vom Judentum abzuhalten. Wie die Männer, die gerade diese Frage in unser
Volk hineinschleuderten, sich an ihm versündigten, das können sie niemals wieder gutmachen. Der Jude
hat jedenfalls das gewollte Ziel erreicht: Katholiken und Protestanten führen miteinander einen
fröhlichen Krieg, und der Todfeind der arischen Menschheit und des gesamten Christentums lacht sich
ins Fäustchen.
So wie man es einst verstanden hatte, Jahre hindurch die öffentliche Meinung mit dem Kampf zwischen
Föderalismus und Unitarismus zu beschäftigen und sie darin aufzureiben, indes der Jude die Freiheit der
Nation verschacherte und unser Vaterland der internationalen Hochfinanz verriet, so gelingt es ihm jetzt
wieder, die zwei deutschen Konfessionen gegeneinander Sturm laufen zu lassen, während beider
Grundlagen vom Gift des internationalen Weltjuden zerfressen und unterhöhlt werden.
Man halte sich die Verwüstungen vor Augen, welche die jüdische Bastardierung jeden Tag an unserem
Volke anrichtet, und man bedenke, daß diese Blutvergiftung nur nach Jahrhunderten oder überhaupt
nicht mehr aus unserem Volkskörper entfernt werden kann; man bedenke weiter, wie die rassische
Zersetzung die letzten arischen Werte unseres deutschen Volkes herunterzieht, ja oft vernichtet, so daß
unsere Kraft als kulturtragende Nation ersichtlich mehr und mehr im Rückzug begriffen ist, und wir der
Gefahr anheimfallen, wenigstens in unseren Großstädten dorthin zu kommen, wo Süditalien heute
bereits ist. Diese
[630 Konfessionelle Zwietracht]
Verpestung unseres Blutes, an der Hunderttausende unseres Volkes wie blind vorübergehen, wird aber
vom Juden heute planmäßig betrieben. Planmäßig schänden diese schwarzen Völkerparasiten unsere
unerfahrenen, jungen blonden Mädchen und zerstören dadurch etwas, was auf dieser Welt nicht mehr
ersetzt werden kann. Beide, jawohl, beide christlichen Konfessionen sehen dieser Entweihung und
Zerstörung eines durch Gottes Gnade der Erde gegebenen edlen und einzigartigen Lebewesens
gleichgültig zu. Für die Zukunft der Erde liegt aber die Bedeutung nicht darin, ob die Protestanten die
Katholiken oder die Katholiken die Protestanten besiegen, sondern darin, ob der arische Mensch ihr
erhalten bleibt oder ausstirbt. Dennoch kämpfen die beiden Konfessionen heute nicht etwa gegen den
Vernichter dieser Menschen, sondern suchen sich selbst gegenseitig zu vernichten. Gerade der völkisch
Eingestellte hätte die heiligste Verpflichtung, jeder in seiner eigenen Konfession dafür zu sorgen, daß
man nicht nur immer äußerlich von Gottes Willen redet, sondern auch tatsächlich Gottes Willen erfülle
und Gottes Werk nicht schänden lasse. Denn Gottes Wille gab den Menschen einst ihre Gestalt, ihr
Wesen und ihre Fähigkeiten. Wer sein Werk zerstört, sagt damit der Schöpfung des Herrn, dem
göttlichen Wollen, den Kampf an. Darum sei jeder tätig, und zwar jeder gefälligst in seiner Konfession,
und jeder empfinde es als seine erste und heiligste Pflicht, Stellung gegen den zu nehmen, der in seinem
Wirken durch Reden oder Handeln aus dem Rahmen seiner eigenen Glaubensgemeinschaft heraustritt
und in die andere hineinzustänkern versucht. Denn das Bekämpfen von Wesenseigenheiten einer
Konfession innerhalb unserer einmal vorhandenen religiösen Spaltung führt in Deutschland
zwangsläufig zu einem Vernichtungskrieg zwischen beiden Konfessionen. Unsere Verhältnisse gestatten
hier gar keinen Vergleich etwa mit Frankreich oder Spanien oder gar Italien. Man kann zum Beispiel in
allen drei Ländern einen Kampf gegen den Klerikalismus oder
[631 Konfessionelle Zwietracht]
Ultramontanismus propagieren, ohne Gefahr zu laufen, daß bei diesem Versuch das französische,
spanische oder italienische Volk als solches auseinanderfalle. Man darf dies aber nicht in Deutschland,
da sich hier sicher auch die Protestanten an einem solchen Beginnen beteiligen würden. Damit erhält
jedoch die Abwehr, die anderswo nur von Katholiken gegen Übergriffe politischer Art ihrer eigenen
Oberhirten stattfinden würde, sofort den Charakter eines Angriffs von Protestantismus gegen
Katholizismus. Was von Angehörigen der eigenen Konfession, selbst wenn es ungerecht ist, immer noch
ertragen wird, findet augenblicklich schärfste Ablehnung von vornherein, sowie der Bekämpfer einer
anderen Glaubensgemeinschaft entstammt. Dies geht so weit, daß selbst Menschen, die an sich ohne
weiteres bereit wären, einen ersichtlichen Mißstand innerhalb ihrer eigenen religiösen
Glaubensgemeinschaft abzustellen, sofort davon abgehen und ihren Widerstand nach außen kehren,
sowie von einer nicht zu ihrer Gemeinschaft gehörigen Stelle eine solche Korrektur empfohlen oder gar
gefordert wird. Sie empfinden dies als einen ebenso unberechtigten wie unzulässigen, ja unanständigen
Versuch, sich in Dinge einzumischen, die den Betreffenden nichts angehen. Derartige Versuche werden
auch dann nicht entschuldigt, wenn sie mit dem höheren Recht der Interessen der nationalen
Gemeinschaft begründet werden, da heute religiöse Gefühle immer noch tiefer sitzen als alle nationalen
und politischen Zweckmäßigkeiten. Und dies wird auch gar nicht anders dadurch, daß man nun die
beiden Konfessionen in einen gegenseitigen erbitterten Krieg hineintreibt, sondern vermöchte nur anders
zu werden, indem man durch beiderseitige Verträglichkeit der Nation eine Zukunft schenkte, die in ihrer
Größe allmählich auch auf diesem Gebiet versöhnend wirken würde.
Ich stehe nicht an, zu erklären, daß ich in den Männern, die heute die völkische Bewegung in die Krise
religiöser Streitigkeiten hineinziehen, schlimmere Feinde meines Volkes sehe als im nächstbesten
international eingestellten Kommunisten. Denn diesen zu bekehren, ist die national-
[632 Konfessionelle Zwietracht]
sozialistische Bewegung berufen. Wer aber diese aus ihren eigenen Reihen heraus von ihrer wirklichen
Mission entfernt, handelt am verwerflichsten. Er ist, ob bewußt oder unbewußt spielt gar keine Rolle,
ein Streiter für jüdische Interessen. Denn jüdisches Interesse ist es heute, die völkische Bewegung in
dem Augenblick in einem religiösen Kampf verbluten zu lassen, in dem sie beginnt, für den Juden eine
Gefahr zu werden. Und ich betone ausdrücklich das Wort verbluten lassen; denn nur ein geschichtlich
ganz ungebildeter Mann kann sich vorstellen, mit dieser Bewegung heute eine Frage lösen zu können,
an der Jahrhunderte und große Staatsmänner zerschellt sind.
Im übrigen sprechen die Tatsachen für sich. Die Herren, die im Jahre 1924 plötzlich entdeckten, daß die
oberste Mission der völkischen Bewegung der Kampf gegen den "Ultramontanismus" sei, haben nicht
den Ultramontanismus zerbrochen, aber die völkische Bewegung zerrissen. Ich muß mich auch dagegen
verwahren, daß in den Reihen der völkischen Bewegung irgendein unreifer Kopf vermeint, das zu
können, was selbst ein Bismarck nicht konnte. Es wird immer die oberste Pflicht der Leitung der
nationalsozialistischen Bewegung sein, gegen jeden Versuch, die nationalsozialistische Bewegung in
den Dienst solcher Kämpfe zu stellen, schärfstens Front zu machen und die Propagandisten einer
solchen Absicht augenblicklich aus den Reihen der Bewegung zu entfernen. Tatsächlich war es auch bis
Herbst 1923 restlos gelungen. Es konnte in den Reihen unserer Bewegung der gläubigste Protestant
neben dem gläubigsten Katholiken sitzen, ohne je in den geringsten Gewissenskonflikt mit seiner
religiösen Überzeugung geraten zu müssen. Der gemeinsame gewaltige Kampf, den die beiden gegen
den Zerstörer der arischen Menschheit führten, hat sie im Gegenteil gelehrt, sich gegenseitig zu achten
und zu schätzen. Und dabei hat gerade in diesen Jahren die Bewegung den schärfsten Kampf gegen das
Zentrum ausgefochten, allerdings nie aus religiösen, sondern ausschließlich aus national-, rasse- und
[633 Bundes- oder Einheitsstaat?]
wirtschaftspolitischen Gründen. Der Erfolg sprach damals genau so für uns, wie er heute gegen die
Besserwisser zeugt.
Es ist in den letzten Jahren manchmal so weit gekommen, daß völkische Kreise in der gottverlassenen
Blindheit ihrer konfessionellen Auseinandersetzungen den Wahnsinn ihres Handelns nicht einmal
erkannten, daß atheistische Marxistenzeitungen nach Bedarf plötzlich Anwälte religiöser
Glaubensgemeinschaften wurden, um durch Hin- und Hertragen von manchmal wirklich zu dummen
Äußerungen die eine oder die andere Seite zu belasten und das Feuer dadurch zum äußersten zu schüren.
Gerade bei einem Volk aber, das, wie das deutsche, in seiner Geschichte schon so oft bewiesen hat, daß
es imstande ist, für Phantome Kriege bis zum Weißbluten zu führen, wird jeder solche Kampfruf
todgefährlich sein. Immer wurde dadurch unser Volk von den wirklich realen Fragen seines Daseins
abgelenkt. Während wir in religiösen Streitigkeiten uns verzehrten, wurde die andere Welt verteilt. Und
während die völkische Bewegung überlegt, ob die ultramontane Gefahr größer ist als die jüdische oder
umgekehrt, zerstört der Jude die rassischen Grundlagen unseres Daseins und vernichtet dadurch unser
Volk für immer. Ich kann, was diese Art von "völkischen" Kämpfern betrifft, der nationalsozialistischen
Bewegung und damit auch dem deutschen Volk aus aufrichtigstem Herzen nur wünschen: Herr, bewahre
sie vor solchen Freunden, auch sie wird mit ihren Feinden dann schon fertig werden.
×
Der in den Jahren 1919/20/21 und weiterhin von den Juden in so schlauer Weise propagierte Kampf
zwischen Föderalismus und Unitarismus zwang, bei aller Ablehnung desselben, doch auch die
nationalsozialistische Bewegung, zu seinen wesentlichen Problemen Stellung zu nehmen. Soll
Deutschland Bundes- oder Einheitsstaat sein, und was hat man praktisch unter beiden zu verstehen? Mir
scheint die wichtigere Frage die zweite zu
[634 Bundes- oder Einheitsstaat?]
sein, weil sie nicht nur zum Verständnis des ganzen Problems grundlegend ist, sondern auch weil sie
klärend ist und versöhnenden Charakter besitzt.
Was ist ein Bundesstaat? Unter Bundesstaat verstehen wir einen Verband von souveränen Staaten, die
aus freiem Willen kraft ihrer Souveränität sich zusammenschließen und dabei jenen Teil der
Hoheitsrechte im einzelnen an die Gesamtheit abtreten, der die Existenz des gemeinsamen Bundes
ermöglicht und gewährleistet.
Diese theoretische Formulierung trifft in der Praxis bei keinem der heute auf Erden bestehenden
Bundesstaaten restlos zu. Am wenigsten bei der amerikanischen Union, in welcher beim weitaus größten
Teil der Einzelstaaten von irgendeiner ursprünglichen Souveränität überhaupt nicht geredet werden
kann, sondern viele derselben erst im Laufe der Zeit gewissermaßen hineingezeichnet wurden in die
Gesamtfläche des Bundes. Daher handelt es sich bei den Einzelstaaten der amerikanischen Union auch
in den meisten Fällen mehr um kleinere und größere, aus verwaltungstechnischen Gründen gebildete,
vielfach mit dem Lineal abgegrenzte Territorien, die vordem eigene staatliche Souveränität nicht
besessen hatten und auch gar nicht besitzen konnten. Denn nicht diese Staaten hatten die Union gebildet,
sondern die Union gestaltete erst einen großen Teil solcher sogenannter Staaten. Die dabei den einzelnen
Territorien überlassenen, oder besser zugesprochenen, höchst umfangreichen Selbstrechte entsprechen
nicht nur dem ganzen Wesen dieses Staatenbundes, sondern vor allem auch der Größe seiner
Grundfläche, seinen räumlichen Dimensionen, die ja fast dem Ausmaß eines Kontinents gleichkommen.
Man kann somit bei den Staaten der amerikanischen Union nicht von deren staatlicher Souveränität
sprechen, sondern nur von deren verfassungsmäßig festgelegten und garantierten Rechten, besser
vielleicht Befugnissen.
Auch für Deutschland ist die obige Formulierung nicht voll und ganz zutreffend, obwohl in
Deutschland ohne Zweifel zuerst die Einzelstaaten, und zwar als Staaten, be-
[635 Bundes- oder Einheitsstaat?]
standen hatten und aus ihnen das Reich gebildet wurde. Allein schon die Bildung des Reiches ist nicht
erfolgt auf Grund des freien Willens oder gleichen Zutuns der Einzelstaaten, sondern durch die
Auswirkung der Hegemonie eines Staates unter ihnen, Preußens. Schon die rein territorial große
Verschiedenheit der deutschen Staaten gestattet keinen Vergleich mit der Gestaltung zum Beispiel der
amerikanischen Union. Der Größenunterschied zwischen den einstigen kleinsten deutschen
Bundesstaaten und den größeren oder gar dem größten erweist die Nichtgleichartigkeit der Leistungen,
aber auch das Ungleichmäßige des Anteils an der Begründung des Reiches, an der Forderung des
Bundesstaates. Tatsächlich konnte man aber auch bei den meisten dieser Staaten von einer wirklichen
Souveränität nicht sprechen, außer das Wort Staatssouveränität hätte keine andere Bedeutung als die
einer amtlichen Phrase. In Wirklichkeit hatte nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Gegenwart
mit zahlreichen dieser sogenannten "souveränen Staaten" aufgeräumt und damit am klarsten die
Schwäche dieser "souveränen" Gebilde bewiesen.
Es soll hier nicht festgestellt werden, wie im einzelnen diese Staaten sich geschichtlich bildeten, wohl
aber, daß sie fast in keinem Falle sich mit stammesmäßigen Grenzen decken. Sie sind rein politische
Erscheinungen und reichen mit ihren Wurzeln meist in die traurigste Zeit der Ohnmacht des Deutschen
Reiches und der sie bedingenden, wie auch umgekehrt dadurch selbst wieder bedingten Zersplitterung
unseres deutschen Vaterlandes.
Dem allem trug, wenigstens teilweise, die Verfassung des alten Reiches auch Rechnung, insofern sie im
Bundesrat den einzelnen Staaten nicht die gleiche Vertretung einräumte, sondern entsprechend der
Größe und tatsächlichen Bedeutung sowie der Leistung der Einzelstaaten bei der Bildung des Reiches
Abstufungen vornahm.
Die von den Einzelstaaten zur Ermöglichung der Reichsbildung abgetretenen Hoheitsrechte wurden nur
zum kleinsten Teil aus eigenem Willen aufgegeben, zum größten Teil waren sie praktisch entweder
ohnehin nicht vorhanden,
[636 Bundes- oder Einheitsstaat?]
oder sie waren unter dem Druck der preußischen Übermacht einfach genommen worden. Allerdings
ging Bismarck dabei nicht von dem Grundsatz aus, dem Reiche zu geben, was den einzelnen Staaten nur
irgend genommen werden konnte, sondern von den Einzelstaaten nur abzuverlangen, was das Reich
unbedingt brauchte. Ein ebenso gemäßigter wie weiser Grundsatz, der auf der einen Seite auf
Gewohnheit und Tradition die höchste Rücksicht nahm und auf der anderen dadurch von vornherein
dem neuen Reich ein großes Maß von Liebe und freudiger Mitarbeit sicherte. Es ist aber grundfalsch,
diesen Entschluß Bismarcks etwa seiner Überzeugung zuzuschreiben, daß damit das Reich für alle Zeit
genügend an Hoheitsrechten besäße. Diese Überzeugung hatte Bismarck keineswegs; im Gegenteil, er
wollte nur der Zukunft überlassen, was im Augenblick schwer durchzuführen und zu ertragen gewesen
wäre. Er hoffte auf die langsam ausgleichende Wirkung der Zeit und auf den Druck der Entwicklung an
sich, der er auf die Dauer mehr Kraft zutraute als einem Versuch, die augenblicklichen Widerstände der
einzelnen Staaten sofort zu brechen. Er hat damit die Größe seiner staatsmännischen Kunst gezeigt und
am besten bewiesen. Denn in Wirklichkeit ist die Souveränität des Reiches dauernd auf Kosten der
Souveränität der einzelnen Staaten gestiegen. Die Zeit hat erfüllt, was Bismarck sich von ihr erhoffte.
Mit dem deutschen Zusammenbruch und der Vernichtung der monarchischen Staatsform ist diese
Entwicklung zwangsläufig beschleunigt worden. Denn da die einzelnen deutschen Staaten ihr Dasein
weniger stammesmäßigen Unterlagen als rein politischen Ursachen zuzuschreiben hatten, mußte die
Bedeutung dieser Einzelstaaten in dem Augenblick in ein Nichts zusammensinken, in dem die
wesentlichste Verkörperung der politischen Entwicklung dieser Staaten, die monarchische Staatsform
und ihre Dynastien, ausgeschaltet wurden. Eine ganze Anzahl dieser "Staatsgebilde" verlor dadurch so
sehr jeglichen inneren Halt, daß sie damit von selbst auf ein weiteres Dasein Verzicht leisteten und sich
aus reinen Zweckmäßig-
[637 Bundes- oder Einheitsstaat?]
keitsgründen mit anderen zusammenschlossen oder aus freiem Willen in größeren aufgingen; der
schlagendste Beweis für die außerordentliche Schwäche der tatsächlichen Souveränität dieser kleinen
Gebilde und der geringen Einschätzung, die sie selbst bei ihren eigenen Bürgern fanden.
Hat also die Beseitigung der monarchischen Staatsform und ihrer Träger dem bundesstaatlichen
Charakter des Reiches schon einen starken Stoß versetzt, so noch mehr die Übernahme der aus dem
"Friedens"-Vertrag resultierenden Verpflichtungen.
Daß die bisher bei den Ländern liegende Finanzhoheit an das Reich verlorenging, war im selben
Augenblick natürlich und selbstverständlich, in welchem das Reich durch den verlorenen Krieg einer
finanziellen Verpflichtung unterworfen wurde, die durch Einzelbeiträge der Länder niemals mehr ihre
Deckung gefunden hätte. Auch die weiteren Schritte, die zur Übernahme von Post und Eisenbahn durch
das Reich führten, waren zwangsläufige Auswirkungen der durch die Friedensverträge allmählich in die
Wege geleiteten Versklavung unseres Volkes. Das Reich war gezwungen, sich in den geschlossenen
Besitz immer neuer Werte zu setzen, um den Verpflichtungen, die infolge weiterer Auspressungen
eintraten, genügen zu können.
So wahnwitzig häufig die Formen waren, unter denen sich die Verreichlichung vollzog, so logisch und
selbstverständlich war der Vorgang an sich. Schuld daran trugen die Parteien und Männer, die einst
nicht alles getan hatten, um den Krieg siegreich zu beenden. Schuld daran hatten, besonders in Bayern,
die Parteien, die in Verfolgung egoistischer Selbstziele dem Reichsgedanken während des Krieges
entzogen hatten, was sie nach dem Verlust desselben zehnfach ersetzen mußten. Rächende Geschichte!
Nur kam die Strafe des Himmels selten so jäh nach der Versündigung als in diesem Falle. Dieselben
Parteien, die noch wenige Jahre vordem die Interessen ihrer Einzelstaaten — und dies besonders in
Bayern — über das Interesse des Reiches gestellt hatten, mußten es nun erleben, wie unter dem Druck
der Geschehnisse das Interesse des
[638 Bundes- oder Einheitsstaat?]
Reiches die Existenz der Einzelstaaten abwürgte. Alles durch ihr eigenes Mitverschulden.
Es ist eine Heuchelei sondergleichen, den Wählermassen gegenüber (denn nur an diese richtet sich die
Agitation unserer heutigen Parteien) über den Verlust von Hoheitsrechten der einzelnen Länder zu
klagen, während sich alle diese Parteien ausnahmslos gegenseitig überboten haben in einer
Erfüllungspolitik, die in ihren letzten Konsequenzen natürlich auch zu tiefgreifenden Veränderungen im
inneren Deutschland führen mußte. Das Bismarcksche Reich war nach außen frei und ungebunden.
Finanzielle Verpflichtungen so schwerwiegender und dabei völlig unproduktiver Art, wie sie das heutige
Dawes-Deutschland zu tragen hat, besaß dieses Reich nicht. Allein auch im Innern war es in seiner
Kompetenz auf wenige und unbedingt notwendige Belange beschränkt. Somit konnte es sehr wohl einer
eigenen Finanzhoheit entbehren und von den Beiträgen der Länder leben; und es ist selbstverständlich,
daß einerseits die Wahrung des Besitzes eigener Hoheitsrechte und andererseits verhältnismäßig geringe
finanzielle Abgaben an das Reich der Reichsfreudigkeit der Länder sehr zustatten kamen. Es ist aber
unrichtig, ja unaufrichtig, heute mit der Behauptung Propaganda machen zu wollen, daß die derzeit
mangelnde Reichsfreudigkeit bloß der finanziellen Hörigkeit der Länder dem Reiche gegenüber
zuzuschreiben wäre. Nein, so liegen die Dinge wirklich nicht. Die mindere Freude am Reichsgedanken
ist nicht dem Verluste von Hoheitsrechten seitens der Länder zuzuschreiben, sondern ist vielmehr das
Resultat der jammervollen Repräsentation, die das deutsche Volk derzeit durch seinen Staat erfährt.
Trotz aller Reichsbanner- und Verfassungsfeiern ist das heutige Reich dem Herzen des Volkes in allen
Schichten fremd geblieben, und republikanische Schutzgesetze können wohl von einer Verletzung
republikanischer Einrichtungen abschrecken, sich aber niemals die Liebe auch nur eines einzigen
Deutschen erwerben. In
[639 Bundes- oder Einheitsstaat?]
der übergroßen Sorge, die Republik vor ihren eigenen Bürgern durch Paragraphen und Zuchthaus zu
schützen, liegt die vernichtendste Kritik und Herabsetzung der gesamten Institution selbst.
Allein auch aus einem anderen Grunde ist die von gewissen Parteien heute aufgestellte Behauptung, daß
das Schwinden der Reichsfreudigkeit den Übergriffen des Reiches auf bestimmte Hoheitsrechte der
Länder zuzuschreiben wäre, unwahr. Angenommen, das Reich hätte die Erweiterung seiner
Kompetenzen nicht vorgenommen, so glaube man doch ja nicht, daß dann die Liebe der einzelnen
Länder zum Reich eine größere wäre, wenn nichtsdestoweniger die Gesamtausgaben dieselben sein
müßten wie jetzt. Im Gegenteil: Würden die einzelnen Länder heute Abgaben in der Höhe zu tragen
haben, wie sie das Reich zur Erfüllung der Versklavungsdiktate braucht, so würde die
Reichsfeindlichkeit noch unendlich viel größer sein. Die Beiträge der Länder an das Reich wären nicht
nur sehr schwer hereinzubringen, sondern müßten geradezu auf dem Wege der Zwangsexekution
eingetrieben werden. Denn da die Republik nun einmal auf dem Boden der Friedensverträge steht und
weder den Mut noch irgendwie die Absicht besitzt, sie zu brechen, muß sie mit ihren Verpflichtungen
rechnen. Schuld daran sind jedoch wieder nur die Parteien, die ununterbrochen den geduldigen
Wählermassen von der notwendigen Selbständigkeit der Länder vorreden, dabei aber eine Reichspolitik
fördern und unterstützen, die ganz zwangsläufig zur Beseitigung auch der letzten dieser sogenannten
"Hoheitsrechte" führen muß.
Ich sage zwangsläufig deshalb, weil dem heutigen Reich gar keine andere Möglichkeit bleibt, seinen
durch eine verruchte Innen- und Außenpolitik aufgebürdeten Lasten gerecht zu werden. Auch hier treibt
ein Keil den anderen, und jede neue Schuld, die das Reich durch seine

[640 Nationalstaat oder Sklavenkolonie?]
verbrecherische Vertretung deutscher Interessen nach außen auf sich lädt, muß im Innern durch einen
stärkeren Druck nach unten ausgeglichen werden, der seinerseits wieder die allmähliche Beseitigung
sämtlicher Hoheitsrechte der einzelnen Staaten erfordert, um nicht in ihnen Keimzellen des
Widerstandes erstehen oder auch nur bestehen zu lassen.
Überhaupt muß als charakteristischer Unterschied der heutigen Reichspolitik gegenüber der von einst
festgestellt werden: Das alte Reich gab im Innern Freiheit und bewies nach außen Stärke, während die
Republik nach außen Schwäche zeigt und im Innern die Bürger unterdrückt. In beiden Fällen bedingt
das eine das andere: Der kraftvolle Nationalstaat braucht nach innen weniger Gesetze infolge der
größeren Liebe und Anhänglichkeit seiner Bürger, der internationale Sklavenstaat kann nur durch
Gewalt seine Untertanen zum Frondienst anhalten. Denn es ist eine der unverschämtesten Frechheiten
des heutigen Regiments, von "freien Bürgern" zu reden. Solche besaß nur das alte Deutschland. Die
Republik als Sklavenkolonie des Auslandes hat keine Bürger, sondern bestenfalls Untertanen. Sie besitzt
deshalb auch keine Nationalflagge, sondern nur eine durch behördliche Verfügungen und gesetzliche
Bestimmungen eingeführte und bewachte Musterschutzmarke. Dieses als Geßlerhut der deutschen
Demokratie empfundene Symbol wird daher auch unserem Volke immer innerlich fremd bleiben. Die
Republik, die seinerzeit ohne jedes Gefühl für Tradition und ohne jede Ehrfurcht vor der Größe der
Vergangenheit deren Symbole in den Kot trat, wird einst staunen, wie oberflächlich die Untertanen an
ihren eigenen Symbolen hängen. Sie hat sich selbst den Charakter eines Intermezzos der deutschen
Geschichte gegeben.
So ist dieser Staat heute um seines eigenen Bestandes willen gezwungen, die Hoheitsrechte der
einzelnen Länder
[641 Vereinheitlichungstendenzen]
mehr und mehr zu beschneiden, nicht nur aus allgemein materiellen Gesichtspunkten, sondern auch aus
ideellen. Denn indem er seinen Bürgern das letzte Blut durch seine finanzielle Erpresserpolitik entzieht,
muß er ihnen zwangsläufig auch die letzten Rechte nehmen, wenn er nicht will, daß die allgemeine
Unzufriedenheit eines Tages zur hellen Rebellion ausschlägt.
In Umkehrung obenstehenden Satzes ergibt sich für uns Nationalsozialisten folgende grundlegende
Regel: Ein kraftvolles, nationales Reich, das die Interessen seiner Bürger nach außen im höchsten
Umfange wahrnimmt und beschirmt, vermag nach innen Freiheit zu bieten, ohne für die Festigkeit des
Staates bangen zu müssen. Andererseits kann aber eine kraftvolle nationale Regierung selbst große
Eingriffe in die Freiheit des einzelnen sowohl als der Länder ohne Schaden für den Reichsgedanken
vornehmen und verantworten, wenn der einzelne Bürger in solchen Maßnahmen ein Mittel zur Größe
seines Volkstums erkennt.
Sicherlich gehen alle Staaten der Welt in ihrer inneren Organisation einer gewissen Vereinheitlichung
entgegen. Auch Deutschland wird hierin keine Ausnahme machen. Es ist heute schon ein Unsinn, von
einer "Staatssouveränität" einzelner Länder zu sprechen, die in Wirklichkeit schon durch die lächerliche
Größe dieser Gebilde nicht gegeben ist. Sowohl auf verkehrs- als auch auf verwaltungstechnischem
Gebiete wird die Bedeutung der Einzelstaaten immer mehr heruntergedrückt. Der moderne Verkehr, die
moderne Technik läßt Entfernung und Raum immer mehr zusammenschrumpfen. Ein Staat von einst
stellt heute nur mehr eine Provinz dar, und Staaten der Gegenwart galten früher Kontinenten gleich. Die
Schwierigkeit, rein technisch gemessen, einen Staat wie Deutschland zu verwalten, ist nicht größer als
die Schwierigkeit der Leitung einer Provinz wie Brandenburg vor hundertzwanzig Jahren. Die
Überwindung der
[642 Mißbrauch der Zentralisierung]
Entfernung von München nach Berlin ist heute leichter als die von München nach Starnberg vor hundert
Jahren. Und das ganze Reichsgebiet von heute ist im Verhältnis zur derzeitigen Verkehrstechnik kleiner
als irgendein mittlerer deutscher Bundesstaat zur Zeit der Napoleonischen Kriege. Wer sich den aus
einmal gegebenen Tatsachen resultierenden Folgen verschließt, bleibt eben in der Zeit zurück.
Menschen, welche dies tun, gab es zu allen Zeiten und wird es auch in der Zukunft immer geben. Sie
können jedoch das Rad der Geschichte kaum hemmen, niemals zum Stillstand bringen.
Wir Nationalsozialisten dürfen an den Konsequenzen dieser Wahrheiten nicht blind vorübergehen. Auch
hier dürfen wir uns nicht einfangen lassen von den Phrasen unserer sogenannten nationalen bürgerlichen
Parteien. Ich gebrauche die Bezeichnung Phrasen deshalb, weil diese Parteien selber gar nicht ernstlich
an die Möglichkeit einer Durchführung ihrer Absichten glauben, und weil sie zweitens selber mit- und
hauptschuldig sind an der heutigen Entwicklung. Besonders in Bayern ist der Schrei nach dem Abbau
der Zentralisation wirklich nur mehr eine Parteimache ohne jeden ernsten Hintergedanken. In allen
Augenblicken, da diese Parteien aus ihren Phrasen wirklich Ernst hätten machen müssen, versagten sie
ausnahmslos jämmerlich. Jeder sogenannte "Raub an Hoheitsrechten" des bayerischen Staates durch das
Reich wurde, abgesehen von einem widerlichen Gekläff, praktisch widerstandslos hingenommen. Ja,
wenn wirklich es einer wagte, gegen dieses irrsinnige System ernstlich Front zu machen, dann wurde
der, "als nicht auf dem Boden des heutigen Staates stehend", von denselben Parteien verfemt und
verdammt und so lange verfolgt, bis man ihn entweder durch das Gefängnis oder ein gesetzwidriges
Redeverbot mundtot gemacht hatte. Gerade daraus müssen unsere Anhänger am meisten die innere
Verlogenheit dieser sogenannten föderalistischen Kreise erkennen. So wie zum Teil
[643 Unterdrückung der Einzelstaaten]
die Religion, ist ihnen auch der föderative Staatsgedanke nur ein Mittel für ihre oft schmutzigen
Parteiinteressen.
×
So sehr also eine gewisse Vereinheitlichung besonders auf dem Gebiete des Verkehrswesens natürlich
erscheint, so sehr kann doch für uns Nationalsozialisten die Verpflichtung bestehen, gegen eine solche
Entwicklung im heutigen Staat schärfstens Stellung zu nehmen, nämlich dann, wenn die Maßnahmen
nur den Zweck haben, eine verhängnisvolle Außenpolitik zu decken und zu ermöglichen. Gerade weil
das heutige Reich die sogenannte Verreichlichung von Eisenbahn, Post, Finanzen usw. nicht aus
höheren nationalpolitischen Gesichtspunkten vorgenommen hat, sondern nur, um damit die Mittel und
Pfänder in die Hand zu bekommen für eine uferlose Erfüllungspolitik, müssen wir Nationalsozialisten
alles tun, was irgend geeignet erscheint, die Durchführung einer solchen Politik zu erschweren,
womöglich zu verhindern. Dazu gehört aber der Kampf gegen die heutige Zentralisierung
lebenswichtiger Einrichtungen unseres Volkes, die nur vorgenommen wird, um dadurch die
Milliardenbeträge und Pfandobjekte für unsere Nachkriegspolitik dem Auslande gegenüber flüssig zu
machen.
Aus diesem Grunde hat auch die nationalsozialistische Bewegung gegen solche Versuche Stellung
genommen.
Der zweite Grund, der uns veranlassen kann, einer derartigen Zentralisierung Widerstand zu leisten, ist
der, daß dadurch die Macht eines Regierungssystems im Innern gefestigt werden könnte, das in seinen
gesamten Auswirkungen das schwerste Unglück über die deutsche Nation gebracht hat. Das heutige
jüdisch-demokratische Reich, das für die deutsche Nation zum wahren Fluch geworden ist, sucht die
Kritik der Einzelstaaten, die noch nicht
[644 Zentralisation begünstigt Parteiwirtschaft]
sämtlich von diesem Zeitgeist erfüllt sind, unwirksam zu machen durch deren Herabdrücken zu
vollständiger Bedeutungslosigkeit. Demgegenüber haben wir Nationalsozialisten allen Anlaß, zu
versuchen, der Opposition dieser Einzelstaaten nicht nur die Grundlage einer erfolgverheißenden
staatlichen Kraft zu geben, sondern ihren Kampf gegen die Zentralisation überhaupt zum Ausdruck
eines höheren nationalen allgemeinen deutschen Interesses zu machen. Während also die Bayerische
Volkspartei aus kleinherzig-partikularistischen Gesichtspunkten "Sonderrechte" für den bayerischen
Staat zu erhalten bestrebt ist, haben wir diese Sonderstellung zu verwenden im Dienste eines gegen die
heutige Novemberdemokratie stehenden höheren Nationalinteresses.
Der dritte Grund, der uns weiter bestimmen kann, gegen die derzeitige Zentralisation zu kämpfen, ist die
Überzeugung, daß ein großer Teil der sogenannten Verreichlichung in Wirklichkeit keine
Vereinheitlichung, auf keinen Fall aber eine Vereinfachung ist, sondern daß es sich im vielen Fällen nur
darum handelt, den Hoheitsrechten der Länder Institutionen zu entziehen, um deren Tore dann den
Interessen der Revolutionsparteien zu öffnen. Noch niemals wurde in der deutschen Geschichte
schamlosere Günstlingswirtschaft getrieben als in der demokratischen Republik. Ein großer Teil der
heutigen Zentralisationswut fällt auf das Konto jener Parteien, die einst die Bahn dem Tüchtigen
freizumachen versprachen, dabei aber bei Besetzung von Ämtern und Posten ausschließlich die
Parteizugehörigkeit im Auge hatten. Insbesondere Juden ergossen sich seit Bestehen der Republik in
unglaublichen Mengen in die durch das Reich zusammengerafften Wirtschaftsbetriebe und
Verwaltungsapparate, so daß beide heute zu einer Domäne jüdischer Betätigung geworden sind.
[645 Staatshoheit des Reiches]
Vor allem diese dritte Erwägung muß uns aus taktischen Gründen verpflichten, jede weitere Maßnahme
auf dem Wege der Zentralisation schärfstens zu überprüfen und, wenn notwendig, gegen sie Stellung zu
nehmen. Immer aber haben unsere Gesichtspunkte dabei höhere nationalpolitische und niemals
kleinliche partikularistische zu sein.
Diese letztere Bemerkung ist notwendig, um nicht bei unseren Anhängern die Meinuug entstellen zu
lassen, als ob wir Nationalsozialisten dem Reiche an sich nicht das Recht zusprechen würden, eine
höhere Souveränität zu verkörpern als die der einzelnen Staaten. Über dieses Recht soll und kann es bei
uns gar keinen Zweifel geben. Da für uns der Staat an sich nur eine Form ist, das Wesentliche jedoch
sein Inhalt, die Nation, das Volk, ist es klar, daß ihren souveränen Interessen alles andere sich
unterzuordnen hat. Insbesondere können wir keinem einzelnen Staat innerhalb der Nation und des diese
vertretenden Reiches eine machtpolitische Souveränität und Staatshoheit zubilligen. Der Unfug
einzelner Bundesstaaten, sogenannte Vertretungen im Ausland und untereinander zu unterhalten, muß
aufhören und wird einmal aufhören. Solange derartiges möglich ist, dürfen wir uns nicht wundern, wenn
das Ausland immer noch Zweifel in die Festigkeit unseres Reichsgefüges setzt und demgemäß sich
benimmt. Der Unfug dieser Vertretungen ist um so größer, als ihnen neben den Schäden nicht der
geringste Nutzen zugeschrieben werden kann. Interessen eines Deutschen im Auslande, die durch den
Gesandten des Reiches nicht gewahrt werden können, vermögen noch viel weniger durch den Gesandten
eines im Rahmen der heutigen Weltordnung lächerlich erscheinenden Kleinstaates wahrgenommen zu
werden. In diesen kleinen Bundesstaaten kann man wirklich nur Angriffspunkte erblicken für besonders
von einem Staat immer noch gern gesehene Auflösungsbestrebungen innerhalb und außerhalb des Deut-
[646 Kulturelle Aufgaben der Länder]
schen Reiches. Auch dafür dürfen wir Nationalsozialisten kein Verständnis haben, daß irgendein
altersschwach gewordener Adelsstamm seinem meist schon sehr dürr gewordenen Reis durch
Bekleidung des Gesandtenpostens neuen Nährboden gibt. Unsere diplomatischen Vertretungen im
Ausland waren schon zur Zeit des alten Reiches so jämmerlich, daß weitere Ergänzungen der damals
gemachten Erfahrungen höchst überflüssig sind.
Die Bedeutung der einzelnen Länder wird in Zukunft unbedingt mehr auf kulturpolitisches Gebiet zu
verlegen sein. Der Monarch, der für die Bedeutung Bayerns das meiste tat, war nicht irgendein
störrischer, antideutsch eingestellter Partikularist, sondern vielmehr der ebenso großdeutsch gesonnene
wie kunstsinnig empfindende Ludwig I. Indem er die Kräfte des Staates in erster Linie für den Ausbau
der kulturellen Position Bayerns verwendete und nicht für die Stärkung der machtpolitischen, hat er
Besseres und Dauerhafteres geleistet, als dies sonst je möglich gewesen wäre. Indem er München
damals aus dem Rahmen einer wenig bedeutenden provinziellen Residenz in das Format einer großen
deutschen Kunstmetropole hineinhob, schuf er einen geistigen Mittelpunkt, der selbst heute noch die
wesensverschiedenen Franken an diesen Staat zu fesseln vermag. Angenommen, München wäre
geblieben, was es einst war, so hätte sich in Bayern ein gleicher Vorgang wie in Sachsen wiederholt, nur
mit dem Unterschied, daß das bayerische Leipzig, Nürnberg, keine bayerische, sondern eine fränkische
Stadt geworden wäre. Nicht die "Nieder-mit-Preußen"-Schreier haben München groß gemacht, sondern
Bedeutung gab dieser Stadt der König, der in ihr der deutschen Nation ein Kunst-Kleinod schenken
wollte, das gesehen und beachtet werden mußte und gesehen und beachtet wurde. Und darin liegt auch
für die Zukunft eine Lehre. Die Bedeutung der Einzelstaaten wird künftig überhaupt nicht mehr auf
staats- und machtpolitischem Gebiet liegen; ich erblicke sie entweder auf stammesmäßigem oder auf
kulturpolitischem Gebiet. Allein selbst hier wird
[647 Heer und Einzelstaaten]
die Zeit nivellierend wirken. Die Leichtigkeit des modernen Verkehrs schüttelt die Menschen derart
durcheinander, daß langsam und stetig die Stammesgrenzen verwischt werden und so selbst das
kulturelle Bild sich allmählich auszugleichen beginnt.
Das Heer ist ganz besonders scharf von allen einzelstaatlichen Einflüssen fernzuhalten. Der kommende
nationalsozialistische Staat soll nicht in den Fehler der Vergangenheit verfallen und dem Heer eine
Aufgabe unterschieben, die es nicht hat und gar nicht haben darf. Das deutsche Heer ist nicht dazu da,
eine Schule für die Erhaltung von Stammeseigentümlichkeiten zu sein, sondern vielmehr eine Schule
des gegenseitigen Verstehens und Anpassens aller Deutschen. Was sonst immer im Leben der Nation
trennend sein mag, soll durch das Heer zu einender Wirkung gebracht werden. Es soll weiter den
einzelnen jungen Mann aus dem engen Horizont seines Ländchens herausheben und ihn hineinstellen in
die deutsche Nation. Nicht die Grenzen seiner Heimat, sondern die seines Vaterlandes muß er sehen
lernen; denn diese hat er einst auch zu beschützen. Es ist deshalb unsinnig, den jungen Deutschen in
seiner Heimat zu belassen, sondern zweckmäßig ist, ihm in seiner Heereszeit Deutschland zu zeigen.
Dies ist heute um so notwendiger, als der junge Deutsche nicht mehr so wie einst auf Wanderschaft geht
und dadurch seinen Horizont erweitert. Ist es in dieser Erkenntnis nicht widersinnig, den jungen Bayern
wenn möglich wieder in München zu belassen, den Franken in Nürnberg, den Badener in Karlsruhe, den
Württemberger in Stuttgart usw., und ist es nicht vernünftiger, dem jungen Bayern einmal den Rhein
und einmal die Nordsee zu zeigen, dem Hamburger die Alpen, dem Ostpreußen das deutsche
Mittelgebirge und so fort? Der landsmannschaftliche Charakter soll in der Truppe bleiben, aber nicht in
der Garnison. Jeder Versuch einer Zentralisation mag unsere Mißbilligung finden, die des Heeres aber
niemals! Im Gegenteil, wollten wir keinen derartigen Versuch begrüßen, über diesen einen müßten
[648 Ein Volk — ein Staat]
wir uns freuen. Ganz abgesehen davon, daß bei der Größe des heutigen Reichsheeres die
Aufrechterhaltuug einzelstaatlicher Truppenteile absurd wäre, sehen wir in der erfolgten
Vereinheitlichung des Reichsheeres einen Schritt, den wir auch in der Zukunft, bei der
Wiedereinführung eines Volksheeres, niemals mehr aufgeben dürfen.
Im übrigen wird eine junge sieghafte Idee jede Fessel ablehnen müssen, die ihre Aktivität im
Vorwärtstreiben ihrer Gedanken lähmen könnte. Der Nationalsozialismus muß grundsätzlich das Recht
in Anspruch nehmen, der gesamten deutschen Nation ohne Rücksicht auf bisherige bundesstaatliche
Grenzen seine Prinzipien aufzuzwingen und sie in seinen Ideen und Gedanken zu erziehen. So wie sich
die Kirchen nicht gebunden und begrenzt fühlen durch politische Grenzen, ebensowenig die
nationalsozialistische Idee durch einzelstaatliche Gebiete unseres Vaterlandes.
Die nationalsozialistische Lehre ist nicht die Dienerin der politischen Interessen einzelner
Bundesstaaten, sondern soll dereinst die Herrin der deutschen Nation werden. Sie hat das Leben eines
Volkes zu bestimmen und neuzuordnen und muß deshalb für sich gebieterisch das Recht in Anspruch
nehmen, über Grenzen, die eine von uns abgelehnte Entwicklung zog, hinwegzugehen.
Je vollständiger der Sieg ihrer Ideen wird, um so größer mag dann die Freiheit im einzelnen sein, die sie
im Innern bietet.
[649]

11. Kapitel:
Propaganda und Organisation
Das Jahr 1921 hatte in mehrfacher Hinsicht für mich und die Bewegung eine besondere Bedeutung
erhalten.
Nach meinem Eintritt in die Deutsche Arbeiterpartei übernahm ich sofort die Leitung der Propaganda.
Ich hielt dieses Fach für das augenblicklich weitaus wichtigste. Es galt ja zunächst weniger, sich den
Kopf über organisatorische Fragen zu zerbrechen, als die Idee selbst einer größeren Zahl von Menschen
zu vermitteln. Die Propaganda mußte der Organisation weit voraneilen und dieser erst das zu
bearbeitende Menschenmaterial gewinnen. Auch bin ich ein Feind von zu schnellem und zu
pedantischem Organisieren. Es kommt dabei meist nur ein toter Mechanismus heraus, aber selten eine
lebendige Organisation. Denn Organisation ist etwas, das dem organischen Leben, der organischen
Entwicklung sein Bestehen zu verdanken hat. Ideen, die eine bestimmte Anzahl von Menschen erfaßt
haben, werden immer nach einer gewissen Ordnung streben, und diesem inneren Ausgestalten kommt
sehr großer Wert zu. Man hat aber auch hier mit der Schwäche der Menschen zu rechnen, die den
einzelnen verleitet, sich wenigstens anfangs instinktiv gegen einen überlegenen Kopf zu stemmen.
Sowie eine Organisation von oben herab mechanisch aufgezogen wird, besteht die große Gefahr, daß ein
einmal eingesetzter, selbst noch nicht genau erkannter und vielleicht wenig fähiger Kopf aus Eifersucht
das Emporkommen tüchtigerer Elemente innerhalb der Bewegung zu hindern suchen wird. Der Schaden,
der in einem solchem Falle entsteht, kann, besonders bei einer jungen Bewegung, von verhängnisvoller
Bedeutung sein.
[650 Theoretiker — Organisator — Agitator]
Aus diesem Grundsatze ist es zweckmäßiger, eine Idee erst eine Zeitlang von einer Zentrale aus
propagandistisch zu verbreiten und das sich allmählich ansammelnde Menschenmaterial dann sorgfältig
nach Führerköpfen durchzusuchen und zu prüfen. Es wird sich dabei manches Mal herausstellen, daß an
sich unscheinbare Menschen nichtsdestoweniger als geborene Führer anzusehen sind.
Ganz falsch wäre es allerdings, im Reichtum an theoretischen Erkenntnissen charakteristische Beweise
für Führereigenschaft und Führertüchtigkeit erblicken zu wollen.
Das Gegenteil trifft häufig zu.
Die großen Theoretiker sind nur in den seltensten Fällen auch große Organisatoren, da die Größe des
Theoretikers und Programmatikers in erster Linie in der Erkenntnis und Festlegung abstrakt richtiger
Gesetze liegt, während der Organisator in erster Linie Psychologe sein muß. Er hat den Menschen zu
nehmen, wie er ist, und muß ihn deshalb kennen. Er darf ihn ebensowenig überschätzen wie in seiner
Masse zu gering achten. Er muß im Gegenteil versuchen, der Schwäche und der Bestialität
gleichermaßen Rechnung zu tragen, um unter Berücksichtigung aller Faktoren ein Gebilde zu schaffen,
das als lebendiger Organismus von stärkster und stetiger Kraft erfüllt und so geeignet ist, eine Idee zu
tragen und ihr den Weg zum Erfolg freizumachen.
Noch seltener aber ist ein großer Theoretiker ein großer Führer. Viel eher wird das der Agitator sein,
was viele, die nur wissenschaftlich über eine Frage arbeiten, nicht gerne hören wollen; und doch ist das
verständlich. Ein Agitator, der die Fähigkeit aufweist, eine Idee der breiten Masse zu vermitteln, muß
immer Psychologe sein, sogar wenn er nur Demagoge wäre. Er wird dann immer noch besser zum
Führer geeignet sein als der menschenfremde, weltferne Theoretiker. Denn Führen heißt: Massen
bewegen können. Die Gabe, Ideen zu gestalten, hat mit Führerfähigkeit gar nichts zu schaffen. Es ist
dabei
[651 Anhänger und Mitglieder]
ganz müßig, darüber zu streiten, was von größerer Bedeutung ist, Menschheitsideale und
Menschheitsziele aufzustellen oder sie zu verwirklichen. Es geht hier wie so oft im Leben: das eine wäre
vollkommen sinnlos ohne das andere. Die schönste theoretische Einsicht bleibt ohne Zweck und Wert,
wenn nicht der Führer die Massen zu ihr hin in Bewegung setzt. Und umgekehrt, was sollte alle
Führergenialität und aller Führerschwung, wenn nicht der geistvolle Theoretiker die Ziele für das
menschliche Ringen aufstellen würde? Die Vereinigung aber von Theoretiker, Organisator und Führer in
einer Person ist das Seltenste, was man auf dieser Erde finden kann; diese Vereinigung schafft den
großen Mann.
Ich habe mich in der ersten Zeit meiner Tätigkeit in der Bewegung, wie schon bemerkt, der Propaganda
gewidmet. Ihr mußte es gelingen, allmählich einen kleinen Kern von Menschen mit der neuen Lehre zu
erfüllen, um so das Material heranzubilden, das später die ersten Elemente einer Organisation abgeben
konnte. Dabei ging das Ziel der Propaganda meist über das der Organisation hinaus.
Wenn eine Bewegung die Absicht hegt, eine Welt einzureißen und eine neue an ihrer Stelle zu erbauen,
dann muß in den Reihen ihrer eigenen Führerschaft über folgende Grundsätze vollkommene Klarheit
Herrschen: Jede Bewegung wird das von ihr gewonnene Menschenmaterial zunächst in zwei große
Gruppen zu sichten haben: in Anhänger und Mitglieder.
Aufgabe der Propaganda ist es, Anhänger zu werben, Aufgabe der Organisation, Mitglieder zu
gewinnen.
Anhänger einer Bewegung ist, wer sich mit ihren Zielen einverstanden erklärt, Mitglied ist, wer für sie
kämpft.
Der Anhänger wird einer Bewegung durch die Propaganda geneigt gemacht. Das Mitglied wird durch
die Organisation veranlaßt, selbst mitzuwirken zur
[652 Anhänger und Mitglieder]
Werbung neuer Anhänger, aus denen sich dann wieder Mitglieder herausbilden können.
Da die Anhängerschaft nur eine passive Anerkennung einer Idee bedingt, während die Mitgliedschaft
die aktive Vertretung und Verteidigung fordert, werden auf zehn Anhänger immer höchstens ein bis
zwei Mitglieder treffen.
Die Anhängerschaft wurzelt nur in der Erkenntnis, die Mitgliedschaft in dem Mute, das Erkannte selbst
zu vertreten und weiter zu verbreiten.
Die Erkenntnis in ihrer passiven Form entspricht der Majorität der Menschheit, die träge und feige ist.
Die Mitgliedschaft bedingt aktivistische Gesinnung und entspricht damit nur der Minorität der
Menschen.
Die Propaganda wird demgemäß unermüdlich dafür zu sorgen haben, daß eine Idee Anänger gewinnt,
während die Organisation schärfstens darauf bedacht sein muß, aus der Anhängerschaft selbst nur das
Wertvollste zum Mitglied zu machen. Die Propaganda braucht sich deshalb nicht den Kopf zu
zerbrechen über die Bedeutung jedes einzelnen der von ihr Belehrten, über Fähigkeit, Können und
Verständnis oder den Charakter derselben, während die Organisation aus der Masse dieser Elemente
sorgfältigst zu sammeln hat, was den Sieg der Bewegung wirklich ermöglicht.
×
Die Propaganda versucht eine Lehre dem ganzen Volke aufzuzwingen, die Or-
[653 Propaganda und Organisation]
ganisation erfaßt in ihrem Rahmen nur diejenigen, die nicht aus psychologischen Gründen zum
Hemmschuh für eine weitere Verbreitung der Idee zu werden drohen.
×
Die Propaganda bearbeitet die Gesamtheit im Sinne einer Idee und macht sie reif für die Zeit des Sieges
dieser Idee, während die Organisation den Sieg erficht durch den dauernden, organischen und
kampffähigen Zusammenschluß derjenigen Anhänger, die fähig und gewillt erscheinen, den Kampf für
den Sieg zu führen.
×
Der Sieg einer Idee wird um so eher möglich sein, je umfassender die Propaganda die Menschen in ihrer
Gesamtheit bearbeitet hat und je ausschließlicher, straffer und fester die Organisation ist, die den Kampf
praktisch durchführt.
Daraus ergibt sich, daß die Zahl der Anhänger nicht groß genug sein kann, die Zahl der Mitglieder aber
leichter zu groß als zu klein wird.
×
Wenn die Propaganda ein ganzes Volk mit einer Idee erfüllt hat, kann die Organisation mit einer
Handvoll Menschen die Konsequenzen ziehen. Propaganda und Organisation, also Anhänger und
Mitglieder, stehen damit in einem bestimmten gegenseitigen Verhältnis. Je besser die Propaganda
gearbeitet hat, um so kleiner kann die Organisation sein, und je grö-
[654 Propaganda und Organisation]
ßer die Zahl der Anhänger ist, um so bescheidener kann die Zahl der Mitglieder sein und umgekehrt: Je
schlechter die Propaganda ist, um so größer muß die Organisation sein, und je kleiner die
Anhängerschar einer Bewegung bleibt, um so umfangreicher muß deren Mitgliederzahl sein, wenn sie
überhaupt noch auf einen Erfolg rechnen will.
×

Die erste Aufgabe der Propaganda ist die Gewinnung von Menschen für die spätere Organisation; die
erste Aufgabe der Organisation ist die Gewinnung von Menschen zur Fortführung der Propaganda. Die
zweite Aufgabe der Propaganda ist die Zersetzung des bestehenden Zustandes und die Durchsetzung
dieses Zustandes mit der neuen Lehre, während die zweite Aufgabe der Organisation der Kampf um die
Macht sein muß, um durch sie den endgültigen Erfolg der Lehre zu erreichen.
×
Der durchschlagendste Erfolg einer weltanschaulichen Revolution wird immer dann erfochten werden,
wenn die neue Weltanschauung möglichst allen Menschen gelehrt und, wenn notwendig, später
aufgezwungen wird, während die Organisation der Idee, also die Bewegung, nur so viele erfassen soll,
als zur Besetzung der Nervenzentren des in Frage kommenden Staates unbedingt erforderlich sind.
Das heißt mit anderen Worten folgendes: In jeder wirklich großen weltumwälzenden Bewegung
[655 Propaganda und Organisation]
wird die Propaganda zunächst die Idee dieser Bewegung zu verbreiten haben. Sie wird also unermüdlich
versuchen, die neuen Gedankengänge den andern klarzumachen, diese mithin auf ihren Boden
herüberzuziehen oder doch in ihrer eigenen bisherigen Überzeugung unsicher zu machen. Da nun die
Verbreitung einer Lehre, also die Propaganda, ein Rückgrat besitzen muß, so wird die Lehre sich eine
feste Organisation gehen müssen. Die Organisation erhält ihre Mitglieder aus der von der Propaganda
gewonnenen allgemeinen Anhängerschaft. Diese wird um so schneller wachsen, je intensiver die
Propaganda betrieben wird, und diese wieder vermag um so besser zu arbeiten, je stärker und kraftvoller
die Organisation ist, die hinter ihr steht.
Höchste Aufgabe der Organisation ist es daher, dafür zu sorgen, daß nicht irgendwelche innere
Uneinigkeiten innerhalb der Mitgliederschaft der Bewegung zu einer Spaltung und damit zur
Schwächung der Arbeit in der Bewegung führen; weiter, daß der Geist des entschlossenen Angriffs nicht
ausstirbt, sondern sich dauernd erneuert und festigt. Die Zahl der Mitglieder braucht damit nicht ins
Uferlose zu wachsen, im Gegenteil: da nur ein Bruchteil der Menschheit energisch und kühn veranlagt
ist, würde eine Bewegung, die ihre Organisation endlos vergrößert, dadurch zwangsläufig eines Tages
geschwächt werden. Organisationen, also Mitgliederzahlen, die über eine gewisse Höhe hinauswachsen,
verlieren allmählich ihre Kampfkraft und sind nicht mehr fähig, die Propaganda einer Idee entschlossen
und angriffsweise zu unterstützen, beziehungsweise auszuwerten.
Je größer und innerlich revolutionärer nun eine Idee ist, um so aktivistischer wird deren Mitgliederstand
werden, da mit der umstürzenden Kraft der Lehre eine Gefahr für deren Träger verbunden ist, die
geeignet erscheint, kleine, feige Spießer von ihr fernzuhalten. Sie werden sich im stillen als Anhänger
fühlen, aber ablehnen, dies durch die Mit-
[656 Beschränkung der Mitgliederaufnahme]
gliedschaft in aller Öffentlichkeit zu bekennen. Dadurch aber erhält die Organisation einer wirklich
umwälzenden Idee nur die aktivsten der von der Propaganda gewonnenen Anhänger als Mitglieder.
Gerade in dieser durch natürliche Auslese verbürgten Aktivität der Mitgliedschaft einer Bewegung liegt
aber die Voraussetzung zu einer ebenso aktiven weiteren Propagierung derselben wie auch zum
erfolgreichen Kampf um die Verwirklichung der Idee.
Die größte Gefahr, die einer Bewegung drohen kann, ist ein durch zu schnelle Erfolge abnorm
angewachsener Mitgliederstand. Denn so sehr auch eine Bewegung, solange sie bitter zu kämpfen hat,
von allen feigen und egoistisch veranlagten Menschen gemieden wird, so schnell pflegen diese die
Mitgliedschaft zu erwerben, wenn durch die Entwicklung ein großer Erfolg der Partei wahrscheinlich
geworden ist oder sich bereits eingestellt hat.
Dem ist es zuzuschreiben, warum viele siegreiche Bewegungen vor dem Erfolg oder besser vor der
letzten Vollendung ihres Wollens aus unerklärlicher innerer Schwäche plötzlich zurückbleiben, den
Kampf einstellen und endlich absterben. Infolge ihres ersten Sieges sind so viele schlechte, unwürdige,
besonders aber feige Elemente in ihre Organisation gekommen, daß diese Minderwertigen über die
Kampfkräftigen schließlich das Übergewicht erlangen und die Bewegung nun in den Dienst ihrer
eigenen Interessen zwingen, sie auf das Niveau ihrer eigenen geringen Heldenhaftigkeit herunterdrücken
und nichts tun, den Sieg der ursprünglichen Idee zu vollenden. Das fanatische Ziel ist damit verwischt,
die Kampfkraft gelähmt worden oder, wie die bürgerliche Welt in solchem Falle sehr richtig zu sagen
pflegt: "In den Wein ist nun auch Wasser gekommen." Und dann können allerdings die Bäume nicht
mehr in den Himmel wachsen.
Es ist deshalb sehr notwendig, daß eine Bewegung aus reinem Selbsterhaltungstrieb heraus, sowie sich
der Erfolg auf ihre Seite stellt, sofort die Mitglieder-
[657 Beschränkung der Mitgliederaufnahme]
aufnahme sperrt und weiterhin nur mehr mit äußerster Vorsicht und nach gründlichster Prüfung eine
Vergrößerung ihrer Organisation vornimmt. Sie wird nur dadurch den Kern der Bewegung unverfälscht
frisch und gesund zu erhalten vermögen. Sie muß dafür sorgen, daß dann ausschließlich dieser Kern
allein die Bewegung weiterleitet, d. h. die Propaganda bestimmt, die zu ihrer allgemeinen Anerkennung
führen soll und als Inhaberin der Macht die Handlungen vornimmt, die zur praktischen Verwirklichung
ihrer Ideen notwendig sind.
Aus dem Grundstamm der alten Bewegung hat sie nicht nur alle wichtigen Positionen des eroberten
Gebietes zu besetzen, sondern auch die gesamte Leitung zu bilden. Und das so lange, bis die bisherigen
Grundsätze und Lehren der Partei zum Fundament und Inhalt des neuen Staates geworden sind. Erst
dann kann der aus ihrem Geiste geborenen besonderen Verfassung dieses Staates langsam der Zügel in
die Hand gegeben werden. Das vollzieht sich meistens aber wieder nur in gegenseitigem Ringen, da es
weniger eine Frage menschlicher Einsicht als des Spiels und Wirkens von Kräften ist, die im vornherein
wohl erkannt, aber nicht für ewig gelenkt werden können.
Alle großen Bewegungen, mochten sie religiöser oder politischer Natur sein, haben ihre gewaltigen
Erfolge nur der Erkenntnis und Anwendung dieser Grundsätze zuzuschreiben, besonders aber alle
dauerhaften Erfolge sind ohne Berücksichtigung dieser Gesetze gar nicht denkbar.
×
Ich habe mich als Propagandaleiter der Partei sehr bemüht, nicht nur für die Größe der späteren
Bewegung den Boden vorzubereiten, sondern durch eine sehr radikale Auffassung in dieser Arbeit auch
dahin gewirkt, daß die Or[
658 Abschreckung der Lauen]
ganisation nur bestes Material erhalte. Denn je radikaler und aufpeitschender meine Propaganda war, um
so mehr schreckte dies Schwächlinge und zaghafte Naturen zurück und verhinderte deren Eindringen in
den ersten Kern unserer Organisation. Sie sind vielleicht Anhänger geblieben, aber gewiß nicht mit
lauter Betonung, sondern unter ängstlichem Verschweigen dieser Tatsache. Wieviel Tausende haben mir
nicht damals versichert, daß sie ja an sich ganz einverstanden mit allem wären, aber nichtsdestoweniger
unter keinen Umständen Mitglied sein könnten. Die Bewegung wäre so radikal, daß eine Mitgliedschaft
bei ihr den einzelnen wohl schwersten Beanstandungen, ja Gefahren aussetze, so daß man es dem
ehrsamen, friedlichen Bürger nicht verdenken dürfe, wenigstens zunächst beiseitezustehen, wenn er
auch mit dem Herzen vollkommen zur Sache gehöre.
Und das war gut so.
Wenn diese Menschen, die mit der Revolution innerlich nicht einverstanden waren, damals alle in
unsere Partei gekommen wären, und zwar als Mitglieder, so könnten wir uns heute als fromme
Bruderschaft, aber nicht mehr als junge kampfesfreudige Bewegung betrachten.
Die lebendige und draufgängerische Form, die ich damals unserer Propaganda gab, hat die radikale
Tendenz unserer Bewegung gefestigt und garantiert, da nunmehr wirklich nur radikale Menschen — von
Ausnahmen abgesehen — zur Mitgliedschaft bereit waren.
Dabei hat diese Propaganda doch so gewirkt, daß uns schon nach kurzer Zeit Hunderttausende innerlich
nicht nur recht gaben, sondern unseren Sieg wünschten, wenn sie auch persönlich zu feige waren, dafür
Opfer zu bringen oder gar einzutreten.
Bis Mitte 1921 konnte diese bloß werbende Tätigkeit noch kann. Es ist also hier, wie so oft,
notwendig, daß man sich an die Außenstehenden wendet, die nicht der Versuchung unterliegen, vor
lauter Bäumen den Wald nicht zu sehen. Diese werden dann bei gutem Willen viel leichter Verständnis
für eine Angelegenheit bekommen, die so oder so zu den wichtigsten unseres heutigen und künftigen
Lebens gehört.
Ich habe mich schon im ersten Band über Wesen und Zweck und über die Notwendigkeit von
Gewerkschaften geäußert. Ich habe dort den Standpunkt eingenommen, daß, solange nicht entweder
durch staatliche Maßnahmen (die jedoch meistens unfruchtbar sind) oder durch eine allgemeine neue
Erziehung eine Änderung der Stellungnahme des Arbeitgebers zum Arbeitnehmer eintritt, diesem gar
nichts anderes übrigbleibt, als unter Berufung auf sein Recht als gleichwertiger Kontrahent im
Wirtschaftsleben seine Interessen selbst zu wahren. Ich betonte weiter, daß eine solche Wahrnehmung
durchaus im Sinne einer ganzen Volksgemeinschaft läge, wenn durch sie soziale Ungerechtigkeiten, die
in der Folge zu schweren Schädigungen des ganzen Gemeinschaftswesens eines Volkes führen müssen,
verhindert werden können. Ich erklärte weiterhin, daß die Notwendigkeit so lange als gegeben erachtet
werden muß, solange es unter den Unternehmern Menschen gibt, die von sich aus nicht nur kein Gefühl
für soziale Pflichten, sondern nicht einmal für primitivste menschliche Rechte besitzen; und ich zog
daraus den Schluß, daß, wenn eine solche Selbstwehr einmal als notwendig angesehen wird, ihre Form
sinngemäß nur in einer Zusammenfassung der Arbeitnehmer auf gewerkschaftlicher Grundlage bestehen
kann.
An dieser allgemeinen Auffassung hat sich bei mir auch im Jahre 1922 nichts geändert. Wohl aber
mußte nun eine
[672 Sind Gewerkschaften notwendig?]
klare und bestimmte Formulierung für die Einstellung zu diesen Problemen gesucht werden. Es ging
nicht an, sich weiterhin einfach mit Erkenntnissen zufrieden zu geben, sondern es war nötig, aus diesen
praktische Folgerungen zu ziehen.
Es handelte sich um die Beantwortung folgender Fragen: 1. Sind Gewerkschaften notwendig?2. Soll die
NSDAP. selbst sich gewerkschaftlich betätigen oder ihre Mitglieder in irgendeiner Form einer solchen
Betätigung zu führen?3. Welcher Art muß eine nationalsozialistische Gewerkschaft sein? Was sind
unsere Aufgaben und ihre Ziele?4. Wie kommen wir zu solchen Gewerkschaften.
Ich glaube, die erste Frage eigentlich zur Genüge beantwortet zu haben. Wie die Dinge heute liegen,
können meiner Überzeugung nach die Gewerkschaften gar nicht entbehrt werden. Im Gegenteil, sie
gehören zu den wichtigsten Einrichtungen des wirtschaftlichen Lebens der Nation. Ihre Bedeutung liegt
aber nicht nur auf sozialpolitischem Gebiet, sondern noch viel mehr auf einem allgemeinen nationalpolitischen.
Denn ein Volk, dessen breite Masse durch eine richtige Gewerkschaftsbewegung die
Befriedigung ihrer Lebensbedürfnisse, zugleich aber auch eine Erziehung erhält, wird dadurch eine
außerordentliche Stärkung seiner gesamten Widerstandskraft im Daseinskampf erlangen.
Die Gewerkschaften sind vor allem notwendig als Bausteine des künftigen Wirtschaftsparlaments
beziehungsweise der Ständekammern.
Die zweite Frage ist ebenfalls noch leicht zu beantworten. Wenn die Gewerkschaftsbewegung wichtig
ist, dann ist es klar, daß der Nationalsozialismus nicht nur rein theoretisch, sondern auch praktisch zu ihr
Stellung nehmen muß. Allerdings ist dann das Wie schon schwerer zu erklären.
Die nationalsozialistische Bewegung, die als Ziel ihres
[673 Nationalsozialistische Gewerkschaften?]
Wirkens den nationalsozialistischen völkischen Staat vor Augen hat, darf nicht im Zweifel darüber sein,
daß alle künftigen Institutionen dieses Staates von einst aus der Bewegung selbst herauswachsen
müssen. Es ist der größte Fehler, zu glauben, daß man plötzlich aus dem Nichts, nur im Besitze der
Macht, eine bestimmte Reorganisation vornehmen kann, ohne schon vorher einen gewissen Grundstock
an Menschen, die vor allem gesinnungsmäßig vorgebildet sind, zu besitzen. Auch hier gilt der
Grundsatz, daß wichtiger als die äußere Form, die mechanisch sehr schnell zu schaffen ist, immer der
Geist bleibt, der eine solche Form erfüllt. Befehlsmäßig kann man zum Beispiel sehr wohl das
Führerprinzip diktatorisch einem Staatsorganismus aufpfropfen. Lebendig wird dieses aber nur dann
sein, wenn es in eigener Entwicklung aus kleinstem heraus sich selbst allmählich gebildet hat und durch
die dauernde Auswahl, die die harte Wirklichkeit des Lebens ununterbrochen vornimmt, im Laufe von
vielen Jahren das für die Durchführung dieses Prinzips notwendige Führermaterial erhielt.
Man darf sich also nicht vorstellen, plötzlich aus einer Aktentasche die Entwürfe zu einer neuen
Staatsverfassung ans Tageslicht zu ziehen und diese nun durch einen Machtspruch von oben "einführen"
zu können. Versuchen kann man so etwas, allein das Ergebnis wird sicher nicht lebensfähig, meist ein
schon totgeborenes Kind sein. Das erinnert mich ganz an die Entstehung der Weimarer Verfassung und
an den Versuch, dem deutschen Volk mit einer neuen Verfassung auch eine neue Fahne zu spendieren,
die in keinem innere. Zusammenhang mit dem Erleben unseres Volkes im letzten halben Jahrhundert
stand.
Auch der nationalsozialistische Staat muß sich vor solchen Experimenten hüten. Er kann dereinst nur
aus einer schon längst vorhandenen Organisation herauswachsen. Diese Organisation muß das
nationalsozialistische Leben ursprünglich in sich besitzen, um endlich einen lebendigen
nationalsozialistischen Staat zu schaffen.
Wie schon betont, werden die Keimzellen zu den Wirtschaftskammern in den verschiedenen
Berufsvertretungen,
[674 Nationalsozialistische Gewerkschaften?]
also vor allem in den Gewerkschaften, zu liegen haben. Sollen aber diese spätere Ständevertretung und
das zentrale Wirtschaftsparlament eine nationalsozialistische Institution darstellen, dann müssen auch
diese wichtigen Keimzellen Träger einer nationalsozialistischen Gesinnung und Auffassung sein. Die
Institutionen der Bewegung sind in den Staat überzuführen, aber der Staat kann nicht plötzlich
entsprechende Einrichtungen aus dem Nichts hervorzaubern, wenn sie nicht vollkommen leblose
Gebilde bleiben sollen.
Schon aus diesem höchsten Gesichtspunkte heraus muß die nationalsozialistische Bewegung die
Notwendigkeit eigener gewerkschaftlicher Betätigung anerkennen.
Sie muß dies weiter noch deshalb, weil eine wirklich nationalsozialistische Erziehung sowohl der
Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer im Sinne eines beiderseitigen Eingliederns in den gemeinsamen
Rahmen der Volksgemeinschaft nicht erfolgt durch theoretische Belehrungen, Aufrufe oder
Ermahnungen, sondern durch den Kampf des täglichen Lebens. An ihnen und durch ihn hat die
Bewegung die einzelnen großen wirtschaftlichen Gruppen zu erziehen und sie in den großen
Gesichtspunkten einander näherzubringen. Ohne eine solche Vorarbeit bleibt jede Hoffnung auf das
Erstehen einer einstigen wahrhaften Volksgemeinschaft blanke Illusion. Nur das große weltanschauliche
Ideal, das die Bewegung verficht, kann langsam jenen allgemeinen Stil bilden, der dann einst die neue
Zeit als eine wirklich innerlich festfundierte erscheinen läßt und nicht als eine nur äußerlich gemachte.
So muß sich die Bewegung nicht nur zu dem Gedanken der Gewerkschaft als solchem bejahend
einstellen, sondern sie muß der Unsumme ihrer Mitglieder und Anhänger in der praktischen Betätigung
die erforderliche Erziehung für den kommenden nationalsozialistischen Staat zuteil werden lassen.
Die Beantwortung der dritten Frage ergibt sich aus dem Vorhergesagten.
Die nationalsozialistische Gewerkschaft ist kein Organ des Klassenkampfes, son-
[675 Nationalsozialistische Gewerkschaften?]
dern ein Organ der Berufsvertretung. Der nationalsozialistische Staat kennt keine "Klassen", sondern in
politischer Hinsicht nur Bürger mit vollständig gleichen Rechten und demgemäß auch gleichen
allgemeinen Pflichten und daneben Staatsangehörige, die in staatspolitischer Hinsicht aber vollständig
rechtlos sind.
Die Gewerkschaft im nationalsozialistischen Sinne hat nicht die Aufgabe, durch Zusammenfassung
bestimmter Menschen innerhalb eines Volkskörpers diese allmählich in eine Klasse umzuwandeln, um
mit ihr dann den Kampf gegen andere, ähnlich organisierte Gebilde innerhalb der Volksgemeinschaft
aufzunehmen. Diese Aufgabe können wir der Gewerkschaft an sich überhaupt nicht zuschreiben,
sondern sie wurde ihr erst verliehen in dem Augenblick, in dem sie zum Kampfinstrument des
Marxismus wurde. Nicht die Gewerkschaft ist "klassenkämpferisch", sondern der Marxismus hat aus ihr
ein Instrument für seinen Klassenkampf gemacht. Er schuf die wirtschaftliche Waffe, die der
internationale Weltjude anwendet zur Zertrümmerung der wirtschaftlichen Basis der freien,
unabhängigen Nationalstaaten, zur Vernichtung ihrer nationalen Industrie und ihres nationalen Handels
und damit zur Versklavung freier Völker im Dienste des überstaatlichen Weltfinanz-Judentums.
Die nationalsozialistische Gewerkschaft hat demgegenüber durch die organisatorische
Zusammenfassung bestimmter Gruppen von Teilnehmern am nationalen Wirtschaftsprozeß die
Sicherheit der nationalen Wirtschaft selbst zu erhöhen und deren Kraft zu stärken durch korrigierende
Beseitigung all jener Mißstände, die in ihren letzten Folgeerscheinungen auf den nationalen Volkskörper
destruktiv einwirken, die lebendige Kraft
[676 Erkenntnisse nat.-soz. Arbeitgeber und Arbeitnehmer]
der Volksgemeinschaft, damit aber auch die des Staates schädigen und nicht zuletzt der Wirtschaft selbst
zum Unheil und Verderben gereichen.
Für die nationalsozialistische Gewerkschaft ist damit der Streik nicht ein Mittel zur Zertrümmerung und
Erschütterung der nationalen Produktion, sondern zu ihrer Steigerung und Flüssigmachung durch die
Bekämpfung all jener Mißstände, die infolge ihres unsozialen Charakters die Leistungsfähigkeit der
Wirtschaft und damit die Existenz der Gesamtheit behindern. Denn die Leistungsfähigkeit des einzelnen
steht stets in ursächlichem Zusammenhange mit der allgemeinen rechtlichen und sozialen Stellung, die
er im Wirtschaftsprozeß einnimmt und der nur daraus allein resultierenden Erkenntnis über die
Notwendigkeit des Gedeihens dieses Prozesses zu seinem eigenen Vorteil.
Der nationalsozialistische Arbeitnehmer muß wissen, daß die Blüte der nationalen Wirtschaft sein
eigenes materielles Glück bedeutet.
Der nationalsozialistische Arbeitgeber muß wissen, daß das Glück und die Zufriedenheit seiner
Arbeitnehmer die Voraussetzung für die Existenz und Entwicklung seiner eigenen wirtschaftlichen
Größe ist.
Nationalsozialistische Arbeitnehmer und nationalsozialistische Arbeitgeber sind beide Beauftragte und
Sachwalter der gesamten Volksgemeinschaft. Das hohe Maß persönlicher Freiheit, das ihnen in ihrem
Wirken dabei zugebilligt wird, ist durch die Tatsache zu erklären, daß erfahrungsgemäß die
Leistungsfähigkeit des einzelnen durch weitgehende Freiheitsgewährung mehr gesteigert wird als durch
Zwang von oben, und es weiter geeignet ist, zu verhindern, daß der natürliche Ausleseprozeß, der den
Tüchtigsten, Fähigsten und Fleißigsten befördern soll, etwa unterbunden wird.
[677 Ständekammern und Wirtschaftsparlament]
Für die nationalsozialistische Gewerkschaft ist deshalb der Streik ein Mittel, das nur so lange
angewendet werden darf und wohl auch muß, als nicht ein nationalsozialistischer völkischer Staat
besteht. Dieser freilich soll an Stelle des Massenkampfes der beiden großen Gruppen — Arbeitgeberund
Arbeitnehmertum — (der in seinen Folgen als Produktionsverminderung stets die
Volksgemeinschaft insgesamt schädigt!) die Rechtssorge und den Rechtsschutz aller übernehmen. Den
Wirtschaftskammern selbst wird die Verpflichtung zur Inbetriebhaltung der nationalen Wirtschaft und
zur Beseitigung von den diese schädigenden Mängeln und Fehlern obliegen. Was heute durch die
Kämpfe von Millionen ausgefochten wird, muß dereinst in Ständekammern und im zentralen
Wirtschaftsparlament seine Erledigung finden. Damit toben nicht mehr Unternehmertum und Arbeiter
im Lohn- und Tarifkampf gegeneinander, die wirtschaftliche Existenz beider schädigend, sondern lösen
diese Probleme gemeinsam an höherer Stelle, der über allem stets das Wohl der Volksgesamtheit und
des Staates in leuchtenden Lettern vorschweben muß.
Auch hier hat, wie durchweg, der eherne Grundsatz zu gelten, daß erst das Vaterland und dann die Partei
kommt.
Die Aufgabe der nationalsozialistischen Gewerkschaft ist die Erziehung und Vorbereitung zu diesem
Ziele selbst, das dann heißt: Gemeinsame Arbeit aller an der Erhaltung und Sicherung unseres Volkes
und seines Staates, entsprechend der dem einzelnen angeborenen und durch die Volksgemeinschaft zur
Ausbildung gebrachten Fähigkeiten und Kräfte.
Die vierte Frage: Wie kommen wir zu solchen Gewerkschaften? schien seinerzeit am weitaus
schwersten zu beantworten.
Es ist im allgemeinen leichter, eine Gründung in einem Neuland vorzunehmen als auf altem Gebiet, das
bereits eine ähnliche Gründung besitzt. In einem Ort, in dem noch kein Geschäft einer bestimmten Art
am Platze ist, kann
[678 Keine doppelten Gewerkschaften]
man leicht ein solches errichten. Schwerer ist es, wenn sich schon ein ähnliches Unternehmen vorfindet,
und am schwersten, wenn dabei Bedingungen gegeben sind, unter denen nur eines allein zu gedeihen
vermag. Denn hier stehen die Gründer vor der Aufgabe, nicht nur ihr eigenes neues Geschäft
einzuführen, sondern sie müssen, um bestehen zu können, das bisher am Orte befindliche vernichten.
Eine nationalsozialistische Gewerkschaft neben anderen Gewerkschaften ist sinnlos. Denn auch sie muß
sich durchdrungen fühlen von ihrer weltanschaulichen Aufgabe und der aus dieser geborenen
Verpflichtung zur Unduldsamkeit gegen andere ähnliche oder gar feindliche Gebilde und zur Betonung
der ausschließlichen Notwendigkeit des eigenen Ich. Es gibt auch hier kein Sich-Verständigen und
keinen Kompromiß mit verwandten Bestrebungen, sondern nur die Aufrechterhaltung des absoluten
alleinigen Rechtes.
Es gab nun zwei Wege, zu einer solchen Entwicklung zu kommen: 1. Man konnte eine eigene
Gewerkschaft gründen und dann allmählich den Kampf gegen die internationalen marxistischen
Gewerkschaften aufnehmen, oder man konnte2. in die marxistischen Gewerkschaften eindringen und
diese selbst mit dem neuen Geiste zu erfüllen trachten, beziehungsweise zu Instrumenten der neuen
Gedankenwelt umformen.
Gegen den ersten Weg sprachen folgende Bedenken: Unsere finanziellen Schwierigkeiten waren zu
jener Zeit immer noch sehr erheblich, die Mittel, die uns zur Verfügung standen, ganz unbedeutend. Die
allmählich immer mehr um sich greifende Inflation erschwerte die Lage noch dadurch, daß in diesen
Jahren von einem greifbaren materiellen Nutzen der Gewerkschaft für das Mitglied kaum hätte
gesprochen werden können. Der einzelne Arbeiter hatte, von solchem Gesichtspunkt aus betrachtet,
damals gar keinen Grund, in die Gewerkschaft einzubezahlen. Selbst die schon bestehenden
marxistischen waren fast am Zusammenbruch,
[679 Gewerkschaft und Führerfrage]
bis ihnen durch die geniale Ruhraktion des Herrn Cuno die Millionen plötzlich in den Schoß fielen.
Dieser sogenannte "nationale" Reichskanzler darf als der Retter der marxistischen Gewerkschaften
bezeichnet werden.
Mit solchen finanziellen Möglichkeiten durften wir damals nicht rechnen; und es konnte niemanden
verlocken, in eine neue Gewerkschaft einzutreten, die ihm infolge ihrer finanziellen Ohnmacht nicht das
geringste zu bieten vermocht hätte. Anderseits mußte ich mich unbedingt dagegen wehren, in einer
solchen neuen Organisation nur ein Druckpöstchen für mehr oder minder große Geister zu schaffen.
Überhaupt spielte die Personenfrage mit die allergrößte Rolle. Ich hatte damals nicht einen einzigen
Kopf, dem ich die Lösung dieser gewaltigen Aufgabe zugetraut hätte. Wer in jener Zeit die
marxistischen Gewerkschaften wirklich zertrümmert hätte, um an Stelle dieser Institution des
vernichtenden Klassenkampfes der nationalsozialistischen Gewerkschaftsidee zum Siege zu verhelfen,
der gehörte mit zu den ganz großen Männern unseres Volkes, und seine Büste hätte dereinst in der
Walhalla zu Regensburg der Nachwelt gewidmet werden müssen.
Ich habe aber keinen Schädel gekannt, der auf ein solches Postament gepaßt hätte.
Es ist ganz falsch, sich in dieser Ansicht durch die Tatsache beirren zu lassen, daß die internationalen
Gewerkschaften selbst ja nur über lauter Durchschnittsköpfe verfügen. Dies besagt in Wirklichkeit gar
nichts; denn als jene einst gegründet worden waren, gab es sonst nichts. Heute muß die
nationalsozialistische Bewegung gegen eine längst bestehende gigantische und bis ins kleinste
ausgebaute Riesenorganisation ankämpfen. Der Eroberer muß aber stets genialer sein als der
Verteidiger, will er diesen bezwingen. Die marxistische Gewerkschaftsburg kann heute wohl von
gewöhnlichen Bonzen verwaltet werden, gestürmt wird sie aber nur von der wilden Energie und
genialen
[680 Erst Weltanschauungskampf]
Fähigkeit eines überragenden Großen auf der anderen Seite. Wenn sich ein solcher nicht findet, ist es
zwecklos, mit dem Schicksal zu hadern, und noch viel unsinniger, mit unzulänglichem Ersatz die Sache
zwingen zu wollen.
Hier gilt es, die Erkenntnis zu verwerten, daß es im Leben manches Mal besser ist, eine Sache zunächst
liegen zu lassen, als sie mangels geeigneter Kräfte nur halb oder schlecht zu beginnen.
Eine andere Erwägung, die man ja nicht als demagogisch bezeichnen sollte, kam noch hinzu. Ich hatte
damals und besitze auch heute noch die unverrückbare Überzeugung, daß es gefährlich ist, einen großen
politisch-weltanschaulichen Kampf zu frühzeitig mit wirtschaftlichen Dingen zu verknüpfen. Besonders
bei unserem deutschen Volk gilt dies. Denn hier wird in einem solchen Falle das wirtschaftliche Ringen
sofort die Energie vom politischen Kampf abziehen. Sowie die Leute erst die Überzeugung gewonnen
haben, daß sie durch Sparsamkeit auch zu einem Häuschen gelangen könnten, werden sie sich bloß
dieser Aufgabe widmen und keine Zeit mehr erübrigen zum politischen Kampf gegen diejenigen, die
ihnen so oder so eines Tages die ersparten Groschen wieder abzunehmen gedenken. Statt im politischen
Kampf zu ringen für die gewonnene Einsicht und Überzeugung, gehen sie dann nur mehr in ihren
"Siedlungs"-Gedanken auf und sitzen am Ende meistens zwischen allen Stühlen.
Die nationalsozialistische Bewegung steht heute am Beginn ihres Ringens. Zum großen Teil muß sie
erst ihr weltanschauliches Bild formen und vollenden. Sie hat mit allen Fasern ihrer Energie für die
Durchsetzung ihrer großen Ideale zu streiten, und ein Erfolg ist nur denkbar, wenn die gesamte Kraft
restlos in den Dienst dieses Kampfes tritt.
Wie sehr aber die Beschäftigung mit nur wirtschaftlichen Problemen die aktive Kampfkraft lähmen
kann, sehen wir gerade heute in einem klassischen Beispiel vor uns: Die Revolution des November 1918
wurde nicht von Gewerkschaften gemacht, sondern setzte sich gegen diese durch. Und das deutsche
[681 Erst Weltanschauungskampf]
Bürgertum führt um die deutsche Zukunft keinen politischen Kampf, weil es diese Zukunft in der
aufbauenden Arbeit der Wirtschaft genügend gesichert vermeint.
Wir sollten aus solchen Erfahrungen lernen; denn auch bei uns würde es nicht anders gehen. Je mehr wir
die gesamte Kraft unserer Bewegung zum politischen Kampf zusammenballen, um so eher werden wir
auf Erfolg auf der ganzen Linie rechnen dürfen; je mehr wir uns aber vorzeitig mit Gewerkschafts-,
Siedlungs- und ähnlichen Problemen belasten, um so geringer wird der Nutzen für unsere Sache, als
Ganzes genommen, sein. Denn so wichtig diese Belange sein mögen, ihre Erfüllung wird doch nur dann
in großem Umfange eintreten, wenn wir bereits in der Lage sind, die öffentliche Macht in den Dienst
dieser Gedanken zu stellen. Bis dahin würden diese Probleme die Bewegung um so mehr lähmen, je
früher sie sich damit beschäftigen und je stärker dadurch ihr weltanschaulicher Wille beeinträchtigt
würde. Es könnte dann leicht dahin kommen, daß gewerkschaftliche Momente die politische Bewegung
lenkten, statt daß die Weltanschauung die Gewerkschaft in ihre Bahnen zwingt.
Wirklicher Nutzen für die Bewegung sowohl als für unser Volk überhaupt kann aber aus einer
nationalsozialistischen Gewerkschaftsbewegung nur dann erwachsen, wenn diese weltanschaulich schon
so stark von unseren nationalsozialistischen Ideen erfüllt ist, daß sie nicht mehr Gefahr läuft, in
marxistische Spuren zu geraten. Denn eine nationalsozialistische Gewerkschaft, die ihre Mission nur in
der Konkurrenz zu der marxistischen sieht, wäre schlimmer als keine. Sie hat ihren Kampf der
marxistischen Gewerkschaft nicht nur als Organisation, sondern vor allem als Idee anzusagen. Sie muß
in ihr die Verkünderin des Klassenkampfes und Klassengedankens treffen und soll
[682 Besser keine Gründung als Fehlgründung]
an Stelle dessen zur Wahrerin der beruflichen Interessen deutscher Bürger werden.
Alle diese Gesichtspunkte sprachen damals und sprechen auch heute noch gegen die Gründung eigener
Gewerkschaften, es wäre denn, daß plötzlich ein Kopf erschiene, der vom Schicksal ersichtlich zur
Lösung gerade dieser Frage berufen ist.
Es gab also nur zwei andere Möglichkeiten: entweder den eigenen Parteigenossen zu empfehlen, aus den
Gewerkschaften herauszugehen oder in den bisherigen zu bleiben, um dort möglichst destruktiv zu
wirken.
Ich habe im allgemeinen diesen letzteren Weg empfohlen.
Besonders im Jahre 1922/23 konnte man dies ohne weiteres tun: denn der finanzielle Nutzen, den
während der Inflationszeit die Gewerkschaft von den infolge der Jugend unserer Bewegung doch noch
nicht sehr zahlreichen Mitgliedern aus ihren Reihen einstrich, war gleich Null. Der Schaden für sie aber
war ein sehr großer, denn die nationalsozialistischen Anhänger waren ihre schärfsten Kritiker und
dadurch ihre inneren Zersetzer.
Ganz abgelehnt habe ich damals alle Experimente, die schon von vornherein den Mißerfolg in sich
trugen. Ich hätte es als ein Verbrechen angesehen, einem Arbeiter von seinem kärglichen Verdienst
soundso viel abzunehmen für eine Institution, von deren Nutzen für ihre Mitglieder ich nicht die innere
Überzeugung besaß.
Wenn eine neue politische Partei eines Tages wieder verschwindet, so ist dies kaum jemals ein Schaden,
sondern fast immer ein Nutzen, und es hat niemand irgendein Recht, darüber zu jammern; denn was der
einzelne einer politischen Bewegung gibt, gibt er à fonds perdu. Wer aber in eine Gewerkschaft
einbezahlt, hat ein Recht auf Erfüllung der ihm zugesicherten Gegenleistungen. Wird diesem nicht
Rechnung getragen, dann sind die Macher einer solchen Gewerkschaft Betrüger, zumindest aber
leichtfertige Menschen, die zur Verantwortung gezogen werden müssen.
Nach dieser Anschauung wurde im Jahre 1922 denn auch von uns gehandelt. Andere verstanden es
scheinbar besser
[683 Besser keine Gründung als Fehlgründung]
und gründeten Gewerkschaften. Sie warfen uns den Mangel einer solchen als das sichtbarste Zeichen
unserer fehlerhaften und beschränkten Einsicht vor. Allein es dauerte nicht lange, bis diese Gründungen
selbst wieder verschwanden, so daß das Schlußergebnis dasselbe wie bei uns war. Nur mit dem einen
Unterschied, daß wir weder uns selbst noch andere betrogen hatten.
[684]

13. Kapitel:
Deutsche Bündnispolitik nach dem Kriege
Die Zerfahrenheit der außenpolitischen Leitung des Reiches in der Aufstellung grundsätzlicher
Richtlinien für eine zweckmäßige Bündnispolitik setzte sich nach der Revolution nicht nur fort, sondern
wurde noch übertroffen. Denn wenn vor dem Kriege in erster Linie allgemeine politische
Begriffsverwirrungen als Ursache unserer verfehlten Staatsleitung nach außen gelten durften, dann war
es nach dem Krieg ein Mangel an ehrlichem Wollen. Es war natürlich, daß die Kreise, die durch die
Revolution endlich ihre destruktiven Ziele erreicht sahen, kein Interesse an einer Bündnispolitik besitzen
konnten, deren Endergebnis die Wiederaufrichtung eines freien deutschen Staates sein mußte. Nicht nur,
daß eine solche Entwicklung dem inneren Sinne des Novemberverbrechens widersprochen, nicht nur,
daß sie die Internationalisierung der deutschen Wirtschaft und Arbeitskraft unterbrochen oder gar
beendet hätte: es wäre auch die politische Auswirkung im Innern als Folgeerscheinung einer
außenpolitischen Freiheitserkämpfung für die Träger der heutigen Reichsgewalten in der Zukunft
verhängnisvoll gewesen. Man kann sie eben die Erhebung einer Nation nicht denken ohne eine
vorhergegangene Nationalisierung derselben, so wie umgekehrt jeder gewaltige außenpolitische Erfolg
zwangsläufig Rückwirkungen im gleichen Sinne ergibt. Jeder Freiheitskampf führt erfahrungsgemäß zu
einer Steigerung des Nationalgefühls, des Selbstbewußtseins und damit aber auch zu einer schärferen
Empfindlichkeit antinationalen Elementen und ebensolchen Bestrebungen gegenüber. Zustände und
Personen, die in friedsamen Zeiten geduldet, ja oft nicht einmal beachtet werden,
[685 Gründe des Versagens]
finden in Perioden aufwühlender nationaler Begeisterung nicht nur Ablehnung, sondern einen
Widerstand, der ihnen nicht selten zum Verhängnis wird. Man erinnere sich nur z. B. an die allgemeine
Spionenfurcht, die bei Ausbruch von Kriegen in der Siedehitze menschlicher Leidenschaften plötzlich
hervorbricht und zu brutalsten, manchmal sogar ungerechten Verfolgungen führt, obwohl sich jeder
sagen kann, daß die Spionengefahr in den langen Jahren einer Friedenszeit größer sein wird, auch wenn
sie aus natürlichen Gründen die allgemeine Beachtung nicht im gleichen Umfang findet.
Der feine Instinkt der durch die Novemberereignisse an die Oberfläche gespülten Staatsparasiten ahnt
schon aus diesem Grunde in einer durch kluge Bündnispolitik unterstützten Freiheitsbewegung unseres
Volkes und der dadurch bedingten Entflammung nationaler Leidenschaften die mögliche Vernichtung
des eigenen verbrecherischen Daseins.
So wird es verständlich, warum die seit dem Jahre 1918 maßgebenden Regierungsstellen in
außenpolitischer Hinsicht versagten und die Leitung des Staates den wirklichen Interessen der deutschen
Nation fast immer planmäßig entgegenarbeitete. Denn was auf den ersten Blick als planlos erscheinen
könnte, entlarvt sich bei näherem Hinsehen nur als die konsequente Weiterverfolgung des Weges, den
die Novemberrevolution 1918 zum ersten Male in aller Öffentlichkeit beschritt.
Freilich muß man hier unterscheiden zwischen den verantwortlichen oder besser
"verantwortlichseinsollenden" Führern unserer Staatsgeschäfte, dem Durchschnitt unserer
parlamentarischen Politikaster und der großen stupiden Hammelherde unseres schafsgeduldigen Volkes.
Die einen wissen, was sie wollen. Die anderen machen mit, entweder weil sie es wissen oder doch zu
feige sind, dem Erkannten und als schädlich Empfundenen rücksichtslos entgegenzutreten. Die übrigen
aber fügen sich aus Unverständnis und Dummheit.
Solange die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei nur den Umfang eines kleinen und wenig
bekannten
[686 Ziel der Außenpolitik Freiheit für morgen]
Vereines besaß, konnten außenpolitische Probleme in den Augen mancher Anhänger untergeordnete
Bedeutung besitzen. Dies besonders deshalb, weil ja gerade unsere Bewegung immer grundsätzlich die
Auffassung vertrat und vertreten muß, daß die äußere Freiheit weder vom Himmel noch durch irdische
Gewalten als Geschenk gegeben wird, sondern vielmehr nur die Frucht einer inneren Kraftentfaltung zu
sein vermag. Nur die Beseitigung der Ursachen unseres Zusammenbruchs sowie die Vernichtung der
Nutznießer desselben kann die Voraussetzung zum äußeren Freiheitskampf schaffen.
Man kann also schon verstehen, wenn aus solchen Gesichtspunkten heraus in der ersten Zeit der jungen
Bewegung der Wert der außenpolitischen Fragen gegenüber der Bedeutung ihrer inneren
reformatorischen Absichten zurückgesetzt wurde.
Sowie jedoch der Rahmen des kleinen, unbedeutenden Vereins geweitet und endlich gesprengt wurde
und das junge Gebilde die Bedeutung eines großen Verbandes bekam, ergab sich auch bereits die
Notwendigkeit, zu den Fragen der außenpolitischen Entwicklung Stellung zu nehmen. Es galt,
Richtlinien festzulegen, die den fundamentalen Anschauungen unserer Weltauffassung nicht nur nicht
widersprechen, sondern sogar einen Ausfluß dieser Betrachtungsweise darstellen.
Gerade aus dem Mangel an außenpolitischer Schulung unseres Volkes ergibt sich eine Verpflichtung für
die junge Bewegung, den einzelnen Führern sowohl als der breiten Masse durch großzügige Richtlinien
eine Form des außenpolitischen Denkens zu vermitteln, die die Voraussetzung ist für jede einst
stattfindende praktische Durchführung der außenpolitischen Vorbereitungen zur
Wiedergewinnungsarbeit der Freiheit unseres Volkes sowie einer wirklichen Souveränität des Reiches.
Der wesentliche Grund- und Leitsatz, der bei der Beurteilung dieser Frage uns immer vorschweben muß,
ist der, daß auch die Außenpolitik nur ein Mittel zum Zweck,
[687 Ziel der Außenpolitik Freiheit für morgen]
der Zweck aber ausschließlich die Förderung unseres eigenen Volkstums ist. Es kann keine
außenpolitische Erwägung von einem anderen Gesichtspunkt aus geleitet werden als dem: Nützt es
unserem Volk jetzt oder in der Zukunft, oder wird es ihm von Schaden sein?Es ist dies die einzig
vorgefaßte Meinung, die bei der Behandlung dieser Frage gelten darf. Parteipolitische, religiöse,
humane, überhaupt alle übrigen Gesichtspunkte scheiden restlos aus.
×
War vor dem Kriege die Aufgabe einer deutschen Außenpolitik die Sicherstellung der Ernährung
unseres Volkes und seiner Kinder auf diesem Erdball durch die Vorbereitung der Wege, die zu diesem
Ziele führen konnten, sowie die Gewinnung der dabei benötigten Hilfskräfte in der Form zweckmäßiger
Bundesgenossen, so ist sie heute die gleiche, nur mit dem Unterschiede: Vor dem Kriege galt es, der
Erhaltung des deutschen Volkstums zu dienen unter Berücksichtigung der vorhandenen Kraft des
unabhängigen Machtstaates, heute gilt es, dem Volke erst die Kraft in der Form des freien Machtstaates
wiederzugeben, die die Voraussetzung für die spätere Durchführung einer praktischen Außenpolitik im
Sinne der Erhaltung, Förderung und Ernährung unseres Volkes für die Zukunft ist.
Mit anderen Worten: Das Ziel einer deutschen Außenpolitik von heute hat die Vorbereitung zur
Wiedererringung der Freiheit von morgen zu sein.
Dabei muß gleich ein fundamentaler Grundsatz immer im Auge behalten werden: Die Möglichkeit, für
ein Volkstum die Unabhängigkeit wieder zu erringen, ist nicht absolut gebunden an die Geschlossenheit
eines Staatsgebietes, sondern vielmehr an das Vorhandensein eines
[688 Voraussetzung für die Befreiung verlorener Gebiete]
wenn auch noch so kleinen Restes dieses Volkes und Staates, der, im Besitz der nötigen Freiheit, nicht
nur der Träger der geistigen Gemeinschaft des gesamten Volkstums, sondern auch der Vorbereiter des
militärischen Freiheitskampfes zu sein vermag.
Wenn ein Volk von hundert Millionen Menschen, um die staatliche Geschlossenheit zu wahren,
gemeinsam das Joch der Sklaverei erduldet, so ist dies schlimmer, als wenn ein solcher Staat und ein
solches Volk zertrümmert worden wären und nur ein Teil davon im Besitze der vollen Freiheit bliebe.
Freilich unter der Voraussetzung, daß dieser letzte Rest erfüllt wäre von der heiligen Mission, nicht nur
die geistige und kulturelle Unzertrennbarkeit dauernd zu proklamieren, sondern auch die waffenmäßige
Vorbereitung zu treffen für die endliche Befreiung und die Wiedervereinigung der unglücklichen
unterdrückten Teile.
Weiter ist zu bedenken, daß die Frage der Wiedergewinnung verlorener Gebietsteile eines Volkes und
Staates immer in erster Linie die Frage der Wiedergewinnung der politischen Macht und
Unabhängigkeit des Mutterlandes ist, daß mithin in einem solchen Falle die Interessen verlorener
Gebiete rücksichtslos zurückgestellt werden müssen gegenüber dem einzigen Interesse der
Wiedergewinnung der Freiheit des Hauptgebietes. Denn die Befreiung unterdrückter, abgetrennter
Splitter eines Volkstums oder von Provinzen eines Reiches findet nicht statt auf Grund eines Wunsches
der Unterdrückten oder eines Protestes der Zurückgebliebenen, sondern durch die Machtmittel der mehr
oder weniger souverän gebliebenen Reste des ehemaligen gemeinsamen Vaterlandes.
Mithin ist die Voraussetzung für die Gewinnung verlorener Gebiete die intensivste Förderung und
Stärkung
[689 Falsche Kontinentalpolitik vor dem Kriege]
des übriggebliebenen Reststaates sowie der im Herzen schlummernde unerschütterliche Entschluß, die
dadurch sich bildende neue Kraft in gegebener Stunde dem Dienste der Befreiung und Einigung des
gesamten Volkstums zu weihen: also Zurückstellung der Interessen der abgetrennten Gebiete gegenüber
dem einzigen Interesse, dem verbliebenen Rest jenes Maß an politischer Macht und Kraft zu erringen,
das die Voraussetzung für eine Korrektur des Willens feindlicher Sieger ist. Denn unterdrückte Länder
werden nicht durch flammende Proteste in den Schoß eines gemeinsamen Reiches zurückgeführt,
sondern durch ein schlagkräftiges Schwert.
Dieses Schwert zu schmieden, ist die Aufgabe der innerpolitischen Leitung eines Volkes; die
Schmiedearbeit zu sichern und Waffengenossen zu suchen, die Aufgabe der außenpolitischen.
×
Im ersten Band des Werkes habe ich mich mit der Halbheit unserer Bündnispolitik vor dem Kriege
auseinandergesetzt. Von den vier Wegen für eine künftige Erhaltung unseres Volkstums und die
Ernährung desselben hatte man den vierten und ungünstigsten gewählt. An Stelle einer gesunden
europäischen Bodenpolitik griff man zur Kolonial- und Handelspolitik. Dies war um so fehlerhafter, als
man nun vermeinte, dadurch einer waffenmäßigen Auseinandersetzung entschlüpfen zu können. Das
Ergebnis dieses Versuches, sich auf alle Stühle setzen zu wollen, war der bekannte Fall zwischen
dieselben, und der Weltkrieg bildete nur die letzte dem Reiche vorgelegte Quittung über seine verfehlte
Leitung nach außen.
Der richtige Weg wäre schon damals der dritte gewesen: Stärkung der Kontinentalmacht durch
Gewinnung neuen Bodens in Europa, wobei gerade dadurch eine Ergänzung durch spätere koloniale
[690 Falsche Kontinentalpolitik vor dem Kriege]
Gebiete in den Bereich des natürlich Möglichen gerückt erschien. Diese Politik wäre allerdings nur
durchführbar gewesen im Bunde mit England oder unter einer so abnormen Förderung der militärischen
Machtmittel, daß auf vierzig oder fünfzig Jahre kulturelle Aufgaben vollständig in den Hintergrund
gedrängt worden wären. Dies hätte sich sehr wohl verantworten lassen. Die kulturelle Bedeutung einer
Nation ist fast immer gebunden an die politische Freiheit und Unabhängigkeit derselben, mithin ist diese
die Voraussetzung für das Vorhandensein oder besser Entstehen der ersteren. Daher kann kein Opfer für
die Sicherung der politischen Freiheit zu groß sein. Was den allgemeinen kulturellen Belangen durch
eine übermäßige Förderung der militärischen Machtmittel des Staates entzogen wird, wird später auf das
reichlichste wieder hereingebracht werden können. Ja, man darf sagen, daß nach einer solchen
komprimierten Anstrengung nur in der Richtung der Erhaltung der staatlichen Unabhängigkeit eine
gewisse Entspannung oder ein Ausgleich zu erfolgen pflegt durch ein oft geradezu überraschendes
Aufblühen der bisher vernachlässigten kulturellen Kräfte eines Volkstums. Aus der Not der Perserkriege
erwuchs die Blüte des perikleischen Zeitalters, und über den Sorgen der Punischen Kriege begann das
römische Staatswesen sich dem Dienste einer höheren Kultur zu widmen.
Allerdings kann man eine solche restlose Unterordnung aller sonstigen Belange eines Volkstums unter
die einzige Aufgabe der Vorbereitung eines kommenden Waffenganges zur späteren Sicherung des
Staates nicht der Entschlußkraft einer Majorität von parlamentarischen Dummköpfen oder
Taugenichtsen anvertrauen. Den Waffengang unter Hintansetzung alles sonstigen vorzubereiten
vermochte der Vater eines Friedrich des Großen, aber die Väter unseres demokratischen
Parlamentunsinns jüdischer Prägung vermögen es nicht.
Schon aus diesem Grunde konnte also in der Vorkriegszeit die waffenmäßige Vorbereitung für eine
Erwerbung von Grund und Boden in Europa nur eine mäßige sein, so
[691 Heutige europäische Machtverhältnisse]
daß der Unterstützung durch zweckmäßige Bundesgenossen nur schwer zu entraten war.
Da man aber überhaupt von einer planmäßigen Vorbereitung des Krieges nichts wissen wollte,
verzichtete man auf Grunderwerb in Europa und opferte, indem man sich statt dessen der Kolonial- und
Handelspolitik zuwandte, das sonst mögliche Bündnis mit England, ohne aber nun logischerweise sich
auf Rußland zu stützen, und stolperte endlich, von allen, außer dem habsburgischen Erbübel, verlassen,
in den Weltkrieg hinein.
×
Zur Charakteristik unserer heutigen Außenpolitik muß gesagt werden, daß eine irgendwie sichtbare oder
gar verständliche Richtlinie überhaupt nicht vorliegt. Wenn man vor dem Kriege in verfehlter Weise den
vierten Weg betrat, um ihn allerdings ebenfalls nur halb und halb zu gehen, dann ist seit der Revolution
überhaupt ein Weg auch dem schärfsten Auge nicht mehr erkennbar. Mehr noch als vor dem Kriege
fehlt jede planmäßige Überlegung, es wäre denn die des Versuches, selbst die letzte Möglichkeit einer
Wiedererhebung unseres Volkes zu zerschlagen.
Eine kühle Überprüfung der heutigen europäischen Machtverhältnisse führt zu folgendem Ergebnis: Seit
dreihundert Jahren wurde die Geschichte unseres Kontinents maßgebend bestimmt durch den Versuch
Englands, über dem Umwege ausgeglichener, sich gegenseitig bindender Machtverhältnisse der
europäischen Staaten sich die notwendige Rückendeckung für große, weltpolitische britische Ziele zu
sichern.
Die traditionelle Tendenz der britischen Diplomatie, der in Deutschland nur die Überlieferung des
preußischen Heeres gegenübergestellt zu werden vermag, lief seit dem Wirken der Königin Elisabeth
planmäßig darauf hinaus, jedes Emporsteigen einer europäischen Großmacht über den Rahmen der
allgemeinen Größenordnung hinaus mit allen Mitteln zu verhindern und, wenn nötig, durch militärische
Eingriffe zu brechen. Die Machtmittel, die England in
[692 England und Deutschland]
diesem Falle anzuwenden pflegte, waren verschiedene, je nach der vorhandenen Lage oder der gestellten
Aufgabe; die Entschlossenheit und Willenskraft zu ihrem Einsatz jedoch immer die gleiche. Ja, je
schwieriger im Laufe der Zeit Englands Lage wurde, um so nötiger schien der britischen Reichsleitung
die Aufrechterhaltung des Zustandes einer, infolge gegenseitig rivalisierender Größe stattfindenden
allgemeinen Lähmung der einzelstaatlichen Kräfte Europas. Die politische Loslösung des ehemaligen
nordamerikanischen Kolonialgebietes führte in der Folgezeit erst recht zu den größten Anstrengungen
der Erhaltung einer unbedingt europäischen Rückendeckung. So konzentrierte sich — nach der
Vernichtung Spaniens und der Niederlande als großer Seemächte — die Kraft des englischen Staates so
lange gegen das emporstrebende Frankreich, bis endlich mit dem Sturze Napoleons I. die Hegemonie-
Gefahr dieser gefährlichsten Militärmacht für England als gebrochen angesehen werden konnte.
Die Umstellung der britischen Staatskunst gegen Deutschland wurde nur langsam vorgenommen, nicht
nur, weil zunächst infolge des Mangels einer nationalen Einigung der deutschen Nation eine ersichtliche
Gefahr für England nicht bestand, sondern auch weil die propagandistisch für einen bestimmten
staatlichen Zweck aufgezogene öffentliche Meinung nur langsam neuen Zielen zu folgen vermag. Die
nüchterne Erkenntnis des Staatsmannes erscheint hier in gefühlsmäßige Werte umgesetzt, die nicht nur
tragfähiger sind in der jeweiligen Wirksamkeit, sondern auch stabiler in bezug auf ihre Dauer. Es mag
mithin der Staatsmann nach dem Erreichen einer Absicht seine Gedankengänge ohne weiteres neuen
Zielen zuwenden, die Masse jedoch wird nur in langsamer, propagandistischer Arbeit gefühlsmäßig zum
Instrument der neuen Ansicht ihres Lebens umgeformt werden können.
Schon mit dem Jahre 1870/71 hatte England indes seine neue Stellung festgelegt. Schwankungen, die
infolge der weltwirtschaftlichen Bedeutung Amerikas sowie der machtpolitischen Entwicklung
Rußlands einige Male eintraten,

[693 England und Deutschland]
wurden leider von Deutschland nicht benützt, so daß immer mehr eine Festigung der ursprünglichen
Tendenz der britischen Staatskunst erfolgen mußte.
England sah in Deutschland die Macht, deren handels- und damit weltpolitische Bedeutung, nicht zuletzt
infolge seiner enormen Industrialisierung, in so bedrohlichem Umfange zunahm, daß man bereits ein
Abwägen der Stärke der beiden Staaten auf gleichen Gebieten vornehmen konnte. Die
"wirtschaftsfriedliche" Eroberung der Welt, die unseren Staatslenkern als der letzten Weisheit höchster
Schluß erschien, wurde für den englischen Politiker der Grund zur Organisation des Widerstandes
dagegen. Daß sich dieser Widerstand in die Form eines umfassend organisierten Angriffs kleidete,
entsprach dann vollständig dem Wesen einer Staatskunst, deren Ziele eben nicht in der Erhaltung eines
fragwürdigen Weltfriedens lagen, sondern in der Festigung der britischen WeltHerrschaft. Daß sich dabei
England aller Staaten als Bundesgenossen bediente, die militärisch überhaupt in Frage kommen
entsprach ebensosehr seiner traditionellen Vorsicht in der Abschätzung der Kraft des Gegners als der
Einsicht in die augenblickliche eigene Schwäche. Mit "Skrupellosigkeit" kann man dies deshalb nicht
bezeichnen, weil eine solche umfassende Organisation eines Krieges nicht zu beurteilen ist nach
heroischen Gesichtspunkten, sondern nach zweckmäßigen. Eine Diplomatie hat dafür zu sorgen, daß ein
Volk nicht heroisch zugrunde geht, sondern praktisch erhalten wird. Jeder Weg, der hierzu führt, ist
dann zweckmäßig, und sein Nichtbegehen muß als pflichtvergessenes Verbrechen bezeichnet werden.
Mit der Revolutionierung Deutschlands fand die britische Sorge einer drohenden germanischen
Welthegemonie ihre für die englische Staatskunst erlösende Beendigung.
Ein Interesse an der vollständigen Auslöschung Deutschlands von der europäischen Landkarte liegt
seitdem auch für England nicht mehr vor. Im Gegenteil, gerade der entsetzliche Niederbruch, der in den
Novembertagen 1918
[694 Verschiebung des "Gleichgewichts"]
stattfand, stellte die britische Diplomatie vor eine neue, zunächst gar nicht für möglich gehaltene Lage:
Viereinhalb Jahre lang hatte das britische Weltreich gefochten, um das vermeintliche Übergewicht einer
kontinentalen Macht zu brechen. Nun trat plötzlich ein Sturz ein, der diese Macht überhaupt von der
Bildfläche zu entfernen schien. Es zeigte sich ein derartiger Mangel selbst an primitivstem
Selbsterhaltungstrieb, daß das europäische Gleichgewicht durch eine Tat von kaum achtundvierzig
Stunden aus den Angeln gehoben schien: Deutschland vernichtet, und Frankreich die erste kontinentalpolitische
Macht Europas.
Die enorme Propaganda, die in diesem Kriege das britische Volk zum Durchhalten bei der Stange hielt,
maßlos verhetzte, in allen Urinstinkten und Leidenschaften aufwühlte, mußte nun wie ein Bleigewicht
auf den Entschlüssen der britischen Staatsmänner lasten. Mit der kolonial-, wirtschafts- und
handelspolitischen Vernichtung Deutschlands war das britische Kriegsziel erreicht, was darüber
hinausging, war eine Schmälerung englischer Interessen. Durch die Auslöschung eines deutschen
Machtstaates im kontinentalen Europa konnten nur die Feinde Englands gewinnen. Dennoch war in den
Novembertagen 1918 und bis zum Hochsommer 1919 hinein eine Umstellung der englischen
Diplomatie, die ja in diesem langen Kriege mehr als je zuvor die gefühlsmäßigen Kräfte der breiten
Masse gebraucht hatte, nicht mehr möglich. Sie war nicht möglich vom Gesichtspunkt der nun einmal
gegebenen Einstellung des eigenen Volkes aus und war nicht möglich angesichts der Lagerung der
militärischen Machtverhältnisse. Frankreich hatte das Gesetz des Handelns an sich gerissen und konnte
den anderen diktieren. Die einzige Macht jedoch, die in diesen Monaten des Feilschens und Handelns
eine Änderung hätte herbeizuführen vermocht, Deutschland selbst, lag in den Zuckungen des inneren
Bürgerkrieges und verkündete durch den Mund seiner sogenannten Staatsmänner immer wieder die
Bereitwilligkeit zur Annahme eines jeden Diktates.
[695 Englands Kriegsziel nicht erreicht]
Wenn nun im Völkerleben eine Nation, infolge des restlosen Mangels eines eigenen
Selbsterhaltungstriebes, aufhört, ein möglicher "aktiver" Bundesgenosse zu sein, pflegt sie zum
Sklavenvolk herunterzusinken und ihr Land dem Schicksal einer Kolonie zu verfallen.
Gerade um Frankreichs Macht nicht übergroß anwachsen zu lassen, war eine Beteiligung Englands an
seinen Raubgelüsten die einzig mögliche Form des eigenen Handelns.
Tatsächlich hat England sein Kriegsziel nicht erreicht. Das Emporsteigen einer europäischen Macht über
die Stärkeverhältnisse des kontinentalen Staatssystems Europas hinaus wurde nicht nur nicht verhindert,
sondern in erhöhtem Maße begründet.
Deutschland als Militärstaat war im Jahre 1914 eingekeilt zwischen zwei Länder, von denen das eine
über die gleiche Macht und das andere über eine größere verfügte. Dazu kam die überlegene Seegeltung
Englands. Frankreich und Rußland allein boten jeder übermäßigen Entwicklung deutscher Größe
Hindernisse und Widerstand. Die außerordentlich ungünstige militärgeographische Lage des Reiches
konnte als weiterer Sicherheitskoeffizient gegen eine zu große Machtzunahme dieses Landes gelten.
Besonders die Küstenfläche war, militärisch betrachtet, für einen Kampf mit England ungünstig, klein
und beengt, die Landfront demgegenüber übermäßig weit und offen.
Anders die Stellung Frankreichs von heute: Militärisch die erste Macht, ohne einen ernstlichen Rivalen
auf dem Kontinent; in seinen Grenzen nach dem Süden gegen Spanien und Italien so gut wie geschützt;
gegen Deutschland gesichert durch die Ohnmacht unseres Vaterlandes; in seiner Küste in langer Front
vor den Lebensnerven des britischen Reiches hingelagert. Nicht nur für Flugzeuge und Fernbatterien
bilden die englischen Lebenszentren lohnende Ziele, sondern auch der Wirkung des U-Bootes
gegenüber
[696 Politische Ziele Frankreichs und Englands]
wären die Verkehrsstränge des britischen Handels bloßgelegt. Ein U-Boot-Krieg, gestützt auf die lange
atlantische Küste sowohl als auf die nicht minder großen Strecken der französischen Randgebiete des
Mittelländischen Meeres in Europa oder Nord-Afrika, würde zu verheerenden Wirkungen führen.
So war die Frucht des Kampfes gegen die Machtentwicklung Deutschlands politisch die Herbeiführung
der französischen Hegemonie auf dem Kontinent. Das militärische Ergebnis: die Festigung Frankreichs
als erste Vormacht zu Lande und die Anerkennung der Union als gleichstarke Seemacht.
Wirtschaftspolitisch: die Auslieferung größter britischer Interessengebiete an die ehemaligen
Verbündeten.
So wie nun Englands traditionelle politische Ziele eine gewisse Balkanisierung Europas wünschen und
benötigen, genau so diejenigen Frankreichs eine Balkanisierung Deutschlands.
Englands Wunsch ist und bleibt die Verhütung des übermäßigen Emporsteigens einer kontinentalen
Macht zu weltpolitischer Bedeutung, d. h. also die Aufrechterhaltung einer bestimmten
Ausgeglichenheit der Machtverhältnisse der europäischen Staaten untereinander; denn dies erscheint als
Voraussetzung einer britischen Welthegemonie.
Frankreichs Wunsch ist und bleibt die Verhütung der Bildung einer geschlossenen Macht Deutschlands,
die Aufrechterhaltung eines Systems deutscher, in ihren Kräfteverhältnissen ausgeglichener Kleinstaaten
ohne einheitliche Führung unter Besetzung des linken Ufers des Rheins als Voraussetzung für die
Schaffung und Sicherung seiner Hegemoniestellung in Europa.
[697 Bündnismöglichkeiten für Deutschland]
Das letzte Ziel französischer Diplomatie wird ewig im Gegensatze stehen zur letzten Tendenz der
britischen Staatskunst.
×
Wer von dem obigen Gesichtspunkt aus eine Prüfung der heutigen Bündnismöglichkeiten für
Deutschland vornimmt, muß zu der Überzeugung gelangen, daß als legte durchführbare Bindung nur
eine Anlehnung an England übrigbleibt. So entsetzlich auch die Folgen der englischen Kriegspolitik für
Deutschland waren und sind, 80 darf man sich doch nicht der Einsicht verschließen, daß ein
zwangsläufiges Interesse Englands an einer Vernichtung Deutschlands heute nicht mehr besteht, ja, daß
im Gegenteil Englands Politik von Jahr zu Jahr mehr auf eine Hemmung des maßlosen französischen
Hegemonietriebes hinauslaufen muß. Nun wird aber Bündnispolitik nicht getrieben vom Gesichtspunkt
rückblickender Verstimmungen aus, sondern vielmehr befruchtet von der Erkenntnis zurückblickender
Erfahrungen. Die Erfahrung aber sollte uns nun belehrt haben, daß Bündnisse zur Durchführung
negativer Ziele an innerer Schwäche kranken. Völkerschicksale werden fest aneinandergeschmiedet nur
durch die Aussicht eines gemeinsamen Erfolges im Sinne gemeinsamer Erwerbungen, Eroberungen,
kurz einer beiderseitigen Machterweiterung.
Wie wenig außenpolitisch denkend unser Volk ist, kann man am klarsten ersehen aus den laufenden
Pressemeldungen über die mehr oder minder große "Deutschfreundlichkeit" des einen oder anderen
fremden Staatsmannes, wobei dann in dieser vermuteten Einstellung solcher Persönlichkeiten zu
unserem Volkstum eine besondere Garantie für eine hilfreiche Politik uns gegenüber erblickt wird. Es ist
dies ein ganz unglaublicher Unsinn, eine Spekulation auf die beispiellose Einfalt des normalen
politisierenden deutschen Spießbürgers. Es gibt weder einen englischen
[698 Bündnismöglichkeiten für Deutschland]
noch amerikanischen oder italienischen Staatsmann, der jemals "pro-deutsch" eingestellt wäre. Es wird
jeder Engländer als Staatsmann natürlich erst recht Engländer sein, jeder Amerikaner Amerikaner, und
es wird sich kein Italiener bereitfinden, eine andere Politik zu machen als eine pro-italienische. Wer also
Bündnisse mit fremden Nationen aufbauen zu können glaubt auf einer pro-deutschen Gesinnung der dort
leitenden Staatsmänner, ist entweder ein Esel oder ein unwahrer Mensch. Die Voraussetzung zur
Aneinanderkettung von Völkerschicksalen liegt niemals in einer gegenseitigen Hochachtung oder gar
Zuneigung begründet, sondern in der Voraussicht einer Zweckmäßigkeit für beide Kontrahenten. D. h.
also: So sehr, sagen wir, ein englischer Staatsmann immer pro-englische Politik betreiben wird und
niemals pro-deutsche, so sehr können aber ganz bestimmte Interessen dieser pro-englischen Politik aus
den verschiedensten Gründen heraus pro-deutschen Interessen gleichen. Dies braucht natürlich nur bis
zu einem gewissen Grad der Fall zu sein und kann eines Tages in das reine Gegenteil umschlagen; allein
die Kunst eines leitenden Staatsmannes zeigt sich eben gerade darin, für die Durchführung eigener
Notwendigkeiten in bestimmten Zeiträumen immer diejenigen Partner zu finden, die für die Vertretung
ihrer Interessen den gleichen Weg gehen müssen.
Die praktische Nutzanwendung für die Gegenwart kann sich aber damit nur aus der Beantwortung
folgender Fragen ergeben: Welche Staaten besitzen zur Zeit kein Lebensinteresse daran, daß durch eine
vollständige Ausschaltung eines deutschen Mittel-Europas die französische Wirtschafts- und
Militärmacht zur unbedingten, Herrschenden Hegemonie-Stellung gelangt? Ja, welche Staaten werden
auf Grund ihrer eigenen Daseinsbedingungen und ihrer bisherigen traditionellen
[699 Bündnismöglichkeiten für Deutschland]
politischen Leitung in einer solchen Entwicklung eine Bedrohung der eigenen Zukunft erblicken?Denn
darüber muß man sich endlich vollständig klar werden: Der unerbittliche Todfeind des deutschen Volkes
ist und bleibt Frankreich. Ganz gleich, wer in Frankreich regierte oder regieren wird, ob Bourbonen oder
Jakobiner, Napoleoniden oder bürgerliche Demokraten, klerikale Republikaner oder rote Bolschewisten:
das Schlußziel ihrer außenpolitischen Tätigkeit wird immer der Versuch einer Besitzergreifung der
Rheingrenze sein und einer Sicherung dieses Stromes für Frankreich durch ein aufgelöstes und
zertrümmertes Deutschland.
England wünscht kein Deutschland als Weltmacht, Frankreich aber keine Macht, die Deutschland heißt:
ein denn doch sehr wesentlicher Unterschied! Heute aber kämpfen wir nicht für eine Weltmachtstellung,
sondern haben zu ringen um den Bestand unseres Vaterlandes, um die Einheit unserer Nation und um
das tägliche Brot für unsere Kinder. Wenn wir von diesem Gesichtspunkte aus Ausschau halten wollen
nach europäischen Bundesgenossen, so bleiben nur zwei Staaten übrig: England und Italien.
England wünscht nicht ein Frankreich, dessen militärische Faust, vom übrigen Europa ungehemmt, den
Schutz einer Politik zu übernehmen vermag, die sich so oder so eines Tages mit englischen Interessen
kreuzen muß. England kann niemals ein Frankreich wünschen, das, im Besitz der ungeheuren
westeuropäischen Eisen- und Kohlengruben, die Voraussetzungen zu einer gefahrdrohenden
wirtschaftlichen Weltstellung erhält. Und England kann weiter niemals ein Frankreich wünschen, dessen
kontinental-politische Lage dank der Zertrümmerung des übrigen Europas als so gesichert erscheint, daß
die Wiederaufnahme der größeren Linie einer französischen Weltpolitik nicht nur ermöglicht, sondern
geradezu erzwungen wird. Die Zeppelinbom-
[700 Ist Deutschland heute bündnisfähig?]
ben von einst könnten sich jede Nacht vertausendfachen; die militärische Übermacht Frankreichs drückt
schwer auf das Herz des großbritannischen Weltreichs.
Aber auch Italien kann und wird eine weitere Festigung der französischen Vormachtstellung in Europa
nicht wünschen. Italiens Zukunft wird immer durch eine Entwicklung bedingt sein, die gebietsmäßig
sich um das Mittelländische Meerbecken gruppiert. Was Italien in den Krieg trieb, war wirklich nicht
die Sucht, Frankreich zu vergrößern, sondern vielmehr die Absicht, dem verhaßten adriatischen Rivalen
den Todesstoß zu geben. Jede weitere kontinentale Stärkung Frankreichs bedeutet jedoch für die
Zukunft eine Hemmung Italiens, wobei man sich nie darüber täuschen soll, daß verwandtschaftliche
Verhältnisse unter den Völkern in keinerlei Weise Rivalitäten auszuschalten vermögen.
Bei nüchternster und kältester Überlegung sind es heute in erster Linie diese beiden Staaten England und
Italien, deren natürlichste eigene Interessen den Existenzvoraussetzungen der deutschen Nation
wenigstens im allerwesentlichsten nicht entgegenstehen, ja in einem bestimmten Maße sich mit ihnen
identifizieren.
×
Allerdings dürfen wir bei der Beurteilung einer solchen Bündnismöglichkeit drei Faktoren nicht
übersehen. Der erste liegt bei uns, die beiden anderen bei den in Frage kommenden Staaten selber.
Kann man sich mit dem heutigen Deutschland überhaupt verbünden? Kann eine Macht, die in einem
Bündnis eine Hilfe für die Durchführung eigener offensiver Ziele sehen will, sich mit einem Staate
verbünden, dessen Leitungen seit Jahren ein Bild jämmerlichster Unfähigkeit, pazifistischer Feigheit
bieten und dessen größerer Volksteil in demokratisch-marxistischer Verblendung die Interessen des
eigenen Volkes und Landes in himmelschreiender Weise verrät? Kann irgendeine Macht heute denn
hoffen, ein wertvolles Verhältnis zu einem Staate herstellen zu können, im Glauben, dereinst
[701 Ist Deutschland heute bündnisfähig?]
gemeinsame Interessen auch gemeinsam zu verfechten, wenn dieser Staat ersichtlich weder Mut noch
Lust besitzt, auch nur einen Finger zur Verteidigung des eigenen nackten Lebens zu rühren? Wird
irgendeine Macht, für die ein Bündnis mehr ist und mehr sein soll als ein Garantievertrag zur
Aufrechterhaltung eines Zustandes langsamen Dahinfaulens, ähnlich dem Sinne des verheerenden alten
Dreibundes, sich einem Staate auf Gedeih und Verderb verpflichten, dessen charakteristische
Lebensäußerungen nur in kriechender Unterwürfigkeit nach außen und schandvoller Unterdrückung
nationaler Tugenden nach innen bestehen; einem Staate, der keine Größe mehr besitzt, da er sie auf
Grund seines ganzen Verhaltens nicht mehr verdient; mit Regierungen, die sich keinerlei Achtung
seitens ihrer Staatsbürger zu rühmen vermögen, so daß das Ausland unmöglich größere Bewunderung
für sie hegen kann?Nein, eine Macht, die selbst auf Ansehen hält und die von Bündnissen sich mehr
erhofft als Provisionen für beutehungrige Parlamentarier, wird sich mit dem derzeitigen Deutschland
nicht verbünden, ja, sie kann es nicht. In unserer heutigen Bündnisunfähigkeit liegt ja auch der tiefste
und letzte Grund für die Solidarität der feindlichen Räuber. Da Deutschland sich niemals wehrt, außer
durch ein paar flammende "Proteste" unserer parlamentarischen Auslese, die übrige Welt aber keinen
Grund hat, zu unserem Schutze zu kämpfen, und der liebe Gott feige Völker prinzipiell nicht frei macht
— entgegen dem dahin zielenden Geflenne unserer vaterländischen Verbände —, so bleibt selbst den
Staaten, die kein direktes Interesse an unserer vollständigen Vernichtung besitzen, gar nichts anderes
übrig, als an den Raubzügen Frankreichs teilzunehmen, und wäre es nur aus dem Grunde, durch ein
solches Mitgehen und Teilnehmen am Raube wenigstens die ausschließliche Stärkung Frankreichs allein
zu verhindern.
Zum zweiten darf die Schwierigkeit nicht übersehen werden, in den uns bisher feindlichen Ländern eine
Umstellung der durch Massenpropaganda in einer bestimmten
[702 Auseinandergehen britischer und jüdischer Interessen]
Richtung beeinflußten großen Volksschichten vorzunehmen. Man kann eben nicht jahrelang ein
Volkstum als "hunnisch", "räuberhaft", "vandalisch" usw. hinstellen, um plötzlich über Nacht das
Gegenteil zu entdecken und den ehemaligen Feind als Bundesgenossen von morgen zu empfehlen.
Noch mehr Aufmerksamkeit muß jedoch einer dritten Tatsache zugewendet werden, die von
wesentlicher Bedeutung für die Ausgestaltung der kommenden europäischen Bündnisverhältnisse sein
wird: So gering von britisch-staatlichen Gesichtspunkten aus gesehen das Interesse Englands an einer
weiteren Vernichtung Deutschlands ist, so groß aber ist dasjenige des internationalen Börsenjudentums
an einer solchen Entwicklung. Der Zwiespalt zwischen der offiziellen oder, besser gesagt, traditionellen
britischen Staatskunst und den maßgebenden jüdischen Börsenkräften zeigt sich nirgends besser als in
der verschiedenen Stellungnahme zu den Fragen der englischen Außenpolitik. Das Finanzjudentum
wünscht, entgegen den Interessen des britischen Staatswohls, nicht nur die restlose wirtschaftliche
Vernichtung Deutschlands, sondern auch die vollkommene politische Versklavung. Die
Internationalisierung unserer deutschen Wirtschaft, d. h. die Übernahme der deutschen Arbeitskraft in
den Besitz der jüdischen Weltfinanz, läßt sich restlos nur durchführen in einem politisch
bolschewistischen Staat. Soll die marxistische Kampftruppe des internationalen jüdischen
Börsenkapitals aber dem deutschen Nationalstaat endgültig das Rückgrat brechen, so kann dies nur
geschehen unter freundlicher Nachhilfe von außen. Frankreichs Armeen müssen deshalb das deutsche
Staatsgebilde so lange berennen, bis das innen mürbe gewordene Reich der bolschewistischen
Kampftruppe des internationalen Weltfinanzjudentums erliegt.
So ist der Jude heute der große Hetzer zur restlosen Zerstörung Deutschlands. Wo immer wir in der Welt
Angriffe gegen
[703 Jüdische Welthetze gegen Deutschland]
Deutschland lesen, sind Juden ihre Fabrikanten, gleichwie ja auch im Frieden und während des Krieges
die jüdische Börsen- und Marxistenpresse den Haß gegen Deutschland planmäßig schürte, so lange, bis
Staat um Staat die Neutralität aufgab und unter Verzicht auf die wahren Interessen der Völker in den
Dienst der Weltkriegskoalition eintrat.
Die Gedankengänge des Judentums dabei sind klar. Die Bolschewisierung Deutschlands, d. h. die
Ausrottung der nationalen völkischen deutschen Intelligenz und die dadurch ermöglichte Auspressung
der deutschen Arbeitskraft im Joche der jüdischen Weltfinanz, ist nur als Vorspiel gedacht für die
Weiterverbreitung dieser jüdischen Welteroberungstendenz. Wie so oft in der Geschichte, ist in dem
gewaltigen Ringen Deutschland der große Drehpunkt. Werden unser Volk und unser Staat das Opfer
dieser blut- und geldgierigen jüdischen Völkertyrannen, so sinkt die ganze Erde in die Umstrickung
dieses Polypen; befreit sich Deutschland aus dieser Umklammerung, so darf diese größte Völkergefahr
als für die gesamte Welt gebrochen gelten.
So sicher also das Judentum seine ganze Wühlarbeit einsetzen wird, um die Feindschaft der Nationen
gegen Deutschland nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern wenn möglich noch weiter zu steigern, so
sicher deckt sich diese Tätigkeit nur zu einem Bruchteil mit den wirklichen Interessen der dadurch
vergifteten Völker. Im allgemeinen wird nun das Judentum in den einzelnen Volkskörpern immer mit
denjenigen Waffen kämpfen, die auf Grund der erkannten Mentalität dieser Nationen am wirksamsten
erscheinen und den meisten Erfolgversprechen. In unserem blutsmäßig außerordentlich zerrissenen
Volkskörper sind es deshalb die diesem entsprossenen, mehr oder minder "weltbürgerlichen",
pazifistisch-ideologischen Gedanken, kurz, die internationalen Tendenzen, deren es sich bei seinem
Kampfe um die
[704 Übereinstimmung französischer und jüdischer Interessen]
Macht bedient; in Frankreich arbeitet es mit dem erkannten und richtig eingeschätzten Chauvinismus, in
England mit wirtschaftlichen und weltpolitischen Gesichtspunkten; kurz, es bedient sich immer der
wesentlichsten Eigenschaften, die die Mentalität eines Volkes darstellen. Erst wenn es auf solchem
Wege einen bestimmten überwuchernden Einfluß wirtschaftlicher und politischer Machtfülle errungen
hat, streift es die Fesseln dieser übernommenen Waffen ab und kehrt nun in eben diesem Maße die
wirklichen inneren Absichten seines Wollens und seines Kampfes hervor. Es zerstört nun immer
rascher, bis es so einen Staat nach dem anderen in ein Trümmerfeld verwandelt, auf dem dann die
Souveränität des ewigen Judenreiches aufgerichtet werden soll.
In England sowohl als in Italien ist der Zwiespalt in den Anschauungen der besseren bodenständigen
Staatskunst und dem Wollen des jüdischen Weltbörsentums klar, ja manchmal kraß in die Augen
springend.
Nur in Frankreich besteht heute mehr denn je eine innere Übereinstimmung zwischen den Absichten der
Börse, der sie tragenden Juden und den Wünschen einer chauvinistisch eingestellten nationalen
Staatskunst. Allein gerade in dieser Identität liegt eine immense Gefahr für Deutschland. Gerade aus
diesem Grunde ist und bleibt Frankreich der weitaus furchtbarste Feind. Dieses an sich immer mehr der
Vernegerung anheimfallende Volk bedeutet in seiner Bindung an die Ziele der jüdischen
WeltbeHerrschung eine lauernde Gefahr für den Bestand der weißen Rasse Europas. Denn die
Verpestung durch Negerblut am Rhein im Herzen Europas entspricht ebensosehr der sadistischperversen
Rachsucht dieses chauvinistischen Erbfeindes unseres Volkes wie der eisig kalten Überlegung
des Juden, auf diesem Wege die Bastardierung des europäischen Kontinents im Mittelpunkte zu
beginnen
[705 Zwei Verbündete möglich England — Italien]
und der weißen Rasse durch die Infizierung mit niederem Menschentum die Grundlagen zu einer
selbstherrlichen Existenz zu entziehen.
Was Frankreich, angespornt durch eigene Rachsucht, planmäßig geführt durch den Juden, heute in
Europa betreibt, ist eine Sünde wider den Bestand der weißen Menschheit und wird auf dieses Volk
dereinst alle Rachegeister eines Geschlechts hetzen, das in der Rassenschande die Erbsünde der
Menschheit erkannt hat.
Für Deutschland jedoch bedeutet die französische Gefahr die Verpflichtung, unter Zurückstellung aller
Gefühlsmomente, dem die Hand zu reichen, der, ebenso bedroht wie wir, Frankreichs Herrschgelüste
nicht erdulden und ertragen will.
In Europa wird es für Deutschland in absehbarer Zukunft nur zwei Verbündete geben können: England
und Italien.
×

Wer sich die Mühe nimmt, heute rückblickend die außenpolitische Leitung Deutschlands seit der
Revolution zu verfolgen, der wird nicht anders können, als sich angesichts des fortwährenden
unfaßbaren Versagens unserer Regierungen an den Kopf zu greifen, um entweder einfach zu verzagen
oder in flammender Empörung einem solchen Regiment den Kampf anzusagen. Mit Unverstand haben
diese Handlungen nichts mehr zu tun: Denn was jedem denkenden Gehirn eben als undenkbar
erschienen wäre, haben die geistigen Zyklopen unserer Novemberparteien fertiggebracht: sie buhlten um
Frankreichs Gunst. Jawohl, in diesen ganzen Jahren hat man mit der rührenden Einfalt eines
unverbesserlichen Phantasten immer wieder versucht, sich bei den Franzosen anzubiedern,
scharwenzelte immer wieder vor der "großen Nation" und glaubte, in jedem gerissenen Trick des
französischen Henkers sofort
[706 Anbiederung an Frankreich]
das erste Anzeichen einer sichtbaren Gesinnungsänderung erblicken zu dürfen. Die tatsächlichen
Drahtzieher unserer Politik haben natürlich diesem irrsinnigen Glauben niemals gehuldigt. Für sie war
das Anbiedern an Frankreich nur das selbstverständliche Mittel, auf solche Weise jede praktische
Bündnispolitik zu sabotieren. Sie waren sich über Frankreichs und seiner Hintermänner Ziele nie im
unklaren. Was sie zwang, so zu tun, als ob sie dennoch ehrlich an die Möglichkeit einer Änderung des
deutschen Schicksals glaubten, war die nüchterne Erkenntnis, daß im anderen Fall ja wahrscheinlich
unser Volk selbst einen anderen Weg gegangen wäre.
Es ist natürlich auch für uns schwer, in den Reihen der eigenen Bewegung England als möglichen
Bundesgenossen für die Zukunft hinzustellen. Unsere jüdische Presse verstand es ja immer wieder, den
Haß besonders auf England zu konzentrieren, wobei so mancher gute deutsche Gimpel dem Juden
bereitwilligst auf die hingehaltene Leimrute flog, vom "Wiedererstarken" einer deutschen Seemacht
schwätzte, gegen den Raub unserer Kolonien protestierte, ihre Wiedergewinnung empfahl und somit
half, das Material zu liefern, das der jüdische Lump dann seinen Stammesgenossen in. England zur
praktischen propagandistischen Verwertung überweisen konnte. Denn daß wir heute nicht um
"Seegeltung" usw. zu kämpfen haben, das sollte allmählich auch in den Köpfen unserer politisierenden
bürgerlichen Einfaltspinsel aufdämmern. Die Einstellung der deutschen Nationalkraft auf diese Ziele,
ohne die gründlichste vorherige Sicherung unserer Stellung in Europa, war schon vor dem Kriege ein
Unsinn. Heute gehört eine solche Hoffnung zu jenen Dummheiten, die man im Reiche der Politik mit
dem Wort Verbrechen belegt.
Es war wirklich manchmal zum Verzweifeln, wenn man zusehen mußte, wie die jüdischen Drahtzieher
es fertigbrachten, unser Volk mit heute höchst nebensächlichen Dingen zu beschäftigen, zu
Kundgebungen und Protesten auf-
[707 Die Südtiroler Frage]
zuputschen, während in denselben Stunden Frankreich sich Stück für Stück aus dem Leibe unseres
Volkskörpers riß, und uns die Grundlagen unserer Unabhängigkeit planmäßig entzogen wurden.
Ich muß dabei eines besonderen Steckenpferdes gedenken, das in diesen Jahren der Jude mit
außerordentlicher Geschicklichkeit ritt: Südtirol.
Jawohl, Südtirol. Wenn ich mich hier an dieser Stelle gerade mit dieser Frage beschäftige, dann nicht
zum letzten, um eine Abrechnung zu halten mit jenem allerverlogensten Pack, das, auf die
Vergeßlichkeit und Dummheit unserer breiteren Schichten bauend, sich hier anmaßt, eine nationale
Empörung zu mimen, die besonders den parlamentarischen Betrügern ferner liegt als einer Elster
redliche Eigentumsbegriffe.
Ich möchte betonen, daß ich persönlich zu den Leuten gehörte, die, als über das Schicksal Südtirols
mitentschieden wurde — also angefangen vom August 1914 bis zum November 1918 — sich dorthin
stellten, wo die praktische Verteidigung auch dieses Gebietes stattfand, nämlich in das Heer. Ich habe in
diesen Jahren meinen Teil mitgekämpft, nicht damit Südtirol verlorengeht, sondern damit es genau so
wie jedes andere deutsche Land dem Vaterland erhalten bleibt.
Wer damals nicht mitkämpfte, das waren die parlamentarischen Strauchdiebe, dieses gesamte
politisierende Parteigesindel. Im Gegenteil, während wir in der Überzeugung kämpften, daß nur ein
siegreicher Ausgang des Krieges allein auch dieses Südtirol dem deutschen Volkstum erhalten würde,
haben die Mäuler dieser Ephialtesse gegen diesen Sieg so lange gehetzt und gewühlt, bis endlich der
kämpfende Siegfried dem hinterhältigen Dolchstoß erlag. Denn die Erhaltung Südtirols in deutschem
Besitz war natürlich nicht garantiert durch die verlogenen Brandreden schneidiger Parlamentarier am
Wiener Ballhausplatz oder vor der Münchener FeldHerrnhalle, sondern nur durch die Bataillone der
[708 Die Südtiroler Frage]
kämpfenden Front. Wer diese zerbrach, hat Südtirol verraten, genau so wie auch alle anderen deutschen
Gebiete.
Wer aber heute glaubt, durch Proteste, Erklärungen, vereinsmeierliche Umzüge usw. die Südtiroler
Frage lösen zu können, der ist entweder ein ganz besonderer Lump oder aber ein deutscher Spießbürger.
Darüber muß man sich doch wohl klar Bein, daß die Wiedergewinnung der verlorenen Gebiete nicht
durch feierliche Anrufungen des lieben Herrgotts erfolgt oder durch fromme Hoffnungen auf einen
Völkerbund, sondern nur durch Waffengewalt.
Es fragt sich also nur, wer bereit ist, mit Waffengewalt die Wiedergewinnung dieser verlorenen Gebiete
zu ertrotzen.
Was meine Person betrifft, könnte ich hier bei gutem Gewissen versichern, daß ich soviel Mut noch
aufbrächte, um an der Spitze eines zu bildenden parlamentarischen Sturmbataillons, bestehend aus
Parlamentsschwätzern und sonstigen Parteiführern sowie verschiedenen Hofräten, an der siegreichen
Eroberung Südtirols teilzunehmen. Weiß der Teufel, es sollte mich freuen, wenn einmal über den
Häuptern einer derartig "flammenden" Protestkundgebung plötzlich ein paar Schrapnelle
auseinandergingen. Ich glaube, wenn ein Fuchs in einen Hühnerstall einbräche, könnte das Gegacker
kaum ärger sein und das In-Sicherheit-Bringen des einzelnen Federviehs nicht beschleunigter erfolgen
als das Ausreißen einer solchen prachtvollen "Protestvereinigung".
Aber das Niederträchtigste an der Sache ist ja, daß die Herren selber gar nicht glauben, auf diesem Wege
irgend etwas erreichen zu können. Sie kennen die Unmöglichkeit und Harmlosigkeit ihres ganzen
Getues persönlich am allerbesten. Allein, sie tun eben so, weil es natürlich heute etwas leichter ist, für
die Wiedergewinnung Südtirols zu schwätzen, als es einst war, für seine Erhaltung zu kämpfen. Jeder
leistet eben seinen Teil; damals opfer-
[709 Hintertreibung deutsch-italienischer Verständigung]
ten wir unser Blut, und heute wetzt diese Gesellschaft ihre Schnäbel.
Besonders köstlich ist es noch, dabei zu sehen, wie den Wiener Legitimistenkreisen bei ihrer heutigen
Wiedereroberungsarbeit von Südtirol der Kamm förmlich anschwillt. Vor sieben Jahren hat ihr
erhabenes und erlauchtes Herrscherhaus allerdings durch die Schurkentat eines meineidigen Verrates
mitgeholfen, daß die Weltkoalition als Siegerin auch Südtirol zu gewinnen vermochte. Damals haben
diese Kreise die Politik ihrer verräterischen Dynastie unterstützt und sich einen Pfifferling um Südtirol
noch um sonst etwas gekümmert. Natürlich, heute ist es einfacher, den Kampf für diese Gebiete
aufzunehmen, wird doch dieser jetzt nur mit "geistigen" Waffen ausgefochten, und es ist doch immerhin
leichter, sich in einer "Protestversammlung" die Kehle heiser zu reden — aus innerer erhabener
Entrüstung heraus — und in einem Zeitungsartikel die Finger wund zu schmieren, als etwa während der
Besetzung des Ruhrgebietes, sagen wir, Brücken in die Luft zu jagen.
Der Grund, warum man in den letzten Jahren von ganz bestimmten Kreisen aus die Frage "Südtirol"
zum Angelpunkt des deutsch-italienischen Verhältnisses machte, liegt ja klar auf der Hand. Juden und
habsburgische Legitimisten haben das größte Interesse daran, eine Bündnispolitik Deutschlands zu
verhindern, die eines Tages zur Wiederauferstehung eines deutschen freien Vaterlandes führen könnte.
Nicht aus Liebe zu Südtirol macht man heute dieses Getue — denn dem wird dadurch nicht geholfen,
sondern nur geschadet —, sondern aus Angst vor einer etwa möglichen deutsch-italienischen
Verständigung.
Es liegt dabei nur in der Linie der allgemeinen Verlogenheit und Verleumdungstendenz dieser Kreise,
wenn sie mit eisig kalter und frecher Stirne versuchen, die Dinge so darzustellen, als ob etwa wir
Südtirol "verraten" hätten.
[710 Wer Südtirol verriet]
Das muß diesen Herren mit aller Deutlichkeit gesagt werden: Südtirol hat "verraten" erstens jeder
Deutsche, der in den Jahren 1914–1918 bei geraden Gliedern nicht irgendwo an der Front stand und
seine Dienste seinem Vaterlande zur Verfügung stellte;zweitens jeder, der in diesen Jahren nicht
mitgeholfen hat, die Widerstandsfähigkeit unseres Volkskörpers für die Durchführung des Krieges zu
stärken und die Ausdauer unseres Volkes zum Durchhalten dieses Kampfes zu festigen;drittens Südtirol
hat verraten jeder, der am Ausbruch der Novemberrevolution — sei es direkt durch die Tat oder indirekt
durch die feige Duldung derselben — mitwirkte und dadurch die Waffe, die allein Südtirol hätte retten
können, zerschlagen hat;und viertens, Südtirol haben verraten alle die Parteien und ihre Anhänger, die
ihre Unterschriften unter die Schandverträge von Versailles und St. Germain setzten.
Jawohl, so liegen die Dinge, meine tapferen Herren Wortprotestler!Heute werde ich nur von der
nüchternen Erkenntnis geleitet, daß man verlorene Gebiete nicht durch die Zungenfertigkeit
geschliffener parlamentarischer Mäuler zurückgewinnt, sondern durch ein geschliffenes Schwert zu
erobern hat, also durch einen blutigen Kampf.
Da allerdings stehe ich nicht an zu erklären, daß ich nun, da die Würfel gefallen sind, eine
Wiedergewinnung Südtirols durch Krieg nicht nur für unmöglich halte, sondern auch persönlich in der
Überzeu-
[711 Nicht Waffengewalt, sondern Bündnispolitik]
gung ablehnen würde, daß für diese Frage nicht die flammende Nationalbegeisterung des gesamten
deutschen Volkes in einem Maße zu erreichen wäre, die die Voraussetzung zu einem Siege böte. Ich
glaube im Gegenteil, daß, wenn dieses Blut dereinst eingesetzt würde, es ein Verbrechen wäre, den
Einsatz für zweihunderttausend Deutsche zu vollziehen, während nebenan über sieben Millionen unter
der FremdHerrschaft schmachten und die Lebensader des deutschen Volkes den Tummelplatz
afrikanischer Negerhorden durchläuft.
Wenn die deutsche Nation den Zustand ihrer drohenden Ausrottung in Europa beenden will, dann hat sie
nicht in den Fehler der Vorkriegszeit zu verfallen und sich Gott und die Welt zum Feind zu machen,
sondern dann wird sie den gefährlichsten Gegner erkennen müssen, um mit der gesamten konzentrierten
Kraft auf ihn einzuschlagen. Und wenn dieser Sieg erfochten wird durch Opfer an anderer Stelle, dann
werden die kommenden Geschlechter unseres Volkes uns dennoch nicht verurteilen. Sie werden die
schwere Not und die tiefen Sorgen und den dadurch geborenen bitteren Entschluß um so mehr zu
würdigen wissen, je strahlender der daraus entsprossene Erfolg sein wird.
Was uns heute leiten muß, ist immer wieder die grundlegende Einsicht, daß die Wiedergewinnung
verlorener Gebiete eines Reiches in erster Linie die Frage der Wiedergewinnung der politischen
Unabhängigkeit und Macht des Mutterlandes ist.
Diese durch eine kluge Bündnispolitik zu ermöglichen und zu sichern, ist die erste Aufgabe einer
kraftvollen Leitung unseres Staatswesens nach außen.
[712 Drei Fragen zur Bündnispolitik]
Gerade wir Nationalsozialisten aber haben uns zu hüten, in das Schlepptau unserer vom Juden geführten
bürgerlichen Wortpatrioten zu kommen. Wehe, wenn auch unsere Bewegung, statt das Fechten
vorzubereiten, sich in Protesten üben würde!An der phantastischen Auffassung des
Nibelungenbündnisses mit dem habsburgischen Staatskadaver ist Deutschland mit zugrunde gegangen.
Phantastische Sentimentalität in der Behandlung der außenpolitischen Möglichkeiten von heute ist das
beste Mittel, unseren Wiederaufstieg für immer zu verhindern.
×
Es ist notwendig, daß ich mich hier auch noch ganz kurz mit jenen Einwänden beschäftige, die sich auf
die vorhergehend bereits gestellten drei Fragen beziehen werden, nämlich auf die Fragen, ob man
sicherstens mit dem heutigen Deutschland in seiner vor aller Augen liegenden sichtbaren Schwäche
überhaupt verbünden wird;zweitens, ob die feindlichen Nationen zu einer solchen Umstellung fähig
erscheinen, unddrittens, ob nicht der nun einmal gegebene Einfluß des Judentums stärker als alle
Erkenntnis und aller gute Wille ist und so sämtliche Pläne durchkreuzen und zunichte machen wird.
Die erste Frage denke ich zur einen Hälfte genügend erörtert zu haben. Selbstverständlich wird sich mit
dem heutigen Deutschland niemand verbünden. Es wird keine Macht der Welt ihr Schicksal an einen
Staat zu ketten wagen, dessen Regierungen jegliches Vertrauen zerstören müssen. Was aber nun den
Versuch vieler unserer Volksgenossen betrifft, der Regierung für ihr Handeln die der-
[713 Erste Anzeichen deutscher Wiedergeburt]
zeitige jämmerliche Mentalität unseres Volkes zugute zu halten oder gar als Entschuldigung gelten zu
lassen, 80 muß man hiergegen schärfstens Stellung nehmen.
Sicherlich ist die Charakterlosigkeit unseres Volkes seit sechs Jahren eine tieftraurige, die
Gleichgültigkeit den wichtigsten Belangen des Volkstums gegenüber eine wahrhaft niederdrückende,
die Feigheit aber manches Mal himmelschreiend. Allein man soll doch nie vergessen, daß es sich dabei
dennoch um ein Volk handelt, das wenige Jahre vorher der Welt das bewunderungswürdigste Beispiel
höchster menschlicher Tugenden geboten hat. Angefangen von den Augusttagen 1914 bis zum Ende des
gewaltigen Völkerringens hat kein Volk der Erde mehr an männlichem Mut, zäher Ausdauer und
geduldigem Ertragen offenbart als unser heute so armselig gewordenes deutsches Volk. Niemand wird
behaupten wollen, daß die Schmach unserer jetzigen Zeit der charakteristische Wesensausdruck unseres
Volkstums sei. Was wir heute um uns und in ans erleben müssen, ist nur der grauenvolle, sinn- und
vernunftzerstörende Einfluß der Meineidstat des 9. November 1918. Mehr als je gilt hier das
Dichterwort vom Bösen, das fortzeugend Böses muß gebären. Allein auch in dieser Zeit sind die guten
Grundelemente unserem Volke nicht ganz verlorengegangen, sie schlummern nur unerweckt in der
Tiefe, und manches Mal konnte man wie Wetterleuchten am schwarzbehangenen Firmament Tugenden
aufstrahlen sehen, deren sich das spätere Deutschland als erste Anzeichen einer beginnenden Genesung
einst erinnern wird. Öfter als einmal haben sich Tausende und Tausende junge Deutsche gefunden mit
dem opferbereiten Entschluß, das jugendliche Leben so wie 1914 wieder freiwillig und freudig auf dem
Altar des geliebten Vaterlandes zum Opfer zu bringen. Wieder schaffen Millionen von Menschen emsig
und fleißig, als hätte es nie die Zerstörungen durch eine Revolution gegeben. Der Schmied steht wieder
am Amboß, hinter dem Pfluge wandelt der Bauer, und in der Studierstube sitzt der Gelehrte, alle mit der
gleichen Mühe und gleichen Ergebenheit gegenüber ihrer Pflicht.
[714 Versäumte Auswertung des Versailler Vertrages]
Die Unterdrückungen von seiten unserer Feinde finden nicht mehr das rechtsprechende Lachen von
einst, sondern verbitterte und vergrämte Gesichter. Ein großer Wechsel in der Gesinnung hat sich ohne
Zweifel vollzogen.
Wenn sich dieses alles auch heute noch nicht in einer Wiedergeburt des politischen Machtgedankens
und Selbsterhaltungstriebes unseres Volkes äußert, dann tragen die Schuld daran diejenigen, die weniger
durch des Himmels als ihre eigene Berufung seit 1918 unser Volk zu Tode regieren.
Jawohl, wenn man heute unsere Nation beklagt, so darf man doch die Frage stellen: Was tat man, um sie
zu bessern? Ist die geringe Unterstützung von Entschlüssen unserer Regierungen — die ja in
Wirklichkeit kaum da waren — durch das Volk nur das Zeichen für die geringe Lebenskraft unseres
Volkstums oder nicht noch mehr das Zeichen für das vollkommene Versagen der Behandlung dieses
kostbaren Gutes? Was haben unsere Regierungen getan, um in dieses Volk wieder den Geist stolzer
Selbstbehauptung, männlichen Trotzes und zornigen Hasses hineinzupflanzen?Als im Jahre 1919 der
Friedensvertrag dem deutschen Volk aufgebürdet wurde, da wäre man berechtigt gewesen, zu hoffen,
daß gerade durch dieses Instrument maßloser Unterdrückung der Schrei nach deutscher Freiheit mächtig
gefördert werden würde. Friedensverträge, deren Forderungen wie Geißelhiebe Völker treffen, schlagen
nicht selten den ersten Trommelwirbel für die spätere Erhebung.
Was konnte man aus diesem Friedensvertrag von Versailles machen!Wie konnte dieses Instrument einer
maßlosen Erpressung und schmachvollsten Erniedrigung in den Händen einer wollenden Regierung zum
Mittel werden, die nationalen Leidenschaften bis zur Siedehitze aufzupeitschen! Wie konnte bei einer
genialen propagandistischen Verwertung
[715 "Herr, segne unseren Kampf"]
dieser sadistischen Grausamkeiten die Gleichgültigkeit eines Volkes zur Empörung und die Empörung
zur hellsten Wut gesteigert werden!Wie konnte man jeden einzelnen dieser Punkte dem Gehirn und der
Empfindung dieses Volkes so lange einbrennen, bis endlich in sechzig Millionen Köpfen, bei Männern
und Weibern, die gemeinsam empfundene Scham und der gemeinsame Haß zu jenem einzigen feurigen
Flammenmeer geworden wäre, aus dessen Gluten dann stahlhart ein Wille emporsteigt und ein Schrei
sich herauspreßt: Wir wollen wieder Waffen!Jawohl, dazu kann ein solcher Friedensvertrag dienen. In
der Maßlosigkeit seiner Unterdrückung, in der Schamlosigkeit seiner Forderungen liegt die größte
Propagandawaffe zur Wiederaufrüttelung der eingeschlafenen Lebensgeister einer Nation.
Dann muß allerdings, von der Fibel des Kindes angefangen bis zur letzten Zeitung, jedes Theater und
jedes Kino, jede Plakatsäule und jede freie Bretterwand in den Dienst dieser einzigen großen Mission
gestellt werden, bis daß das Angstgebet unserer heutigen Vereinspatrioten "Herr, mach uns frei!" sich in
dem Gehirn des kleinsten Jungen verwandelt zur glühenden Bitte: "Allmächtiger Gott, segne dereinst
unsere Waffen; sei so gerecht, wie du es immer warst; urteile jetzt, ob wir die Freiheit nun verdienen;
Herr, segne unseren Kampf!"Man hat alles versäumt und nichts getan.
Wer will sich nun wundern, wenn unser Volk nicht so ist, wie es sein sollte und sein könnte? Wenn die
andere Welt in uns nur den Büttel sieht, den willfährigen Hund, der dankbar nach den Händen leckt, die
ihm vorher geschlagen haben?Sicherlich wird unsere Bündnisfähigkeit heute belastet durch unser Volk,
am schwersten aber durch unsere Regierungen. Sie sind in ihrer Verderbtheit die Schuldigen, daß nach
acht Jahren maßlosester Unterdrückung so wenig Wille zur Freiheit vorhanden ist.
[716 Die Umstellung antideuscher Psychose]
So sehr also eine aktive Bündnispolitik gebunden ist an die nötige Werteinschätzung unseres Volkes, so
sehr ist diese wieder bedingt durch das Bestehen einer Regierungsgewalt, die nicht Handlanger sein will
für fremde Staaten, nicht Fronvogt über die eigene Kraft, sondern vielmehr Herold des nationalen
Gewissens.
Besitzt unser Volk aber eine Staatsleitung, die darin ihre Mission sieht, so werden keine sechs Jahre
vergehen und der kühnen außenpolitischen Leitung des Reiches wird ein ebenso kühner Wille eines
freiheitsdurstigen Volkes zur Verfügung stehen.
×
Der zweite Einwand, die große Schwierigkeit der Umstellung der feindlichen Völker zu freundschaftlich
Verbündeten, kann wohl so beantwortet werden: Die in den übrigen Ländern durch die
Kriegspropaganda herangezüchtete allgemeine antideutsche Psychose bleibt zwangsläufig so lange
bestehen, als nicht durch die allen sichtbare Wiedererstehung eines deutschen Selbsterhaltungswillens
das Deutsche Reich wieder die Charaktermerkmale eines Staates erhalten hat, der auf dem allgemeinen
europäischen Schachbrett spielt und mit dem man spielen kann. Erst wenn in Regierung und Volk die
unbedingte Sicherung für eine mögliche Bündnisfähigkeit gegeben erscheint, kann die eine oder andere
Macht aus gleichlaufenden Interessen heraus daran denken, durch propagandistische Einwirkungen die
öffentliche Meinung umzubilden. Auch dies erfordert naturgemäß Jahre andauernder geschickter Arbeit.
Gerade in der Notwendigkeit dieser langen Zeitdauer für die Umstimmung eines Volkes liegt die
Vorsicht bei ihrer Vornahme begründet, d. h. man wird nicht an eine solche Tätigkeit herantreten, wenn
man nicht die unbedingte Überzeugung vom Werte einer solchen Arbeit und ihren Früchten in der
Zukunft besitzt. Man wird nicht auf das
[717 Sichtbarer Wille zum Freiheitskampf]
leere Geflunker eines mehr oder weniger geistreichen Außenministers hin die seelische Einstellung einer
Nation ändern wollen, ohne die Garantie für den realen Wert einer neuen greifbar zu besitzen. Es würde
dies sonst zur vollkommenen Zersplitterung der öffentlichen Meinung führen. Die zuverlässigste
Sicherheit für die Möglichkeit einer späteren Verbindung mit einem Staate liegt aber eben nicht
begründet in schwulstigen Redensarten einzelner Regierungsmitglieder, sondern vielmehr in der
ersichtlichen Stabilität einer bestimmten, zweckmäßig erscheinenden Regierungstendenz sowie in einer
analog eingestellten öffentlichen Meinung. Der Glaube hieran wird um so fester sein, je größer die
sichtbare Tätigkeit einer Regierungsgewalt auf dem Gebiet der propagandistischen Vorbereitung und
Unterstützung ihrer Arbeit ist und je unzweideutiger umgekehrt der Wille der öffentlichen Meinung sich
in der Regierungstendenz widerspiegelt.
Man wird also ein Volk — in unserer Lage — dann für bündnisfähig halten, wenn Regierung und
öffentliche Meinung gleichmäßig fanatisch den Willen zum Freiheitskampf verkünden und vertreten.
Dies ist die Voraussetzung einer dann erst in Angriff zu nehmenden Umstellung der öffentlichen
Meinung anderer Staaten, die auf Grund ihrer Erkenntnis gewillt sind, zur Vertretung ihrer ureigensten
Interessen einen Weg an der Seite des ihnen hierfür passend erscheinenden Partners zu gehen, also ein
Bündnis abzuschließen.
Nun gehört dazu aber noch eines: Da die Umstellung einer bestimmten geistigen Verfassung eines
Volkes an sich schwere Arbeit erfordert und von vielen zunächst nicht verstanden werden wird, ist es
ein Verbrechen und eine Dummheit zugleich, durch eigene Fehler diesen anderswollenden Elementen
Waffen für ihre Gegenarbeit zu liefern.
Man muß begreifen, daß es notwendigerweise eine Zeitlang dauern wird, bis ein Volk restlos die inneren
Ab-
[718 Konzentration auf einen Gegner]
sichten einer Regierung erfaßt hat, da Erklärungen über die letzten Schlußziele einer bestimmten
politischen Vorarbeit nicht gegeben werden können, sondern nur entweder mit dem blinden Glauben der
Masse oder der intuitiven Einsicht der geistig höherstehenden Führerschichten gerechnet werden kann.
Da bei vielen Menschen jedoch dieses hellseherische politische Tastgefühl und Ahnungsvermögen nicht
vorhanden ist, Erläuterungen aber aus politischen Gründen nicht gegeben werden können, wird sich
immer ein Teil der intellektuellen Führerschicht gegen neue Tendenzen wenden, die infolge ihrer
Undurchsehbarkeit leicht als bloße Experimente gedeutet werden können. So wird der Widerstand der
besorgten konservativen Staatselemente wachgerufen.
Es ist jedoch aus diesem Grunde erst recht höchste Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß solchen Störern
einer Anbahnung von gegenseitigem Verstehen alle verwertbaren Waffen nach Möglichkeit aus der
Hand gewunden werden, besonders dann, wenn es sich, wie in unseren Fällen, ohnehin nur um ganz
unrealisierbare, rein phantastische Schwärmereien aufgeblasener Vereinspatrioten und spießbürgerlicher
Kaffeehauspolitiker handelt. Denn daß das Schreien nach einer neuen Kriegsflotte, der
Wiedergewinnung unserer Kolonien usw. wirklich bloß ein albernes Geschwätz ist, ohne auch nur einen
Gedanken praktischer Ausführbarkeit zu besitzen, wird man bei ruhigem Überlegen wohl kaum zu
bestreiten vermögen. Wie man aber in England diese unsinnigsten Ergüsse teils harmloser, teils
verrückter, immer aber im stillen Dienste unserer Todfeinde stehender Protestkämpen politisch ausnützt,
kann nicht als günstig für Deutschland bezeichnet werden. So erschöpft man sich in schädlichen
Demonstratiönchen gegen Gott und alle Welt und vergißt den ersten Grundsatz, der die Voraussetzung
für jeden Erfolg ist, nämlich: Was du tust, tue ganz! Indem man gegen fünf oder zehn Staaten mault,
unterläßt man die Konzentration der gesamten willensmäßigen und physischen Kräfte zum Stoß ins
Herz unseres verruchtesten Gegners und opfert die Mög-
×

[719 Abrechnung mit den Verrätern]
lichkeit einer bündnismäßigen Stärkung für diese Auseinandersetzung.
Auch hier liegt eine Mission der nationalsozialistischen Bewegung. Sie muß unser Volk lehren, über
Kleinigkeiten hinweg aufs Größte zu sehen, sich nicht in Nebensächlichkeiten zu zersplittern, sondern
nie zu vergessen, daß das Ziel, für das wir heute zu fechten haben, die nackte Existenz unseres Volkes
ist, und der einzige Feind, den wir treffen müssen, die Macht ist und bleibt, die diese Existenz uns raubt.
Es mag uns manches bitter schmerzen. Aber dies ist noch lange kein Grund, der Vernunft zu entsagen
und in unsinnigem Geschrei mit aller Welt zu hadern, statt in konzentrierter Kraft sich gegen den
tödlichsten Feind zu stellen.
Im übrigen hat das deutsche Volk so lange kein moralisches Recht, die andere Welt ob ihres Gebarens
anzuklagen, solange es nicht die Verbrecher zur Rechenschaft gezogen hat, die das eigene Land
verkauften und verrieten. Das ist kein heiliger Ernst, wenn man wohl gegen England, Italien usw. aus
der Ferne schimpft und protestiert, aber die Lumpen unter sich wandeln läßt, die im Sold der feindlichen
Kriegspropaganda uns die Waffen entwanden, das moralische Rückgrat zerbrachen und das gelähmte
Reich um dreißig Silberlinge verjobberten.
Der Feind tut nur, was vorauszusehen war. Aus seinem Verhalten und Handeln sollten wir lernen.
Wer sich aber durchaus nicht zur Höhe einer solchen Auffassung bekennen will, der mag als letztes
noch bedenken, daß dann eben nur Verzicht übrigbleibt, weil dann jede
[720 Siegen die nationalsozialistischen Interessen?]
Bündnispolitik für alle Zukunft ausscheidet. Denn wenn wir mit England uns nicht zu verbünden
vermögen, weil es uns die Kolonien raubte, mit Italien nicht, weil es Südtirol besitzt, mit Polen und der
Tschechoslowakei an sich nicht, dann bliebe außer Frankreich — das uns nebenbei aber doch Elsaß-
Lothringen stahl — in Europa niemand übrig.
Ob damit dem deutschen Volke gedient ist, kann kaum zweifelhaft sein. Zweifelhaft ist es nur immer, ob
eine solche Meinung von einem einfältigen Tropf vertreten wird oder von einem gerissenen Gauner.
Soweit es sich dabei um Führer handelt, glaube ich immer an das letztere.
So kann nach menschlichem Ermessen eine Umstellung der Psyche einzelner, bisher feindlicher Völker,
deren wahre Interessen in der Zukunft ähnlich den unseren gelagert sind, sehr wohl erfolgen, wenn die
innere Stärke unseres Staates sowie der ersichtliche Wille zur Wahrung unseres Daseins uns als
Bundesgenossen wieder wert erscheinen lassen und weiter den Gegnern einer solchen kommenden
Verbindung mit vordem uns feindlichen Völkern nicht wieder durch eigene Ungeschicklichkeiten oder
gar verbrecherische Handlungen der Nährstoff zu ihrem Treiben gegeben wird.
×
Am schwersten zu beantworten ist der dritte Einwand.
Ist es denkbar, daß die Vertreter der wirklichen Interessen der bündnismöglichen Nationen ihre
Ansichten durchzusetzen vermögen gegenüber dem Wollen des jüdischen Todfeindes freier Volks- und
Nationalstaaten?Können die Kräfte z. B. der traditionellen britischen Staatskunst den verheerenden
jüdischen Einfluß noch brechen oder nicht?Diese Frage ist, wie schon gesagt, sehr schwer zu
beantworten. Sie hängt von zu vielen Faktoren ab, als daß ein bündiges Urteil gesprochen werden
könnte. Sicher ist jedenfalls eines: In einem Staate kann die derzeitige Staatsgewalt als so fest stabilisiert
angesehen werden und so unbedingt den
[721 Faschistisches Italien und Judentum]
Interessen des Landes dienend, daß von einer wirklich wirksamen Verhinderung politischer
Notwendigkeiten durch internationale jüdische Kräfte nicht mehr gesprochen werden kann.
Der Kampf, den das faschistische Italien gegen die drei Hauptwaffen des Judentums, wenn auch
vielleicht im tiefsten Grunde unbewußt (was ich persönlich nicht glaube) durchführt, ist das beste
Anzeichen dafür, daß, wenn auch auf indirektem Wege, dieser überstaatlichen Macht die Giftzähne
ausgebrochen werden. Das Verbot der freimaurerischen Geheimgesellschaften, die Verfolgung der
übernationalen Presse sowie der dauernde Abbruch des internationalen Marxismus und umgekehrt die
stete Festigung der faschistischen Staatsauffassung werden im Laufe der Jahre die italienische
Regierung immer mehr den Interessen des italienischen Volkes dienen lassen können, ohne Rücksicht
auf das Gezische der jüdischen Welthydra.
Schwieriger liegen die Dinge in England. In diesem Lande der "freiesten Demokratie" diktiert der Jude
auf dem Umweg der öffentlichen Meinung heute noch fast unbeschränkt. Und dennoch findet auch dort
ein ununterbrochenes Ringen statt zwischen den Vertretern britischer Staatsinteressen und den
Verfechtern einer jüdischen Weltdiktatur.
Wie hart diese Gegensätze häufig aufeinanderprallen, konnte man nach dem Kriege zum ersten Male am
klarsten erkennen in der verschiedenen Einstellung der britischen Staatsleitung einerseits und der Presse
andererseits zum japanischen Problem.
Sofort nach Beendigung des Krieges begann die alte gegenseitige Gereiztheit zwischen Amerika und
Japan wieder in Erscheinung zu treten. Natürlich konnten auch die
[722 England und das Judentum]
großen europäischen Weltmächte dieser neuen drohenden Kriegsgefahr gegenüber nicht in
Gleichgültigkeit verharren. Alle verwandtschaftlichen Bindungen vermögen in England dennoch nicht
ein gewisses Gefühl neidischer Besorgtheit gegenüber dem Anwachsen der amerikanischen Union auf
allen Gebieten internationaler Wirtschafts- und Machtpolitik zu verhindern. Aus dem einstigen
Kolonialland, dem Kinde der großen Mutter, scheint eine neue Herrin der Welt zu erstehen. Man
versteht, wenn England heute in sorgenvoller Unruhe seine alten Bündnisse überprüft und die britische
Staatskunst mit Bangen einem Zeitpunkt entgegenstarrt, an dem es nicht mehr heißen wird: "Enland
über den Meeren!", sondern "Die Meere der Union!"Dem gigantischen amerikanischen Staatenkoloß mit
seinen enormen Reichtümern einer jungfräulichen Erde ist schwerer beizukommen als einem
eingezwängten Deutschen Reich. Wenn jemals auch hier die Würfel um die letzte Entscheidung rollen
würden, wäre England, wenn auf sich allein gestellt, dem Verhängnis geweiht. So greift man begierig
nach der gelben Faust und klammert sich an einen Bund, der, rassisch gedacht, vielleicht
unverantwortlich, staatspolitisch jedoch die einzige Möglichkeit einer Stärkung der britischen
Weltstellung gegenüber dem emporstrebenden amerikanischen Kontinent darstellt.
Während sich also die englische Staatsleitung trotz des gemeinsamen Kampfes auf den europäischen
Schlachtfeldern nicht entschließen wollte, den Bund mit dem asiatischen Partner zu lockern, fiel die
gesamte jüdische Presse diesem Bunde in den Rücken.
Wie ist es möglich, daß die jüdischen Organe, bis 1918 die getreuen Schi1dträger des britischen
Kampfes gegen das Deutsche Reich, nun auf einmal Treubruch üben und eigene Wege gehen?Die
Vernichtung Deutschlands war nicht englisches, sondern in erster Linie jüdisches Interesse, genau so
wie auch heute eine Vernichtung Japans weniger britisch-staatlichen Interessen dient, als den weit
ausgreifenden Wünschen der
[723 England und das Judentum]
Leiter des erhofften jüdischen Weltreichs. Während sich England um die Erhaltung seiner Stellung auf
dieser Welt abmüht, organisiert der Jude seinen Angriff zur Eroberung derselben.
Er sieht die heutigen europäischen Staaten bereits als willenlose Werkzeuge in seiner Faust, sei es auf
dem Umweg einer sogenannten westlichen Demokratie oder in der Form der direkten BeHerrschung
durch russischen Bolschewismus. Aber nicht nur die Alte Welt hätte er so umgarnt, sondern auch der
Neuen droht das gleiche Schicksal. Juden sind die Regenten der Börsenkräfte der amerikanischen
Union. Jedes Jahr läßt sie mehr zum KontrollHerrn der Arbeitskraft eines Einhundertzwanzig-Millionen-
Volkes aufsteigen; nur ganz wenige stehen auch heute noch, zu ihrem Zorne, ganz unabhängig da.
In gerissener Geschicklichkeit kneten sie die öffentliche Meinung und formen aus ihr das Instrument
eines Kampfes für die eigene Zukunft.
Schon glauben die größten Köpfe der Judenheit die Erfüllung ihres testamentarischen Wahlspruches des
großen Völkerfraßes herannahen zu sehen.
Innerhalb dieser großen Herde entnationalisierter Kolonialgebiete könnte ein einziger unabhängiger
Staat das ganze Werk in letzter Stunde noch zu Fall bringen. Denn eine bolschewisierte Welt vermag
nur zu bestehen, wenn sie alles umfaßt.
Bleibt auch nur ein Staat in seiner nationalen Kraft und Größe erhalten, wird und muß das jüdische
Weltsatrapenreich, wie jede Tyrannei auf dieser Welt, der Kraft des nationalen Gedankens erliegen.
Nun weiß der Jude zu genau, daß er in seiner tausendjährigen Anpassung wohl europäische Völker zu
unterhöhlen und zu geschlechtslosen Bastarden zu erziehen vermag, allein einem asiatischen
Nationalstaat von der Art Japans dieses Schicksal kaum zuzufügen in der Lage wäre. Er vermag heute
den Deutschen und den Engländer, Amerikaner und Franzosen zu mimen, zum gelben Asiaten fehlen
ihm die Brücken. So sucht er den japanischen Nationalstaat
[724 Japan und das Judentum]
noch mit der Kraft ähnlicher Gebilde von heute zu brechen, um sich des gefährlichen Widersachers zu
entledigen, ehe in seiner Faust die letzte staatliche Macht zu einer Despotie über wehrlose Wesen
verwandelt wird.
Er scheut in seinem tausendjährigen Judenreich einen japanischen Nationalstaat und wünscht deshalb
dessen Vernichtung noch vor Begründung seiner eigenen Diktatur.
So hetzt er heute die Völker gegen Japan wie einst gegen Deutschland, und so kann es kommen, daß,
während die britische Staatskunst noch auf das Bündnis mit Japan zu bauen versucht, die britisch
jüdische Presse bereits den Kampf gegen den Bundesgenossen fordert und unter der Proklamation der
Demokratie und unter dem Schlachtruf: "Nieder mit dem japanischen Militarismus und Kaiserismus!"
den Vernichtungskrieg vorbereitet.
So ist der Jude heute in England unbotmäßig geworden.
Der Kampf gegen die jüdische Weltgefahr wird damit auch dort beginnen.
Und wieder hat gerade die nationalsozialistische Bewegung ihre gewaltigste Aufgabe zu erfüllen: Sie
muß dem Volk die Augen öffnen über die fremden Nationen und muß den wahren Feind unserer
heutigen Welt immer und immer wieder in Erinnerung bringen. An Stelle des Hasses gegen Arier, von
denen uns fast alles trennen kann, mit denen uns jedoch gemeinsames Blut oder die große Linie einer
zusammengehörigen Kultur verbindet, muß sie den bösen Feind der Menschheit, als den wirklichen
Urheber allen Leides, dem allgemeinen Zorne weihen.
Sorgen aber muß sie dafür, daß wenigstens in unserem Lande der tödlichste Gegner erkannt und der
Kampf gegen ihn als leuchtendes Zeichen einer lichteren Zeit auch den anderen Völkern den Weg
[725 Unser Kampf gegen den Weltfeind]
weisen möge zum Heil einer ringenden arischen Menschheit.
Im übrigen mag dann die Vernunft unsere Leiterin sein, der Wille unsere Kraft. Die heilige Pflicht, so zu
handeln, gebe uns Beharrlichkeit, und höchster SchirmHerr bleibe unser Glaube.
[726]

14. Kapitel:
Ostorientierung oder Ostpolitik
Es sind zwei Gründe, die mich veranlassen, das Verhältnis Deutschlands zu Rußland einer besonderen
Prüfung zu unterziehen: 1. handelt es sich in diesem Falle um die vielleicht entscheidendste
Angelegenheit der deutschen Außenpolitik überhaupt, und2. ist diese Frage auch der Prüfstein für die
politische Fähigkeit der jungen nationalsozialistischen Bewegung, klar zu denken und richtig zu
handeln.
Ich muß gestehen, daß mich besonders der zweite Punkt manches Mal mit banger Sorge erfüllt. Da
unsere junge Bewegung das Material ihrer Anhänger nicht aus dem Lager der Indifferenten holt,
sondern aus meist sehr extremen Weltanschauungen, ist es nur zu natürlich, wenn diese Menschen auch
auf dem Gebiete des außenpolitischen Verständnisses zunächst belastet sind mit den
Voreingenommenheiten oder dem geringen Verständnis der Kreise, denen sie vorher politisch und
weltanschaulich zugerechnet werden mußten. Dabei gilt dies keineswegs nur für den Mann, der von
links zu uns kommt. Im Gegenteil. So schädlich dessen bisherige Belehrung über solche Probleme sein
mochte, so wurde sie in nicht seltenen Fällen, wenigstens teilweise, wieder ausgeglichen durch einen
vorhandenen Rest natürlichen und gesunden Instinktes. Es war dann nur notwendige die frühere
aufgedrungene Beeinflussung durch eine bessere Einstellung zu ersetzen, und man konnte sehr häufig
als besten Verbündeten den noch vorhandenen an sich gesunden Instinkt und Selbsterhaltungstrieb
erkennen.
[727 Voreingenommenheit in außenpolitischen Fragen]
Viel schwerer ist es dagegen, einen Menschen zum klaren politischen Denken zu bestimmen, dessen
bisherige Erziehung auf dem Gebiete nicht minder bar jeder Vernunft und Logik war, der aber zu allem
auch den legten Rest natürlichen Instinktes auf dem Altar der Objektivität geopfert hatte. Gerade die
Angehörigen unserer sogenannten Intelligenz sind am schwersten zu einer wirklich klaren und logischen
Vertretung ihrer Interessen und, der Interessen ihres Volkes nach außen zu bewegen. Sie sind nicht nur
belastet mit einem förmlichen Bleigewicht unsinnigster Vorstellungen und Voreingenommenheiten,
sondern haben zu allem Überfluß außerdem noch jeden gesunden Trieb zur Selbsterhaltung verloren und
aufgegeben. Auch die nationalsozialistische Bewegung hat mit diesen Menschen schwere Kämpfe zu
bestehen, schwer deshalb, weil sie leider trotz vollkommenen Unvermögens nicht selten von einer
außerordentlichen Einbildung besessen sind, die sie auf andere, meistens sogar gesündere Menschen
ohne jede innere Berechtigung von oben herabblicken läßt. Hochnäsig-arrogante Besserwisser ohne alle
Fähigkeit kühlen Prüfens und Wägens, die aber als Voraussetzung jedes außenpolitischen Wollens und
Tuns angesehen werden muß.
Da gerade diese Kreise heute beginnen, die Zielrichtung unserer Außenpolitik in der unseligsten Weise
von einer wirklichen Vertretung völkischer Interessen unseres Volkes abzudrehen, um sie statt dessen in
den Dienst ihrer phantastischen Ideologie zu stellen, fühle ich mich verpflichtet, vor meinen Anhängern
die wichtigste außenpolitische Frage, nämlich das Verhältnis zu Rußland, besonders und so gründlich zu
behandeln, als dies zum allgemeinen Verständnis nötig und im Rahmen eines solchen Werkes möglich
ist.
Ich will dabei im allgemeinen noch folgendes vorausschicken: Wenn wir unter Außenpolitik die
Regelung des Verhältnisses eines Volkes zur übrigen Welt zu verstehen haben, so wird die Art der
Regelung durch ganz bestimmte Tatsachen bedingt werden. Als Nationalsozialisten können
[728 Bedeutung der Grundfläche des Staates]
wir weiter über das Wesen der Außenpolitik eines völkischen Staates folgenden Satz aufstellen: Die
Außenpolitik des völkischen Staates hat die Existenz der durch den Staat zusammengefaßten Rasse auf
diesem Planeten sicherzustellen, indem sie zwischen der Zahl und dem Wachstum des Volkes einerseits
und der Größe und Güte des Grund und Bodens andererseits ein gesundes, lebensfähiges, natürliches
Verhältnis schafft.
Als gesundes Verhältnis darf dabei immer nur jener Zustand angesehen werden, der die Ernährung eines
Volkes auf eigenem Grund und Boden sichert. Jeder andere Zustand, mag er auch Jahrhunderte, ja selbst
Jahrtausende andauern, ist nichtsdestoweniger ein ungesunder und wird früher oder später zu einer
Schädigung, wenn nicht zur Vernichtung des betreffenden Volkes führen.
Nur ein genügend großer Raum auf dieser Erde sichert einem Volke die Freiheit des Daseins.
Dabei kann man die notwendige Größe des Siedlungsgebietes nicht ausschließlich von den
Erfordernissen der Gegenwart aus beurteilen, ja nicht einmal von der Größe des Bodenertrages,
umgerechnet auf die Zahl des Volkes. Denn, wie ich schon im ersten Band unter "Deutsche
Bündnispolitik vor dem Kriege" ausführte, kommt der Grundfläche eines Staates außer ihrer Bedeutung
als direkter Nährquelle eines Volkes auch noch eine andere, die militärpolitische, zu. Wenn ein Volk in
der Größe seines Grund und Bodens seine Ernährung an sich gesichert hat, so ist es dennoch notwendig,
auch noch die Sicherstellung des vorhandenen Bodens selbst zu bedenken. Sie liegt in der allgemeinen
machtpolitischen Stärke des Staates, die wieder nicht wenig durch militärgengraphische Gesichtspunkte
bestimmt wird.
So wird das deutsche Volk seine Zukunft nur als Welt-
[729 Raumgröße und Weltmacht]
macht vertreten können. Durch fast zweitausend Jahre war die Interessenvertretung unseres Volkes, wie
wir unsere mehr oder minder glückliche außenpolitische Betätigung bezeichnen sollten, Weltgeschichte.
Wir selbst sind Zeugen dessen gewesen: denn das gigantische Völkerringen der Jahre 1914 bis 1918 war
nur das Ringen des deutschen Volkes um seine Existenz auf dem Erdball, die Art des Vorganges selbst
bezeichnen wir aber als Weltkrieg.
In diesen Kampf schritt das deutsche Volk als vermeintliche Weltmacht. Ich sage hier vermeintliche,
denn in Wirklichkeit war es keine. Würde das deutsche Volk im Jahre 1914 ein anderes Verhältnis
zwischen Bodenfläche und Volkszahl gehabt haben, so wäre Deutschland wirklich Weltmacht gewesen,
und der Krieg hätte, von allen anderen Faktoren abgesehen, günstig beendet werden können.
Es ist hier nicht meine Aufgabe oder auch nur meine Absicht, auf das "Wenn" hinzuweisen, falls das
"Aber" nicht gewesen wäre. Wohl empfinde ich es jedoch als unbedingte Notwendigkeit, den
bestehenden Zustand ungeschminkt und nüchtern darzulegen, auf seine beängstigenden Schwächen
hinzuweisen, um wenigstens in den Reihen der nationalsozialistischen Bewegung die Einsicht in das
Notwendige zu vertiefen.
Deutschland ist heute keine Weltmacht. Selbst wenn unsere augenblickliche militärische Ohnmacht
überwunden würde, hätten wir doch auf diesen Titel keinerlei Anspruch mehr. Was bedeutet heute auf
dem Planeten ein Gebilde, das in seinem Verhältnis von Volkszahl zur Grundfläche so jämmerlich
beschaffen ist wie das derzeitige Deutsche Reich? In einem Zeitalter, in dem allmählich die Erde in den
Besitz von Staaten aufgeteilt wird, von denen manche selbst nahezu Kontinente umspannen, kann man
nicht von Weltmacht bei einem Gebilde reden, dessen politisches Mutterland auf die lächerliche
Grundfläche von kaum fünfhunderttausend Quadratkilometer beschränkt ist.
Rein territorial angesehen, verschwindet der Flächeninhalt des Deutschen Reiches vollständig gegenüber
fremder sogenannten Weltmächte. Man führe ja nicht England als Gegenbeweis an, denn das englische
Mutterland ist wirk-
[730 Französische und deutsche Kolonialpolitik]
lich nur die große Hauptstadt des britischen Weltreiches, das fast ein Viertel der ganzen Erdoberfläche
sein eigen nennt. Weiter müssen wir als Riesenstaaten in erster Linie die amerikanische Union, sodann
Rußland und China ansehen. Lauter Raumgebilde von zum Teil mehr als zehnfach größerer Fläche als
das derzeitige Deutsche Reich. Und selbst Frankreich muß unter diese Staaten gerechnet werden. Nicht
nur, daß es in immer größerem Umfang aus den farbigen Menschenbeständen seines Riesenreiches das
Heer ergänzt, macht es auch rassisch in seiner Vernegerung so rapide Fortschritte, daß man tatsächlich
von einer Entstehung eines afrikanischen Staates auf europäischem Boden reden kann. Die
Kolonialpolitik des heutigen Frankreichs ist nicht zu vergleichen mit der des vergangenen Deutschlands.
Würde sich die Entwicklung Frankreichs im heutigen Stile noch dreihundert Jahre fortsetzen, so wären
die letzten fränkischen Blutsreste in dem sich bildenden europa-afrikanischen Mulattenstaat
untergegangen. Ein gewaltiges, geschlossenes Siedlungsgebiet vom Rhein bis zum Kongo, erfüllt von
einer aus dauernder Bastardierung langsam sich bildenden niederen Rasse.
Das unterscheidet die französische Kolonialpolitik von der alten deutschen.
Die einstige deutsche Kolonialpolitik war halb, wie alles, was wir taten. Sie hat weder das
Siedlungsgebiet der deutschen Rasse vergrößert, noch hat sie den — wenn auch verbrecherischen —
Versuch unternommen, durch den Einsatz von schwarzem Blut eine Machtstärkung des Reiches
herbeizuführen. Die Askari in Deutsch-Ostafrika waren ein kleiner, zögernder Schritt auf diesem Wege.
Tatsächlich dienten sie nur zur Verteidigung der Kolonie selbst. Der Gedanke, schwarze Truppen auf
einen europäischen Kriegsschauplatz zu bringen, war, ganz abgesehen von der tatsächlichen
Unmöglichkeit im Weltkrieg, auch als eine unter günstigeren Umständen zu verwirklichende Absicht
nie vorhanden gewesen, während er, umgekehrt, bei den Franzosen von jeher als innere Begründung
ihrer kolonialen Betätigung angesehen und empfunden wurde.
[731 Geschichtliche Mission des Nationalsozialismus]
So sehen wir heute auf der Erde eine Anzahl von Machtstaaten, die nicht nur in ihrer Volkszahl zum
Teil weit über die Stärke unseres deutschen Volkes hinausschießen, sondern die vor allem in ihrer
Grundfläche die größte Stütze ihrer politischen Machtstellung besitzen. Noch nie war, an Grundfläche
und Volkszahl gemessen, das Verhältnis des Deutschen Reiches zu anderen in die Erscheinung tretenden
Weltstaaten so ungünstig wie zu Beginn unserer Geschichte vor zweitausend Jahren und dann wieder
heute. Damals traten wir als junges Volk stürmend in eine Welt zerfallender großer Staatengebilde,
deren letzten Riesen, Rom, wir selbst mithalfen, zur Strecke zu bringen. Heute befinden wir uns in einer
Welt von sich bildenden großen Machtstaaten, in der unser eigenes Reich immer mehr zur
Bedeutungslosigkeit herabsinkt.
Es ist notwendig, daß wir uns diese bittere Wahrheit kühl und nüchtern vor Augen halten. Es ist
notwendig, daß wir das Deutsche Reich nach Volkszahl und Flächeninhalt in seinem Verhältnis zu
anderen Staaten durch die Jahrhunderte hindurch verfolgen und vergleichen. Ich weiß, daß dann jeder
mit Bestürzung zu dem Resultat kommen wird, welches ich eingangs dieser Betrachtung schon
aussprach: Deutschland ist keine Weltmacht mehr, gleichgültig, ob es militärisch stark oder schwach
dasteht.
Wir sind außer jedem Verhältnis zu den anderen großen Staaten der Erde geraten, und dies nur dank der
geradezu verhängnisvollen außenpolitischen Leitung unseres Volkes, dank völligen Fehlens einer, ich
möchte fast sagen testamentarischen Festlegung auf ein bestimmtes außenpolitisches Ziel und dank des
Verlustes jedes gesunden Instinktes und Triebes zur Selbsterhaltung.
Wenn die nationalsozialistische Bewegung wirklich die Weihe einer großen Mission für unser Volk vor
der Geschichte erhalten will, muß sie, durchdrungen von der Erkenntnis und erfüllt vom Schmerz über
seine wirkliche Lage auf dieser Erde,
[732 Geschichtliche Mission des Nationalsozialismus]
kühn und zielbewußt den Kampf aufnehmen gegen die Ziellosigkeit und Unfähigkeit, die bisher unser
deutsches Volk auf seinen außenpolitischen Wegen leiteten. Sie muß dann, ohne Rücksicht auf
"Traditionen" und Vorurteile, den Mut finden, unser Volk und seine Kraft zu sammeln zum Vormarsch
auf jener Straße, die aus der heutigen Beengtheit des Lebensraumes dieses Volk hinausführt zu neuem
Grund und Boden und damit auch für immer von der Gefahr befreit, auf dieser Erde zu vergehen oder
als Sklavenvolk die Dienste anderer besorgen zu müssen.
Die nationalsozialistische Bewegung muß versuchen, das Mißverhältnis zwischen unserer Volkszahl
und unserer Bodenfläche — diese als Nährquelle sowohl wie auch als machtpolitischer Stützpunkt
angesehen —, zwischen unserer historischen Vergangenheit und der Aussichtslosigkeit unserer
Ohnmacht in der Gegenwart zu beseitigen. Sie muß sich dabei bewußt bleiben, daß wir als Wahrer
höchsten Menschentums auf dieser Erde auch an eine höchste Verpflichtung gebunden sind, und sie
wird um so mehr dieser Verpflichtung zu genügen vermögen, je mehr sie dafür sorgt, daß das deutsche
Volk rassisch zur Besinnung gelangt und sich außer der Zucht von Hunden, Pferden und Katzen auch
des eigenen Blutes erbarmt.

Wenn ich die bisherige deutsche Außenpolitik als ziellos und unfähig bezeichne, so liegt der Beweis für
meine Behauptung im tatsächlichen Versagen dieser Politik. Wäre unser Volk geistig minderwertig oder
feige gewesen, so könnten die Ergebnisse seines Ringens auf der Erde nicht schlimmere sein, als wir sie
heute vor uns sehen. Auch die
[733 Die bleibenden Früchte tausendjähriger Politik]
Entwicklung der letzten Jahrzehnte vor dem Kriege darf uns darüber nicht hinwegtäuschen; denn man
kann nicht die Stärke eines Reiches an ihm selbst messen, sondern nur auf dem Wege des Vergleiches
mit anderen Staaten. Gerade ein solcher Vergleich liefert aber den Beweis, daß die Stärkezunahme
anderer Staaten nicht nur eine gleichmäßigere, sondern auch in der Endwirkung eine größere war; daß
also der Weg Deutschlands, trotz allem scheinbaren Aufstieg, in Wahrheit sich von dem der anderen
Staaten mehr und mehr entfernte und weit zurückblieb, kurz, der Größenunterschied zu unseren
Ungunsten sich erweiterte. Ja, selbst der Volkszahl nach blieben wir, je länger, desto mehr, zurück. Da
nun unser Volk an Heldentum bestimmt von keinem anderen der Erde übertroffen wird, ja, alles in allem
genommen, für die Erhaltung seines Daseins sicherlich den größten Bluteinsatz von allen Völkern der
Erde gab, kann der Mißerfolg nur in der verfehlten Art des Einsatzes liegen.
Wenn wir in diesem Zusammenhang die politischen Erlebnisse unseres Volkes seit über tausend Jahren
überprüfen, alle die zahllosen Kriege und Kämpfe vor unseren Augen vorüberziehen lassen, und das
durch sie geschaffene, heute vor uns liegende Endresultat untersuchen, so werden wir gestehen müssen,
daß aus diesem Blutmeer eigentlich nur drei Erscheinungen hervorgegangen sind, die wir als bleibende
Früchte klar bestimmter außenpolitischer und überhaupt politischer Vorgänge ansprechen dürfen: 1. die
hauptsächlich von Bajuwaren betätigte Kolonisation der Ostmark, 2. die Erwerbung und Durchdringung
des Gebietes östlich der Elbe, und 3. die von den Hohenzollern betätigte Organisation des
brandenburgisch-preußischen Staates als Vorbild und Kristallisationskern eines neuen Reiches.
Eine lehrreiche Warnung für die Zukunft! Jene beiden ersten großen Erfolge unserer Außenpolitik sind
die dauerhaftesten geblieben. Ohne sie würde unser Volk heute überhaupt keine Rolle mehr spielen. Sie
waren
[734 Die bleibenden Früchte tausendjähriger Politik]
der erste, leider aber auch der einzige gelungene Versuch, die steigende Volkszahl in Einklang zu
bringen mit der Größe an Grund und Boden. Und es muß als wahrhaft verhängnisvoll angesehen
werden, daß unsere deutsche Geschichtsschreibung diese beiden weitaus gewaltigsten und für die
Nachwelt bedeutungsvollsten Leistungen nie richtig zu würdigen verstand, demgegenüber aber alles
mögliche verherrlicht, phantastisches Heldentum, zahllose abenteuerliche Kämpfe und Kriege
bewundernd preist, anstatt endlich zu erkennen, wie bedeutungslos für die große Entwicklungslinie der
Nation die meisten dieser Ereignisse gewesen sind.
Der dritte große Erfolg unserer politischen Tätigkeit liegt in der Bildung des preußischen Staates und der
durch ihn herbeigeführten Züchtung eines besonderen Staatsgedankens sowie des der modernen Welt
angepaßten, in organisierte Form gebrachten Selbsterhaltungs- und Selbstverteidigungstriebes des
deutschen Heeres. Die Umstellung des Wehrgedankens des einzelnen zur Wehrpflicht der Nation ist
diesem Staatsgebilde und seiner neuen Staatsauffassung entsprossen. Die Bedeutung dieses Vorgangs
kann gar nicht überschätzt werden. Gerade das durch seine blutsmäßige Zerrissenheit
überindividualistisch zersetzte deutsche Volk erhielt auf dem Wege der Disziplinierung durch den
preußischen Heeresorganismus wenigstens einen Teil der ihm längst abhanden gekommenen
Organisationsfähigkeit zurück. Was bei den andern Völkern im Trieb ihrer Herdengemeinschaft noch
ursprünglich vorhanden ist, erhielten wir, wenigstens teilweise, durch den Prozeß der militärischen
Ausbildung künstlich für unsere Volksgemeinschaft wieder zurück. Daher ist auch die Beseitigung der
allgemeinen Wehrpflicht — die für Dutzende anderer Völker belanglos sein könnte — für uns von der
folgenschwersten Bedeutung. Zehn deutsche Generationen ohne korrigierende und erziehende
militärische Ausbildung, den üblen Wirkungen ihrer blutsmäßigen und dadurch weltanschaulichen
Zerrissenheit überlassen — und unser Volk hätte wirklich den letzten Rest einer selbständigen Existenz
auf diesem
[735 Keinen Hurra-Patriotismus!]
Planeten verloren. Der deutsche Geist könnte nur im Einzelmenschen im Schoße fremder Nationen
seinen Beitrag zur Kultur leisten, ohne auch nur in seinem Ursprung erkannt zu werden. Kulturdünger so
lange, bis der letzte Rest arisch-nordischen Blutes in uns verdorben oder ausgelöscht sein würde.
Es ist bemerkenswert, daß die Bedeutung dieser wirklichen politischen Erfolge, die unser Volk in seinen
mehr als tausendjährigen Kämpfen davontrug, von unseren Gegnern weit besser begriffen und
gewürdigt wird als von uns selbst. Wir schwärmen auch heute noch von einem Heroismus, der unserem
Volke Millionen seiner edelsten Blutträger raubte, im Endergebnis jedoch vollkommen unfruchtbar
blieb.
Die Auseinanderhaltung der wirklichen politischen Erfolge unseres Volkes und des für unfruchtbare
Zwecke eingesetzten nationalen Blutes ist von höchster Bedeutung für unser Verhalten in der Gegenwart
und in der Zukunft.
Wir Nationalsozialisten dürfen nie und nimmer in den üblichen Hurra-Patriotismus unserer heutigen
bürgerlichen Welt einstimmen. Insbesondere ist es todgefährlich, die letzte Entwicklung vor dem Kriege
als auch nur im geringsten bindend für unseren eigenen Weg anzusehen. Aus der ganzen geschichtlichen
Periode des neunzehnten Jahrhunderts kann für uns nicht eine einzige Verpflichtung gefolgert werden,
die in dieser Periode selbst begründet läge. Wir haben uns, im Gegensatz zum Verhalten der
Repräsentanten dieser Zeit, wieder zur Vertretung des obersten Gesichtspunktes jeder Außenpolitik zu
bekennen, nämlich: den Boden in Einklang zu bringen mit der Volkszahl. Ja, wir können aus der
Vergangenheit nur lernen, daß wir die Zielsetzung für unser politisches Handeln in doppelter Richtung
vorzunehmen haben: Grund und Boden als Ziel unserer Außenpolitik und ein neues,
[736 Der Ruf nach den alten Grenzen]
weltanschaulich gefestigtes, einheitliches Fundament als Ziel politischen Handelns im Innern.
×
Ich will noch kurz Stellung nehmen zur Frage, inwiefern die Forderung nach Grund und Boden sittlich
und moralisch berechtigt erscheint. Es ist dies notwendig, da leider selbst in den sogenannten völkischen
Kreisen alle möglichen salbungsvollen Schwätzer auftreten, die sich bemühen, dem deutschen Volk als
Ziel seines außenpolitischen Handelns die Wiedergutmachung des Unrechts von 1918 vorzuzeichnen,
darüber hinaus jedoch die ganze Welt der völkischen Brüderlichkeit und Sympathie zu versichern für
nötig halten.
Vorwegnehmen möchte ich dabei folgendes: Die Forderung nach Wiederherstellung der Grenzen des
Jahres 1914 ist ein politischer Unsinn von Ausmaßen und Folgen, die ihn als Verbrechen erscheinen
lassen. Ganz abgesehen davon, daß die Grenzen des Reiches im Jahre 1914 alles andere eher als
logische waren. Denn sie waren in Wirklichkeit weder vollständig in bezug auf die Zusammenfassuug
der Menschen deutscher Nationalität noch vernünftig in Hinsicht auf ihre militärgeographische
Zweckmäßigkeit. Sie waren nicht das Ergebnis eines überlegten politischen Handelns, sondern
Augenblicksgrenzen eines in keinerlei Weise abgeschlossenen politischen Ringens, ja zum Teil Folgen
eines Zufallsspieles. Man könnte mit demselben Recht und in vielen Fällen mit mehr Recht irgendein
anderes Stichjahr der deutschen Geschichte herausgreifen, um in der Wiederherstellung der damaligen
Verhältnisse das Ziel einer außenpolitischen Betätigung zu erklären. Obige Forderung entspricht aber
ganz unserer bürgerlichen Welt, die auch hier nicht
[737 Der Ruf nach den alten Grenzen]
einen einzigen tragenden politischen Gedanken für die Zukunft besitzt, vielmehr nur in der
Vergangenheit lebt, und zwar in der allernächsten; denn selbst der Blick nach rückwärts reicht nicht über
ihre eigene Zeit hinaus. Das Gesetz der Trägheit bindet sie an einen gegebenen Zustand, läßt sie
Widerstand leisten gegen jegliche Veränderung desselben, ohne jedoch die Aktivität dieser Gegenwehr
jemals über das nackte Beharrungsvermögen zu steigern. So ist es selbstverständlich, daß der politische
Horizont dieser Leute über die Grenze des Jahres 1914 nicht hinausreicht. Indem sie aber die
Wiederherstellung jener Grenzen als das politische Ziel ihres Handelns proklamieren, verbinden sie stets
aufs neue den zerfallenden Bund unserer Gegner. Nur so ist es erklärlich, daß acht Jahre nach einem
Weltringen, an dem Staaten mit teilweise heterogensten Wünschen und Zielen teilnahmen, noch immer
die Koalition der damaligen Sieger sich in mehr oder weniger geschlossener Form zu halten vermag.
Alle diese Staaten waren seinerzeit Nutznießer am deutschen Zusammenbruch. Die Furcht vor unserer
Stärke ließ damals den Geiz und Neid der einzelnen Großen untereinander zurücktreten. Sie sahen in
einer möglichst allgemein durchgeführten Beerbung unseres Reiches den besten Schutz gegen eine
kommende Erhebung. Das schlechte Gewissen und die Angst vor der Kraft unseres Volkes ist der
dauerhafteste Kitt, die einzelnen Glieder dieses Bundes auch heute noch zusammenzuhalten.
Und wir täuschen sie nicht. Indem unsere bürgerliche Welt die Wiederherstellung der Grenzen vom
Jahre 1914 als politisches Programm für Deutschland aufstellt, scheucht sie jeden etwa aus dem Bunde
unserer Feinde springen wollenden Partner wieder zurück, da dieser Angst haben muß, isoliert
angegriffen zu werden und dadurch des Schutzes der einzelnen Mitverbündeten verlustig zu gehen.
Jeder einzelne Staat fühlt sich durch jene Parole betrogen und bedroht.
Dabei ist sie in zweifacher Hinsicht unsinnig: 1. weil die Machtmittel fehlen, um sie aus dem Dunst der
Vereinsabende in die Wirklichkeit umzusetzen, und
[738 Der Ruf nach den alten Grenzen]
2. weil, wenn sie sich auch verwirklichen ließe, das Ergebnis doch wieder so erbärmlich wäre, daß es
sich, wahrhaftiger Gott, nicht lohnen würde, dafür erneut das Blut unseres Volkes einzusetzen.
Denn daß auch die Wiederherstellung der Grenzen des Jahres 1914 nur mit Blut zu erreichen wäre,
dürfte kaum für irgend jemand fraglich erscheinen. Nur kindlich-naive Geister mögen sich in dem
Gedanken wiegen, auf Schleich- und Bettelwegen eine Korrektur von Versailles herbeiführen zu
können. Ganz abgesehen davon, daß ein solcher Versuch eine Talleyrand-Natur voraussehen würde, die
wir nicht besitzen. Die eine Hälfte unserer politischen Existenzen besteht aus sehr geriebenen, aber
ebenso charakterlosen und überhaupt unserem Volke feindlich gesinnten Elementen, während die andere
sich aus gutmütigen, harmlosen und willfährigen Schwachköpfen zusammensetzt. Zudem haben sich die
Zeiten seit dem Wiener Kongresse geändert: Nicht Fürsten und fürstliche Mätressen schachern und
feilschen um Staatsgrenzen, sondern der unerbittliche Weltjude kämpft für seine Herrschaft über die
Völker. Kein Volk entfernt diese Faust anders von seiner Gurgel als durch das Schwert. Nur die
gesammelte konzentrierte Stärke einer kraftvoll sich aufbäumenden nationalen Leidenschaft vermag der
internationalen Völkerversklavung zu trotzen. Ein solcher Vorgang ist und bleibt aber ein blutiger.
Wenn man jedoch der Überzeugung huldigt, daß die deutsche Zukunft, so oder so, den höchsten Einsatz
erfordert, muß man, ganz abgesehen von allen Erwägungen politischer Klugheit an sich, schon um
dieses Einsatzes willen ein dessen würdiges Ziel aufstellen und verfechten. Die Grenzen des Jahres 1914
bedeuten für die Zukunft der deutschen Nation gar nichts. In ihnen lag weder ein Schutz der
Vergangenheit, noch läge in ihnen eine Stärke für die Zukunft. Das deutsche Volk wird durch sie weder
seine innere Geschlossenheit erhalten, noch wird seine Ernährung durch sie sichergestellt, noch
erscheinen diese
[739 Außenpolitisches Ziel des Nationalsozialismus]
Grenzen, vom militärischen Gesichtspunkt aus betrachtet, als zweckmäßig oder auch nur befriedigend,
noch können sie endlich das Verhältnis bessern, in dem wir uns zur Zeit den anderen Weltmächten oder,
besser gesagt, den wirklichen Weltmächten gegenüber befinden. Der Abstand von England wird nicht
verkürzt, die Größe der Union nicht erreicht; ja, nicht einmal Frankreich würde eine wesentliche
Schmälerung seiner weltpolitischen Bedeutung erfahren.
Nur eines wäre sicher: Selbst bei günstigem Erfolge würde ein solcher Versuch der Wiederherstellung
der Grenzen von 1914 zu einer weiteren Ausblutung unseres Volkskörpers führen in einem Umfange,
daß für die das Leben und die Zukunft der Nation wirklich sichernden Entschlüsse und Taten kein
wertvoller Bluteinsatz mehr vorhanden wäre. Im Gegenteil, im Rausche eines solchen seichten Erfolges
würde man auf jede weitere Zielsetzung um so lieber verzichten, als die "nationale Ehre" ja repariert und
der kommerziellen Entwicklung, wenigstens bis auf weiteres, wieder einige Tore geöffnet wären.
Demgegenüber müssen wir Nationalsozialisten unverrückbar an unserem außenpolitischen Ziele
festhalten, nämlich dem deutschen Volk den ihm gebührenden Grund und Boden auf dieser Erde zu
sichern. Und diese Aktion ist die einzige, die vor Gott und unserer deutschen Nachwelt einen
Bluteinsatz gerechtfertigt erscheinen läßt: Vor Gott, insofern wir auf diese Welt gesetzt sind mit der
Bestimmung des ewigen Kampfes um das tägliche Brot, als Wesen, denen nichts geschenkt wird, und
die ihre Stellung als Herren der Erde nur der Genialität und dem Mute verdanken, mit dem sie sich diese
zu erkämpfen und zu wahren wissen; vor unserer deutschen Nachwelt aber, insofern wir keines Bürgers
Blut vergossen, aus dem nicht tausend andere der Nachwelt geschenkt werden. Der Grund und Boden,
auf dem dereinst deutsche Bauerngeschlechter kraftvolle Söhne zeugen können, wird die Billigung des
Einsatzes der Söhne von heute zulassen, die verantwortlichen Staatsmänner aber, wenn
[740 Keine Sentimentalität in der Außenpolitik]
auch von der Gegenwart verfolgt, dereinst freisprechen von Blutschuld und Volksopferung.
Ich muß mich dabei schärfstens gegen jene völkischen Schreiberseelen wenden, die in einem solchen
Bodenerwerb eine "Verletzung heiliger Menschenrechte" zu erblicken vorgeben und demgemäß ihr
Geschreibsel dagegen ansetzen. Man weiß ja nie, wer hinter einem solchen Burschen steckt. Sicher ist
nur, daß die Verwirrung, die sie anzurichten vermögen, den Feinden unseres Volkes erwünscht und
gelegen kommt. Durch eine solche Haltung helfen sie frevelhaft mit, unserem Volke von innen heraus
den Willen für die einzig richtige Art der Vertretung seiner Lebensnotwendigkeiten zu schwächen und
zu beseitigen. Denn kein Volk besitzt auf dieser Erde auch nur einen Quadratmeter Grund und Boden
auf höheren Wunsch und laut höherem Recht. So wie Deutschlands Grenzen Grenzen des Zufalls sind
und Augenblicksgrenzen im jeweiligen politischen Ringen der Zeit, so auch die Grenzen der
Lebensräume der anderen Völker. Und so, wie die Gestaltung unserer Erdoberfläche nur dem
gedankenlosen Schwachkopf als graniten unveränderlich erscheinen mag, in Wahrheit aber nur für jede
Zeit einen scheinbaren Ruhepunkt in einer laufenden Entwicklung darstellt, geschaffen in dauerndem
Werden durch die gewaltigen Kräfte der Natur, um vielleicht schon morgen durch größere Kräfte
Zerstörung oder Umbildung zu erfahren, so auch im Völkerleben die Grenzen der Lebensräume.
Staatsgrenzen werden durch Menschen geschaffen und durch Menschen geändert.
Die Tatsache des Gelingens eines unmäßigen Bodenerwerbs durch ein Volk ist keine höhere
Verpflichtung zur ewigen Anerkennung desselben. Sie beweist höchstens die Kraft der Eroberer und die
Schwäche der Dulder. Und nur in dieser Kraft allein liegt dann das Recht. Wenn das deutsche Volk
heute, auf unmöglicher Grundfläche zusammengepfercht, einer jämmerlichen Zukunft entgegengeht, so
ist dies ebensowenig ein Gebot des Schicksals, wie ein Auflehnen dagegen eine Brüskierung desselben
darstellt.
[741 Keine Sentimentalität in der Außenpolitik]
Genau so wenig wie etwa eine höhere Macht einem anderen Volke mehr Grund und Boden als dem
deutschen zugesprochen hat oder durch die Tatsache dieser ungerechten Bodenverteilung beleidigt wird.
So wie unsere Vorfahren den Boden, auf dem wir heute leben, nicht vom Himmel geschenkt erhielten,
sondern durch Lebenseinsatz erkämpfen mußten, so wird auch uns in Zukunft den Boden und damit das
Leben für unser Volk keine göttliche Gnade zuweisen, sondern nur die Gewalt eines siegreichen
Schwertes.
So sehr wir heute auch alle die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit Frankreich erkennen, so
wirkungslos bliebe sie in der großen Linie, wenn sich in ihr unser außenpolitisches Ziel erschöpfen
würde. Sie kann und wird nur Sinn erhalten, wenn sie die Rückendeckung bietet für eine Vergrößerung
des Lebensraumes unseres Volkes in Europa. Denn nicht in einer kolonialen Erwerbung haben wir die
Lösung dieser Frage zu erblicken, sondern ausschließlich im Gewinn eines Siedlungsgebietes, das die
Grundfläche des Mutterlandes selbst erhöht und dadurch nicht nur die neuen Siedler in innigster
Gemeinschaft mit dem Stammland erhält, sondern der gesamten Raummenge jene Vorteile sichert, die
in ihrer vereinten Größe liegen.
Die völkische Bewegung hat nicht der Anwalt anderer Völker, sondern der Vorkämpfer des eigenen
Volkes zu sein. Andernfalls ist sie überflüssig und hat vor allem gar kein Recht, über die Vergangenheit
zu maulen. Denn dann handelt sie wie diese. So wie die alte deutsche Politik zu Unrecht von
dynastischen Gesichtspunkten bestimmt wurde, so wenig darf die künftige von völkischen
Allerweltsgefühlsduseleien geleitet werden. Insbesondere aber sind wir nicht der Schutzpolizist der
bekannten "armen, kleinen Völker", sondern Soldaten unseres eigenen.
Wir Nationalsozialisten haben jedoch noch weiter zu gehen: Das Recht auf Grund und Boden kann zur
Pflicht werden, wenn ohne Bodenerweiterung ein großes Volk dem Untergang geweiht erscheint. Noch
ganz besonders dann, wenn es sich dabei nicht um ein x-beliebiges Neger-
[742 Wiederaufnahme der Ostland-Politik ]
völkchen handelt, sondern um die germanische Mutter all des Lebens, das der heutigen Welt ihr
kulturelles Bild gegeben hat. Deutschland wird entweder Weltmacht oder überhaupt nicht sein. Zur
Weltmacht aber braucht es jene Größe, die ihm in der heutigen Zeit die notwendige Bedeutung und
seinen Bürgern das Leben gibt.
×
Damit ziehen wir Nationalsozialisten bewußt einen Strich unter die außenpolitische Richtung unserer
Vorkriegszeit. Wir setzen dort an, wo man vor sechs Jahrhunderten endete. Wir stoppen den ewigen
Germanenzug nach dem Süden und Westen Europas und weisen den Blick nach dem Land im Osten.
Wir schließen endlich ab die Kolonial- und Handelspolitik der Vorkriegszeit und gehen über zur
Bodenpolitik der Zukunft.
Wenn wir aber heute in Europa von neuem Grund und Boden reden, können wir in erster Linie nur an
Rußland und die ihm untertanen Randstaaten denken.
Das Schicksal selbst scheint uns hier einen Fingerzeig geben zu wollen. Indem es Rußland dem
Bolschewismus überantwortete, raubte es dem russischen Volke jene Intelligenz, die bisher dessen
staatlichen Bestand herbeiführte und garantierte. Denn die Organisation eines russischen Staatsgebildes
war nicht das Ergebnis der staatspolitischen Fähigkeiten des Slawentums in Rußland, sondern vielmehr
nur ein wundervolles Beispiel für die staatenbildende Wirksamkeit des germanischen Elementes in einer
minderwertigen Rasse. So sind zahlreiche mächtige Reiche der Erde geschaffen worden. Niedere Völker
mit germanischen Organisatoren und Herren als Leiter derselben sind öfter als einmal zu gewaltigen
Staatengebilden angeschwollen und blieben bestehen, solange der rassische Kern der bildenden
Staatsrasse sich erhielt. Seit Jahrhunderten zehrte
743 Wiederaufnahme der Ostland-Politik
Rußland von diesem germanischen Kern seiner oberen leitenden Schichten. Er kann heute als fast restlos
ausgerottet und ausgelöscht angesehen werden. An seine Stelle ist der Jude getreten. So unmöglich es
dem Russen an sich ist, aus eigener Kraft das Joch der Juden abzuschütteln, so unmöglich ist es dem
Juden, das mächtige Reich auf die Dauer zu erhalten. Er selbst ist kein Element der Organisation,
sondern ein Ferment der Dekomposition. Das Riesenreich im Osten ist reif zum Zusammenbruch. Und
das Ende der JudenHerrschaft in Rußland wird auch das Ende Rußlands als Staat sein. Wir sind vom
Schicksal ausersehen, Zeugen einer Katastrophe zu werden, die die gewaltigste Bestätigung für die
Richtigkeit der völkischen Rassentheorie sein wird.
Unsere Aufgabe, die Mission der nationalsozialistischen Bewegung, aber ist, unser eigenes Volk zu
jener politischen Einsicht zu bringen, daß es sein Zukunftsziel nicht im berauschenden Eindruck eines
neuen Alexanderzuges erfüllt sieht, sondern vielmehr in der emsigen Arbeit des deutschen Pfluges, dem
das Schwert nur den Boden zu geben hat.
Daß das Judentum einer solchen Politik gegenüber die schärfsten Widerstände ankündigt, ist
selbstverständlich. Es fühlt besser als irgend jemand anders die Bedeutung dieses Handelns für seine
eigene Zukunft. Gerade diese Tatsache sollte alle wirklich national gesinnten Männer über die
Richtigkeit einer solchen Neuorientierung belehren. Leider aber ist das Gegenteil der Fall. Nicht nur in
deutsch-nationalen, sondern sogar in "völkischen" Kreisen sagt man dem Gedanken solcher Ostpolitik
heftigste Fehde an, wobei man sich, wie fast immer bei ähnlichen Gelegenheiten, auf einen Größeren
beruft. Bismarcks Geist wird zitiert, um eine Politik zu decken, die ebenso unsinnig wie unmöglich und
für das deutsche Volk im höchsten Grade schädlich ist.
[744 Bismarcks Rußlandpolitik ]
Bismarck habe einst selbst immer Wert auf gute Beziehungen zu Rußland gelegt. Das ist unbedingt
richtig. Allein man vergißt dabei ganz, zu erwähnen, daß er ebenso großen Wert auf gute Beziehungen
zum Beispiel zu Italien legte, ja, daß derselbe Herr von Bismarck sich einst mit Italien verband, um
Österreich besser erledigen zu können. Warum setzt man denn nicht diese Politik ebenfalls fort? "Weil
das Italien von heute nicht das Italien von damals ist", wird man sagen. Gut. Aber dann, verehrte
Herrschaften, erlauben Sie den Einwand, daß das heutige Rußland auch nicht mehr das Rußland von
damals ist. Es ist Bismarck niemals eingefallen, einen politischen Weg taktisch prinzipiell für immer
festlegen zu wollen. Er war hier viel zu sehr der Meister des Augenblicks, als daß er sich selbst eine
solche Bindung auferlegt hätte. Die Frage darf also nicht heißen: Was hat Bismarck damals getan?,
sondern vielmehr: Was würde er heute tun? Und diese Frage ist leichter zu beantworten. Er würde sich
bei seiner politischen Klugheit nie mit einem Staate verbünden, der dem Untergange geweiht ist. Im
übrigen hat Bismarck schon seinerzeit die deutsche Kolonial- und Handelspolitik mit gemischten
Gefühlen betrachtet, da ihm zunächst nur daran lag, die Konsolidierung und innere Festigung des von
ihm geschaffenen Staatengebildes auf sicherstem Wege zu ermöglichen. Dies war auch der einzige
Grund, weshalb er damals die russische Rückendeckung begrüßte, der ihm den Arm nach dem Westen
freigab. Allein, was damals für Deutschland Nutzen brachte, würde heute Schaden bringen.
Schon in den Jahren 1920/21, als die junge nationalsozialistische Bewegung sich langsam vorn
politischen Horizont abzuheben begann und da und dort als Freiheitsbewegung der deutschen Nation
angesprochen wurde, trat man von verschiedenen Seiten an die Partei mit dem Versuch heran, zwischen
ihr und den Freiheitsbewegungen anderer Länder eine gewisse Verbindung herzustellen. Es lag dies auf
der Linie des von
[745 Der "Bund der unterdrückten Nationen" ]
vielen propagierten "Bundes der unterdrückten Nationen". Hauptsächlich handelte es sich dabei um
Vertreter einzelner Balkanstaaten, weiter um solche Ägyptens und Indiens, die auf mich im einzelnen
immer den Eindruck schwatzhafter Wichtigtuer, bar jedes realen Hintergrundes, machten. Es gab aber
nicht wenige Deutsche, besonders im nationalen Lager, die sich von solchen aufgeblasenen Orientalen
blenden ließen und in irgendeinem hergelaufenen indischen oder ägyptischen Studenten nun ohne
weiteres einen "Vertreter" Indiens oder Ägyptens vor sich zu haben glaubten. Die Leute wurden sich gar
nicht klar, daß es sich dabei meistens um Personen handelte, hinter denen überhaupt nichts stand, die vor
allem von niemand autorisiert waren, irgendeinen Vertrag mit irgend jemandem abzuschließen, so daß
das praktische Ergebnis jeder Beziehung zu solchen Elementen Null war, sofern man nicht die verlorene
Zeit noch besonders als Verlust buchen wollte. Ich habe mich gegen solche Versuche immer gewehrt.
Nicht nur, daß ich Besseres zu tun hatte, als in so unfruchtbaren "Besprechungen" Wochen zu
vertrödeln, hielt ich auch, selbst wenn es sich dabei um autorisierte Vertreter solcher Nationen gehandelt
hätte, das Ganze für untauglich, ja schädlich.
Es war schon im Frieden schlimm genug, daß die deutsche Bündnispolitik infolge des Fehlens eigener
aktiver Angriffsabsichten in einem Defensivverein alter, weltgeschichtlich pensionierter Staaten endete.
Sowohl der Bund mit Österreich als auch der mit der Türkei hatte wenig Erfreuliches für sich. Während
sich die größten Militär- und Industriestaaten der Erde zu einem aktiven Angriffsverband
zusammenschlossen, sammelte man ein paar alte, impotent gewordene Staatsgebilde und versuchte mit
diesem dem Untergang bestimmten Gerümpel einer aktiven Weltkoalition die Stirne. zu bieten.
Deutschland hat die bittere Quittung für diesen außenpolitischen Irrtum erhalten. Allein diese Quittung
scheint noch immer nicht bitter genug gewesen zu sein, um unsere ewigen Phantasten davor zu
bewahren, flugs in den gleichen Fehler zu verfallen. Denn der Versuch, durch einen "Bund der
unterdrückten Nationen"
[746 Wankt Englands Indien-Herrschaft?]
die allgewaltigen Sieger entwaffnen zu können, ist nicht nur lächerlich, sondern auch unheilvoll. Er ist
unheilvoll" weil dadurch immer wieder unser Volk von den realen Möglichkeiten abgelenkt wird, so daß
es sich statt dessen phantasievollen, jedoch unfruchtbaren Hoffnungen und Illusionen hingibt. Der
Deutsche von jetzt gleicht wirklich dem Ertrinkende der nach jedem Strohhalm greift. Dabei kann es
sich um sonst sehr gebildete Menschen handeln. Sowie nur irgendwo das Irrlicht einer noch so
unwirklichen Hoffnung sichtbar wird, setzen sich diese Menschen schleunigst in Trab und jagen dem
Phantom nach. Mag dies ein Bund der unterdrückten Nationen, ein Völkerbund oder sonst eine neue
phantastische Erfindung sein, sie wird nichtsdestoweniger Tausende gläubiger Seelen finden.
Ich erinnere mich noch der ebenso kindlichen wie unverständlichen Hoffnungen, die in den Jahren
1920/21 plötzlich in völkischen Kreisen auftauchten, England stände in Indien vor einem
Zusammenbruch. Irgendwelche asiatische Gaukler, vielleicht meinetwegen auch wirkliche indische
"Freiheitskämpfer", die sich damals in Europa herumtrieben, hatten es fertiggebracht, selbst sonst ganz
vernünftige Menschen mit der fixen Idee zu erfüllen, daß das britische Weltreich, das seinen Angelpunkt
in Indien besitze, gerade dort vor dem Zusammenbruch stehe. Daß dabei auch in diesem Falle nur ihr
eigener Wunsch der Vater aller Gedanken war, kam ihnen natürlich nicht zum Bewußtsein.
Ebensowenig das Widersinnige ihrer eigenen Hoffnungen. Denn indem sie von einem Zusammenbruch
der englischen Herrschaft in Indien das Ende des britischen Weltreichs und der englischen Macht
erwarten, geben sie doch selber zu, daß eben Indien für England von eminentester Bedeutung ist.
Diese lebenswichtigste Frage dürfte aber wahrscheinlich doch nicht nur einem deutschvölkischen
Propheten als tiefstes Geheimnis bekannt sein, sondern vermutlich auch den Lenkern der englischen
Geschicke selber. Es ist schon wirklich kindlich, anzunehmen, daß man in England die Bedeutung des
indischen Kaiserreiches für die britische Welt-
[747 Wankt Englands Indien-Herrschaft?]
union nicht richtig abzuschätzen wisse. Und es ist nur ein böses Zeichen für das unbedingte Nichtlernen
aus dem Weltkrieg und für das vollständige Mißverstehen und Nichterkennen angelsächsischer
Entschlossenheit, wenn man sich einbildet, daß England, ohne das Legte einzusehen, Indien fahren
lassen würde. Es ist weiter der Beweis für die Ahnungslosigkeit, die der Deutsche von der ganzen Art
der britischen Durchdringung und Verwaltung dieses Reiches besitzt. England wird Indien nur verlieren,
wenn es entweder selbst in seiner Verwaltungsmaschinerie der rassischen Zersetzung anheimfällt
(etwas, das augenblicklich in Indien vollkommen ausscheidet), oder wenn es durch das Schwert eines
machtvollen Feindes bezwungen wird. Indischen Aufrührern wird dies aber nie gelingen. Wie schwer es
ist, England zu bezwingen, haben wir Deutsche zur Genüge erfahren. Ganz abgesehen davon, daß ich als
Germane Indien trotz allem immer noch lieber unter englischer Herrschaft sehe als unter einer anderen.
Genau so kümmerlich sind die Hoffnungen auf den sagenhaften Aufstand in Ägypten. Der "Heilige
Krieg" kann unseren deutschen Schafkopfspielern das angenehme Gruseln beibringen, daß jetzt andere
für uns zu verbluten bereit sind — denn diese feige Spekulation ist, ehrlich gesprochen, schon immer der
stille Vater solcher Hoffnungen gewesen —, in der Wirklichkeit würde er unter dem Strichfeuer
englischer Maschinengewehrkompanien und dem Hagel von Brisanzbomben ein höllisches Ende
nehmen.
Es ist eben eine Unmöglichkeit, einen machtvollen Staat, der entschlossen ist, für seine Existenz, wenn
nötig, den letzten Blutstropfen einzusetzen, durch eine Koalition von Krüppeln zu berennen. Als
völkischer Mann, der den Wert des Menschentums nach rassischen Grundlagen abschätzt, darf ich schon
aus der Erkenntnis der rassischen Minderwertigkeit dieser sogenannten "unterdrückten Nationen" nicht
das Schicksal des eigenen Volkes mit dem ihren verketten. Ganz die gleiche Stellung aber haben wir
heute auch

[748 Deutsches Bündnis mit Rußland?]
Rußland gegenüber einzunehmen. Das derzeitige, seiner germanischen Oberschicht entkleidete Rußland
ist, ganz abgesehen von den inneren Absichten seiner neuen Herren, kein Verbündeter für einen
Freiheitskampf der deutschen Nation. Rein militärisch betrachtet, wären die Verhältnisse im Falle eines
Krieges Deutschland-Rußland gegen den Westen Europas, wahrscheinlich aber gegen die ganze übrige
Welt, geradezu katastrophal. Der Kampf würde sich nicht auf russischem, sondern auf deutschem Boden
abspielen, ohne daß Deutschland von Rußland auch nur die geringste wirksame Unterstützung erfahren
könnte. Die Machtmittel des heutigen Deutschen Reiches sind so jämmerlich und für einen Kampf nach
außen so unmöglich, daß irgendein Grenzschutz gegen den Westen Europas, einschließlich Englands,
nicht durchgeführt werden könnte und gerade das deutsche Industriegebiet den konzentrierten
Angriffswaffen unserer Gegner wehrlos preisgegeben läge. Dazu kommt, daß zwischen Deutschland
und Rußland der ganz in französischen Händen ruhende polnische Staat liegt. Im Falle eines Krieges
Deutschland-Rußlands gegen den Westen Europas müßte Rußland erst Polen niederwerfen, um den
ersten Soldaten an die deutsche Front zu bringen. Dabei handelt es sich aber gar nicht so sehr um
Soldaten als um die technische Rüstung. In dieser Hinsicht würde sich, nur noch viel entsetzlicher, der
Zustand im Weltkrieg wiederholen. So wie damals die deutsche Industrie für unsere ruhmvollen
Verbündeten angezapft wurde und Deutschland den technischen Krieg fast ganz allein bestreiten mußte,
so würde in diesem Kampf Rußland als technischer Faktor überhaupt völlig ausscheiden. Der
allgemeinen Motorisierung der Welt, die im nächsten Kriege schon in überwältigender Weise
kampfbestimmend in Erscheinung treten wird, könnte von uns fast nichts entgegengestellt werden. Denn
nicht nur, daß Deutschland selbst auf diesem wichtigsten Gebiete beschämend weit zurückgeblieben ist,
müßte es von dem wenigen, das es besitzt, noch Rußland erhalten, das
[749 Deutsches Bündnis mit Rußland?]
selbst heute noch nicht eine einzige Fabrik sein eigen nennt, in der ein wirklich laufender Kraftwagen
erzeugt werden kann. Damit aber würde solch ein Kampf nur den Charakter eines Abschlachtens
erhalten. Deutschlands Jugend würde noch mehr verbluten als einst, denn wie immer läge die Last des
Kampfes nur auf uns, und das Ergebnis wäre die unabwendbare Niederlage.
Aber selbst den Fall angenommen, daß ein Wunder geschähe und ein solcher Kampf nicht mit der
restlosen Vernichtung Deutschlands endigte, wäre der letzte Erfolg doch nur der, daß das ausgeblutete
deutsche Volk nach wie vor umgrenzt bliebe von großen Militärstaaten, seine wirkliche Lage mithin
sich in keiner Weise geändert hätte.
Man wende nun nicht ein, bei einem Bund mit Rußland müsse nicht gleich an einen Krieg gedacht
werden, oder wenn, könne man sich auf einen solchen gründlich vorbereiten. Nein. Ein Bündnis, dessen
Ziel nicht die Absicht zu einem Kriege umfaßt, ist sinn- und wertlos. Bündnisse schließt man nur zum
Kampf. Und mag die Auseinandersetzung im Augenblick des Abschlusses eines Bündnisvertrages in
noch so weiter Ferne liegen, die Aussicht auf eine kriegerische Verwicklung ist nichtsdestoweniger die
innere Veranlassung zu ihm. Und man glaube ja nicht, daß etwa irgendeine Macht den Sinn solch eines
Bundes anders auffassen würde. Entweder eine deutsch-russische Koalition bliebe auf dem Papier allein
stehen, dann wäre sie für uns zweck- und wertlos, oder sie würde aus den Buchstaben des Vertrages in
die sichtbare Wirklichkeit umgesetzt — und die andere Welt wäre gewarnt. Wie naiv, zu denken, daß
England und Frankreich in einem solchen Falle ein Jahrzehnt warten würden, bis der deutsch-russische
Bund seine technischen Vorbereitungen zum Kampf beendet haben würde. Nein, das Unwetter bräche
blitzschnell über Deutschland herein.
So liegt schon in der Tatsache des Abschlusses eines Bündnisses mit Rußland die Anweisung für den
nächsten Krieg. Sein Ausgang wäre das Ende Deutschlands.
[750 Deutsches Bündnis mit Rußland?]
Dazu kommt aber noch folgendes:
1. Die heutigen Machthaber Rußlands denken gar nicht daran, in ehrlicher Weise einen Bund
einzugehen oder ihn gar zu halten.
Man vergesse doch nie, daß die Regenten des heutigen Rußlands blutbefleckte gemeine Verbrecher sind,
daß es sich hier um einen Abschaum der Menschheit handelt, der, begünstigt durch die Verhältnisse in
einer tragischen Stunde, einen großen Staat überrannte, Millionen seiner führenden Intelligenz in wilder
Blutgier abwürgte und ausrottete und nun seit bald zehn Jahren das grausamste Tyrannenregiment aller
Zeiten ausübt. Man vergesse weiter nicht, daß diese Machthaber einem Volk angehören, das in seltener
Mischung bestialische Grausamkeit mit unfaßlicher Lügenkunst verbindet und sich heute mehr denn je
berufen glaubt, seine blutige Unterdrückung der ganzen Welt aufbürden zu müssen. Man vergesse nicht,
daß der internationale Jude, der Rußland heute restlos beHerrscht, in Deutschland nicht einen
Verbündeten, sondern einen zu gleichem Schicksal bestimmten Staat sieht. Man schließt aber keinen
Vertrag mit einem Partner, dessen einziges Interesse die Vernichtung des anderen ist. Man schließt ihn
vor allem nicht mit Subjekten, denen kein Vertrag heilig sein würde, da sie nicht als Vertreter von Ehre
und Wahrhaftigkeit auf dieser Welt leben, sondern als Repräsentanten der Lüge, des Betrugs, des
Diebstahls, der Plünderung, des Raubes. Wenn der Mensch glaubt, mit Parasiten vertragliche Bindungen
eingehen zu können, so ähnelt dies dem Versuche eines Baumes, zum eigenen Vorteil mit einer Mistel
ein Abkommen zu schließen.
2. Die Gefahr, der Rußland einst unterlag, ist für Deutschland dauernd vorhanden. Nur der bürgerliche
Einfaltspinsel ist fähig, sich einzubilden, daß der Bolschewismus gebannt ist. Er hat in seinem
oberflächlichen Denken keine Ahnung davon, daß es sich hier um einen triebhaften Vorgang, d. h. den
des Stre-
[751 Deutsches Bündnis mit Rußland?]
bens nach der WeltHerrschaft des jüdischen Volkes, handelt, um einen Vorgang, der genau so natürlich
ist wie der Trieb des Angelsachsen, sich seinerseits in den Besitz der Herrschaft dieser Erde zu setzen.
Und so, wie der Angelsachse diesen Weg auf seine Art verfolgt und den Kampf mit seinen Waffen
kämpft, so eben auch der Jude. Er geht seinen Weg, den Weg des Einschleichens in die Völker und des
inneren Aushöhlens derselben, und er kämpft mit seinen Waffen, mit Lüge und Verleumdung,
Vergiftung und Zersetzung, den Kampf steigernd bis zur blutigen Ausrottung der ihm verhaßten Gegner.
Im russischen Bolschewismus haben wir den im zwanzigsten Jahrhundert unternommenen Versuch des
Judentums zu erblicken, sich die WeltHerrschaft an zueignen, genau so, wie es in anderen Zeitperioden
durch andere, wenn auch innerlich verwandte Vorgänge dem gleichen Ziele zuzustreben suchte. Sein
Streben liegt zutiefst begründet in der Art seines Wesens. So wenig ein anderes Volk von sich aus darauf
verzichtet, dem Triebe nach Ausbreitung seiner Art und Macht nachzugehen, sondern durch äußere
Verhältnisse dazu gezwungen wird oder durch Alterserscheinungen der Impotenz verfällt, so wenig
bricht auch der Jude seinen Weg zur Weltdiktatur aus selbstgewollter Entsagung ab oder weil er seinen
ewigen Drang unterdrückt. Auch er wird entweder durch außerhalb seiner selbst liegende Kräfte in
seiner Bahn zurückgeworfen, oder all sein WeltHerrschaftsstreben wird durch das eigene Absterben
erledigt. Die Impotenz der Völker, ihr eigener Alterstod, liegt aber begründet in der Aufgabe ihrer
Blutsreinheit. Und diese wahrt der Jude besser als irgendein anderes Volk der Erde. Somit geht er seinen
verhängnisvollen Weg weiter, so lange, bis ihm eine andere Kraft entgegentritt und in gewaltigem
Ringen den Himmelsstürmer wieder zum Luzifer zurückwirft.
Deutschland ist heute das nächste große Kampfziel des Bolschewismus. Es bedarf aller Kraft einer
jungen missionshaften Idee, um unser Volk noch einmal emporzureißen, aus der Umstrickung dieser
internationalen Schlange
[752 Deutsches Bündnis mit Rußland?]
zu lösen und der Verpestung unseres Blutes im Innern Einhalt zu tun, auf daß die damit frei werdenden
Kräfte der Nation für eine Sicherung unseres Volkstums eingesetzt werden können, welche bis in fernste
Zeiten eine Wiederholung der letzten Katastrophen zu verhindern vermag. Verfolgt man aber dieses
Ziel, so ist es ein Wahnsinn, sich mit einer Macht zu verbünden, die den Todfeind unserer eigenen
Zukunft zum Herrn hat. Wie will man unser eigenes Volk aus den Fesseln dieser giftigen Umarmung
erlösen, wenn man sich selbst in sie begibt? Wie dem deutschen Arbeiter den Bolschewismus als
fluchwürdiges Menschheitsverbrechen klarmachen, wenn man sich selbst mit den Organisatoren dieser
Ausgeburt der Hölle verbündet, sie also im großen anerkennt? Mit welchem Rechte verurteilt man dann
den Angehörigen der breiten Masse ob seiner Sympathie für eine Weltanschauung, wenn die Führer des
Staates selbst die Vertreter dieser Weltanschauung zum Verbündeten wählen?
Der Kampf gegen die jüdische Weltbolschewisierung erfordert eine klare Einstellung zu Sowjet-
Rußland. Man kann nicht den Teufel mit Beelzebub austreiben.
Wenn selbst völkische Kreise heute von einem Bündnis mit Rußland schwärmen, dann sollen diese nur
in Deutschland Umschau halten und sich zum Bewußtsein bringen, wessen Unterstützung sie bei ihrem
Beginnen finden. Oder sehen neuerdings Völkische eine Handlung als segensreich für das deutsche Volk
an, die von der internationalen Marxistenpresse empfohlen und gefördert wird? Seit wann kämpfen
Völkische mit einer Rüstung, die uns der Jude als Schildknappe hinhält?
Man konnte dem alten Deutschen Reich einen Hauptvorwurf in bezug auf seine Bündnispolitik machen:
daß es sein Verhältnis zu allen verdarb, infolge dauernden Hinundherpendelns, in der krankhaften
Schwäche, den Weltfrieden um jeden Preis zu wahren. Allein, eines konnte
[753 Deutschland — Rußland vor dem Kriege]
man ihm nicht vorwerfen, daß es das gute Verhältnis zu Rußland nicht mehr aufrechterhielt.
Ich gestehe offen, daß ich schon in der Vorkriegszeit es für richtiger gehalten hätte, wenn sich
Deutschland, unter Verzicht auf die unsinnige Kolonialpolitik und unter Verzicht auf Handels- und
Kriegsflotte, mit England im Bunde gegen Rußland gestellt hätte und damit von der schwachen
Allerweltspolitik zu einer entschlossenen europäischen Politik kontinentalen Bodenerwerbs
übergegangen wäre.
Ich vergesse nicht die dauernde freche Bedrohung, die das damalige panslawistische Rußland
Deutschland zu bieten wagte; ich vergesse nicht die dauernden Probemobilmachungen, deren einziger
Sinn eine Brüskierung Deutschlands war; ich kann nicht vergessen die Stimmung der öffentlichen
Meinung in Rußland, die schon vor dem Kriege sich an haßerfüllten Ausfällen gegen unser Volk und
Reich überbot, kann nicht vergessen die große russische Presse, die immer mehr für Frankreich
schwärmte als für uns.
Allein, trotz alledem hätte es vor dem Kriege auch noch den zweiten Weg gegeben, man hätte sich auf
Rußland zu stützen vermocht, um sich gegen England zu wenden.
Heute liegen die Verhältnisse anders. Wenn man vor dem Kriege noch unter Hinabwürgen aller
möglichen Gefühle mit Rußland hätte gehen können, so kann man dies heute nicht mehr. Der Zeiger der
Weltuhr ist seitdem weiter vorgerückt, und in gewaltigen Schlägen kündigt sie uns jene Stunde an, in
unseres Volkes Schicksal so oder so entschieden sein muß. Die Konsolidierung, in der sich
augenblicklich die großen Staaten der Erde befinden, ist für uns das letzte Warnungssignal, Einkehr zu
halten und unser Volk aus der Traumwelt wieder in die harte Wirklichkeit zurückzubringen und ihm den
Weg in die Zukunft zu weisen, der allein das alte Reich zu neuer Blüte führt.
Wenn die nationalsozialistische Bewegung im Hinblick auf die große und wichtigste Aufgabe sich von
allen Illusionen freimacht und die Vernunft als alleinige Führerin
[754 Künftiges politisches Testament]
gelten läßt, kann dereinst die Katastrophe des Jahres 1918 noch von unendlichem Segen für die Zukunft
unseres Volkes werden. Aus diesem Zusammenbruch heraus kann dann unser Volk zu einer
vollständigen Neuorientierung seines außenpolitischen Handelns gelangen und weiter, gefestigt durch
seine neue Weltanschauung im Innern, auch nach außen zu einer endgültigen Stabilisierung seiner
Außenpolitik kommen. Es kann dann endlich das erhalten, was England besiegt und selbst Rußland
besaß und was Frankreich immer wieder gleiche und für seine Interessen im letzten Grunde richtige
Entschlüsse treffen ließ, nämlich: ein politisches Testament.
Das politische Testament der deutschen Nation für ihr Handeln nach außen aber soll und muß für immer
sinngemäß lauten:
Duldet niemals das Entstehen zweier Kontinentalmächte in Europa! Seht in jeglichem
Versuch, an den deutschen Grenzen eine zweite Militärmacht zu organisieren, und sei es
auch nur in Form der Bildung eines zur Militärmacht fähigen Staates, einen Angriff gegen
Deutschland und erblickt darin nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, mit allen Mitteln,
bis zur Anwendung von Waffengewalt, die Entstehung eines solchen Staates zu verhindern,
beziehungsweise einen solchen, wenn er schon entstanden, wieder zu zerschlagen. — Sorgt
dafür, daß die Stärke unseres Volkes ihre Grundlagen nicht in Kolonien, sondern im Boden
der Heimat in Europa erhält! Haltet das Reich nie für gesichert, wenn es nicht auf
Jahrhunderte hinaus jedem Sprossen unseres Volkes sein eigenes Stück Grund und Boden
zu geben vermag! Vergeßt nie, daß das hei-
[755 Das deutsch-englisch-italienische Bündnis]
ligste Recht auf dieser Welt das Recht auf Erde ist, die man selbst bebauen will, und das
heiligste Opfer das Blut, das man für diese Erde vergießt!
Ich möchte diese Betrachtungen nicht beenden, ohne nochmals auf die alleinige Bündnismöglichkeit
hinzuweisen, die es für uns augenblicklich in Europa gibt. Ich habe schon im vorhergehenden Kapitel
über das deutsche Bündnisproblem England und Italien als die beiden einzigen Staaten in Europa
bezeichnet, mit denen in ein engeres Verhältnis zu gelangen für uns erstrebenswert und erfolgverheißend
wäre. Ich will an dieser Stelle noch kurz die militärische Bedeutung eines solchen Bundes streifen.
Die militärischen Folgen des Abschlusses dieses Bündnisses würden in allem und jedem die
entgegengesetzten wie die eines Bündnisses mit Rußland sein. Das wichtigste ist zunächst die Tatsache,
daß eine Annäherung an England und Italien in keiner Weise eine Kriegsgefahr an sich
heraufbeschwört. Die einzige Macht, die für eine Stellungnahme gegen den Bund in Betracht käme,
Frankreich, wäre hierzu nicht in der Lage. Damit aber würde der Bund Deutschland die Möglichkeit
geben, in aller Ruhe diejenigen Vorbereitungen zu treffen, die im Rahmen einer solchen Koalition für
eine Abrechnung mit Frankreich so oder so getroffen werden müßten. Denn das Bedeutungsvolle eines
derartigen Bundes liegt ja eben darin, daß Deutschland mit dem Abschluß nicht plötzlich einer
feindlichen Invasion preisgegeben wird, sondern daß die gegnerische Allianz selbst zerbricht, die
Entente, der wir so unendlich viel Unglück zu verdanken haben, sich selbst auflöst und damit der
Todfeind unseres Volkes, Frankreich, der Isolierung anheimfällt. Auch wenn dieser Erfolg zunächst nur
von moralischer Wir-
[756 Das deutsch-englisch-italienische Bündnis]
kung wäre, er würde genügen, Deutschland ein heute kaum zu ahnendes Maß von Bewegungsfreiheit zu
geben. Denn das Gesetz des Handelns läge in der Hand des neuen europäischen anglo-deutschitalienischen
Bundes und nicht mehr bei Frankreich.
Der weitere Erfolg wäre, daß mit einem Schlage Deutschland aus seiner ungünstigen strategischen Lage
befreit würde. Der mächtigste Flankenschutz einerseits, die volle Sicherung unserer Versorgung mit
Lebensmitteln und Rohstoffen andererseits wäre die segensreiche Wirkung der neuen Staatenordnung.
Fast noch wichtiger aber würde die Tatsache sein, daß der neue Verband Staaten umschließt von einer
sich in mancher Hinsicht fast ergänzenden technischen Leistungsfähigkeit. Zum ersten Male bekäme
Deutschland Verbündete, die nicht als Blutegel an unserer eigenen Wirtschaft saugen, sondern sogar zur
reichsten Vervollständigung unserer technischen Rüstung ihren Teil beitragen könnten und auch
würden.
Nicht übersehen möge man noch die letzte Tatsache, daß es sich in beiden Fällen um Verbündete
handeln würde, die man nicht mit der Türkei oder dem heutigen Rußland vergleichen kann. Die größte
Weltmacht der Erde und ein jugendlicher Nationalstaat würden für einen Kampf in Europa andere
Voraussetzungen bieten als die fauligen staatlichen Leichname, mit denen sich Deutschland im letzten
Krieg verbunden hatte.
Sicherlich sind, wie ich schon im vorhergehenden Kapitel betonte, die Schwierigkeiten groß, die einem
solchen Bunde entgegenstehen. Allein, war etwa die Bildung der Entente ein weniger schweres Werk?
Was einem König Eduard VII. gelang, zum Teil fast wider natürliche Interessen gelang, muß und
[757 Die Voraussetzung für Ostpolitik]
wird auch uns gelingen, wenn die Erkenntnis von der Notwendigkeit einer solchen Entwicklung uns so
beseelt, daß wir unser eigenes Handeln in kluger Selbstüberwindung demgemäß bestimmen. Und dies ist
eben in dem Augenblick möglich, in welchem man, erfüllt von der mahnenden Not, statt der
außenpolitischen Ziellosigkeit der letzten Jahrzehnte einen einzigen zielbewußten Weg beschreitet und
auf diesem durchhält. Nicht West- und nicht Ostorientierung darf das künftige Ziel unserer Außenpolitik
sein, sondern Ostpolitik im Sinne der Erwerbung der notwendigen Scholle für unser deutsches Volk. Da
man dazu Kraft benötigt, der Todfeind unseres Volkes aber, Frankreich, uns unerbittlich würgt und die
Kraft raubt, haben wir jedes Opfer auf uns zu nehmen, das in seinen Folgen geeignet ist, zu einer
Vernichtung der französischen Hegemoniebestrebung in Europa beizutragen. Jede Macht ist heute unser
natürlicher Verbündeter, die gleich uns Frankreichs Herrschsucht auf dem Kontinent als unerträglich
empfindet. Kein Gang zu einer solchen Macht darf uns zu schwer sein und kein Verzicht als
unaussprechbar erscheinen, wenn das Endergebnis nur die Möglichkeit einer Niederwerfung unseres
grimmigsten Hassers bietet. Überlassen wir dann ruhig die Heilung unserer kleineren Wunden den
mildernden Wirkungen der Zeit, wenn wir die größte auszubrennen und zu schließen vermögen.
Natürlich verfallen wir heute dem haßerfüllten Gebell der Feinde unseres Volkes im Innern. Lassen wir
Nationalsozialisten uns durch dieses aber nie beirren, das zu verkünden, was unserer innersten
Überzeugung nach unbedingt notwendig ist. Wohl müssen wir uns heute gegen den
[758 Außenpolitische Abstempelung des Nationalsozialismus]
Strom der in Ausnutzung deutscher Gedankenlosigkeit von jüdischer Hinterlist betörten öffentlichen
Meinung stemmen, wohl branden manches Mal die Wogen arg und böse um uns, allein, wer im Strome
schwimmt, wird leichter übersehen, als wer sich gegen die Gewässer stemmt. Heute sind wir eine
Klippe; in wenigen Jahren schon kann das Schicksal uns zum Damm erheben, an dem der allgemeine
Strom sich bricht, um in ein neues Bett zu fließen.
Es ist daher notwendig, daß gerade die nationalsozialistische Bewegung in den Augen der übrigen Welt
als Trägerin einer bestimmten politischen Absicht erkannt und festgestellt wird. Was der Himmel auch
mit uns vorhaben mag, schon am Visier soll man uns erkennen.
Sowie wir selbst die große Notwendigkeit erkennen, die unser außenpolitisches Handeln zu bestimmen
hat, wird aus diesem Erkennen die Kraft der Beharrlichkeit strömen, die wir manches Mal nötig
brauchen, wenn unter dem Trommelfeuer unserer gegnerischen Pressemeute dem einen oder anderen
bänglich zumute wird und ihn die leise Neigung beschleicht, um nicht alles gegen sich zu haben,
wenigstens auf diesem oder jenem Gebiet eine Konzession zu gewähren und mit den Wölfen zu heulen.
[759]
15. Kapitel:
Notwehr als Recht
Mit der Waffenniederlegung im November 1918 wurde eine Politik eingeleitet, die nach menschlicher
Voraussicht langsam zur vollständigen Unterwerfung führen mußte. Geschichtliche Beispiele ähnlicher
Art zeigen, daß Völker, die erst ohne zwingende Gründe die Waffen strecken, in der Folgezeit lieber die
größten Demütigungen und Erpressungen hinnehmen, als durch einen erneuten Appell an die Gewalt
eine Änderung ihres Schicksals zu versuchen.
Dies ist menschlich erklärlich. Ein kluger Sieger wird seine Forderungen, wenn möglich, immer in
Teilen dem Besiegten auferlegen. Er darf dann bei einem charakterlos gewordenen Volk — und dies ist
ein jedes sich freiwillig unterwerfende — damit rechnen, daß es in jeder dieser Einzelunterdrückungen
keinen genügenden Grund mehr empfindet, um noch einmal zur Waffe zu greifen. Je mehr Erpressungen
aber auf solche Art willig angenommen werden, um so ungerechtfertigter erscheint es dann den
Menschen, wegen einer neuen, scheinbar einzelnen, aber allerdings immer wiederkehrenden
Bedrückung sich endlich doch zur Wehr zu setzen, besonders wenn man, alles zusammengerechnet,
ohnehin schon so viel mehr und größeres Unglück schweigend und duldend ertrug.
Karthagos Untergang ist die schrecklichste Darstellung einer solchen langsamen selbstverschuldeten
Hinrichtung eines Volkes.
In seinen "Drei Bekenntnissen" greift deshalb auch Clausewitz in unvergleichlicher Weise diesen
Gedanken heraus und nagelt ihn fest für alle Zeiten, indem er spricht: "daß der Schandfleck einer feigen
Unterwerfung nie zu
[760 Feige Unterwerfung brachte keine Gnade]
verwischen ist; daß dieser Gifttropfen in dem Blute eines Volkes in die Nachkommenschaft übergeht
und die Kraft später Geschlechter lähmen und untergraben wird"; daß demgegenüber "selbst der
Untergang dieser Freiheit nach einem blutigen und ehrenvollen Kampf die Wiedergeburt des Volkes
sichert und der Kern des Lebens ist, aus dem einst ein neuer Baum die sichere Wurzel schlägt".
Natürlich wird sich eine ehr- und charakterlos gewordene Nation um solche Lehre nicht kümmern. Denn
wer sie beherzigt, kann ja gar nicht so tief sinken, sondern es bricht nur zusammen, wer sie vergißt oder
nicht mehr wissen will. Daher darf man bei den Trägern einer charakterlosen Unterwerfung nicht
erwarten, daß sie plötzlich in sich gehen, um auf Grund der Vernunft und aller menschlichen Erfahrung
anders zu handeln als bisher. Im Gegenteil, gerade diese werden jede solche Lehre weit von sich weisen,
so lange, bis entweder das Volk sein Sklavenjoch endgültig gewohnt ist oder bis bessere Kräfte an die
Oberfläche drängen, um dem verruchten Verderber die Gewalt aus den Händen zu schlagen. Im ersten
Falle pflegen sich diese Menschen gar nicht so schlecht zu fühlen, da sie von den klugen Siegern nicht
selten das Amt der Sklavenaufseher übertragen erhalten, das diese charakterlosen Naturen dann über ihr
eigenes Volk auch meist unbarmherziger ausüben als irgendeine vom Feinde selbst hineingesetzte
fremde Bestie.
Die Entwicklung seit dem Jahre 1918 zeigt uns an, daß in Deutschland die Hoffnung, durch freiwillige
Unterwerfung die Gnade der Sieger gewinnen zu können, leider in verhängnisvoller Weise die politische
Einsicht und das Handeln der breiten Masse bestimmt. Ich möchte deshalb den Wert auf die Betonung
der breiten Masse legen, weil ich mich nicht zur Überzeugung zu bekennen vermag, daß das Tun und
Lassen der Führer unseres Volkes etwa dem gleichen verderblichen Irrwahn zuzuschreiben sei. Da die
Leitung unserer Geschicke seit Kriegsende, nunmehr ganz unverhüllt, durch Juden besorgt wird, kann
man wirklich nicht annehmen, daß nur fehlerhafte Erkenntnis die Ursache unseres Unglücks sei, sondern
man muß im
[761 7 Jahre bis 1813 — 7 Jahre bis Locarno]
Gegenteil der Überzeugung sein, daß bewußte Absicht unser Volk zugrunde richtet. Und sowie man erst
von diesem Gesichtspunkt aus den scheinbaren Wahnsinn der außenpolitischen Leitung unseres Volkes
überprüft, enthüllt er sich als höchst raffinierte, eisig kalte Logik im Dienste des jüdischen
Welteroberungsgedankens und -kampfes.
So erscheint es auch begreiflich, daß dieselbe Zeitspanne, die 1806 bis 1813 genügt hatte, um das
gänzlich zusammengebrochene Preußen mit neuer Lebensenergie und Kampfentschlossenheit zu
erfüllen, heute nicht nur ungenützt verstrichen ist, sondern im Gegenteil zu einer immer größeren
Schwächung unseres Staates geführt hat.
Sieben Jahre nach dem November 1918 wurde der Vertrag von Locarno unterzeichnet!Der Hergang war
dabei der oben schon angedeutete: Sowie man einmal den schandbaren Waffenstillstand unterschrieben
hatte, brachte man weder die Tatkraft noch den Mut auf, den sich später immer wiederholenden
Unterdrückungsmaßnahmen der Gegner nun plötzlich Widerstand entgegenzusetzen. Diese aber waren
zu klug, auf einmal zuviel zu fordern. Sie beschränkten ihre Erpressungen stets auf jenen Umfang, der
ihrer eigenen Meinung nach — und der unserer deutschen Führung — augenblicklich noch so weit
erträglich sein würde, daß eine Explosion der Volksstimmung dadurch nicht befürchtet zu werden
brauchte. Je mehr aber an solchen einzelnen Diktaten unterschrieben und hinuntergewürgt worden war,
um so weniger schien es gerechtfertigt, wegen einer einzelnen weiteren Erpressung oder verlangten
Entwürdigung nun plötzlich das zu tun, was man wegen so vieler anderer nicht tat: Widerstand zu
leisten. Dies ist eben jener "Gifttropfen", von dem Clausewitz spricht: die zuerst begangene
Charakterlosigkeit, die sich selbst immer weiter steigern muß und die allmählich als schlimmstes Erbe
jeden künftigen Entschluß belastet. Sie kann zum furchtbaren Bleigewicht werden, das ein Volk dann
kaum mehr abzuschütteln vermag, sondern von dem es endgültig hinuntergezogen wird in das Dasein
einer Sklavenrasse.
[762 Verfolgung unliebsamer Warner]
So wechselten auch in Deutschland Entwaffnungs- und Versklavungsedikte, politische
und wirtschaftliche Ausplünderung miteinander ab, um endlich moralisch jenen Geist zu erzeugen, der
im Dawesgutachten ein Glück und im Vertrag von Locarno einen Erfolg zu sehen vermag. Man kann
dann freilich, von einer höheren Warte aus betrachtet, von einem einzigen Glück in diesem Jammer
reden, dem Glück, daß man wohl Menschen betören, den Himmel aber nicht bestechen konnte. Denn
dessen Segen blieb aus: Not und Sorge sind seitdem die ständigen Begleiter unseres Volkes geworden,
und unser einziger treuer Verbündeter ist das Elend. Das Schicksal hat auch in diesem Falle keine
Ausnahme gemacht, sondern uns gegeben, was wir verdienten. Da wir die Ehre nicht mehr zu schätzen
wissen, lehrt es uns wenigstens die Freiheit am Brote zu würdigen. Nach Brot haben die Menschen nun
schon zu rufen gelernt, um Freiheit aber werden sie eines Tages noch beten.
So bitter und so ersichtlich der Zusammenbruch unseres Volkes in den Jahren nach 1918 auch war, so
entschlossen hatte man gerade in dieser Zeit jeden auf das heftigste verfolgt, der sich unterstand, das,
was später immer eingetroffen ist, schon damals zu prophezeien. So erbärmlich schlecht die Leitung
unseres Volkes gewesen ist, ebenso eingebildet war sie auch, und besonders dann, wenn es sich um das
Abtun unliebsamer, weil unangenehmer Warner handelte. Da konnte man es (und man kann es auch
heute noch!) erleben, daß sich die größten parlamentarischen Strohköpfe, wirkliche Gevatter
Sattlermeister und Handschuhmacher — nicht bloß dem Beruf nach, was gar nichts sagen würde —
plötzlich auf das Piedestal des Staatsmannes emporhoben, um von dort herunter dann die kleinen
Sterblichen abzukanzeln. Es tat und tut dabei gar nichts zur Sache, daß ein solcher "Staatsmann" zumeist
schon im sechsten Monat seiner Kunst als der windigste Murkser, vom Spott und Hohn der ganzen
übrigen Welt umhallt, entlarvt ist, weder ein noch aus weiß und den untrüglichen Beweis für seine
vollständige Unfähigkeit schlagend erbracht hat! Nein, das tut gar nichts
[763 Frankreichs unverrückbares Kriegsziel]
zur Sache, im Gegenteil: je mehr es den parlamentarischen Staatsmännern dieser Republik an wirklichen
Leistungen gebricht, um so wütender verfolgen sie dafür diejenigen, die Leistungen von ihnen erwarten,
die das Versagen ihrer bisherigen Tätigkeit festzustellen sich erfrechen und den Mißerfolg ihrer
zukünftigen voraussagen. Nagelt man. aber einen solchen parlamentarischen Ehrenmann einmal
endgültig fest, und kann der Staatskünstler dann wirklich den Zusammenbruch seiner ganzen Tätigkeit
und ihrer Ergebnisse nicht mehr wegleugnen, dann finden sie tausend und aber tausend Gründe der
Entschuldigung für ihre Nichterfolge und wollen nur einen einzigen nicht zugeben, daß sie selbst der
Hauptgrund alles Übels sind.
×
Spätestens im Winter 1922/23 hätte man allgemein verstehen müssen, daß sich Frankreich auch nach
dem Friedensschluß mit eiserner Konsequenz bemühe, sein ihm ursprünglich vorschwebendes
Kriegsziel doch noch zu erreichen. Denn niemand wird wohl glauben, daß Frankreich im
entscheidendsten Ringen seiner Geschichte viereinhalb Jahre lang das an sich nicht zu reiche Blut seines
Volkes einsetzte, nur um später die vorher angerichteten Schäden durch Reparationen wieder vergütet zu
erhalten. Selbst Elsaß-Lothringen allein würde noch nicht die Energie der französischen Kriegsführung
erklären, wenn es sich nicht dabei schon um einen Teil des wirklich großen politischen
Zukunftsprogrammes der französischen Außenpolitik gehandelt hätte. Dieses Ziel aber heißt: Auflösung
Deutschlands in ein Gemengsel von Kleinstaaten. Dafür hat das chauvinistische Frankreich gekämpft,
wobei es allerdings sein Volk in Wahrheit als Landsknechte dem internationalen Weltjuden verkaufte.
Dieses französische Kriegsziel wäre schon durch den Krieg an sich zu erreichen gewesen, wenn, wie
man anfangs zu Paris hoffte, der Kampf sich auf deutschem Boden abgespielt hätte. Man stelle sich vor,
daß die blutigen Schlachten des Weltkrieges nicht an der Somme, in Flandern, im Artois, vor Warschau,
Iwangorod, Kowno, Riga
[764 Frankreichs unverrückbares politisches Ziel]
und wo sonst überall noch stattgefunden hätten, sondern in Deutschland, an der Ruhr und am Main, an
der Elbe, vor Hannover, Leipzig, Nürnberg usw., und man wird wohl zustimmen müssen, daß die
Möglichkeit einer Zertrümmerung Deutschlands gegeben gewesen wäre. Es ist sehr fraglich, ob unser
junger föderativer Staat viereinhalb Jahre lang die gleiche Belastungsprobe ausgehalten hätte wie das
seit Jahrhunderten stramm zentralisierte und nur nach dem unumstrittenen Mittelpunkt Paris sehende
Frankreich. Daß dieses gewaltigste Völkerringen sich außerhalb der Grenzen unseres Vaterlandes
abrollte, war nicht nur das unsterbliche Verdienst des einzigen alten Heeres, sondern auch das größte
Glück für die deutsche Zukunft. Es ist meine felsenfeste, mich manches Mal fast beklemmende innere
Überzeugung, daß es im anderen Falle heute schon längst kein Deutsches Reich, sondern nur mehr
"deutsche Staaten" gäbe. Dies ist auch der einzige Grund, warum das Blut unserer gefallenen Freunde
und Brüder wenigstens nicht ganz umsonst geflossen ist.
So kam alles anders! Wohl brach Deutschland im November 1918 blitzschnell zusammen. Allein, als die
Katastrophe in der Heimat eintrat, standen die Armeen des Feldheeres noch tief in feindlichen Landen.
Die erste Sorge Frankreichs war damals nicht Deutschlands Auflösung, sondern vielmehr die: Wie
bringt man die deutschen Armeen möglichst schnell aus Frankreich und Belgien hinaus? Und so war für
die Pariser Staatsleitung die erste Aufgabe zur Beendigung des Weltkrieges, die deutschen Armeen zu
entwaffnen und, wenn möglich, zunächst nach Deutschland zurückzudrängen; und erst in zweiter Linie
konnte man sich der Erfüllung des ursprünglichen und eigentlichen Kriegszieles widmen. Allerdings
war Frankreich darin bereits gelähmt. In England war mit der Vernichtung Deutschlands als Kolonialund
Handelsmacht und dessen Herunterdrückung in den Rang eines Staates zweiter Klasse der Krieg
wirklich siegreich beendet. Ein Interesse an der restlosen Ausmerzung des deutschen Staates besaß man
nicht nur nicht, sondern hatte sogar allen Grund, einen
[765 Frankreichs unverrückbares politisches Ziel]
Rivalen gegen Frankreich in Europa für die Zukunft zu wünschen. So mußte die französische Politik erst
in entschlossener Friedensarbeit fortsetzen, was der Krieg angebahnt hatte, und Clemenceaus
Ausspruch, daß für ihn auch der Friede nur die Fortsetzung des Krieges sei, bekam erhöhte Bedeutung.
Dauernd, bei jedem möglichen Anlaß, mußte man das Reichsgefüge erschüttern. Durch die Auferlegung
immer neuer Entwaffnungsnoten einerseits und durch die hierdurch ermöglichte wirtschaftliche
Auspressung andererseits hoffte man in Paris, das Reichsgefüge langsam lockern zu können. Je mehr die
nationale Ehre in Deutschland abstarb, um so eher konnten der wirtschaftliche Druck und die ewige Not
zu politisch destruktiven Wirkungen führen. Eine solche Politik politischer Unterdrückung und
wirtschaftlicher Ausplünderung, zehn und zwanzig Jahre durchgeführt, muß allmählich selbst den besten
Staatskörper ruinieren und unter Umständen auflösen. Damit ist aber das französische Kriegsziel dann
endgültig erreicht.
Dies mußte man im Winter 1922/23 doch schon längst als Frankreichs Absicht erkannt haben. Damit
blieben aber nur zwei Möglichkeiten übrig: Man durfte hoffen, entweder den französischen Willen an
der Zähigkeit des deutschen Volkskörpers allmählich stumpf zu machen oder einmal endlich zu tun, was
doch nicht ausbleiben kann, nämlich bei irgendeinem besonders krassen Fall das Steuer des
Reichsschiffes herumzureißen und die Ramme gegen den Feind zu kehren. Dies bedeutete dann
allerdings einen Kampf auf Leben und Tod, und Aussicht zum Leben war nur vorhanden, wenn es
vorher gelang, Frankreich so weit zu isolieren, daß dieser zweite Kampf nicht mehr ein Ringen
Deutschlands gegen die Welt sein mußte, sondern eine Verteidigung Deutschlands gegen das die Welt
und ihren Frieden dauernd störende Frankreich darstellte.
Ich betone es und bin fest davon überzeugt, daß dieser zweite Fall einmal so oder so kommen muß und
kommen wird. Ich glaube niemals daran, daß sich Frankreichs Absichten uns gegenüber je ändern
könnten, denn sie liegen
[766 Endgültige Auseinandersetzung mit Frankreich]
im tiefsten Grunde nur im Sinne der Selbsterhaltung der französischen Nation. Wäre ich selbst Franzose
und wäre mir somit Frankreichs Größe so lieb, wie mir die Deutschlands heilig ist, so könnte und wollte
auch ich nicht anders handeln, als es am Ende ein Clemenceau tut. Das nicht nur in seiner Volkszahl,
sondern besonders in seinen rassisch besten Elementen langsam absterbende Franzosentum kann sich
seine Bedeutung in der Welt auf die Dauer nur erhalten bei Zertrümmerung Deutschlands. Die
französische Politik mag tausend Umwege machen, irgendwo am Ende wird immer dieses Ziel als
Erfüllung letzter Wünsche und tiefster Sehnsucht vorhanden sein. Es ist aber unrichtig, zu glauben, daß
ein rein passiver, nur sich selbst erhalten wollender Wille einem nicht minder kraftvollen, aber aktiv
vorgehenden auf die Dauer Widerstand leisten könne. Solange der ewige Konflikt zwischen
Deutschland und Frankreich nur in der Form einer deutschen Abwehr gegenüber französischem Angriff
ausgetragen wird, wird er niemals entschieden werden, wohl aber wird Deutschland von Jahrhundert zu
Jahrhundert eine Position nach der anderen verlieren. Man verfolge das Wandern der deutschen
Sprachgrenze vom zwölften Jahrhundert angefangen bis heute, und man wird wohl schwerlich mehr auf
den Erfolg einer Einstellung und Entwicklung bauen, die uns bisher schon so viel Schaden gebracht hat.
Erst wenn dies in Deutschland vollständig begriffen sein wird, daß man den Lebenswillen der deutschen
Nation nicht mehr bloß in passiver Abwehr verkümmern läßt, sondern zu einer endgültigen aktiven
Auseinandersetzung mit Frankreich zusammenrafft und in einen letzten Entscheidungskampf mit
deutscherseits größten Schlußzielen hineinwirft: erst dann wird man imstande sein, das ewige und an
sich so unfruchtbare Ringen zwischen uns und Frankreich zum Abschluß zu bringen; allerdings unter
der Voraussetzung, daß Deutschland in der Vernichtung Frankreichs wirklich nur ein Mittel sieht, um
danach unserem Volke
[767 Die Besetzung des Ruhrgebietes]
endlich an anderer Stelle die mögliche Ausdehnung geben zu können. Heute zählen wir achtzig
Millionen Deutsche in Europa! Erst dann aber wird jene Außenpolitik als richtig anerkannt werden,
wenn nach kaum hundert Jahren zweihundertfünfzig Millionen Deutsche auf diesem Kontinent leben
werden, und zwar nicht zusammengepreßt als Fabrikkulis der anderen Welt, sondern: als Bauern und
Arbeiter, die sich durch ihr Schaffen gegenseitig das Leben gewähren.
Im Dezember 1922 schien die Situation zwischen Deutschland und Frankreich wieder zu bedrohlicher
Schärfe zugespitzt. Frankreich hatte neue ungeheure Erpressungen im Auge und brauchte dazu Pfänder.
Der wirtschaftlichen Ausplünderung mußte ein politischer Druck vorangehen, und nur ein gewaltsamer
Griff in die Nervenzentrale unseres gesamten deutschen Lebens schien den Franzosen als genügend, um
unser "widerspenstiges" Volk unter schärferes Joch nehmen zu können. Mit der Besetzung des
Ruhrgebietes hoffte man in Frankreich nicht nur das moralische Rückgrat Deutschlands endgültig zu
durchbrechen, sondern uns auch wirtschaftlich in eine Zwangslage zu versetzen, in der wir jede, auch
die schwerste Verpflichtung wohl oder übel würden übernehmen müssen.
Es ging auf Biegen und Brechen. Und Deutschland bog sich gleich zu Beginn, um später dann beim
vollständigen Bruch zu enden.
Mit der Besetzung des Ruhrgebietes hat das Schicksal noch einmal dem deutschen Volk die Hand zum
Wiederaufstieg geboten. Denn was im ersten Augenblick als schweres Unglück erscheinen mußte,
umschloß bei näherer Betrachtung die unendlich verheißende Möglichkeit zur Beendigung des
deutschen Leidens überhaupt.
Außenpolitisch hat die Ruhrbesetzung Frankreich zum erstenmal England wirklich innerlich entfremdet,
und zwar nicht nur den Kreisen der britischen Diplomatie, die das französische Bündnis an sich nur mit
dem nüchternen Auge kalter Rechner geschlossen, angesehen und aufrechterhalten hatten, sondern auch
weitesten Kreisen des englischen Volkes.

[768 Die Besetzung des Ruhrgebietes]
Besonders die englische Wirtschaft empfand mit schlecht verhehltem Unbehagen diese weitere
unglaubliche Stärkung der kontinentalen französischen Macht. Denn nicht nur, daß Frankreich, rein
militärpolitisch betrachtet, nun eine Stellung in Europa einnahm, wie sie vordem selbst Deutschland
nicht besessen hatte, erhielt es nun auch wirtschaftlich Unterlagen, die seine politische
Konkurrenzfähigkeit wirtschaftlich fast mit einer Monopolstellung verbanden. Die größeren
Eisengruben und Kohlenfelder Europas waren damit vereint in den Händen einer Nation, die ihre
Lebensinteressen, sehr zum Unterschied von Deutschland, bisher ebenso entschlossen wie aktivistisch
wahrgenommen hatte, und die ihre militärische Zuverlässigkeit in dem großen Krieg aller Welt in
frische Erinnerung brachte. Mit der Besetzung der Ruhrkohlenfelder durch Frankreich wurde England
sein ganzer Erfolg des Krieges wieder aus der Hand gewunden, und Sieger war nun nicht mehr die
emsige und rührige britische Diplomatie, sondern Marschall Foch und sein durch ihn vertretenes
Frankreich.
Auch in Italien schlug die Stimmung gegen Frankreich, die ohnehin seit Kriegsende nicht mehr gerade
rosig war, nun in einen förmlichen Haß um. Es war der große geschichtliche Augenblick, in dem die
Verbündeten von einst Feinde von morgen sein konnten. Wenn es doch anders kam und die
Verbündeten nicht, wie im zweiten Balkankrieg, nun plötzlich untereinander in Fehde gerieten, dann
war dies nur dem Umstand zuzuschreiben, daß Deutschland eben keinen Enver Pascha besaß, sondern
einen Reichskanzler Cuno.
Allein nicht nur außenpolitisch, sondern auch innerpolitisch war für Deutschland der Ruhreinfall der
Franzosen von größter Zukunftsmöglichkeit. Ein beträchtlicher Teil unseres Volkes, der, dank
unausgesetzten Einflusses seiner lügenhaften Presse, Frankreich noch immer als den Kämpfer für
Fortschritt und Liberalität ansah, wurde von diesem Irrwahn jäh geheilt. So wie das Jahr 1914 die
Träume internationaler Völkersolidarität aus den Köpfen unserer deutschen Arbeiter verscheucht hatte
und sie plötz-
[769 Was war nach der Ruhrbesetzung zu tun?]
lich zurückführte in die Welt des ewigen Ringens, da sich allüberall ein Wesen vom anderen nährt und
der Tod des Schwächeren das Leben des Stärkeren bedeutet, so auch das Frühjahr 1923.
Als der Franzose seine Drohungen wahr machte und endlich im niederdeutschen Kohlengebiet, erst noch
sehr vorsichtig und zaghaft, einzurücken begann, da hatte für Deutschland eine große, entscheidende
Schicksalsstunde geschlagen. Wenn in diesem Augenblick unser Volk einen Wandel seiner Gesinnung
verband mit einer Änderung der bisherigen Haltung, dann konnte das deutsche Ruhrgebiet für
Frankreich zum napoleonischen Moskau werden. Es gab ja nur zwei Möglichkeiten: Entweder man ließ
sich auch das noch gefallen und tat nichts, oder man schuf dem deutschen Volk, mit dem Blick auf das
Gebiet der glühenden Essen und qualmenden Öfen, zugleich den glühenden Willen, diese ewige
Schande zu beenden und lieber den Schrecken des Augenblicks auf sich zu nehmen, als den endlosen
Schrecken weiter zu ertragen.
Einen dritten Weg entdeckt zu haben, war das "unsterbliche Verdienst" des damaligen Reichskanzlers
Cuno, und ihn bewundert und mitgemacht zu haben, das noch "ruhmvollere" unserer bürgerlichen
Parteienwelt.
Ich will hier zuerst den zweiten Weg, so kurz als nur möglich, einer Betrachtung unterziehen: Mit der
Besetzung des Ruhrgebietes hatte Frankreich einen eklatanten Bruch des Versailler Vertrages vollzogen.
Es hatte sich damit auch in Gegensatz gestellt zu einer Reihe von Garantiemächten, besonders aber zu
England und Italien. Irgendwelche Unterstützung von diesen Staaten für seinen egoistischen eigenen
Raubzug konnte Frankreich nicht mehr erhoffen. Das Abenteuer, und ein solches war es zunächst,
mußte es also selbst zu irgendeinem glücklichen Ende bringen. Für eine nationale deutsche Regierung
konnte es nur einen einzigen Weg geben, nämlich den, den die Ehre vorschrieb. Es war sicher, daß man
zunächst nicht mit aktiver
[770 Was war nach der Ruhrbesetzung zu tun?]
Waffengewalt Frankreich entgegentreten konnte; allein es war notwendig, sich klarzumachen, daß alles
Verhandeln ohne Macht hinter sich lächerlich und unfruchtbar sein würde. Es war unsinnig, sich ohne
Möglichkeit eines aktiven Widerstandes auf den Standpunkt zu stellen: "Wir gehen zu keiner
Verhandlung"; aber es war noch viel unsinniger, dann endlich doch zur Verhandlung zu gehen, ohne
sich unterdes eine Macht geschaffen zu haben.
Nicht als ob man die Ruhrbesetzung durch militärische Maßnahmen hätte verhindern können. Nur ein
Wahnsinniger konnte zu einem solchen Entschlusse raten. Allein, unter dem Eindrucke dieser Aktion
Frankreichs und während der Zeit ihrer Ausführung konnte und mußte man darauf bedacht sein, ohne
Rücksicht auf den von Frankreich selbst zerfetzten Vertrag von Versailles, sich derjenigen militärischen
Hilfsmittel zu versichern, die man später den Unterhändlern auf ihren Weg mitgeben konnte. Denn das
war von Anfang an klar, daß eines Tages über dieses von Frankreich besetzte Gebiet an irgendeinem
Konferenztisch entschieden werden würde. Aber ebenso klar mußte man sich darüber sein, daß selbst
die besten Unterhändler wenig Erfolge zu erringen vermögen, solange der Boden, auf dem sie stehen,
und der Stuhl, auf dem sie sitzen, nicht der Schildarm ihres Volkes ist. Ein schwaches Schneiderlein
kann nicht mit Athleten disputieren, und ein wehrloser Unterhändler mußte noch immer das Schwert des
Brennus auf der feindlichen Waagschale dulden, wenn er nicht sein eigenes zum Ausgleich
hineinzuwerfen hatte. Oder war es nicht wirklich ein Jammer, die Verhandlungskomödien ansehen zu
müssen, die seit dem Jahre 1918 immer den jeweiligen Diktaten vorangegangen waren? Dieses
entwürdigende Schauspiel, das man der ganzen Welt bot, indem man uns, wie zum Hohne, zuerst an den
Konferenztisch lud, um uns dann längst fertige Entschlüsse und Programme vorzulegen, über die wohl
geredet werden durfte, die aber von vornherein als unabänderlich angesehen werden mußten. Freilich,
unsere Unterhändler standen kaum in einem einzigen Falle über dem
[771 Was war nach der Ruhrbesetzung zu tun?]
bescheidensten Durchschnitt und rechtfertigten meist nur zu sehr die freche Äußerung Lloyd Georges,
der angesichts des ehemaligen Reichsministers Simon höhnisch bemerkte, "daß die Deutschen nicht
verstünden, sich Männer von Geist als Führer und Vertreter zu wählen". Allein selbst Genies hätten
angesichts des entschlossenen Machtwillens des feindlichen und der jammervollen Wehrlosigkeit des
eigenen Volkes in jeder Beziehung nur wenig erreichen können.
Wer aber im Frühjahr 1923 die Ruhrbesetzung Frankreichs zum Anlaß einer Wiederherstellung
militärischer Machtmittel nehmen wollte, der mußte zunächst der Nation die geistigen Waffen geben,
die Willenskraft stärken und die Zersetzer dieser wertvollsten nationalen Stärke vernichten.
So wie es sich im Jahre 1918 blutig gerächt hat, daß man 1914 und 1915 nicht dazu überging, der
marxistischen Schlange einmal für immer den Kopf zu zertreten, so mußte es sich auch auf das
unseligste rächen, wenn man im Frühjahr 1923 nicht den Anlaß wahrnahm, den marxistischen
Landesverrätern und Volksmördern endgültig das Handwerk zu legen.
Jeder Gedanke eines wirklichen Widerstandes gegen Frankreich war blanker Unsinn, wenn man nicht
denjenigen Kräften den Kampf ansagte, die fünf Jahre vorher den deutschen Widerstand auf den
Schlachtfeldern von innen her gebrochen hatten. Nur bürgerliche Gemüter konnten sich zur
unglaublichen Meinung durchringen, daß der Marxismus jetzt vielleicht ein anderer geworden wäre, und
daß die kanaillösen Führerkreaturen des Jahres 1918, die damals zwei Millionen Tote eiskalt mit Füßen
traten, um besser in die verschiedenen Regierungsstühle hineinklettern zu können, jetzt im Jahre 1923
plötzlich dem nationalen Gewissen ihren Tribut zu leisten bereit seien. Ein unglaublicher und wirklich
sinnloser Gedanke, die Hoffnung, daß die Landesverräter von einst plötzlich zu Kämpfern für eine
deutsche Freiheit werden würden! Sie dachten gar nicht daran! So wenig eine Hyäne vom Aase läßt, so
wenig ein Marxist vom Vaterlandsverrat.
[772 Die versäumte Abrechnung mit dem Marxismus]
Man bleibe mit dem dümmsten Einwand gefälligst weg, daß doch so viele Arbeiter einst auch für
Deutschland geblutet hätten. Deutsche Arbeiter, jawohl, aber dann waren es eben keine internationalen
Marxisten mehr. Hätte im Jahre 1914 die deutsche Arbeiterschaft ihrer inneren Einstellung nach noch
aus Marxisten bestanden, so wäre der Krieg nach drei Wochen zu Ende gewesen. Deutschland wäre
zusammengebrochen, ehe der erste Soldat seinen Fuß nur über die Grenze gesetzt hätte. Nein, daß
damals das deutsche Volk noch kämpfte, bewies daß der marxistische Irrwahn sich noch nicht bis zur
letzten Tiefe einzufressen vermocht hatte. In eben dem Maße aber, in dem im Laufe des Krieges der
deutsche Arbeiter und deutsche Soldat wieder in die Hand der marxistischen Führer zurückkehrte, in
eben dem Maße ging er dem Vaterland verloren. Hätte man zu Kriegsbeginn und während des Krieges
einmal zwölf- oder fünfzehntausend dieser hebräischen Volksverderber so unter Giftgas gehalten, wie
Hunderttausende unserer allerbesten deutschen Arbeiter aus allen Schichten und Berufen es im Felde
erdulden mußten, dann wäre das Millionenopfer der Front nicht vergeblich gewesen. Im Gegenteil:
Zwölftausend Schurken zur rechten Zeit beseitigt, hätten vielleicht einer Million ordentlicher, für die
Zukunft wertvoller Deutschen das Leben gerettet. Doch gehörte es eben auch zur bürgerlichen
"Staatskunst", ohne mit der Wimper zu zucken, Millionen auf dem Schlachtfeld dem blutigen Ende
auszuliefern, aber zehn- oder zwölftausend Volksverräter, Schieber, Wucherer und Betrüger als
kostbares nationales Heiligtum anzusehen und damit deren Unantastbarkeit offen zu proklamieren. Man
weiß ja nicht, was in dieser bürgerlichen Welt größer ist, die Trottelhaftigkeit, die Schwäche und
Feigheit oder die durch und durch verlumpte Gesinnung. Es ist wirklich eine vom Schicksal zum
Untergang bestimmte Klasse, die nur leider ein ganzes Volk mit sich in den Abgrund reißt.
Vor der ganz gleichen Situation wie 1918 stand man aber im Jahre 1923. Ganz gleich zu welcher Art
von Widerstand man sich entschloß, immer war die erste Voraussetzung die
[773 Die versäumte Abrechnung mit dem Marxismus]
Ausscheidung des marxistischen Giftes aus unserem Volkskörper. Und es war, meiner Überzeugung
nach, damals die allererste Aufgabe einer wirklich nationalen Regierung, die Kräfte zu suchen und zu
finden, die entschlossen waren, dem Marxismus den Vernichtungskrieg anzusagen und diesen Kräften
dann freie Bahn zu geben; es war ihre Pflicht, nicht den Blödsinn von "Ruhe und Ordnung" anzubeten in
einem Augenblick, da der äußere Feind dem Vaterlande den vernichtendsten Hieb zufügte und im
Innern der Verrat an jeder Straßenecke lauerte. Nein, eine wirklich nationale Regierung mußte damals
die Unordnung und die Unruhe wünschen, wenn nur unter ihrem Wirren endlich eine prinzipielle
Abrechnung mit den marxistischen Todfeinden unseres Volkes möglich wurde und stattfand. Unterließ
man dies, dann war jeder Gedanke an einen Widerstand, ganz gleich welcher Art, purer Wahnsinn.
Solch eine Abrechnung von wirklicher, weltgeschichtlicher Größe findet allerdings nicht statt nach dem
Schema irgendeines Geheimrates oder einer alten, ausgetrockneten Ministerseele, sondern nach den
ewigen Gesetzen des Lebens auf dieser Erde, die Kampf um dieses Leben sind und Kampf bleiben. Man
mußte sich vergegenwärtigen, daß aus den blutigsten Bürgerkriegen häufig ein stahlharter, gesunder
Volkskörper erwuchs, während aus künstlich gehegten Friedenszuständen öfter als einmal die Fäulnis
zum Himmel emporstank. Völkersckicksale wendet man nicht mit Glacéhandschuhen. So mußte man im
Jahre 1923 mit brutalstem Griffe zufassen, um der Nattern habhaft zu werden, die an unserem
Volkskörper fraßen. Gelang dies, dann erst hatte die Vorbereitung eines aktiven Widerstandes Sinn.
Ich habe mir damals oft und oft die Kehle heiser geredet und habe versucht, wenigstens den sogenannten
nationalen Kreisen klarzumachen, was dieses Mal auf dem Spiele stehe, und daß, bei gleichen Fehlern
wie im Jahre 1914 und den folgenden Jahren, zwangsläufig auch wieder ein Ende kommen würde wie
1918. Ich habe sie immer wieder gebeten, dem Schicksal freien Lauf zu lassen und unserer Bewegung
die Möglichkeit einer Auseinandersetzung mit dem
[774 Die versäumte Abrechnung mit dem Marxismus]
Marxismus zu geben; aber ich predigte tauben Ohren. Sie verstanden es alle besser, einschließlich des
Chefs der Wehrmacht, bis sie endlich vor der erbärmlichsten Kapitulation aller Zeiten standen.
Damals wurde ich mir bis ins Innerste bewußt, daß das deutsche Bürgertum an Ende seiner Mission
steht und zu keiner weiteren Aufgabe mehr berufen ist. Damals sah ich, wie alle diese Parteien nur mehr
aus Konkurrenzneid sich mit dem Marxismus zankten, ohne ihn überhaupt noch ernstlich vernichten zu
wollen; sie hatten sich innerlich alle mit der Zerstörung des Vaterlandes längst abgefunden, und was sie
bewegte, war einzig die große Sorge, selbst am Leichenschmaus teilnehmen zu dürfen. Nur dafür
"kämpften" sie noch.
In dieser Zeit — ich gestehe es offen — faßte ich die tiefste Bewunderung für den großen Mann südlich
der Alpen, der in heißer Liebe zu seinem Volke mit den inneren Feinden Italiens nicht paktierte, sondern
ihre Vernichtung auf allen Wegen und mit allen Mitteln erstrebte. Was Mussolini unter die Großen
dieser Erde einreihen wird, ist die Entschlossenheit, Italien nicht mit dem Marxismus zu teilen, sondern,
indem er den Internationalismus der Vernichtung preisgab, das Vaterland vor ihm zu retten.
Wie jämmerlich zwergenhaft erscheinen dagegen unsere deutschen Auch-Staatsmänner, und wie muß
einen der Ekel würgen, wenn diese Nullen mit ungezogenster Eingebildetheit sich unterstehen, den
tausendmal Größeren zu kritisieren; und wie schmerzhaft ist es, zu denken, daß dies in einem Lande
geschieht, das vor kaum einem halben Jahrhundert noch einen Bismarck seinen Führer nennen durfte!
—Mit dieser Einstellung des Bürgertums und Schonung des Marxismus war aber 1923 das Schicksal
jedes aktiven Ruhrwiderstandes von vornherein entschieden. Gegen Frankreich kämpfen zu wollen mit
dem Todfeind in den eigenen Reihen, war heller Blödsinn. Was man dann noch machte, konnte
höchstens Spiegelfechterei sein, aufgeführt, um das nationalistische Element in Deutschland etwas zu
befriedigen, die "kochende Volksseele" zu beruhigen oder
[775 Nicht Waffen, sondern der Wille entscheidend]
in Wirklichkeit zu düpieren. Hätten sie ernstlich an das geglaubt, was sie taten, so hätten sie doch
erkennen müssen, daß die Stärke eines Volkes in erster Linie nicht in seinen Waffen, sondern in seinem
Willen liegt, und daß, ehe man äußere Feinde besiegt, erst der Feind im eigenen Innern vernichtet
werden muß; sonst wehe, wenn nicht der Sieg schon am ersten Tage den Kampf belohnt! Sowie auch
nur der Schatten einer Niederlage über ein im Innern nicht von Feinden freies Volk streicht, wird dessen
Widerstandskraft zerbrechen und der Gegner endgültig Sieger werden.
Das konnte man damals schon im Frühjahr 1923 voraussagen. Man rede durchaus nicht von der
Fraglichkeit eines militärischen Erfolges gegen Frankreich! Denn wenn das Ergebnis des deutschen
Handelns gegenüber dem Ruhreinfall der Franzosen nur die Vernichtung des Marxismus im Innern
gewesen wäre, so würde schon damit der Erfolg auf unserer Seite gewesen sein. Ein Deutschland, von
diesen Todfeinden seines Daseins und seiner Zukunft erlöst, besäße Kräfte, die keine Welt mehr
abzuwürgen vermöchte. An dem Tage, da in Deutschland der Marxismus zerbrochen wird, brechen in
Wahrheit für ewig unsere Fesseln. Denn niemals sind wir in unserer Geschichte durch die Kraft unserer
Gegner besiegt worden, sondern immer nur durch unsere eigenen Laster und durch die Feinde in
unserem eigenen Lager.
Da die deutsche Staatsleitung sich damals zu einer solchen heroischen Tat nicht aufzuraffen vermochte,
hätte sie sinngemäß eigentlich nur mehr den ersten Weg gehen können, nämlich den, nun überhaupt
nichts zu tun, sondern die Dinge laufen zu lassen, wie sie eben liefen.
Allein in großer Stunde hat der Himmel dem deutschen Volk auch einen großen Mann geschenkt, Herrn
Cuno. Er war nicht eigentlich Staatsmann und Politiker von Beruf und noch viel weniger natürlich von
Geburt, sondern er stellte so eine Art politischer Zugeher dar, den man bloß für die Erledigung
bestimmter Aufgaben brauchte; sonst war er eigentlich mehr in Geschäften bewandert. Ein Fluch für
Deutschland deshalb, weil dieser politisierende Kauf-
[776 Cunos Weg]
mann nun auch die Politik als wirtschaftliches Unternehmen ansah und demgemäß sein Handeln
einrichtete. Frankreich besetzt das Ruhrgebiet; was ist im Ruhrgebiet? Kohle. Also besetzt Frankreich
das Ruhrgehiet wegen der Kohle? Was war für Herrn Cuno da natürlicher als der Gedanke, nun zu
streiken, damit die Franzosen keine Kohle bekommen, worauf sie dann, nach der Meinung des Herrn
Cuno, sicher eines Tages das Ruhrgebiet infolge der Unrentabilität des Unternehmens wieder räumen
würden. So ungefähr verlief der Gedankengang dieses "bedeutenden", "nationalen" "Staatsmannes", den
man zu Stuttgart und an anderen Orten zu "seinem Volk" reden ließ und den dieses Volk ganz glückselig
bestaunte.
Zum Streik brauchte man aber natürlich auch die Marxisten, denn in erster Linie mußten ja die Arbeiter
streiken. Also war es notwendig, den Arbeiter (und der ist in dem Gehirn eines solchen bürgerlichen
Staatsmannes immer gleichbedeutend mit dem Marxisten) in eine Einheitsfront mit all den anderen
Deutschen zu bringen. Man muß damals wirklich das Leuchten dieser bürgerlichen parteipolitischen
Schimmelkulturen angesichts einer solchen genialen Parole gesehen haben! National und genial
zugleich — da hatten sie ja nun endlich das, was sie innerlich doch die ganze Zeit suchten! Die Brücke
zum Marxismus war gefunden, und dem nationalen Schwindler war es jetzt ermöglicht, mit "teutscher"
Miene und nationalen Phrasen dem internationalen Landesverräter die biedere Hand hinzustrecken. Und
dieser schlug schleunigst ein. Denn so wie Cuno zu seiner "Einheitsfront" die marxistischen Führer
brauchte, so notwendig brauchten aber die marxistischen Führer das Cunosche Geld. Damit war dann
beiden Teilen geholfen. Cuno erhielt seine Einheitsfront, gebildet aus nationalen Schwätzern und
antinationalen Gaunern, und die internationalen Betrüger konnten bei staatlicher Bezahlung ihrer
erhabensten Kampfesmission dienen, d. h. die nationale Wirtschaft zerstören, und zwar dieses Mal sogar
auf Staatskosten. Ein unsterblicher Gedanke, durch einen bezahlten Generalstreik eine Nation zu
erretten, auf jeden
[777 Die "Einheitsfront"]
Fall aber die Parole, in die selbst der gleichgültigste Taugenichts doch mit voller Begeisterung
einstimmen kann.
Daß man ein Volk nicht durch Beten frei macht, weiß man im allgemeinen. Ob man es aber nicht doch
vielleicht frei zu faulenzen vermag, das mußte erst noch geschichtlich erprobt werden. Hätte Herr Cuno
damals, statt zum bezahlten Generalstreik aufzufordern und diesen damit als die Grundlage der
"Einheitsfront" aufzustellen, von jedem Deutschen nur zwei Stunden mehr Arbeit verlangt, dann würde
der Schwindel dieser "Einheitsfront" sich am dritten Tage von selbst erledigt haben. Völker befreit man
nicht durch Nichtstun, sondern durch Opfer.
Allerdings ließ sich dieser sogenannte passive Widerstand an sich nicht lange halten. Denn nur ein
vollkommen kriegsfremder Mensch konnte sich einbilden, okkupierende Armeen mit so lächerlichen
Mitteln verscheuchen zu können. Das allein hätte aber doch der Sinn einer Aktion sein können, deren
Kosten in die Milliarden gingen, und die wesentlich mithalf, die nationale Währung bis in den Grund
hinein zu zerstören.
Natürlich konnten sich die Franzosen mit einer gewissen inneren Beruhigung in dem Augenblick im
Ruhrgebiet häuslich einrichten, in dem sie den Widerstand sich solcher Mittel bedienen sahen. Sie hatten
ja gerade durch uns selbst die besten Rezepte in der Hand, wie man eine störrische Zivilbevölkerung zur
Raison bringt, wenn in ihrem Benehmen eine ernstliche Gefährdung der Okkupationsbehörden liegt.
Wie blitzschnell hatten wir doch neun Jahre vorher die belgischen Franktireurbanden zu Paaren
getrieben und der Zivilbevölkerung den Ernst der Lage klargemacht, als unter ihrer Tätigkeit die
deutschen Armeen Gefahr liefen, ernstlich Schaden zu leiden. Sowie der passive Ruhrwiderstand
Frankreich wirklich gefährlich geworden wäre, hätte die Besatzungstruppe im Verlaufe von noch
[778 Der passive Widerstand]
nicht einmal acht Tagen in spielender Leichtigkeit diesem ganzen kindlichen Unfug ein grausames Ende
bereitet. Denn das ist immer die letzte Frage: Was will man tun, wenn einem Gegner der passive
Widerstand zum Schluß wirklich auf die Nerven geht und er nun den Kampf dagegen mit blutiger
Brachialgewalt aufnimmt? Ist man dann entschlossen, weiter Widerstand zu leisten? Wenn ja, muß man
wohl oder übel die schwersten, blutigsten Verfolgungen auf sich nehmen. Damit aber steht man dort, wo
man auch heim aktiven Widerstand steht — nämlich vor dem Kampf. Daher hat jeder sogenannte
passive Widerstand nur dann einen inneren Sinn, wenn hinter ihm die Entschlossenheit wartet,
nötigenfalls im offenen Kampf oder im verdeckten Kleinkrieg diesen Widerstand fortzusetzen. Im
allgemeinen wird jedes solche Ringen an die Überzeugung eines möglichen Erfolges gebunden sein.
Sobald eine belagerte Festung, die vom Feinde hart berannt wird, die letzte Hoffnung auf Entsatz
aufzugeben gezwungen ist, gibt sie sich praktisch damit selbst auf, besonders dann, wenn in einem
solchen Fall den Verteidiger statt des wahrscheinlichen Todes noch das sichere Leben lockt. Man raube
der Besatzung einer umschlossenen Burg den Glauben an die mögliche Befreiung, und alle Kräfte der
Verteidigung werden damit jäh zusammenbrechen.
Deshalb hatte auch ein passiver Widerstand an der Ruhr unter Hinblick auf die letzten Konsequenzen,
die er mit sich bringen konnte und mußte, wenn er wirklich erfolgreich sein sollte, nur dann einen Sinn,
wenn sich hinter ihm eine aktive Front aufbaute. Dann allerdings hätte man Unermeßliches aus unserem
Volke zu holen vermocht. Würde jeder dieser Westfalen gewußt haben, daß die Heimat eine Armee von
achtzig oder hundert Divisionen aufstellt, die Franzosen wären auf Dornen getreten. Für den Erfolg aber
sind immer mehr mutige Männer bereit, sich zu opfern, als für eine ersichtliche Zwecklosigkeit.
Es war ein klassischer Fall, der uns Nationalsozialisten zwang, gegen eine sogenannte nationale Parole
schärfstens Stellung zu nehmen. Und wir taten dies auch. Ich wurde
[779 Stellungnahme der Nationalsozialisten]
in diesen Monaten nicht wenig angegriffen von Menschen, deren ganze nationale Gesinnung nur eine
Mischung von Dummheit und äußerem Schein war, die alle nur mitschrien, weil sie dem angenehmen
Kitzel erlagen, nun plötzlich ohne Gefahr auch national tun zu können. Ich habe diese jammervollste
aller Einheitsfronten als eine der lächerlichsten Erscheinungen angesehen, und die Geschichte gab mir
recht.
Sowie die Gewerkschaften ihre Kassen mit den Cunoschen Geldern annähernd aufgefüllt hatten und der
passive Widerstand vor die Entscheidung kam, aus faulenzender Abwehr zum aktiven Angriff
überzugehen, brachen die roten Hyänen augenblicklich aus der nationalen Schafherde aus und wurden
wieder zu dem, was sie immer waren. Sang- und klanglos zog Herr Cuno zurück zu seinen Schiffen,
Deutschland aber war um eine Erfahrung reicher und um eine große Hoffnung ärmer geworden.
Bis zum späten Hochsommer hatten viele Offiziere, und es waren sicher nicht die schlechtesten,
innerlich an eine solch schmähliche Entwicklung nicht geglaubt. Sie alle hatten gehofft, daß, wenn auch
nicht offen, so doch im stillen, die Vorbereitungen getroffen würden, um diesen frechsten Einfall
Frankreichs zu einem Wendepunkt der deutschen Geschichte werden zu lassen. Auch in unseren Reihen
gab es viele, die wenigstens auf das Reichsheer ihr Vertrauen setzten. Und diese Überzeugung war so
lebendig, daß sie das Handeln und besonders aber die Ausbildung der zahllosen jungen Leute
maßgebendst bestimmte.
Als aber der schmähliche Zusammenbruch eintrat und man nach Hinopferung von Milliarden an
Vermögen und von vielen Tausenden von jungen Deutschen — die dumm genug gewesen waren, die
Versprechungen der Führer des Reiches ernst zu nehmen — in so niederschmetternd schmachvoller
Weise kapitulierte, da brannte die Empörung gegen eine solche Art des Verrates unseres unglücklichen
Volkes lichterloh auf. In Millionen von Köpfen stand damals plötzlich hell und klar die Überzeugung,
daß nur eine
[780 Der November 1923]
radikale Beseitigung des ganzen Herrschenden Systems Deutschland würde retten können.
Nie war die Zeit reifer, ja schrie sie gebieterischer nach einer solchen Lösung als in dem Augenblick, da
auf der einen Seite sich der nackte Vaterlandsverrat schamlos offenbarte, während auf der anderen ein
Volk wirtschaftlich dem langsamen Hungertode ausgeliefert war. Da der Staat selbst alle Gesetze von
Treu und Glauben mit den Füßen trat, die Rechte seiner Bürger verhöhnte, Millionen seiner treuesten
Söhne um ihre Opfer betrog und Millionen andere um ihre letzten Groschen bestahl, hatte er kein Recht
mehr, von seinen Angehörigen anderes als Haß zu erwarten. Und dieser Haß gegen die Verderber von
Volk und Vaterland drängte so oder so zu einer Entladung. Ich kann an dieser Stelle nur hinweisen auf
den Schlußsatz meiner letzten Rede im großen Prozeß im Frühjahr 1924: "Die Richter dieses Staates
mögen uns ruhig ob unseres damaligen Handelns verurteilen, die Geschichte als Göttin einer höheren
Wahrheit und eines besseren Rechtes, sie wird dennoch dereinst dieses Urteil lächelnd zerreißen, um uns
alle freizusprechen von Schuld und Fehle." Sie wird aber dann auch diejenigen vor ihren Richterstuhl
fordern, die heute, im Besitze der Macht, Recht und Gesetz mit Füßen treten, die unser Volk in Not und
Verderben führten und die im Unglücke des Vaterlandes ihr eigenes Ich höher schätzten als das Leben
der Gesamtheit.
Ich will an dieser Stelle nicht eine Schilderung jener Ereignisse folgen lassen, die zum 8. November
1923 führten und die ihn beschlossen. Ich will es deshalb nicht, weil ich mir für die Zukunft nichts
Nützliches davon verspreche, und weil es vor allem zwecklos ist, Wunden aufzureißen, die heute kaum
vernarbt erscheinen; weil es überdies zwecklos ist, über Schuld zu reden bei Menschen, die vielleicht im
tiefsten Grunde ihres Herzens doch alle mit gleicher Liebe an ihrem Volke hingen, und die nur den
gemeinsamen Weg verfehlten oder sich nicht auf ihn verstanden.
Angesichts des großen gemeinsamen Unglücks unseres Vaterlandes möchte ich heute auch nicht mehr
diejenigen
[781 Unsere Toten als Mahner zur Pflicht]
kränken und dadurch vielleicht trennen, die eines Tages in der Zukunft doch die große Einheitsfront der
im Herzen wirklich treuen Deutschen zu bilden haben werden gegenüber der gemeinsamen Front der
Feinde unseres Volkes. Denn ich weiß, daß einst die Zeit kommen wird, da selbst die, die uns damals
feindlich gegenüberstanden, in Ehrfurcht derer gedenken werden, die für ihr deutsches Volk den bitteren
Weg des Todes gegangen sind.
Diese sechzehn Helden, denen ich den ersten Band meines Werkes geweiht habe, will ich am Ende des
zweiten den Anhängern und Verfechtern unserer Lehre als jene Helden vor Augen führen, die in
klarstem Bewußtsein sich für uns alle geopfert haben, Sie müssen den Wankelmütigwerdenden und
den Schwachen immer wieder zur Erfüllung seiner Pflicht zurückrufen, zu einer Pflicht, der sie selbst im
besten Glauben und bis zur letzten Konsequenz genügten. Und unter sie will ich auch jenen Mann
rechnen, der als der Besten einer sein Leben dem Erwachen seines, unseres Volkes gewidmet hat im
Dichten und im Denken und am Ende in der Tat:
Dietrich Eckart.
Schlußwort
Am 9. November 1923, im vierten Jahre ihres Bestehens, wurde die Nationalsozialistische deutsche
Arbeiterpartei für das ganze Reichsgebiet aufgelöst und verboten. Heute, im November 1926, steht sie
wieder im gesamten Reiche frei vor uns, stärker und innerlich fester als jemals zuvor.
Alle Verfolgungen der Bewegung und ihrer einzelnen Führer, alle Lästerungen und Verleumdungen
vermochten ihr nichts anzuhaben. Die Richtigkeit ihrer Ideen, die Reinheit ihres Wollens, die
Opferwilligkeit ihrer Anhänger haben sie bisher aus allen Unterdrückungen kräftiger denn je
hervorgehen lassen.
Wenn sie in der Welt unserer heutigen parlamentarischen Korruption sich immer mehr auf das tiefste
Wesen ihres Kampfes besinnt und als reine Verkörperung des Wertes von Rasse und Person sich fühlt
und demgemäß ordnet, wird sie auf Grund einer fast mathematischen Gesetzmäßigkeit dereinst in ihrem
Kampfe den Sieg davontragen. Genau so wie Deutschland notwendigerweise die ihm gebührende
Stellung auf dieser Erde gewinnen muß, wenn es nach gleichen Grundsätzen geführt und organisiert
wird.
Ein Staat, der im Zeitalter der Rassenvergiftung sich der Pflege seiner besten rassischen Elemente
widmet, muß eines Tages zum Herrn der Erde werden.
Das mögen die Anhänger unserer Bewegung vergessen, wenn je die Größe der Opfer zum bangen
Vergleich mit dem möglichen Erfolg verleiten sollte.